OLG Rostock, Beschluss vom 17.12.2020 - 4 U 21/20
Fundstelle
openJur 2021, 13300
  • Rkr:

1. Eine im Jahr 2005 abgeschlossene Lebensversicherung ist im Policenmodell zustande gekommen, wenn in den Verbraucherinformationen ein Hinweis auf die Antragsbindungsfrist fehlt; das Informationsbedürfnis des Versicherungsnehmers ist abstrakt und nicht in Abhängigkeit davon zu beurteilen, welcher Zeitraum zwischen Antragstellung und Vertragsschluss liegt (entgegen OLG Jena, Urteil vom 31.07.2020, Az.:4 U 1245/19).

2. Wenn es an einer Widerspruchsbelehrung in dem Übersendungsschreiben in drucktechnisch deutlicher Form fehlt, ist dem Versicherungsnehmer eine Ausübung des Lösungsrechts nicht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen möglich wie im Falle einer ordnungsgemäßen Belehrung (Abgrenzung zu EuGH, Urteil vom 19.12.2019, Az.: C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18).

3. Ein Nutzungsersatz zu Gunsten des Versicherungsnehmers scheidet bei der Rückabwicklung einer Lebensversicherung nicht deshalb dem Grunde nach aus, weil er in der Richtlinie 2002/83/EG nicht vorgesehen ist.

4. Einer Heranziehung der so genannten Nettoverzinsung für die Berechnung eines Nutzungsersatzes steht nicht entgegen, dass ihre Höhe auf einem kollektiven Kapitalanlageprozess beruht.

5. Für die Festsetzung des Streitwertes einer Klage auf Rückabwicklung einer Lebensversicherung sind die mit herausverlangten Nutzungen außer Betracht zu lassen, weil sie jedenfalls im Hinblick auf den Gebührenstreitwert gemäß § 43 GKG als neutral anzusehen sind (Anschluss an OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2019, Az.: 8 U 275/18; entgegen OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.02.2019, Az.: 12 W 1/19).

Tenor

I. Den Parteien wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten anheimgestellt,

a. im Falle der Klägerin ihre Berufung insgesamt sowie die Klage bezüglich der Zahlungsanträge zu 1) und 2) insoweit zurückzunehmen, als mehr als (19.566,89 € + 2.706,69 € =) 22.273,58 € zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 19.566,89 € seit dem 29.04.2017 sowie aus 2.706,69 € seit dem 09.11.2017 geltend gemacht werden, und

b. im Falle der Beklagten in die teilweise Klagerücknahme einzuwilligen und ihre Berufung im Übrigen zurückzunehmen.

II. Sollten die Parteien der Abgabe der vorgeschlagenen Prozesserklärungen zur Erledigung des Rechtsstreits nicht näher treten können, wird zur Vermeidung eines ansonsten erforderlichen Termins zur mündlichen Verhandlung vorsorglich eine Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren anheimgestellt. Die Parteien werden für diesen Fall gebeten, binnen der hier gesetzten Frist mitzuteilen, ob sie

a) auf die Einreichung weitere Schriftsätze nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens sowie

b) auf die gesonderte Mitteilung des Verkündungstermins

verzichten.

III. 1. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird vorläufig auf bis zu 22.000,00 € festgesetzt.

2. Es ist beabsichtigt, den Streitwertbeschluss des Landgerichts vom 06.02.2020 von Amts wegen abzuändern und dahingehend neu zu fassen, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf bis zu 22.000,00 € festgesetzt wird.

IV. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

A.

Die zulässige Berufung der Beklagten erscheint nach vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage weit überwiegend unbegründet.

1. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückerstattung geleisteter Versicherungsbeiträge in Höhe von 19.566,89 € gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion).

a. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte die Versicherungsprämien der Klägerin rechtsgrundlos erlangt hat, weil der Versicherungsvertrag aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. nicht wirksam zustande gekommen ist.

aa. Die Versicherungsverträge wurden nicht nach dem Antragsmodell, sondern im Policenmodell geschlossen, weil die Beklagte bei Antragstellung die nach § 10a Abs. 1 Satz 1 VAG a. F. erforderliche Verbraucherinformation nicht vollständig erteilt hat.

(1) Dafür reichte der unstreitig fehlende Hinweis auf die Antragsbindungsfrist aus, auch wenn sich diese Informationspflicht nur auf die allgemeine gesetzliche Regelung des § 147 Abs. 2 BGB bezieht.

(a) Richtig ist, dass nach Art. 36 Abs. 3 der Richtlinie 2002/83/EG ein Mitgliedstaat der Europäischen Union von den Versicherungsunternehmen nur dann die Vorlage von Angaben zusätzlich zu den in dem dortigen Anhang III) genannten Auskünften verlangen kann, wenn diese für das tatsächliche Verständnis der wesentlichen Bestandteile der Versicherungspolice durch den Versicherungsnehmer notwendig sind, und die nach dieser Vorschrift vorgesehenen (Mindest)Angaben gegenüber dem Vertragspartner des Versicherers sich nicht auf solche zu einer Antragsbindungsfrist erstrecken. Allerdings liegt der Regelung durch den deutschen Gesetzgeber in § 10a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VAG in Verbindung mit der Anlage Teil D Abschnitt 1 Nr. 1f), jeweils a. F., die Annahme zugrunde, dass der Antragsteller bezüglich des Abschlusses eines Versicherungsvertrages an dieser Information (eben) ein berechtigtes Interesse hat. Sie war bei einem Vertragsschluss nach dem Antragsmodell sinnvoll, weil sie dem Versicherungsnehmer den zeitlichen Rahmen verdeutlichte, in dem der Vertrag durch Annahme seines Antrags seitens des Versicherers zustande kommen konnte; der Antragsteller konnte dann abschätzen, ab wann er nicht mehr mit einer Annahme rechnen durfte und gegebenenfalls auf Produkte anderer Anbieter ausweichen musste. Daher musste ihm auch (bloß) die gesetzliche Frist des § 147 Abs. 2 BGB, innerhalb derer er den Eingang der Antwort des Versicherers unter regelmäßigen Umständen erwarten durfte, vor Augen geführt werden (vgl. so BGH, Urteil vom 18.07.2018, Az.: IV ZR 68/17, - zitiert nach juris -, Rn. 14 ff.; von einer Konformität mit europarechtlichen Vorgaben wurde dort jedenfalls deshalb zumindest schlüssig ausgegangen, weil ansonsten eine Vorlage nach Art. 267 AEUV veranlasst gewesen wäre).

(b) Gleichzeitig folgt daraus, dass die Berechtigung des Informationsbedürfnisses des Versicherungsnehmers hinsichtlich der Antragsbindungsfrist generell besteht und nicht (zusätzliche) Umstände des konkreten Einzelfalles hinzukommen müssen. Insbesondere wird die unterbliebene Angabe zu der Antragsbindungsfrist nicht ex post unbeachtlich, weil etwa der Versicherungsantrag jedenfalls vor dem Ablauf einer üblichen Frist von dem Versicherer angenommen worden ist; denn nach dem zuvor unter lit. (a) Gesagten soll der Versicherungsnehmer durch eine Information über die Antragsbindungsfrist ja von vornherein und damit ex ante genau darüber unterrichtet werden, wie lange er im Hinblick auf eine Reaktion des Versicherers zuzuwarten hat und ab wann er anderweitig disponieren kann und muss (vgl. BGH, a. a. O., welche Entscheidung sich zu der Zeit zwischen Antrag und Annahme in dem dortigen Fall nicht verhält und noch nicht einmal die Andeutung einer ansonsten hierzu nötigen Prüfung erkennen lässt; siehe vergleichbar auch OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2019, Az.: 4 U 1316/18, - zitiert nach juris -, bei einer Antragstellung am 29.08.2006 und einer Policenübersendung [schon] am 08.09.2006; a. A. OLG Jena, Urteil vom 31.07.2020, Az.: 4 U 1245/19, nicht veröffentlicht).

(c) Das Zustandekommen eines Vertragsschlusses zwischen den Parteien im Wege des Policenmodells statt des Antragsmodells ist dann nicht eine Frage der Auslegung des Parteiwillens, sondern eine solche der Anwendung verbraucherschützender Rechtsvorschriften, welche eine ausreichende Aufklärung des Versicherungsnehmers vor dem Zustandekommen des Vertrages mit dem Versicherer bezwecken. Ebenso wenig ergibt sich ein Widerspruch daraus, dass sich die Klägerin einerseits auf einen Vertragsschluss im Policenmodell beruft und andererseits rügt, dass die bei einem solchen nicht notwendige (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2019, Az.: IV ZR 8/19, - zitier nach juris -, Rn. 27 m. w. N.) Angabe der Antragsbindungsfrist fehle; denn die Einschlägigkeit des Policenmodells folgt gerade aus dem Fehlen der letzteren Information.

(2) Vor diesem Hintergrund kann im Übrigen dahinstehen, ob die Verbraucherinformation der Beklagten auch unzureichende Erläuterungen über die den Versicherungen zugrunde liegenden Fonds, die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte, das Vorhandensein einer Einlagensicherungseinrichtung oder die Gesamtbeitragssumme enthielt.

bb. Die Beklagte hätte die Klägerin daher gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a. F. bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das ihr zustehende Widerspruchsrecht belehren müssen.

(1) Eine ausreichende Belehrung im Antrag konnte die vom Gesetz vorgeschriebene Belehrung im Zusammenhang mit der Übersendung der Police damit nicht ersetzen oder entbehrlich machen (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2004, Az.: IV ZR 58/03, - zitiert nach juris -, Rn. 16 m. w. N.); auf eine entsprechende Beurteilung der betreffenden Textpassagen unter Ziffer 13) auf der Vorderseite des Antragsformulars, auf dessen Rückseite oder im Rahmen der "Vertragsunterlagen" kommt es damit weder in inhaltlicher Hinsicht noch unter dem Gesichtspunkt ihrer Gestaltung an.

(2) Das damit maßgebliche Übersendungsschreiben der Beklagten zu der Versicherungspolice der Klägerin liegt nicht vor und ist zumindest nach dem Akteninhalt bezogen auf die hier relevanten Vorgaben auch im Vortrag der Parteien nicht näher beschrieben; jedenfalls aufgrund der Beweiskraft des Tatbestandes des angefochtenen Urteils gemäß § 314 Satz 1 ZPO ist lediglich als unstreitig anzusehen, dass das Policenbegleitschreiben auf ein vierwöchiges Widerspruchsrecht bzw. ein dreißigtägiges Rücktrittsrecht hingewiesen hat, ohne dass zu erkennen gewesen ist, wann die Frist zu laufen beginnt.

(a) Im Falle eines Rücktritts von einem Versicherungsvertrag sind dann etwa Mängel der betreffenden Belehrung bezüglich einer dabei einzuhaltenden Form für den Beginn der Frist zur Ausübung des Vertragslösungsrechts unerheblich, solange dem Versicherungsnehmer durch die Informationen nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben; wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer dagegen überhaupt keine Informationen über sein Rücktrittsrecht mitgeteilt hat oder die mitgeteilten Informationen derart fehlerhaft sind, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, sein Rücktrittsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen auszuüben, beginnt die Rücktrittsfrist selbst dann nicht zu laufen, wenn der Versicherungsnehmer auf anderem Wege von seinem Rücktrittsrecht Kenntnis erlangt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 19.12.2019, Az.: C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, - zitiert nach juris -, Rn. 82 und 90). Es kann einiges dafür sprechen, diese Grundsätze allgemein auch für anderweitige Mängel einer Rücktrittsbelehrung heranzuziehen und sie zudem auf das Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a. F. zu übertragen (vgl. Lange VersR 2020, 351/352; Armbrüster VuR 2020, 115/116).

(b) Vor diesem Hintergrund sind hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der hier erfolgten Belehrung deren Inhalt und ihre Gestaltung jeweils für sich genommen zu betrachten.

(aa) Dabei kann in ersterem Zusammenhang noch offen bleiben, ob nach den Ausführungen zuvor unter lit. (a) ein hier unterbliebener Hinweis auf den Beginn der Widerspruchsfrist einem Fristlauf mit dem Zugang der Versicherungspolice bei dem Versicherungsnehmer eventuell nicht entgegenstünde.

(bb) Denn es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die fragliche Belehrung in dem Policenbegleitschreiben in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben gewesen wäre; beruft sich der Versicherer darauf, dass er dem Versicherungsnehmer bestimmte Informationen vor Antragstellung oder mit dem Versicherungsschein überlassen hat, so trifft ihn - auch im Hinblick auf die Belehrung - nach den allgemeinen, von § 5a Abs. 2 Satz 2 VVG a. F. nur bestätigten Grundsätzen dafür die Beweislast (vgl. Prölss/Martin-Prölss, VVG, 27. Aufl., 2004, § 5a Rn. 54b m. w. N.). Nach dem Zweck der hier erörterten Anforderung an eine Widerspruchsbelehrung hat diese nicht die Information des Versicherungsnehmers über die Modalitäten der Ausübung des Rechts zur Vertragslösung zum Gegenstand, sondern sie soll in den Vertragsunterlagen deshalb nicht untergehen dürfen, damit sie dem Versicherungsnehmer nicht entgehen kann, selbst wenn er nicht nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 20.03.2019, Az.: 20 U 10/19, - zitiert nach juris -, Rn. 16 m. w. N.). Sie betrifft damit den Aspekt, ob dem Versicherungsnehmer überhaupt Informationen über sein Widerspruchsrecht mitgeteilt worden sind. Ist dies mangels einer in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehobenen Belehrung zu verneinen, steht dies einem vollständigen Fehlen einer solchen Belehrung gleich.

cc. Hat die Widerspruchsfrist damit nicht zu laufen begonnen, bestand das Widerspruchsrecht der Klägerin auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. und noch im Zeitpunkt ihrer Widerspruchserklärung fort; das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung der genannten Vorschrift (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 18.07.2018, Az.: IV ZR 68/17, - zitiert nach juris -, Rn. 16 ff.). In eine Erklärung des Widerspruches war dabei schon der "Rücktritt" in dem eigenen Schreiben der Klägerin vom 10.04.2017 zumindest gemäß § 140 BGB umzudeuten, weil einerseits nach dem zuvor Gesagten ein Rücktrittsrecht im rechtstechnischen Sinne nicht bestand, die Klägerin andererseits aber für die Beklagte unmissverständlich zum Ausdruck brachte, dass sie sich ohne Einschränkung von dem Versicherungsvertrag lösen wollte (vgl. so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.07.2006, Az.: 12 U 34/06, - zitiert nach juris -, Rn. 24, zur Umdeutung eines verfristeten Widerspruchs in eine Kündigung wegen Beitragserhöhung).

dd. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin ihr Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt.

(1) Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2014, Az.: VII ZR 177/13, - zitiert nach juris -, Rn. 13 m. w. N.).

(2) Der Verweis der Beklagten auf §§ 124 Abs. 3, 142 Abs. 2 BGB ist danach für sich genommen nicht tragfähig. Eine Zeitspanne von mehr als zehn Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerspruch allein führt eben noch nicht zur Annahme einer Verwirkung. Zu berücksichtigen ist vielmehr, dass ein die Verwirkung begründender Vertrauenstatbestand nicht durch bloßen Zeitablauf geschaffen werden kann, sondern das Hinzutreten weiterer Umstände voraussetzt. Schon deshalb kann nicht mit Erfolg darauf abgestellt werden, dass selbst die Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung nach § 123 BGB gemäß § 124 Abs. 3 BGB ausgeschlossen ist, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind. Es bliebe auch unberücksichtigt, dass die Ausschlussfrist des § 124 Abs. 3 BGB nur zum Tragen kommt, wenn nicht zuvor die kürzere kenntnisabhängige Frist des § 124 Abs. 2 BGB abgelaufen ist. Der Beginn der Widerspruchsfrist ist hingegen kenntnisunabhängig, es kommt allein auf eine ordnungsgemäße Belehrung an. Bereits dieser unterschiedliche Ansatz steht einer Übertragung des der Ausschlussfrist zu Grunde liegenden Rechtsgedankens auf die Widerspruchsfrist entgegen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2018, Az.: 24 U 13/18, - zitiert nach juris -, Rn. 8 m. w. N.).

(3) In Fällen der vorliegenden Art fehlt es danach grundsätzlich an dem notwendigen Umstandsmoment; ein schutzwürdiges Vertrauen kann die Beklagte schon deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Klägerin keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, - zitiert nach juris -, Rn. 39).

(a) Können zwar auch in Fällen einer fehlerhaften Widerspruchsbelehrung die Geltendmachung des Widerspruchsrechtes und das Verlangen nach einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Versicherungsvertrages nach Treu und Glauben unzulässig sein, setzt dies doch besonders gravierende Umstände des Einzelfalles voraus; solche Umstände werden etwa bei Neuabschluss nach Kündigung oder dem wiederholten Einsatz der Versicherung als Kreditmittel angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 27.01.2016, Az.: IV ZR 130/15, - zitiert nach juris -, Rn. 16). Demgegenüber begründet eine hier allein ersichtliche normale Vertragsdurchführung keine derartigen besonders gravierenden Umstände. Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist vor allem nicht deshalb treuwidrig, weil der Versicherungsnehmer wiederholt Vertragsänderungen vorgenommen, langjährig Prämien gezahlt, um eine Beitragsfreistellung ersucht oder den Vertrag etwa durch eine Änderung seiner Anlagestrategie „aktiv gemanagt“ hat. Dabei geht es nur um die Erfüllung des aus der Sicht des Versicherungsnehmers vermeintlich wirksamen Vertrages. Ein solches Verhalten der Klägerin konnte die Beklagte nicht dahingehend verstehen, dass sie unabhängig von einem etwaigen Lösungsrecht unbedingt am Vertrag festhalten wollte (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 07.05.2019, Az.: 4 U 1316/18, Rn. 23 m. w. N.; siehe insbesondere auch BGH, Urteil vom 21.12.2016, Az.: IV ZR 217/15, Rn. 14, zu Vertragsänderungen und der Übertragung des Vertrages auf einen Versicherungsmakler, jeweils zitiert nach juris). Unter dem Blickwinkel des Umstandsmoments einer Verwirkung ist der Umfang der für sich genommen jeweils unbedenklichen Handlungen der Klägerin rechtlich bedeutungslos.

(b) Schon wenn die Belehrung über ein Lösungsrecht von dem Versicherungsvertrag nicht nur marginale, sondern erhebliche Fehler aufweist, aufgrund derer der Versicherungsnehmer sein Widerspruchsrecht nicht mehr im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei Mitteilung zutreffender Informationen ausüben kann, kann auch sie den Vorwurf einer Treuwidrigkeit des von der Klägerin erklärten Widerspruches nicht begründen (vgl. wie hier im Falle einer Belehrung über Rücktrittsrechte OLG München, Urteil vom 08.01.2015, Az.: 14 U 2110/14, Rn. 41 ff.; zugelassene Revision zurückgewiesen durch BGH, Urteil vom 01.06.2016, Az.: IV ZR 80/15). Umso mehr muss dies gelten, wenn der Versicherer - wie hier - noch nicht einmal die Voraussetzungen dargelegt hat, unter denen die Erteilung einer Belehrung überhaupt angenommen werden kann.

(c) Zu keinem anderen Ergebnis führte es, wenn die Klägerin entsprechend der Behauptung daneben tatsächlich Steuervorteile aufgrund des bestehenden Versicherungsvertrages in Anspruch genommen hätte; denn es ist nicht erkennbar, dass der Beklagten dies überhaupt zur Kenntnis gelangt wäre und sie sich (gerade) deshalb auf einen Fortbestand des Vertrages eingerichtet hätte.

b. Soweit der Versicherungsvertrag dann nach dem wirksam erklärten Widerspruch rückwirkend ex tunc und nicht erst ab der Widerspruchserklärung ex nunc rückabzuwickeln ist (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, - zitiert nach juris -, Rn. 41 ff.), ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die von ihr geleisteten Prämien in voller Höhe von der Beklagten zurückverlangen kann.

aa. Zwar umfasst der sich in Folge eines Widerspruches ergebende Bereicherungsanspruch des Versicherungsnehmers nicht generell einschränkungslos die Rückzahlung aller Prämien, soweit es sich die Klägerin gemäß § 818 Abs. 3 BGB etwa bereicherungsmindernd anrechnen lassen müsste, wenn die Fonds, in welche die Sparanteile der von ihr gezahlten Prämien angelegt worden sind, Verluste erwirtschaftet haben (vgl. BGH, Urteil vom 21.03.2018, Az.: IV ZR 353/16, - zitiert nach juris -, Rn. 13 ff.). Diese bilden sich aber jedenfalls bereits in dem zum Zeitpunkt des Widerspruches der Klägerin unstreitigen Wert des Fondsvermögens in Höhe von 14.880,53 € ab; die von der Beklagten erklärte hilfsweise Aufrechnung mit (ausgerechneten) Fondsverlusten in Höhe von 644,92 €, die im Übrigen nicht weiter nachvollziehbar erläutert werden, könnte damit nicht zu einer (zusätzlichen) Reduzierung des Anspruches der Klägerin führen.

bb. Gleiches gilt hinsichtlich der in den geleisteten Prämien enthaltenen Risikoanteile, aufgrund derer die Klägerin während der Beitragszahlung Versicherungsschutzes genossen hat (vgl. dazu BGH, Urteil vom 07.05.014, Az.: IV ZR 76/11, - zitiert nach juris -, Rn. 45), sowie der Kosten für Vertragsanpassungen in Höhe von 88,33 €; denn diese sind nach §§ 5 Abs. 3 und 22 der Bedingungen der Beklagten für die Fondsgebundene Rentenversicherung jeweils dem Deckungskapital entnommen worden, sodass der zuvor unter lit. aa) in Bezug genommene Wert des Fondsvermögens zum Widerspruchszeitpunkt entsprechende Abzüge bereits einschließt.

cc. Umgekehrt kann sich die Beklagte im Hinblick auf die in den Prämien enthaltenen Abschluss- und Verwaltungskosten nicht auf eine Entreicherung berufen.

(1) Sind Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners nur berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen, sind die Verwaltungskosten bereits deshalb nicht bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, weil sie nicht adäquat-kausal durch die Prämienzahlungen der Kläger entstanden, sondern unabhängig von dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag angefallen und beglichen worden sind; auch die Verwendung der Verwaltungskostenanteile der gezahlten Prämien für die Bestreitung von Aufwendungen für den Versicherungsbetrieb wirkt nicht bereicherungsreduzierend, weil die Beklagte auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel erspart hat (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2014, Az.: IV ZR 448/14, - zitiert nach juris -, Rn. 47 m. w. N.).

(2) Bezüglich der Abschlusskosten als Aufwendungen, die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, hängt die Anerkennung einer Bereicherungsminderung maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist. Im Falle der hier erörterten Kostenposition ist das Entreicherungsrisiko nach den maßgeblichen Wertungsgesichtspunkten der Beklagten zugewiesen. Denn der mit der richtlinienkonformen Auslegung bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers gebietet es, dass der Versicherer in Fällen des wirksamen Widerspruchs das Entreicherungsrisiko hinsichtlich der Abschlusskosten trägt; es widerspräche dem hier zu beachtenden europarechtlichen Effektivitätsgebot, wenn der Versicherungsnehmer zwar auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG dem Zustandekommen des Vertrages widersprechen könnte, aber die Abschlusskosten tragen müsste. Insbesondere im Falle des Widerspruchs nach kurzer Prämienzahlungsdauer würde das Widerspruchsrecht weitgehend entwertet, weil die bezahlten Beiträge zu einem erheblichen Teil durch die Abschlusskosten aufgezehrt würden (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 48 m. w. N.).

(3) Klarstellend ist anzumerken, dass sich die Kosten von der Klägerin vorgenommener Vertragsänderungen, welche oben unter lit. bb) als grundsätzlich zu Gunsten der Beklagten entreichernd eingeordnet wurden, von den Verwaltungs- und Abschlusskosten danach insofern unterscheiden, als der Versicherungsnehmer den später mit Rückwirkung aufgelösten Vertrag bis zu dem Auflösungszeitpunkt mit der Entstehung entsprechenden (besonderen) Aufwandes für den Versicherer umgestaltet hat, was dessen Sphäre in keiner Weise zugerechnet werden kann.

dd. Sind nach all dem die Abschluss- und Verwaltungskosten dem Wert des Fondsvermögens zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung hinzuzurechnen, ergibt sich ein Betrag in Höhe von (14.880,53 € Fondsvermögen + 6.207,11 € Abschlusskosten + 24,96 € einmalige Policengebühr + 544,74 € laufende Verwaltungskosten + 240,00 € jährliche Verwaltungskosten =) 21.897,34 €, der die von der Klägerin geleisteten Beiträge bereits dann übersteigt, wenn man jährliche Verwaltungskosten nur in der von der Beklagten zugestandenen Höhe von 240,00 € gegenüber den von der Klägerin angesetzten 290,00 € und die einmalige Policengebühr entsprechend mit 24,96 € statt 34,96 € in die Berechnung einstellt.

2. Aufgrund ihres wirksamen Widerspruches hat die Klägerin weiterhin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe von Nutzungen in Höhe von (nur) 2.706,69 € gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. (Leistungskondiktion), 818 Abs. 1 BGB.

a. Vorauszuschicken ist, dass ein Nutzungsersatz zu Gunsten der Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten nicht deshalb dem Grunde nach ausscheidet, weil er in der Richtlinie 2002/83/EG nicht vorgesehen ist. Denn nach Ziffer 44) der dortigen Erwägungsgründe ist die Harmonisierung des für den Versicherungsvertrag geltenden Rechts keine Vorbedingung für die Verwirklichung des Binnenmarkts im Versicherungssektor; deshalb ist den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belassen, die Anwendung ihres eigenen Rechts für Versicherungsverträge vorzuschreiben, bei denen die Versicherungsunternehmen Verpflichtungen in ihrem Hoheitsgebiet eingehen, und die Freiheit der Wahl eines anderen Vertragsrechts als desjenigen des Staates der Verpflichtung kann in bestimmten Fällen nach Regeln gewährt werden, in denen die spezifischen Umstände berücksichtigt werden (vgl. anders die von der Beklagten angeführte Entscheidung EuGH, Urteil vom 04.06.2020, Az.: C-301/18, Rn. 36, hinsichtlich eines Nutzungsersatzes im Falle des Widerrufes eines im Fernabsatz geschlossenen Darlehensvertrages, weil die Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleitungen nach Ziffer 13] der dortigen Erwägungsgründe eine Vollharmonisierung der von ihr geregelten Aspekte bewirkt; siehe auch BGH, Urteil vom 07.05.2014, Az.: IV ZR 76/11, Rn. 45, wonach im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung einer nationalen Norm bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht ein vernünftiger Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den Beteiligten hergestellt werden darf, jeweils zitiert nach juris).

b. Zum einen steht dem Versicherungsnehmer bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung dann der mit der Anlage des Sparanteils in Fonds erzielte Gewinn als tatsächlich gezogene Nutzung zu.

aa. Dies ist hier die Differenz von zwischen dem Fondsguthaben von 14.880,53 € und dem in die Fonds investierten Sparanteil der Prämien abzüglich der Abschluss- und Verwaltungskosten in Höhe von (19.566,89 € Prämien - 6.207,11 € Abschlusskosten - 24,96 € einmalige Policengebühr - 544,74 € laufende Verwaltungskosten - 240,00 € jährliche Verwaltungskosten =) 12.550,08 €; daraus ergibt sich ein Fondsgewinn in Höhe von (14.880,53 € - 12.550,08 € =) 2.330,45 € (vgl. BGH, Urteil vom, Az.: IV ZR 482/14, - zitiert nach juris -, Rn. 27 m. w. N.).

bb. Höhere jährliche Verwaltungskosten können nicht berücksichtigt werden. Ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass sich für die zwölf (begonnenen) Vertragsjahre von 2006 bis 2017 bei einer Fälligkeit jeweils zum Ersten eines Jahres insgesamt ein Betrag in Höhe von (20,00 € x 12 Jahre =) 240,00 € errechnet. Wenn sich aus der entsprechenden Spalte der letzten von der Klägerin vorgelegten Aufstellung demgegenüber 290,00 € ergeben, ist dies darauf zurückzuführen, dass sie zusätzliche Positionen in Höhe von dreimal 10,00 € und einmal 20,00 € eingestellt hat. Diese betreffen allerdings in einem Fall die Zuzahlung Anfang 2006 in Höhe von 1.000,00 €, außerdem Beitragsreduzierungen zum Februar 2013 von 191,45 € auf 100,00 € sowie zum 02.01.2015 von 105,00 € auf 100,00 € und letztlich die Beitragsfreistellung ab Oktober 2016. Nach den Erläuterungen zuvor unter Ziffer 1b bb) und cc(3) sind die Beträge dem Deckungskapital entnommen worden, sodass sie sich bereits in dem Wert des Fondsvermögens widerspiegeln und die Beklagte sich auf eine diesbezügliche Entreicherung berufen kann. Die Policengebühr hat die Klägerin selbst mit (nur) 24,96 € angegeben, wobei sich der um 10,00 € höhere Betrag wie von der Beklagten benannt auch nach deren Gebührentabelle nicht nachvollziehen ließe.

c. Zum anderen sind aus den Verwaltungskostenanteilen der geleisteten Beiträge tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben; besteht zwar keine Vermutung für eine solche Nutzungsziehung insbesondere in einer bestimmten Höhe, genügt der Versicherungsnehmer seiner Darlegungs- und Beweislast nach einem unternehmensspezifischen Maßstab jedoch, wenn er auf allgemein zugängliche Quellen wie publizierte Geschäftsberichte des Versicherers zurückgreift (vgl. Heyers, Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung fondsgebundener Lebensversicherungsverträge, NJW 2016, 1357/1360; nicht anders BGH, Urteil vom 11.11.2015, Az.: IV ZR 513/14, Rn. 50; siehe auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21.12.2017, Az.: 7 U 80/17, Rn. 112, jeweils zitiert nach juris).

aa. Für eine solche Nutzungsberechnung können von vornherein die Abschlusskosten und der Risikoanteil der Prämien nicht mit herangezogen werden.

(1) Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Versicherer Beitragsanteile, welche er für Abschlusskosten aufgewandt hat, nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte. Wenn er sich gleichwohl so behandeln lassen müsste, als hätte er die Gelder gewinnbringend angelegt, stünde er schlechter, als er ohne die Prämienzahlungen des widersprechenden Versicherungsnehmers gestanden hätte. Dies ist mit der Privilegierung des gutgläubigen Bereicherungsschuldners gemäß § 818 Abs. 1 BGB nicht in Einklang zu bringen (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 45 m. w. N.).

(2) Zur Herstellung eines vernünftigen Ausgleichs und einer gerechten Risikoverteilung zwischen den Beteiligten, die im Rahmen einer gemeinschaftsrechtlich geforderten rechtsfortbildenden Auslegung bei der Regelung der Rechtsfolgen des Widerspruchs nach nationalem Recht eröffnet ist, ist es geboten, dass der Versicherer neben dem Risikoanteil auch hieraus gegebenenfalls gezogene Nutzungen behalten darf. Es käme zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten, wenn die widersprechenden Versicherungsnehmer trotz Gewährung des Versicherungsschutzes alle möglicherweise durch den Versicherer aus ihren Risikobeiträgen gezogenen Nutzungen erhielten (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 42).

(3) Damit verbleibt ein dem Nutzungsersatz unterliegender Verwaltungskostenanteil für die in den Abschlusskosten enthaltenen Einrichtungskosten (vgl. dazu etwa OLG Dresden, Urteil vom 28.03.2017, Az.: 4 U 1624/16, Rn. 15; OLG Frankfurt, Urteil vom 14.06.2017, Az.: 7 U 128/15, Rn. 74, jeweils zitiert nach juris) sowie die weiteren einmaligen, laufenden und jährlichen Kosten in Höhe von insgesamt (1.529,09 € Einrichtungskosten + 24,96 € einmalige Policengebühr + 544,74 € laufende Verwaltungskosten + 240,00 € jährliche Verwaltungskosten =) 2.338,79 €.

bb. Jedenfalls mit ihrem im zweiten Rechtszug verfolgten Ansatz einer Ermittlung des Nutzungsersatzes unter Zugrundelegung der so genannten Nettoverzinsung der Beklagten ist die Klägerin ihrer eingangs dargestellten Darlegungslast ausreichend nachgekommen.

(1) Zutreffend war der Einwand der Beklagten, dass die von ihr erwirtschaftete Eigenkapitalrendite demgegenüber nicht herangezogen werden kann. Da sich die Herausgabepflicht nach § 818 Abs. 1 BGB auf die Nutzungen beschränkt, die der Bereicherte aus dem ohne Rechtsgrund erlangten Gegenstand oder aus einem Surrogat gezogen hat, muss die Ertragslage des Versicherers, auf die sich der Versicherungsnehmer zur Darlegung des Nutzungsherausgabeanspruchs bezieht, die Verwendung der rechtsgrundlos erbrachten Beitragszahlungen abbilden. Das ist bei der Eigenkapitalrendite nicht der Fall, weil sie Erträge berücksichtigt, die sich unter keinen Umständen als das Resultat der Verwendung der von dem Versicherungsnehmer rechtsgrundlos erbrachten Beitragszahlungen verstehen lassen; denn die Beiträge fließen ohne Differenzierung nach Prämienbestandteilen insgesamt in das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit des Versicherers ein. Auch mögen die Zahlung des Verwaltungskostenanteils der Versicherungsprämie sowie ein Anfall von Kostengewinnen die Höhe des bilanzierten Eigenkapitals etwa dadurch beeinflussen, dass sie einen Jahresüberschuss vergrößern oder einen Jahresfehlbetrag verringern; dies führt aber nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer einem Aktionär des Versicherers gleichzustellen wäre, dem die Eigenkapitalrendite, die als betriebswirtschaftliche Kennzahl den Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital kennzeichnet, Aufschluss über die Verzinsung seiner Investition geben mag (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2020, Az.: IV ZR 5/19, - zitiert nach juris -, Rn. 17 ff. m. w. N.).

(2) Richtigerweise ist stattdessen auf die so genannte Nettoverzinsung abzustellen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2019, Az.: 12 U 78/18, - zitiert nach juris -, Rn. 63 m. w. N.).

(a) Soweit sie nicht in den Geschäftsberichten der Lebensversicherer als solche bzw. bei Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat, einem EWR-Vertragsstaat oder einem Drittstaat mit einer inhaltlich kongruenten Größe in den Geschäftsberichten angegeben ist, errechnet sie sich als Anteil des jährlichen Kapitalanlageergebnisses in Prozent des mittleren Jahresbestands an Kapitalanlagen; damit stellt sie den Quotienten dar aus den ordentlichen und außerordentlichen Kapitalanlageerträgen einschließlich der Zuschreibungen, vermindert um die Aufwendungen für die Verwaltung der Kapitalanlagen, die Zinsaufwendungen und die sonstigen Aufwendungen für Kapitalanlagen, ferner die Abschreibungen auf Kapitalanlagen und die Verluste aus dem Abgang von Kapitalanlagen und aus dem mittleren Bestand an Kapitalanlagen zum Ende des Vorjahres und zum Ende des Geschäftsjahres, aus dem die Erträge und Aufwendungen erwuchsen (vgl. Grote/Schaaf, Rückabwicklung von kapitalbildenden und fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherungen nach Widerspruch – Antworten zur Frage der Anspruchshöhe mit Blick auf den Nutzungsersatz, VersR 2020, 521/523 m. w. N.).

(b) Der Heranziehung dieser Größe lässt sich im Übrigen nicht damit begegnen, dass die Höhe der Nettoverzinsung auf einem kollektiven Kapitalanlageprozess basiert.

(aa) Dementsprechend werde sie gerade in der noch immer anhaltenden Niedrigzinsphase maßgeblich beeinflusst durch die hohen Erträge aus langlaufenden festverzinslichen Kapitalanlagen, während sie bei der individuellen Anlage der Sparanteile der Prämien zu einem einzelnen Vertrag nie erreicht worden wäre. Dass sich ein Neukunde mit Abschluss einer Lebensversicherung in Ansehung der Gesamtverzinsung seiner Beiträge in den bei Abschluss seines Vertrags vorhandenen Kapitalstock des betreffenden Lebensversicherers und seinem Kollektiv „einkaufe“ und dadurch von den durch ältere Verträge geschaffenen Kapitalerträgen profitiere, entspreche dem Kollektivgedanken einer Versicherung. Denn entsprechend zehrten Neukunden, die zehn oder zwanzig Jahre später dem Kollektiv beiträten, von denjenigen Erträgen, welche über einen Zeitraum von zwanzig bis dreißig Jahren hinweg aus seinen Beiträgen generiert würden. Genau diesem Kollektiv wolle der widersprechende Versicherungsnehmer aber nicht angehören. Werde der Lebensversicherungsvertrag mit einem nach § 5a VVG a. F. erklärten Widerspruch unwirksam, löse sich der Versicherungsnehmer damit ganz bewusst aus dem Versichertenkollektiv; dies mache deutlich, dass er gerade nicht die auf Basis einer kollektiven Kapitalanlage kalkulierten Versicherungsleistungen wolle. Dann aber sei es unbillig, wenn er im Zuge einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung des Vertrags über eine Nutzungsberechnung anhand der Nettoverzinsung gleichwohl mittelbar doch an der kollektiven Kapitalanlage des Versicherers partizipiere. Gerade im Niedrigzinsumfeld erscheine dies in höchstem Maß unbillig, auch wenn der widersprechende Versicherungsnehmer dabei gegebenenfalls umgekehrt Negativzinsen hinnehmen müsse (vgl. Grote/Schaaf, a. a. O., VersR 2020, 521/524 m. w. N.).

(bb) Die vorstehende Argumentation verkennt, dass für den Anspruch des Bereicherungsgläubigers auf Nutzungsersatz seine ursprünglichen Motive für das von Anfang an nichtige Investitionsgeschäft oder die Hintergründe seiner späteren, zu dessen Unwirksamkeit führenden Erklärung ebenso unerheblich sind wie der eventuelle Gewinn, den er bei einer anderweitigen Verwendung des rechtsgrundlos an den Bereicherungsschuldner Geleisteten in Eigeninitiative hätte erwirtschaften können. Ziel des bereicherungsrechtlichen Ausgleiches ist vielmehr, dass der Bereicherungsschuldner durch die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung weder wirtschaftliche Nachteile noch Vorteile hat (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 79. Aufl., 2020, § 818 Rn. 2 m. w. N.). Damit wäre es aber nicht zu vereinbaren, wenn man dem Versicherungsnehmer eine Beteiligung an den Nutzungen, welche der Versicherer aufgrund seiner Stellung am Markt in höherem Umfang zu erzielen in der Lage war als dies dem Versicherungsnehmer als (einzelnem) Verbraucher möglich gewesen wäre, (nur) deshalb versagte und dem Versicherer die betreffenden Nutzungen beließe, weil der Versicherungsnehmer sich im Falle eines Widerspruches gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages einer Beteiligung an der Anlagestrategie des Versicherers (wieder) entzieht; nicht zuletzt stellte sich die Frage, ob demgegenüber eine Differenzierung für die Fallgestaltungen notwendig wäre, in denen eine Nichtigkeit des Versicherungsvertrages von Anfang an und ohne das Erfordernis eines Tätigwerdens des Versicherungsnehmers gegeben ist.

(3) Das Vorbringen der Klägerin in Form ihrer erst in zweiter Instanz vorgenommenen (Neu)Berechnung ist nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO zulässig, denn das Landgericht hatte sie auf die Notwendigkeit einer Ermittlung von der Beklagten gezogener Nutzungen unter Ansatz der Nettoverzinsung nicht hingewiesen. Unerheblich ist daneben, dass die Beklagte in ihrer Klageerwiderung zumindest auf eine unzutreffende Heranziehung der Eigenkapitalrendite hingewiesen hatte und die Klägerin dadurch möglicherweise insoweit eine gebotene Unterrichtung erhalten hatte (vgl. dazu etwa BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az.: VIII ZR 117/12, Rn. 17, und Beschluss vom 20.12.2007, Az.: IX ZR 207/05, Rn. 2, jeweils zitiert nach juris). Denn die Frage war bis zum Abschluss des ersten Rechtszuges in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten und eine höchstrichterliche Klärung im Sinne eines Ausschlusses der Eigenkapitalrendite ist erst nach Einlegung der Berufung(en) erfolgt.

cc. Die von der Klägerin jetzt vorgenommene Ermittlung eines Nutzungsersatzes, welcher ihr aus dem Verwaltungskostenanteil der an die Beklagte geleisteten Prämien zusteht, bedarf allerdings im Hinblick auf das gewählte Rechenverfahren und damit auch das Berechnungsergebnis teilweiser Korrekturen.

(1) Bezogen auf die Zinsfüße für die maßgebliche Nettoverzinsung hat die Klägerin einerseits nicht die von ihr angegebenen jeweiligen Berechnungsparameter für die einzelnen Jahre vorgetragen, aus denen sich die Zinssätze durchgängig nachvollziehen ließen, sondern nur das jeweilige (End)Ergebnis mitgeteilt. Andererseits kann sich die Beklagte angesichts der jedenfalls insoweit dargelegten konkreten Zahlen nicht auf deren gänzlich pauschales Bestreiten beschränken; zu einer weitergehenden Darlegung und einer Vorlage der Geschäftsberichte der Beklagten mit dem relevanten Zahlenmaterial wäre die Klägerin vielmehr erst verpflichtet, wenn die Beklagte abweichende Werte für alle oder einzelne Jahre benennen würde (vgl. auch BGH, Urteil vom 31.05.2017, Az.: VIII ZR 181/16, - zitiert nach juris -, Rn. 12 ff. m. w. N.: Einfaches Bestreiten des Mieters genügt nicht, wenn der Vermieter bei einem Mieterhöhungsverlangen eine konkrete Wohnfläche behauptet.).

(2) Weiterhin ist § 256 BGB ohne Einfluss auf die Ermittlung von Nutzungsvorteilen. Die Vorschrift regelt allein einen Zinsanspruch desjenigen, der die Aufwendungen gemacht hat; zu einem Anspruch des im Hinblick auf die Aufwendungen Ersatzverpflichteten gegen den Ersatzberechtigten auf Nutzungen eines diesem überlassenen Gegenstandes sagt die Regelung im Umkehrschluss aus § 256 Satz 2 BGB dagegen gerade nichts aus.

(3) Zutreffend geht die Klägerin dann noch davon aus, dass die Nutzungen für jede einzelne Verwaltungskostenposition stichtagsbezogen mit dem Zinssatz des jeweiligen Jahres bis zum Jahresende sowie in den Folgejahren mit den für diese ermittelten Zinssätzen bis zum 28.04.2017 errechnet werden können; herauszugeben sind die Nutzungen, welche ab der Entstehung des Hauptanspruches bis zur Herausgabe des Erlangten gezogen werden (vgl. Palandt-Sprau, a. a. O., § 818 Rn. 9 m. w. N.).

(a) Verfehlt ist es dagegen, wenn in diese Berechnung in den Folgejahren jeweils die für das vorhergehende Jahr ermittelten Nutzungen kumulierend mit einbezogen werden. Denn herauszugeben sind (nur) die Nutzungen aus dem (primären) Bereicherungsgegenstand (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Martinek, jurisPK BGB, 9. Aufl., 2020, § 818 Rn. 11 m. w. N.), nicht aber auch Nutzungen aus den (sekundären) Nutzungen selbst; dem Zinseszinsverbot aus §§ 248 Abs. 1, 289 Satz 1 BGB ist insoweit auch im Rahmen von § 818 Abs. 1 BGB Rechnung zu tragen (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.04.2018, Az.: 9 U 89/17, - zitiert nach juris -, Rn. 61).

(b) Außerdem hat die Klägerin auch Nutzungsersatz für die Kostenpositionen der Zuzahlung, der Beitragsreduktion und der Beitragsfreistellung berechnet, die wie unter lit. b bb) erläutert davon auszunehmen sind.

(c) Berücksichtigt man die zuvor unter lit. (a) und (b) angesprochenen Punkte, ergibt sich ein Nutzungsersatz zu Gunsten der Klägerin auf die Verwaltungskosten in ausgerechneter Höhe von (nur) 376,24 €.

d. Addiert man die unter lit. b) und c) ermittelten Beträge, beläuft sich der der Klägerin zustehende Nutzungsersatz auf (2.330,45 € + 376,24 € =) 2.706,69 €.

e. Die Beklagte ist schließlich nicht gemäß § 214 Abs. 1 BGB aufgrund der von ihr dahingehend erhobenen Einrede berechtigt, die Leistung des Nutzungsersatzes wegen eines Eintritts der Verjährung zu verweigern.

aa. Der nach einem Widerspruch gemäß § 5a VVG a. F. geltend gemachte bereicherungsrechtliche Anspruch entsteht (erst) mit der Ausübung des Widerspruchsrechts, sodass für die Entstehung des Bereicherungsanspruchs der Zugang der Widerspruchserklärung maßgeblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2018, Az.: IV ZR 214/17, Rn. 2; OLG Dresden, Urteil vom 16.10.2018, Az.: 4 U 943/18, Rn. 9, jeweils zitiert nach juris).

bb. Aufgrund des in einen Widerspruch umzudeutenden „Rücktritts“ der Klägerin vom 10.04.2017 begann die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB folglich am 01.01.2018 zu laufen; sie ist durch die Zustellung der vorliegenden Klage am 14.11.2018 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. BGB rechtzeitig gehemmt worden; nach § 209 BGB wird der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet (nicht anders im Übrigen EuGH, Urteil vom 19.12.2019, Az.: C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, - zitiert nach juris -, Rn. 112 ff.: Die Entscheidung verhält sich allein dazu, ob eine nationalen Regelung, nach der Vergütungszinsen auf Beträge, die der Versicherungsnehmer nach seinem Rücktritt vom Vertrag wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangt, in drei Jahren verjähren, europarechtskonform sein kann; über den Beginn der betreffenden Verjährungsfrist sagt dies nichts aus).

3. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 19.566,89 € seit dem 29.04.2017 und aus 2.706,69 € seit dem 09.11.2017 gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist mit der Rückerstattung der Prämien mit dem Ablauf der in dem eigenen Schreiben der Klägerin zum 28.04.2017 und mit dem Nutzungsersatz mit dem Ablauf der in dem Schriftsatz ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten zum 08.11.2017 gesetzten Fristen in Verzug gekommen.

4. Der Feststellungsantrag der Klägerin ist letztlich zulässig und begründet.

a. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige (besondere) Feststellungsinteresse ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die Beklagte die Wirksamkeit des Widerspruches der Klägerin gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrages in Abrede stellt und der Klägerin deshalb selbst vor dem Hintergrund der bestehenden Beitragsfreistellung zumindest eine Belastung mit den jährlichen Verwaltungskosten droht. Allein eine von der Beklagten während des laufenden Rechtsstreits diesbezüglich geübte Zurückhaltung lässt das berechtigte Interesse der Klägerin an der (gesonderten) rechtskräftigen Feststellung einer gegebenenfalls erfolgten Beendigung des Versicherungsvertrages neben einer Entscheidung über die daraus von ihr abgeleiteten Zahlungsansprüche nicht entfallen.

b. Der Feststellungsantrag ist auch begründet, weil nach dem oben unter Ziffer 1a) Gesagten der Widerspruch der Klägerin wirksam ist und der Beklagten damit keine Ansprüche mehr aufgrund des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages zustehen.

B. Die zulässige Berufung der Klägerin erscheint nach vorläufiger Einschätzung der Sach- und Rechtslage unbegründet; im Ergebnis zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat.

1. Ein solcher Anspruch ergibt sich zum einen nicht aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 Satz 1, 249 Abs. 1, 398 BGB; denn die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes durch die Klägerin erfolgte nicht bedingt durch einen Verzug der Beklagten. Ein solcher konnte frühestens mit dem Ablauf der in dem eigenen Schreiben der Klägerin vom 10.04.2017 zum 28.04.2017 gesetzten Frist, d. h. ab dem 29.04.2017 eintreten. Unstreitig hatte die Klägerin ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vor dem Hintergrund der betreffenden Vollmachterteilung von diesem Datum allerdings bereits zuvor am 14.03.2017 beauftragt; ebenso unbestritten mag diese Beauftragung zunächst noch aufschiebend bedingt gewesen sein durch die Erteilung einer Deckungszusage seitens der Rechtsschutzversicherung der Klägerin, wobei diese Bedingung (erst) "Ende April 2017" eingetreten ist. Unabhängig davon, ob dieser Vortrag der Klägerin überhaupt im Sinne der Legaldefinition des § 192, 3. Alt. BGB gemeint war, wonach unter "Ende des Monats" der letzte Tag des Monats verstanden wird, und damit zumindest der Bedingungseintritt nach demjenigen eines Verzuges der Beklagten erfolgt wäre, kann jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass aufgrund der bedingten Mandatierung bereits zuvor jedenfalls ein Anwartschaftsrecht entstanden war; der Bedingungseintritt wirkt im Umkehrschluss aus § 159 BGB grundsätzlich nicht zurück, das bedingte Rechtsgeschäfts ist aber schon vollendet und dem unter der noch nicht eingetretenen Bedingung Berechtigten kann die bedingte Rechtsposition durch den anderen Teil nicht mehr einseitig entzogen werden (vgl. Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger-Armgardt, jurisPK BGB, 8. Aufl., 2017, § 158 Rn. 45 und 56 m. w. N.). Erstarkte diese Anwartschaft dann (spätestens) mit dem Bedingungseintritt und ohne weiteres Zutun der Klägerin zum Vollrecht, ist nicht zu verkennen, dass sie zumindest die Grundlage hierfür noch vor der von ihr selbst erklärten Vertragslösung und einem eingetretenen Verzug der Beklagten geschaffen hatte. War dies nach dem zuvor Gesagten in einer Weise geschehen, dass sie den Anfall damit verbundener Aufwendungen nicht mehr verhindern konnte, ergibt sich im Ergebnis kein Unterschied zu einer von vornherein unbedingten Beauftragung vor Verzugseintritt. Insbesondere konnte die Klägerin zudem auch in keiner Weise beeinflussen, ob die Erteilung der Deckungszusage als zukünftiges ungewisses Ereignis vor oder nach dem Eintritt eines Verzuges der Beklagten erfolgen würde; es erschiene nach der Abgrenzung der betreffenden Sphären der Parteien unbillig, dieses Risiko über eine Ersatzpflicht für angefallene Rechtsanwaltsgebühren nun der Beklagten aufzuerlegen.

2. Ebenso scheidet ein alternativer Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 398 BGB aus. Indem die Beklagte die Klägerin nur unzureichend über ihr Widerspruchsrecht belehrte, verletzte sie zwar eine vorvertragliche Aufklärungspflicht im Sinne dieser Vorschriften, wobei das Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vermuten ist. Jedoch ist nicht ersichtlich, dass diese Pflichtverletzung für die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten kausal geworden wäre. Dies setzte voraus, dass die Klägerin bei hypothetischem Ausbleiben der Pflichtverletzung dem Versicherungsvertrag schon damals und zwar ohne anwaltliche Hilfe fristgerecht widersprochen und sie deshalb Jahre später keine Veranlassung mehr gehabt hätte, einen Rechtsanwalt zu betrauen, um die Möglichkeiten zu prüfen, vom Vertrag loszukommen. Für einen solchen hypothetischen Kausalverlauf, den die Klägerin nachzuweisen hätte, fehlen jedoch hinreichende Anhaltspunkte. Auf die so genannte Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens kann die Klägerin sich nicht stützen. Denn diese Vermutung setzt voraus, dass es bei korrekter Belehrung über das Widerspruchsrecht damals nur eine bestimmte Möglichkeit der Reaktion gegeben hätte. Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, da nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin sich innerhalb der regulären Widerspruchsfrist gegen den Versicherungsvertrag entschieden und deshalb fristgerecht widersprochen hätte (vgl. OLG München, Urteil vom 12.11.2015, Az.: 14 U 103/13, - zitiert nach juris -, Rn. 27 m. w. N.).

3. Mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten entfallen auch Ansprüche der Klägerin bezüglich der insoweit begehrten Zinsen, weil letztere von dem Bestehen ersterer Ersatzforderung abhängig sind.

C. Der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers.

1. Im Hinblick auf die Berufung der Beklagten ergibt sich danach ein Streitwert in Höhe von 19.636,89 €.

a. Maßgeblich ist zunächst gemäß §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO der Hauptforderungsbetrag des bezifferten Zahlungsantrages zu 1), bezüglich dessen die Beklagte mit ihrem Rechtsmittel die (weitergehende) Abweisung begeht, in Höhe von 19.566,89 €.

b. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann im Weiteren der Hauptforderungsbetrag des bezifferten Zahlungsantrages zu 2) in Höhe von 5.186,92 € für die Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt werden; denn er betrifft Nutzungen, welche die Beklagte aus Teilen des mit dem Klageantrag zu 1) zurückverlangten Betrages gezogen haben soll, und damit eine nach § 43 Abs. 1, 2. Alt. GKG streitwertneutrale Nebenforderung. Das Gebot einer praktischen, einfachen und klaren Wertermittlung kann für ein davon abweichendes Ergebnis nicht herangezogen werden.

aa. Es wird insofern lediglich im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO angeführt, weil von der Wertfestsetzung die sachliche Zuständigkeit der Gerichte und die Zulässigkeit von Rechtsmitteln abhänge; der beabsichtigte Zweck einer Vereinfachung der Berechnung werde verfehlt, wenn es in Fällen der vorliegenden Art für die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwertes oder der Beschwer darauf ankomme, ob und in welchem Umfang der eingeklagte Nutzungsherausgabeanspruch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem weiter geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Versicherungsbeiträge stehe, von diesem also sachlich rechtlich abhänge (vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.2018, Az.: IV ZB 10/18, - zitiert nach juris -, Rn. 8 ff. m. w. N.).

bb. Für eine Übertragung dieser Überlegungen auf den Anwendungsbereich des § 43 GKG besteht keine Notwendigkeit. Denn während § 4 ZPO im Lichte des Verfahrensgrundrechts auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip zu sehen ist und nach Maßgabe dieses Rechts nicht zu einer unzumutbaren und damit grundrechtswidrigen Einschränkung des Zugangs zu den Gerichten führen darf, besteht bei der Berechnung des Gebührenstreitwerts ein solches Spannungsverhältnis nicht. Ebenso wenig widerspricht eine differenzierte Auslegung von § 4 ZPO einerseits und § 43 Abs. 1 GKG anderseits der Gesetzessystematik; folgt nämlich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, dass die Bestimmungen für die Gerichtskosten den §§ 3 ff. ZPO vorgehen, muss eine wegen verfassungskonformer Auslegung von § 4 ZPO erlaubte eingeschränkte Anwendbarkeit dieser Norm für § 43 Abs. 1 GKG nicht notwendigerweise ebenfalls gelten. Im Falle einer Übertragung des unter lit. aa) Gesagten auf sämtliche Nebenforderungen verlöre § 43 Abs. 1 GKG zudem vollständig seinen Regelungsgehalt; jedenfalls Fälle wie der vorliegende, in denen die Hauptforderung in ihrem ursprünglichen Umfang uneingeschränkt geltend gemacht wird, können davon von vornherein nicht betroffen sein. Die Übertragung eines Alles-oder-Nichts-Prinzips auf die Berechnung des Gebührenstreitwerts führte bei der Berücksichtigung von Nebenforderungen im Übrigen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Denn wenn bei der Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages die Hauptforderung auch nur in einem ganz geringen Umfang - und sei es auch nur im Umfang von 1,00 € - erloschen und dadurch ein ganz geringfügiger Teil der Nutzungen zur Hauptforderung erstarkt wäre, müssten gleichwohl auch alle weitergehenden Nutzungen in voller Höhe bei der Berechnung des Gebührenstreitwerts Berücksichtigung finden; hätte der Versicherer demgegenüber die Forderung auch nicht teilweise befriedigt, fänden die Nutzungen insgesamt keine Berücksichtigung (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2019, Az.: 8 U 275/18, Rn. 61 ff.; a. A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.02.2019, Az.: 12 W 1/19, Rn. 7 ff., jeweils zitiert nach juris, mit dem Argument, dass bei BGH, a. a. O., nicht nur Ausführungen zum Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert erfolgt seien, sondern zugleich eine Festsetzung des Gebührenstreitwertes in identischer Höhe stattgefunden habe, damit allerdings unter Außerachtlassung des Umstandes, dass in dem letztgenannten Fall der Rückkaufspreis bereits an den Versicherungsnehmer erstattet worden war).

c. Ebenso ist der (negative) Feststellungsantrag zu 4) sodann zwar wiederum bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen; anders als nach der Auffassung des Landgerichts ist insofern jedoch lediglich ein Streitwertanteil in Höhe von 70,00 € anzusetzen.

aa. Im Ansatz noch zutreffend kann gemäß §§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 und 9 ZPO auf den Betrag derjenigen Ansprüche abgestellt werden, welchen sich die Klägerin bei einem Fortbestand des Vertrages über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren seitens der Beklagten ausgesetzt sähe; auch ist bei der negativen (leugnenden) Feststellungsklage wegen der vernichtenden Wirkung des obsiegenden Urteils der Streitwert so hoch zu bewerten wie der Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt, also ohne Feststellungsabschlag (vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2015, Az.: IX ZR 257/14, - zitiert nach juris -, Rn. 3 m. w. N.).

bb. Es kann nach diesen Vorgaben aber nicht auf die zu Beginn der Laufzeit des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages zwischen den Parteien vereinbarten Prämien in Höhe von monatlich 150,00 € abgestellt werden; denn die Rentenversicherung war unstreitig schon vor der Klageeinreichung beitragsfrei gestellt. Fielen damit nur noch die jährlichen Verwaltungskosten in Höhe von 20,00 € an, ergibt sich der eingangs genannte Streitwertanteil in Höhe von (20,00 € x 3,5 Jahre =) 70,00 €.

d. Gemäß § 39 Abs. 1 GKG sind die Streitwerte für die Anträge zu 1) und 4) zusammenzurechnen, sodass sich mit (19.566,89 € + 70,00 € =) 19.636,89 € der eingangs unter Ziffer 1) genannte Streitwert ergibt.

e. Anzumerken bleibt, dass eine Entscheidung über die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem Betrag der negativen Fondsentwicklung sowie den Beträgen für die einmalige Policengebühr, die laufenden und jährlichen Verwaltungskosten, die Risikokosten und diejenigen für die Vertragsanapassungen nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes gemäß § 45 Abs. 3 GKG führt.

aa. Wie auch sonst kommt eine Streitwerterhöhung durch die Hilfsaufrechnung nur dann in Betracht, wenn die Forderung, mit der hilfsweise aufgerechnet wird, eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat. Daran fehlt es, wenn das Nichtbestehen (oder die Abweisung) der Hauptforderung zur Folge hat, dass die Gegenforderung nicht entstanden wäre; in diesem Falle mangelt es nämlich an einer Werthäufung, die ansonsten eintritt, wenn ein Anspruch hilfsweise zur Aufrechnung gestellt wird, dessen Entstehung mit der Klageforderung nicht im Zusammenhang steht und der zur Abwehr der Klage „geopfert“ wird (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 18.07.2018, Az.: 11 W 1094/18, - zitiert nach juris -, Rn. 8 ff. m. w. N.).

bb. Hier kämen die mit der Aufrechnung von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche von vornherein nur dann zum Tragen, wenn die (anderen) Einwendungen gegen die Entstehung der Hauptforderung nicht durchgriffen und der Versicherungsvertrag überhaupt rückabzuwickeln wäre.

2. Ein Streitwert für die Berufung der Klägerin ergibt sich nicht. Zwar gilt nach § 45 Abs. 2 GKG für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG entsprechend, sodass grundsätzlich eine Zusammenrechnung zu erfolgen hat. Bezieht sich allerdings - wie hier - ein Rechtsmittel auf den Hauptanspruch und das gegnerische auf die Nebenforderung, ist § 43 Abs. 1 GKG zu beachten und nicht zu addieren (vgl. Binz/Dörndorfer/Zimmermann-Dörndorfer, GKG, FamGKG und JVEG, 4. Aufl., 2019, § 45 GKG Rn. 21).

3. Ausgehend von den Ausführungen zuvor unter Ziffer 1) und 2) fällt der Streitwert des Berufungsverfahrens mit 19.636,89 € in die Gebührenstufe von bis zu 22.000,00 €.

4. Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens wäre gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen entsprechend abzuändern.