Auf die Erinnerung wird der Kostenansatz vom 23.04.2020 dahingehend abgeändert, dass eine einfache Gerichtsgebühr zugrunde zu legen ist.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
I.
Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2020 einen Vergleich geschlossen und hinsichtlich der Kosten um eine gerichtliche Entscheidung nach § 91a ZPO unter Verzicht auf Rechtsmittel und Begründung gebeten (Bl. 60 d.A., vorgeh.). Der Kostenbeschluss ist daraufhin am 26.03.2020 ohne Begründung ergangen (Bl. 64 d.A., vorgeh.).
Die Kostenbeamtin hat mit Kostenrechnung vom 23.04.2020 eine 3,0-Gerichtsgebühr festgesetzt (vgl. Bl. 69 d.A.). Dagegen hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.05.2020 Erinnerung eingelegt und die Ansicht vertreten, dass nur eine 1,0-Gebühr anfalle. Nach Durchführung des Abhilfeverfahrens (Bl. 72 d.A.) hat der Bezirksrevisor bei dem Landgericht im Rahmen seiner Stellungnahme vom 03.06.2020 darauf hingewiesen, dass eine Herabsetzung der Gerichtskosten auf 1,0 in analoger Anwendung der Nr. 1211 Ziff. 2 und 4 KV GKG mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht komme (Bl. 73 d.A.).
II.
Die nach § 66 GKG zulässige Erinnerung ist begründet.
Zwar ist der Ermäßigungstatbestand des Nr. 1211 KV GKG auf eine gerichtliche Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO bei ausdrücklichem Verzicht der Parteien auf Begründung und Rechtsmittel seinem Wortlaut nach nicht direkt anwendbar. Die Kostenreduzierung folgt aber aus einer analogen Anwendung der Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG in Zusammenschau mit Ziff. 3.
1. In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage, ob Nr. 1211 KV GKG in der vorliegenden Konstellation analog anzuwenden ist, umstritten (ablehnend: OLG Hamm, Beschl. v. 26.07.2019, Az. I-25 W 189/19, juris; OLG Braunschweig, NJW-Spezial 2015, 635; OLG Oldenburg, NJW-RR 2012, 1467; Schneider, NJW-Spezial 2016, 765 vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2016, 1472). Nach den Vertretern dieser Ansicht fehlt es insbesondere an der für eine Analogie erforderlichen Regelungslücke. Der Gesetzgeber habe sich bei der Neufassung von Nr. 1211 KV GKG durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz mit dem vorliegenden Problem auseinandergesetzt und die entsprechende Regelung bewusst getroffen, ohne einen Ermäßigungstatbestand für diese Konstellation zu schaffen. Hinweise auf Entscheidungen vor Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (z.B. OLG München, NJW-RR 2003, 1656; OLG Hamburg, OLGR 2005, 454) könnten insofern nicht mehr überzeugen. Trotz seiner Kenntnis der Fallkonstellation habe der Gesetzgeber auch im folgenden 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz keine Anpassung getroffen.
Weiterhin - so die Vertreter dieser Ansicht - sei die Förderung von Vergleichen als Zweck nicht ausreichend, um eine Gebührenreduktion zu rechtfertigen. Zum einen sei ungewiss, ob im Hinblick auf die noch zu treffende Kostenentscheidung tatsächlich eine Arbeitsersparnis eintrete, die eine Privilegierung rechtfertigen würde. Angesichts der Pauschalität des Kostenrechts könne ohnehin nicht jede Arbeitsersparnis im Einzelfall berücksichtigt werden. Zum anderen werde mit Hinweis auf die dreifache Gebühr die Bereitschaft der Parteien gefördert, auch hinsichtlich der Kosten einen Vergleich zu schließen. Insoweit sei in Nr. 1211 Ziff. 3 KV GKG eine Gebührenreduzierung auch nur dann vorgesehen, wenn das gesamte Verfahren einschließlich der Kostenentscheidung durch einen Vergleich beendet werde.
2. Das Gericht teilt diese Auffassung nicht (so auch: LG Itzehoe, Beschl. v. 10.12.2019, Az. 6 O 380/18, juris, Rn. 5; LG Kleve, Beschl. v. 29.03.2016, Az. 4 O 73/14, juris; MüKo, Komm. z. ZPO, 6. Aufl., § 91a, Rn. 142; Zöller, Komm. z. ZPO, 33. Aufl., § 91a ZPO, Rn. 59 Binz/Dörndorfer/Zimmermann, Komm. z. GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., GKG KV 1211, Rn. 28; vgl. OLG Celle, NJW-RR 2011, 1293, 1294; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 06.03.2008, Az. 2 UF 135/07, juris). Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage sind im Ergebnis zu bejahen.
a) Ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, ist aus Sicht des Gesetzgebers und der dem Gesetz zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Die vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke und ihre Planwidrigkeit müssen dabei aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden, weil ansonsten jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden könnte (BGH, NZI 2015, 128, Rn. 16 m.w.N.).
Den Gesetzesunterlagen zum Kostenmodernisierungsgesetz (BT-Drs. 15/1971 S. 159 f.) ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung von Nr. 1211 Ziff. 4 KV GKG den hier vorliegenden Fall eines Verzichts auf Begründung und Rechtsmittel als regelungsbedürftig erkannt hätte. Zwar wird in der Gesetzesbegründung auf die damalige Kommentierung bei Zöller Bezug genommen (Zöller, Komm. z. ZPO, 23. Aufl., § 91a ZPO, Rn. 59). In der angegebenen Randnummer sind zahlreiche gebührenrechtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit § 91a ZPO und ihre Beurteilung durch die Rechtsprechung im Einzelfall dargestellt. Relativ am Ende findet sich die Konstellation, wonach keine Gebührenermäßigung gewährt werde, "wenn sich die Parteien vergleichen und die Kostenregelung dem Gericht überlassen, selbst wenn sie dabei auf eine Begründung verzichten".
Aus der Gesetzesbegründung ist nicht ersichtlich, dass sich der Gesetzgeber mit allen in der Randnummer dargestellten Einzelfällen und insbesondere auch der vorliegenden Konstellation auseinandergesetzt hat. Ausdrücklich bezieht sich die Begründung nur auf Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO, wenn "entweder aufgrund eines entsprechenden Verzichts der Parteien eine Entscheidung über die Kosten überhaupt nicht ergeht, oder aber die Entscheidung einer zuvor dem Gericht mitgeteilten (außergerichtlichen) Einigung der Parteien über die Kosten bzw. einer Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt". Nur hinsichtlich dieser inzwischen in Nr. 1211 Nr. 4 KV GKG geregelten Fälle erfolgt eine Bezugnahme auf die Darstellung des Meinungsstandes bei Zöller (a.a.O.).
Hingegen erwähnt der Gesetzgeber keine der sonstigen bei Zöller dargestellten Einzelfälle. Es liegen insoweit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber auch alle anderen in dieser Fundstelle aufgeworfenen Fragestellungen zur Kenntnis genommen und bewusst ungeregelt gelassen hat mit der Konsequenz, dass sie einer Gebührenermäßigung nicht zugänglich wären. Gegen ein solches Verständnis spricht insbesondere, dass sich in der Gesetzesbegründung keine entsprechende Differenzierung und auch keine Darstellung der Erwägungen für eine dann unterschiedliche kostenrechtliche Beurteilung finden.
Auch im Rahmen des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (vom 23.07.2013, BGBl. I S. 2586) hat sich der Gesetzgeber mit der vorliegenden Konstellation nicht explizit beschäftigt. Im Zuge dieser Gesetzesänderung wurde Nr. 1211 KV GKG zwar angepasst. Es handelt sich dabei jedoch lediglich um eine redaktionelle Änderung in Ziff. 3, durch welche das Wort "Absatz" durch "Abs." ersetzt wurde. Eine inhaltliche Beschäftigung mit den Nr. 1211 KV GKG zugrundeliegenden Regelungstatbeständen ist nicht erfolgt.
b) Neben der Regelungslücke ist auch die für eine Analogie erforderliche vergleichbare Interessenlage gegeben. Eine solche setzt voraus, dass der nicht geregelte und der geregelte Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit vergleichbar sind, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung für den nicht geregelten Sachverhalt zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wie bei der herangezogenen Gesetzesvorschrift (BGH, NJW 2003, 2601, 2603).
Der Gesetzgeber hat mit der in Nr. 1211 KV GKG vorgesehenen Gebührenermäßigung diejenigen Fälle kostenrechtlich privilegieren wollen, bei denen es aufgrund des Prozessverhaltens der Parteien zu einer spürbaren Arbeitsentlastung der Gerichte kommt. Zwingende Voraussetzung ist daher jeweils, dass durch die Parteierklärungen das gesamte Verfahren beendet wird.
Gemäß Nr. 1211 Ziff. 2 Var. 3 KV GKG ist auf Urteile, die nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten, die Kostenreduzierung auf eine Gebühr anzuwenden. In diesen Fällen hat das Gericht zwar die Rechtssache geprüft und beurteilt, seine Erwägungen aber nicht schriftlich ausgeführt. Diese Form der Arbeitsentlastung hat der Gesetzgeber mithin als ausreichend angesehen, um eine Kostenreduzierung nach Nr. 1211 KV GKG zu rechtfertigen. Es entspricht danach der Intention des Gesetzgebers, solche Fälle zu privilegieren, in denen dem Gericht zusätzliche Arbeit in Form eines umfassend zu begründenden Urteils erspart wird (LG Itzehoe, Beschl. v. 10.12.2019, Az. 6 O 380/18, juris, Rn. 17).
Die vorliegende Konstellation ist mit Blick auf ihre Auswirkungen für die Arbeitsentlastung des Gerichts mit der geregelten Fallgestaltung derart vergleichbar, dass eine Ungleichbehandlung unbillig erschiene. Die Arbeitsersparnis ist in beiden Fällen gleichgelagert. Zwar bedarf es hinsichtlich der Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO stets einer rechtlichen Bewertung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Eine rechtliche Beurteilung muss jedoch auch für das nach § 313a Abs. 2 ZPO nicht zu begründende Urteil vorgenommen werden, welches dem Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG unterfällt. Entscheidend ist insoweit, dass bei der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO ebenso wie in den Fällen des § 313a ZPO die Ausarbeitung einer schriftlichen Begründung entfällt. Durch den von den Parteien erklärten Rechtsmittelverzicht ist vorliegend gewährleistet, dass eine entsprechende Begründung auch nicht im Rahmen einer Nichtabhilfeentscheidung nachzuholen ist.
Dabei kommt es - zumindest in der Regel - zu einer erheblichen Arbeitsentlastung des Gerichts. Treten die Parteien einer gütlichen Einigung aus wirtschaftlichen, persönlichen und/oder prozessualen Erwägungen näher, ist für sie häufig die Einschätzung ihrer Prozessrisiken unter Berücksichtigung eines etwa erforderlichen Beweisverfahrens von erheblicher Bedeutung. Ausgehend von ihren prozessualen Möglichkeiten und Risiken überdenken die Parteien, in welchen Bereichen für sie ein Nachgeben sinnvoll ist, um das Verfahren im Wege eines Vergleichs zu beenden. Die entsprechenden rechtlichen Erwägungen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, auf die es auch für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO maßgeblich ankommt, hat sich das Gericht für die sinnvolle Leitung der Güteverhandlung in der Regel bereits im Vorfeld gemacht. Diese Situation ist mit dem Fall des § 313a Abs. 2 ZPO vergleichbar, in dem das Gericht das Urteil bereits in dem Termin zur mündlichen Verhandlung verkündet, weil die rechtlichen Aspekte schon in diesem Prozessstadium abschließend geklärt sind und eine weitere inhaltliche Beschäftigung mit der Sache nicht mehr erforderlich ist. Abschließend ist für den Punkt der Arbeitserleichterung der Gerichte noch auf die Entlastung der Rechtsmittelgerichte zu verweisen, die aufgrund des Rechtsmittelverzichts generell mit der Sache nicht befasst werden.
Auch in systematischer Hinsicht ist eine analoge Anwendung der Nr. 1211 Ziff. 2 Var. 3 KV GKG geboten. Ein abgekürzter Beschluss über die Kosten ohne entsprechende Begründung ist in § 91a ZPO zivilprozessual nicht ausdrücklich vorgesehen. Seine Zulässigkeit ergibt sich erst aus einer analogen Anwendung des § 313a Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, NJW 2006, 3498, Rn. 12; OLG München, NJW-RR 2003, 1656; OLG Hamburg, OLGR 2005, 454; Zöller, Komm. z. ZPO, 33. Aufl., § 91a ZPO, Rn. 22). Wenn die Verfahrensregel des § 313a Abs. 2 ZPO analog auf Kostenbeschlüsse nach § 91a ZPO anwendbar ist, muss dies in systematischer Folge auch für die Anwendung der Gebührenvorschriften gelten. Hat der Gesetzgeber sich schon zivilprozessual nicht mit einem Rechtsmittel- und Begründungsverzicht bei Beschlüssen befasst, kann nicht angenommen werden, dass er dies auf der kostenrechtlichen Seite getan hat.
Schließlich wird mit einer Kostenreduzierung das rechtspolitische Ziel des Gesetzgebers verfolgt, die Möglichkeiten einer gütlichen Einigung zu fördern. In der Praxis besteht nicht selten das Problem, dass die Parteien nach einer langwierigen und komplizierten Vergleichsverhandlung nicht mehr in der Lage sind, auch über den Punkt der Kosten eine Einigung zu treffen. Das kann unterschiedliche Gründe haben, insbesondere technische Abstimmungsschwierigkeiten mit der Rechtsschutzversicherung oder das persönliche Gefühl, an diesem Punkt keine weiteren Zugeständnisse machen zu können. Können sich die Parteien in diesem Stadium zumindest noch darauf einigen, die Kostenentscheidung dem Gericht zu überlassen, oder erhoffen sie sich dadurch eine bessere Akzeptanz von Seiten Dritter, kann häufig das bereits getroffene, bisweilen überaus komplizierte und weitreichende Regelungswerk des Vergleichs "gerettet" werden. Im Sinne der Verfahrensökonomie und der Arbeitsentlastung der Gerichte ist diese Vorgehensweise in erheblichem Maße wünschenswert.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.