Saarländisches OLG, Urteil vom 09.05.2018 - 5 U 48/17
Fundstelle
openJur 2021, 8120
  • Rkr:

Zur Auslegung eines im Rechtsstreit über Schadensersatzansprüche wegen anwaltlicher Pflichtverletzung abgeschlossenen Vergleichs, durch den "sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Mandat (...) in abschließender Weise erledigt sind".

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 10.8.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken - Az. 9 U 137/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Dieses Urteil sowie das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.428,50 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von den beklagten Rechtsanwälten Schadensersatz. Er wirft ihnen vor, bei seiner Vertretung in dem vor dem Landgericht Saarbrücken geführten Rechtsstreit 9 O 188/12 - eine Anwaltshaftungsklage gegen den Rechtsanwalt F. - Fehler gemacht zu haben, derentwegen er den Prozess zu Unrecht verloren habe.

Der damals wie auch im hiesigen Rechtsstreit geltend gemachte Betrag von 20.964,50 € entspricht den für die Jahre 1999-2004 aufgelaufenen Prämienforderungen aus zwei Kapitallebensversicherungsverträgen mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der Versicherer, die ... pp. Lebensversicherung AG, hatte die Summe von der im Jahr 2004 fälligen Lebensversicherungsleistung abgezogen.

Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherungsverträge in ihrer ursprünglichen Form stammten aus dem Jahr 1976 und sahen als Versicherungsleistung lediglich die Prämienfreistellung für die Hauptverträge vor. Im Jahr 1979 wurden Nachträge vereinbart. Sie erweiterten die Versicherungsleistungen um Rentenansprüche, enthielten aber zugleich erstmals einen Risikoausschluss für bestimmte Vorerkrankungen (Anlage K 11, Anlagenband zu 9 O 174/10; Bl. 31 d.A.).

Der ursprüngliche Anlass für den hiesigen, in verschiedene Ketten von Anwaltsregressprozessen einzuordnenden Rechtsstreit ist ein vor dem Landgericht Stuttgart geführter Versicherungsprozess. Dem Kläger waren ab dem Jahr 1985 Versicherungsleistungen wegen Berufsunfähigkeit gewährt worden. Infolge eines Nachprüfungsverfahrens stellte die ... pp. Lebensversicherung AG Ende Februar 1998 die Zahlungen ein. Im Juni 1998 klagte der Kläger vor dem Landgericht Stuttgart auf Rentenzahlung und Beitragsfreistellung (Ablichtung der Klageschrift im Beiordner zum Verfahren 9 O 174/10). In der Klageschrift war neben Zahlungsanträgen der Antrag angekündigt, es möge festgestellt werden, dass seit Juli 1990 keine Versicherungsprämien zu leisten seien. Nach verschiedenen Antragsänderungen stellte der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte des Klägers in den Verhandlungsterminen am 10.12.2002 und am 19.2.2003 nur einen Zahlungsantrag. Eine (förmliche) Rücknahme des Feststellungsantrags war nicht erfolgt. Das Landgericht Stuttgart wies die Klage ab (Bl. 265 d.A.). Im Tatbestand des Urteils wurde vor der Wiedergabe der zuletzt gestellten Anträge der Feststellungsantrag zwar erwähnt, ansonsten aber nicht dargelegt, was mit diesem prozessual geschehen sei. Die Entscheidungsgründe wurden mit dem Satz eingeleitet, die Klage sei, "auch soweit Feststellung begehrt wurde", zulässig, aber nicht begründet. Dem Kläger stehe spätestens seit Juli 1997 "weder ein Anspruch auf Auszahlung der Berufsunfähigkeitsrente noch auf Freistellung von der Prämienzahlung zu". Im Berufungsverfahren wurde der Kläger von Rechtsanwalt ... pp. vertreten, der nur die Zahlungsanträge, nicht aber das Feststellungsbegehren weiter verfolgte. Das OLG Stuttgart wies die Berufung zurück, der Bundesgerichtshof die Nichtzulassungsbeschwerde (Anlagen K 30, 31, Anlagenband zu 9 O 174/10).

Ab dem 1.12.1999 waren keine Prämien mehr eingezogen worden. Die ... pp. Lebensversicherung AG rechnete bei Ablauf der Lebensversicherungsverträge am 30.5.2004 offenstehende Prämienforderungen auf und kürzte den Auszahlungsbetrag um 20.984,50 € (Abrechnung vom 21.4.2004, Bl. 23 d.A).

Der Kläger war der Ansicht, die Kürzung sei vertragswidrig gewesen. Rechtsanwalt H. hielt er vor, er habe das Verlieren des Versicherungsprozesses zu verantworten. Er wandte er sich an Rechtsanwalt F., wobei streitig ist, ob er ihn jeweils gesondert zur Überprüfung von Regressansprüchen gegen Rechtsanwalt H. einerseits und zur Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs von 20.984,50 € gegenüber dem Versicherer andererseits beauftragte. Jedenfalls äußerte sich Rechtsanwalt F. gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 31.10.2007 (Betreff "66-06-01 S. gegen RA H. und ... pp.", Anlage K3, Anlagenband Beiakte 9 O 174/10) und teilte mit, die Geltendmachung von Ansprüchen sei gegen keinen der beiden Anspruchsgegner Erfolg versprechend.

Im September 2010 erhob der Kläger vor dem Landgericht Saarbrücken gegen Rechtsanwalt F. eine erste Schadensersatzklage (Beiakte 9 O 174/10). In die Klageforderung von 181.595,60 € war auch eine Schadensposition von 20.985,50 € wegen der geminderten Ablaufleistung eingerechnet (Seite 31 der Klageschrift vom 1.9.2010, Beiakte 9 O 174/10). Der Kläger warf Rechtsanwalt F. vor, entgegen dessen Rechtsansicht hätten Regressansprüche gegen den Rechtsanwalt H. erfolgreich geltend gemacht werden können, so dass Letzterer ihm "die vereinbarten Leistungen bis zum Ablauf der Versicherung bei der ... pp., bestehend aus Rentenzahlung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sowie Beitragsbefreiung in der Hauptversicherung hätte ersetzen müssen" (Seite 21 der Klageschrift, Beiakte 9 U 174/10).

Der Kläger wurde im Verfahren 9 O 174/10 durch den - im Parallelverfahren 9 O 246/16 ebenfalls in Anspruch genommenen - Rechtsanwalt F. vertreten, der der Kanzlei der Rechtsanwälte ... pp. (den Prozessbevollmächtigten der Beklagten im hiesigen Rechtsstreit) angehört. Prozessbevollmächtigte des beklagten Rechtsanwalts F. waren die Rechtsanwälte ... pp. Der die Sache damals bearbeitende Rechtsanwalt B. wurde später Partner der Kanzlei ...pp. und vertritt im hiesigen Prozess die Beklagten. Der Prozess endete mit folgendem, vom Landgericht am 23.5.2011 festgestellten Prozessvergleich (Bl. 110 der Beiakte 9 O 174/10):

"1. Der Beklagte zahlt an den Kläger zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwälte ... pp. und Partner, einen einmaligen Entschädigungsbetrag in Höhe von 130.000 €.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Abschluss dieses Vergleichs und seiner Erfüllung sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Mandat, Überprüfung von Regressansprüchen des Klägers gegenüber Herrn Rechtsanwalt ...pp., in abschließender Weise erledigt sind."

Unstreitig gab es zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt F. eine Reihe weiterer Mandatsbeziehungen, die mit dem hier relevanten Versicherungskomplex nicht zu tun hatten.

Ein Jahr nach dem Ende des Prozesses 9 O 174/10 verklagte der Kläger den Rechtsanwalt F. erneut auf Schadensersatz (9 O 188/12). Dieses Mal beschränkte er sich auf die Schadensposition der um 20.984,50 € geminderten Ablaufleistung. Mit der Prozessführung beauftragte er die die Beklagten des hiesigen Rechtsstreits. Das Landgericht Saarbrücken wies die Schadensersatzklage mit Urteil vom 18.2.2013 ab (Bl. 38 d.A.). Der Kläger habe durch die Kürzung des Auszahlungsbetrags um 20.984,50 €, die er aufgrund der Hinweise des Rechtsanwalts F. nicht mehr weiterverfolgt habe, keinen Vermögensschaden erlitten. Mit der rechtskräftigen Abweisung der Klage auf Versicherungsleistungen sei die Beitragsfreistellung ab dem 1.12.1999 nämlich ohnehin entfallen gewesen.

Der Kläger hat den Beklagten unzureichenden Sachvortrag vorgeworfen. Hätten sie zu den Hintergründen der - nach seiner Ansicht geschuldeten - Versicherungsleistung der Beitragsbefreiung richtig vorgetragen, so hätte das Landgericht, wie er meint, festgestellt, dass Rechtsanwalt F. begründete Zahlungsansprüche gegen Rechtsanwalt H. pflichtwidrig habe verjähren lassen.

Der Kläger hat von den Beklagten die Erstattung der ihm entgangenen Summe in Höhe von 20.984,50 € sowie der im damaligen Rechtsstreit entstandenen Kosten von insgesamt 4.444 € verlangt.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Nach ihrer Ansicht erledigte der im Verfahren 9 O 174/10 mit Rechtsanwalt F. geschlossene Vergleich abschließend auch die auf Ausgleich des Prämieneinbehalts gerichteten Schadensersatzansprüche. Die Beklagten haben - unwidersprochen - darauf hingewiesen, dass der Vergleichsbetrag von 130.000 € eine Quote von 50 zu 50 zu Grunde gelegt und auch die streitigen 20.984,50 € eingeschlossen habe. Abgesehen davon haben sie das Urteil des Landgerichts im Verfahren 9 O 188/10 in Begründung und Ergebnis für richtig gehalten und bestritten, dass mit ergänzendem Vortrag eine dem Kläger günstige Entscheidung zu erreichen gewesen wäre. Zu den Argumenten im Einzelnen wird auf die Klageerwiderung Bezug genommen.

Der Kläger hat berufsrechtliche Bedenken gegen das Auftreten der Rechtsanwälte ...pp. - seiner vormaligen Prozessbevollmächtigten im Verfahren 9 O 174/10 - erhoben, die Wirksamkeit ihrer Prozesshandlungen in Zweifel gezogen und gerügt, die Beklagten führten mit dem Einwand der vergleichsweisen Anspruchsabgeltung Umstände in den Prozess ein, von denen ihre Rechtsanwälte aus der früheren Mandatsbeziehung zu ihm wüssten. Er hat gemeint, der Vergleich habe die im Verfahren 9 O 188/12 geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht betroffen. Gegenstand des Verfahrens 9 O 174/10 sei der Vorwurf einer unzureichenden Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen den Rechtsanwalt H. gewesen, Gegenstand des Folgeprozesses hingegen die davon zu trennende fehlerhafte Beratung im Zusammenhang mit den Prämienforderungen des Versicherers.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Akten der Vorprozesse 9 O 174/10 und 9 O 188/12 beigezogen und die Klage mit am 10.8.2017 verkündeten Urteil abgewiesen. Einen Verstoß der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen berufsrechtliche Pflichten hat es nicht angenommen. In der Sache hat das Landgericht einen ersatzfähigen Schaden des Klägers verneint, da der Vergleich vom 23.5.2011 sämtliche Regressansprüche gegen Rechtsanwalt F. abschließend erledigt habe.

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

Er hält die Auslegung des Vergleichs durch das Landgericht für falsch. Ausgehend von der Erwähnung des "streitgegenständlichen Mandat[s], Überprüfung von Regressansprüchen des Klägers gegenüber Herrn Rechtsanwalt H.", hebt er hervor, es habe zwei nacheinander eingeleitete Mandatsverhältnisse gegeben. Mit dem Vergleich habe man ausschließlich die Ansprüche aus dem Mandat zum Anwaltsregress H. regeln wollen, was sich insbesondere auch daran zeige, dass Rechtsanwalt F. den Vergleich im nachfolgenden Schadensersatzprozess 9 O 188/12 nicht zur Sprache gebracht habe.

Der Kläger meint, der Beklagte müsse ihm auch die ihm im Verfahren 9 O 188/12 auferlegten Kosten erstatten. Primär begründet er das damit, dass er bei ordnungsgemäßer Mandatsführung den Rechtsstreit gewonnen hätte. Hilfsweise trägt er vor, die Beklagten hätten ihn, wäre der Anspruch durch den Vergleich tatsächlich erloschen gewesen, jedenfalls über das Problem informieren müssen, damit er eine eigenständige Entscheidung hätte treffen können.

Im Übrigen bleibt der Kläger bei seiner Einschätzung, die Prozessbevollmächtigten der Beklagten dürften im vorliegenden Rechtsstreit wegen § 43a BRAO und § 3 BORA nicht tätig werden. Das dürfe nicht folgenlos bleiben, sondern führe zum Wegfall der Prozessvollmacht und der Unverwertbarkeit des Beklagtenvorbringens zum Prozessvergleich.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 10.8.2017, Az.: 9 O 137/16, aufzuheben,

2. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 20.964,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2004 zu zahlen,

3. die Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.444 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2013 zu zahlen,

4. die Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 896,12 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.8.2016 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie sind der Ansicht, schon mit Blick auf die rechtskräftige Klageabweisung im Versicherungsprozess stehe rechtskräftig fest, dass Rechtsanwalt F. eine Rückzahlung der einbehaltenen Prämien nicht hätte erreichen können, so dass dem Kläger kein Schaden entstanden sei (Bl. 259 f. d.A.).

Unabhängig davon teilen die Beklagten die Auffassung des Landgerichts, wonach der Vergleich auch den Aspekt des Prämienschadens erfasst habe (Bl. 260 f. d.A.).

Die geltend gemachten Verfahrenskosten des Verfahrens 9 O 188/12 halten sie für nicht erstattungsfähig. Dass der Kläger - was er selbst nicht einmal behaupte - von der Erhebung der Klage durch einen anderslautenden Rat abgesehen hätte, stellen die Beklagten in Abrede. Sie meinen, mit dem auch im hiesigen Prozess zu Tage getretenen Beharren auf seinem Rechtsstandpunkt über beide Instanzen belege er das Gegenteil (Bl. 263 d.A.).

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 24.4.2017 (Bl. 164 d.A.), vom 26.6.2017 (Bl. 176 d.A.) und des Senats vom 25.4.2018 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 10.8.2017, außerdem auf die beigezogenen Akten der vor dem Landgericht Saarbrücken geführten Prozesse 9 O 174/10, dort insbesondere auf die Klageschrift vom 1.9.2010 und den Beschluss zur Feststellung des Vergleichs vom 23.5.2011 (Bl. 109 der Beiakte 9 O 174/10), und 9 O 188/12. Ihr Inhalt ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.

II.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1.

Das Landgericht hat auf der Grundlage der vollständig und zutreffend festgestellten Tatsachen die richtigen rechtlichen Schlüsse gezogen (§§ 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).

a.

Was die vom Kläger in Zweifel gezogene berufsrechtliche Zulässigkeit des Auftretens der Rechtsanwälte ...pp. und Partner für die Beklagten anbelangt, hat das Landgericht ausgeführt, der Vorwurf eines Verstoßes gegen berufsrechtliche Pflichten sei zum einen unberechtigt, zum anderen für die Frage der Wirksamkeit ihrer Prozesshandlungen ohnehin belanglos (S. 13/14 des Urteils, Bl. 208/209 d.A.). Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Selbst wenn ein Rechtsanwalt entgegen § 43a Abs. 4 BRAO, §§ 2, 3 BORA tätig wird - was das Landgericht für den Streitfall mit guten Gründen verneint -, berührt dies die Wirksamkeit seiner Rechtshandlungen im Prozess nicht (siehe nur BGH, Urt. v. 14.5.2009 - IX ZR 60/08 - VersR 2010, 670 m.w.N.; OLG Hamburg, VersR 2017, 546).

b.

Das Landgericht hat dem Kläger den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch auf Zahlung von 25.408,50 € mit der Begründung abgesprochen, der Prozessverlust im Verfahren 9 O 188/12 sei jedenfalls nicht auf - unterstellte - Pflichtverletzungen der Beklagten zurückzuführen. Die Regressforderung, mit deren Geltendmachung der Kläger die Beklagten beauftragt hatte, habe nämlich schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr bestanden. Sie sei mit Blick auf den im Verfahren 9 O 174/10 abgeschlossenen Prozessvergleich und die Zahlung des vereinbarten Abgeltungsbetrags erloschen gewesen.

Das ist richtig.

In dem Prozessvergleich hatten der Kläger und Rechtsanwalt F. vereinbart, mit der Zahlung eines einmaligen Entschädigungsbetrags in Höhe von 130.000 € seien "sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Mandat, Überprüfung von Regressansprüchen des Klägers gegenüber Herrn Rechtsanwalt H." erledigt. Die Parteien haben sich damit verbindlich darauf geeinigt, ihren Streit und die Unsicherheit darüber, inwieweit der Kläger durch ein pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts F. bei der Mandatsausführung geschädigt worden ist, als beendet zu betrachten. Diese Einigung hindert den Kläger daran, die als erledigt bezeichneten Ansprüche weiter zu verfolgen (vgl. Marburger in: Staudinger, BGB, 2015, § 779 Rdn. 37). Welche Ansprüche mit der ausgehandelten Vergleichssumme abgegolten sein sollten, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Interpretation des Landgerichts geht dahin, dass auch etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers im Hinblick auf Versäumnisse des Rechtsanwalts F. bei der Prüfung und Geltendmachung der einbehaltenen Prämiensumme gegenüber dem Versicherer erfasst sein sollten. Diese Ansprüche seien im versicherungsrechtlichen Ursprungsprozess anhängig gemacht worden, dort aufgrund eines Fehlers des zweitinstanzlich tätigen Rechtsanwalts H. nicht mehr weiter verfolgt und vom Berufungsgericht daher nicht ausgeurteilt worden. Folgerichtig habe das Rechtsanwalt F. erteilte Mandat sich auch hierauf erstreckt und die erste Schadensersatzklage auch diesen Punkt betroffen. Mit dem Vergleich seien sämtliche Ansprüche des Klägers wegen Anwaltshaftung aus dem versicherungsrechtlichen Komplex erledigt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass das Vorgehen gegen Rechtsanwalt H. einerseits und das Vorgehen gegen den Versicherer andererseits zwei voneinander trennbare Angelegenheiten betroffen hätte (Seite 16 f. des Urteils, Bl. 211 f. d.A.).

Der Senat sieht das genauso.

(1)

Es spricht bereits Manches dafür, dass es sich beim Anspruch gegen Rechtsanwalt F. auf Erstattung von 20.964,50 € unter dem Gesichtspunkt eines fehlerhaften Rechtsrats zum Anwaltsregress H. (Verfahren 9 O 174/10) und dem auf dasselbe Interesse bezogenen Anspruch wegen einer anwaltlichen Fehleinschätzung der Zahlungspflicht des Versicherers um ein und dieselbe Forderung handelt. Dann wäre fraglich ist, ob eine auf einen der beiden Aspekte beschränkte Abgeltung rechtlich überhaupt in Betracht kommt (zum ähnlichen Problem der Abtretbarkeit von Forderungen in den Fällen der Anspruchs[grundlagen]konkurrenz - BGH, Urt. v. 9.12.1998 - XII ZR 170/96 - BGHZ 140, 175; Roth/Kieninger in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 398 Rdn. 87 f.; siehe auch - Reichweite der Rechtskraft einer Entscheidung über einen Schadensersatzanspruch wegen eines von mehreren, denselben Schaden verursachenden Beratungsfehlern - BGH, Urt. v. 22.10.2013 - XI ZR 42/12 - BGHZ 198, 294).

(2)

Die Frage muss nicht entschieden werden, weil der Vergleich selbst dann, wenn sie zu bejahen wäre, eine umfassende Abgeltung zur Folge gehabt hätte.

(a)

Schon die Grundannahme des Klägers, wonach der Wortlaut des Vergleichs ("streitgegenständliches Mandat") den im Folgeprozess eingeklagten Schadensersatzanspruch deshalb nicht erfasse, weil es zwei gesonderte Prüfaufträge an Rechtsanwalt F. gegeben habe - einerseits zum Anwaltsregress H., andererseits zum Fortbestehen des versicherungsvertraglichen Anspruchs -, überzeugt nicht.

Zur Ermittlung des objektiven Sinngehalts des von den Parteien verwendeten Mandatsbegriffs können die Grundsätze zur Bestimmung der "Angelegenheit" im Sinne des § 15 RVG herangezogen werden. Danach gilt: Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielsetzung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit gesprochen werden kann. Das setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hatte. Von einem einheitlichen Rahmen kann vielmehr auch dann gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Die Angelegenheit ist vom Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sie sich bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen, sofern diese bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (BGH, Urt. v. 8.5.2014 - IX ZR 219/13 - NJW 2014, 2126; Senat, Urt. v. 29.1.2014 - 5 U 37/13 - VersR 2014, 1320; OLG Köln, VersR 2017, 287). Auch bei der Inanspruchnahme mehrerer Anspruchsgegner kann eine Angelegenheit vorliegen (OLG Köln, Beschl. v. 2.1.2012 - 17 W 212/11 - juris).

Die Beauftragung des Rechtsanwalts F. mit der Prüfung und ggf. Verfolgung sekundärer Regressansprüche gegen Rechtsanwalt H., dessen Fehler - womöglich - die Minderung der ausgezahlte Versicherungssumme um 20.964,50 € verursacht hatte, einerseits und gegen die denselben Betrag ursprünglich und primär schuldende ... pp. Lebensversicherung AG andererseits können sowohl inhaltlich als auch nach ihrer Zielsetzung in einen einheitlichen Rahmen eingeordnet werden.

(b)

Das Wortlautargument ist aber ohnehin nicht ausschlaggebend.

Bei der Ermittlung des Sinngehalts von Willenserklärungen ist der gewählte Wortlaut nur ein erster Anhalt, keineswegs aber die Grenze der Vertragsauslegung. Vielmehr kommt es gemäß den §§ 133, 157 BGB - auch beim Prozessvergleich (OLG Düsseldorf, BauR 2017, 1570) - darauf an, wie ein objektiver Dritter die Erklärungen bei vernünftiger Beurteilung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte hätte verstehen können und müssen. Zu berücksichtigen sind der mit der Absprache verfolgte Zweck, die Interessenlage und das Gesamtverhalten der Parteien, ihre rechtlichen Beziehungen zueinander und zu Dritten sowie sämtliche Nebenumstände einschließlich der Vorgeschichte (vgl. Wendtland in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, Ed. 44, 2017, § 133 Rdn. 27, § 157 Rdn. 8, 14 f.; BGH, Urt. v. 27.1.2010 - VIII ZR 58/09 - BGHZ 184, 128; speziell zur Auslegung des [Abfindungs-]Vergleichs Marburger in: Staudinger, BGB, 2015, § 779 Rdn. 56, 58 f.).

Selbst wenn man die Aufträge des Klägers an Rechtsanwalt F., ihm die 20.964,50 € unmittelbar vom Versicherer oder aber im Wege des Regresses von Rechtsanwalt H. zu verschaffen, als getrennte Mandatsangelegenheiten ansehen wollte, würde ein objektiver Dritter bei Würdigung aller Umstände den Vergleich dahin auslegen, dass unter diese Schadensposition ein in beiderlei Hinsicht endgültiger Schlussstrich gezogen werden sollte.

(aa)

Die Vorgeschichte und der Hintergrund der rechtlichen Beziehungen des Klägers zu Rechtsanwalt F., zu seinem Versicherer und zu Rechtsanwalt H. sprechen für einen auf eine Gesamtabgeltung gerichteten Parteiwillen.

Der Kläger hatte Rechtsanwalt F. auch völlig unabhängig vom hiesigen versicherungs- und haftungsrechtlichen Gesamtkomplex häufiger - insoweit sicher nicht "streitgegenständliche" - Mandate erteilt. Dass die Ansprüche gegen die ... pp. Lebensversicherung einerseits und die gegen Rechtsanwalt Hermann als das erste Glied der davon in Gang gesetzten Regresskette als Einheit betrachtet wurden, zeigt sich schon an der zusammengefassten Behandlung im Schreiben vom 31.10.2007 (Anlage K3, Anlagenband zur Beiakte 9 O 174/10). Darin teilte der Rechtsanwalt mit, nach dem Ergebnis seiner Prüfung könne er dem Kläger in beiderlei Hinsicht keine Hoffnung machen.

Im daran anknüpfenden ersten Schadensersatzprozess 9 O 174/10 über rund 180.000 € warf der Kläger Rechtsanwalt F. dann - unter anderem - vor, er habe es fehlerhaft versäumt, eine Kompensation für den Verlust der vom Versicherer aufgerechneten 20.984,50 € im Wege einer Schadloshaltung bei Rechtsanwalt H. zu erreichen. In der damaligen Klageschrift vom 1.9.2010 ließ er vortragen (Bl. 111-145 d.A.), Rechtsanwalt H. habe es schuldhaft unterlassen, den übersehenen Feststellungsantrag in der Berufung nochmals aufzugreifen, wodurch ihm, dem Kläger, im Rahmen der Ablaufleistung ein Schaden von 20.984,50 € entstanden sei; entgegen dem von Rechtsanwalt F. erteilten Rat wäre eine Inanspruchnahme des Rechtsanwalts H. erfolgversprechend gewesen und hätte dazu geführt, dass dieser "die vereinbarten Leistungen" bei der ... Versicherung - unter anderem - in Form der "Beitragsbefreiung in der Hauptversicherung hätte ersetzen müssen".

Als jener Prozesses durch den Vergleich zur endgültigen Erledigung sämtlicher "wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Mandat" beendet wurde, gab es aus der maßgeblichen Sicht eines mit der Vorgeschichte und den rechtlichen Beziehungen der Beteiligten vertrauten objektiven Dritten keinerlei Anhaltspunkt für die Annahme, die Vergleichsparteien hätten dem Kläger vorbehalten wollen, innerhalb des Versicherungs- und Regresskomplexes nach irgendwelchen sonstigen, bis dato nicht thematisierten weiteren Anwaltsfehlern zu suchen, um auf deren Grundlage den in der Vergleichssumme unstreitig berücksichtigten Beitragsschaden erneut einklagen zu können.

(bb)

Nur diese Sichtweise führt auch zu einem den Grundsätzen von Treu und Glauben entsprechenden Interessenausgleich.

Rechtsanwalt F. sollte für den Kläger - aufgrund wie vieler Aufträge auch immer - prüfen, ob und auf welchem Wege er nach der rechtskräftigen Abweisung seiner Klage im Versicherungsprozess faktisch doch noch in den Genuss der gesamten, aus Renten und Beitragsbefreiung bestehenden Versicherungsleistungen kommen könnte. Der Kläger war der Ansicht, Rechtsanwalt F. hätte dieses Ziel wegen einer falschen Beurteilung der Rechtslage verfehlt. Rechtsanwalt F. vertrat demgegenüber den Standpunkt, der Kläger hätte Berufsunfähigkeitsleistungen einschließlich der Beitragsbefreiung in der Sache ohnehin nie beanspruchen können, weil keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit (mehr) vorgelegen habe (Klageerwiderung vom 11.11.2010, Bl. 47 ff. der Beiakte 9 O 174/10). Mit dem Vergleich und der Zahlung von 130.000 € kam er dem Kläger in erheblichem Umfang entgegen und offenbarte damit ein gewichtiges Interesse daran, vor einer neuerlichen Inanspruchnahme durch den Kläger wegen aller klagegegenständlichen Schadenspositionen sicher zu sein. Das war für den Kläger, der durch den Vergleich davon entbunden war, inzident sowohl die Voraussetzungen der Beitragsbefreiung als auch des - wirtschaftlich weit bedeutsameren - Rentenzahlungsanspruchs nachzuweisen, auch erkennbar. Unter welchem Aspekt sein Interesse daran, den die Beitragsbefreiung abbildenden Schadensersatz nochmals geltend machen zu dürfen, schutzwürdig sein sollte, sieht der Senat nicht (vgl. zum Vorrang derjenigen Auslegung, die dem schutzwürdigeren der widerstreitenden Interessen Geltung verschafft, Wendtland in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, Ed. 44, 2017, § 157 Rdn. 15; Busche in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 157 Rdn. 7).

(3)

Die Berufungseinwände sind nicht geeignet, den vorstehend dargelegten, mit der Auslegung des Landgerichts in Einklang stehenden Erwägungen die Grundlage zu entziehen.

(a)

Soweit die Argumentation des Klägers sich gegen die Feststellungen des Landgerichts zu der Frage richtet, ob Rechtsanwalt F. im Rahmen eines einheitlichen oder aber zweier Mandate tätig wurde, kann der Kläger damit die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht angreifen. Wie dargelegt, ist diese Frage nicht entscheidungserheblich, weil die Anknüpfung des Vergleichswortlauts an ein "Mandat, Überprüfung von Regressansprüchen des Klägers gegenüber Herrn Rechtsanwalt H." auch dann keine Auslegung im Sinne des Klägers rechtfertigt, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Versicherer gesondert beauftragt worden sein sollte.

Die vom Kläger angestellte "Kontrollüberlegung", wonach der Vergleich mit Rechtsanwalt F. für den Fall der Erteilung zweier Mandate an verschiedene Rechtsanwälte keinen Einfluss auf einen Regressprozess gegen den zweiten Rechtsanwalt gehabt hätte, geht fehl. Die Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung richtet sich nach dem Empfängerhorizont der daran beteiligten Parteien und steht hier in untrennbarem Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Kläger eben nur einen einzigen Rechtsanwalt beauftragt hatte und sich nur mit diesem über die Modalitäten der Abgeltung von ihm gegenüber erhobenen Schadensersatzansprüchen einigte.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann aus dem Umstand, dass Rechtsanwalt F. sich im Verfahren 9 O 188/12 nicht auf den Vergleich im Verfahren 9 O 174/10 berufen hatte, nicht geschlossen werden, dieser habe die Reichweite der Vereinbarung so verstanden, wie der Kläger sie nunmehr verstanden wissen will. Es ist nicht bekannt, welche Informationen Rechtsanwalt F. seinen damaligen Anwälten zur Verfügung stellte und aus welchem Grund diese die Rechtsverteidigung auf den Aspekt stützten und beschränkten, es hätten schon gar keine Ansprüche des Klägers gegen die ... pp. Lebensversicherung auf Auszahlung der einbehaltenen Beiträge bestanden. Jedenfalls sind die etwaigen Hintergründe jener Prozessstrategie nicht geeignet, der hier für richtig gehaltenen Auslegung des Vergleichs die Grundlage zu entziehen.

Am Ergebnis der Auslegung ändert auch der Hinweis des Klägers nichts, wonach das vom Landgericht befürwortete Verständnis mit einem Verzicht auf die "wechselseitigen" Honoraransprüche des Rechtsanwalts F. "aus dem anderen Verfahren" verbunden wäre. Sollten insoweit eigenständige Vergütungsansprüche entstanden und geltend gemacht worden sein, wäre das in der Tat eine Konsequenz der in den Vergleich aufgenommenen Abgeltungsklausel.

(b)

Der vom Kläger beantragten Vernehmung des Rechtsanwalts F. zu dessen Interpretation des Vergleichs bedurfte es nicht, weil es darauf nicht entscheidungserheblich ankommt.

Es kann als wahr unterstellt werden, dass das Prozessverhalten des Rechtsanwalts F. im zweiten Schadensersatzprozesses (9 O 188/12) darauf beruhte, dass er annahm, der Vergleich biete keine Grundlage für eine umfassende Abgeltungswirkung (so die Behauptung des Klägers, Seite 5 des Schriftsatzes vom 5.7.2017, Bl. 192 d.A.). Sollte Rechtsanwalt F. einer entsprechenden (Fehl-)Einschätzung unterlegen sein, würde das an der Richtigkeit des vom Landgericht und vom Senat vertretenen Auslegungsergebnisses nichts ändern. Denn für die Ermittlung des Sinngehalts empfangsbedürftiger Willenserklärungen nach den §§ 133, 157 BGB ist nicht die individuelle Interpretation der Vertragsbeteiligten maßgeblich, sondern, wie ausgeführt, die Sicht eines objektiven, die erkennbaren Umstände vernünftig würdigenden Dritten.

Eine Vernehmung des Rechtsanwalts F. ist auch unter dem vom Kläger im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 3.5.2018 angesprochenen Aspekt einer falsa demonstratio nicht geboten. Danach gilt: Steht ein bestimmter wirklicher Wille des Erklärenden zur Zeit des Zugangs seiner Erklärung fest und hat der Erklärungsempfänger ihn in diesem Sinne verstanden und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abgeschlossen, so ist erklärt, was gewollt ist, mag auch ein objektiver Dritter die Erklärung anders verstehen (Reichold in: jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 133 Rdn. 18). Schon der eigene Sachvortrag des Klägers genügt nicht, um die Voraussetzungen einer falsa demonstratio in diesem Sinne darzutun. Er selbst behauptet nicht, dass die Vergleichsparteien einen bestimmten Geschäftswillen in Bezug auf die Abgeltung des vorliegend in Streit stehenden Anspruchs gebildet, kommuniziert und der Einigung zugrunde gelegt und ihn dann lediglich unzureichend zum Ausdruck gebracht hätten. Vielmehr ist unstreitig, dass der Vergleich allein von den Rechtsanwälten F. und B. ausgehandelt wurde. Dass die Rechtsanwälte übereinstimmend die Sichtweise des Klägers zugrunde gelegt hätten, ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht behauptet bzw. unter Beweis gestellt. Auf ihr Wissen und Wollen käme es für die Beurteilung der Frage einer etwaigen falsa demonstratio aber an (Rechtsgedanke des § 166 BGB, vgl. Schubert in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2015, § 166 Rdn. 29).

c.

Zu Unrecht rügt der Kläger, das Landgericht hätte den im Verfahren 9 O 174/10 geschlossenen Prozessvergleich gar nicht als relevanten Prozessstoff berücksichtigen dürfen, weil die Rechtsanwälte ...pp. & Partner die entsprechenden Informationen unter Verstoß gegen ihre berufsrechtlichen (Verschwiegenheits-)Pflichten (§ 43a Abs. 4 BRAO, §§ 2, 3 BORA) in den Prozess eingeführt hätten.

(1)

Das Landgericht hat einen Verstoß gegen anwaltliches Berufsrecht mit überzeugender Argumentation verneint. Der Senat nimmt auf die hierauf bezogenen Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug. Ergänzend merkt er an, dass es den vom Kläger in der Berufungsbegründung statuierten Grundsatz, wonach seine (früheren) Prozessbevollmächtigten (des Verfahrens 9 O 174/10) dauerhaft daran gehindert seien, bei ihrer anwaltlichen Tätigkeit in anderen Rechtsstreitigkeiten "zu seinen Lasten Vortrag zu halten", nicht gibt.

(2)

Ungeachtet dessen bestünde das vom Kläger angenommene Verwertungsverbot auch dann nicht, wenn man unterstellen würde, die vormals für ihn tätige Anwaltskanzlei hätte berufsrechtlich für die Beklagten nicht auftreten und vortragen dürfen.

(a)

Der von den Beklagten zur Verteidigung gegen die Klage vorgetragene Vergleichsabschluss ist unstreitig und nicht beweisbedürftig. Ein Beweisverwertungsverbot steht daher nicht im Raum. Die Zivilprozessordnung bietet für sich genommen keine Grundlage dafür, in das Verfahren eingeführten und als unstreitig feststehenden Prozessstoff außer Acht zu lassen (Ahrens, Der Beweis im Zivilprozess, Kapitel 6, § 17, Rdn. 29; Prütting in: MünchKommZPO, 5.Aufl. 2016, § 284 Rdn. 62; siehe auch BGH, Beschl. v. 25.5.2011 - IV ZR 191/09 - VersR 2011, 1249).

(b)

Allerdings lässt die Rechtsprechung bisweilen gewisse Ausnahmen von diesem Grundsatz zu.

Eine verfassungskonforme Auslegung des Zivilprozessrechts kann es wegen der Verpflichtung der Gerichte zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung gebieten, Sachvortrag, der auf einer Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzenden Datenerhebung beruht, außer Acht zu lassen. Das kann etwa anzunehmen sein, wenn eine Partei Erkenntnisse in den Prozess einführt, die sie durch ein heimliches und rechtswidriges Ausspähen gewonnen hat (dazu BAG, NJW 2017, 3258). Eine dem vergleichbare Fallgestaltung steht hier nicht in Rede. Der Kläger hat einen Prozessvergleich geschlossen, der mit gerichtlichem Beschluss festgestellt, damit aktenkundig und für jede Person mit Akteneinsichtsrecht und für jedes die Akte beiziehende Gericht zugänglich wurde. Eine rechtswidrige Persönlichkeitsrechtsverletzung kann in ihrer prozessualen Verwertung nicht gesehen werden.

Dessen ungeachtet wäre es dem Kläger verwehrt, sich auf ein Sachvortragsverwertungsverbot zu berufen. Die Rechtsordnung lässt die Verfolgung rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen nicht ungehemmt zu. So ist eine Prozesspartei nach § 138 Abs. 1 ZPO verpflichtet, vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen. Darüber hinaus sind auch für das Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien eines Zivilgerichtsverfahrens die Grundsätze von Treu und Glauben bedeutsam (Schubert in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 242 Rdn. 109-112). Hierzu zählt das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung. Danach kann das Berufen auf eine rechtliche Position unbeachtlich sein, wenn das Ergebnis unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Beteiligten grob unbillig erschiene (Sutschet in: Bamberger/Roth, BGB, Ed. 45, 2017, § 242 Rdn. 80). Welche Anforderungen sich im Einzelfall ergeben, ist mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der jeweiligen Fallumstände zu entscheiden (BGH, Urt. v. 16.2.2005 - IV ZR 18/04 - VersR 2005, 629). Die hiesigen Beklagten haben ein berechtigtes Interesse daran, einen ihnen angelasteten, in Wahrheit aber nicht auf ihr Verhalten rückführbaren Schaden nicht kompensieren zu müssen. Umgekehrt ist nicht ersichtlich, wieso der Kläger in seinem Bestreben, vor dem Gericht und seinen Prozessgegnern verborgen zu halten, dass er sich in anderem Zusammenhang auf eine endgültige Abfindung des streitigen Schadenspostens eingelassen hatte, schutzwürdig sein sollte.

2.

Ohne Erfolg wendet der Kläger sich gegen die Abweisung des Klageantrags zu 2 (Berufungsantrag zu 3), mit dem er von den Beklagten die Erstattung der ihm im Schadensersatzprozess 9 O 188/12 auferlegten Kosten verlangt.

a.

Der im Verfahren 9 O 188/12 eingeklagte Anspruch bestand, wie oben dargelegt, schon zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht (mehr), so dass der Prozess nicht infolge etwaiger Anwaltsfehler verloren ging. Ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten ließe sich daher allenfalls mit dem Hilfsvorbringen des Klägers begründen, wonach die Aufklärung und Beratung über die Erfolgsaussicht der Klage unzureichend gewesen sei und er aus diesem Grund nicht eigenständig über die Einleitung eines Verfahrens habe entscheiden können.

b.

Selbst wenn man unterstellt, die Beklagten hätten die Erfolgsaussichten des Begehrens des Klägers nicht umfassend geprüft bzw. die Risiken falsch eingeschätzt oder dem Kläger unzureichend vermittelt und ihn dadurch an einer sachgerechten Entscheidung gehindert, hätten sie ihm die Prozesskosten nur dann zu erstatten, wenn diese Versäumnisse den Kostenschaden versursacht hätten.

Davon ist nicht auszugehen.

(1)

Die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen Anwaltspflichtverletzung und Schaden hängt davon ab, wie sich der Mandant verhalten hätte, wenn er richtig beraten worden wäre. Diese Frage gehört zur haftungsausfüllenden Kausalität, die der Mandant nach § 287 ZPO zu beweisen hat, wobei ihm nach anerkannter Rechtsprechung gewisse Beweiserleichterungen zugute kommen können (z.B. BGH, Urt. v. 16.7.2015 - IX ZR 197/14 - VersR 2016, 727: tatsächliche Vermutung, keine Beweislastumkehr). Sofern für den Mandanten bei pflichtgemäßer Beratung des Anwalts bei vernünftiger Betrachtungsweise aus damaliger Sicht nur eine Entscheidung nahe gelegen hätte, gilt der Anscheinsbeweis, dass er dem Hinweis des Anwalts gefolgt wäre. Wären bei sachgerechtem Handeln des Anwalts mehrere Handlungsalternativen in Betracht gekommen, hat der Mandant denjenigen Weg zu bezeichnen, für den er sich bei ordnungsgemäßer Belehrung konkret entschieden hätte. Lässt er ihn offen, ist die notwendige Schadenswahrscheinlichkeit nur gegeben, wenn diese sich für alle in Betracht kommenden Ursachenverläufe ergibt. Gegebenenfalls muss der Mandant für jede einzelne der von ihm aufgezeigten Alternativen die notwendige Schadenswahrscheinlichkeit nachweisen (BGH, Urt. v. 16.7.2015 - IX ZR 197/14 - VersR 2016, 727; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2017 - 6 U 164/16 - juris).

(2)

Der Kläger behauptet selbst nicht, dass die Beklagten ihm den Klageweg als mit absoluter Sicherheit Erfolg versprechend prognostiziert hätten und dass er den Prozessweg nur unter dieser Prämisse beschritten habe. Vielmehr beschränkt er sein (Hilfs-)Vorbringen zur Begründung seines Kostenersatzanspruchs auf den Vortrag, die Beklagten hätten ihn über das Problem informieren müssen, damit er "eine eigenständige Entscheidung" hätte treffen können. Das genügt zur Darlegung der notwendigen Schadenswahrscheinlichkeit nicht. Hinzu kommt: Selbst wenn der Kläger behaupten würde, er hätte im Wissen um das Problem der Vergleichsauslegung in keinem Fall Klage erhoben, könnte er sich auf einen dieses Vorbringen untermauernden Anscheinsbeweis nicht berufen. Dieser wäre schon mit Blick auf das eigene Prozessverhalten des Klägers erschüttert. Er hat über zwei Instanzen bis zuletzt mit Nachdruck an seiner Rechtsansicht zur beschränkten Reichweite des Vergleichs festgehalten, obgleich das Landgericht ihn im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.9.2011 über die umfassende Abgeltungswirkung informiert hatte. Das lässt auf die ernsthafte Möglichkeit schließen, dass der Kläger auch dann auf einer Klageerhebung bestanden hätte, wenn die Beklagten ihm aufgezeigt hätten, das Gericht werde seine Auslegung der Abgeltungsklausel voraussichtlich nicht teilen (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 2010, 2134).

3.

Mit der Abweisung der Hauptforderungen ist dem daneben geltend machten Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten die Grundlage entzogen.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 25.428,50 €.

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