Schleswig-Holsteinisches VG, Urteil vom 01.06.2016 - 8 A 84/14
Fundstelle
openJur 2021, 46171
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid vom 20.02.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die Bauakten zum Flurstück x, Flur x, in der Gemeinde A-Stadt ("x, Wattweg x") nach Schwärzung von etwaig darin enthaltener personenbezogener Daten Dritter zu gewähren.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Einsicht in Bauakten betreffend ein Grundstück in der Gemeinde A-Stadt/Sylt.

Unter dem 21.11.2013 beantragte die "Firma A., Immobilien, vertreten durch Herrn, Bergentenweg x, A-Stadt" beim Beklagten die Einsichtnahme in die Bauakte zur Liegenschaft des "x", Wattweg x, A-Stadt/Sylt (Flurstücke x u. a.). Der Antrag richtete sich auf in den Bauakten vermutete Umweltinformationen.

Nachdem auf Anfrage des Beklagten das Unabhängige Landesamt für Datenschutz Schleswig-Holstein dem Beklagten mit Email vom 10.12.2013 mitgeteilt hatte, die gesamte Bauakte dürfe nicht übermittelt werden, weil davon auszugehen sei, dass darin personenbezogene Daten enthalten seien, stellte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, der auch für die Firma A. Immobilien den Antrag auf Einsicht in die Bauakte vom 21.11.2013 gestellt hatte, mit Schriftsatz vom 17.02.2014 klar, dass personenbezogene Daten nicht zur Einsicht begehrt würden.

Mit Bescheid vom 20.02.2014, adressiert an den Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Firma A. Immobilien) wurde die Anträge vom 21.11.2013 und 17.02.2014 abgelehnt. Dem Anspruch auf Einsicht in die Bauakte gemäß § 3 IZG-SH stünde der Ablehnungsgrund des § 10 IZG-SH iVm § 15 LDSG entgegen. Soweit durch die Bekanntgabe der Informationen personenbezogene Daten offenbart würden, deren Vertraulichkeit durch Rechtsvorschrift vorgesehen sei, sei der Antrag nämlich abzulehnen, es sei denn, die Betroffenen hätten zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege (§ 10 Nr. 1 IZG-SH). Bauakten enthielten aber durchweg solche personenbezogene Daten. Nach § 15 LDSG sei die Übermittlung solcher Daten an nicht öffentliche Stellen nur zulässig, wenn von diesen ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft gemacht werde und schutzwürdige Belange der von der Datenübermittlung Betroffenen nicht beeinträchtigt seien. Ein rechtliches Interesse an einer Einsicht in die Bauakten des Flurstückes x sei nicht dargelegt.

Unter dem 27.02.2014 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.02.2014 ein.

Auf Anfrage der Beklagte lehnte die x Wohnungsbau GmbH, Hamburg, der für das streitbefangene Grundstück mehrere Baugenehmigungen erteilt worden waren, die Zustimmung zur Einsicht des Klägers in die Bauakte ab.

Der Widerspruch vom 27.02.2014 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 zurückgewiesen.

In dem Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014, gerichtet an den Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, wird ausgeführt, dass dem Beklagten lediglich zum bebauten Flurstück x Bauakten vorlägen.

Dem grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Einsichtnahme in die Bauakte gemäß § 3 IZG-SH stehe der Ablehnungsgrund des § 10 Satz 1 Nr. 1 IZG-SH entgegen. Diese Vorschrift regelt, dass, soweit durch die Bekanntgabe der Informationen (Nr. 1.) personenbezogene Daten offenbart würden, deren Vertraulichkeit durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist, der Antrag abzulehnen ist, es sei denn, die Betroffenen hätten zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege.

Bauakten enthielten durchweg personenbezogene Daten. Bei diesen personenbezogenen Daten handele es sich um solche, deren Vertraulichkeit durch Rechtsvorschrift, nämlich § 15 Abs. 1 LDSG, vorgesehen sei. Eine Zustimmung des Betroffenen liege nicht vor. Ein rechtliches Interesse des Klägers an der Kenntnis der personenbezogenen Daten sei nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.

Der Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.06.2014 zugestellt.

Der Kläger hat am 11.06.2014 Klage erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass die von ihm begehrte Akteneinsicht in die Bauakten nicht unter Hinweis auf § 15 LDSG abgelehnt werden könne, da anderenfalls das Recht auf Zugang zu Informationen nach § 3 IZG-SH leerlaufe.

Es sei zweifelhaft, ob in den betreffenden Bauakten überhaupt personenbezogene Daten enthalten seien. Selbst wenn dies der Fall sei, sei ihm jedenfalls teilweise Akteneinsicht, nämlich in die restlichen Teile der Bauakten, zu gewähren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 20.02.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die begehrte Einsicht in die Bauakten zum Flurstück x, Flur x, in der Gemeinde A-Stadt ("x, Wattweg x") zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf die Begründung des Bescheides vom 20.02.2014 idF des Widerspruchsbescheides vom 02.06.2014.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf die Verwaltungsakte, die dem Gericht vorgelegen hat, Bezug genommen.

Der Rechtsstreit ist durch Beschluss der Kammer vom 21.08.2014 gemäß § 6 VwGO dem Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen worden.

Die Parteien haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Gründe

Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung war zulässig, da die Parteien übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Ablehnungsbescheid vom 20.02.2014 und der Widerspruchsbescheid vom 02.06.2014 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Ihm steht ein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht in die im Tenor genannten Bauakten nach Schwärzung der personenbezogenen Daten Dritter zu.

Der Anspruch auf Einsicht in die Bauakten folgt aus § 3 IZG-SH. Danach hat jede natürliche oder juristische Person ein Recht auf freien Zugang zu den Informationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Rechte auf Zugang zu Informationen, die andere Gesetze einräumen, bleiben unberührt.

Danach hat der Kläger grundsätzlich gegen den Beklagten als informationspflichtige Stelle gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 IZG-SH Zugang auf die in der Bauakte enthaltenen Informationen.

Der vom Beklagten geltend gemachte Ablehnungsgrund des § 10 S. 1 Nr. 1 IZG-SH liegt nicht vor.

Nach § 10 S. 1 Nr. 1 IZG-SH ist der Antrag abzulehnen, soweit durch die Bekanntgabe der Informationen (Nr. 1.) personenbezogene Daten offenbart würden, deren Vertraulichkeit durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Vorliegend bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob etwaige in den betreffenden Bauakten vorhandene personenbezogene Daten solche sind, deren Vertraulichkeit durch Rechtsvorschrift - nach Auffassung des Beklagten durch § 15 LDSG - vorgesehen ist und - mangels Zustimmung der Betroffenen - ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe vorliegt. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Kläger gestellte Antrag auf Zugang zu Informationen gar nicht personenbezogene Daten umfasst. Im Antragsverfahren wurde mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 17.02.2014 ausdrücklich erklärt, dass personenbezogene Daten nicht zur Einsicht begehrt würden.

Der Kläger hat gemäß § 3 IZG-SH einen Anspruch auf Einsicht in die betreffenden Bauakten, nachdem der Beklagte zuvor personenbezogene Daten Dritter geschwärzt hat. Soweit Blätter der Bauakten personenbezogene Daten Dritter enthalten, wären die betroffene Originalseiten durch Kopien mit den entsprechenden Schwärzungen zu ersetzen.

Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass der Begriff der personenbezogenen Daten des IZG-SH mit dem des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) übereinstimmt. Nach § 2 Abs. 1 LDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffene oder Betroffener). Die Beschränkung auf natürliche Personen hat zur Folge, dass juristische Personen nicht betroffen sind, also auch nicht die x Wohnungsbau GmbH als Bauherrin betreffend das streitbefangene Flurstück.

Dass die Bauakten Geschäftsgeheimnisse der x Wohnungsbau GmbH enthalten (vgl. § 10 S. 1 Nr. 3 IZG-SH), ist weder von dieser, noch vom Beklagten geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung gemäß § 124 a VwGO iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

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