LAG Düsseldorf, Beschluss vom 06.01.2021 - 4 TaBVGa 6/20
Fundstelle
openJur 2021, 5700
  • Rkr:
Verfahrensgang

1. Eine Unterlassungsverfügung zur Sicherung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus §§ 111, 112 BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung über eine geplante Betriebsänderung kommt gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG iVm. §§ 935, 940, 938 Abs. 1, 2 ZPO schon aus europarechtlichen Gründen grundsätzlich in Betracht.

2. In einem Gemeinschaftsbetrieb richtet sich der Anspruch aus §§ 111, 112 BetrVG gegen sämtliche Betriebsarbeitgeberinnen. Diese sind im Verfügungsverfahren zu beteiligen. Dagegen richtet sich die als Sicherungsmaßnahme begehrte Untersagung von Entlassungen gegen den jeweils betroffenen Vertragsarbeitgeber, der allein die Entlassung bewirken kann.

3. Einem Betriebsrat, der erst zu einem Zeitpunkt gewählt wird, zu dem die Planung über die Betriebsänderung bereits abgeschlossen und mit der Durchführung des Planes begonnen worden ist, stehen die Ansprüche aus §§ 111 ff. BetrVG nicht zu. Es bleibt offen, ob beim Übergang von kirchlicher Einrichtung zu weltlichem Träger die vormalige kirchliche Mitarbeitervertretung bis zur Wahl eines Betriebsrats ein Übergangsmandat hat.

4. Ist das Bestehen des Beteiligungsrechts ungewiss und führt schon seine bloße Sicherung zu Rechtsbeeinträchtigungen des Anspruchsgegners, erfordert der Erlass einer Sicherungsverfügung über die bloße Gefahr des Untergangs des Beteiligungsrechts hinaus einen besonderen Verfügungsgrund. Dieser muss von solchem Gewicht sein, dass er die erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärende Ungewissheit über den Verfügungsanspruch kompensieren kann.

5. Das Gewicht des Verfügungsgrundes bemisst sich insbesondere nach dem mit dem Beteiligungsrecht bezweckten Schutz der Arbeitnehmer. Es wird hier dadurch gemindert, dass das Beteiligungsrecht nach §§ 111, 112 BetrVG auf den bloßen Versuch eines Interessenausgleichs gerichtet ist. Hinzu tritt, dass der Betriebsrat gemäß § 100 ArbGG die Möglichkeit hat, Beratungen und Verhandlungen über einen Interessenausgleich initiativ vor die Einigungsstelle zu bringen. Zu berücksichtigen ist ferner im Rahmen einer Folgenabwägung, dass ein Ersatzanspruch des Arbeitgebers aus § 945 ZPO für das Beschlussverfahren gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ausgeschlossen ist.

6. Zur Zulässigkeit einer objektiven und subjektiven Antragserweiterung im Beschwerderechtszug.

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.11.2020 - 3 BVGa 3/20 - wird zurückgewiesen.

Gründe

A.Der antragsstellende Betriebsrat (Beteiligter zu 1.) begehrt zur Wahrung seines Verhandlungsanspruchs über einen Interessenausgleich gemäß §§ 111 ff. BetrVG von den zu 2) und 3) beteiligten Arbeitgeberinnen im Wege der einstweiligen Verfügung, die Entlassung weiterer Arbeitnehmer wegen beabsichtigter Teilstilllegung einstweilen zu unterlassen.

Die Arbeitgeberinnen betreiben in P. drei Kliniken, drei Pflegezentren, ein Hospiz und ein Reha-Centrum in Form eines Gemeinschaftsbetriebes mit über 1.600 Mitarbeitern. Bis zum 30.04.2020 handelte es sich bei ihnen um Einrichtungen der Katholischen Kirche. Mit Wirkung zum 01.5.2020 wurden ihre Gesellschaftsanteile von einem Unternehmen der B.-Gruppe im Rahmen eines Insolvenzverfahrens übernommen. Die in der Schweiz ansässige B.-Gruppe betreibt seit vielen Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz diverse Gesundheitseinrichtungen.

Antragsteller ist der am 31.08.2020 für den Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat, der sich am 09.09.2020 in seiner ersten Sitzung konstituierte (im Folgenden: Betriebsrat). Zuvor hatte in dem Gemeinschaftsbetrieb eine Mitarbeitervertretung gemäß der Mitarbeitervertretungsordnung der Katholischen Kirche (MAVO) bestanden. Über ein "Übergangsmandat" der MAV hatten zwischen den Betriebspartnern Gespräche stattgefunden, deren Inhalt streitig ist. Die Unterzeichnung eines bereits ausgearbeiteten Entwurfs einer Dienst-/Betriebsvereinbarung hierüber lehnte die Arbeitgeberseite in der Regelkommunikation mit der Arbeitnehmervertretung am 16.06.2020 ab. Daraufhin wurde das Verfahren zur Wahl des Betriebsrats eingeleitet.

Mit E-Mail vom 27.07.2020 legte die Geschäftsleitung dem Betriebsrat ein Organigramm über die künftige Struktur des Gemeinschaftsbetriebs vor, das die dort unter dem Stichwort "Support" aufgeführten Arbeitsbereiche unter dem Stichwort "Ausgliederung" umfasste (Anlage AS 2 zur Antragsschrift, Bl. 15 GA). Von diesen Arbeitsbereichen waren bereits einige zuvor ausgegliedert. In den noch nicht ausgegliederten Bereichen waren zu diesem Zeitpunkt insgesamt über 170 Arbeitnehmer beschäftigt. Es handelt sich um die unter dem Stichwort "ZEL" aufgeführten Bereiche

-IT-Abteilung (ca. 6 ArbN),

-Einkauf (ca. 2 ArbN),

-Labor (ca. 13 bzw. 18 ArbN),

-Hygieneabteilung (ca. 4 ArbN),

-Technik (ca. 36 ArbN),

-Medizintechnik (ca. 7 ArbN),

-Hostessendienst St. Clemens-Krankenhaus (ca. 18 ArbN),

-Informationszentrale (ca. 22 ArbN)

sowie um die unter dem Stichwort "Regionalzentrale" aufgeführten Bereiche

-Controlling (ca. 2 ArbN),

-Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation (ca. 3 ArbN),

-Medizincontrolling (ca. 23 ArbN),

-Patientenaufnahme und Patientenabrechnung (ca. 19 ArbN) sowie

-Personalabteilung (ca. 11 ArbN).

Der Betriebsrat bat die Arbeitgeberinnen in der Folge vergeblich um nähere Informationen hierzu. Im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung am 21.10.2020 teilten die Arbeitgeberinnen dem Betriebsrat mit, dass die Bereiche Technik und Medizintechnik zum 31.12.2020 geschlossen und an externe Anbieter aus der B.-Gruppe vergeben würden. Noch im Oktober 2020 nahm die Arbeitgeberseite Gespräche mit den Beschäftigten der Bereiche Technik und Medizintechnik über die Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse auf.

Mit Schreiben vom 30.10.2020 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, es bis zum Abschluss von Verhandlungen zu unterlassen, den Mitarbeitern der Abteilung Technik und Medizintechnik Aufhebungsverträge anzubieten und betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Daneben forderte er die Arbeitgeberin auf, Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen und hierzu erforderliche Informationen zu erteilen (Anlage AS 8 und 9 zur Antragsschrift). Unter dem 04.11.2020 teilte die Arbeitgeberseite mit, dass sie eine Verpflichtung zur Erteilung weiterer Auskünfte weder gegenüber Betriebsrat noch gegenüber dem Wirtschaftsausschuss sehe und lehnte Verhandlungen ab.

Mit seinem am 05.11.2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat begehrt, der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im Rahmen der beabsichtigten Betriebsänderung in Form der Einschränkung des Betriebs P. Arbeitnehmer zu entlassen, so lange Verhandlungen über einen Interessenausgleich nicht aufgenommen und abgeschlossen oder in der Einigungsstelle gescheitert seien.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Geschäftsleitung habe ihm in der Sitzung am 16.09.2020 mitgeteilt, dass die in dem Organigramm (Bl. 15 GA). unter dem Stichwort "Support" aufgeführten Arbeitsbereiche perspektivisch durch externe Anbieter übernommen werden sollten, soweit sie nicht bereits ausgegliedert seien. Ein konkreter Zeitplan bestehe noch nicht. Damit seien die Arbeitsplätze von über 170 Arbeitnehmern betroffen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin habe eine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG geplant. Daher habe sie ihn zu unterrichten und mit ihm über einen Interessenausgleich zu beraten und zu verhandeln, bevor die Betriebsänderung umgesetzt sei.

Der Betriebsrat hat beantragt,

der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, im Rahmen der beabsichtigten Schließung der Abteilung "Technik" ihren Arbeitnehmern gegenüber Kündigungen auszusprechen oder Aufhebungsverträge anzubieten, so lange das Verfahren der Verhandlungen mit dem Antragsteller über einen Interessenausgleich nicht abgeschlossen oder in der Einigungsstelle gescheitert ist, und

der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft anzudrohen.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat eine Schutzschrift vom 05.11.2020 hinterlegt und die Auffassung vertreten, dem Betriebsrat stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon aus Rechtsgründen nicht zu. Es liege auch keine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG vor. Von der Schließung der Bereiche Technik und Medizintechnik zum 31.12.2020 seien lediglich 43 Mitarbeiter/innen betroffen. Sonstige Veränderungen in anderen Bereichen der Einrichtung seien derzeit nicht vorgesehen. Weitere Anpassungen im Rahmen der Integration des P.er Betriebes in die Strukturen der B.-Gruppe für sogenannte sekundäre Leistungen würden in den nächsten Monaten jeweils erst auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft. Bislang handele es sich lediglich um vage Vorüberlegungen, die noch keine Pflichten zur Information und zur Verhandlung über einen Interessenausgleich auslösten. Eine Zusammenrechnung der Beschäftigten aller genannten Bereiche scheide daher aus.

Auch bei qualitativer Betrachtungsweise seien die Bereiche Technik und Medizintechnik für den gesamten Krankenhausbetrieb nicht von einer Bedeutung, wie sie für eine Bewertung als Betriebsänderung erforderlich sei. Es handele sich um klassische sogenannte tertiäre Leistungen in einem Krankenhausbetrieb, dem pflegerische und ärztliche Leistungen das Gepräge geben. Die Technik sei eine bloße Hilfsdisziplin mit untergeordneter Bedeutung.

Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung des Betriebsrats und der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin mit Beschluss vom 18.11.2020, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, die Anträge des Betriebsrats zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an einem Verfügungsanspruch. Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Betriebsänderungen sei zwar nicht im Grundsatz ausgeschlossen. Die Schließung des Bereichs Technik stelle jedoch keine Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG dar, da die dafür erforderliche Anzahl von betroffenen Arbeitnehmern nicht erreicht sei. Außerdem ist ein Unterlassungsanspruch ausgeschlossen, weil eine etwaige Betriebsänderung bereits beschlossen und mit ihrer Durchführung begonnen worden sei.

Gegen den ihm am 25.11.2020 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 01.12.2020 Beschwerde eingelegt und diese am 04.12.2020 begründet. Er macht geltend, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Betriebsänderung nicht vorliege. Die Arbeitgeberin habe den einheitlichen Plan gefasst, die auf dem Organigramm Bl. 15 GA unter "Support" genannten Bereiche mit über 170 Arbeitnehmern auszugliedern. Dies sei durch ihre (an Eides statt versicherten) Erklärungen gegenüber dem Betriebsrat, das vorgelegte Organigramm, das im Übrigen der durchgängigen Struktur der anderen von der B.-Gruppe betriebenen Häuser entspreche, und durch die bereits begonnene Durchführung in den Bereichen Technik und Medizintechnik glaubhaft gemacht. Soweit die Arbeitgeberinnen im Nachhinein ihre Pläne als bloße Vorüberlegungen darstellten, sei dem nicht zu folgen. Inzwischen seien in den Bereichen IT und Labor weitere Arbeitnehmer auf die Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse - teilweise unter Vorlage neuer Arbeitsverträge mit einem Unternehmen der B.-Gruppe - angesprochen und unter Druck gesetzt worden. In den Bereichen Technik, Medizintechnik, IT und Labor seien ca. 65 Mitarbeiter von Schließungsplänen betroffenen. Mit weiteren Ausgliederungen sei zu rechnen. Es handele sich zudem um eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im P.er Betrieb. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Betriebsänderung auch noch nicht durchgeführt, Entlassungen stünden noch aus. Die Einleitung einer Betriebsänderung sei im Übrigen nicht mit deren Durchführung gleichzusetzen.

Die Arbeitgeberseite könne sich auch nicht etwa hilfsweise darauf berufen, dass eine einheitliche Planung der Ausgliederung des "Supports" ggfs. im Juli und damit vor Errichtung des Betriebsrats erfolgt sei mit der Folge, dass sie keine Beteiligungsrechte auslösen könne. Dem stehe der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit entgegen. Denn die Arbeitgeberseite habe stets beteuert, die MAV bis zur Errichtung des Betriebsrats nach Maßgabe des BetrVG zu behandeln. Hätte sie dies nicht getan, wäre der Betriebsrat früher gewählt worden.

Im Anhörungstermin vor dem Beschwerdegericht am 23.12.2020 haben die Beteiligten erstmals mitgeteilt, dass es sich bei dem P.er Betrieb um einen Gemeinschaftsbetrieb der zu 2) und 3) beteiligten Arbeitgeberinnen handelt. Beide Arbeitgeberinnen sind unstreitig am selben Ort geschäftsansässig, ihre Geschäftsführer, der Personalleiter und der Justitiar sind personenidentisch. Der Betriebsrat hat daraufhin den Antrag gegen die Beteiligte zu 3) erweitert (Bl. 205 GA). Das Gericht hat die Anhörung am 06.01.2021 nach Beteiligung der Beteiligten zu 3) fortgesetzt.

Der Betriebsrat beantragt zuletzt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 18.11.2020 - 3 BVGa 3/20 abzuändern und der "Antragsgegnerin" bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufzugeben es zu unterlassen, im Rahmen der beabsichtigten Schließungen der Abteilungen

-IT-Abteilung,

-Einkauf,

-Labor,

-Hygieneabteilung,

-Technik,

-Medizintechnik,

-Hostessendienst St. Clemens-Krankenhaus,

-Informationszentrale,

-Controlling,

-Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation,

-Medizincontrolling,

-Patientenaufnahme und Patientenabrechnung sowie

-Personalabteilung

ihren jeweiligen Arbeitnehmern aus den vorgenannten Abteilungen gegenüber aus betriebsbedingtem Anlass Kündigungen auszusprechen oder Aufhebungsverträge anzubieten, solange das Verfahren der Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich nicht abgeschlossen oder in der Einigungsstelle gescheitert ist.

Die Arbeitgeberinnen beantragen,

die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Sie halten die objektive Antragserweiterung auf sämtliche angeblich auszugliedernden Bereiche wie auch die subjektive Antragserstreckung gegen die Beteiligte zu 3) im zweiten Rechtszug für unzulässig.

Im Übrigen verteidigen sie die arbeitsgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens. Eine Ausgliederung des Supports sei derzeit über Vorüberlegungen hinaus nicht geplant. Sie entspreche auch nicht einer durchgängigen Struktur der von der B.-Gruppe betriebenen Häuser. Es gebe durchaus Häuser, in denen der Support nicht vollständig ausgegliedert sei. Es komme stets auf eine Prüfung des Einzelfalls an. Im Übrigen sei für die unter dem Stichwort "Regionalzentrale" in dem Organigramm Bl. 15 GA aufgeführten Bereiche lediglich ein Wechsel des Arbeitgebers in Gestalt der B. Krankenhaus Gesellschaft Niedersachsen C. mbH mit Sitz in I. angedacht, der seine Mitarbeiter dann weiter vor Ort in P. einsetzen und Mitinhaber des Gemeinschaftsbetriebs würde.

Die Arbeitgeberinnen wenden ferner ein, dass selbst eine einheitliche Planung zur Ausgliederung des Supports nicht zu einer beteiligungspflichtigen Betriebsänderung führen könne. Denn es sei zu berücksichtigen, dass das vom Betriebsrat hierfür angeführte Organigramm diesem mit E-Mail vom 27.07.2020 und damit vor Bildung des Betriebsrats zugeleitet worden sei. Ein Übergangsmandat der MAV gebe es nicht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie ihre erst- wie zweitinstanzlichen Protokollerklärungen verwiesen.

B.Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet.

I.Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG iVm. § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht im Sinne der §§ 89 Abs. 2, 87 Abs. 2 iVm. § 66 Abs. 1 ArbGG bei dem Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet worden.

Sowohl subjektive als auch objektive Antragserweiterungen im Beschwerderechtszug sind zulässig.

1.Die durch die Erweiterung des Antrags auf die Beteiligte zu 3) bewirkte Ausdehnung des Rechtsstreits auf eine weitere Beteiligte ist der Sache nach entsprechend einer im zweiten Rechtszug vorgenommenen Antragsänderung gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO zu behandeln (vgl. etwa BAG 10.03.2009 - 1 ABR 93/07, juris, Rn. 22). Dabei ist allerdings die Besonderheit zu beachten, dass diese Form der Beteiligten- bzw. Parteiänderung nur dann zulässig ist, wenn die neue Beteiligte bzw. Beklagte zustimmt oder die Verweigerung seiner Zustimmung rechtsmissbräuchlich ist (st. Rspr., BGH 29.09.1998 - VI ZB 20/98, juris, Rn. 8 mwN).

Hier hat die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin ihrer Beteiligung als Verfügungsgegnerin im zweiten Rechtszug nicht zugestimmt. Ihre Weigerung ist indessen zur Überzeugung des Beschwerdegerichts rechtsmissbräuchlich. Es ist nicht ersichtlich, dass die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin als Mitbetreiberin des Gemeinschaftsbetriebs, die am selben Ort wie die Beteiligte zu 2) geschäftsansässig ist und durch dieselben Geschäftsführer sowie denselben Personalleiter und Justitiar und Verfahrensbevollmächtigten vertreten wird, bei Zulassung der Antragserstreckung eine irgendwie geartete beachtliche Schlechterstellung zu befürchten hat (vgl. hierzu BGH 04.10.1985 - V ZR 136/84, NJW-RR 1986, 356). Die Beteiligte zu 3) hat insbesondere nicht in Abrede gestellt, dass sie mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt vollständig vertraut ist. Sie hat sich demgemäß in der Sache nicht eigenständig, sondern durch bloße Bezugnahme ihres identischen Verfahrensbevollmächtigten auf das Vorbringen der zu 2) beteiligten Mitbetreiberin des Gemeinschaftsbetriebs eingelassen.

2.Die objektive Antragserweiterung der begehrten Sicherungsverfügung durch Erstreckung der Untersagung von Entlassungen über die Abteilung Technik hinaus auf die weiteren Abteilungen des Bereichs Support ist ebenfalls gemäß § 87 Abs. 2 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig. Hier ist zu berücksichtigen, dass der zu sichernde Anspruch des Betriebsrats auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung aus §§ 111, 112 BetrVG auch im zweiten Rechtszug derselbe geblieben ist. Einer Einwilligung der Arbeitgeberinnen in die Antragserweiterung gemäß § 533 Nr. 1 ZPO bedurfte es zudem nicht, weil die Erweiterung sachdienlich im Sinne dieser Norm ist. Die Sicherung des Anspruchs erforderte nach der insoweit maßgeblichen Behauptung des Betriebsrats zu ihrer Zweckerreichung zusätzlicher Anordnungen, weil über die Abteilung Technik hinaus auch bereits Arbeitnehmer der Abteilungen IT und Labor mit dem Ziel eines Ausscheidens aus den Arbeitsverhältnissen mit den Arbeitgeberinnen angesprochen worden waren. Derartigen sich verändernden Sicherungserfordernissen trägt etwa § 938 ZPO Rechnung. Dies ist bei der Auslegung des Begriffs der Sachdienlichkeit iSv. § 533 Nr. 1 ZPO zu berücksichtigen.

II.Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Begehren des Betriebsrats auf einstweilige Untersagungen von Entlassungen war zurückzuweisen.

1.Der Antrag des Betriebsrats zielt nicht auf Erfüllung eines Unterrichtungs-, Beratungs- und Verhandlungsanspruchs aus §§ 111, 112 BetrVG, da er nicht auf eine entsprechende Verpflichtung der Arbeitgeberinnen gerichtet ist. Er soll die vorgenannten Ansprüche des Betriebsrats, soweit sie bestehen, lediglich davor schützen, dass die Arbeitgeberinnen die Betriebsänderung ohne Beachtung der Ansprüche durchführen und diese so obsolet machen.

Trotz dieses begrenzten Sicherungsziels ist für einen solchen Antrag neben einer Prüfung des Verfügungsanspruchs grundsätzlich auch ein Verfügungsgrund erforderlich, dh. ein dringendes Bedürfnis für die Eilmaßnahme (Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl., § 940 Rz 6 mwN). Ein ausreichender Verfügungsgrund ist dabei nicht bereits ohne weiteres deshalb gegeben, weil ein Anspruch des Betriebsrats auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung aus §§ 111, 112 BetrVG anderenfalls wegen Durchführung der Betriebsänderung endgültig unterginge. Zwar braucht ein Gläubiger, hier der Betriebsrat, das Untergehen seines Anspruchs durch schlichte Nichterfüllung des Schuldners grundsätzlich nicht hinzunehmen und kann effektiven Rechtschutz einfordern (Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG). Die bloße Gefahr des Untergangs des Anspruchs kann aber nur dann als Verfügungsgrund ausreichen, wenn entweder der Anspruch ohne Zweifel besteht oder seine Sicherung zu keinen nennenswerten Rechtsbeeinträchtigungen des Verfügungsgegners führt. Ist dagegen der Anspruch ungewiss und führt schon seine bloße Sicherung zu Rechtsbeeinträchtigungen des Anspruchsgegners, erfordert auch der Erlass einer Sicherungsverfügung einen besonderen Verfügungsgrund. Dabei muss der Verfügungsgrund von solchem Gewicht sein, dass er die erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärende Ungewissheit über den Verfügungsanspruch kompensieren kann. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund verhalten sich hier wie zwei kommunizierende Röhren. Dem verfügungsbeklagten Arbeitgeber muss es wegen der Dringlichkeit des Verfügungsgrundes zuzumuten sein, die Sicherung des Verfügungsanspruchs hinzunehmen, auch wenn dieser letztlich nicht besteht (vgl. zu dieser Folgenabwägung etwa LAG Düsseldorf 05.12.2017 - 4 TaBVGa 7/17, juris Rn. 5; LAG Düsseldorf 25.09.2017 - 10 SaGa 14/17, juris Rn 20). Die einstweilige Verfügungen im Beschlussverfahren der §§ 80 ff. ArbGG gebietet dabei besondere Sorgfalt, weil gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ein Anspruch des Verfügungsschuldners auf Schadensersatz nach § 945 ZPO nicht besteht (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl. 2016, § 111 Rn. 138 mwN).

2.Dabei richtet sich der zu sichernde Anspruch auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung in einem Gemeinschaftsbetrieb gegen dessen Inhaber, also hier gegen die zu 2) und 3) beteiligten Arbeitgeberinnen (Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl., § 1 Rn. 106; Wissmann, NZA 2001, 409, 411). Schon deshalb bedurfte es der Beteiligung beider Arbeitgeberinnen. Dagegen dürfte sich die jeweilige Sicherungsmaßnahme, hier also die Untersagung von Entlassungen, gegen den jeweils betroffenen Vertragsarbeitgeber richten, der allein die Entlassung bewirken kann (vgl. dazu BAG 14.12.2004 - 1 AZR 504/03, NZA 2005, 818).

3.In Anwendung dessen war der Antrag auf Sicherung von Ansprüchen des Betriebsrats aus §§ 111, 112 BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung in Bezug auf eine geplante Betriebsänderung zurückzuweisen. Zwar ist entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung das streitige Beteiligungsrecht des Betriebsrats durchaus grundsätzlich durch einstweiligen Rechtsschutz sicherungsfähig (dazu a). Die Kammer konnte jedoch nicht mit Gewissheit, sondern allenfalls mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (§ 294 ZPO, vgl. dazu Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 294 Rn. 6) feststellen, dass der zu sichernde Verfügungsanspruch aus §§ 111, 112 BetrVG besteht (dazu b). Die hiernach gebotene Folgenabwägung ergab, dass es an einem ausreichenden Verfügungsgrund zum Erlass der Untersagungsverfügung fehlte (dazu c).

a.Eine Unterlassungsverfügung zur Sicherung eines Beteiligungsrechts des Betriebsrats aus §§ 111, 112 BetrVG gemäß § 85 Abs. 2 BetrVG iVm. §§ 935, 940, 938 Abs. 1, 2 ZPO kommt grundsätzlich in Betracht (ebenso etwa LAG Berlin-Brandenburg 12.12.2013 - 17 TaBVGa 2058/13, juris; LAG Hamm 20.04.2012 - 10 TaBVGa 3/12, juris; Fitting u.a., aaO Rn. 137 ff mwN; aA etwa LAG Rheinland-Pfalz 07.12.2017 - 5 TaBVGa 3/17, juris, LAG Düsseldorf 14.12.2005 - 12 TaBV 60/05, juris, mwN).

Das materiellrechtliche Beteiligungsrecht des Betriebsrats aus §§ 111 ff. BetrVG ist jedenfalls in der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung nach Maßgabe der Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft (RL 2002/14/EG) gerichtlich effektiv durchsetzbar und steht nicht zur Disposition des Arbeitgebers.

aa.Die effektive Durchsetzbarkeit der Rechte des Betriebsrats aus §§ 111 ff. BetrVG ist nicht etwa deshalb entbehrlich oder gar gesetzlich ausgeschlossen, weil § 113 BetrVG dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Nachteilsausgleich gewährt, wenn der Arbeitgeber von einem vereinbarten Interessenausgleich abweicht (Abs. 1) oder seinen Versuch ganz unterlässt (Abs. 3). § 113 BetrVG knüpft den Anspruch auf Nachteilsausgleich schon nicht an die Verletzung der Unterrichtungs- und Beratungspflicht des Arbeitgebers aus § 111 Satz 1 BetrVG, sondern allein an die Verletzung der - qualifizierteren - Verhandlungspflicht über einen Interessenausgleich gemäß § 112 bzw. an die Abweichung von einem vereinbarten Interessenausgleich. Ein effektiv durchsetzbarer kollektivrechtlicher Verhandlungsanspruch würde weder den individualrechtlichen Nachteilsausgleichanspruch obsolet machen noch zu Doppelansprüchen führen. Der Nachteilsausgleichsanspruch greift, wenn der Arbeitgeber den Verhandlungsanspruch des Betriebsrats verletzt und "vollendete Tatsachen" schafft. Der Verhandlungsanspruch erlischt, soweit dies geschehen ist.

Ein gesetzlicher Ausschluss der Durchsetzbarkeit des kollektivrechtlichen Anspruchs des Betriebsrats wäre auch deshalb fernliegend, weil dessen Erfüllung damit nach Art einer Wahlschuld zur Disposition des Arbeitgebers gestellt wäre (durch alternative Leistung von Nachteilsausgleich). Eine solche Regelungsabsicht des Gesetzgebers bedürfte einer deutlicheren Ausgestaltung im Gesetz, zumal sie auch das Recht des Betriebsrats auf Hinzuziehung eines Beraters gemäß § 111 Satz 2 BetrVG entwertete. Insbesondere aber würde ein solches Verständnis den Schutzzweck des Beratungsrechts, einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über das "Ob und Wie" einer geplanten Betriebsänderung zu suchen, verfehlen.

bb.Das Fehlen einer Durchsetzbarkeit des Beratungs- und Verhandlungsanspruchs der §§ 111 ff. BetrVG lässt sich auch nicht aus einer dahingehenden grundlegenden Wertung des Betriebsverfassungsgesetzes folgern (so aber u.a. Oetker in GK/BetrVG, 11. Aufl. 2018, § 111 Rn. 267-290 mwN zum Meinungsstand). Denn jedenfalls für das Recht des Betriebsrats auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung mit dem Ziel eines Interessenausgleichs muss die Möglichkeit der Durchsetzung bestehen, ohne dass der Arbeitgeber sie durch Schaffung vollendeter Tatsachen unterlaufen kann. Dies folgt aus der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung der §§ 111 ff. BetrVG nach Maßgabe der RL 2002/14/EG.

Gemäß Art. 4 RL 2002/14/EG erfolgt die Anhörung zu einem Zeitpunkt, in einer Weise und in einer inhaltlichen Ausgestaltung, die dem Zweck angemessen sind (lit. a), auf der je nach behandeltem Thema relevanten Leitungs- und Vertretungsebene (lit. b), auf der Grundlage der vom Arbeitgeber gemäß Artikel 2 Buchstabe f) der Richtlinie zu liefernden Informationen und der Stellungnahme, zu der die Arbeitnehmervertreter berechtigt sind (lit. c) sowie in einer Weise, die es den Arbeitnehmervertretern gestattet, mit dem Arbeitgeber zusammenzukommen und eine mit Gründen versehene Antwort auf ihre etwaige Stellungnahme zu erhalten (lit. d) mit dem Ziel, eine Vereinbarung über die in Absatz 2 Buchstabe c) genannten Entscheidungen, die unter die Leitungsbefugnis des Arbeitgebers fallen, zu erreichen (lit. e).

Die Mitgliedstaaten sind gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 RL 2002/14/EG insbesondere verpflichtet, für geeignete Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu sorgen, mit deren Hilfe die Erfüllung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen durchgesetzt werden kann. Unabhängig davon haben sie gemäß Art. 8 Abs. 2 RL 2002/14/EG u.a. für Verstöße gegen die Richtlinie durch den Arbeitgeber wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorzusehen.

Diese Bestimmungen verbieten zur Überzeugung des Berufungsgerichts eine Auslegung der §§ 111 ff. BetrVG dahin, dass der Arbeitgeber die Erfüllung der Unterrichtungs-, Beratungs- und Verhandlungsrechte des Betriebsrats nach seinem Willen durch Gewährung von Nachteilsausgleich an Arbeitnehmer, die dies geltend machen, abwenden kann.

b.Die Kammer konnte nicht mit Gewissheit feststellen, dass dem Betriebsrat die zu sichernden Verfügungsansprüche aus §§ 111 ff. BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung über eine geplante Betriebsänderung zustehen. Voraussetzung wäre gemäß § 111 Satz 1 BetrVG, dass in einem Unternehmen mit - wie hier - in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern der Unternehmer eine Betriebsänderung plant, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben kann. Als Betriebsänderungen idS gelten gemäß Satz 3 - soweit hier in Betracht kommend - die Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen (Nr. 1) sowie grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen (Nr. 4).

aa.Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung durch Betriebseinschränkung (Nr. 1) auch im bloßen Personalabbau liegen. Voraussetzung für die Annahme einer wesentlichen Einschränkung ist, dass der Personalabbau eine relevante Zahl von Arbeitnehmern erfasst. Maßgebend sind insoweit Zahlen entsprechend § 17 KSchG, wobei aber in größeren Betrieben mindestens 5% der Belegschaft betroffen sein müssen. Dabei ist der in § 17 KSchG vorgesehene Zeitraum von 30 Kalendertagen, innerhalb derer die Entlassungen den Schwellenwert überschreiten müssen, um eine Anzeigepflicht auszulösen, für die Frage des erheblichen Personalabbaus iSd. § 111 BetrVG nicht maßgebend.

(1)Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Personalabbau auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruht. Maßgebender Anknüpfungspunkt für das Mitbestimmungsrecht ist die unternehmerische Entscheidung, aus der sich ergibt, wie viele Arbeitnehmer voraussichtlich insgesamt entlassen werden. Eine einheitliche Planungsentscheidung kann auch eine stufenweise Durchführung vorsehen. Dabei kann ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen mehreren Entlassungswellen ein wesentliches Indiz für eine von Anfang an einheitliche Planung sein. Eine spätere Entlassungswelle kann aber auch das Ergebnis einer neuen Planung sein, etwa wenn nach der ersten Entlassungswelle neue, vom Arbeitgeber ursprünglich nicht vorgesehene und eingeplante Umstände eingetreten sind.

Plant der Arbeitgeber zunächst nur Entlassungen, die nach ihrer Zahl noch keine Betriebseinschränkung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG darstellen, entstehen keine Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber vor Durchführung der Maßnahme seine Planung ändert und nun weitere Entlassungen beabsichtigt, die unter Zusammenrechnung mit den bereits geplanten, aber noch nicht durchgeführten Entlassungen die Grenzwerte des § 17 Abs. 1 KSchG überschreiten. Es handelt sich dann um einen einheitlichen Vorgang, der zum Zeitpunkt der Planungsänderung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG auslöst.

Führt dagegen der Arbeitgeber zunächst die beabsichtigten Entlassungen durch, die allein noch keine Betriebsänderung darstellen, und fasst er erst danach auf Grund neuer Umstände den Entschluss zu weiteren Entlassungen, sind die Entlassungswellen mitbestimmungsrechtlich nicht zusammenzurechnen. Die bei einer neuen Planung bereits durchgeführten Maßnahmen sind für die Mitbestimmungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG grundsätzlich ohne Belang (vgl. zu allem BAG 28.03.2006 - 1 ABR 5/05, juris, mwN).

(2) Wird ferner ein Betriebsrat erst zu einem Zeitpunkt gewählt, zu dem die Planung über die Betriebsänderung bereits abgeschlossen und mit der Durchführung des Planes begonnen worden ist, dann bleibt für den Versuch eines Interessenausgleichs mit dem Betriebsrat kein Raum mehr (BAG 20.04.1982 - 1 ABR 3/80, juris). Das gilt selbst dann, wenn dem Arbeitgeber im Zeitpunkt seines Entschlusses bekannt war, dass im Betrieb ein Betriebsrat gewählt werden soll (BAG 28.10.1992 - 10 ABR 75/91, juris).

(3)Eine geplante Betriebsänderung darf schließlich noch nicht soweit durchgeführt sein, dass eine Unterrichtung, Beratung und Verhandlung über sie obsolet wäre, weil bereits vollendete, irreversible Tatsachen geschaffen sind (vgl. Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl. § 111 Rn. 109 mwN).

bb.Hiernach konnte im Streitfall mit den im einstweiligen Rechtsschutz gegebenen Mitteln nicht mit Gewissheit festgestellt werden, dass dem Betriebsrat die zu sichernden Beteiligungsrechte zustehen.

(1)Es steht nicht mit Sicherheit fest, dass eine Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG vorliegt.

Die bei einem reinen Personalabbau gemäß § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG iVm. § 17 KSchG nach der Rechtsprechung hierfür erforderliche Anzahl an Entlassungen iHv. von 5 % der Arbeitnehmer des Gemeinschaftsbetriebs, von den Arbeitgeberinnen hier - ausgehend von einer Gesamtzahl von 1637 Arbeitnehmern - mit 82 Arbeitnehmern errechnet, ist durch die bereits beschlossene und umgesetzte Schließung der Bereiche Technik und Medizintechnik mit zusammen etwa 43 Arbeitnehmern nicht erreicht. Werden die Bereiche IT und Labor hinzugerechnet, in denen Arbeitnehmer von Unternehmen der B.-Gruppe bereits auf einen Wechsel angesprochen worden sind, ergeben sich nach Darstellung des Betriebsrats 67, nach Darstellung der Arbeitgeberinnen 62 Betroffene. Die unter dem Stichwort "Regionalzentrale" in dem Organigramm Bl. 15 GA zusammengefassten Bereiche sollen im Gemeinschaftsbetrieb nicht abgebaut, sondern nur einem neuen Arbeitgeber übertragen werden, der dann Mitinhaber des Gemeinschaftsbetriebs würde. Gegenteiliges konnte die Kammer nicht feststellen und wurde vom Betriebsrat auch nicht glaubhaft gemacht.

Allerdings verbleiben die weiteren in dem Organigramm unter dem Stichwort "ZEL" genannten Bereiche Einkauf, Hygiene, Hostessendienst St. D. und Informationszentrale mit weiteren ca. 46 Arbeitnehmern. Mit diesen Bereichen wären ausreichend viele, nämlich 108 bzw. 113 Arbeitnehmer für den Tatbestand einer Betriebsänderung betroffen. Doch steht insoweit nicht zu vollen Überzeugung des Beschwerdegerichts fest, dass die Arbeitgeberinnen über Vorüberlegungen hinaus die Ausgliederung der Bereiche tatsächlich planen.

Zwar sind die Arbeitgeberinnen erst zum 01.05.2020 im Zuge eines Insolvenzverfahrens von der B.-Gruppe übernommen worden, was eine baldige Sanierung und Eingliederung in die dort gegebenen Strukturen nahelegt. Auch haben die Arbeitgeberinnen mit E-Mail vom 27.07.2020 der Mitarbeitervertretung ein Organigramm vorgelegt, in dem u.a. auch die vorgenannten Bereiche unter dem Stichwort "Ausgliederung" aufgeführt waren. Dieses Organigramm gibt die Struktur der meisten von der B.-Gruppe betriebenen Häuser wieder. Ferner haben die Arbeitgeberinnen bald darauf die Bereiche Technik und Medizintechnik geschlossen und es zugelassen, dass Arbeitnehmer der Bereiche IT und Labor von gruppenangehörigen Unternehmen auf einen Wechsel angesprochen werden. Dies spricht indiziell stark für entsprechende weitergehende Planungen der Arbeitgeberinnen.

Doch haben die Arbeitgeberinnen unwidersprochen vorgetragen, dass sie in einzelnen ihrer Häuser durchaus nicht alle im Organigramm unter "ZEL" aufgeführten Bereiche ausgegliedert, sondern einzelne auch betriebsintern weitergeführt haben. Bei diesem Bild kann derzeit nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Arbeitgeberinnen für sich eine unternehmerische Entscheidung in Bezug auf die fraglichen Bereiche ihres P.er Betriebs bereits in einer Weise getroffen hätten, dass hieran der Betriebsrat zu beteiligen wäre. Vielmehr erscheint es nicht ausgeschlossen, dass sie die Entscheidung, wie behauptet, tatsächlich von einer jeweiligen Einzelfallprüfung abhängig machen wollen.

Ob eine rein qualitative Betrachtungsweise der geplanten Maßnahme auch ohne die ansonsten erforderliche Zahl an betroffenen Mitarbeitern die Annahme einer Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG rechtfertigen kann, hat das Bundesarbeitsgericht erwogen, bislang aber stets offen gelassen (vgl. die Nachweise bei Fitting u.a., aaO, § 111 Rn. 70). Die Frage kann auch hier offen bleiben. Die Ausgliederung der Bereiche Technik und Medizintechnik sowie IT und Labor sind für den gesamten Krankenhausbetrieb nicht von solcher Bedeutung, dass sie unabhängig von der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer als Betriebsänderung anzusehen ist. Es handelt sich um klassische sogenannte tertiäre Leistungen in einem Krankenhausbetrieb, dem pflegerische und ärztliche Leistungen das Gepräge geben. Die Technik ist eine bloße Hilfsdisziplin mit untergeordneter Bedeutung. Dies bestätigt der Blick auf die übrigen von der B.-Gruppe geführten Krankenhäuser, in denen diese Bereiche ganz überwiegend ausgegliedert sind, ohne dass deshalb wesentliche andere Betriebe anzunehmen wären.

(2)Aus dem gleichen Grund scheidet auch eine Betriebsänderung iSv. § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG aus. Eine grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen der Krankenhäuser und sonstigen Einrichtungen des P.er Gemeinschaftsbetriebs ist mit der Ausgliederung der oben genannten tertiären Bereiche nicht verbunden.

(3)Das Berufungsgericht konnte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch nicht abschließend klären, ob der Betriebsrat so zu behandeln ist, als habe er bei der unternehmerischen Planung der fraglichen Betriebsänderung bereits bestanden.

Einem Betriebsrat, der erst zu einem Zeitpunkt gewählt wird, zu dem die Planung über die Betriebsänderung bereits abgeschlossen und mit der Durchführung des Planes begonnen worden ist, stehen die Ansprüche aus §§ 111 ff. BetrVG nicht zu (BAG 20.04.1982 - 1 ABR 3/80, juris). Ob beim Übergang von kirchlicher Einrichtung zu weltlichem Träger die vormalige kirchliche Mitarbeitervertretung bis zur Wahl eines Betriebsrats ein Übergangsmandat hat mit der Folge, dass der nachfolgend gewählte Betriebsrat die Beteiligungsrechte aus §§ 111 ff. BetrVG ausüben könnte, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden und wird - soweit ersichtlich - in der Literatur abgelehnt (Trebeck, ArbR Aktuell, 2020 345 ff; Reichold, ZAT 2019, 170 ff.).

Ob die Arbeitgeberinnen der Mitarbeitervertretung Zusicherungen über die Behandlung nach Maßgabe des BetrVG gemacht haben, hat der Betriebsrat nicht ausreichend spezifiziert und glaubhaft gemacht. Ob eine nachfolgende Abkehr der Arbeitgeberinnen von solchen Zusicherungen gegen die Grundsätze vertrauensvoller Zusammenarbeit verstoßen würde und dem Betriebsrat aus diesem Grund die Beteiligungsrechte auch dann zustehen, wenn die Arbeitgeberinnen die Betriebsänderung in der Zwischenzeit zwischen dem Ende der Amtszeit der Mitarbeitervertretung und der Wahl des Betriebsrats beschlossen hätten, erscheint zudem fraglich. Denn der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 3 BetrVG) setzt grundsätzlich das Bestehen eines Betriebsrats voraus.

(4)Allerdings war - eine einheitliche Unternehmerentscheidung unterstellt - die Maßnahme entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts noch nicht soweit durchgeführt, dass das Beteiligungsrecht des Betriebsrats gegenstandslos geworden wäre. Die Ausgliederung der noch vorhandenen Bereiche IT, Labor, Einkauf, Hygiene, Hostessendienst St. D. und Informationszentrale ist allein durch die bereits durchgeführte Ausgliederung der Bereiche Technik und Medizintechnik nicht irreversibel determiniert. Sie hängen nicht untrennbar zusammen. Vielmehr wäre eine anderweitige Entscheidung insoweit ohne weiteres möglich.

(5)Nach alledem erscheint es zwar nicht ausgeschlossen, dass dem Betriebsrat das geltend gemachte Beteiligungsrecht zusteht. Es steht aber nicht überwiegend fest.

c.Somit bedurfte es eines Verfügungsgrundes von solchem Gewicht, dass er trotz der erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärenden Ungewissheit über den Verfügungsanspruch die beantragten Sicherungsmaßnahmen gebot. Daran fehlte es.

aa.Allerdings dienen die Ansprüche des Betriebsrats aus §§ 111 ff. BetrVG auf Unterrichtung, Beratung und Verhandlung in Bezug auf eine geplante Betriebsänderung dem Schutz der betroffenen Arbeitnehmer vor oft weitreichenden Einschnitten in ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage. Auch ist festzustellen, dass die Ansprüche untergehen, wenn die Betriebsänderung ohne ihre Beachtung durchgeführt wird. Kündigungen und Aufhebungsverträge der Arbeitnehmer aus den betroffenen Betriebsbereichen wären praktisch irreversibel. Beides wiegt schwer.

bb.Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass der vom Gesetz in den §§ 111 ff. BetrVG gewährte Schutz der Arbeitnehmer - europarechtskonform - nur sehr begrenzt ist. Die Einigungsstelle über einen Interessenausgleich hat eine Einigung der Parteien nur zu versuchen (§ 112 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Der Betriebsrat kann seine Vorstellungen zum Schutz der Arbeitnehmer daher nicht durchsetzen.

Hinzu tritt, dass der Betriebsrat gemäß § 100 ArbGG die Möglichkeit hat, Beratungen und Verhandlungen über einen Interessenausgleich initiativ vor die Einigungsstelle zu bringen. Ein solcher Antrag könnte wegen fehlender Zuständigkeit nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG). Der Anspruch schützt den Betriebsrat zwar nicht davor, dass der Arbeitgeber zwischenzeitlich bis zum Abschluss der Verhandlungen der Einigungsstelle weitere Entlassungen vornimmt. In diesem Fall muss es dem Betriebsrat daher möglich sein, flankierend zu dem Einigungsstellenverfahren einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um seinen Verhandlungsanspruch vor dem Untergang zu sichern. Ohne die Verknüpfung mit dem für den Betriebsrat zugänglichen Einigungsstellenverfahren über einen Interessenausgleich stellt sich der Antrag auf Untersagung von Entlassungen aber weniger als Schutz des Verhandlungsanspruchs denn als bloßer Versuch dar, solche Entlassungen zu verhindern oder aufzuschieben.

Letztlich spricht entscheidend die Abwägung der jeweiligen Folgen gegen einen Verfügungsanspruch. Würde den Arbeitgeberinnen etwa untersagt, über die bereits vorgenommen ca. 43 Entlassungen in den Bereichen Technik und Medizintechnik hinaus weiter Entlassungen in den Bereichen IT und Labor mit zusammen ca. 19 bzw. 24 Arbeitnehmern durchzuführen, hätte dies für die Arbeitgeberinnen die Belastung mit Vergütungsansprüchen für die Dauer der Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens über den Interessenausgleich und damit für mehrere Monate zur Folge. Erweist sich in einem späteren Hauptsacheverfahren, dass dem Betriebsrat ein Verhandlungsanspruch nicht zugestanden hat, könnten die Arbeitgeberinnen keinen Ersatz ihres möglicherweise nicht unerheblichen Schadens aus der verzögerten Entlassung erlangen. Denn der Ersatzanspruch aus § 945 ZPO ist für das Beschlussverfahren gemäß § 85 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen. Dies hat im vorliegenden Fall, in dem die Arbeitgeberinnen aus einem Insolvenzverfahren übernommen wurden, besonderes Gewicht.

Würde umgekehrt die Untersagungsverfügung nicht ergehen, wäre dem Betriebsrat nicht die Chance genommen, auf den Entschluss des Arbeitgebers durch Interessenausgleichsverhandlungen Einfluss zu nehmen. Er könnte mit beträchtlichen Aussichten das Verfahren nach § 100 ArbGG einleiten. Seine Einflussmöglichkeit in diesem Verfahren ist allerdings ohnehin eher gering, da der Arbeitgeber eine Einigung mit dem Betriebsrat über den Interessenausgleich nur versuchen muss (§ 112 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Wollte der Arbeitgeber die Verhandlungen durch gleichzeitige Vornahme von Entlassungen unterlaufen, könnte der Betriebsrat bei Überschreiten der für eine Betriebsänderung erforderlichen Anzahl an Arbeitnehmern zudem immer noch den dann an dieser Hürde nicht mehr scheiternden Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen. Zudem ist das Recht des Betriebsrats, einen Sozialplan zu erzwingen, der den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile aus einer geplanten Betriebsänderung für die Arbeitnehmer bezweckt, auch bei vollständiger Durchführung der Betriebsänderung nicht beeinträchtigt. Es besteht auch im Nachhinein (allg. Meinung, vgl. GK-BetrVG/Oetker, 11. Aufl. 2018, §§ 112, 112a BetrVG Rn. 146 mwN).

III.Einer Kostenentscheidung bedurfte es im Beschlussverfahren nicht.

IV.Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 92 Abs. 1 Satz 3, § 85 Abs. 2 ArbGG).

QueckeVossenLepges