für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der ledige und kinderlose Kläger ist nach seinen Angaben Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien kurdischer Volkszugehörigkeit.
Er reiste aus Syrien aus und auf dem Landweg über die Türkei nach Bulgarien ein. Dort stellte er am 23. Juni 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bulgarien erkannte ihm unter dem 25. August 2015 die Flüchtlingseigenschaft zu. Der Kläger erhielt einen Flüchtlingsausweis und einen Aufenthaltstitel. Der Kläger reiste auf dem Landweg weiter und am 18. Oktober 2015 in das Bundesgebiet ein.
Der Kläger stellte beim Bundesamt am 8. Januar 2016 einen Asylantrag. Im Verwaltungsverfahren legte er dar, er sei am 15. Juni 2015 aus Syrien ausgereist. Am 20. Juni 2015 sei er nach Bulgarien eingereist; er habe sich vier Monate in Sofia aufgehalten. Er sei inhaftiert und im Gefängnis geschlagen worden. Er sei nach seiner Einreise in das Bundesgebiet kurativ in eine Psychotherapie überwiesen worden. Im Januar 2016 lehnte die bulgarische Flüchtlingsagentur ein Übernahmeersuchen des Bundesamts ab. Die bulgarische Behörde führte an, die Dublin III-Verordnung sei nicht anzuwenden, weil dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. Ein Übernahmeersuchen nach dem Rückübernahmeabkommen sei an die bulgarische Grenzpolizeidirektion zu richten. Einen an die bulgarische Grenzschutzdirektion gerichteten Antrag auf Überstellung des Klägers stellten sowohl nicht das Bundesamt als auch nicht die Ausländerbehörde oder das Bundespolizeipräsidium.
Mit Bescheid vom 23. März 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers ab. Es forderte den Kläger auf, binnen 30 Tagen ab Unanfechtbarkeit des Bescheids aus dem Bundesgebiet auszureisen. Gleichzeitig drohte es dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an. Eine Abschiebung nach Syrien verbot das Bundesamt. Ein nach Auffassung des Bundesamts bestehendes gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot befristete das Bundesamt auf 30 Monate ab einer Abschiebung.
Der Kläger hat rechtzeitig Klage erhoben.
Er trägt unter Vorlage von Schriftstücken in kyrillischer Schrift und (Teil-)Photographien ärztlicher Unterlagen vor,
er sei im August 2014 aus Syrien ausgereist. Im Oktober 2014 sei er nach Bulgarien eingereist. Er sei an der bulgarischrumänischen Grenze festgenommen worden. Gegen ihn sei eine Haftstrafe von vier Monaten verhängt worden. Später sei er erneut an der bulgarischrumänischen Grenze festgenommen worden. Gegen ihn sei eine weitere Haftstrafe von fünf Monaten verhängt worden. Im Gefängnis sei er mit vier anderen Personen in einer mit nur zwei Betten ausgestatteten Zelle inhaftiert worden. Er habe in eine Flasche urinieren müssen. Er habe 20 Tage nicht duschen dürfen. Er habe sexuelle Übergriffe erlitten. Ein Arzt habe ihn nicht wegen Bauchschmerzen behandelt. Später sei er in Sofia für 15 Tage in einer großen Halle untergebracht worden. Er habe - neben Schweinefleisch - nur Brötchen und Wasser erhalten. Nach 7 ½ Monaten sei ihm eine Freiheitsstrafe von drei Jahren angedroht worden. Daraufhin habe er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Er sei 2016 im Bundesgebiet ärztlich behandelt worden.
Der Bescheid des Bundesamts sei unbestimmt.
Die Überstellungsfristen des deutschbulgarischen Rückübernahmeabkommens seien abgelaufen. Die asylrechtliche Verantwortung für den Kläger sei nach Art. 2 des Straßburger Übereinkommens vom 16. Oktober 1980 auf die Beklagte übergegangen.
In Bulgarien beständen systemische Mängel. Er habe während seines Aufenthalts in Bulgarien keine sozialen Fürsorgeleistungen erhalten.
Die Ausreisefrist sei fehlerhaft festgesetzt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes vom 23. März 2016 aufzuheben,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, wegen Bulgarien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Bescheid des Bundesamts vom 23. März 2016 ist im Wesentlichen rechtmäßig und verletzt den Kläger insgesamt nicht in seinen Rechten.
Der Bescheid ist nicht wegen etwaiger formeller Fehler aufzuheben.
Soweit das Bundesamt mit dem Kläger zwar ein persönliches Gespräch geführt hat, nicht aber eine Asylanhörung nach § 25 AsylG durchgeführt haben soll, ist dies dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Gegenstand des angefochtenen Bescheids ist nicht eine für den Kläger in Syrien bestehende Verfolgungsgefahr, auf die die Anhörung nach § 25 Abs. 1 AsylG abzielt. Im Übrigen ist er schriftlich angehört worden (Beiakte 1 Bl. 24); er hat zu seinen Verfolgungsgefahren in Syrien auch Stellung genommen (Beiakte I Bl. 42 ff.). War die Anhörung nach § 25 AsylG nicht durchzuführen bzw. wurde sie durchgeführt, bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob dem Aufhebungsbegehren § 46 VwVfG entgegensteht (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 -, juris Rn. 42).
Die Entscheidungen des Bundesamts sind nicht unbestimmt. Die vom Bundesamt tenorierten Entscheidungen sind klar und machen den erklärten Willen des Bundesamts hinreichend deutlich (zur Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots vgl. unten Seite 156). Dies gilt auch für die Entscheidung, dass der Antrag als unzulässig abgelehnt wurde. Das Bundesamt hat in den Gründen des Bescheids auch eine Rechtsgrundlage benannt (§ 60 Abs. 1 und 2 AufenthG a. F.). Im Übrigen ist die damalige Rechtslage schon nicht (mehr) anzuwenden. Heute gilt sowieso eine in dem Bescheid (nicht) angeführte Rechtsvorschrift nicht mehr, sondern § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (§ 77 AsylG). Dass daneben der vom Kläger zu § 37 VwVfG geltend gemachten Rechtsauffassung wegen § 77 AsylG nicht zu folgen ist, bedarf daneben keiner weiteren Erläuterung.
Das Bundesamt hat den Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt. Der in Deutschland gestellte Asylantrag ist gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig, weil dem Kläger in Bulgarien die Flüchtlingseigenschaft und damit internationaler Schutz im Sinn des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuerkannt wurde.
Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nicht infolge vom Kläger geltend gemachter Nichtgewährung von Sozialleistungen wegen systemischen Verstoßes gegen Kapitel VII der EU-Qualifikations-Richtlinie 2011/95/EU ausgeschlossen, wenn er denn bestehen sollte (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, juris Rn. 24). Der Kläger kann ggf. in Bulgarien um Rechtsschutz nachsuchen.
Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nicht wegen einer für den Kläger in Bulgarien drohenden Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh und Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgeschlossen. Eine solche für den Kläger bestehende Gefahr ist nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit festzustellen.
Ein Asylbewerber darf und muss (EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 -, juris Rn. 41: "... die Mitgliedstaaten ... zu der Vermutung berechtigt und verpflichtet, ..."), aufgrund des unionsrechtlichen Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens in einen anderen Mitgliedstaat überstellt werden, es sei denn, er würde dort aufgrund der voraussichtlichen Lebensumstände der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt. Dies ist für den Kläger in Bulgarien nicht der Fall.
Der Kläger ist in Bulgarien vor syrischer politscher und kriegsbedingter Verfolgung sicher.
Die für ihn zu prognostizierten sonstigen Lebensbedingungen in Bulgarien begründen keine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh und Art. 3 EMRK.
Systemische, allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen erreichen die besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erst, wenn auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben festzustellen ist, dass sich eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, die elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen - wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden - und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. -, juris Rn. 90, und - C-163/17 -, juris Rn. 76 ff. [insbesondere Rn. 92 f. und 96 f.] sowie Beschluss vom 13. November 2019 - C-540 und 541/17 -, juris Rn. 39].
Die Prognose einer solchen Verelendung in Bulgarien ist für den Kläger nicht gerechtfertigt. Es ist nicht auszuschließen, dass der ledige und gesunde 29-jährige Kläger in Bulgarien seinen notwendigsten Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit bestreiten kann. Eine solche Prognose entspricht in der Regel der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris = www.nrwe.de; ebenso SächsOVG, Urteil vom 15. Juni 2020 - 5 A 382/18 -; OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 17. März 2020 - 7 A 10903/18.OVG -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - OVG 3 B 8.17 -; OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22. Oktober 2019 - A 4 S 2476/19 -; OVG Schleswig, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -; OVG Sachs.-Anhalt, Beschluss vom 22. August 2018 - 3 L 50/17 -; alle juris; vgl. auch zur aktuellen Rechtsprechung der Kammer VG Münster, Urteil vom 27. August 2020 - 8 K 237/15.A -, juris = www.nrwe.de). Soweit das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 31. Januar 2018 - 10 LB 87/17 -, juris, eine andere Auffassung vertreten hatte, kann - auch nach dessen Auffassung - nicht angenommen werden, dass diese obergerichtliche Grundsatzentscheidung zu der zu bewertenden Tatsachenfrage nach einem längeren Zeitablauf noch unverändert Gültigkeit beansprucht, so dass die Entscheidung infolge einer veränderten Sachlage als überholt anzusehen ist (OVG Nds., Beschluss vom 8. Januar 2020 - 10 LA 3/20 -, juris Rn. 11).
Der Kläger kann bei den notwendigen Anstrengungen eine Beschäftigung zumindest im Bereich der körperlichen (Gelegenheits-)Arbeiten oder im ländlichen Bereich in Bulgarien finden. Diese Möglichkeiten, Einkommen zu erzielen, sind nicht durch die allgemeine Lage in Bulgarien ausgeschlossen.
Arbeitsfähige Schutzberechtigte haben in Bulgarien die reale Möglichkeit, durch Arbeit ihr Existenzminimum zu sichern. Schutzberechtigte haben nunmehr automatischen und bedingungslosen Zugang zum Arbeitsmarkt. Zwar sehen sie sich Hindernissen wie insbesondere mangelnden Sprachkenntnissen oder fehlender Anerkennung ihrer Ausbildung gegenüber. Trotzdem bestehen nach einer im Auftrag des UNHCR erstellten Studie eines österreichischen Consulting-Unternehmens aus Dezember 2018 für erwerbsfähige Schutzberechtigte durchaus Chancen, eine Arbeitsstelle zu finden, weil u.a. wegen Abwanderung Jüngerer in die Städte und ins europäische Ausland in Bulgarien Arbeitskräftemangel herrscht. So verzeichnete Bulgarien nach vorläufigen Berechnungen der EU allein in 2019 einen Bevölkerungsrückgang um ca. 50.000 Einwohner, d. h. um 7,0 ‰, und damit den stärksten Bevölkerungsrückgang aller EU-Mitgliedstaaten. Dies ist Teil eines jahrelangen Trends. So verringerte sich Bulgariens Bevölkerung von 2010 bis 2019 um etwa 420.000 Einwohner (5,7 %). Seit 1990 fiel die Zahl der Einwohner um fast 20 % von 8,7 Millionen auf etwa 7 Millionen in 2019. Gleichzeitig stieg das mittlere Alter der Bevölkerung kontinuierlich. Die Vorausberechnungen von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Union, prognostizieren einen weiteren Rückgang der Einwohnerzahl (2030: ca. 6,5 Millionen 2040: ca. 6 Millionen; vgl. dazu eurostat, EU-Bevölkerung im Jahr 2020 bei fast 448 Millionen, https://ec.europa.eu/eurostat /documents/2995521/11081097/3-10072020-AP-DE.pdf/7f863daac1ac-758fe8 2b-954726c4621f; eurostat, Bevölkerung am 1. Januar nach Alter und Geschlecht, https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/showdödataset=demo_ pjan&lang=de; statista, Durchschnittsalter der Bevölkerung von 1950 bis 2020 und Prognosen bis 2050, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/278580/ umfrage/durchschnittsalterderbevoelkerunginbulgarien/; eurostat, Bevölkerung am 1. Januar nach Alter, Geschlecht und Art der Vorausberechnung, https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.dödataset=proj_19np&lang=de). Auch aufgrund dieser Entwicklungen besteht vermehrt größeres Interesse von Seiten von Unternehmen im Lande, die sich teilweise direkt bei der Flüchtlingsagentur SAR erkundigen, wie sie die Aufnahme von Flüchtlingen realisieren können. Beispielsweise können sie in der Landwirtschaft und der (aktuell: nicht touristischen) Gastronomie Arbeit finden, wofür keine besondere Ausbildung oder Sprachkenntnisse erforderlich sind. Schutzberechtigte werden auch in Callcentern mit arabischer Sprache eingestellt. Gleiches gilt für die verarbeitende Industrie, wo sie gering qualifizierte Arbeiten ausführen (vgl. CATRO, "Bulgarian labour market needs as key to refugee employment", https://www.unhcr.org/bg/wpcontent/uploads/sites/18/2019/03/CATRO-Employ ment-Report-EN-FINAL.pdf; Auskunft der deutschen Botschaft Sofia an das Auswärtige Amt vom 1. März 2018; Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Trier vom 26. April 2018, unter Fragenbereich 3: Zugang zum Arbeitsmarkt).
Die aktuellen Folgen der Sars-CoV-2-Pandemie führen zu keiner anderen Prognose. Die Quote der registrierten Arbeitslosen in Bulgarien lag im Oktober 2020 insgesamt bei 5,7 %, bei den 25-jährigen und älteren Männern bei 5,6 % und ist damit nur unwesentlich höher als diejenige in Deutschland (4,5 % bzw. 4,3 %; vgl. eurostat, Arbeitslosendaten nach Geschlecht und Alter - monatliche Daten, https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.dödataset=une_rt_m& lang=de).
Dass der Kläger damit keine Arbeit an seinem Wunschort (in Deutschland) oder in seinem Wunschberuf findet, begründet keine menschenrechtswidrige Gefahr. Die Grundrechte-Charta und die Europäische Menschenrechtskonvention begründen kein Recht, den Ort zu wählen, der am besten geeignet ist, das Privat- und Familienleben aufzubauen (vgl. EGMR, Entscheidung vom 7. Oktober 2004 - 33743/03 -, juris Rn. 97; BVerwG, Urteil vom 30. März 2010 - 1 C 8.09 -, juris Rn. 34).
Dass sich die materiellen Lebensumstände des Klägers in Bulgarien zwar nicht im Verhältnis zu denjenigen in Syrien, aber zu denjenigen in Deutschland verschlechtern dürften, rechtfertigt keine Prognose einer menschenrechtswidrigen Behandlung in Bulgarien. Selbst große Armut reicht nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht aus, eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung anzunehmen, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden ist. Damit reicht erst recht nicht eine allein starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person aus. Auch das Fehlen von familiären Strukturen und familiärer Solidarität, wie sie für Staatsangehörige des Mitgliedstaates regelmäßig bestehen, ist kein Grund für eine derartige Annahme. Zudem rechtfertigt weder ein fehlender Zugang zu Integrationsprogrammen noch bessere Sozialhilfestandards oder Lebensbedingungen im überstellenden Mitgliedstaat die Feststellung einer Verletzung des Art. 4 GRCh/Art. 3 EMRK (vgl. nur EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. -, juris Rn. 93 f.). Insoweit sind die europarechtlichen Anforderungen nicht anders als die Anforderungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK für Asylbewerber, die in ein sog. Entwicklungsland zurückgeführt werden sollen.
Wegen eines Übergangszeitraums unmittelbar nach einer Einreise nach Bulgarien, in dem der Kläger noch keine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben könnte, droht ihm keine Obdachlosigkeit. Die bulgarische Flüchtlingsagentur SAR bietet International Schutzberechtigten, die nicht mehr zur Unterkunft in den Zentren berechtigt sind, Unterkunft an, wenn sie von Obdachlosigkeit bedroht sind. Sie sorgt dort auch für eine Versorgung mit Lebensmitteln (Europäische Kommission, "Impact of government measures related to COVID-19 on thirdcountry nationals in Bulgaria" vom 11. Mai 2020, https://ec.europa.eu /migrantintegration/news/impactofgovernmentmeasuresrelatedtocovid-19-onthirdcountrynationalsinbulgaria). Diese temporäre Unterkunft kann zwischenzeitlich als Meldeadresse genutzt werden (OVG Schleswig, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris Rn. 99). Im Übrigen soll bei der Arbeitsaufnahme in der Praxis eine feste Meldeanschrift keine entscheidende Rolle (mehr) spielen (OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A - juris Rn. 74, 93).
Ist der Kläger in der Lage, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, droht ihm nicht die Gefahr, keinen Zugang zu einer medizinischen Basisversorgung zu erhalten. Schutzberechtigte können sich in Bulgarien auf eigene Kosten eine Krankenversicherung abschließen, wobei sich die Kosten nach der aktuellsten Auskunft auf 20,40 BGN (also ca. 10,46 Euro) pro Monat belaufen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Stand: 28. August 2019, S. 22; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Nds. OVG vom 18. Juli 2018, S. 9; AIDA, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, S. 77). Aus Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK lässt sich kein weitergehender Anspruch auf die bestmögliche bzw. eine umfassende medizinische Behandlung herleiten. Auch sonst können Ausländer ein Recht auf Verbleib im Bundesgebiet grundsätzlich nicht beanspruchen, um in den Genuss einer medizinischen, sozialen oder anderen Versorgung zu gelangen, die in Deutschland während ihres Aufenthalts gewährt wird. Die Tatsache, dass die Situation in Bulgarien weniger vorteilhaft als die Betreuung in Deutschland wäre, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte angesichts der hohen Schwelle des Art. 3 EMRK nicht maßgeblich (EGMR, z. B. Entscheidung vom 7. Oktober 2004 - 33743/03 -, juris Rn. 86 f.).
Die sonstigen persönlichen Verhältnisse des Klägers begründen keine andere Bewertung der Frage, ob die für Schutzberechtigte bestehenden Lebensverhältnisse in Bulgarien eine Gefahr im Sinn der Art. 4 GRCh oder Art. 3 EMRK begründen. In - wie hier - Drittstaatenverfahren kommt es in der Regel auf die von den individuellen Besonderheiten weitgehend unabhängige Beurteilung der Lage in dem bestimmten Abschiebungszielstaat an. Denn in der Regel gleichen diese Fälle sich in Bezug auf die Frage, ob Schutzberechtigte dort ihren existenziellen (Mindest-)Lebensunterhalt sichern, Obdach finden und Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten können (BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 12).
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf seine schwierigen Lebensumstände bei dem vorangegangenen Aufenthalt in Bulgarien hingewiesen hat, führt dies auch im Übrigen zu keiner anderen Entscheidung. Wegen der zwischenzeitlichen Veränderungen in Bulgarien können aus diesen Jahre zurückliegenden Ereignissen, wenn sie geschehen waren, keine Rückschlüsse mehr auf die gegenwärtige Situation gezogen werden. Der Kläger kann insbesondere nicht wegen illegalen Grenzübertritts strafrechtlich verfolgt werden. Er ist in Bulgarien als Flüchtling anerkannt. Ihm wurde eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er reist im Falle seiner Überstellung nicht illegal nach Bulgarien ein.
Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nicht ausgeschlossen, weil Bulgarien einer Überstellung des Klägers bis zum heutigen Tag und damit über Jahre nicht zugestimmt hat.
In dem hier zu bewertenden Einzelfall ist nicht die Prognose gerechtfertigt, dass Bulgarien ein Rückübernahmeersuchen ablehnt, wenn es jetzt noch gestellt würde. Für eine zukünftige Ablehnung eines Rückübernahmeersuchens sind keine hinreichenden Prognosetatsachen festzustellen. Dass infolge Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des deutschbulgarischen Rückübernahmeabkommens vom 1. Februar 2006 (BGBl. II Seite 259) eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine zukünftige Ablehnung Bulgariens bestehen könnte reicht als Prognosetatsache nicht aus. Nach dieser bilateralen völkervertraglichen Regelung muss ein Übernahmeersuchen innerhalb von zwölf Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder dem rechtswidrigen Aufenthalt der betroffenen Person gestellt werden. Eine Fristverlängerung für das Übernahmeersuchen ist nicht vorgesehen. Allein die Überstellungsfrist kann verlängert werden (Art. 7 Abs. 3 Satz 2 Rückübernahmeabkommen). Für eine Prognose, ob Bulgarien ein künftiges Übernahmeersuchen ablehnt, kommt es aber nicht darauf an, ob Bulgarien verpflichtet oder auch nur berechtigt ist, einem Übernahmeersuchen zu entsprechen. Maßgeblich ist, ob Bulgarien einem Übernahmeersuchen entspricht oder nicht entspricht. In den Blick zu nehmen ist also die Verwaltungspraxis Bulgariens. Ein ersuchender Staat und damit die Beklagte hat keine Möglichkeit, die für die Überstellung eines Betroffenen erforderliche Mitwirkung des ersuchten Staates zu erzwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2020 - XIII ZB 38/19 -, juris Rn. 10). Zugleich könnten die Kläger gegen eine Zustimmung Bulgariens auch dann nicht erfolgreich vorgehen, wenn die Erklärung nach Ablauf der Frist des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 Rückübernahmeabkommen abgegeben würde. Die völkervertragliche Regel begründet keine subjektiven Rechte der betroffenen Personen (ebenso VG Berlin, Urteil vom 10. März 2016 - 23 K 10.16.A -, juris Rn. 32; Urteil vom 22. Januar 2016 - 23 K 618.14.A -, juris Rn. 27; VG Potsdam, Beschluss vom 3. November 2014 - 6 L 1047/14.A -, juris Seite 8). Zwischenstaatliche Rückübernahmeabkommen stehen außerhalb des Unionsrechts und regeln ausschließlich zwischenstaatliche öffentliche Interessen (vgl. VG Potsdam, a. a. O.).
Im Übrigen könnte - eine Frist nicht anordnendes - Unionsrecht Bulgarien veranlassen, Übernahmeersuchen auch nach Ablauf der Frist des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 Rückübernahmeabkommen zuzustimmen. Richtlinien sind für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet werden, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich; sie überlassen den innerstaatlichen Stellen nur die Wahl der Form und der Mittel (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie), den § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG umsetzt, geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten der ihnen nach dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem obliegenden Verpflichtung nachkommen, die Personen wieder zurückzunehmen, denen sie internationalen Schutz gewährt haben und die sich anschließend in einen anderen Mitgliedstaat begeben haben. Dass Art. 15 Abs. 2 des deutschbulgarischen Rückübernahmeabkommen nur Verpflichtungen der Beklagten aus ihrer Zugehörigkeit zur Europäischen Union unberührt lässt, steht nicht entgegen. Die Formulierung hat seinen Grund in der Tatsache, dass Bulgarien zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens nicht Mitglied der Europäischen Union war. Bulgarien wurde 2007 Mitglied der Union. Seit diesem Zeitpunkt besteht auch für Bulgarien ein Vorrang des Unionsrechts (vgl. SächsOVG, Urteil vom 15. Juni 2020 - 5 A 382/18 -, juris Rn. 53). Gleichzeitig laufen nicht die Fristen des Art. 23 Abs. 2 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO) für ein Wiederaufnahmegesuch. Die Dublin III-VO ist nicht anzuwenden (EuGH, Beschluss vom 5. April 2017 - C-36/17 -, juris Rn. 39 und 41; Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u. a. -, juris Rn. 79). Art. 33 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie selbst gibt aber keine Fristen vor. Das Ziel, die zügige Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden, kann nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs nicht beeinträchtigt werden, weil Drittstaatsangehörige wie der Kläger bereits internationalen Schutz genießen (EuGH, Beschluss vom 5. April 2017 - C-36/17 -, juris Rn. 40).
Dass Bulgarien nach Ablauf der Frist des Art. 7 Abs. 2 Rückübernahmeabkommen gestellten Rückübernahmeersuchen zumindest in Einzelfällen zustimmt, wird durch einen vor dem Oberverwaltungsgericht Hamburg verhandelten Einzelfall bestätigt. Dort hat Bulgariens Grenzpolizei vier Jahre nach einem im Bundesgebiet gestellten Asylantrag aus Mai 2015 bzw. Bundesamtsbescheid aus Juni 2015 noch im Juni 2019 der Überstellung eines Asylbewerbers zugestimmt (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A -, juris Rn. 2, 5 und 30).
Die Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist nicht ausgeschlossen, weil die Frist des Art. 2 des Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 (European Agreement on the Transfer of Responsibility for Refugees - EATRR -, BGBl. 1994 II Seite 2645; Sammlung Europäischer Verträge Nr. 107; vgl. auch https://rm.coe.int/ 1680078b21), ein sog. "Straßburger Übereinkommen", abgelaufen ist.
Es mag für die hier allein zu treffende Entscheidung dahingestellt bleiben, ob sich das asylrechtliche Entscheidungsprogramm für das Bundesamt (§ 31 AsylG) und damit dessen Zuständigkeit (§ 5 Abs. 1 AsylG) auf einen Verantwortungsübergang nach diesem "Straßburger Übereinkommen" erstreckt (ein inlandbezogenes Vollstreckungshindernis annehmend OVG Nds., Beschluss vom 2. August 2018 - 8 ME 42/18 -, juris Rn. 25; BayVGH, Beschluss vom 3. Dezember 2019 - 10 ZB 19.34074 -, juris Rn. 6; vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 -, juris Rn. 34 letzter Satz; das Übereinkommen in Bezug auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG prüfend VG Düsseldorf, Urteil vom 26. Mai 2020 - 22 K 17460/17.A -, juris Rn. 119 ff.).
Auf das "Straßburger Übereinkommen" kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil Bulgarien nicht Partner dieses völkerrechtlichen Vertragsverhältnisses ist. Das Übereinkommen ist nicht von Bulgarien unterschrieben und damit auch nicht ratifiziert worden (vgl. https://www.coe.int/de/ web/conventions/fulllist/-/conventions/treaty/107/signatures).
Im Übrigen ist der vom Kläger geltend gemachte Verantwortungsübergang auf Deutschland nach Art. 2 EATRR nicht wegen eines mehr als zweijährigen Aufenthalts im Bundesgebiet erfolgt.
Nach Art. 2 Abs. 1 UAbs. 1 EATRR gilt die Verantwortung nach Ablauf von zwei Jahren des tatsächlichen und dauernden Aufenthalts im Zweitstaat mit Zustimmung dessen Behörden oder zu einem früheren Zeitpunkt als übergegangen, wenn der Zweitstaat dem Flüchtling gestattet hat, entweder dauernd oder länger als für die Gültigkeitsdauer des Reiseausweises in seinem Hoheitsgebiet zu bleiben. Bei der Berechnung der Frist werden u. a. Zeiten, in denen der Flüchtling im Hoheitsgebiet des Zweitstaats bleiben darf, solange ein Rechtsmittelverfahren gegen eine Entscheidung der Aufenthaltsverweigerung oder der Ausweisung aus dem Hoheitsgebiet anhängig ist, nur dann berücksichtigt, wenn die Rechtsmittelentscheidung zugunsten des Flüchtlings getroffen wird (Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c EATRR).
Die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 EATRR liegen offensichtlich nicht vor. Ein Verantwortungsübergang tritt allein wegen eines tatsächlichen Aufenthalts nicht ein. Ein entsprechend langer tatsächlicher Aufenthalt im Zweitstaat ist zwar notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung des Verantwortungsübergangs (" ...tatsächlichen und dauernden Aufenthalts..."). Zusätzlich zu der tatsächlichen Aufenthaltsdauer muss der Aufenthalt mit Zustimmung der Behörden des Zweitstaats stattgefunden haben. Hierfür ist - wie dem Prozessbevollmächtigen des Klägers bekannt sein muss (vgl. sein Mandat 9-1362/2017-HA) - zumindest erforderlich, dass der Zweitstaat zu erkennen gibt, dass er den "dauernden" Aufenthalt billigt (OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2018 - 18 B 171/18 -). Für die Annahme einer Zustimmung zur Übernahme der Verantwortung ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Zweitstaat durch sein Verhalten in nach außen objektivierbarer Weise zu erkennen gibt, dass er den dauernden Aufenthalt billigt, indem er zum Beispiel in Kenntnis dieser Tatsache nichts unternimmt (OVG Sachsen, Beschluss vom 12. April 2016 - 3 B 7/16 -, juris Rn. 14).
Eine solche Billigung der Beklagten für einen dauernden Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet liegt aber nicht vor. Vielmehr will die Beklagte unter Berufung auf die Zuständigkeit Bulgariens, dass der Kläger das Bundesgebiet verlässt. Das Bundesamt hat den Kläger mit dem angefochtenen Bescheid zur Ausreise aufgefordert und ihm die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Die vorübergehende Aufenthaltsgestattung (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist nicht eine "Gestattung" im Sinn Art. 2 Abs. 1 EATRR. Sie ist nicht auf einen dauernden oder längeren Aufenthalt bezogen, sondern begründet allein ein am Asylverfahren ausgerichtetes vorläufiges Bleiberecht ("... ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt ... gestattet").
Im Übrigen sind die Zeiten dieses Klageverfahrens nach Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c EATRR nicht anrechenbar.
Dass die Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 3 EATRR vorliegen, ist nicht festzustellen. Der anwaltlich vertretene Kläger hat den bulgarischen Flüchtlingsausweis, dessen Besitz er behauptet, nicht vorgelegt (§§ 131 Abs. 1, 420 ZPO, §§ 98, 173 VwGO) noch sonst konkretisiert.
Die gegen den Kläger gerichtete Abschiebungsandrohung, die vom Bundesamt mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen versehen wurde, ist nicht aufzuheben (§ 113 Abs. 1 VwGO). Sie ist zwar im Hinblick auf die Ausreisefrist rechtswidrig. Sie verstößt objektiv gegen § 36 Abs. 1 AsylG (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Januar 2019 - 1 C 15.18 -, juris Rn. 50). Sie verletzt den Kläger aber nicht in seinen Rechten (BVerwG, Urteil vom 25. April 2019 - 1 C 51.18 -, juris Rn. 21).
Die Entscheidung des Bundesamts zu einem durch eine Abschiebung entstehenden Einreise- und Aufenthaltsverbot des Klägers ist im Ergebnis rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n. F. liegen vor.
Dass das Bundesamt ein "gesetzliches" Einreise- und Aufenthaltsverbot befristet hat, steht nicht entgegen. Zwar kann das Bundesamt kein gesetzliches Einreise- und Aufenthaltsverbot befristen, weil ein solches gesetzliches Verbot nicht besteht. Die in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG a. F. enthaltene Regelung, wonach das Einreise- und Aufenthaltsverbot kraft Gesetzes mit der Abschiebung eintritt, war mit der Richtlinie 2008/115/EG (Rückführungsrichtlinie) nicht vereinbar. Denn nach Art. 3 Nr. 6 Rückführungsrichtlinie bedarf das mit einer Rückkehrentscheidung einhergehende Einreise- und Aufenthaltsverbot stets einer behördlichen oder richterlichen Einzelfallentscheidung. Daher kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot im Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung nicht wirksam werden (BVerwG, Urteil vom 21. August 2018 - 1 C 21.17 -, juris, Rn. 21). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann aber in einer behördlichen Befristungsentscheidung, die - wie hier - vor der Abschiebung erfolgt ist, regelmäßig der konstitutive Erlass eines befristeten Einreiseverbots gesehen werden (BVerwG, Urteil vom 21. August 2018 - 1 C 21.17 -, juris, Rn. 25). Dies gilt auch im "asylrechtlichen" (§ 75 Nr. 12 AufenthG) Verfahren des Bundesamtes (BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2017 - 1 C 10.17 -, juris, Rn. 23).
Ermessensfehler in Bezug auf die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind nicht dargetan noch sonst ersichtlich. Die festgesetzte Frist von 30 Monaten hält sich in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG und Art. 11 Abs. 2 Satz 1 Rückführungsrichtlinie vorgegeben Rahmens von maximal fünf Jahren. Gründe für die Annahme, dass der ledige Kläger Anspruch auf eine kürzere Fristbestimmung haben könnte, sind nicht erkennbar.
Der Hilfsantrag muss ebenfalls ohne Erfolg bleiben. Bezogen auf Bulgarien hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Wegen einer Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 5 AufenthG, der auf die Europäische Menschenrechtskonvention verweist, ist aus den bereits oben angeführten Gründen keine Gefahr im Sinn dieser Vorschrift gegeben.
Eine Gefahr nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist ebenfalls nicht festzustellen.
Wegen der Sars-CoV-2-Pandemie und den damit verbundenen Risiken einer zukünftigen COVID-19-Erkrankung ist § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht anwendbar. Pandemiebedingte Gefahren, wenn sie in Bulgarien im Verhältnis zu den Verhältnissen im Bundesgebiet überhaupt ein hinreichendes Erheblichkeitspotential haben sollten (vgl. dazu die Diagramme des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten - ECDC -, COVID-19 country overviews, https://covid19-countryoverviews.ecdc.europa.eu/# 6_bulg aria bzw. #14_germany), sind allein bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (§ 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG). Diesen Gefährdungen ist die gesamte Bevölkerung Bulgariens ausgesetzt. Wegen einer Gefahr, der die gesamte Bevölkerung Bulgariens ausgesetzt ist und die den notwendigen Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht, kommt damit nur eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung in Betracht, die durch die oberste Landesbehörde, hier also durch das Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW, angeordnet sein muss (§ 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG). § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sperrt aber die Anwendung des Satzes eins auch, wenn eine solcher Abschiebestopp - wie hier - nicht angeordnet wird (BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2013 - 10 C 13.12 -, juris Rn. 13).
Wenn daneben individuelle Risikofaktoren oder die Zugehörigkeit zu einer besonderen Risikogruppe eine konkrete Gefahrenlage im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen können sollten, führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger wegen eines schweren Verlaufs einer Risikogruppe im Sinn des Robert Koch Instituts angehört (vgl. zu Risikogruppen RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 [COVID-19], zu 15.; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronaviru s/Steckbrief.html#doc13776792bodyText15; vgl. zu demographischen Risikodaten dort zu 8., https:/www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus /Steckbrief.html#doc13776792bodyText8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.