OLG Bamberg, Endurteil vom 03.03.2021 - 3 U 31/20
Fundstelle
openJur 2021, 19937
  • Rkr:
Rubrum

In dem Rechtsstreit

...

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

...

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: ...

wegen Wettbewerbsverstoß

erlässt das Oberlandesgericht Bamberg - 3. Zivilsenat - durch den Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx folgendes

Endurteil

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.01.2020, Az. 1 HK O 3/19, aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten - zu vollziehen an einem der Geschäftsführer der Beklagten - zu unterlassen, geschäftlich handelnd den Verkauf von Produkten des Bürobedarfs gegenüber Verbrauchern zu bewerben, ohne den einschließlich Umsatzsteuer zu zahlenden Endpreis anzugeben, wenn dies geschieht wie in Anlage K2.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen:

1. Die Beklagte betreibt unter der Adresse www.xxxxxx.de einen Online-Shop und bietet dort vor allem Büromaterialien an gewerbliche und private Käufer an. Ihre Angebote sind dort so gestaltet, dass dann, wenn ein bestimmtes Produkt angeklickt wird, eine eigene Seite geöffnet wird. Dort erscheint eine Abbildung des Produkts (bei der vom Kläger überreichten Anlage K2 ein Bürosessel) mit dem hierfür verlangten Preis mit und ohne Mehrwertsteuer (bei dem genannten Bürosessel ein Preis von 71,39 € brutto bzw. 59,95 € netto). Außerdem erhält der Kunde auf dieser Seite die Information, dass ab 49 € (netto) versandkostenfrei geliefert werde. Allerdings befindet sich direkt unter der Preisangabe ein Link mit dem Hinweis „zzgl. Versand“. Klickt der Kunde diesen Link an, erfährt er, dass die Beklagte zwischen einer „Frachtpauschale“ von 2,95 € netto und „Logistikpauschale“ von 1,95 € netto unterscheidet. Bei Bestellungen von mehr als 49,00 € netto entfallen lediglich die „Frachtkostenpauschale“, die „Logistikpauschale“ wird stets und unabhängig vom Warenwert verlangt. Eine gleichlautende Information erhält ein potenzieller Käufer auch, nachdem er das Produkt in den Warenkorb gelegt hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 12a – 14a d.A. verwiesen.

Der Kläger forderte die Beklagte am 30.08.2018 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, was die Beklagte am 28.09.2018 ablehnte. Die Kosten hierfür setzt der Kläger mit 299,60 € an.

Der Kläger sieht in dem Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV. Die Beklagte beziehe in ihre Preisangaben nicht alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Preisbestandteile ein, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen seien. Hierzu gehöre auch die Logistikpauschale. Selbst wenn diese gesondert ausgewiesen werden dürfe, fehle es an einer transparenten Darstellung des Bruttopreises. Zudem werde der angesprochene Verkehr durch die Preiswerbung unzulässig in die Irre geführt. Auf der Produktseite könne der beworbene Sessel nicht zu dem Preis von 71,39 € erworben werden. Die Beklagte enthalte dem Adressaten vor, dass sie eine obligatorische Logistikpauschale erhebe. Dies erfahre der Adressat erst im Laufe des Bestellvorgangs und damit zu spät. Die Beklagte verstoße damit gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PAngV und gegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Aus diesen Gründen hat der Kläger erstinstanzlich die Unterlassung der Bewerbung von Produkten verlangt, wenn dies ohne den zu zahlenden Endpreis geschieht.

Die Beklagte hat sich erstinstanzlich gegen den Unterlassungsantrag mit der Begründung gewandt, dass dieser zu unbestimmt sei. Er lasse trotz Heranziehung des Klagevortrags das zu unterbindende Verhalten nicht genau erkennen. Die Klage sei auch unbegründet, weil die Preisangaben auf der Webseite der Beklagten im Einklang mit § 1 Abs. 1, Abs. 2 PAngV stünden. Jede Preisangabe enthalte, bevor die Ware in den Warenkorb gelegt werde, die Angabe „zzgl. Versand“. Klicke man hierauf, würden die Erläuterungen der Beklagten zur Frachtpauschale und zur Logistikpauschale erscheinen. Der Verbraucher könne also die Informationen bereits erhalten, bevor er die Ware in den Warenkorb lege.

Im Übrigen sei die Logistikpauschale kein Bestandteil des Endpreises, weil es sich um zusätzliche Kosten für den Transport oder die Lieferung des gekauften Erzeugnisses an den vom Verbraucher gewählten Ort handele. Die reinen Transportkosten, die bei einem externen Dienstleister anfallen würden, seien hiervon zu trennen. Mit der Logistikpauschale würden die fernabsatzbedingten Kosten der Beklagten selbst abgegolten, die für die Verpackungsmaterialien und Personalkosten beim Versendungsvorgang entstünden. Dieser würde in der Weise ablaufen, dass zunächst eine Abteilung mit der Herstellung der transportgerechten Verpackung befasst sei. Die Verpackung würde dann in das „Track Office“ gehen und dort mit einem Lieferschein und einer Identifikationsnummer versehen. Danach würden die Waren mit den jeweils bestellten Produkten bestückt, einer Qualitätskontrolle unterzogen, zum Versand gebracht und auf LKW externer Transportunternehmen geladen. Außerdem habe die Beklagte eine „Returns-Abteilung“ zur Bearbeitung der Retouren. Die Personal- und Materialkosten hierfür ließen sich durch ein von der Beklagten entwickeltes System genau festhalten; sie hätten sich für das Jahr 2018 mit 2,13 € pro Bestellung berechnet. Hiervon lege die Beklagte mit der Logistikpauschale 1,95 € um. Dieser Betrag werde auch ohne Einbeziehung der Kosten für die Retouren erreicht. In den Jahren 2017 und 2018 wären so Lohnkosten von ca. 3,8 Mio. € bzw. 4,4 Mio. € und Materialkosten von ca. 1,4 Mio. € bzw. 1,5 Mio. € der Logistikpauschale zugrunde gelegt worden.

Diese Kosten könnten nicht als unvermeidbarer Bestandteil des Preises angesehen werden. Sie seien vielmehr zusätzliche sonstige Kosten i. S. v. § 1 Abs. 2 PAngV. Auch sei die Aufführung der Logistikpauschale unter der Überschrift „Versandkosten“ nicht irreführend.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

2. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere sei der Klageantrag hinreichend bestimmt. Die Klage sei allerdings unbegründet. Die Logistikpauschale sei als fernabsatzbedingte sonstige Kostenposition i. S. v. § 1 Abs. 2 Ziff. 2 PAngV anzusehen. Sie sei deshalb zusätzlich zum Gesamtpreis anzugeben; eine Aufnahme in den Endpreis nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV komme nicht in Betracht. Die Logistikpauschale habe die Beklagte also den Anforderungen der PAngV entsprechend dargestellt.

Es sei zwar problematisch, dass die Beklagte mit „versandkostenfreie Lieferung ab 49 €“ werbe. Dies könnte Verbraucher dazu veranlassen, den Link mit den Informationen über den Versand nicht abzurufen. Auch dass in diesem Link zwischen einer Frachtpauschale und einer Logistikpauschale unterschieden werde, sei problematisch. Soweit dies wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei, müsste dieser Verstoß dadurch behoben werden, dass die verwandten Begrifflichkeiten wie Versand, Versandkosten, Frachtpauschale und Logistikpauschale bei gleichzeitiger Bruttoeingabe der auftretenden Kosten widerspruchsfrei klargestellt würden. Dies sie aber von dem Antrag nicht erfasst.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils des Landgerichts (Bl. 142-149 d.A.) Bezug genommen.

3. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung. Er trägt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags zur Begründung vor:

Das Urteil des Landgerichts verkenne, dass die streitgegenständliche geschäftliche Handlung der Beklagten einen Verstoß gegen das Preisangabenrecht darstelle. Die Logistikpauschale gehöre nicht zu den sonstigen fernabsatzbedingten Kosten nach § 1 Abs. 2 PAngV, sondern müsse als „sonstiger Preisbestandteil“ innerhalb des Gesamtpreises ausgewiesen werden. Diese seien obligatorisch vom Verbraucher zu tragen und von einem Verkäufer im Versandhandel in die Kalkulation einzubeziehen.

Die Logistikpauschale erfasse zudem Kosten, die nicht fernabsatzbedingt seien. Hierunter würden auch stationäre Kosten fallen. Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 PAngV sei deshalb nicht einschlägig.

Das Landgericht habe sich zudem nicht damit befasst, dass ein Verstoß gegen §§ 3, 5 UWG vorliege. Die Beklagte kündige Verbrauchern einen Warenpreis an, der sich nachträglich im Laufe des Bestellvorgangs um die Logistikpauschale erhöhe. Hierdurch werde der Verbraucher irregeführt.

Der Kläger beantragt:

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Aschaffenburg vom 14.01.2020, Aktenzeichen 1 HK O 3/19 zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten -zu vollziehen an einem der Geschäftsführer der Beklagten- zu unterlassen, geschäftlich handelnd den Verkauf von Produkten des Bürobedarfs gegenüber Verbrauchern zu bewerben, ohne den einschließlich Umsatzsteuer zu zahlenden Endpreis anzugeben, wenn dies geschieht wie in Anlage K2,

2. an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Sie erachtet die Klage weiter wegen der fehlenden Bestimmtheit des Antrags für unzulässig. Im Übrigen verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Verurteilung der Beklagten entsprechend dem Antrag des Klägers. Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung der Bewerbung des Verkaufs von Produkten des Bürobedarfs gegenüber Verbrauchern, wenn die Beklagte den einschließlich Umsatzsteuer zu zahlenden Endpreis nicht angibt.

1. Die Zulässigkeit der Klage steht aus den vom Landgericht dargelegten Gründen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, nicht in Frage.

Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die von der Klagepartei in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem die Klagepartei die begehrte Rechtsfolge herleitet. Richtet sich die Klage gegen die konkrete Verletzungsform, so ist in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird. Bezüglich des Klageantrags ist nicht an dessen buchstäblichem Sinn zu haften, sondern dieser ist auszulegen und der wirkliche Wille der Klagepartei zu erforschen, wobei im Zweifel „dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage des Klägers entspricht“ (BGH, Beschluss vom 15.10.2020, Az.: I ZR 175/19 -Ortlieb mwN; BGH GRUR 2013, 401 -Biomineralwasser).

Vorliegend wird aus dem Klageantrag und dem vom Kläger geschilderten Sachverhalt deutlich, dass das Begehren des Klägers die Unterlassung der Bewerbung eines Produkts ohne Angabe des korrekten Endpreises zum Gegenstand hat. Die konkrete Verletzungsform ergibt sich aus der Anlage K2 (Bl. 12-14 d.A.). Der dem Klagebegehren zugrunde liegende Lebenssachverhalt und die Rechtsfolge, die der Kläger hieraus herleitet, sind damit hinreichend bestimmt.

2. Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Unterlassung gründet sich zunächst auf §§ 8 Abs. 1, 3, 3a UWG i.V.m. § 1 Abs. 1 PAngV.

a) Nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gem. § 13 des BGB gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren anbietet, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise). Diese Vorschrift, die ihre alleinige unionsrechtliche Grundlage in der RL 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse und dort in Art. 1 und 2 lit. a, Art. 3 und Art. 4 Abs. 1 hat, ist als Marktverhaltensregel nach § 3a UWG einzuordnen (BGH GRUR 2017, 286 Rn. 7-Hörgeräteausstellung; BGH GRUR 2008, 84 Rn. 25 -Versandkosten).

b) In den nach Art. 2 lit. a RL 98/6/EG, § 1 Abs. 1 PAngV anzugebenden „Gesamtpreis“ sind die „sonstigen Preisbestandteile“ mit einzubeziehen. Unter diese fallen alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden (EuGH GRUR 2016, 945 Rn. 37 – Citroёn; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, PAngV § 1 Rn. 17). Entscheidend hierbei ist, ob die Kosten auf jeden Fall und ohne Wahlmöglichkeit des Kunden anfallen. Der Gesamtpreis ist, „verkürzt gesagt, … somit das tatsächlich und zwingend zu zahlende Gesamtentgelt“ (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, 4. Aufl. 2016, PAngV § 1 Rn. 24).

c) Die Logistikpauschale, die Beklagte bei jedem Kauf in fixer Höhe verlangt, ist nach diesen Grundsätzen als unvermeidbarer, vorhersehbarer und zwingend zu entrichtender Preisbestandteil anzusehen und daher in den Gesamtpreis mit einzubeziehen. Diese obligatorischen Kosten sind „von den zusätzlichen Kosten für den Transport oder die Lieferung des gekauften Erzeugnisses an den vom Verbraucher gewählten Ort zu unterscheiden, da diese zusätzlichen Kosten nicht als unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises angesehen werden können“ (EuGH a.a.O. Rn. 40). Dies spricht bereits gegen die Auffassung der Beklagten, dass die Logistikpauschale als zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten im Sinne der Vorschrift des Art. 2 lit. a RL 98/6/EG, § 1 Abs. 2 S. 1 PAngV einzuordnen sei. Die Ansicht der Beklagten ist auch nicht mit der Absicht des europäischen Verordnungsgebers und des deutschen Gesetzgebers vereinbar.

aa) Bei der Logistikpauschale handelt es sich nach der Darstellung der Beklagten um Personal- und Materialkosten, die die Beklagte zwar kalkulatorisch gesondert jedem Bestellvorgang zuordnet. Sie werden jedoch nicht konkret durch den einzelnen Bestellvorgang ausgelöst; vielmehr hält die Beklagte Material und vor allem das Personal im Hinblick auf den erwarteten Umsatz vor und setzt diese entsprechend der betriebsinternen Organisation bei der Abwicklung der Bestellungen ein. Es handelt sich also um Kosten, die dem Geschäftsmodell und dem danach strukturierten Geschäftsbetrieb der Beklagten zuzurechnen sind, wobei sich gerade der Personalbedarf allein auf prognostizierte Geschäftsentwicklung gründet; die Kosten hierfür kann die Beklagte durch Gehaltsverhandlungen und durch Ausübung ihres Direktionsrechts maßgeblich beeinflussen. Die in die Logistikpauschale eingerechneten Material- und Personalkosten haben also keinerlei Bezug zur einzelnen Bestellung. Sie sind vielmehr unabdingbarer und damit vorhersehbarer Bestandteil des Geschäftsmodells der Beklagten, die nach der Vorstellung der Letztverbraucher als angesprochener Verkehrskreis, zu denen auch die Mitglieder des erkennenden Senats gehören, bei der Kalkulation des Preises Eingang finden. Dass die Beklagte die Logistikpauschale gesondert neben dem Preis ausweisen kann, hat seine Grundlage lediglich in einer gezielten buchhalterischen Gestaltung, mit der sich die Beklagte in die Lage versetzt, die intern anfallenden Kosten für die Bereitstellung zum Versand aus dem Verkaufspreis auszugliedern.

bb) Dass dies nicht von dem Begriff des Verordnungsgebers im Hinblick auf den „Verkaufspreis“ nach Art. 2 lit. a RL 98/6/EG gedeckt ist, ergibt sich aus Art. 7 Abs. 4 lit.c RL 2005/29/EG. Zwar geht im Zusammenhang mit der Angabe des Verkaufspreises von Erzeugnissen in Verkaufsangeboten die RL 98/6/EG vor (EuGH, a.a.O. Rn. 42–45 – Citroën/ZLW; BGH GRUR 2017, 286 Rn. 12-Hörgeräteausstellung), die darin enthaltenen Regelungen sind jedoch auch bei der Auslegung des in Art. 2 lit. a RL 98/6/EG nicht näher definierten „Verkaufspreises“ heranzuziehen (BGH NJW-RR 2016, 1322 R. 38 -Wir helfen im Trauerfall). Dies gilt umso mehr, als auch nach Art. 3 Abs. 1 RL 2005/29/EG der Anwendungsbereich dieser Richtlinie eröffnet wäre.

Die in Art. 7 Abs. 4 lit.c enthaltene Bestimmung enthält die Informationsverpflichtung des Unternehmers, dass er den Preis „einschließlich aller Steuern und Abgaben ... sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten“ anzugeben hat. Hiermit hat der Verordnungsgeber also Kosten beschrieben, die außerhalb des Geschäftsbetriebs des Unternehmers anfallen und sich nach dem Wortlaut ausschließlich auf den Versandvorgang mit bzw. nach Verlassen der Ware aus dem Herrschaftsbereich des Unternehmers beschränken. Interne Kosten, mögen sie auch mit dem Versandvorgang zu tun haben, sind hiervon also nicht erfasst.

cc) Der deutsche Gesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 1 PAngV das Ziel der Klarstellung und Erhöhung der Preistransparenz bei im Fernabsatz angebotenen Waren und Dienstleistungen verfolgt. Er hat dabei die Liefer- und Versandkosten als Kosten definiert, die dem Letztverbraucher zum Erhalt der Ware in Rechnung gestellt werden wie beispielsweise Porto, Kosten für Verpackung, Lieferkosten, Nachnahmegebühr; sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers „nicht als in den Endpreis der Ware einzurechnende Preisbestandteile angesehen“ werden (BT-Drucksache 579/02 S. 7).

(1) Nach der vorstehenden amtlichen Begründung war Hintergrund dieser Regelung die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.11.1996 (Az.: I ZR 162/94, veröffentlicht in GRUR 1997, 479 - Münzangebot). Hiernach ist die gesonderte Ausweisung von Versandkosten im online-Handel zulässig, weil die Verbraucher bei diesem Vertriebsweg damit rechnen würden, dass dort regelmäßig Preisaufschläge für solche Kosten anfallen. Daher würden sich die genannten Preise nur auf die jeweils angebotenen Waren beziehen, ohne dass darin die Versandkosten eingeschlossen wären, deren Höhe sich meist erst aufgrund des Umfangs der Bestellung ergebe und eine „zumeist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung auf das einzelne Stück bezogene abnehmende Belastung darstellen“ würden. „Dem Verkehr ist dabei geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis gesondert erhoben werden. Sie werden nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben und sind daher in aller Regel kein in den Endpreis einzurechnender Preisbestandteil“ (BGH a.a.O.). Hieran hat der Bundesgerichtshof auch nach Einführung der Vorschrift des § 1 Abs. 2 PAngV festgehalten (BGH, NJW 2006, 211 Rn. 15 - intransparente Gutschriftklausel bei Widerruf durch Rücksendung; BGH GRUR 2010, 248 Rn. 27 -Kamerakauf im Internet).

(2) Unter Versandkosten, die nicht dem Preisgefüge der Ware zuzuordnen sind, fallen also nach Vorstellung der Letztverbraucher nur solche Kosten, die sie selbst konkret durch ihre Bestellung verursachen und eine „auf das einzelne Stück bezogene Belastung“ darstellen. Hierfür ist es aus Sicht des Letztverbrauchers auch gerechtfertigt, ein gesondertes Entgelt zu bezahlen. Hiervon sind jedoch nicht die Aufwendungen erfasst, die nach dem Willen der Beklagten mit der Logistikpauschale abgegolten werden sollen. Diese stellen, wie erwähnt, im Geschäftsbetrieb der Beklagten anfallende Kosten dar, die lediglich aufgrund eines buchhalterischen Vorgangs einem Bestellvorgang zugeordnet werden, aber nicht „auf die Sendung“ als „variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung auf das einzelne Stück bezogene abnehmende Belastung“ bei jedem einzelnen Kauf entstehen (ebenso für § 7 BuchPrG Wallenfels/Russ, 7. Aufl. 2018, BuchPrG § 7 Rn. 31). Der gesonderte Ausweis der Logistikpauschale neben dem Endpreis ist damit von § 1 Abs. 2 PAngV nicht gedeckt.

3. Daneben entspricht die Berechnung der Logistikpauschale an den Verbraucher auch nicht den Grundsätzen der Preiswahrheit und Preisklarheit (§ 1 Abs. 7 S. 1 PAngV) und ist gleichzeitig geeignet, den Verbraucher im Sinne der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UWG (zur Anspruchskonkurrenz Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Auflage 2021, Vorbemerkung zu § 1 PAngV Rn. 6, § 1 PAngV Rn. 36) über den Preis zu täuschen.

Mit der die Art und Weise der Preisangaben regelnde Vorschrift § 1 Abs. 7 PAngV verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (BGH GRUR 2008, 84 Rn. 25 -Versandkosten). Daher muss der Preis eindeutig, sofort erkennbar (Preisklarheit) und inhaltlich richtig (Preiswahrheit) angegeben werden (Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Aufl. 2016, PAngV § 1 Rn. 50).

a) Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, dass die Beklagte durch die intern anfallenden Kosten für die Bereitstellung zum Versand aus dem Verkaufspreis ausgliedert und neben diesem als „Logistikpauschale“ berechnet. Das Vorgehen der Beklagten hat den bewussten und gewollten Effekt zur Folge, dass gegenüber dem Verbraucher mit einem entsprechend niedrigeren Preis geworben werden kann, obwohl der Verbraucher tatsächlich einen um die Logistikpauschale erhöhten Preis zu bezahlen hat. Die nach § 1 Abs. 7 PAngV zu gewährleistende „optimale Preisvergleichsmöglichkeiten“ wird hierdurch unterlaufen, weil für den Verbraucher der verlangte Preis weder eindeutig noch sofort erkennbar ist.

b) Es kommt hinzu, dass die Beklagte diese Preisgestaltung bei Produkten mit einem Preis ab 49,00 € netto durch die Angabe, dass „versandkostenfrei“ geliefert werde, noch weiter verschleiert (Anlage K2.1, Bl. 12).

Der durchschnittlich informierte Verbraucher darf aufgrund dieser Angabe annehmen, dass er bei Erwerb eines Produkts mit einem Preis von 49,00 € keine Versandkosten zahlen muss und damit der ausgewiesene Preis auch der Endpreis ist. Tatsächlich definiert die Beklagte die Versandkosten als Addition der „Frachtkostenpauschale“ und der „Logistikpauschale“ und schlägt die Logistikpauschale stets und unabhängig von der Höhe des Einkaufs auf den ausgewiesenen Preis auf. Dies hat zur Folge, dass der Kunde auch bei angeblich versandkostenfreier Lieferung das Produkt nicht zu dem angegebenen Preis erwerben kann. Der neben dem Produkt ausgewiesene, aus Sicht des Verbrauchers anzunehmende „Endpreis“ ist deshalb irreführend und mit den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit unvereinbar.

Hieran ändert auch nichts, dass dem Verbraucher Möglichkeiten zur Verfügung stehen, den tatsächlichen Preis zu erfahren. Der Beklagten ist zwar grundsätzlich zuzugeben, dass es genügt, dass unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt der Hinweis „zzgl. Versandkosten” aufgenommen wird, wenn sich bei Anklicken oder Ansteuern dieses Hinweises ein Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten öffnet (BGH GRUR 2010, 248 -Kamerakauf im Internet; BGH GRUR 2010, 1110 Rn. 24 -Versandkosten bei Froogle II). Dies greift vorliegend deshalb nicht, weil der Verbraucher von einem Aufruf des Fensters aufgrund der Annahme, er müsse diese Kosten ohnehin nicht zahlen, abgehalten wird, jedenfalls aber hierzu keine Veranlassung hat. Die definitive, nicht zu übersehende Information erhält der Kunde erst bei Aufruf des Warenkorbs. Zu diesem Zeitpunkt ist der Bestellvorgang allerdings bereits eingeleitet, weshalb die notwendig vorher zu erteilende Information nicht rechtzeitig ist (BGH GRUR 2008, 84 Rn. 26, 31- Versandkosten; BGH NJW 2006, 211 Rn. 11).

c) Auch die Bestimmung des § 1 Abs. 7 PAngV stellt eine Vorschrift dar, die i.S. des § 3a UWG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (BGH GRUR 2010, 251 Rn. 16 -Versandkosten bei Froogle I). Der vorliegende Verstoß rechtfertigt daher in Verbindung mit der Vorschrift des § 8 Abs. 1 UWG ebenfalls einen Unterlassungsanspruch des Klägers. Dieser resultiert daneben auch aus der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UWG, weil durch die Angabe der Versandkostenfreiheit beim durchschnittlichen Verbraucher der unzutreffende Eindruck erweckt wird, dass der angegebene Preis endgültig sei und keine weiteren zusätzlichen Kosten anfallen würden.

d) Der Senat hat auch keine Bedenken, dass dieser Lauterkeitsverstoß von dem Antrag des Klägers mit umfasst ist. Der Kläger verlangt, dass die Beklagte bei dem Verkauf den zu zahlenden Endpreis richtig angibt. Der Endpreis ist dann nicht korrekt angegeben, wenn tatsächlich weitere Preisbestandteile hinzutreten und sich deshalb der zu zahlende Preis erhöht, wie es bei der Preisgestaltung der Beklagten der Fall ist. Dass der Unterlassungsanspruch auf diesen weiteren rechtlichen Gesichtspunkt gestützt wird, ist zulässig (BGH GRUR 2013, 401 -Biomineralwasser Rn. 24).

4. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kostenpauschale für die Abmahnung beruht auf § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. bzw. § 13 Abs. 3 UWG n.F. Der Zinsanspruch hieraus folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Aus den vorstehenden Gründen hat die Berufung des Klägers in vollem Umfang Erfolg, weshalb das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen war.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte nicht ab. Die Entscheidung des Senats steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des OLG Dresden vom 26.06.2018 (GRUR-RS 2018, 14339 -Vivat-Geschenk). Auch das OLG Dresden hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass Versandkosten nach der Verkehrsauffassung nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung gesondert neben dem Warenpreis erhoben werden. Unter diesem Aspekt hat das die dort gem. § 7 Abs. 4 Nr. 3 BuchPrG im Rahmen einer besonderen Aktion berechneten Versandkosten, die neben dem Porto anfallenden Kosten für den Versandkarton, das Verpackungsmaterial sowie die Verpackungsleistung in einem geringen Rahmen im Hinblick auf die Buchpreisbindung als zulässig erachtet.

Auch liegt kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Zitate10
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte