AG Kempten, Beschluss vom 02.11.2017 - VI 0270/87
Fundstelle
openJur 2021, 6933
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag des .. vom 01.08.2017 auf Entlassung des Nacherbentestamentsvollstreckers ...  wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Erblasser, geboren am ..., verstorben am ..., zuletzt wohnhaft in ...setzte in einem Erbvertrag mit seiner Ehefrau diese als Vorerbin und seine Kinder (Antragsteller), zu Nacherben zu gleichen Teilen ein. Der Nacherbin wurde für den Nacherbfall ein Übernahmerecht für das Anwesen zum Verkehrswert des Anwesens bei Ableben des Letztversterbenden eingeräumt. Die Kinder des Erblassers sind bereits vorverstorben. In einem Nachtrag zum Erbvertrag vom wurde zum Nacherbentestamentsvollstrecker bestimmt. Dieser nahm das Amt mit Schreiben vom 27.07.1987 an.

Mit Schreiben vom 01.08.2017, das beim AG Kempten am 02.08.2017 einging, wurde durch schriftlich der Antrag auf Entlassung des Nacherbentestamentsvollstreckers. gestellt. Er wirft diesem vor, seinen Aufgaben als Nacherbentestamentsvollstrecker nicht nachgekommen zu sein. Explizit wird auf die fehlende Information der Nacherben sowie auf die mangelnde Tätigkeit bei der Kontrolle der Vorerbin bezüglich des Werterhalts des Hauses hingewiesen. Schon im Vorfeld des Antrag wurde der Nacherbentestamentsvollstrecker am 05.10.2016 durch Rechtspflegerin gehört. Im Anschluss an den Antrag des wurden schriftlich gehört.

... bestätigte dabei nur kurz, dass sie dem Antrag ihres Bruders zustimme. Begründet wurde die Zustimmung nicht.

... schilderte, dass die Vorerbin ... aufgrund fortschreitender Demenz in der letzten Zeit erheblicher Hilfe bedurfte habe. Diese sei ihr von deren . und ihr selbst gewährt worden. Auch der Enkel ., der in dem Haus eine kleine Wohnung bewohne und hierfür auch Miete zahle, habe an dem Haus anfallende Arbeiten kostenlos übernommen. Seit 2015 sei es dann nicht mehr möglich gewesen, dass die . weiter in ihrem Haus wohnen bleibe. Man habe deswegen nach eine gemeinsame Lösung für das Haus gesucht. . habe einen Termin bei einem Notar vereinbart und alle noch lebenden Kinder des Erblassers mit Ausnahme der in den USA lebenden seien anwesend gewesen. Auf Wunsch des habe dann auch noch ein von diesem ausgewählter Gutachter das Haus geschätzt. Ihr stehe ein Vorkaufsrecht für den Fall der Nacherbfolge zu. Durch die vorzeitige Veräußerung habe man die von ihren Verpflichtungen entlasten wollen. Sie könne den Antrag ihres Bruders nicht nachvollziehen und sei davon überzeugt, dass der Nacherbenvollstrecker seine Pflichten nicht verletzt und es mit seinen Geschwistern und seiner Stiefmutter immer gut gemeint habe.

... erklärte, dass der Nacherbentestamentsvollstrecker sein Amt aus ihrer Wahrnehmung immer im Interesse aller Geschwister wahrgenommen habe. Er genieße in diesem Amt ihr vollstes Vertrauen.

... bestätigte die Aussage ihrer Schwester und wies darauf hin, dass ihr Bruder erst seit 2 Jahren etwas an der Tätigkeit ihres als Testamentsvollstrecker auszusetzen habe. Nach ihrer Ansicht gehe es nicht um die Ausübung des Amtes als Testamentsvollstrecker, sondern darum, dass ihr Bruder einen guten Deal mache. Sie verweist diesbezüglich auf ein Schreiben ihres Bruders, in dem er nach Zahlung von 55.000 € auf seine Stellung als Nacherbe verzichten würde.

... erklärte, dass er gewillt sei, die im Testament festgelegte Verteilung des Vermögens aus dem Hausverkauf gleichmäßig auf die überlebenden Geschwister zu verteilen. Er erkenne den Schätzwert für das Haus an. Die im Erbvertrag festgelegte Regelung, dass der ein Vorkaufsrecht zustehe, halte er ebenfalls ein. Er sei sich darüber mit seiner Stiefmutter sowie mit seinen Geschwistern, einig. Über lange Sicht sei seine Stiefmutter nicht in der Lage allein für das Heim und das Haus aufzukommen. Sollte man sich über den Verkauf des Hauses nicht einigen können, werde man sich erst nach dem Tod der Stiefmutter Gedanken darüber machen. Die Kosten für die Instandhaltung müssten unter den Kindern aufgeteilt werden. Er habe den anderen die Kosten für das Gutachten und den Notar noch nicht in Rechnung gestellt. Das Beratungsgespräch beim Notar sei von ihm ausgegangen. Er habe alles unternommen, um dem Wunsch des Vaters über eine gerechte Verteilung des Erbes nachzukommen. Die Forderungen seiner beiden Geschwister halte er für unberechtigt.

II.

Der Nacherbentestamentsvollstrecker wird nicht aus seinem Amts entlassen. § 2227 BGB sieht die Möglichkeit einer Entlassung des Testamentsvollstreckers beim Vorliegen eines wichtigen Grundes vor. Ein solcher Grund ist insbesondere in einer groben Pflichtverletzung oder in der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung zu sehen. Beides liegt nicht vor.

Der Antragsteller wirf dem Nacherbentestamentsvollstrecker vor, die Nacherben nicht ordnungsgemäß informiert zu haben. Insbesondere ein Nachlassverzeichnis sei nie erstellt worden. Die Ermittlungen des Nachlassgerichts ergaben, dass der Nacherbentestamentsvollstrecker aufgrund des bescheidenen Hausstands seines Vaters und seiner Stiefmutter keine Veranlassung sah, darüber ein Nachlassverzeichnis zu erstellen, zumal es sich bei den Nacherben um seine Geschwister handelte. So ist auch der Antragsteller bei Familienfeiern offenbar immer wieder im Haus gewesen. Interesse an einem Nachlassverzeichnis oder an einzelnen Gegenständen bekundete dieser nicht. Zu Unstimmigkeiten ist es erst vor ca. 2 Jahren gekommen, als die in ein betreutes Wohnen umziehen musste. Der Nacherbentestamenstvollstrecker teilte dem Antragsteller nach dessen Aussage auch mit, dass "nichts mehr da sei". Aus den Stellungnahmen und den teilweise vorgelegten Mails ist auch ersichtlich, dass sich der Nacherbentestamenstvollstrecker durchaus um eine gütliche Aufteilung des Nachlasses bemühte. Er organisierte ein Treffen bei einem Notar, dass er nach eigenen Angaben zunächst selbst bezahlte. Ziel war es, der die Belastung durch das Haus abzunehmen. Es gab auch Kontakt zwischen den Nacherben. Auch der Antragsteller wurde in einer Mail vom zur Lösung des Streits zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen. Dieses lehnte der Antragsteller mit Hinweis auf seinen gestellten Antrag auf Entlassung des Nacherbentestamentsvollstreckers ab.

Insgesamt kann im Verhalten des Nacherbentestamentsvollstreckers hinsichtlich des Vorwurfs der fehlenden Informationsweitergabe keine so grobe Pflichtverletzung gesehen werden, dass dies unter Berücksichtigung des Willens des Erblassers eine Entlassung des Nacherbentestamentsvollstreckers rechtfertigen würde. Das Nachlassgericht erkennt vielmehr das Bemühen des Nacherbentestamentsvollstreckers, den Willen seines Vaters durchzusetzen und für eine gerechte Verteilung des Nachlasses zu sorgen. Das Verlangen nach einem Nachlassverzeichnis durch den Antragsteller scheint nur vorgeschoben, um Druck auf den Nacherbentestamentsvollstrecker aufzubauen und so bei einer vergleichsweisen Einigung einen finanziellen Vorteil zu erlangen. Es sei zudem erwähnt, dass der Nacherbentestamentsvollstrecker nicht selbst verpflichtet gewesen wäre, das Nachlassverzeichnis zu erstellen. Vielmehr hätte er es lediglich im Interesse der Nacherben von der Vorerbin verlangen können (Zimmermann in MüKo, § 2222 BGB, Rdnr. 5).

Eine grobe Pflichtverletzung ist auch nicht in einer unzureichenden Kontrolle bezüglich des Werterhalts am Anwesen in zu erkennen. Die Vorerbin ist gemäß § 2124 BGB verpflichtet, gewöhnliche Erhaltungsaufwendungen zu tragen. Aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. ist zu erkennen, dass es Baumängel und Bauschäden in Höhe von 7.500 Euro gibt. Es ist nun aber zu berücksichtigen, dass der Erbfall bereits mehr als 30 Jahre zurückliegt. Die Vorerbin kann das Haus krankheits- und altersbedingt nicht mehr selbst bewohnen. Diese ist nach den Angaben der Nacherben zudem nicht in der Lage, für den Erhalt des Hauses und die Kosten des betreuten Wohnens aufzukommen. Der Nacherbentestamentsvollstrecker erkannte das Problem offenbar und versuchte eine Regelung für die Zukunft herbeizuführen. Eine Einigung über die Übernahme der Kosten durch die Nacherben kam nicht zustande. Aus diesem Grund wurde durch den Nacherbentestamentsvollstrecker versucht, einen vorzeitigen Verkauf zum Verkehrswert zu organisieren. Dem Nacherbentestamentsvollstrecker kann somit zumindest aktuell nicht vorgeworfen werden, dass er sich nicht um eine werterhaltende Lösung für den Nachlass bemühen würde. Unabhängig davon, welche baulichen Maßnahmen in der Vergangenheit am Anwesen durchgeführt wurden. Baumängel sind nach 30 Jahren lediglich in einem Umfang von 7.500 Euro bei einem Wert von über 200.000 Euro vorhanden. Die Vorerbin ist nicht verpflichtet, das Anwesen in allen Bereichen auf dem jeweils aktuellsten Stand der Technik zu erhalten und ständig zu modernisieren (Grunsky in MüKo § 2124, Rdnr. 3). Eine grobe Pflichtverletzung des Nacherbentestamentsvollstreckers, die eine Entlassung rechtfertigen würde, ist somit nicht zu erkennen.

Auch aus dem weiteren Vortrag des Antragstellers ergibt sich ebenfalls kein Grund, den Nacherbentestamenstvollstrecker zu entlassen.

III.

Von einer Kostenentscheidung wird abgesehen, § 81 FamFG.

IV.

Der Geschäftswert ergibt sich aus § 65 GNotKG.

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