LG Dortmund, Urteil vom 03.02.2021 - 8 O 116/14 (Kart)
Fundstelle
openJur 2021, 15360
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 42.863,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 07.02.2015 zu zahlen.

2.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden darüber hinaus als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.633,95 Euro freizustellen.

3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.

Die Gerichtskosten werden der Klägerin zu 83 % und den Beklagten zu 1. und 2. gesamtschuldnerisch zu 17 % auferlegt. Von den außergerichtlichen Kosten trägt zunächst die Klägerin diejenigen der Beklagten zu 1. und 2. sowie der Streithelferinnen zu 1. und 2. zu 83 %. Die Beklagten zu 1. und 2. tragen gesamtschuldnerisch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 17 %. Im Übrigen tragen alle Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

5.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H.v. 110 % des jeweils zur Vollstreckung gestellten Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen kartellrechtswidriger Preisabsprachen im Zusammenhang mit Erwerbsvorgängen der Klägerin in den Jahren 2001 bis Mai 2011 auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist ein Verkehrsverbund und Schienenpersonennahverkehrs-Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen. Sie ist Rechtsnachfolgerin der D1 GmbH. Sie war zudem eine der Gesellschafterinnen der inzwischen aufgelösten und liquidierten D2 mbH (D2). Aufgabe der D2 war die Koordination aller betrieblicher Belange der Stadtbahn in W1 und W2 zwischen ihren Gesellschaftern und die Abstimmung mit den planerischen und baulichen Belangen der Gebietskörperschaften. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben beschafften die Klägerin und die D2 Gleisoberbaumaterialien. Die D2 hat ihre Ansprüche an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin macht auch diese Ansprüche aus abgetretenem Recht mit der vorliegenden Klage geltend.

Die Beklagten produzieren und Handeln mit Gleisoberbaumaterialien für den Schienenverkehr.

Die Beklagte zu 1. und ihre frühere Tochtergesellschaft E2 GmbH, die Anfang 2011 auf die Beklagte zu 1. verschmolzen wurde, produzierten und boten im Kartellzeitraum Gleisoberbaumaterialien an. Seit 2008 gehört die Beklagte zu 1. zur M1-Gruppe, einem internationalen Bau- und Dienstleistungskonzern, der in Deutschland insbesondere über die Beklagte zu 2. im Bereich Schienentechnik und Serviceleistungen tätig ist. Im Jahr 2010 übertrug die Beklagte zu 1. im Wege der Umwandlung durch Abspaltung den Geschäftsbereich "Gleisbau" auf die Beklagte zu

2.

Die Beklagte zu 3. - die Klägerin hat dieser gegenüber im Laufe des Prozesses den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärt; die Beklagte zu 3. hat dieser Erledigungserklärung zugestimmt - ist Rechtsnachfolgerin betreffend sämtlicher Aspekte aus dem Geschäftsbereich Gleistechnik diverser Vorgängerfirmen und unterhielt im gesamten Kartellzeitraum fünf Produktionsstätten und acht Vertriebsniederlassungen für Gleisoberbaumaterialien in Deutschland.

Die Beklagten zu 4. und 5. gehören jeweils zum C1-Konzern, welcher im Kartellzeitraum der zweitgrößte Anbieter von Gleisoberbaumaterialien in Deutschland war; die Beklagte zu 6. ist eine Gesellschaft österreichischen Rechts und gehört zum selben Konzern. Die Beklagte zu 7. entstand durch Formwechsel der E3 GmbH & Co. KG im Jahre 2006; die Rechtsvorgängerin firmierte 1998 als E6 GmbH, ab 2001 als E3 GmbH und gehörte bis zum Verkauf an C1 im Jahr 2001 zum E5 Konzern. Die Produktion von Oberbaumaterialien erfolgte in Werken in W3, welche Ende des Jahres 2013 stillgelegt wurden. Auch hinsichtlich der Beklagten zu 4. bis 7 wurde der Rechtsstreit im Laufe des Verfahrens insgesamt übereinstimmend für erledigt erklärt.

Im Mai 0000 wurden gegen die Beklagten Bußgeldverfahren wegen Kartellverstößen eingeleitet. Am 18. Juli 0000 erließ das Bundeskartellamt gegen acht Hersteller und Lieferanten von Gleisoberbaumaterialien Bußgeldbescheide in Höhe von insgesamt 97,64 Mio. EUR. Adressaten von inzwischen - infolge einvernehmlicher Verfahrensbeendigungen - bestandskräftigen Bußgeldbescheiden waren unter anderem die Beklagte zu 1., zu 3. sowie die C2 GmbH, die ursprünglich als Beklagte zu 5. in diesem Rechtsstreit beteiligt war.

Nach den Feststellungen dieser Bescheide waren die Adressaten gemeinsam mit weiteren Unternehmen des C1 Konzerns, den ursprünglich in diesem Rechtsstreit beteiligten Beklagten zu 4., 6. und 7. sowie weiteren Unternehmen (im Folgenden: "Kartellanten", vgl. Aufstellung der Beteiligten S. 4, 5 des Bescheides Anlage K1) an dem sogenannten "Kartell der Schienenfreunde" beteiligt. Die ursprünglich hier im Verfahren beteiligte Beklagte zu 4. - die C3 GmbH - hatte das Schienenkartell gegenüber dem Bundeskartellamt aufgedeckt und war als Kronzeugin nicht Adressatin eines Bußgeldbescheides. Die Kartellanten sind die wichtigsten Lieferanten von Gleisoberbaumaterialien deutschlandweit. Es liefen und laufen noch Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Submissionsbetruges gegen verschiedene Vertreter der Unternehmen.

Ausweislich der weiteren Feststellungen praktizierten die Kartellbeteiligten im Zeitraum von (mindestens) 2001 bis Mai 2011 auf dem Privatmarkt in Deutschland Preis-, Quoten- und Kundenschutzabsprachen. Diese Absprachen hatten den Zweck, Ausschreibungen, Anfragen und Projekte, die den Vertrieb von Schienen, Weichen und Schwellen an Nahverkehrsunternehmen, Privat- bzw. Regionalbahnen sowie in einer Reihe von Fällen Industriebahnen und Bauunternehmen betrafen, unter den Kartellanten aufzuteilen. Die Ausschreibungen, Anfragen bzw. Projekte umfassten in der Regel Produktkombinationen mit mehreren Losen (unterschiedliche Schienen nach Güte und Profilart, Weichen und Schwellen) aber auch einzelne Lose. Die Absprachen änderten sich zwar mit der Zeit hinsichtlich Struktur und Teilnehmer und erfolgten regional in unterschiedlicher Intensität, jedoch stets mit demselben Grundverständnis sowie mit ähnlichem Ablauf und vergleichbarer Umsetzung. Die Aufteilung der Kunden erfolgte dabei unter den Kartellanten nach dem "Stammkunden-" bzw. "Altkundenprinzip. Dazu wurden jedem Kartellanten auf Basis gewachsener Kundenbeziehungen und -vorlieben einzelne Kunden als "Stamm-" bzw. "Altkunden" zugeordnet. Die anderen Kartellanten schützten dieses Vorgehen, indem sie entweder bewusst keine Angebote für ihnen nicht zugewiesene Projekte abgaben oder Angebote erst verspätet oder gezielt überteuert einreichten. Hierdurch wurde gewährleistet, dass der konkrete Auftrag schließlich dem "vorbestimmten" Unternehmen (mithin dem von den Kartellanten als "Spielführer" bezeichneten) erteilt wurde. Dabei wurde die Umsetzung der Absprache durch den jeweiligen Spielführer organisiert und koordiniert. Dieser Ablauf hat sich im Laufe der Jahre derart etabliert, dass eine ausdrückliche Einzelfallabsprache häufig nicht mehr erforderlich war. Grundlage des so praktizierten Systems war eine auf einem produktübergreifendem "Verständnis und Vertrauensverhältnis" der einzelnen Kartellanten untereinander.

Absprachen über "weichenlastige" Projekte wurden dabei auch im Zusammenhang mit Sitzungen des sogenannten Arbeitskreises Marketing im Fachverband Weichenbau beziehungsweise innerhalb des Verbandes der V1 e.V. (V1) getroffen. Beteiligt an diesen Absprachen waren üblicherweise Vertreter der Beklagten zu 1., ferner Vertreter von E5, C1, E6 GmbH, E7 GmbH und E8 GmbH. Dabei verständigten sich die beteiligten Unternehmen auch bei diesen Projekten auf die Etablierung eines Stammkunden- bzw. Altkundensystems. Darüber hinaus bestand unter ihnen die Übereinkunft, abgesprochene Preiserhöhungen an ihre Abnehmer weiterzugeben. Bis zur Auflösung des Fachverbandes Weichenbau im Jahre 2006 dienten die Sitzungen des Arbeitskreises als Rahmen für die beschriebenen Absprachen. Nach Auflösung wurde die Projektaufteilung etc. in identischer Form im Marketingausschuss weitergeführt. Anfang 2009 ging dieser in der V1 Fachgruppe Infrastruktur auf; zu diesem Zeitpunkt fanden die Absprachen häufiger einzelfallbezogen und nicht mehr in Verbandstreffen statt, was möglich war, da sich die Stammkundenaufteilung eingespielt hatte.

Zwischen der ursprünglich an diesem Rechtsstreit beteiligten Beklagten zu 3. und den ursprünglich an diesem Rechtsstreit beteiligten Beklagten zu 4. bis 7. bestand für den Produktbereich Schienen zusätzlich seit 2001 bis Mai 2011 eine kartellrechtswidrige Vertriebsvereinbarung. Auf deren Grundlage veräußerte die Beklagte zu 3. Schienen, die von der ursprünglichen Beklagten zu 7. hergestellt wurden. Im Jahr 2008 wurde diese Vertriebsvereinbarung noch einmal bekräftigt.

Wegen der weiteren Feststellungen des Bundeskartellamtes wird auf den Bußgeldbescheid gegen die Beklagte zu 1. Bezug genommen (Anlage K 1).

Die D2 bezog zur Erfüllung ihrer Aufgaben regelmäßig Gleisoberbaumaterialien. Streitgegenständlich sind (nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich dreier weiterer ursprünglich gegenständlicher Erwerbsvorgänge) insgesamt noch vier Erwerbsvorgänge; davon einer bei der Beklagten zu 1. aus dem Jahr 2001 sowie jeweils einer bei der E10 GmbH aus dem Jahr 2001, bei der E11 AG ebenfalls aus dem Jahr 2001 und bei der "M4" M4 GmbH & Co. KG / M5 GmbH & Co. KG aus dem Jahr 2008.

Wegen der Einzelheiten dieser Erwerbsvorgänge wird auf den Vortrag der Klägerin auf Bl. 40 und 105 - 123 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin holte gemeinsam mit insgesamt 49 Abnehmern von Gleisoberbaumaterialien in Deutschland ein statistisches Gutachten des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung e.V. (im Folgenden: IAW-Gutachten) zur Ermittlung des kartellbedingt entstandenen (Mindest-)Schadens ein. Ausweislich dieses IAW-Gutachtens liegt die kartellbedingt eingetretene Preiserhöhung über alle betroffenen Produktkategorien hinweg bei 20,5 Prozent. Dabei reiche der kartellbedingte Preisaufschlag von 10,7 Prozent bei Vignol-Schienen bis 38,7 Prozent bei Vignol-Herzstücken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das IAW-Gutachten vom 21. August 2014 (Anlage K 9) Bezug genommen.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin forderte die Beklagten zu 1. und zu 2. außergerichtlich zur Abgabe von Verjährungsverzichtserklärungen auf, was diese nicht getan haben.

Die Klägerin meint, gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Kartellverstößen aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 GWB und Art. 101 Abs. 1 AEUV (früher Art. 81 Abs. 1 EG) bzw. nach § 33 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 GWB in Höhe von insgesamt mindestens 198.672,30 EUR nebst Zinsen zu haben.

Die Klägerin behauptet dazu im Einzelnen folgende Schäden erlitten zu haben:

Aus dem Erwerbsvorgang "Lieferung von Weichen und Kreuzungen für die U-Stadtbahn W1 Strecke X 00, Rampe F1-Straße bis F2-Straße (0000000000)" (im Folgenden "Erwerbsvorgang 4") sei ein Schaden in Höhe von 70.868,18 EUR entstanden. Auf die Ausschreibung der D2 vom 03.02.2001 zur Beschaffung von Weichenanlagen gab die Beklagte zu 1. Am 13.02.2001 ein Angebot ab, woraufhin die SBG-Ruhr mit Schreiben vom 30.03.2001 der Beklagten zu 1. den entsprechenden Auftrag erteilte. Dieser ist letztlich zu einem Nettopreis in Höhe von 815.330,00 DM durchgeführt worden.

Hinsichtlich des Erwerbsvorgangs "Lieferung von rillenlosen Schienen S 49 für die U-Stadtbahn W1, behindertengerechte Nachrüstung der Linie X 00, F3-Straße, von Haltestelle F5-Platz bis Haltestelle F2-Straße, Los 0 (0000000000)" (im Folgenden "Erwerbsvorgang 5") behauptet die Klägerin, einen Schaden in Höhe von 7.587,95 EUR. Auf die Ausschreibung der D2 zur Beschaffung von u.a. 3.300 Metern rillenloser Schienen, Profil S49 gab die E10 GmbH am 02.01.2001 ab. Mit Schreiben vom 12.02.2001 erteilte die D2 auf dieser Grundlage den Auftrag gegenüber der E10 GmbH. Dieser sei letztlich zu einem Nettopreis in Höhe von 70.915,41 EUR durchgeführt worden.

Aus dem Erwerbsvorgang "Lieferung von ca. 870 m Rillenschienen Ri60N, ca. 90 t Vignolschienen S49, 4 Ausgleichsvorrichtungen in S49, U1-Straße in U5 (neue Ruhrbrücke) (000-000-000/0000)" (im Folgenden: "Erwerbsvorgang 6") sei ein Schaden in Höhe von 24.248,38 Euro entstanden. Auf die Ausschreibung der Arbeitsgemeinschaft Stadtbahnausrüstung Betriebsbereich C/D K3/K4 zur Beschaffung von u.a. 870 Metern Rillenschienen und 90 Tonnen Vignolschienen gab die E11 AG am 27.06.2001 ein Angebot ab und erhielt von der Rechtvorgängerin der Klägerin, der K4 GmbH mit Schreiben vom 20.07.2001 den entsprechenden Zuschlag. Der Auftrag wurde zu einem Nettopreis von insgesamt 144.91816 EUR durchgeführt.

Infolge des Erwerbsvorganges "Neubau der Ruhrbrücke in U5 im Zuge der B51, 3 BA, Stadtbahnbetriebsstufe B2HAT, 2. Bauabschnitt Ruhrquerung (000-000-000/0000)" (im Folgenden: Erwerbsvorgang 7) sei ein Schaden in Höhe von 36.527,69 EUR entstanden. Auf die Ausschreibung des Landesbetriebes Straßenbau Nordrhein Westfalen vom 03.04.2007 zur Durchführung von Straßen- und Erdbau, Stadtbahn und Kanalarbeiten gab die Bietergemeinschaft Bauunternehmen M4 GmbH & Co. KG / M5 GmbH & Co. KG am 04.06.2007 ein Angebot ab und erhielt mit Schreiben der Klägerin vom 28.01.2008 den entsprechenden Auftrag. Die Arbeiten mit einem Gesamtnettovolumen in Höhe von 984.784,70 EUR wurden durchgeführt.

Die Klägerin behauptet hinsichtlich aller streitgegenständlichen Erwerbsvorgänge, dass diese durchgeführt und bezahlt worden seien.

Alle Erwerbsvorgänge seien zudem kartellbefangen und fügten sich nahtlos in den zeitlichen, sachlichen und räumlichen Bereich der Kartellabsprachen ein. Sie ist insoweit der Auffassung, dass sich dies bereits aus der Bindungswirkung des Bußgeldbescheides ergebe. Darüber hinaus streite auch ein Anscheinsbeweis für die Kartellbefangenheit der Erwerbsvorgänge.

Ein solcher Anscheinsbeweis sei auch nicht durch die Beklagten wirksam erschüttert worden. Dass die streitgegenständlichen Erwerbsvorgänge nicht kartellbefangen sind, sei von den Beklagten darzulegen und zu beweisen. Zumindest aber träfe die Beklagten insoweit eine sekundäre Darlegungslast zum Inhalt und Umfang der getroffenen Absprachen.

Mit der Bindungswirkung des Bußgeldbescheides stehe die umfassende Kartellbeteiligung aller Beklagten fest. Die Beklagten seien danach an einer einheitlichen, übergreifenden Gesamtkartellabsprache beteiligt gewesen, womit auch eine gesamtschuldnerische Haftung nach § 840 Abs. 1 BGB bzw. § 133 UmwG bestehe.

Überdies behauptet die Klägerin, dass sie selbst bzw. die D2 durch die kartellrechtswidrigen Absprachen einen erheblichen Schaden erlitten habe, da ohne die Absprachen die streitgegenständlichen Gleisoberbaumaterialien zu erheblich günstigeren Preisen, nämlich zu Wettbewerbspreisen, hätten bezogen werden können. Aufgrund des Kartells habe sich ein sogenannter "Preisschirmeffekt" eingestellt. Das Preisniveau bei Gleisoberbaumaterialien sei bundesweit - somit auch in der streitgegenständlich betroffenen Region - angestiegen und habe somit höher gelegen, als es ohne Kartell der Fall gewesen wäre. Auch insofern streite bereits ein Anscheinsbeweis für die Entstehung eines Schadens der Klägerin. Jedenfalls sei ihr ausweislich des IAW-Gutachtens ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden. Das IAW-Gutachten sei insoweit auch eine taugliche Grundlage für eine Schadensschätzung.

Eine Weiterwälzung des Schadens bestreitet die Klägerin.

Eine (teilweise) Verjährung sei wegen des auch rückwirkend anzuwendenden § 33 Abs. 5 GWB nicht eingetreten.

Nachdem die Klägerin zunächst die aus der Klageschrift vom 19 Dezember 2014 ersichtlichen Anträge unter Berücksichtigung ihrer Erledigungserklärung aus ihrem Schriftsatz vom 28.10.2019 hinsichtlich des Erwerbsvorganges 3 stellte, hat sie inzwischen gegenüber den ursprünglichen Beklagten zu 3. bis 7. den Rechtsstreit für erledigt erklärt; diese haben der Erledigungserklärung zugestimmt und mit der Klägerin Abreden getroffen, wonach in diesem Verhältnis die Klägerin die Gerichtskosten und die Beklagten zu 3. bis 7 und die Klägerin insoweit ihre außergerichtlichen Kosten selber tragen.

Darüber hinaus hat die Klägerin inzwischen auch die ursprünglich gegenständlichen Erwerbsvorgänge 1 und 2 gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. für erledigt erklärt. Diese stimmten den Erledigungserklärungen hinsichtlich der Erwerbsvorgänge 1 bis 3 zu.

Die Klägerin beantragt nunmehr wie folgt:

1.

Die Beklagten zu 1. und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz zu zahlen in einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Höhe, mindestens jedoch in Höhe von 147.162,93 Euro nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz bis zum 31.12.2001, in Höhe von jährlich 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz bis zum 28.07.2014 und in Höhe von jährlich 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 29.07.2014 aus 70.868,18 Euro seit dem 01.04.2001, aus weiteren 7.587,95 Euro seit dem 13.02.2001, aus weiteren 32.179,11 Euro seit dem 21.07.2001 und aus weiteren 36.527,69 Euro seit dem 29.01.2008.

2.

Die Beklagten zu 1. und 2 werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, an die Klägerin Gutachterkosten von Kosten in Höhe von 11.187,31 Euro nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden als Gesamtschuldnerinnen verurteilt, die Klägerin von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.484,45 Euro freizustellen.

Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1. und 2. rügen den Klagevortrag als unsubstantiiert und unschlüssig. Dieser belege keine Kartellabsprache hinsichtlich der streitgegenständlichen Erwerbsvorgänge, welche von den Beklagten zu 1. und 2. ausdrücklich bestritten wird. Die Darlegungs- und Beweislast für die Kartellbefangenheit liege bei der Klägerin. Es ergebe sich auch nicht aus den Bußgeldbescheiden, dass die streitgegenständlichen Erwerbsvorgänge kartellbefangen gewesen seien. Eine einheitliche "Gesamtkartellabsprache" im Sinne einer Rahmenvereinbarung habe es gerade nicht gegeben, sondern vielmehr eine Vielzahl einzelner Absprachen mit unterschiedlicher Beteiligung und Ausmaß. Daraus ergebe sich die Verpflichtung der Klägerin substantiiert darzulegen und nachzuweisen, dass die streitgegenständlichen Vorgänge von wettbewerbswidrigen Absprachen betroffen waren, was sie nicht getan habe. In diesem Zusammenhang vertreten sie zudem die Auffassung, dass die Bindungswirkung des § 33 Abs. 4 GWB auf "Altfälle" vor dem 01. Juli 2005 keine Anwendung finde. Außerdem habe das Bundeskartellamt hinsichtlich der streitgegenständlichen Vorgänge keine Feststellungen getroffen. Zudem bestreiten sie auch die Zahlung der einzelnen Rechnungen.

Auch mittels eines Anscheinsbeweises lasse sich eine Kartellbefangenheit nach Auffassung der Beklagten nicht begründen. Insoweit fehle es bereits an einem für die Annahme eines Anscheinsbeweises notwendigen typischen Geschehensablauf.

Es ergebe sich auch keine Kartellbefangenheit infolge eines allgemein überhöhten Preisniveaus. Dazu führen die Beklagten aus, dass ein Preisschirmeffekt nicht eingetreten sei. Das Kartell habe nur zu einer besseren Auslastung vorhandener Kapazitäten, nicht jedoch zu einer generellen Preiserhöhung geführt. Zudem fehle es bei Gleisoberbaumaterialien auch an der Homogenität als grundlegende Voraussetzung für einen das Preisniveau generell anhebenden Effekt.

Die Klägerin habe zudem auch nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen, dass ihr ein kartellbedingter Schaden entstanden ist.

Hierzu könne sie sich auch nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen. Darüber hinaus stelle auch das klägerseitig eingeholte IAW-Gutachten keine taugliche Grundlage für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO dar.

Die Beklagten meinen außerdem, dass die Klägerin einen etwaig eingetretenen Schaden jedenfalls an ihre Kunden weitergegeben habe.

Ferner müsse sich die Klägerin aufgrund ihrer eigenen Vergabepraxis ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen. Sie habe insoweit maßgeblich an der Entstehung eines etwaigen Schadens beigetragen, indem sie einen potenziellen Anbieterwettbewerb von vornherein verhindert habe.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung und meinen in diesem Zusammenhang, dass eine Hemmung nach § 33 Abs. 5 GWB i.d.F. 2005 ausscheide, weil diese Norm nicht auf Schadensersatzansprüche wegen Kartellverstößen anwendbar sei, die vor dem 01. Juli 2005 begangen wurden.

Zudem seien auf die von der Klägerin geltend gemachten Zinsansprüche - jedenfalls nicht in der begehrten Höhe - entstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Erwerbsvorgangs 4) aus dem Jahr 2001 teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

Der Klägerin steht Schadensersatz im tenorierten Umfang aus dem Erwerbsvorgang 4) zu.

1.

Der Klägerin steht im Hinblick auf den Erwerbsvorgang 4) zunächst dem Grunde nach ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch gemäß § 33 GWB in der vom 1. Januar 1999 bis zum 30. Juni 2005 geltenden, nach dem intertemporären Recht für den Erwerbsvorgang im Jahre 2004 maßgeblichen Fassung aus abgetretenem Recht zu (zur Anwendbarkeit des zum Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs geltenden Rechts vgl. BGH, U. v. 28.06.2011, KZR 75/10, BGHZ 190, 145 = WuW/E DE-R 3431 Rz. 13 - ORWI, ferner Kammer in LG Dortmund, 8 O 90/14, NZKart 2017, 86 ff, Rn 80 ff. - Schienenkartell). Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine Vorschrift des GWB verstößt, die den Schutz eines anderen bezweckt, diesem zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet. Bei den nach den Feststellungen des Bundeskartellamts vom 18. Juli 2013 verletzten Vorschriften des § 1 GWB bzw. Art. 81 Abs. 1 EG handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne des § 33 S. 1 GWB (1999). Da es sich bei der Verabredung und Durchführung des von dem Bundeskartellamt geahndeten Vertriebskartells um eine gemeinschaftliche unerlaubte Handlung handelt, haften die kartellbeteiligten Beklagten zu 1. und zu 2. gemäß §§ 830 Abs. 1 S. 1, 840 Abs. 1 BGB der Klägerin als Gesamtschuldnerinnen für die durch das Kartell verursachten Schäden. Die Beklagte zu 2. hat im Jahr 2010 im Wege einer Umwandlung durch Abspaltung den Geschäftsbereich "Gleisbau" der Beklagten zu 1. erworben und haftet daher nach § 133 Abs. 1 S. 1 UmwG als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 1. für die vor Wirksamkeit der Spaltung bereits begründete Verbindlichkeit.

2.

Die schon im Tatbestand erwähnten im Bußgeldbescheid getroffenen Feststellungen des Bundeskartellamts sind der Entscheidung im vorliegenden Streitfall zugrunde zu legen. Im Übrigen werden hiermit auch sämtliche weiteren Feststellungen der Bußgeldescheide, welche die hier Beklagten betreffen, der Entscheidung zugrunde gelegt.

Dies folgt für die Beklagte zu 1. gegen die das Bundeskartellamt wegen des "Schienenkartells" im Juli 0000 einen Bußgeldbescheid erlassen hat, bereits aus der Tatbestandswirkung des § 33 Abs. 4 GWB (2005). Diese Norm ist unabhängig vom Zeitpunkt des Kartellrechtsverstoßes anwendbar, wenn - wie im Streitfall - ein entweder bereits vor dem Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle (1. Juli 2005) oder hiernach eingeleitetes kartellbehördliches oder gerichtliches Verfahren wegen Verstoßes gegen eine Vorschrift des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erst nach dem Inkrafttreten der 7. GWB-Novelle bestandskräftig abgeschlossen worden ist (vgl. BGH, U. v. 12.06.2018, KZR 56/16, NZKart 2018, 315, Tz 30 ff. - Grauzementkartell II; OLG Düsseldorf, U. v. 22.08.2018, VI-U (Kart) 1/17, NZKart 2018, 477, Rn. 86 - Schienenkartell; so schon LG Dortmund, 8 O 90/14 Rn 95 - juris).

Darüber hinaus gilt für beide Beklagten, dass die Klägerin mit ihrem Vortrag die Feststellungen des Bundeskartellamts in den Prozess eingeführt und sich zu eigen gemacht hat, ohne dass die Beklagten diese Feststellungen bestritten haben, weshalb das die Feststellungen des Bundeskartellamts aufgreifende Vorbringen der Klägerin gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist.

3.

Die Beklagten zu 3. bis 7., gegenüber welchen der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, haben den vom Bundeskartellamt festgestellten Kartellrechtsverstoß vorsätzlich und somit schuldhaft begangen; gegen diese Beurteilung wenden die Beklagten mit Recht nichts ein.

4.

Zwar kommt es auf die Frage, ob der genannte Erwerbsvorgang von der Kartellrechtsverletzung "betroffen" war, aus Sicht der Kammer nicht an; die Frage ist aber gleichwohl zu bejahen.

a)

Nach Auffassung der Kammer kommt dem Merkmal der "Kartellbetroffenheit" eine eigenständige Bedeutung nicht zu, soweit ein kausal durch die Kartellrechtsverletzung verursachter Schaden festzustellen ist (so zu Recht bereits Roth in FK-KartR, 92. Lief. 11.2018, § 33 a Rn. 24 ff.; ders., Zur Aktivlegitimation im deutschen Kartelldeliktsrecht, in: Europäisches, deutsches und internationales Kartellrecht - Festschrift für Dirk Schroeder zum 65. Geburtstag, Köln 2018, 709, 714 f.; vgl. zur Problematik nun auch Pohlmann, WRP 2020, 1242 ff., Tz 12 ff.; dies., Festschrift für Gerhard Wiedemann, 2020, S. 629 ff. und ferner Otto, ZWeR 2019, 354 ff.). Zur Bejahung eines Schadensersatzanspruchs muss diese Feststellung ohnehin getroffen werden; die herkömmlich erörterten Kausalitätsdimensionen wie die zeitliche, räumliche und sachliche Einpassung des jeweiligen Erwerbs in das Kartell sind ohne weiteres auch im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität behandelbar (vgl. dazu die von der Kammer bereits im Rahmen eines Parallelverfahrens getroffenen Ausführungen in LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 61 - 64, juris).

b)

Allerdings führte die Berücksichtigung des Merkmals der "Kartellbetroffenheit" wie es die Rechtsprechung des BGH zum Schienenkartell versteht, nicht zu einem anderen Ergebnis. Zudem käme es für diesen Fall nicht auf die von den Parteien erörterten Beweiserleichterungsfragen an.

Denn im Hinblick auf den insoweit maßgeblichen Erwerbsvorgang aus dem Jahr 2001 bei der Beklagten zu 1. handelt es sich um einen unmittelbar von einem Kartellbeteiligten stattgefundenen Erwerb von Waren, welche Gegenstand der Kartellabsprache waren.

5.

Infolge der mit Bindungswirkung nach § 33 IV GWB a.F. feststehenden Rechtsverletzung der Beklagten, die zu einer gesamtschuldnerischen Haftung nach §§ 830, 840 BGB sämtlicher Kartellbeteiligter für aus den einzelnen Erwerbsvorgängen folgende Schäden führt (instruktiv BGH, U. v. 19.05.2020, KZR 70/17 Tz 30 ff. - Schienenkartell III - juris), ist der Klägerin im Hinblick auf die als kartellbefangen anzusehenden Lieferung aus dem Jahr 2001 bei der Beklagten zu 1. ein Schaden entstanden. Für diese Betrachtungsweise streitet hier eine tatsächliche Vermutung.

Dabei richten sich die an den Nachweis eines solchen Schadens - der im Gegensatz zu deliktischen oder vertraglichen Ansprüchen unabhängig von der Verletzung eines bestimmten Rechtsguts entsteht (BGH, KZR 24/17 Tz 29 - Schienenkartell II; BGH KZR 25/14Rn 42 f. - Lottoblock II mwN. - jeweils zitiert nach juris) - zu stellenden Anforderungen nach deutschem Zivilprozessrecht. Im Ergebnis kann es dabei dahinstehen, ob es, bei einem Quoten- und Kundenschutzkartell, wie dem gegenständlichen, an der für die Anwendung eines Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität des Geschehensablaufs fehlt (BGH, KZR 24/17 Tz 31; ferner BGH, KZR 26/17 = NZKart 2019, 101 Tz 57 - Schienenkartell I; gleichlautend auch KRZ 23/17, 25/17 und 27/17).

Denn es ergibt sich auch bei einer an den hier heranzuziehenden Maßstäben des § 287 ZPO orientierten Gesamtabwägung aller Sachverhaltsaspekte und Indizien unter Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles zunächst nach freier Überzeugung der Kammer, dass die genannten Erwerbsvorgänge kartellbefangen waren und der Klägerin dem Grunde nach ein kartellbedingter Schaden entstanden ist. Für diese richterliche Überzeugungsbildung reicht hier die deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit aus, dass ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, U. v. 18.03.2004, IX ZR 255/00, NJW 2004, 1521, 1522; BGH, KZR 25/14 Tz 41 - Lottoblock II - juris; vgl. dazu auch schon LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 75, juris).

Auch unter Zugrundelegung der Auffassung des Kartellsenats des BGH streitet in Fällen wie dem Vorliegenden, in dem sich der Erwerbsvorgang aus dem Jahr 2001 bei der Beklagten zu 1. eindeutig zeitlich, räumlich und sachlich in die im Bescheid festgestellte Kartellabsprache einpassen lassen, eine tatsächliche Vermutung für den kartellbedingten Eintritt irgendeines, an dieser Stelle noch nicht näher zu beziffernden Schadens.

Gegen die räumliche Einpassung spricht nicht, dass die Beklagte zu 1. darauf verweist, nur regional an Absprachen beteiligt gewesen zu sein. Denn nach den zugrunde zu legenden Feststellungen des Bundeskartellamts operierte das Kartell nicht nur bundesweit, sondern an ihm waren durchgängig jedenfalls die Beklagten zu 3. und 5. beteiligt, was für sich allein schon die Vermutung begründet, dass in kartellbefangener Zeit alle Ausschreibungen der hier interessierenden Gleisoberbaumaterialien (Schienen, Weichen) in Deutschland von dem Kartell erfasst gewesen sind (so in einem Parallelfall auch OLG Düsseldorf, U. v. 22.08.2018, VI-U (Kart) 1/17 Tz 99 f und LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 77, juris). Ist im Einzelfall ein drittes Unternehmen, also hier die Beklagte 1. anstatt der übrigen Beklagten zum Zuge gekommen, spricht deshalb auf erste Sicht alles dafür, dass dies in Anwendung der Regeln des Kartells erfolgt ist. Soweit die Beklagte zu 1. in dem Erwerbsvorgang 4) die Aufträge erhalten hat, ist dies bei vernünftiger und unbefangener Betrachtung der Dinge lediglich Ausdruck der Tatsache, dass dieses Unternehmen jedenfalls in der von dem Geschäft betroffenen Region tätig gewesen und mithin auch in Bezug auf dieses Geschäft an dem Kartell beteiligt gewesen ist (so zutreffend auch im genannten Parallelverfahren OLG Düsseldorf sowie LG Dortmund, jeweils aaO.).

Weitere gegen diese zeitliche, räumliche und sachliche Eingliederung sprechende Umstände führen die Beklagten jedenfalls im Hinblick auf den hier interessierenden Erwerbsvorgang 4) nicht an und solche sind auch sonst nicht ersichtlich.

Zugunsten des Abnehmers eines an einer Kartellabsprache beteiligten Unternehmens streitet - im Sinne eines Erfahrungssatzes - eine auf der hohen Wahrscheinlichkeit eines solchen Geschehens beruhende tatsächliche Vermutung. Diese führt zu der Annahme, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten (BGH, KZR 24/17 - Schienenkartell II - Tz 40 - juris; vgl. ferner schon BGH, U. v. 08.01.1992, 2 StR 102/91, BGHSt 38, 186, 194; BGH, B. v. 28. Juni 2005, KRB 2/05 - Berliner Transportbeton I; B. v. 26. 02.2013, KRB 20/12, BGHSt 58, 158 Rn. 76 - Grauzementkartell I; BGH, KZR 56/16 Tz 35 - Grauzement II - juris). Denn bei einem Quoten- und Kundenschutzkartell wie dem hier in Rede stehenden Schienenkartell, kommt dem Erfahrungssatz nach der Rechtsprechung des BGH eine starke Indizwirkung für ein von der Kartellabsprache beeinflusstes Preisniveau zu (vgl. BGH, KZR 26/17 Tz 56 - Schienenkartell I). Diese Vermutung gewinnt laut BGH noch an Gewicht, je länger und nachhaltiger ein Kartell praktiziert wurde und je höher daher die Wahrscheinlichkeit ist, dass es Auswirkungen auf das Preisniveau gehabt hat, das sich infolge der Ausschaltung oder zumindest starken Dämpfung des Wettbewerbs eingestellt hat (BGH, aaO. Tz 55 f.; BGH, KRB 2/05 - Berliner Transportbeton I).

a)

Zahlreiche Studien bestätigen diesen Erfahrzungssatz. Zieht man nur die bekannte Oxera-Studie (Oxera, 2009: Quantifying Antitrust Damages: Towards Nonbinding Guidance for Courts) heran, so zeigt diese, dass gerade einmal 7 % der Kartelle wirkungslos bleiben. Sind aber 93 % wirksam und beeinflussen somit die Preisgestaltung, so deutet schon dies aus Sicht der Kammer auf eine - deutlich - überwiegende Wahrscheinlichkeit und somit einen entsprechend starken Erfahrungssatz hin, dem im Rahmen der erforderlichen Einzelfallabwägungen bei vorzunehmender Gesamtschau aller Aspekte besonderes Gewicht zukommt. Bei dieser Beurteilung kann, anders als zur Substantiierung der Schadenshöhe selber (dies ablehnend etwa LG Dortmund, 8 O 75/19, NZKart 2020, 450, Tz 52 mwN - Sanitärkartell), auch auf Metastudien wie eben die Oxera-Studie zurückgegriffen werden. Denn es liegt auf der Hand, dass allgemeine Erfahrungssätze auf in solchen Studien erforschtem und zum Ausdruck kommenden allgemeinen Erfahrungswissen beruhen (so schon im genannten Parallelverfahren LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 80, juris).

(b)

Eine weitere Stütze findet dieser Erfahrungssatz - wie schon in dem vorgenannten Parallelverfahren LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) Rn. 80 ff., juris, aufgezeigt - auch darin, dass - wie oben schon gezeigt - die EU-Kommission diese Ergebnisse im Rahmen des "Leitfaden(s) zur Ermittlung des Schadensumfangs bei Schadensersatzklagen im Zusammenhang mit Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union" bestätigte und sich zu eigen machte; dies hat sodann Niederschlag in der Schadensvermutung des Art. 17 Abs. 2 der Kartellschadensrichtlinie (Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014) gefunden.

(c)

Dieser Erfahrungssatz gewinnt vorliegend aufgrund zweier, sich aus dem durch den Bescheid festgestellten Sachverhalt ergebender und in die Gesamtabwägung einzustellender Aspekte, weiteres Gewicht, nämlich durch die zeitliche Dauer des Kartells und seine hohe Marktabdeckung.

Der Bescheid hat einen Kartellzeitraum von über 10 Jahren festgestellt; der Erwerbsvorgang 4) lag noch zu Beginn dieses Zeitraums. Diese relativ lange Dauer des Kartells zeigt bereits, dass es sich notwendig um ein erfolgreiches, also auch preiswirksames Kartell gehandelt haben muss, denn aus wirtschaftlicher Sicht hätte es weder Sinn ergeben, den Aufwand zur Aufrechterhaltung des Kartells bis zu diesen Zeitpunkten zu betreiben noch das Entdeckungsrisiko zu tragen, wäre nicht eine entsprechende Kartellrendite auf der Habenseite zu verzeichnen gewesen. Der Umstand, dass der Erwerb zu einem Zeitpunkt stattfand, zu dem das Kartell erst kurze Zeit bestand, vermag an der Bewertung im Grundsatz insoweit nichts zu ändern, lediglich die Gewichtung dieses Umstandes ist mit Blick auf das zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Erwerbs noch "junge" Kartell etwas geringer.

Die Beklagten erreichten zudem ausweislich des Bußgeldbescheides eine Marktabdeckung von ca. 90 %. Aufgrund der Feststellungen des Bundeskartellamtes steht dieser Umstand mit Bindungswirkung auch für das gegenständliche Verfahren fest. Dabei ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass bereits ein erreichter Marktanteil von 60 % als ausreichend für das Bestehen der tatsächlichen Vermutung einer kartellbedingten Schädigung anzusehen ist (OLG Karlsruhe, U. v. 10.04.2019, 6 U 126/17 Kart, NZKart 2019, 351); umso stärker wiegt dieser Umstand hier.

(d)

Als weiterer Aspekt für die Kartellbefangenheit des Erwerbsvorganges und einen so kartellbedingt entstandenen Schaden ist die während dieser Kartelldauer erkennbar vorherrschende hohe Kartelldisziplin zu nennen. Insoweit hat die Kammer bereits in dem von ihr jüngst entschiedenen Parallelverfahren,LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) Rn. 80 ff., juris, ausgeführt, dass hier alles dafür spricht, dass durchweg auf Kartellpreisniveau angeboten wurde, weil zum einen aufgrund des bestehenden Kartells mit seiner hohen Marktabdeckung nicht mit einem nennenswerten Preiswettbewerb zu rechnen war und somit auch gar kein Grund zum Ausscheren bestand. Zum anderen wären durch einen Kartellanten im Einzelfall gewährte deutlich günstigere Preise für die Übrigen "auffällig" gewesen, nämlich wenn gerade nicht derjenige Kartellant, der für den Zuschlag ausersehen war, den Auftrag bekommen hätte. Für den Ausersehenen bestand aber überhaupt kein Grund, unterhalb des Kartellpreises anzubieten; ein solcher ist auch durch die Beklagten weder im vorliegenden Verfahren noch - soweit ersichtlich - in einem der zahlreichen Parallelverfahren vorgetragen worden. Zudem hat die Kammer bereits in anderem Zusammenhang schon ausgeführt, (LG Dortmund, U. v. 27.06.2018, 8 O 13/17 Kart, NZKart 2018, 328 Tz 60), dass der einzelne Anbieter bei einem bestehenden Quotenkartell kaum Anreiz zur Senkung seiner Preise hat, weil er sich durch die Preissenkung ohnehin keine zusätzlichen Marktanteile erschließen kann, sondern vielmehr größere Möglichkeiten zur Erhöhung seiner Preise hat, da er nicht Gefahr läuft, durch die Preiserhöhung Marktanteile an seine Wettbewerber zu verlieren (ähnlich OLG Karlsruhe, U. v. 31.07.2013, 6 U 51/12, Tz 55 - juris; ferner LG Hannover, 18 O 405/14, Tz 67 und 18 O 8/17 Tz 76 - juris).

(e)

Soweit von den Beklagten - ähnlich wie in Parallelfällen - eingewandt worden ist, in den Bereichen "Schienen" und "Schwellen" seien bezogen auf "nur" 10 % bis 15 % des Gesamtmarktvolumens "ausdrückliche Absprachen" getroffen worden, ist auch dies unerheblich (vgl. hierzu zutreffend OLG Karlsruhe, a.a.O.). Insbesondere kommt es in diesem Zusammenhang ganz offensichtlich nicht allein auf die "ausdrücklichen" Absprachen der Kartellbeteiligten an; solche sind nach den zugrunde zu legenden Feststellungen des Bundeskartellamts nämlich weitgehend gar nicht (mehr) nötig gewesen, um das Kartell am Markt durchzusetzen (OLG Düsseldorf, VI-U Kart 18/17, NZKart 2019, 157 - Schienenkartell - Tz 97).

(f)

Vor diesem Hintergrund ändert sich deshalb auch nichts an dieser Bewertung, wenn sich die Beklagten auf eine unterschiedliche Intensität der einzelnen Absprachen berufen, weil ausweislich des Bußgeldbescheides stets mit demselben Grundverständnis, vergleichbarem Ablauf und ähnlicher Umsetzung gearbeitet wurde (vgl. S. 6 u. 13 des Bußgeldbescheides, Anlage K 1) und insgesamt ein hohes Organisationsniveau des Kartells errichtet war (s. auch in einem Parallelfall OLG Düsseldorf, VI-U Kart 11/17, BeckRS 2018, 29966).

(g)

Erkennbar neben der Sache liegt ferner der auch im vorgenannten Parallelverfahren vor der Kammer gehaltene Beklagtenvortrag, wonach die Kartellabsprachen lediglich der gleichmäßigen Auslastung der Produktionsstätten gedient hätten. Dieser Einwand berührt nämlich die grundsätzliche Überlegung, dass den Kartellbeteiligten durch den durch das Kartell verabredeten "Kundenschutz" ein bei einem funktionierenden Wettbewerb nicht gleichermaßen bestehender Spielraum zur Durchsetzung von Preiserhöhungen erwachsen ist, schon nicht im Ansatz. Dieser Spielraum ist von der Frage einer zu bejahenden oder aber zu verneinenden Kapazitätsauslastung einzelner Kartellteilnehmer unabhängig. Denn bei einer zwischen Wettbewerbern vorgenommenen Aufteilung von Absatzquoten oder Kunden wird der typische Unternehmer versuchen, seinen Gewinn zu maximieren; dass Preissetzungsspielräume ohne Grund ungenutzt bleiben, liegt völlig fern. Dies gilt im Grundsatz selbst dann, wenn ein einzelner Kartellbeteiligter an seinen Kapazitätsgrenzen operiert. Auch in diesem Fall ist das Kartell regelmäßig kausal für die Durchführung von Preiserhöhungen des betreffenden Unternehmens; denn dieses kann wegen des Kartells, anders als bei funktionierendem Wettbewerb, auch nach Erreichen seiner Kapazitätsgrenzen seine Preise weiter erhöhen, ohne Marktanteile zu verlieren (so schon OLG Düsseldorf, U. v. 22.08.2018, VI-U (Kart) 1/17, NZKart 2018, 477 = WuW 2018, 541, Tz 116 mwN - Schienenkartell). Ob bei einer Auslastung der Kapazitäten aller Kartellbeteiligten zu den maßgeblichen Zeitpunkten der streitbefangenen Erwerbsgeschäfte im Ergebnis eine andere Beurteilung gerechtfertigt wäre, kann auf sich beruhen; insoweit fehlt es bereits an jedwedem Sachvortrag der Beklagten. Dieser Einwand ist im Übrigen auch in zahlreichen parallel gelagerten Fällen des "Schienenkartell-Komplexes" mit Recht verworfen worden (vgl. etwa OLG Düsseldorf, VI U Kart 18/17 Tz 96 - juris; OLG Karlsruhe, U. v. 10.03.2017, 6 U 58/15 (Kart]; OLG München, U. v. 08.03.2018, U 3497/16 Kart, NZKart 2018, 230, Tz 78 - Schienenkartell).

(h)

Zu keiner anderen Bewertung führt insoweit der regelmäßig, und auch gegenständlich, durch die Beklagten im Rahmen des "Schienenkartell-Komplexes" gehaltene Vortrag, die "lediglich" auf eine verbesserte Auslastung der Produktionskapazitäten gerichtete Funktionsweise des Kartells werde dadurch bestätigt, dass nach der Aufdeckung des Kartells ein Teil dieser Kapazitäten weggefallen und die Preise im Ergebnis gestiegen seien (vgl. dazu etwa auch BGH, KZR 26/17, Tz 58 - Schienenkartell I). Zum einen berührt die genannte Behauptung den oben dargelegten Umstand, dass bei einer Aufteilung von Quoten bzw. Kunden der typische Unternehmer unabhängig von der Frage einer Auslastung seiner Kapazitäten seine kartellbedingten Preissetzungsspielräume regelmäßig zur Erhöhung seiner Preise nutzen wird, schon im Tatsächlichen nicht. Zum anderen haben vorliegend die Beklagten auch keinen substantiierten Sachvortrag zu einer solchen Preissteigerung nach Aufdeckung des Kartells gehalten. Soweit im Streitfall die Beklagten reklamiert haben, hinsichtlich der streitbefangenen Erwerbsvorgänge hätten die insoweit vereinnahmten Preise unterhalb der von der Klägerin dargelegten Durchschnittspreise bestimmter Produktarten im Kartellzeitraum und zum Teil auch in der Nachkartellzeit gelegen, dringt dieser Einwand nicht durch.

Insoweit können die Beklagten nicht mit dem von der Klägerin eingeholten Privatgutachten ("IAW-Gutachten") argumentieren (s. auch OLG Düsseldorf, VI U Kart 1/17 Tz 128 mwN - juris). Dieses von insgesamt fast 50 Abnehmern von Gleisoberbaumaterialien in Deutschland beauftragte Gutachten diente schon im Ansatz nicht der Ermittlung eines konkreten (Einzelfall-)Schadens, sondern vielmehr dazu, ein geeignetes Modell für die Schätzung der durchschnittlichen kartellbedingten Preisaufschläge zu entwickeln und dieses mithilfe anerkannter statistischer Methoden zu schätzen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO. Tz 129). Zudem bildet dieses Gutachten unter einer Zusammenfassung von Produktarten (z.B. "Vignolschienen", "Rillenschienen") lediglich Durchschnittspreise ab, in welche ein breites Spektrum von nach Beschaffenheit und Ausstattung unterschiedlichen Produkten eingeflossen ist und die zudem auf der Grundlage statistisch gewichteter Einzelpreise ermittelt sind und sich auf den gesamten Kartellzeitraum von etwa einem Jahrzehnt beziehen. Damit fehlt es naturgemäß an jeglicher Vergleichbarkeit der Einzelpreise der von den streitbefangenen Erwerbsvorgängen betroffenen Produkte mit den im Privatgutachten ermittelten Durchschnittspreisen (s. OLG Düsseldorf, aaO. Tz 131). Schließlich errechnen sich die im Gutachten ausgewiesenen Durchschnittspreise aus Liefergeschäften, welche die Kartellbeteiligten mit insgesamt 49 Gleisoberbaumaterialien abnehmenden Verkehrsunternehmen geschlossen haben, die in ihrer Gesamtheit flächendeckend über das Bundesgebiet verteilt geschäftsansässig sind. Es liegt auf der Hand, dass eine sachliche Vergleichbarkeit der streitbefangenen Beschaffungspreise mit den im Gutachten ausgewiesenen Durchschnittspreisen ein über die verschiedenen Kartellunternehmen und Lieferregionen hinweg weitgehend homogenes Preisgefüge für sämtliche Produkte voraussetzen würde, wofür hier weder Sachvortrag geleistet wurde noch sonstige Anhaltspunkte bestehen (vgl. dazu mit näheren Ausführungen in einem Parallelfall schon OLG Düsseldorf, aaO. Tz 137).

Nichts anderes folgt aus dem durch die Beklagten vorgelegten Privatgutachten ("Nera"-Gutachten; insoweit wird auf Bl. 819 ff. d.A. Bezug genommen). Dieses stellt schon dem Titel nach nur eine "kritische Würdigung des IAW-Gutachtens" dar und ist bereits deshalb naturgemäß nicht geeignet, positiv zu anderen Ergebnissen zu kommen, wenn auf das IAW-Gutachten - wie soeben gezeigt - für den hier relevanten Punkt nichts zu stützen ist.

Zudem ist nicht ersichtlich, dass diesem Privatgutachten der komplette, bei der beauftragenden Partei vorhandene Daten- und Wissensbestand zugrunde gelegen hätte. Denn die Beklagten verfügten notwendig über das überlegene Wissen der Abspracheinhalte. Dieses Wissen ist aber erkennbar an keiner Stelle in die Begutachtung eingeflossen; vielmehr nimmt das "Nera"-Gutachten im Ausgangspunkt dieselben statistischen und sonstigen Betrachtungen vor, wie jedes andere Gutachten dies auch ohne den Einfluss von Sonderwissen tun würde. Ein Parteigutachten stellt indes nichts anderes als Parteivortrag dar; dieser muss ausweislich § 138 Abs. 1 ZPO "vollständig und der Wahrheit gemäß" sein. An der Vollständigkeit fehlt es hier dann aber schon im Ansatz (vgl. zu generellen Substantiierungsanforderungen an den Vortrag von Kartellanten auch KG Berlin, U. v. 28.06.2018, 2 U 13/14 Kart, NZKart 2018, 376 Tz 58 ff. und in diese Richtung generell auch Kühnen, NZKart 2019, 515, 520).

Auch unabhängig von diesen Aspekten ist der vor allem durch die Beklagten zu 1. und 2. bemühte Vergleich mit den im IAW-Gutachten ausgewiesenen Durchschnittspreisen auch ganz konkret nicht zielführend, weil die Durchschnittspreise einen ausgesprochen langen Betrachtungszeitraum von insgesamt 13 Jahren abbilden. Welches durchschnittliche Preisniveau zu den Zeitpunkten des Erwerbsvorganges 4), also in dem Jahr 2001 bestanden hat, bleibt indes unklar und die Beklagten haben insoweit keinen substantiieren Sachvortrag gehalten. Insbesondere ist nach dem Sach- und Streitstand nicht auszuschließen, dass zu dem hier interessierenden Zeitpunkt ein von den oben genannten Durchschnittspreisen erheblich nach unten abweichendes durchschnittliches Preisniveau geherrscht hat, das keinen vernünftigen Zweifel an einer kartellbedingten Preisüberhöhung zulässt (so mit Recht schon zu einem parallel gelagerten Fall OLG Düsseldorf, U. v. 22.08.2018, VI-U (Kart) 1/17 Tz 133 - juris). Auch dieser Punkt streitet demnach im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Aspekte und Indizien nicht zugunsten der Beklagten gegen die Annahme eines kartellbedingten Schadens im Rahmen der drei Erwerbsvorgänge.

(i)

Soweit die Beklagte zu 1. - wie auch in Parallelverfahren - darauf hingewiesen hat, man habe "umfangreiche interne Ermittlungen" geführt, jedoch "keinerlei Hinweise auf eine Kartellbefangenheit" gefunden, geht dies schon deshalb ins Leere, weil es für ein Kartell geradezu wesenstypisch ist, dass Absprachen zu seiner Begründung und Durchführung einer Geheimhaltung unterliegen (zutreffend auch OLG Jena, U. v. 22.02.2017, 2 U 583/15 Kart, NZKart 2017, 540 = WuW 2017, 204 Tz 77 - Schienenkartell). Die Teilnehmer eines Kartells sind allein schon im Interesse der Vermeidung von straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktionen bestrebt, zur Aufdeckung des Kartells womöglich geeignete Beweismittel - wie etwa schriftliche Dokumente oder E-Mail-Korrespondenz - entweder gar nicht erst entstehen zu lassen oder aber bei aufkommender Entdeckungsgefahr zu vernichten bzw. unzugänglich zu halten. Dies gilt vorliegend umso mehr, als das Bundeskartellamt bezüglich der Durchsetzung des Kartells auch Feststellungen über eine nicht verschriftlichte Kommunikation zwischen den Kartellteilnehmern, namentlich zum Beispiel in Gestalt von Telefongesprächen oder Besprechungskreisen (Sitzungen), getroffen hat (vgl. zum Ganzen OLG Düsseldorf, VI-U (Kart) 1/17 Tz 110 mwN). In Anbetracht des Ausgeführten haben die Beklagten schon keinen substantiierten Vortrag dazu gehalten, welche Maßnahmen zur Aufklärung einer zu bejahenden oder aber auszuschließenden Kartellbefangenheit des streitbefangenen Erwerbsvorgangs ausreichend und erforderlich gewesen und von ihr konkret ergriffen worden seien; dies geht zu ihren Lasten (so auch in einem Parallelfall OLG Düsseldorf, aaO.).(j)

Soweit schließlich vorliegend und in zahlreichen Parallelverfahren weitere Aspekte für die Beklagtenseite fruchtbar gemacht werden, wie etwa Ausklammerungen von Geschäften unterhalb bestimmter Umfänge o.ä., sind solche im Hinblick auf den relevanten Erwerbsvorgang nicht relevant und im Übrigen durchweg auch nicht zielführend, wie der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf mehrfach ausgeführt hat (statt aller: OLG Düsseldorf, aaO.).

(k)

Da auch eine nochmalige Gesamtabwägung aller durch die Parteien vorgebrachten Aspekte zu keinem abweichenden Ergebnis führt, ist die Kammer vorliegend infolge der zugunsten der Klägerin streitenden tatsächlichen Vermutung vom Eintritt eines kartellbedingten Schadens dem Grunde nach im Hinblick auf den Erwerbsvorgang 4) mit der nach § 287 ZPO erforderlichen Sicherheit überzeugt.

6.

Veranlasst durch den engen Zusammenhang zwischen dem "Ob" des Schadens und der Schadenshöhe (so ausdrücklich BGH, KZR 24/17 Tz 54 - Schienenkartell II) ist daher der Weg für die Schätzung der Schadenshöhe nach § 287 ZPO eröffnet (so grundsätzlich auch schon LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 96, juris).

Dabei ist von den nachfolgenden rechtlichen Grundsätzen auszugehen:

a)

Die Schadensersatzverpflichtung des Kartellbeteiligten gemäß § 33 Abs. 3 GWB a.F. bestimmt sich hinsichtlich Art und Umfang nach allgemeinen zivilrechtlichen Normen, nämlich §§ 249 ff. BGB. Der Kartellgeschädigte ist danach so zu stellen, wie er ohne den Kartellverstoß gestanden hätte. Ist diese Form der Naturalrestitution - wie vorliegend - nicht möglich (Vermögensschäden), ist gemäß § 251 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Geld zu leisten. Zu ersetzen ist dann die Differenz zwischen dem tatsächlichen Kartellpreis und dem fiktiven Wettbewerbspreis ("kontrafaktischer Preis"; zum Ganzen Kühnen, NZKart 2019, 515, 516). Der Kartellschaden ist konkret anhand der mit den Kartellmitgliedern abgeschlossenen Liefergeschäfte zu ermitteln (LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 98, juris).

Das Gericht hat bei dieser Schadensberechnung von der Möglichkeit des § 287 Abs. 2 ZPO Gebrauch zu machen, also die Höhe des entstandenen Schadens nach freier Überzeugung zu schätzen, wenn die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgeblichen Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis steht. Das gilt bereits allgemein (statt aller Zöller-Greger, § 287 ZPO, Rn 2, 6; ferner zum Ganzen Kühnen, NZKart 2019, 515, 516) und wird überdies durch § 33 Abs. 3 S. 3 GWB a.F. sowie § 33a Abs. 3 S. 1 GWB auch für den kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch klargestellt.

Steht demnach wie im vorliegenden Fall dem Grunde nach fest, dass eine Forderung besteht, so kommt dem Anspruchsinhaber, also hier der Klägerin, bezüglich der Höhe gemäß § 287 Abs. 2 ZPO die Beweiserleichterung des § 287 Abs. 1 ZPO zugute. Im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO reicht insoweit eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung aus. Auch ist es unschädlich, wenn der klägerische Vortrag zu den Anknüpfungstatsachen für eine solche Schätzung Lücken oder Unklarheiten enthält; dies rechtfertigt regelmäßig nicht, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Berechtigten jeden Ersatz zu versagen (explizit Kühnen, aaO.). Der Tatrichter hat insoweit vielmehr die Option, nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestbetrages möglich ist; eine solche Schätzung scheidet erst aus, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (BGH, U. v. 17.12.2014, VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 ff. mwN; Kühnen, aaO. und LG Dortmund im genannten Parallelverfahren aaO.).

b)

Dabei handelt es sich bei dem zu ermittelnden kontrafaktischen Preis um einen fiktiven Preis, der sich lediglich annäherungsweise bestimmen lässt (So auch schon im vorgenannten parallel gelagerten Verfahren LG Dortmund aaO.).

Zur Ermittlung dieses fiktiven Wettbewerbspreises hält die Kammer die nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung in Betracht kommenden Methoden (vgl. BGH, U. v. 09.10.2018, KRB 51/16, mwN, NZKart 2019, 146 - Flüssiggas I) einer Vergleichsmarktbetrachtung, eines kostenbasierten Vergleiches oder einer marktinternen Vergleichsanalyse jedenfalls im vorliegenden Fall für ungeeignet (vgl. dazu im Einzelnen ausführlich im bereits genannten Parallelverfahren LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 101 - 106, juris).

Vielmehr ist nach Auffassung der Kammer die Ermittlung des fiktiven Wettbewerbspreises auf der Grundlage von Art, Inhalt und Umfang der streitbefangenen Kartellabsprache sowie der Einzelheiten ihrer Umsetzung, gepaart mit einer Gesamtschau weiterer Sachverhaltsaspekte vorzunehmen (vgl. Kühnen, NZKart 2019, 515 ff. und so grundsätzlich auch LG Dortmund im vorgenannten Verfahren aaO. Rn. 107).

Die Gesamtschau aller maßgeblichen Sachverhaltsaspekte ergibt im vorliegenden Fall, dass als nach § 287 ZPO zu schätzender Mindestschaden bei dem Erwerbsvorgang 4) aus dem Jahr 2001 von einem kartellbedingten Aufschlag von 10 % des Nettopreises auszugehen ist.

c)

Hierbei hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen, wie sie im Wesentlichen auch schon Gegenstand in den von der Kammer jüngst entschiedenen Parallelverfahren waren (vgl. LG Dortmund aaO. Rn. 111 - 119, juris sowie LG Dortmund, U. v. 04.11.2020, 8 O 26/16 [Kart.]):

Es entspricht einem Erfahrungssatz, dass die Beteiligten eines Kartells unzulässige wettbewerbsbeschränkende Absprachen gerade mit dem verfolgten Zweck treffen, durch deren Umsetzung einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, den sie ohne die verbotene Verhaltenskoordinierung nicht glauben erzielen zu können. Dies muss schon deshalb gelten, weil die Bildung und Praktizierung des Kartells für sie im Allgemeinen und im hier vorliegenden Sachverhalt im Besonderen mit einem erheblichen tatsächlichen Aufwand verbunden ist (darauf hinweisend auch KG Berlin, 2 U 10/03 Kart Tz 74 - Transportbeton - juris). Überdies drohen im Falle der Aufdeckung äußerst empfindliche Geldbußen; ein Risiko, welches den Kartellanten nicht nur während der Aufrechterhaltung des Kartells ganz allgemein bewusst ist, sondern das sich vorliegend auch in erheblicher Weise verwirklicht hat (s. auch Kühnen, NZKart 2019, 515, 518).

Wie Preiskartelle dienen sodann auch die im vorliegenden Fall gegebenen Kundenschutz- und Quotenabsprachen der Steigerung des Gewinns der Kartellbeteiligten, da auch hier die typischen Mechanismen, die einen Kartellaufschlag ermöglichen, eingreifen. Das Unternehmen, dem im Kartell eine bestimmte Absatzquote zugewiesen ist, muss sich im Wettbewerb nicht oder nur noch ganz eingeschränkt gegen Konkurrenten behaupten; aufgrund des beeinträchtigten Wettbewerbs muss es bei einer Preisanhebung im Allgemeinen nicht befürchten, seine Kunden zu verlieren. Ein kaufmännisch vernünftiges Verhalten zugrunde gelegt, werden die kartellbeteiligten Unternehmen die durch das Quotenkartell eröffneten Preissetzungsspielräume zur Gewinnmaximierung nutzen und ihre Preise so weit als eben möglich anheben (so auch schon KG Berlin, aaO. Tz 41). Diese kartellbedingte Preisanhebung ist umso wahrscheinlicher, je länger und nachhaltiger das Kartell praktiziert wird (vgl. Kühnen, aaO.).

Als wichtiger Faktor ist im vorliegenden Fall demnach die lange Dauer des Kartells insgesamt zu berücksichtigen, welche die Stabilität und das Funktionieren der Mechanismen des Kartells widerspiegelt. Schon diese Aspekte deuten darauf hin, dass gewiss nicht nur einige wenige Prozent Kartellaufschlag erzielt wurden. Unter diesem Gesichtspunkt war für die Kammer mit Blick auf die gegenständlichen Erwerbsvorgänge zu berücksichtigen, dass dies für den Erwerbsvorgag 4 aus dem Jahr 2001 nicht so stark gilt, wie für solche, die zu späteren Zeitpunkten stattgefunden haben, weshalb sie die kartellbedingten Preisaufschläge, die gleichzeitig den jeweiligen Mindestschaden bedeuten, ausgehend vom jeweiligen Nettopreis auf 10 % schätzt.

Ein weiterer gewichtiger Umstand ist die hohe Marktabdeckung von über 90 %, die unter dem Dach des Kartells in der Lage war, eine Marktmacht zu schaffen, welche den Unternehmen preislich hohe Gestaltungsspielräume zubilligen musste. Die Unternehmen konnten naheliegenderweise preislich schalten und walten, wie es im Rahmen der allgemeinen, auch für einen Monopolisten geltenden wirtschaftlichen Regeln (Grenznutzen etc.) sowie des Umstandes, dass natürlich kein Verdacht bei Kunden durch überzogene Preise hervorgerufen werden durfte, möglich ist.

Bei der Schätzung der Höhe der Preisanhebung war zudem zu berücksichtigen, dass es für die kartellbeteiligten Unternehmen die wirtschaftliche Vernunft gebot, das mit einer Aufdeckung des Kartells verbundene erhebliche Bußgeldrisiko und das aus dem Kartellverstoß erwachsende Schadensersatzrisiko (einschließlich Zinsen und Prozesskosten) nur dann in Kauf zu nehmen, wenn der aus dem kartellbedingten Preisaufschlag mögliche Mehrgewinn dazu in einem angemessenen Verhältnis stand (darauf weist explizit KG Berlin, aaO. Tz 74, hin). Auch dies zeigt, dass es - zumal bei einem lang andauernden, also grundsätzlich erfolgreich ins Werk gesetzten Kartell wie dem vorliegenden - völlig ausgeschlossen werden kann, dass Unternehmen ein Kartell betreiben, um den Wettbewerbspreis um nur ganz unbedeutende Prozentpunkte anzuheben. Das Argument gewinnt dabei an Gewicht, je länger und nachhaltiger die Kartellabsprache praktiziert worden ist (darauf weist mit Recht Kühnen, aaO. hin), was vorliegend, wie aufgezeigt, der Fall gewesen ist.

Ferner gilt, dass je länger, organisierter und disziplinierter ein Kartell betrieben wird, desto nachhaltiger und wirksamer der Wettbewerb beschränkt wird und desto größer der durch das Kartell hinzugewonnene Preiserhöhungsspielraum ist (darauf weist auch Kühnen, NZKart 2019, 515, 519 hin). Vorliegend spricht, wie oben bereits erwähnt, schon aufgrund der im Bescheid geschilderten Organisations- und Operationsstruktur des Kartells alles für eine hohe Kartelldisziplin der Beteiligten. Schon nach zwei bis drei Jahren nach Kartellbeginn ist nicht nur davon auszugehen, dass das Kartell sich gleichsam in einem eingeschwungenen Zustand befand. Es wäre auch, da häufig Ausschreibungen Grundlage der Auftragsvergabe waren, den anderen Beteiligten naheliegenderweise aufgefallen, wenn die Kartelldisziplin nicht eingehalten worden wäre, denn dann hätte notwendig ein anderer als der in Aussicht genommene den Auftrag erhalten, was kaum hätte verborgen bleiben können und gewiss zu Erklärungsnöten auf den regelmäßig stattfindenden Treffen geführt hätte. Zudem ist schon wegen des oben Gesagten nicht davon auszugehen, dass der in Aussicht genommene Beteiligte, der den Auftrag bekommen sollte, ohne Not gleichsam unter dem erzielbaren Kartellpreis angeboten hätte. Solches ist auch durch die Beklagtenseite nicht im Ansatz substantiiert vorgetragen.

Darüber hinaus spricht für einen nicht nur leicht angehobenen Kartellpreis, dass der durch das Kartell entstehende Preiserhöhungsspielraum nicht zuletzt auch durch die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite bestimmt wird. Bestehen Bedarfsdeckungsalternativen, wird der kartellbedingte Preiserhöhungsspielraum begrenzt sein; müssen die Abnehmer zur Deckung ihres Bedarfs von den kartellbeteiligten Unternehmen beziehen, verschafft das dem Kartell einen größeren Spielraum für Preiserhöhungen (dazu auch Kühnen, aaO.). Hier sind angesichts der kartellunterworfenen Güter weder Substitutionsgüter ersichtlich, auf welche die Erwerber hätten umsteigen können, noch sind angesichts der Marktabdeckung des Kartells nicht dem Kartell angehörige Mitbewerber kaum in einer auch nur einigermaßen relevanten Größenordnung ersichtlich, denen sich die Erwerber hätten zuwenden können, zumal dann auch die Frage zu stellen ist, ob außerhalb des räumlichen Marktes überhaupt die erforderlichen Qualitäten zu haben gewesen wären.

Zwar ist generell die Preissensibilität der Marktgegenseite zu berücksichtigen (Kühnen, aaO.), die hier aber insoweit zu vernachlässigen ist, als dass die Ausschreibungen gerade zu einem wettbewerbskonformen Preis führen sollten, weshalb eine unternehmensinterne Kontrolle der Angemessenheit der Preise schon aufgrund der Art der Preisfindung nur begrenzt für die Erwerber möglich war.

Damit gilt insgesamt, dass es vorliegend insgesamt der kaufmännischen Vernunft für die kartellbeteiligten Unternehmen entsprach, den kartellrechtswidrig vergrößerten Preissetzungsspielraum weitmöglichst auszuschöpfen (s. auch OLG Düsseldorf, U. v. 22.08.2018, VI-U Kart 1/17, NZKart 2018, 478 ff. - Schienenkartell; Kühnen, aaO.). Besondere Umstände, die eine gemäßigte Preisanhebung nahelegen würden, sind praktisch nicht ersichtlich.

d)

Der von der Kammer konkret geschätzte Wert, nämlich eines kartellbedingten Preisaufschlags in Höhe von 10 % ausgehend vom Nettopreis, erscheinen aus Sicht der Kammer in der Lage, die oben im Einzelnen dargestellten Ziele und Aspekte abzubilden und angesichts der Länge des Kartellzeitraums schon im Zeitpunkt des Erwerbs hier die Risiken abzudecken. Er ist auch insoweit maßvoll, als dass bei seiner Zugrundelegung nicht davon auszugehen ist, dass er bei den Erwerbern unmittelbar Argwohn hätte auslösen können. In diesem Zusammenhang bestehen für die Kammer einige Zweifel an dem durch das IAW-Gutachten angegebenen Werten von über 30 % für einzelne kartellierte Gleisoberbaumaterialien.

Für die Erwerbsvorgänge ab dem Jahre 2004 ist bekannt, dass, wie auch der Entscheidung im Parallelrechtsstreit LG Dortmund, 8 O 115/14 Kart, zu entnehmen ist, Kartellanten jedenfalls ab diesem Zeitpunkt in den Verträgen Vertragsstrafenvereinbarungen in Höhe von 15 % im Entdeckungsfalle akzeptierten. Wenn sie aber mit der Intention, im Rahmen des Erwerbsgeschäfts Kartellrecht zu verletzen und damit die Vertragsstrafe in dieser Höhe zu verwirken, sich sehenden Auges der Gefahr, einen Schadensersatz in dieser Höhe leisten zu müssen, ausgesetzt haben, kann davon ausgegangen werden, dass dies die Untergrenze des Kartellpreisniveaus ab diesem Zeitpunkt darstellte. Denn wirtschaftlich denkende Vertragsparteien wie die Beklagten werden ein solches Risiko nur dann akzeptieren, wenn der zu erwartende Kartellgewinn jedenfalls dieser drohenden Gefahr entspricht. Daher kann auf diesen Wert als Mindestwert ab dem Jahre 2004 abgestellt werden. Auch davon ausgehend ist für die Kammer die Annahme eines kartellbedingten Preisaufschlags für den hier maßgeblichen - nicht vertragsstrafenbewehrten - Erwerbsvorgang 4) aus dem Jahr 2001 maßvoll.

Der durch die Kammer geschätzte Aufschlag von 10% ist in der Lage, aber auch notwendig, um die oben im einzelnen skizzierten Aspekte und Ziele abzubilden und angesichts der Länge des Kartellzeitraums schon im Zeitpunkt des Erwerbs hier die Risiken abzudecken (vgl. zur Plausibilität der Grundannahme eines durchschnittlichen Kartellaufschlages von 10% mit näherer Begründung und weiteren Nachweisen neuerdings auch Isikay, Schadensschätzung bei Kartellverstößen, 2020, 23 m.w.N.).

Er ist auch insoweit maßvoll, als dass nicht davon auszugehen ist, dass bei den Erwerbern unmittelbar Argwohn ob stark erhöhter Preise geweckt werden könnte; ein Umstand, der ohnehin gewisse Zweifel an dem durch das IAW Gutachten angegebenen Wert etwa im Bereich der Rillenschienen nährt.

Schon aus diesem Grunde musste der durch die Klägerin geltend gemachte Werte von bis zu 17 % hier zurückstehen. Hinzu kam, dass angesichts der schon oben geschilderten Schwächen, an denen das IAW-Gutachten leidet, die dort gefundenen, letztlich nur einen Durchschnitt aller Kartellzeiträume und -regionen abbildenden Werte hier nicht für den konkreten Einzelfall herangezogen werden konnten. Auch das durch die Beklagten vorgelegte Gutachten musste aus den genannten Gründen unberücksichtigt bleiben. Stattdessen stand der Kammer hier ein auf den konkreten Fall zu beziehender, valider und objektivierbarerer Mindestwert zur Verfügung.

e)

Auch im Übrigen ist der so von der Kammer angenommene (Mindest-)Wert plausibel:

Er liegt unterhalb des Durchschnitts der Mediane bekannter Studien (vgl. Inderst/Thomas, Schadensersatz bei Kartellverstößen, 2. Aufl., S. 89 und den dazu unterbreiteten Vortrag der Klägerin Bl. 1153 d.A. sowie auch Isikay, Schadensschätzung bei Kartellverstößen, 2020, 22 m.w.N.) und benachteiligt die Beklagten folglich nicht. Ein deutliches Überschreiten des Wertes war indes auch nicht veranlasst, da die Betreiber der Bahnen seit Jahrzehnten Oberbaumaterialien bezogen und somit naturgemäß über gewisse Markt- und Preiskenntnisse und somit eine Preissensibilität verfügten, aufgrund derer völlig überzogene Aufschläge auffällig geworden wären.

Zudem befindet sich der bis zum Jahr 2003 hier angenommene Wert noch unterhalb des Medians anderer, in Entscheidungen europäischer Gerichte zu findender Kartellaufschläge, dieser liegt bei 15 %. (vgl. Nachweise bei Laborde, Cartel damages actions in Europe: How courts have assessed cartel overcharges [2019 ed] S. 5 sowie weitere, den hier angenommenen Wert stützende Statistiken bei Rengier, Cartel Damages Actions in German Courts, Journal of European Competition Law & Practice, Volume 11, Issue 1-2, January-February 2020, S. 72 ff). Zu einem Wert von 15 % kamen auch aufgrund einer ähnlichen Schätzung auf Grundlage allgemein zugänglicher Untersuchungen etwa auch spanische Gerichte in neueren Entscheidungen (z.B. Juzgado de lo Mercantil N°. 1 de Pontevedra, U. v. 30.08.2019, ECLI: ES:JMPO:2019:975, F.D. Rn. 4 und Juzgado de lo Mercantil N°. 1 de Pontevedra, U. v. 10.09.2019, ECLI: ES:JMPO:2019:976, F.D. Rn. 4.). Zu beachten sind insoweit auch die Regelungen in § 88/C Abs. 6 des ungarischen Kartellgesetzes i.d.F. vom 23.3.2009 sowie in Chapter VI, Section 21, Abs 3 des lettischen Kartellgesetzes, die jeweils widerleglich einen Kartellaufschlag von 10% vermuten sowie die neue Regelung in Art. 16 Abs. 2 des rumänischen Kartellgesetzes, das gar von der widerleglichen Vermutung eines Aufschlages von 20% ausgeht. Auch vor diesem Hintergrund erscheint der hier gefundene Wert angemessen und plausibel.

7.

Den Beweisantritten, anstelle oder neben der hier vorgenommenen Schätzung ein Sachverständigengutachten zur Schadensentstehung und -höhe einzuholen, war nicht nachzugehen.

Insoweit hat die Kammer bereits in ihrer Entscheidung (Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 131 - 133, juris) in dem mehrfach vorgenannten parallel gelagerten Fall ausgeführt, dass ein unmittelbarer Beweis der Haupttatsache oder ihres Gegenteils im vorliegenden Zusammenhang kaum in Betracht kommen wird (so ausdrücklich BGH, KZR 24/17 Tz 37 im Rahmen eines Parallelfalls aus dem Schienenkartell). Die dort gemachten Ausführungen gelten uneingeschränkt auch für den vorliegenden Fall. Insbesondere wird ein derartiger Beweis nicht dadurch angetreten, dass für die Entstehung oder das Fehlen eines Schadens Sachverständigenbeweis angeboten wird. Denn auch der Sachverständige wird die Frage, ob der von den Beklagten geforderte Preis einem hypothetischen Marktpreis entsprach, der sich ohne die Kartellabsprache eingestellt hätte, nur aufgrund einer sachverständigen Bewertung der gegebenen Anknüpfungstatsachen und einem darauf beruhenden Schluss von den vorliegenden Indizien auf die unter Beweis gestellte Haupttatsache beantworten können (BGH, aaO.).

Vielmehr lassen sich - wie hier geschehen - die für eine Schadensschätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO erforderlichen Anknüpfungstatsachen, namentlich die konkreten Umstände der Absprache und ihrer Umsetzung, regelmäßig schon dem kartellbehördlichen Bußgeldbescheid entnehmen (so ausdrücklich schon Kühnen, NZKart 2019, 515, 519 f.). Eignen sich - wie hier - die näheren Umstände der Kartellabsprache und ihrer Umsetzung als Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung des kartellbedingten Preisaufschlags nach § 287 ZPO, steht diese Art der Ermittlung des Preisaufschlages dem Gericht unabhängig davon zur Verfügung, ob auch eine andere Ermittlungsmethode (insbesondere eine Vergleichsmarktbetrachtung) in Frage kommen kann (vgl. dazu ebenfalls Kühnen, NZKart 2019, 515, 520 sowie bereits die Ausführungen oben). Denn Voraussetzung für eine Schadensschätzung ist lediglich das Vorliegen geeigneter - und nicht der bestmöglichen - Anknüpfungstatsachen (Kühnen, aaO.). Dies muss umso mehr gelten, wenn, wie oben näher dargelegt, aufgrund der Sachverhaltsspezifika die wesentlichen anerkannten Ermittlungsmethoden versagen müssen, und somit ohnehin die Einholung eines Sachverständigengutachtens kaum weiteren Erkenntnisgewinn zu erbringen vermag; dieser Aspekt wird sehr anschaulich durch die von den Parteien vorgelegten Gutachten dokumentiert, welche, wie ebenfalls aufzeigt, unzulänglich waren.

Dieses Vorgehen wahrt auch zugleich in vollem Umfange die berechtigten Belange und Interessen der kartellbeteiligten Unternehmen. Diese können bei dieser Vorgehensweise ganz allgemein nicht nur den für eine Schadensschätzung vorgebrachten Anknüpfungstatsachen entgegentreten, sondern überdies die Schätzung eines zu hohen Kartellschadens dadurch verhindern, dass sie den durch das Kartell tatsächlich realisierten Preisaufschlag nachvollziehbar aufdecken (so mit Recht Kühnen, aaO. und der Sache nach bereits KG Berlin, 2 U 10/03 Kart Tz 76; die Nichtzulassungsbeschwerde gegen diese Entscheidung wurde zurückgewiesen, vgl. BGH, B. v. 08.06.2010, KZR 45/09). Die Kammer hat mit Hinweisbeschluss vom 06.11.2019 (Blatt 684 - 690 d. A.) auf die hier angewendete Möglichkeit der Ermittlung eines Preisaufschlages unter Hinweis auf die dazu maßgeblichen Stellen in der wissenschaftlichen Literatur hingewiesen, ohne dass diesbezüglich in substantiierter Weise näherer Vortrag gehalten worden wäre.

8.

Damit ist für den Erwerbsvorgang 4) nach § 287 ZPO ein zu schätzender Mindestschaden, kartellbedingter Preisaufschlag von 10 % anzunehmen.

Die Schadenshöhe beträgt insoweit ausgehend von einem Nettobetrag von 815.330 DM unter Heranziehung des geschätzten Kartellaufschlages von 10 % somit 42.863,64 Euro.

9.

Das Bestreiten der Beklagten zu 1. und 2. ("angeblich gezahlten Preises") hinsichtlich der Begleichung der Rechnungen durch die Klägerin, bleibt erfolglos.

Ein damit möglicherweise beabsichtigtes Bestreiten mit Nichtwissen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO ist prozessual unbeachtlich, weil die Frage der Bezahlung der Rechnung(en) Gegenstand eigener Wahrnehmung der Beklagten zu 1. ist wofür aus Gründen der Konzernverbundenheit auch die Beklagte zu 2. einzustehen hat.

Schließlich ist aber auch ein einfaches Bestreiten vorliegend vor dem Hintergrund von § 138 Abs. 2 und 3 ZPO nicht ausreichend, weil hier zum einem - angesichts des klägerischen Vortrags zu den Zahlungen erforderlichen - substantiieren Bestreiten naheliegender Weise auch die Erklärung gehört hätte, weshalb keinerlei außergerichtliche oder gerichtliche Auseinandersetzungen wegen einer Nicht- oder Minderzahlung geführt wurden, obwohl namhafte Beträge in Rede standen und auch weiterhin ersichtlich Aufträge angenommen und ausgeführt wurden. Im Übrigen gilt ohnehin, dass ein urkundlich belegter Vortrag nicht ohne weiteres gleichsam ins Blaue hinein bestritten werden kann (vgl. etwa Thomas/Putzo-Seiler, 40. Aufl., § 138 ZPO Rn 8).

Angesichts dieses - aus diversen Parallelfällen (statt aller OLG Düsseldorf, aaO.) den Beklagten auch als solches bekannten - unzureichenden Bestreitens brauchte dem Beweisantritt der Klägerin nicht gefolgt werden.

10.

Die Beklagten können auch nicht mit dem Einwand gehört werden, die Klägerin habe den Schaden auf die nächste Marktstufe weitergewälzt, nämlich - womöglich im Wege der Fahrpreiserhöhung - durch Weitergabe an die Nahverkehrskunden. Das hat die Kammer schon in ihrer Entscheidung in dem vorgenannten Parallelfall umfassend ausgeführt (LG Dortmund aaO. Rn. 153 - 161). Der Sache nach handelt es sich bei dem Weiterwälzungseinwand ("Passingon-Einwand") ebenfalls um den Einwand der Vorteilsausgleichung (BGH, KZR 75/10 Tz 57 ff. - ORWI - juris). Auch hier muss demnach die Preiserhöhung, die der Geschädigte gegenüber seinen Abnehmern durchsetzen kann, in adäquatem Kausalzusammenhang mit dem kartellbedingten Preisaufschlag stehen (BGH, aaO., Tz 58, 59), weshalb auch hier im Einklang mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Vorteilsausgleichung und insbesondere der Kausalität des Vorteils beim Schädiger liegt (BGH aaO., Tz 64). Die Beklagten sind ob ihres eher oberflächlichen Vortrages hierzu dieser ihnen obliegenden Darlegungslast schon nicht hinreichend nachgekommen, doch kann dies hier aufgrund der Besonderheiten des Falles auch dahinstehen; gleichfalls kommt es nicht auf die Frage an, ob die Klägerin womöglich eine sekundäre Darlegungslast traf (vgl. dazu BGH, KZR 8/18 Tz 52 ff. - Schienenkartell IV), obwohl dies nach dem Ansatz des BGH ohnehin nicht der Fall sein dürfe (s. BGH, KZR 8/18 Tz 62).

Denn schon aufgrund von im Rahmen des Vorteilsausgleichs allgemein zu berücksichtigender Wertungsgesichtspunkte (vgl. BGH, KZR 75/10 Rn. 58 - ORWI; BGH, X ZR 126/13, MDR 2015, 13, Tz 14; BGH, VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83, Tz 18 mwN; LG Dortmund, 8 O 13/17 Kart, NZKart 2018, 382, Tz 121 ff; Topel, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 3. Aufl. 2016, § 50, Rn. 101; die Anwendung solcher Wertungsgesichtspunkte ist auch in anderen europäischen Ländern anerkannt, so für die Niederlande Hoge Raad, U. v. 08.07.2016, ECLI:NL:HR:2016:1483, Nr. 4.4.3 - TenneT/ABB und für das Vereinigte Königreich CAT, U. v. 14.07.2016, CAT 11, Az. 1241/5/7/15 Rn. 484(5) - Sainsbury"s/Mastercard) ist der Weiterwälzungseinwand hier ausgeschlossen.

Schon im Rahmen einer Lieferkette auf ein und demselben Markt werden - so denn eine Weitergabe eines Kartellaufschlages überhaupt stattfand - regelmäßig spätestens beim Endverbraucher, je nach Länge der Lieferkette aber auch schon auf vorherigen Marktstufen, derartig geringe Schäden ankommen, dass diese nicht mit einer Schadensersatzklage verfolgt werden und der Kartellant somit faktisch von seiner Schadensersatzverpflichtung frei würde (vgl. dazu Bien in FS Möschel, 2011, 131, 132; Hirner/Mayr-Riedel, wbl 2016, 366, 367; Klumpe/Thiede, BB 2016, 3011, 3012; Podszun/Kreifels, GWR 2017, 67, 68., und insbesondere der Sache nach jetzt auch BGH, KZR 8/18 Tz 62- Schienenkartell IV). Der Erwerber der hier in Rede stehenden Fahrscheine wäre aber in der Sache ein solcher Endverbraucher, weshalb gerade in Fällen wie diesen hier völlig unwahrscheinlich ist, dass derart geringe Schäden verfolgt werden.

Schon unter diesen Gegebenheiten muss die Zulässigkeit des Weiterwälzungseinwandes verneint werden (vgl. dazu etwa Polster/Steiner, ÖZK 2014, 48; Petrasincu, WuW 2016, 330, 332; Seegers WuW 2017, 236, 238; in die Richtung wohl auch Kersting/Podszun, 9. GWB-Novelle, 2017, Kap. 7 Rn 82; und Hoffer/Innerhofer, Öbl 2013, 257, 261; wie hier bereits Kammer in LG Dortmund, 8 O 13/17 und in diese Richtung zuvor schon in LG Dortmund, 8 O 90/14 Kart und 8 O 25/16 Kart Tz 95 - juris; offengelassen letztlich in BGH, KZR 8/18 Tz 62). Denn um eine Nichthaftung der Kartellanten, die es - wie nicht zuletzt auch von der Richtlinie und schon durch den BGH in ORWI (KZR 75/10 Tz 75) gefordert - zu verhindern gilt, ist eine andere Lösung de lege lata mangels kollektiver Rechtsschutzelemente (vgl. dazu Faure/Weber, JETL 2015, 163 ff., Klumpe/Thiede, BB 2016, 3011, 3012) nicht vorhanden, zumal auch die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch das Bundeskartellamt oder Verbände nach §§ 34, 34a GWB keine Alternative darstellt (LG Dortmund, aaO., ferner Petrasincu, WuW 2016, 331, 332).

Dass dies die Kartellbeteiligten auch nicht unbillig in die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme bringt, zeigt sich im konkreten Fall schon konkret daran, dass kein einziger Rechtsstreit bekannt ist, in dem Kartellbeteiligte des Schienenkartells von Verbrauchern aufgrund überhöhter Ticketpreise in Anspruch genommen worden wären (in diese Richtung instruktiv auch BGH, KZR 8/18 Tz 62 - Schienenkartell IV); angesichts des Zeitablaufs ist eine solche Inanspruchnahme auch nun gänzlich ausgeschlossen.

Die Kammer hält darüber hinaus auch daran fest, dass in Fällen wie dem Vorliegenden das Bestehen eines für den Weiterwälzungseinwand erforderlichen Anschlussmarktes (vgl. dazu auch BGH, KZR 75/10 Tz 47 - ORWI - und jetzt BGH, KZR 8/18 Tz 58 f. - Schienenkartell IV) Zweifeln unterworfen ist. Denn in Bezug auf den Verkauf von Fahrscheinen ist ein solches Marktgeschehen auf einem Folgemarkt überhaupt nicht ersichtlich, und zwar weder auf Anbieter-, noch auf Abnehmerseite. Auf Anbieterseite steht isoliert die Klägerin, denn die U-Bahn- oder Straßenbahnlinien sind weder untereinander, noch gegen solche anderer Städte austauschbar. Dem Geschäftsgegenstand fehlt es aus Sicht der Marktgegenseite an der Substituierbarkeit. Erst recht ist ein Marktgeschehen nicht auf der Nachfrageseite ersichtlich, da es sich dort um Endverbraucher handelte, die naturgemäß nicht miteinander um Fahrtickets konkurrieren (so auch schon die Kammer in LG Dortmund, U. v. 28.06.2017, 8 O 25/16 Kart, NZKart 2017, 440, Tz 96).

Aber auch wenn man mit dem BGH (KZR 8/18 Tz 58 sowie Roth in Frankfurter Kommentar, § 33c GWB Rn. 30) einen solchen Anschlussmarkt hier annehmen bzw. den Gedanken verfolgen will, dass die Klägerin bei einem fehlenden Markt "erst recht" in der Weitergabe des Kartellaufschlages frei war (so LG Berlin, 16 O 193/11, Tz 60 - juris), so ist doch zu berücksichtigen, dass die Preisbildung bei Fahrtickets, anders als diejenige beim Weiterverkauf von Waren, in keiner unmittelbaren Relation zum Einkaufspreis für bestimmte Infrastruktur steht, sondern eine Fülle anderer Faktoren für die Bestimmung maßgeblich sind (dazu auch BGH, aaO., Tz 59). Nicht allein Schienen, Weichen und Schwellen erzeugen Kosten, sondern in gleicher Weise das Personal, die Bahnen selbst sowie die Energieträger, um nur einige Faktoren aufzuzählen. Die Kosten für Investitionen in Gleisoberbaumaterialien finden damit lediglich Eingang in eine Mischkalkulation, werden aber nicht eins zu eins an den Kunden weitergegeben. Der Spielraum für die Weitergabe kartellbedingter Aufschläge wird dadurch erheblich eingeschränkt. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der den Fahrgästen abverlangte Fahrpreis jedenfalls nicht ausschließlich das Ergebnis einer kaufmännischen Kalkulation bildet, sondern soziale Faktoren wie der Zugang der Bevölkerung zu bezahlbarer "Mobilität" in hohem Maß eine Rolle spielen. Dass die Fahrpreise selbst nicht kostendeckend sein können, folgt schon aus den üblichen Ermäßigungen für bestimmte Gruppen (Schwerbehinderte, Arbeitslose), die - eine Kostendeckung des Normaltarifs unterstellt - dann in jedem Fall unter dieser Grenze blieben (vgl. zum Ganzen LG Dortmund, aaO., Tz 97; insgesamt zustimmend Seifert, NZKart 2020, 350 ff.).

Auf den darüber hinaus einschlägigen Aspekt, dass Nahverkehrsunternehmen nachgerade durchweg nicht in der Lage sind, den von ihnen verantworteten Personenverkehr kostendeckend zu betreiben, weshalb auch schon in der Sache mit den Erwägungen des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf (U. v. 22.08.2018, VI-U (Kart) 1/17 Rn. 146 ff.- juris) eine Weiterwälzung ausschiede, kommt es nach all dem hier schon nicht an.

Soweit an einigen dieser Erwägungen u.a. unter dem Gesichtspunkt ökonomischer Forschungen Kritik geübt wird (vgl. etwa Maier-Rigaud/Heller/Hanspach, WuW 2019, 561 - 568) verkennt diese Kritik, dass es sich hier, vor allem bei den Erwägungen zu Streuschäden, um einen Fall rechtlicher Wertung und nicht um eine ökonomische Begründung handelt. Die Anwendung rechtlicher Wertungen wird aber durch die Zuordnung des Weiterwälzungseinwandes zum Institut der Vorteilsausgleichung gerade eröffnet und kann somit selbst dann erfolgen, wenn aus ökonomischer Sicht eine Weiterwälzung durchaus wahrscheinlich erscheinen mag (vgl. dazu LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 153 - 161, juris).

11.

Ein Mitverschulden der Klägerin nach § 254 BGB wegen ihres Vergabeverhaltens kann nicht angenommen werden. Selbst wenn die Klägerin bei manchen Aufträgen nur die Angebote einiger Unternehmen oder gar nur ein Angebot der Beklagten eingeholt haben mag, genügt dies nicht zur Annahme eines Mitverschuldens, zumal kartellbedingt ohnehin mit dem entsprechend "günstigsten" Angebot zu rechnen gewesen wäre. Dass die Ausschreibungen zudem womöglich kundenspezifisch ausgerichtet waren und dabei technische Spezifikationen eine Rolle gespielt haben mögen, liegt letztlich in der Natur der Sache und begründet keinen Verstoß gegen die bei Ausschreibung erforderliche Sorgfalt (so schon LG Dortmund, U. v. 21.12.2016, 8 O 90/14 (Kart), NZKart 2017, 86, Tz 149 und ausführlich in einem Parallelfall OLG Düsseldorf, VI-U(Kart) 1/17 Tz 173 - juris; LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 162, juris).

12.

Schließlich greift auch die beklagtenseitig erhobene Einrede der Verjährung nicht durch.

Angesichts der im Jahr 2014 erhobenen Klage ist der Schadensersatzanspruch betreffend den Erwerbsvorgang aus dem Jahr 2001 nicht verjährt.

Die geltende kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist, beginnend ab ihrer Entstehung (§ 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB) ist für den Erwerbsvorgang 4) nicht ausgelaufen. Anhaltspunkte für eine Kenntnis beziehungsweise grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin im verjährungsrelevanten Zeitraum liegen nicht vor.

Die Verjährung wurde nach § 33 Abs. 5 GWB durch die Einleitung des Bußgeldverfahrens im Mai 0000 bis mindestens 18. Januar 0000, also bis sechs Monate nach dem Datum des Bußgeldbescheides (vgl. § 33 Abs. 5 S. 2 GWB, § 204 Abs. 2 S. 1 BGB) gehemmt.

Die Frage, ob die mit Wirkung zum 01. Juli 2005 eingeführte Bestimmung des § 33 Abs. 5 GWB auf zu diesem Stichtag noch nicht verjährter "Altfälle" anwendbar ist, ist höchstrichterlich nun eindeutig zugunsten der Anwendbarkeit auf Altfälle entschieden (vgl. BGH, KZR 56/16, NZKart 2018, 315 Tz 55 ff. - Grauzement II; so zuvor LG Dortmund, 8 O 90/14 (Kart) Tz 158 - juris). Der Gesetzgeber hat eine Übergangsvorschrift nicht bestimmt, weshalb der allgemeine, etwa in Art. 169 Abs. 1 EGBGB kodifizierte Grundsatz eingreift, wonach neue gesetzliche Vorschriften betreffend die Hemmung der Verjährung auch auf unter der Geltung des alten Rechts entstandene, bei Inkrafttreten der neuen Bestimmung aber noch nicht verjährter Ansprüche Anwendung finden. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn - wie hier - die Entscheidung des Bundeskartellamtes erst nach dem Inkrafttreten der Norm Bestands- bzw. Rechtskraft erhielt, da dann weder eine unzulässige Gesetzesrückwirkung noch eine sonstige Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens desjenigen vorliegt, gegen den sich die Entscheidung richtet, was gerade auch für die Frage der Anwendbarkeit des § 33 Abs. 5 S. 1 GWB zum Tragen kommen muss (so ausdrücklich OLG Düsseldorf, VI U 3/14 Tz 45 - juris). Daher führte das vom Bundeskartellamt betriebene Verfahren zu einer Verjährungshemmung im Verhältnis der Klägerin zu den Beklagten, wofür im Übrigen auch der Zweck der Norm, die privatrechtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu erleichtern, streitet (zum Ganzen bereits LG Dortmund, aaO. Tz 158 ff. und LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 165 - 167, juris).

II.

Die Schadensersatzforderungen bezüglich der übrigen Erwerbsvorgänge 5) bis 7) sind indes unbegründet.

Die Klägerin hat hinsichtlich dieser Erwerbsvorgänge unter dem Gesichtspunkt eines mittelbaren Erwerbs bzw. des Erwerbs aus abgetretenem Recht hinsichtlich des Erwerbsvorgangs 5), indes nicht substantiiert vorgetragen. Entgegen der erteilten Hinweise hat die Klägerin keinen näheren Vortrag darüber gehalten, inwieweit die Vorerwerber den Erwerb im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang der Kartellabsprache getätigt haben. Dies wäre aber sowohl für einen Anspruch nach den Regeln eines mittelbaren Erwerbs wegen Weiterwälzung der Schadenssumme aus dem unmittelbaren Erwerb als auch für einen Anspruch aufgrund der Abtretung von Ansprüchen aus dem unmittelbaren Erwerb nötig. Denn beide Alternativen setzen einen solchen Vortrag zwingend voraus, weil ansonsten die Kartellbefangenheit der erworbenen Güter schon nicht festgestellt werden kann, denn der unmittelbare Erwerber müsste in beiden Varianten zeitlich, räumlich und sachlich dem Kartellregime unterfallende Güter beim Rechtsverletzer erworben haben, was aber hier unter dem zeitlichen Aspekt weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist.

Ein Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen des Preisschirmerwerbes kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Voraussetzungen der Entstehung eines Preisschirms hat sie trotz Hinweises im Termin zur mündlichen Verhandlung sowie im darauffolgenden Hinweisbeschluss nicht substantiiert vorgetragen.

Zu den Anforderungen, die der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf - dem die Kammer insoweit folgt - an den substantiierten Vortrag zur Entstehung eines Preisschirmes stellt, gehört insbesondere dezidierter Vortrag zum Grad der Substituierbarkeit der Leistungsangebote der Kartellanten bzw. der Kartellaußenseiter, ferner zur Homogenität oder Heterogenität der betroffenen Wirtschaftsgüter, zum Grad der Produktdifferenzierung, zum Vorliegen oder Nichtvorliegen (materieller oder immaterieller) Wechselkosten, zur Art des Wettbewerbes, zur Dauer des Kartellverstoßes, zur Markttransparenz, zum Grad der Marktabdeckung des Kartells, zur Intensität des Restwettbewerbes unter den Kartellaußenseitern, zu Produktionskosten, zu Kapazitätsbeschränkungen, sowie zu sonstigen verhaltensökonomischen Momenten (OLG Düsseldorf, 08.05.2019, VI U (Kart) 11/18, NZKart 2019, 354, 355; zu diesen Anforderungen siehe auch BGH, 09.10.2018, KRB 51/16, NZKart 2019, 146, 151 Tz 71 - Flüssiggas I; ferner LG Stuttgart, 30.01.2020, 30 O 9/18, BeckRS 2020, 784 Tz 60 - LKW-Kartell; Coppik/Haucap, WuW 2016, 50; Stühmeier, WuW 2017, 379).

Der wesentliche Aspekt aus den oben genannten Kriterien ist insoweit die Markttransparenz, welche nachgerade unabdingbar für die Entstehung eines Preisschirms ist. Insoweit hat der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf im oben zitieren Urteil zu einem völlig vergleichbaren Fall aus dem Schienenkartell ausgeführt: "Eine Markttransparenz im Sinne einer Preistransparenz [ist] bei dem hier zu beurteilenden Submissionskartell ist nicht ersichtlich. Bei Ausschreibungen bleiben die von den einzelnen Bietern angebotenen Preise nach den Regeln des Vergaberechts geheim. Dies bedeutet, dass auch Kartellaußenseiter, ... von den konkreten Preisen der Mitbieter keine Kenntnis erlangen, und zwar nicht einmal nachträglich ... Die pauschale Behauptung der Klägerin zu 4., Kartellaußenseiter hätten `durch Marktbeobachtung´ um die Preise der mit ihnen in Wettbewerb stehenden Kartellanten gewusst, `da das von den Kartellanten bestimmte Preisniveau omnipräsent´ gewesen sei, entbehrt vor diesem Hintergrund ganz offensichtlich jeglicher Substantiierung." Nicht anders liegt der Fall hier (vgl. im übrigen auch die weitergehenden Ausführungen der Kammer in LG Dortmund, 8 O 115/14 Kart zu dieser Frage).

Damit ist insgesamt ein Schadensersatzanspruch für die Erwerbsvorgänge 5) bis 7) unter keinem Gesichtspunkt substantiiert vorgetragen.

III. Zinsen

Zinsen kann die Klägerin für die Erwerbsvorgang 4) jeweils nur ab Rechtshängigkeit nach § 291 BGB und nur in der tenorierten Höhe aus § 288 BGB verlangen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht der Anspruch aber nicht bereits ab Auftragserteilung, sondern mit der Wendung "ab Schadensentstehung" kann die Klägerin die Zinsen erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung verlangen, da ihr erst ab diesem Zeitpunkt die Nutzung des jeweiligen Geldbetrages entzogen ist (so schon Kammer in LG Dortmund, U. v. 21.12.2016, 8 O 90/14 (Kart) Rn. 153 - juris).

Einen genauen Zeitpunkt für die geleisteten Zahlungen hat die Klägerin für den hier einschlägigen Erwerbsvorgang 4) auch mit ihrem vertieften Vortrag im letzten Schriftsatz nicht angegeben (vgl. Bl. 789 ff. d.A.). Der angebotene Zeugenbeweis war diesbezüglich nicht zu erheben, da eine Beweisaufnahme zunächst entsprechenden Vortrag voraussetzen würde. Ein erneuter gerichtlicher Hinweis darauf, dass die entsprechenden Aspekte nicht vorgetragen sind, war nicht erforderlich, da bereits der Schriftsatz selber zeigt, dass sich die Klägerin der Problematik bewusst war und auch schon mehrfach Vortrag dazu gehalten hatte.

Diese hier vorgenommene Wertung schließt die Ausführungen, wonach das Bestreiten der Zahlungen durch die Beklagten unwirksam erfolgte, nicht aus; es bleibt dabei, dass der Vortrag der Klägerin, wonach die Zahlungen im Zusammenhang mit den Rechnungslegungen erfolgt sind, nicht wirksam nach § 138 ZPO bestritten wurde. Gleichwohl kann mangels entsprechender Hinweise hier nicht der genaue Zeitpunkt festgestellt werden, wie dies aber für die Feststellungen zum Zinslauf aus § 849 BGB oder §§ 286, 288 BGB erforderlich wäre, weshalb es dem Grunde nach bei der Verzinsung aus § 291 BGB verbleibt.

Damit kommt es auf sämtliche Streitpunkte der Parteien bezüglich der Zinsforderung im Übrigen hier nicht an.

Ab Rechtshängigkeit hat die Klägerin somit einen Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus § 291 BGB, wobei sich die Höhe des Zinssatzes aus § 288 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt. Eine darüberhinausgehende Zinsforderung besteht nicht, da es sich der vorliegenden Schadensersatzforderung nicht um eine Entgeltforderung handelt (vgl. LG Dortmund aaO., Tz 154, so auch schon BGH, U. v. 06.11.2013, KZR 58/11 - VBL-Gegenwert I, NZKart 2014, 31 Tz 67)

IV. Kosten Sachverständigengutachten

Wie die Kammer schon in dem mehrfach vorgenannten Urteil zu einem Parallelverfahren entschieden hat, kann die Klägerin die Kosten des IAW-Gutachtens nicht ersetzt verlangen (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 177 - 196, juris). Dabei kann offenbleiben, ob diese schon deshalb nicht ersatzfähig sind, weil das Gutachten in der Sache nicht tauglich war, um eine Schadensschätzung zu unterstützen. Jedenfalls ist - obwohl die Beklagten den fehlenden Schadensnachweis teils schon in der Klageerwiderung angemahnt haben - durch die Klägerin die Zusammensetzung des geltend gemachten Betrages von 11.187,31 Euro in keiner Weise substantiiert worden. Dabei war zu berücksichtigen, dass bekanntlich das Gutachten durch rund 50 Auftraggeber eingeholt wurde, und die Kosten somit also naheliegender Weise nach einem bestimmten Schlüssel von jedem einzelnen zu tragen waren. Jedoch sind weder die Gesamtkosten belegt oder auch nur vorgetragen worden, noch hat die Klägerin das Zustandekommen des geltend gemachten Schadensbetrages dargetan. Auch diesbezüglich war ein weiterer gesonderter Hinweis der Kammer nicht erforderlich, da die Klägerin erkennbar angesichts des Bestreitens der Beklagten den ihr möglichen - allerdings unzulänglichen - Vortrag geleistet hat.

Die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten kann die Klägerin ebenfalls unter Schadensersatzgesichtspunkten verlangen, indes nur in Höhe von 1.633,95 Euro. Dies entspricht einer 0,65 Gebühr gemäß Ziffer 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (1,3 Gebühr geteilt durch 2) aus dem ausgeurteilten Wert als Streitwert zuzüglich der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsleistungen gemäß Ziffer 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG. Vertiefter Vortrag war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erforderlich, da angesichts der Komplexität dieses Falles und der auch notwendigen Verhandlungen über Verjährungsverzichte die Notwendigkeit der Einschaltung eines Anwalts schon im außergerichtlichen Verfahren auf der Hand liegt. (so auch schon LG Dortmund, Urteil vom 30. September 2020 - 8 O 115/14 (Kart) -, Rn. 190, juris)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91a, 100, 101 ZPO.

Soweit die Beklagten zu 3. bis 7. vorliegend aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung faktisch aus dem Rechtsstreit ausgeschieden sind, waren sie als ursprünglich gesamtschuldnerisch mit den übrigen Beklagten in Anspruch Genommene noch deklaratorisch der Vollständigkeit der Kostenformel halber zu erwähnen. Auch wenn ansonsten gilt, dass soweit außergerichtlich über die Kosten ein Vergleich erzielt wurde, keine Entscheidung mehr veranlasst ist (Thomas/Putzo-Hüßtege, § 91 ZPO Rn 20), muss doch zumindest deklaratorisch eine Erwähnung des jeweiligen Prozessrechtsverhältnisses erfolgen, wenn es sich insoweit um einen von mehreren, ursprünglich streitgenössisch agierenden Gesamtschuldner handelt.

Unter Berücksichtigung dessen entspricht die Kostenquote sodann dem jeweiligen Unterliegensanteil der Parteien gemessen am Gesamtstreitwert, wobei hier die Baumbach´sche Kostenformel anzuwenden war.

Der Streitwert wird auf 250.003,71 EUR bis zum 06.11.2019, auf 198.672,30 Euro bis zum 18.01.2021 und ab dem 19.01.2021 auf 147.162,93 Euro festgesetzt.