OLG München, Endurteil vom 17.12.2019 - 18 U 3363/19
Fundstelle
openJur 2020, 70402
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten und des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 28.5.2019, Az. 3 O 3932/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.191,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.12.2018 zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass der Klageantrag 1. in Höhe von 16.217,26 € erledigt ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.12.2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines PKW VW, in den ein von der Beklagten hergestellter Motor der Baureihe EA 189 eingebaut ist.

Mit Kaufvertrag vom 7./8.7.2015 (Anlage K 1) erwarb der Kläger bei der Autohaus ... den gebrauchten Pkw VW Passat mit der FIN ... zum Preis von 33.743,77 €. Die Laufleistung zum Zeitpunkt des Kaufs betrug 9.844 km.

Den Kaufpreis mit Ausnahme einer Anzahlung von 7.500 € finanzierte der Kläger mit einem Darlehen der Volkswagenbank, das ab dem 1.9.2015 in 48 gleichen monatlichen Raten zurückzuführen war. Die 49. Rate betrug 16.217,26 € und war am 1.8.2019 fällig. Am 29.7.2015 vereinbarte der Kläger mit der Verkäuferin ein "Verbrieftes Rückgaberecht", wonach diese verpflichtet war, den gekauften PKW unter bestimmten Voraussetzungen bei Fälligkeit der Schlussrate gegen Zahlung von 16.217,26 € an die Bank zurückzukaufen (Anlage zu Bl. 306 ff. d.A.).

Für den Fahrzeugtyp wurde die EG-Typengenehmigung mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt. Die Steuerungssoftware des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors EA 189 erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird. In diesem Fall veranlasst die Software, dass Abgase beim Durchfahren des Prüfzyklus in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie das Emissionskontrollsystem erreichen. Durch die Aktivierung dieses Modus (sog. Modus 1) werden bei der standardisierten Kontrolle auf dem Rollenprüfstand die Grenzwerte nach Euro 5 eingehalten. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet die Software in Modus 0, bei dem eine deutlich geringere Abgasrückführung erfolgt und in der Folge der Stickoxidausstoß wesentlich höher ist, so dass die Grenzwerte nach Euro 5 nicht mehr eingehalten werden.

Nach Bekanntwerden dieser sog. Umschaltlogik ordnete das Kraftfahrbundesamt (im Folgenden: KBA) die technische Überarbeitung der Motorsteuerungssoftware an. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, das vom KBA im Sommer 2016 freigegeben wurde. Dieses wurde auch beim Fahrzeug des Klägers aufgespielt.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

Ergänzend stellt der Senat fest, dass der Kläger von dem vereinbarten Rückgaberecht gegen Zahlung von 16.217,26 € am 8.8.2019 Gebrauch machte. Die Laufleistung des streitgegenständlichen PKW betrug zu diesem Zeitpunkt 90.519 km, zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht 87.666 km.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Endurteil vom 28.5.2019 unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 24.693,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen PKW und von weiteren 1.474,89 € vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des PKW in Verzug befinde. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, da sich das Inverkehrbringen eines mit einer nicht offengelegten Umschaltlogik ausgestatteten Fahrzeugs als der Beklagten zurechenbare vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstelle. Es sei eine konkludente Täuschung des Endkunden, die für die Kaufentscheidung des Klägers kausal gewesen sei. Die Beklagte habe verwerflich gehandelt, denn sie habe aus Gewinnstreben die berechtigten Kundeninteressen und die Belange des Umweltschutzes bedenkenlos hintangestellt. Eine tatsächliche Vermutung spreche dafür, dass Schädigungsvorsatz und Kenntnis der Tatumstände jedenfalls bei einem Vorstand oder Repräsentanten der Beklagten vorgelegen hätten, denn ein Verhaltensexzess eines untergeordneten Mitarbeiters, der den Vorstand oder Repräsentanten ebenfalls getäuscht haben müsste, sei höchst unwahrscheinlich.

Der Schaden des Käufers liege im Abschluss des Kaufvertrags. Der Kläger sei so zu stellen, als wäre der Kaufvertrag nicht geschlossen worden, und habe daher einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung des Eigentums an dem streitgegenständlichen PKW. Im Rahmen des Vorteilsausgleichs müsse sich der Kläger allerdings bei einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km eine Nutzungsentschädigung von 9.050,33 € anrechnen lassen. Verzugszinsen seien ab Rechtshängigkeit zu gewähren.

Der Feststellungsantrag sei zulässig und begründet, da der Beklagten das streitgegenständliche Fahrzeug mit Schreiben vom 10.12.2018 angeboten worden sei.

Auch die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten seien adäquat verursachter Schaden. Sie seien jedoch nur mit einer 1,3 Geschäftsgebühr anzusetzen und wie die Hauptsache zu verzinsen.

Gegen dieses der Beklagten am 31.5.2019 und dem Kläger am 3.6.2019 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 25.6.2019 und der Kläger am 3.7.2019 Berufung eingelegt. Innerhalb jeweils verlängerter Berufungsbegründungsfrist hat die Beklagte ihre Berufung mit Schriftsatz vom 30.8.2019, bei Gericht eingegangen am selben Tag, und der Kläger seine Berufung mit Schriftsatz vom 2.10.2019, bei Gericht eingegangen am selben Tag, begründet.

Der Kläger macht geltend, das Landgericht habe ihm zu Recht einen deliktischen Schadensersatz zugesprochen. Im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Verkauf des VW Passat werde der dafür erzielte Kaufpreis nunmehr von der Klageforderung abgezogen.

Der Kläger müsse sich jedoch keinen Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer anrechnen lassen, da dies den Schädiger unbillig entlasten und außerdem dem europarechtlichen Effektivitätsgrundsatz widersprechen würde. Es handle sich um objektiv unzumutbare Nutzungen, weil die Benutzung des Fahrzeugs rechtswidrig gewesen sei. Zudem sei der Nutzungsersatz falsch berechnet, denn bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug sei eine Laufleistung von mindestens 500.000 km zu erwarten.

Ferner sei der Kaufpreis vom Zeitpunkt der Zahlung bis zum Fristablauf des Anspruchsschreibens mit 4 % und seither mit 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen. Um die erstgenannte Zinsforderung werde die Klage erweitert.

Der Kläger beantragt:

I. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein, Az.: 3 O 3932/18, wird die Beklagtenpartei verurteilt, an die Klagepartei EUR 17.526,51 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2018 zu zahlen.

II. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein, Az.: 3 O 3932/18, wird die Beklagte weiter verurteilt, an die Klagepartei Zinsen in Höhe von 4 % p.a. aus einem Betrag von 33.743,77 € seit 3. August 2015 zu zahlen.

III. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein, Az.: 3 O 3932/18, wird die Beklagtenpartei verurteilt, die der Klagepartei durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.698,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.12.2018 zu zahlen.

Im Übrigen erklärt er Erledigung.

Die Beklagte beantragt,

das am 28. Mai 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Traunstein im Umfang der Beschwer der Beklagten abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Zur Berufung des Klägers stellt sie den Antrag,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise

die Berufung und den klägerischen Berufungsantrag Ziffer II. zurückzuweisen.

Der Erledigungserklärung stimmt die Beklagte nicht zu.

Sie führt aus, das Landgericht habe zu Unrecht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte bejaht. Dem Kläger sei kein ersatzfähiger Schaden entstanden. Der Vertragsschluss sei nicht wirtschaftlich nachteilig gewesen, da das Fahrzeug durch das Bekanntwerden der Software keinen Wertverlust erlitten habe und vom Kläger zu einem bereits bei Vertragsschluss festgesetzten Preis an den Händler zurückgegeben worden sei. Der Vertragsschluss sei auch nicht subjektiv konkret nachteilig gewesen, weil der PKW für die Zwecke des Klägers uneingeschränkt brauchbar gewesen sei. Selbst wenn man einen ersatzfähigen Schaden bejahen wollte, sei dieser Schaden zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls aufgrund des Software-Updates wieder entfallen. Ein vermeintlich eingetretener Schaden sei auch nicht vom Schutzzweck der Norm umfasst.

Ferner habe der Kläger die haftungsbegründende Kausalität nicht hinreichend nachgewiesen. Das nachvertragliche Verhalten des Klägers spreche dagegen. Im Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Motors liege auch keine aktive Täuschung, und eine Pflicht der Beklagten, den Kläger über das Abgasverhalten des erworbenen Fahrzeugs bzw. die Umschaltlogik aufzuklären, bestehe nicht, zumal beim Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs.

Die Beklagte habe sich - unabhängig vom Fehlen eines Schadensersatzanspruchs - auch deshalb nicht in Annahmeverzug befunden, weil der Kläger ihr den PKW nicht in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten habe.

Außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten seien im vorliegenden Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig und schon deshalb nicht ersatzfähig, denn es sei bekannt gewesen, dass nicht damit zu rechnen gewesen sei, dass sich die Beklagte durch Einschaltung eines Rechtsanwalts zur freiwilligen Zahlung bewegen lasse.

Die Berufung des Klägers sei bereits unzulässig, weil die Begründung sich nicht mit den konkreten Umständen des Einzelfalls auseinandersetze und deshalb den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht genüge. Im Übrigen sei sie auch unbegründet.

Hierzu beantragt der Kläger,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründungen des Klägers vom 2.10.2019 (Bl. 306/320 d.A.) und der Beklagten vom 30.8.2019 (Bl. 254/299 d.A.), die Berufungserwiderungen des Klägers vom 23.10.2019 (Bl. 326/353 d.A.) und der Beklagten vom 25.10.2019 (Bl. 354/357 d.A.) sowie die weiteren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze, jeweils mit Anlagen, und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3.12.2019 (Bl. 358/360 d.A.).

II.

Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig und zum Teil auch begründet.

1. Dem Kläger steht gem. §§ 826, 31 BGB ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe des Kaufpreises von 33.743,77 € abzüglich des vom Autohaus Schlögl an den Kläger gezahlten Rückkaufpreises und einer angemessenen Entschädigung für die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, insgesamt mithin von 6.591,92 € zu. In dieser Höhe ist die Berufung der Beklagten unbegründet. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin den vom Landgericht zugesprochenen höheren Schadansersatzanspruch geltend macht, war die Klage dagegen auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

a. Das Inverkehrbringen eines Motors mit der streitgegenständlichen Umschaltlogik stellt eine konkludente Täuschung des Klägers durch die Beklagte dar (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 9 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 21 ff. OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 22 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 44 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 33 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2019 - 17 U 45/19 -, juris Rn. 4 ff.).

aa. Mit dem Inverkehrbringen des Motors hat die Beklagte jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, dass ein damit ausgerüstetes Fahrzeug entsprechend seinem objektiven Verwendungszweck im Straßenverkehr eingesetzt werden darf.

Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu absolvieren. Insbesondere ist die sogenannte EG-Typgenehmigung durch das KBA als zuständiger Behörde (§ 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung; im Folgenden: EG-FGV) einzuholen und eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen (§ 27 Abs. 1 EG-FGV). Stellt das KBA nach Erteilung einer formell wirksamen Typgenehmigung fest, dass ein Fahrzeug nicht die materiellen Voraussetzungen für den genehmigten Typ einhält, kann es zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge entweder gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung anordnen oder gemäß § 25 Abs. 3 EG-FGV die EG-Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen bzw. zurücknehmen. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (im Folgenden: FZV) dürfen Fahrzeuge allerdings nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind, was gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 FZV voraussetzt, dass sie einem genehmigten Typ entsprechen. Wird die EG-Typgenehmigung entzogen oder mit Nebenbestimmungen versehen, entspricht das Fahrzeug - im Fall der Nebenbestimmung: bis zur Nachrüstung - keinem genehmigten Typ mehr. Die Zulassungsbehörde kann dem Eigentümer oder Halter dann gemäß § 5 Abs. 1 FZV eine Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.

Der Käufer eines Kraftfahrzeugs kann vor diesem Hintergrund nicht nur davon ausgehen, dass im Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeugs die notwendige EG-Typgenehmigung formal vorliegt, sondern auch davon, dass keine nachträgliche Rücknahme oder Änderung droht, weil die materiellen Voraussetzungen bereits bei Erteilung nicht vorgelegen haben. Entsprechend dieser selbstverständlichen Käufererwartung ist dem Inverkehrbringen eines Motors der Erklärungswert beizumessan, dass auch die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge, in denen dieser Motor eingebaut wird, vorliegen.

bb. Vorliegend enthielt jedoch die im streitgegenständlichen Fahrzeug installierte Motorsteuerungssoftware eine Umschaltlogik, die als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn des Art. 5 Abs. 2 S. 1 der VO [EG] Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.6.2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (Abl. 2007 L 171; im Folgenden: VO [EG] Nr. 715/2007) zu qualifizieren ist (so auch BGH, Hinweisbeschluss vom 3.1.2019 - VIII ZR 225/17 -, juris Rn. 5 ff. OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 15; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 27; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 25 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 45; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 35).

Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung waren entgegen dem konkludenten Erklärungswert des Inverkehrbringens gerade nicht die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung gegeben, so dass die Gefahr einer Betriebsuntersagung des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestand.

Nach Art. 5 Abs. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 hat der Hersteller nämlich von ihm gefertigte Neufahrzeuge dergestalt auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen den Vorgaben der Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO [EG] Nr. 715/2007) und dass die zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte erforderliche erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen (vgl. Erwägungsgrund 12 der VO [EG] Nr. 715/2007) erreicht wird (BGH, NJW 2019, 1133, Rn. 10). Folgerichtig sieht die Verordnung die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, strikt als unzulässig an (Art. 5 II 1 VO [EG] Nr. 715/2007), sofern nicht die ausdrücklich normierten Ausnahmetatbestände (Art. 5 II 2 VO [EG] Nr. 715/2007) greifen.

Eine "Abschalteinrichtung" ist nach Art. 3 Nr. 10 VO [EG] Nr. 715/2007 jedes Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird. Ausgehend von diesen weitgefassten Bestimmungen handelt es sich auch bei der im Fahrzeug des Klägers installierten Motorsteuerungssoftware um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 VO [EG] Nr. 715/2007. Denn eine solche Software erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem Prüfzyklus zur Ermittlung der Emissionswerte befindet und schaltet in diesem Fall in den Modus 1, bei dem verstärkt Abgase in den Motor zurückgelangen und sich so der Ausstoß an Stickoxiden (NOx) verringert. Im normalen Fahrbetrieb hingegen aktiviert die Software den Modus 0, bei dem eine Abgasrückführung nur in geringerem Umfang stattfindet; sie ermittelt also aufgrund technischer Parameter die betreffende Betriebsart des Fahrzeugs - Prüfstandlauf oder Echtbetrieb - und aktiviert oder deaktiviert dementsprechend die Abgasrückführung, was unmittelbar die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems beeinträchtigt.

Soweit Art. 5 Abs. 2 S. 2 VO [EG] Nr. 715/2007 in bestimmten Fällen die Verwendung von Abschalteinrichtungen gestattet, liegen die hierfür erforderlichen (engen) Voraussetzungen nicht vor. Die vorgesehenen Ausnahmen kommen - nicht zuletzt aufgrund des in Art. 5 Abs. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 ausdrücklich benannten Regelungszwecks dieser Vorschrift - von vornherein nicht in Betracht, wenn die betreffende Abschalteinrichtung gerade dazu dient, bei erkanntem Prüfbetrieb ein vom Echtbetrieb abweichendes Emissionsverhalten des Fahrzeugs herbeizuführen, um auf diese Weise die Einhaltung der andernfalls nicht erreichten Emissionsgrenzwerte sicherzustellen. Aufgrund der beschriebenen Wirkungsweise der Software handelt es sich weder um eine Abschalteinrichtung, die notwendig ist, um den Motor vor einer Beschädigung oder einem Unfall zu schützen und den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten (Art. 5 Abs. 2 S. 2 Buchst. A VO [EG] Nr. 715/2007), noch um eine Abschalteinrichtung, die nicht länger arbeitet, als dies zum Anlassen des Motors erforderlich ist (Art. 5 Abs. 2 S. 2 Buchst. B VO [EG] Nr. 715/2007).

cc. Das Inverkehrbringen eines Motors mit einer nicht offen gelegten unzulässigen Abschalteinrichtung stellt eine konkludente Täuschung auch solcher Käufer durch die Beklagte dar, die das Fahrzeug, wie hier, gebraucht von einem Dritten erworben haben. Denn die Beklagte ging davon aus, dass die so ausgerüsteten Fahrzeuge als Neu- und später auch als Gebrauchtwagen unverändert weiterveräußert werden. Gerade darauf basiert das Geschäftsmodell der Beklagten. Für den Weiterverkauf von Neufahrzeugen durch ihre Vertragshändler liegt das auf der Hand. Es gilt jedoch auch für den späteren Verkauf als Gebrauchtwagen durch diese Händler oder Dritte, denn auch die spätere Weiterveräußerbarkeit durch einen Fahrzeugkäufer ist für die Attraktivität der Fahrzeuge und damit deren Absatz entscheidend (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 33).

b. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig.

aa. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (st. Rspr., BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 124/12 -, juris Rn. 8 m.w.N.). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 16).

bb. Nach diesem Maßstab ist von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 31 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 42 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 45 ff.; OLG Köln, Urteil vom 17.7.2019 - 16 U 199/18 -, juris Rn. 5 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 64 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 48 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2019 - 17 U 45/19 -, juris Rn. 4 ff.):

Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs kommt vorliegend allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Zwar ist allein ein Handeln mit Gewinnstreben grundsätzlich nicht als verwerflich zu beurteilen. Im Hinblick auf das eingesetzte Mittel erscheint es hier aber als verwerflich: Bereits das Ausmaß der Täuschung, nämlich der Einsatz der unzulässigen Abschalteinrichtung in einem Motortyp, der in einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen verschiedener Marken des Konzerns verbaut wurde, mit der Folge einer entsprechend hohen Zahl getäuschter Käufer, rechtfertigt das besondere Unwerturteil.

Überdies erscheint auch die Art und Weise der Täuschung verwerflich: Durch die dem Inverkehrbringen der Fahrzeuge vorangegangene Täuschung der Typgenehmigungsbehörde zur Erlangung der EG-Typgenehmigung hat sich die Beklagte bei Verkauf der Fahrzeuge das Vertrauen der Käufer in den ordnungsgemäßen Ablauf des öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahrens und damit auch in die Objektivität der staatlichen Behörde zunutze gemacht.

Die Verwerflichkeit des Handelns ergibt sich des Weiteren aus den daraus resultierenden Folgen: Zum einen droht den Käufern erheblicher Schaden in Form der Stilllegung des erworbenen Fahrzeugs (was bereits vielfach geschehen ist, wie aus einer Vielzahl veröffentlichter verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bekannt ist). Das von der Beklagten angebotene Software-Update stellt allein ein Angebot der Schadenswiedergutmachung dar. Überdies hat die Beklagte durch die Ausstattung einer außergewöhnlich hohen Zahl von Fahrzeugen mit dieser Abschalteinrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung der Umwelt über die zugelassenen Emissionen hinaus in Kauf genommen.

Zusammenfassend ergibt sich die Sittenwidrigkeit des Handelns im vorliegenden Fall aus dem nach Ausmaß und Vorgehen besonders verwerflichen Charakter der Täuschung von Kunden unter Ausnutzung des Vertrauens der Käufer in eine öffentliche Institution, nämlich das KBA, und unter Inkaufnahme nicht nur der Schädigung der Käufer, sondern auch der Umwelt allein im Profitinteresse.

Überdies liegt eine vorsätzliche Täuschung vor (hierzu unten) mit dem Ziel, unter Ausnutzung der Fehlvorstellung der Kunden hohe Absatzzahlen zu erreichen. Allein dieser Umstand kann es schon rechtfertigen, Sittenwidrigkeit im Sinn des § 826 BGB zu bejahen (vgl. BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 16).

c. Durch diese Täuschung hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten, der in dem Abschluss des Kaufvertrages zu sehen ist (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 17 ff., und Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 28 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 80 ff.; OLG Köln, Urteil vom 17.7.2019 - 16 U 199/18 -, juris Rn. 15 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 49 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 38 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2019 - 17 U 45/19 -, juris Rn. 18 f.).

aa. § 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte und Rechtsgüter ab, weshalb der nach dieser Norm ersatzfähige Schaden weit verstanden wird. Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar.

Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug im Zeitpunkt des Erwerbs angesichts der unzulässigen Abschalteinrichtung einen geringeren Marktwert hatte oder seine Nutzbarkeit eingeschränkt war. Der Schaden des in die Irre geführten Käufers liegt schon in der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit, nicht erst in dadurch verursachten wirtschaftlichen Nachteilen. Entscheidend ist mithin allein, dass der Geschädigte durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar war (BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14 -, juris Rn. 18 BGH, Urteile vom 19.7.2004 - II ZR 217/13 -, NJW 2004, 2668, und - II ZR 402/13 -, juris).

Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schaden eingetreten ist, kommt es dabei allein auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses an. Danach eingetretene Umstände können die sittenwidrige Einwirkung auf das Vorstellungsbild des Geschädigten nicht ungeschehen machen.

bb. Diese Voraussetzungen waren im - maßgeblichen - Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses gegeben. Zwar trug der Kläger wegen des bereits kurz nach dem Kauf und vor Übergabe des Fahrzeugs mit der Verkäuferin vereinbarten Rückkaufpreises nicht das Risiko eines Wertverlusts durch die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Wegen dieser Abschalteinrichtung drohte aber die Entziehung dar EG-Typengenehmigung bzw. die Anordnung von Nebenbestimmungen mit der Folge, dass das Fahrzeug - im Fall der Nebenbestimmung bis zur Nachrüstung - keinem genehmigten Typ mehr entsprach. Der Hauptzweck des Fahrzeugs, dieses im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, war damit bereits vor einer tatsächlichen Stilllegung unmittelbar gefährdet. Denn wird die EG-Typgenehmigung entzogen, droht die Stilllegung; werden Nebenbestimmungen angeordnet, ist die fortdauernde Nutzbarkeit von einer Nachrüstung des Fahrzeugs durch den Hersteller abhängig.

Das streitgegenständliche Fahrzeug war mithin für die Zwecke des Klägers nicht voll brauchbar und der Abschluss des Kaufvertrags begründete für den Kläger eine nicht gewollte Verbindlichkeit.

d. Auch die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach § 826 BGB liegen vor.

aa. In subjektiver Hinsicht setzt § 826 BGB Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der Tatumstände voraus, die das Verhalten als sittenwidrig erscheinen lassen.

Der erforderliche Schädigungsvorsatz bezieht sich darauf, dass durch die Handlung einem anderen Schaden zugefügt wird. Er enthält ein Wissens- und ein Wollenselement. Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen. Dies würde lediglich einen Fahrlässigkeitsvorwurf rechtfertigen (st. Rspr., BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 25 m.w.N.).

Für den eigens festzustellenden subjektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit genügt die Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die das Sittenwidrigkeitsurteil begründen (BGH, Urteil vom 13.9.2004 - II ZR 276/02 -, juris Rn. 36).

bb. Die deliktische Haftung einer juristischen Person gemäß § 31 BGB setzt voraus, dass ein "verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinn des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit lässt sich nicht dadurch begründen, dass unter Anwendung der Grundsätze der Wissenszurechnung und -zusammenrechnung auf die "im Hause" der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse abgestellt wird. Insbesondere lässt sich eine die Sittenwidrigkeit begründende bewusste Täuschung nicht durch mosaikartiges Zusammenrechnen der bei verschiedenen Mitarbeitern der juristischen Person vorhandenen Kenntnisse konstruieren. Die erforderlichen Wissens- und Wollenselemente müssen vielmehr kumuliert bei einem Mitarbeiter vorliegen, der zugleich als "verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinn des § 31 BGB anzusehen ist und auch den objektiven Tatbestand verwirklicht hat (BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 13, 23, 25 f.).

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Begriff des "verfassungsmäßig berufenen Vertreters" über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus weit auszulegen. "Verfassungsmäßig berufene Vertreter" sind danach auch Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des "Vertreters" in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (sogenannte Repräsentantenhaftung, st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 536/15 -, juris Rn. 13 BGH, Urteil vom 5.3.1998 - III ZR 183/96 -, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 30.10.1967 - VII ZR 82/65 -, juris Rn. 11). Der personelle Anwendungsbereich von § 31 BGB deckt sich in etwa mit dem Begriff des leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsrechtes (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl. § 31 Rn. 6).

Insoweit trifft die Beklagte aber nach Ansicht des Senats eine sekundäre Darlegungslast, weil der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während der Beklagten die erforderliche tatsächliche Aufklärung möglich und zumutbar ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28.6.2016 - VI ZR 559/14, Rn. 18, NJW 2016, 3244).

(1) Steht ein (primär) darlegungspflichtiger Anspruchsteller außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Anspruchsgegner alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast das einfache Bestreiten seitens des Anspruchsgegners nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteil vom 17.1.2008 - III ZR 239/06 -, juris Rn. 16 m.w.N.). Der insoweit sekundär Darlegungspflichtige kann dabei im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen und Mitteilung der Ergebnisse verpflichtet sein (vgl. BGH, Urteil vom 30.3.2017 - I ZR 19/16 -, juris Rn. 15). So liegt es im vorliegenden Fall (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 51 ff., und Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 79 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 75 ff.; OLG Köln, Urteil vom 17.7.2019 - 16 U 199/18 -, juris Rn. 10 ff,; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 64 ff.; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 71 ff.).

(2) Der Kläger behauptet, dass "die Beklagte" mit Schädigungsvorsatz gehandelt und die die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gekannt habe, weil sie bereits im Jahr 2007 mit einem Schreiben vor der illegalen Verwendung der von der Fa. Bosch entwickelten Software zur Abgasnachbehandlung gewarnt worden und im Jahr 2011 der damalige Chef der Aggregateentwicklung, Herr Heinz-Jakob Neußer, durch einen Techniker der Beklagten über die Verwendung der Manipulationssoftware informiert worden sei. "Die Beklagte" habe dagegen nichts unternommen, um die potentielle Marktführerschaft nicht zu gefährden. Zum Beweis hat der Kläger 30 Zeugen angeboten, darunter Herrn Neußer und den damaligen Vorstandsvorsitzenden, Herrn Martin Winterkorn (vgl. Klageschrift vom 21.12.2018 S. 8/11, Bl. 8/11 d.A.).

Die Beklagte wendet hiergegen ein, der Kläger habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen wären, mit Schädigungsvorsatz sowie Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände gehandelt hätten, und bestreitet den Tatsachenvortrag des Klägers (vgl. Klageerwiderung vom 21.2.2019 S. 32 f., Bl. 63 f. d.A.). Sie trägt insoweit vor, dass die Beklagte die genaue Entstehung der in der EA-189-Motoren zum Einsatz kommenden Software, die die NOx-Werte auf dem Prüfstand optimiert, derzeit aufkläre. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Die Beklagte bestreite daher, dass einzelne Vorstandsmitglieder die Entwicklung der streitgegenständlichen Software in Auftrag gegeben hätten, an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien oder im Zeitpunkt der Entwicklung von der Software gewusst und deren Einsatz gebilligt hätten. Ebenso bestreite die Beklagte, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten oder andere Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, zu denen Herr Neußer nicht gehöre, im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp Kenntnis gehabt hätten. Darüber hinaus habe der Vorstand der Beklagten nach dem derzeitigen Ermittlungsstand im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses von der Verwendung der Software in Fahrzeugen mit EG-Typengenehmigung keine Kenntnis gehabt. Nach derzeitigem Ermittlungsstand sei die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitarn unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneter Arbeitsebene getroffen worden (vgl. Klageerwiderung vom 21.2.2019 S. 60 ff., Bl. 91 ff. d.A., Schriftsatz vom 22.2.2019 S. 2 f., Bl. 122 f. d.A.).

(3) Vorliegend ist der Vortrag des Klägers als hinreichend substantiiert anzusehen, während die Beklagte der sie treffenden Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen ist.

Angesichts dessen, dass der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht, reicht einerseits seine Behauptung aus, dass dem Leiter Aggregateentwicklung bzw. dem Vorstand der Beklagten die oben erörterten Umstände bekannt gewesen seien, während sich die Beklagte als Folge der sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht auf das Bestreiten der Kenntnis von Vorständen im aktienrechtlichen Sinne im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags beschränken durfte. Die Beklagte hätte durch substantiierten Vortrag die Behauptung des Klägers erschüttern müssen und mindestens zu den von ihr behaupteten internen Untersuchungen sowie Ermittlungen durch beauftragte externe Personen im Einzelnen vortragen und darlegen müssen, welche Personen die Entwicklung der Softwarefunktion beauftragt bzw. bei dem Zulieferer bestellt haben und was die üblichen Abläufe bei einem solchen Auftrag bzw. einer Entscheidung von solcher Tragweite sind.

cc. Da hier die Grundsätze der sekundären Darlegungslast eingreifen, gilt der Vortrag der Klägerseite als zugestanden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO.

Zudem besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Vorstand oder Repräsentant der Beklagten den Einsatz der beanstandeten Motorsteuerungssoftware gekannt und gebilligt hat, weil ein "Verhaltensexzess eines untergeordneten Mitarbeiters", der den Vorstand bzw. Repräsentanten, der den Einsatz der Motorsteuerungssoftware genehmigt hat, ebenfalls getäuscht haben müsste, höchst unwahrscheinlich wäre (vgl. OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019, a.a.O.).

e. Der Schadensersatzanspruch scheitert - entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts Braunschweig (Urteil vom 19.2.2019 - 7 U 134/17 -, BeckRS 2019, 2737 Rn. 186 ff.) - nicht aufgrund des Schutzzwecks des § 826 BGB (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, juris Rn. 39 ff., und Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 49 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 - 5 U 1318/18 -, juris Rn. 93 ff.; OLG Köln, Urteil vom 17.7.2019 - 16 U 199/18 -, juris Rn. 21 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 81 f.; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019 - 10 U 11/19 -, BeckRS 2019, 23215 Rn. 52; OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2019 - 17 U 45/19 -, juris Rn. 24 ff.)

Zwar ist, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Bereich des § 826 BGB der Haftungsumfang nach Maßgabe des Schutzzwecks der Norm zu beschränken (st. Rspr. BGH, Urteil vom 3.3.2008 - II ZR 310/06 -, juris Rn. 15 m.w.N.). Doch besteht im vorliegenden Fall keine Veranlassung für eine solche Beschränkung, denn die Haftung aus § 826 BGB knüpft - anders als etwa ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit bestimmten europarechtlichen Normen - nicht unmittelbar an den Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO [EG] Nr. 715/2007 an, sondern folgt aus der mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen Täuschung über die Erfüllung der materiellen Typengenehmigungsvoraussetzungen. Diese Pflichtverletzung ist für den Rechtskreis des Käufers ersichtlich von Bedeutung, weil über einen die Kaufentscheidung wesentlich beeinflussenden Umstand getäuscht wird.

f. Der Schaden in Form des Kaufvertragsabschlusses wurde nach den Feststellungen des Landgerichts durch das Handeln der Beklagten verursacht.

aa. An diese Feststellungen ist das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dies wäre dann der Fall, wenn das Erstgericht bei seiner Beweiswürdigung gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hätte oder die Feststellungen fehler- oder lückenhaft wären (BGH NJW 2004, 1876; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 40. Auflage, § 529 Rn. 2, 3). Dahingehende Fehler des Erstgerichts bei der Feststellung des Sachverhalts ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Klägers noch aus der von Amts wegen vorzunehmenden Überprüfung durch den Senat (BGH NJW 2005, 983, 984).

bb. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ausdrücklich erklärt, dass er das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass dort eine Abschalteinrichtung verbaut sei, schon weil er kein Auto kaufe, bei welchem der gesetzliche Rahmen nicht passe. Da nach der Lebenserfahrung niemand ein Kraftfahrzeug kaufen würde, wenn ihm bekannt wäre, dass dieses zwar formal über eine EG-Typgenehmigung verfügte, aber wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung diese nicht hätte erhalten dürfen, weshalb Maßnahmen der die Typgenehmigung erteilenden Behörde und dem folgend der Zulassungsstelle bis hin zur Stilllegung drohen (vgl. OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 - 13 U 142/18 -, BeckRS 2019, 3395 Rn. 23), hat das Landgericht die vom Kläger bei seiner Anhörung gemachten Angaben ohne erkennbaren Fehler als glaubhaft angesehen.

cc. Dass der Kläger das Fahrzeug nicht unmittelbar von der Beklagten erworben hat, stellt den Kausalzusammenhang zwischen konkludenter Täuschung und Fahrzeugerwerb nicht in Frage. Denn durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs hat die Beklagte den Kausalverlauf bewusst unter Einschaltung ihres Vertriebssystems in Gang gesetzt. Die mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundene konkludente Täuschung seitens des Herstellers über das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die EG-Typgenehmigung wirkt auch fort, weil hinsichtlich derartiger Angaben der Fahrzeughändler lediglich das durch den Hersteller vermittelte Wissen weitergibt und der Käufer insoweit auf die Herstellerangaben sowie - im vorliegenden Fall der konkludenten Täuschung - auf die Seriosität des Herstellers vertraut (so auch OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019, a.a.O. Rn. 28, und Urteil vom 6.11.2019 a.a.O. Rn. 39; OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019, a.a.O. Rn. 45).

g. Die Beklagte hat gem. §§ 249 ff. BGB dem Kläger sämtliche aus der sittenwidrigen Schädigung resultierenden Schäden zu ersetzen.

aa. Der Ersatzanspruch richtet sich bei § 826 BGB auf das negative Interesse. Wenn wie hier der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrages veranlasst wurde, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen des Vertrages zu. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht getäuscht worden wäre. Wenn er dann - wie der Kläger im vorliegenden Fall - den PKW nicht erworben hätte, besteht die nach § 249 Abs. 1 BGB zu leistende Naturalrestitution im Geldersatz in Höhe des für den Erwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung des aus dem Vertrag Erlangten auf den Schädiger (vgl. BGH, Urteile vom 19.7.2004 - II ZR 217/03 und II ZR 402/02 -, juris BGH, Urteil vom 28.10.2014 - VI ZR 15/14 -, juris Rn. 28; so auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 a.a.O. OLG Stuttgart, Urteil vom 24.9.2019, a.a.O. KG Berlin, Urteil vom 26.9.2019 - 4 U 77/18 -, juris Rn. 122 OLG Frankfurt, Beschluss vom 25.9.2019 - 17 U 45/19 -, a.a.O. Rn. 36).

Der Kläger hatte daher bei Klageerhebung einen Anspruch auf Zahlung des von ihm aufgewendeten Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erlangten Fahrzeugs an die Beklagte.

bb. Dass die Kaufsache wegen zwischenzeitlicher Veräußerung nicht mehr vorhanden ist, lässt den mit dem Abschluss des Kaufvertrags entstandenen Schaden nicht entfallen, sondern führt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich dazu, dass der an die Stelle des erworbenen PKW getretene Veräußerungspreis auf den ursprünglichen Kaufpreis anzurechnen ist und dadurch den Schaden mindert (BGH, Urteil vom 19.7.2004 - II ZR 217/03 -, juris Rn. 41).

Die Rückveräußerung des Fahrzeugs an die Verkäuferin kann nicht als Bestätigung des ursprünglich so nicht gewollten Kaufvertrags unter Verzicht auch auf deliktische Ansprüche gegen Dritte verstanden werden. Da der Kläger die Möglichkeit hatte, das Fahrzeug zu einem in Unkenntnis der dort eingebauten Umschaltlogik vereinbarten und damit aus jetziger Sicht günstigen Preis zu veräußern, war er durch seine Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) gehalten, diese Möglichkeit wahrzunehmen und den zwischenzeitlich eingetretenen Wertverlust nicht auf die Beklagte zu überbürden. Die durch den ungewollten Kaufvertrag verursachten finanziellen Belastungen wurden dadurch auch nicht rückgängig gemacht. Der Kläger ist zwar nicht mehr im Besitz des streitgegenständlichen PKW, hatte aber finanzielle Aufwendungen, die er nicht vollständig ersetzt erhalten hat.

cc. Da es für die Schadensentstehung, wie dargelegt, maßgeblich auf den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses ankommt, entfällt der Schaden nicht durch die nach Vertragsschluss durchgeführte Installation des von der Beklagten zur Erfüllung der vom KBA angeordneten Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung entwickelten Software-Updates, weil dadurch die Belastung mit einer so nicht gewollten Verbindlichkeit nicht entfällt. Das Software-Update ist insoweit nicht zu berücksichtigen und rechtlich lediglich als Angebot zur Verhinderung weiterer Nachteile zu bewerten (OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 a.a.O. Rn. 20; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 a.a.O. Rn. 98; OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 a.a.O. Rn. 52).

Dem Kläger könnte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch allenfalls dann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu versagen sein, wenn der streitgegenständliche Pkw nach dem zwischenzeitlich erfolgten Aufspielen des Software-Updates in jeder Beziehung - einschließlich des Verkehrswerts - den berechtigten Erwartungen des Klägers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprochen hätte und die Entgegennahme des Updates als Annahme an Erfüllungs statt gemäß § 364 Abs. 1 BGB auszulegen wäre. Etwaige verbleibende Zweifel gehen insoweit zu Lasten der beweisbelasteten Beklagten.

Eine solche Auslegung scheitert hier schon daran, dass die Beklagte das Update nicht als Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs der Klägerseite angeboten hat, sondern um der Auflage des KBA Genüge zu tun. Dies folgt bereits daraus, dass sie durchgehend jegliche Schadensersatzansprüche der Käufer, auch des Klägers, bestritten und behauptet hat, das Fahrzeug sei auch mit der ursprünglichen Software mangelfrei. Auch lässt sich die Entgegennahme der Leistung durch den Kläger im vorliegenden Fall nicht als Annahme an Erfüllungs statt deuten. Angesichts des Bescheids des KBA liegt es vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont nahe, dass der Kläger das Update aufspielen ließ, um die Weiternutzung seines Fahrzeugs nicht zu gefährden. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers auf eine gänzlich andere Leistung, nämlich die Rückgängigmachung der Kaufvertragsfolgen, gerichtet ist. Ein objektiver Empfänger wird nicht davon ausgehen, dass der Kläger mit der Entgegennahme einer behördlich angeordneten "Nachbesserungsmaßnahme" auf die bestehenden weitergehenden Ansprüche verzichten wollte, zumal die Beklagte das Aufspielen des Updates im Hinblick auf die Anordnung des KBA auch nicht von einer solchen Erklärung hätte abhängig machen können (OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss vom 5.3.2019 a.a.O. Rn. 126; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 a.a.O. Rn. 121 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 12.6.2019 a.a.O. Rn. 98).

dd. Nachdem der Kläger das Fahrzeug nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils an die Verkäuferin zurückveräußert hat, ist der Veräußerungspreis von 16.217,26 € auf den ursprünglichen Kaufpreis anzurechnen. Von der danach verbleibenden Forderung in Höhe von 17.526,51 € ist ferner entgegen der Ansicht des Klägers eine angemessene Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen.

(1) Es stellt einen anerkannten Grundsatz des Schadensrechts dar, dass der Geschädigte infolge des schädigenden Ereignisses nicht besser gestellt werden darf, als er ohne das schädigende Ereignis stünde, dass ihm also neben einem Ersatzanspruch nicht die Vorteile verbleiben dürfen, die ihm durch das schädigende Ereignis zugeflossen sind. Der Schadensersatzanspruch des Geschädigten ist nur mit dieser Einschränkung begründet, unabhängig davon, ob der Schädiger die Herausgabe des Vorteils verlangt (st. Rspr., BGH, Urteil vom 23.6.2015 - XI ZR 536/14 -, NJW 2015, 3160 Tz. 22 f. m.w.N.). Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes unter Wertungsgesichtspunkten bedarf stets einer besonderen Rechtfertigung. Wenn der Geschädigte - wie im vorliegenden Fall - im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als ob er den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wäre es in sich widersprüchlich und regelmäßig unbillig, dem Geschädigten die Gebrauchsvorteile zu belassen, die er aus der Nutzung der Kaufsache gezogen hat.

Das deutsche Zivilrecht sieht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 ff. BGB) vor, nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten. Die Bestrafung eines arglistig handelnden Täters und eine - im Rahmen der Schuld angemessene - Abschreckung sind mögliche Ziele des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, nicht aber des Zivilrechts. Dadurch ist auch den einschlägigen europarechtlichen Regelungen genüge getan, die dem nationalen Gesetzgeber auferlegen, für Verstöße wirksame Sanktionen zu verhängen, beispielsweise Art. 13 Abs. 2 lit. d VO (EG) 715/2007 betreffend das Verbot illegaler Abschalteinrichtungen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16.9.2019 - 12 U 61/19 -, juris). Eine andere Sichtweise, wie sie beispielsweise im US-amerikanischen Recht gilt, widerspricht dem im deutschen Recht geltenden Bestrafungsmonopol des Staates mit den dafür eingeführten besonderen Verfahrensgarantien. Im Hinblick darauf sind ausländische Verurteilungen zu Strafschadensersatz in nicht unerheblicher Höhe wegen Verstoßes gegen den materiellen ordre public in Deutschland regelmäßig nicht vollstreckbar (vgl. BGH, Urteil vom 4.6.1992 - IX ZR 149/91 -, juris Rn. 72 ff.).

Ein Abschreckungseffekt für den Geschädigten, der ihn entgegen dem im Europarecht maßgeblichen Effektivitätsgrundsatz von der Geltendmachung seines Schadens abhalten könnte, ist nach Ansicht des Senats mit dar bloßen Anrechnung der gezogenen Nutzungen auf den Schaden, anders als im Fall des kaufvertraglichen Gewährleistungsanspruchs auf Nachlieferung, der in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44/EG geregelt ist, nicht verbunden (vgl. EuGH, Urteil vom 17.4.2008, C-404/06, juris).

(2) Die danach anzurechnende Nutzungsentschädigung hat das Landgericht zutreffend im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO ausgehend vom Bruttokaufpreis des streitgegenständlichen PKW ermittelt (vgl. BGH, Urteil vom 17.5.1995 - VIII ZR 70/97 -, NJW 1995, 2159, 2161 so auch OLG Karlsruhe, OLG Koblenz, OLG Köln, OLG Hamm und OLG Stuttgart, jeweils a.a.O.). Dieser betrug 33.743,77 €.

Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtlaufleistung eines VW Passat, die den Gesamtgebrauchswert darstellt, schätzt der Senat jedoch anders als das Landgericht gemäß § 287 BGB auf 250.000 km, die Restlaufleistung des streitgegenständlichen PKW beim Kauf durch den Kläger also auf 240.156 km. Die gefahrenen Kilometer belaufen sich auf 80.675 (90.519 km beim Rückkauf durch das Autohaus Schlögl abzüglich 9.844 km im Erwerbszeitpunkt). Dies ergibt eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 11.335,46 € (= 33.743,77 € × 80.675 km : 240.156 km).

Damit verbleibt ein ersatzfähiger Schadensbetrag von 6.191,05 €, also weniger, als dem Kläger im landgerichtlichen Urteil zugesprochen wurde.

ee. Dieser Betrag ist ab Verzugseintritt gem. § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen.

2. Soweit die Beklagte die Abweisung der Klage in Höhe des Rückkaufpreises für den streitgegenständlichen VW Passat beantragt, ist ihre Berufung unbegründet. Insoweit war vielmehr aus den oben unter 1. dargelegten Gründen die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen. Der ursprünglich bestehende Schadensersatzanspruch des Klägers hat sich nämlich erst nach Rechtshängigkeit durch Zahlung des Rückkaufpreises verringert.

3. Dagegen wendet sich die Beklagte mit Erfolg gegen die Feststellung des Annahmeverzugs. Insoweit war die Klage abzuweisen, da der Antrag sich nicht erst durch die Rückveräußerung des streitgegenständlichen PKW erledigt hat, sondern die Beklagte sich bereits bei Klageerhebung mit dessen Annahme nicht gemäß § 293 BGB in Verzug befand.

Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner die Leistung so, wie sie geschuldet wird, anbietet (Palandt/Grüneberg, BGB, 78. Aufl, § 293 BGB, Rn. 9). Der Kläger hat jedoch mit seinem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben vom 10.12.2018 (Anlage K 11) das Fahrzeug nur Zug um Zug gegen die Zahlung des vollen Kaufpreises angeboten. Dieses Angebot entspricht nicht der tatsächlich geschuldeten Leistung, denn die Beklagte hat, wie dargelegt, nur den Betrag zu zahlen, der sich nach Abzug einer angemessenen Nutzungsentschädigung ergibt. Der Kläger wäre ersichtlich nicht bereit gewesen, den zutreffend errechneten Zahlungsbetrag entgegenzunehmen, denn er vertritt auch im Prozess die Auffassung, eine Nutzungsentschädigung sei nicht abzuziehen.

Bei einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung tritt aber bezüglich der Gegenleistung Annahmeverzug nicht ein, wenn der Gläubiger eine deutlich zu hohe Leistung fordert (BGH, Urteil vom 20.7.2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 27 ff.; OLG Koblenz, Urteil vom 16.9.2019 - 12 U 61/19 -, juris m.w.N. OLG Köln, Urteil vom 17.7.2019 - 16 U 199/18 OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.9.2007 - 7 U 169/06 -, NJW 2008, 925; Palandt/Grüneberg a.a.O. Rn. 2). Die potenziell weit reichenden Folgen des Annahmeverzugs (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereit erklärt.

4. Die Verurteilung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist auf die Berufung der Beklagten abzuändern.

a. Entgegen der Ansicht der Beklagten umfasst der gemäß §§ 826, 249 Abs. 1 BGB erstattungsfähige Schaden des Klägers allerdings auch die Freistellung vom Gebührenanspruch seines anwaltlichen Vertreters. Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung nicht alle adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (BGH, Urteile vom 16.7.2015 - IX ZR 197/14 -, NJW 2015, 3447; vom 10.1.2006 - VI ZR 43/05 -, NJW 2006, 1065 vom 23.10.2003 - IX ZR 249/02 -, NJW 2004, 444, 446, jeweils m.w.N.). Der vorliegende Fall ist aber zum einen nicht so einfach gelagert, dass der Kläger seine Ansprüche ohne weiteres selbst hätte außergerichtlich geltend machen können. Zum anderen war die Beklagte nicht erkennbar zahlungsunwillig, so dass eine außergerichtliche Geltendmachung von vornherein zwecklos gewesen wäre.

b. Für den Gegenstandswert bzgl. der vorgerichtlichen Tätigkeit ist der Wert des verfolgten Anspruchs zum Zeitpunkt des Tätigwerdens des Klägervertreters maßgeblich. Das Forderungsschreiben des Klägervertreters an die Beklagte (Anlage K 11) datiert vom 10.12.2018. Der Senat schätzt - ausgehend von einer "linearen" Verteilung der durch den Kläger mit dem Auto gefahrenen Kilometer - die vom Kläger bis dahin gefahrenen Kilometer auf 66.000, was bei der oben dargestellten Berechnungsweise eine Nutzungsentschädigung von 9.273,51 € ergibt. Damit bestand damals eine berechtigte Forderung in Höhe von 24.470,26 €. Aus diesem Wert sind die vorgerichtlichen Kosten zu erstatten.

c. Der Senat setzt in Übereinstimmung mit dem Landgericht für die Geschäftsgebühr nach 2300 VV RVG die Mittelgebühr von 1,3 an. Zwar mag die Tätigkeit für sich betrachtet überdurchschnittlich umfangreich gewesen sein. Schon die Annahme einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Sache scheint aber nicht gerechtfertigt. Auch wenn im Zeitpunkt der vorgerichtlichen Tätigkeit der Klägervertreter noch keine höchstrichterliche Entscheidung zum Dieselabgas-Skandal ergangen war, lagen doch bereits zahlreiche instanzgerichtliche Entscheidungen zu dessen rechtlichen Folgen vor, wie nicht zuletzt die zahlreichen in der Klageschrift angegebenen Fundstellen belegen.

Im Übrigen ist gerichtsbekannt, dass die Klägervertreter neben dem Kläger eine Vielzahl von Käufern in Parallelverfahren vertreten haben. Die durch die Parallelität der Sachverhalte bedingte ganz erhebliche Verringerung des zeitlichen Aufwands für das konkrete Mandat kann im Rahmen der Gesamtwürdigung maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28.5.2013 - XI ZR 421/10 -, juris m.w.N.).

d. Damit ergibt sich eine erstattungsfähige Gebühr in Höhe von 1.242,84 € (1,3 Geschäftsgebühr aus 24.470,26 € = 1.024,40 € zuzüglich der Auslagenpauschale von 20 € gemäß 7002 VV RVG und 19 % Umsatzsteuer), die ab Verzugseintritt gemäß § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen ist.

III.

1. Die Berufung des Klägers ist ebenfalls gemäß §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO zulässig. Die Begründung ist erkennbar auf den vorliegenden Einzelfali bezogen und setzt sich ausreichend konkret mit der Begründung des angegriffenen Urteils auseinander, so dass sie den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO genügt.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache aber nur hinsichtlich eines Teils der schon in erster Instanz geltend gemachten Zinsen Erfolg. Im Übrigen war sie zurückzuweisen.

a. Soweit der Kläger mit den Berufungsanträgen I. und III. die Zahlung eines höheren Hauptsachebetrages und höherer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend macht, ist die Berufung unbegründet. Insoweit wird zur Begründung in vollem Umfang auf die Ausführungen oben unter II. 1. und 4. verwiesen.

b. Der Kläger kann aber gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3, § 288 Abs. 1 BGB die Verzinsung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungsentschädigung nicht erst seit Rechtshängigkeit, sondern bereits ab 28.12.2018 verlangen.

Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2018 (Anlage K 11) zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs bis zum 17.12.2018 aufgefordert. Mit Schreiben ohne Datum, bei den anwaltlichen Vertretern des Klägers eingegangen am 27.12.2018 (Anlage K 12), hat die Beklagte mitgeteilt, dass die Rücknahme des Fahrzeugs und die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs nicht möglich sei. Hierin liegt eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Nach dem Rechtsgedanken des § 187 BGB beginnt der Zinslauf daher am 28.12.2018.

c. Die Verzinsung des gezahlten Kaufpreises mit 4 % jährlich ab Zahlung des Kaufpreises, die der Kläger mit dem Berufungsantrag II. unter Erweiterung der ursprünglichen Klage geltend macht, steht ihm nicht zu.

aa. Die nachträgliche Klageerweiterung ist allerdings zulässig. Sie ist zwar entsprechend § 263 ZPO von der prozessualen Bedingung der Einwilligung des Gegners oder der Zulassung als sachdienlich abhängig (Zöller/Greger ZPO 33. Aufl. § 263 Rn. 2). Die Beklagte hat sich im vorliegenden Fall aber im Termin vom 3.12.2019 rügelos auf den neuen Antrag eingelassen und dadurch konkludent seine Zustimmung zur Klageerweiterung erteilt (Zöller/Greger a.a.O. Rn. 12).

bb. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 849 BGB liegen jedoch nicht vor.

(1) Diese Vorschrift billigt dem Geschädigten ohne Nachweis eines konkreten Schadens Zinsen als pauschalierten Schadensersatz für die entgangene Nutzung einer ihm durch den Schädiger entzogenen oder beschädigten Sache zu (vgl. Staudinger-Vieweg, BGB, 2015, § 849 Rn. 1). Der Zinsanspruch soll mit einem pauschalierten Mindestbetrag den Verlust der Nutzbarkeit einer Sache ausgleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGHZ 87, 38, 41).

§ 849 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf die Wegnahme beschränkt und verlangt nicht, dass die Sache ohne oder gegen den Willen des Geschädigten entzogen wird, sondern erfasst jeden Sachverlust durch ein Delikt. Auch wenn der Schädiger den Geschädigten durch eine unerlaubte Handlung wie beim Betrug oder der Erpressung dazu bestimmt, eine Sache wegzugeben oder darüber zu verfügen, entzieht er sie ihm. Sache im Sinne von § 849 BGB ist auch Geld (BGHZ 8, 288, 298). Dabei ist die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht durch § 90 BGB, wonach nur körperliche Gegenstände Sachen im Sinne des Gesetzes sind, auf die Entziehung von Bargeld beschränkt (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26.11.2007 - II ZR 167/06 -, NJW 2008, 1084 m.w.N.).

Der Regelung des § 849 BGB kann dennoch ein allgemeiner Rechtssatz dahin, deliktische Schadensersatzansprüche seien stets von ihrer Entstehung an zu verzinsen, nicht entnommen werden (BGH, Urteil vom 12.6.2018 - KZR 56/16 -, juris, Rn. 45 m.w.N.). Der Normzweck geht vielmehr dahin, den endgültig verbleibenden Verlust der Nutzbarkeit der weggegebenen Sache - als pauschalierten Mindestbetrag - auszugleichen, der durch den späteren Gebrauch derselben oder einer anderen Sache nicht nachgeholt werden kann (BGH, NJW 1983, 1614 f.).

(2) Durch die in Betracht kommende unerlaubte Handlung der Beklagten ist dem Kläger bereits nicht der gesamte Kaufpreis für den streitgegenständlichen VW Passat in diesem Sinne entzogen worden, weil er ihn nicht in voller Höhe selbst bezahlte, sondern ein Darlehen in dieser Höhe aufnahm und nur eine Anzahlung von 7.500 € sowie monatliche Zinsen von 260 € an die finanzierende Bank leistete (s. Anlage K 1 a).

(3) Auch hinsichtlich dieser Zahlungen ist ihm kein Verlust an Nutzbarkeit entstanden, der nicht anderweitig ausgeglichen werden könnte. Die "Entziehung" wurde nämlich dadurch kompensiert, dass der Kläger im Gegenzug für die Zahlung des Kaufpreises die Eigentumsanwartschaft und den Besitz am Fahrzeug mit der abstrakten Möglichkeit, dieses jederzeit nutzen zu können, erhalten hat (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.9.2019 - 13 U 149/18 -, juris Rn. 99; OLG Koblenz, Urteil vom 28.8.2019 - 5 U 1218/18 -, BeckRS 2019, 20853 Rn. 109; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19, juris Rn. 137; a.A.: OLG Oldenburg, Urteil vom 2.10.2019 - 5 U 47/19 -, BeckRS 2019, 23205 Rn. 41). Ein etwaiger Minderwert des Fahrzeuges hat hierauf keinen Einfluss. Dass die Nutzung des Fahrzeugs seit dem Kauf gegenüber einem mangelfreien PKW eingeschränkt gewesen wäre, trägt der Kläger selbst nicht vor.

Überdies wäre der der Kaufpreissumme entsprechende Betrag mit der Möglichkeit, hieraus Nutzungen zu ziehen, auch dann nicht weiter im Vermögen des Klägers verblieben, wenn er in Kenntnis des vorliegenden Mangels den streitgegenständlichen Kaufvertrag nicht abgeschlossen und stattdessen den Kaufpreis für ein anderes Fahrzeug aufgewandt hätte (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 28.8.2019 - 5 U 1218/18 -, BeckRS 2019, 20653, Rn. 109; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.11.2019 - 13 U 37/19 -, juris Rn. 139). Würde man die Verzinsungsregelung des § 849 BGB in diesem Fall gleichwohl anwenden, führte dies zu einer dem Schadensersatzrecht fremden Überkompensation, da der Kläger durch das schädigende Ereignis wirtschaftlich besser stünde als ohne dieses. Dies widerspräche dem schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbot (vgl. dazu BGH, Urteil vom 4.4.2014 - V ZR 275/12 -, juris Rn. 20 m.w.N.).

cc. Aus dem zuletzt genannten Grund kann der Kläger den geltend gemachten Zinsanspruch auch nicht auf §§ 826, 249 BGB mit der Begründung stützen, dass er an die Volkswagenbank Darlehenszinsen gezahlt hat. Insoweit hat der Kläger auch nicht vorgetragen, welchen Zinssatz er jeweils aus welchem Darlehensbetrag gezahlt hat. Dem vorgelegten Darlehensvertrag (Anlage K 1 a) ist dies nicht zu entnehmen.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert und die Sache grundsätzliche Bedeutung hat.

Der Senat weicht ab vom Urteil des OLG Braunschweig vom 19.02.2019, Az. 7 U 134/17, das einen Anspruch aus § 826 BGB verneint, und von den Entscheidungen des OLG Koblenz vom 16.9.2019, Az. 12 U 61/19 (juris Rn. 84), des OLG Köln vom 17.7.2019, Az. 16 U 199/18 (juris Rn. 29) und des OLG Oldenburg vom 2.10.2019, Az. 5 U 47/19 (BeckRS 2019, 23205 Rn. 41), die einen Zinsanspruch ab Zahlung des Kaufpreises bejahen.

Die Frage, welche Auswirkung die Rückgabe des gekauften Fahrzeugs zu einem schon bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbarten Preis auf den Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB hat, ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt.

Verkündet am 17.12.2019