VG Frankfurt (Oder), Urteil vom 07.11.2019 - 2 K 590/16
Fundstelle
openJur 2020, 42598
  • Rkr:
Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11. November 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 21. März 2016 werden aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rechtsschutz für das Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus zum Az. 1360 Js 36415/15 in Form eines zinslosen Darlehens unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Kläger und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung eines zinslosen Darlehens zur Verteidigung in einem Ermittlungsverfahren wegen uneidlicher Falschaussage. Er steht als Polizeibeamter (Kriminaloberkommissar) im Dienste des Beklagten.

Zur Unterstützung von Landesbediensteten für Kosten der Rechtsverteidigung erklärte der Beklagte ursprünglich mit Erlass vom 18. Januar 2011 (Geschäftszeichen: III/5.1-741-01) das Rundschreiben über die Gewährung von Rechtsschutz für Bundesbedienstete vom 2. Dezember 2005 des Bundesministeriums des Innern für anwendbar. Hinsichtlich des Wortlautes des Erlasses und des Rundschreibens wird auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten (dort: Blatt 18 bis 25) verwiesen. Inzwischen hat das Ministeriums des Innern und für Kommunales die am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Rechtsschutz für Bedienstete des Landes Brandenburg in Straf- und anderen Verfahren (VV Rechtsschutz) vom 6. Juli 2018 (ABl./18, [Nr. 30], S.643) erlassen.

Der Kläger war Teil der in der Berichterstattung wegen interner Unstimmigkeiten bezüglich des Ermittlungsansatzes - gerichtsbekannt - immer wieder umfassend thematisierten Sonderkommission (SoKo) "Imker". Diese war später auch Gegenstand einer polizeiinternen Untersuchungskommission. Auch sie stieß ihrerseits auf ein großes Medieninteresse. Die SoKo ermittelte in dem in den Medien als sogenannter "Maskenmannfall" bekannt gewordenen Entführungsfall vom 5. Oktober 2012 in Storkow zu Lasten des Finanzmanagers S...T. und zu anderen Taten, für die derselbe Täter in Betracht kam. Der bereits in den Ermittlungen Hauptverdächtige wurde vom Landgericht Frankfurt (Oder) wegen verschiedener Straftaten am 12. Juni 2015 zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Die Revision blieb erfolglos.

Im Strafverfahren mit dem Aktenzeichen 255 Js 21538/15 sagte der Kläger am 1. und 18. Dezember 2014 als Zeuge aus. Ein Wortprotokoll nach § 273 Abs. 3 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) wurde nicht angeordnet.

In der Folge leitete die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), die auch für die Ermittlungen im o.g. Strafverfahren zuständig war, am 11. August 2015 gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage ein. Im Oktober 2015 verwies die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Cottbus. Dort war es unter dem Aktenzeichen 1360 Js 36415/15 anhängig. Für dieses Verfahren beauftragte der Kläger seine auch im vorliegenden Verfahren mandatierte Rechtsanwältin mit der Vertretung seiner rechtlichen Interessen. Ausweislich einer an sie gerichteten Mitteilung der Staatsanwaltschaft Cottbus vom 3. April 2019 ist das Ermittlungsverfahren inzwischen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.

Im Einleitungsvermerk der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) vom 11. August 2015 heißt es wörtlich:

"Vermerk:

Vorbehaltlich der erneuten Einsichtnahme in die noch nicht vorliegende Sachakte, einschließlich der noch nicht zugestellten schriftlichen Urteilsgründe nebst angefordertem HV-Protokoll ist das Folgende zu vermerken:

a)

Der Polizeibeamte L...erklärte im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem Landgericht am 01.12.2014 sinngemäß, dass er keine Zweifel am Stattfinden der Tat habe und gehabt habe. Er habe auch nicht mit OStA S...über Zweifel am Stattfinden der Tat gesprochen.

Dies steht im Einklang mit dem u.a. von dem Zeugen verfassten/gezeichneten Vermerk vom 22.03.2013 (anliegend).

Allerdings steht die Aussage in Widerspruch zu den schriftlichen Ausführung des Zeugen B...in seiner Strafanzeige vom 03.08.2013 (anliegend), in welcher er ebensolche Zweifel am Stattfinden der Tat äußert und insbesondere erklärt, auch darüber mit OStA S...gesprochen zu haben (vgl. Bl. 15,16 d. Anzeige).

Auch äußerte der Zeuge KOR S...am 22.01.2015, dass er (Anm: im Beisein von dem Zeugen B...) gegenüber Herrn S...Zweifel am Tatablauf schon formuliert habe. Der Vermerk in der Akte sei unglücklich formuliert. Sie, Lutz B...und er, hätten auf jeden Fall Zweifel an der Tat gegenüber Herrn S...geäußert.

b)

Auch äußerte der Polizeibeamte L... B...im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vor dem Landgericht am 18.12.2014, dass KHK K...am 08.08.2013 gesagt habe, dass er und StA W...entschieden hätten, dass die Analyse (Anm.: von B...) nicht an das Verfahren komme. Auch soll KHK K...geäußert haben, dass der damalige Polizeipräsident (Anm.: F...) und Herr M...darüber informiert worden und mit dieser Maßnahme einverstanden wären.

Dies legte der Zeuge L...auch entsprechend in seiner E-Mail vom 08.08.2013 an Schäle (anliegend) dar.

Zwar erklärte die Zeugin B...in der Hauptverhandlung am 19.2.2015 ebenfalls, dass es am 08.08.2013 eine morgendliche Besprechung gegeben habe. Herr B...habe KHK K...in Bezug auf das Gutachten angesprochen. KHK K...habe gesagt, dass die Staatsanwaltschaft und er entschieden hätten, dass das Gutachten der B...nicht zur Akte genommen werde. Herr B...habe hierüber auch eine E-Mail an Herrn S...verfasst. Sie selbst habe die E-Mail auch gelesen. Sie denke, dass sie die E-Mail von Herrn S...erhalten habe. Diese sei kurz danach gewesen.

Es darf indes nicht übersehen werden, dass sowohl Frau B...als auch der Zeuge B...dem in der Hauptverhandlung als "oppositionelle Gruppe" bezeichneten Personenkreis wohl zugehörig sind.

Überdies hat der Zeuge KHK K...am 04.12. 2014 glaubhaft bekundet, dass es eine solche Äußerung nicht gegeben habe. Er bekundete vielmehr, dass er das Gutachten nicht zurückerhalten habe. Es sei alles an die Sachakte gekommen und nie etwas zurückgehalten worden. Auch die Auswertung habe einen Ausdruck - ebenso wie die Staatsanwaltschaft- erhalten.

Im Übrigen hat der Uz. (StA W...) zu keiner Zeit eine entsprechende Vereinbarung mit diesem Inhalt mit KHK K...auch nur angedacht, geschweige denn getroffen. Das Gutachten wurde dem Uz. (StA W...) etwa Anfang November 2012 von KHK K...persönlich übergeben.

Die Polizeibeamtin B..., die in der Besprechung anwesend war, bekundete ebenso, dass in der Besprechung über das Gutachten gesprochen worden sei. Darüber, dass das Gutachten im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft zurückgehalten werden sollte, berichtete sie hingegen nichts. Sie erklärte in diesem Zusammenhang am 13. 10. 2015 dass KHK K...nicht gesagt habe, dass das Gutachten nicht an die Akte genommen werde.

Hätte es eine solche rechtswidrige und strafbare Handlung bzw. Bekundung indes gegeben, hätte es nahegelegen, dass die Beamtin dies auch noch erinnert und mitteilt.

Ebenso hat die Polizeibeamtin B... ausgesagt, dass Herr B...in einer Vorbesprechung nach dem Gutachten gefragt habe. KHK K... habe geantwortet, dass das Gutachten in seinem Schrank liege und eingesehen werden könne. KHK K...habe nicht gesagt, dass das Gutachten nicht an die Akten komme. Eine solche Äußerung habe sie nicht gehört.

Zu diesem Komplex benannte Lutz B... in seiner E-Mail vom 8.08.2013 weitere Zeugen, namentlich Herr H..., Herr H..., Frau H..., Frau H..., Her B..., Herr B..., Herr N..., Herr M..., Herr P...und Herr K..., welche noch vernommen werden könnten.

Frankfurt (Oder), 3. August 2015

Staatsanwaltschaft

D... W...

Staatsanwältin ... Staatsanwalt..."

Bei den im Einleitungsvermerk in Bezug genommenen Unterlagen handelt es sich zum einen um einen am 22. März 2013 gefertigten und an das Polizeipräsidium gerichteten Aktenvermerk des Klägers und des Kriminaloberrats (KOR) S... über ein am 26. Februar 2013 geführtes Gespräch mit Oberstaatsanwalt (OStA) S...über Fragen hinsichtlich des Tatablaufs und die Möglichkeit eines rechtsmedizinischen Gutachtens (wohl bezogen auf den Geschädigten S...T.). Zweifel am Stattfinden der Tat sind ausweislich des Vermerks nicht Gesprächsgegenstand gewesen. Mit weiterem Schreiben vom 3. August 2013 zeigte der Kläger sich wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt selbst an und berichtete von verschiedenen Missständen innerhalb der SoKo. So habe etwa Kriminalhauptkommissar (KHK) K... ein bereits im November 2012 und damit vier Wochen nach der Tat erstelltes Gutachten einer externen Gutachterin nicht zur Ermittlungsakte genommen. Auch sei KHK K... bei einer Zeugenvernehmung alkoholisiert gewesen und nutze er seinen Dienstwagen häufig für Privatfahrten. In einer Mail des Klägers an KOR S... vom 8. August 2013 teilte er diesem mit, Herr K...habe in einer Beratung gesagt, es handele sich nicht um ein Gutachten sondern um eine Fallanalyse, der bestimmte Standards fehlten. Sie sei daher nicht aussagekräftig und nicht zu verwenden. Herr Staatsanwalt W... und er hätten daher entschieden, dass die Fallanalyse jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht in das Verfahren eingebracht wird. Damit seien auch der Polizeipräsident und Herr M... einverstanden.

Mit Schreiben an den Polizeipräsidenten vom 20. Oktober 2015 beantragte der Kläger Rechtsschutz unter Bezugnahme auf die o.g. Richtlinie vom 2. Dezember 2005 und § 154 Abs. 2 Landesbeamtengesetz a.F.

Den Antrag des Klägers lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11. November 2015 ab und führte zur Begründung neben der Darstellung der Voraussetzungen für die begehrte Gewährung eines zinslosen Darlehens nach der Richtlinie vom 2. Dezember 2005 zusammengefasst Folgendes aus:

Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren werde erst eingeleitet, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorlägen. Es sei nicht auszuschließen, dass der Anfangsverdacht nicht unbegründet sei. Es sei dem Dienstherrn nicht zumutbar, einen Beamten bei einem strafbewehrten Verhalten und einer möglichen Dienstpflichtverletzung zu unterstützen und damit zu signalisieren, dass er solches dulde. Vielmehr sei die Aufklärung im Interesse des Dienstherrn. Der Beamte trage für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle Verantwortung. Dem Antrag könne nicht entsprochen werden.

Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 25. Februar 2016, dem auch der Entwurf einer Vergütungsvereinbarung beigefügt war (Stundensatz: 250,00 Euro), wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2016 zurück. Über die Begründung des Ausgangsbescheids hinaus führte er zusammengefasst noch Folgendes aus:

Die Ausübung der Fürsorgepflicht stehe im Ermessen des Dienstherrn. Dieser habe sich durch Verweis auf die Verwaltungsvorschrift des Bundes gebunden. Entscheidend sei die Herkunftssphäre der belastenden Tatsachen und Beweismittel. Denn von ihr hingen Manipulationsmöglichkeiten Dritter ab. Diese stellten eine Sonderbelastung für den Bediensteten dar, vor der ihn der Dienstherr zu schützen habe. Zeugen seien zur Wahrheit verpflichtet. Dies gelte besonders für Polizeibeamte. Das Verhalten von Beamten müsse der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordere. Sie seien verpflichtet, Gesetze einzuhalten und das Ansehen des Dienstherrn und den Rechtsstaat schädigendes Verhalten zu unterlassen. Das mögliche Fehlverhalten des Klägers sei geeignet, einen gravierenden Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust und eine damit einhergehende Ansehensschädigung der Polizei herbeizuführen, zumal Strafgerichte besonders auf Zeugenaussagen durch Polizeibeamte angewiesen seien. Dass gegen den Kläger bislang kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, ändere nichts an der Gegenläufigkeit der Interessen des Klägers und des Dienstherrn. Es fehle demnach bereits an einem dienstlichen Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung und vor allem an der Zumutbarkeit für den Dienstherrn. Im Übrigen handele es sich bei der vorgeworfenen uneidlichen Falschaussage um ein mindestens Eventualvorsatz voraussetzendes Vorsatzdelikt, so dass von "keinem" oder einem nur "geringen Verschulden" - wie bei fahrlässigen Delikten - nicht gesprochen werden könne. Aus der Unschuldsvermutung allein könne sich ein Anspruch des Klägers nicht ergeben, denn sie schütze beschuldigte Beamte nur vor Nachteilen, die einem Schuldspruch oder einer Strafe gleichkämen. Die Fürsorgepflicht sei auch nicht in ihrem Wesenskern verletzt, wenn der Dienstherr als Ausfluss seines Ermessensspielraumes die Gewährung von der Eigenart der Sach- und Rechtslage im Einzelfall abhängig mache. Vorliegend gehe es nicht um haltlose Beschuldigungen gegen Beamte, insbesondere Polizeivollzugsbeamte, die im täglichen Dienstgeschäft immer wieder aufträten. Es handele sich gerade nicht um einen Fall, in welchem Beamte mit falschen Verdächtigungen überzogen würden, um sie gezielt in der ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Dienstaufgaben zu behindern. Zur angeregten Beiziehung des Berichts der Untersuchungskommission zur Untersuchung der Ermittlungen und polizeilichen Strukturen im Zusammenhang mit dem "Maskenmann Prozess" werde mitgeteilt, dass dieser aufgrund einer besonderen Einstufung nicht zugänglich sei.

Mit seiner am 25. April 2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung lässt er zusammengefasst Folgendes vortragen:

Er sei jahrelang von seinem Dienstherrn drangsaliert worden. Ausweislich der von ihm zur Akte gereichten Medienberichterstattung habe die Untersuchungskommission zahlreiche Verstöße gegen Dienstpflichten innerhalb der SoKo "Imker" zu Tage gefördert, die auch zu mehreren Versetzungen geführt hätten. Die Voraussetzungen sowohl des Rundschreibens vom 2. Dezember 2005 als auch der VV Rechtschutz lägen vor. Ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ergebe sich aus den gesamten Umständen des "Maskenmann-Verfahrens". Dem Beklagten, der Akteneinsicht nicht beantragt habe, sei offenbar die gegen den Kläger geführte Ermittlungsakte nicht bekannt. Seine Ausführungen zu den Beweismitteln, deren Herkunftssphäre und ihre Gewichtung seien damit rein spekulativ. Es lägen keine belastenden Tatsachen oder Beweismittel gegen ihn, den Kläger, vor. Hinsichtlich des ersten Tatvorwurfs wegen der vermeintlichen Zweifel am Stattfinden der Tat verkenne die Staatsanwaltschaft, dass er in seiner Selbstanzeige keine Zweifel am Stattfinden der Tat sondern Zweifel an deren Ablauf geäußert habe. Die angebliche Falschaussage sei ohnehin nur sinngemäß wiedergegeben worden, so dass es an einer Unterscheidung der beiden oben genannten Begriffe fehle. Auch der zweite Vorwurf hinsichtlich des Gesprächs über das Gutachten beruhe auf einer ungenauen Beweiswürdigung, (wozu die Prozessbevollmächtigte des Klägers umfangreich ausführt). Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Einleitung des Verfahrens durch diejenige Staatsanwaltschaft erfolgte, die auch während der Ermittlungen gegen den "Maskenmann" mit den verantwortlichen Polizeibeamten zusammengearbeitet habe. Sie könne somit ein eigenes Interesse an einer Diskreditierung der so genannten "kritischen Polizisten" haben. Auch daraus ergebe sich ein dienstliches Interesse an der Rechtsschutzgewährung dahingehend, dass mögliche Manipulationsversuche zu seiner Lasten aufgedeckt werden. Jedenfalls sei er auf Anraten seiner Strafverteidigerin nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens nicht mehr bereit gewesen, vor der Untersuchungskommission auszusagen, obwohl er das gern getan hätte. Die Ermittlungen gegen ihn seien bis April 2016 zum Erliegen gekommen. Das Argument, man müsse auf die Rückkehr der Verfahrensakten des "Maskenmannverfahrens" vom BGH warten, verfange nicht, da vor dem Landgericht der Inhalt von Vernehmungen grundsätzlich nicht protokolliert werde und auch keine Anordnung nach § 273 Abs. 3 StPO erfolgt sei. Dienstliche oder gar strafrechtliche Verfehlungen weiterer Beamter (insbesondere des KHK K...) stünden im Raum. Allein die Einleitung eines Verfahrens stehe der Annahme eines dienstlichen Interesses an Rechtsschutzgewährung gegenüber einem Bediensteten nicht entgegen, da das Rundschreiben vom 2. Dezember 2005 sonst leerliefe. Dasselbe gelte hinsichtlich der Anforderungen des Beklagten an die Voraussetzung "kein oder kein schweres Verschulden", da ihm der bloße Hinweis auf ein bestimmtes Delikt reiche und er Vorsatzdelikte offenbar insgesamt ausschließe. Seine - des Klägers - Vorwürfe gegen KHK K...hätten sich ausweislich der Berichterstattung über die Untersuchungskommission bezüglich einer Alkoholisierung im Dienst und einer unrechtmäßigen Dienstwagennutzung bestätigt. Dennoch halte die Staatsanwaltschaft diesen für glaubwürdiger als ihm, den Kläger. Im Übrigen habe der Beklagte entgegen der sonstigen Üblichkeiten kein Disziplinarverfahren gegen ihm, den Kläger eröffnet. Die Rechtsverteidigung sei mit Blick auf die Komplexität des Ermittlungsverfahrens auch geboten. Der Beklagte gehe zwar richtig davon aus, dass er keine abschließende strafrechtliche Würdigung des Tatvorwurfs vornehmen müsse. Es sei jedoch seine Aufgabe, sich mit dem Vorwurf insoweit auseinander zu setzen, dass er im Rahmen seiner Entscheidung über die Darlehensgewährung eine Entscheidung über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen treffen könne. Sonst sei eben jeder strafrechtliche Vorwurf gegen einen Bediensteten geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtmäßigkeit der Dienstausübung zu erschüttern. Die vorgeschlagene Vergütung in Höhe von 250 Euro in der Stunde sei angesichts des Umfangs und der Komplexität des Ermittlungsverfahrens angemessen. Die Ermittlungsakte weise inzwischen bereits knapp 600 Seiten auf. Hinzu komme die beigezogene Akte des "Maskenmann-Verfahrens", die mehrere tausend Seiten umfasse. Dass er, der Kläger, im Januar 2018 eine Vorschussrechnung für acht Stunden gezahlt habe, stehe dem Anspruch und auch einer Ermessensreduktion auf Null nicht entgegen. Denn er habe den Antrag rechtzeitig gestellt.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2016 zu verpflichten, ihm Rechtsschutz für das Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Cottbus zum Az. 1360 Js 36415/15 in Form eines zinslosen Darlehens in Höhe der notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung gemäß beigefügtem Entwurf einer Vergütungsvereinbarung zu gewähren,

hilfsweise,den Beklagten unter Aufhebung der oben genannten Bescheide zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu über den Antrag auf Gewährung von Rechtsschutz zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt über sein Vorbringen im Vorverfahren hinaus Folgendes vor: In der Tat habe es in der SoKo "Imker" Differenzen gegeben. Die Mobbingbeauftragte habe schwerwiegende Konflikte und die Unvereinbarkeit bestimmter Standpunkte festgestellt, jedoch kein Mobbing im eigentlichen Sinne. Es sei ein Mediationsverfahren empfohlen und durchgeführt worden. All dies habe jedoch keinen Einfluss auf die vorliegende Frage der Gewährung von Rechtsschutz. Der Vorwurf des Klägers, es liege mangels Aktenkenntnis ein Ermessensausfall vor, sei falsch. Ihm sei der Einleitungsvermerk von der Staatsanwaltschaft zugeleitet worden. Es sei aber nicht Aufgabe des Beklagten, eine eigene strafrechtliche Würdigung vorzunehmen. Diese sei dem Ermittlungsverfahren vorbehalten. Er gehe nicht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft leichtfertig Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte einleite. Das vorgeworfene Fehlverhalten stelle im Falle seiner Bestätigung einen dienstrechtlichen Verstoß dar. Mit Blick auf das große mediale Interesse und die teilweise sehr kritische Berichterstattung sei entschieden worden, vor einer dienstrechtlichen Prüfung den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten. Es könne nicht von gleich laufenden Interessen des Dienstherrn und des Klägers ausgegangen werden. Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid wolle er, der Beklagte, nicht so verstanden wissen, dass er die Vorschriften über die Rechtschutzgewährung auf Fahrlässigkeitsdelikte begrenze. Es sei darum gegangen, dass eben nicht "kein" oder "nur geringes" Verschulden anzunehmen sei. Dies habe er beispielhaft durch die Abgrenzung zu Fahrlässigkeitsdelikten erläutert. Es möge zutreffen, dass der Kläger durch seine Selbstanzeige Missstände in der Mordkommission bekannt gemacht habe. Sein Vortrag, er sei Jahre lang drangsaliert und gemobbt worden und die Strafanzeige sei eine Retourkutsche für seine kritische Einstellung gegenüber der Leitungsebene der SoKo, unterstelle, dass seine Vorgesetzten die Staatsanwaltschaft angestiftet hätten, ein Strafverfahren zu eröffnen. Dies weise er zurück. Ausgangspunkt für die Einleitung sei der Vermerk der Staatsanwaltschaft zur Bewertung von Zeugenaussagen im Strafverfahren gewesen. Ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung liege nicht vor; vielmehr überwiege das Interesse an der Aufklärung der Tat sowie an der Strafverfolgung. Besonders schutzwürdig seien Polizeivollzugsbeamte, gegen die bei rechtmäßiger Ausübung einer Diensthandlung ein Strafverfahren eingeleitet werde wegen Straftaten im Amt. Der Betroffene solle sich an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Dienstaufgaben nicht aus Angst vor Strafverfolgung gehemmt sehen. Ein solcher Fall liege nicht vor. Auch könne bei einer Falschaussage eines Polizeibeamten nicht von einem eher spontanen Regelverstoß ausgegangen werden. Die Gewährung des beanspruchten Darlehens sei auch nicht zumutbar. Eine Erhärtung des Tatvorwurfs würde dem Ansehen der Polizei des Landes erheblich schaden. Denn auch der Ausgang des Ermittlungsverfahrens werde medienwirksam sein. Die Schuld des Klägers wöge in einem solchen Fall schwer. Es handele sich nicht um einen Regelfall der Rechtsschutzgewährung. Der Wesenskern der Fürsorgepflicht sei durch die Ablehnung nicht verletzt. Im Übrigen seien die Kosten auch nicht notwendig. Das Überschreiten der gesetzlichen Gebühr sei - insofern losgelöst vom "Maskenmann"-Verfahren - mangels besonderer Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit nicht gerechtfertigt. Auch habe der Kläger bereits eine Vorschussrechnung für acht Arbeitsstunden gezahlt. Eine nachträgliche Übernahme sei aber nur in besonders begründeten Fällen zulässig. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Auch die Voraussetzungen der inzwischen in Kraft getretenen und mit dem Rundschreiben vom 2. Dezember 2005 nahezu identischen VV Rechtschutz seien nicht erfüllt.

Am 16. März 2018 hat vor dem damaligen Berichterstatter ein Erörterungstermin stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Kammer kann mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Die Klage ist insgesamt zulässig. Die Anträge sind auf die Gewährung eines zinslosen Darlehens zur Rechtsverteidigung bzw. auf die Neubescheidung des entsprechenden Antrages des Klägers und damit auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet und daher als Verpflichtungsklage - der Hilfsantrag in Form der Bescheidungsklage - statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Kläger hat indes nur mit dem Hilfsantrag Erfolg. Er hat einen Anspruch auf die Neubescheidung seines Antrags auf Gewährung eines zinslosen Darlehens zur Bestreitung der durch die Beauftragung seiner hiesigen Prozessbevollmächtigten als Verteidigerin in dem bei der Staatsanwaltschaft Cottbus zum Az. 1360 Js 36415/15 geführten Ermittlungsverfahren entstehenden Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2, § 114 VwGO). Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (I.). Allerdings liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null nicht vor, so dass der Hauptantrag ohne Erfolg bleibt (II.).

I.

Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für das Begehren des Klägers insgesamt ist die zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes - GG -) zählende Fürsorgepflicht des Dienstherrn (vgl. § 45 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Diese ist auch angesprochen, wenn der Beamte vom Dienstherrn Hilfe in Verfahren begehrt, in die er aus dienstlichem Anlass verwickelt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1984 - BVerwG 2 B 45.84 -, juris, Rn. 3). Die Ausübung der Fürsorgepflicht steht grundsätzlich im freien und pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass dieser befugt ist, die ihm durch das Gesetz eingeräumte Gestaltungsfreiheit in Ausübung seiner Fürsorgepflicht durch Verwaltungsvorschriften nach generellen Gesichtspunkten zu binden, um eine einheitliche und gleichmäßige Handhabung des Ermessens zu gewährleisten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1984, a.a.O.; Urteil vom 26. November 1992 - BVerwG 2 C 21.91 -, juris, Rn. 18; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Juni 2000 - 2 A 10283/00 -, juris, Rn. 24; Hessischer VGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 1 B 2234/12 -, juris, Rn. 8). Eine solche generelle Ermessenshandhabung durch Einhaltung einer bestimmten Verwaltungspraxis ist, sofern die ihr zugrunde liegenden Erwägungen der Zielsetzung der vom Gesetz eingeräumten Ermächtigung entsprechen, nicht nur sinnvoll, sondern zur Wahrung des Gleichheitssatzes sogar geboten; denn vielfach kann nur so erreicht werden, dass gleichliegende Fälle gleich behandelt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1992, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1984 a.a.O.; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Juni 2012 - 2 A 214/11 -, Rn. 19, juris). Grundlage des Anspruchs ist in diesem Zusammenhang somit allein die aus der Selbstbindung der Verwaltung gemäß dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG erwachsene Fürsorgeverpflichtung zur Darlehensgewährung. Der Betroffene hat grundsätzlich nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung entsprechend der in der Verwaltungspraxis zum Ausdruck kommenden Ermessensbindung der Verwaltung (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. März 2009 - 1 A 1890/07 -, Rn. 35 - 36, juris).

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zur näheren Ausgestaltung der Beistandspflicht in Straf- und anderen Verfahren nunmehr die Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Rechtsschutz für Bedienstete des Landes Brandenburg in Straf- und anderen Verfahren (VV Rechtsschutz) vom 6. Juli 2018 (ABl./18, [Nr. 30], S.643) erlassen. Soweit es um die Frage geht, ob eine begehrte behördliche Maßnahme getroffen oder versagt werden muss, ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (und in Ermangelung einer solchen auf den Zeitpunkt der Entscheidung selbst) abzustellen, soweit einer (materiellen) Regelung kein Hinweis darauf zu entnehmen ist, dass dieser Grundsatz nicht gelten soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 6 C 5/09 -, BVerwGE 137, 113-123, Rn. 23). Nichts anderes kann nach Ansicht der Kammer für ermessensbindende Verwaltungsvorschriften gelten; der im Tatbestand dargestellten Übergangsvorschrift in Nummer X. VV Rechtsschutz ist dazu jedenfalls für den hier vorliegenden Fall einer abgelehnten Bewilligung ausdrücklich auch nichts anderes zu entnehmen. Falls der Beklagte die genannte Vorschrift so verstanden wissen will, dass über den Wortlaut hinaus nicht nur Fälle von Bewilligungen sondern auch Ablehnungen erfasst sein sollen, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass mit der VV Rechtsschutz kein gleichwertiger Rechtsschutz oder höherer Rechtsschutz für den Kläger erlangt werden kann als mit dem fast identischen Rundschreiben vom 2. Dezember 2005.

Nach Nummer II.1 Satz 1 VV Rechtsschutz kann einem Bediensteten nach Maßgabe der unter Nummer II.2 Satz 1 genannten Voraussetzungen zur Bestreitung der notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung ein zinsloses Darlehen u. a. dann gewährt werden, wenn gegen ihn wegen einer dienstlichen Tätigkeit oder eines Verhaltens, das mit einer dienstlichen Tätigkeit im unmittelbaren Zusammenhang steht, ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft eingeleitet worden ist. Mit der Aussage des Klägers als Zeuge im Strafverfahren vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) handelt es sich - davon geht auch der Beklagte aus - um ein Verhalten, das mit seiner dienstlichen Tätigkeit im unmittelbaren Zusammenhang steht. Denn als in die Ermittlungen involvierter Polizeibeamter war seine Ladung als Zeuge unmittelbare Folge seiner Tätigkeit. Wegen seiner Aussage ist auch ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft eingeleitet worden.

Die weiteren Voraussetzungen von Nummer II.2 Satz 1 Buchstaben a bis e VV Rechtsschutz müssen kumulativ erfüllt sein. Danach wird die Gewährung von Rechtsschutz in gängiger Verwaltungspraxis grundsätzlich davon abhängig gemacht, dass ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung besteht (a), der Behörde die Gewährung des Rechtsschutzes zugemutet werden kann (b), die Maßnahme der Rechtsverteidigung wegen der Eigenart der Sach- und Rechtslage geboten erscheint (c), nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, dass den Bediensteten kein oder nur ein geringes Verschulden trifft (d) und kein anderweitiger Anspruch auf Rechtsschutz besteht (e).

Wenn sich die Behörde für ihre Ermessenshandhabung in der oben genannten Art und Weise zulässigerweise bindet, kann aber ein Ermessensfehler geltend gemacht werden, wenn bei der Anwendung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind, von dem Ermessen nicht oder nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist oder die Behörde ohne sachlichen Grund von der Verwaltungspraxis abgewichen ist (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 1 WB 38.09 -, juris Rn. 27). Ermessenslenkende Verwaltungsrichtlinien entheben die Behörde nicht der Verpflichtung zu einer eigenverantwortlichen Ermessensentscheidung unter sachlicher Abwägung aller einschlägigen Gesichtspunkte des konkreten Falles, sondern geben ihr nur im Innenverhältnis zum Richtliniengeber Anhaltspunkte für die zu treffende Entscheidung. Das gilt auch hinsichtlich der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die der Richtliniengeber als ermessenslenkend niedergelegt hat. Weist ein Fall wesentliche Besonderheiten auf im Vergleich zum Regelfall, auf den die Richtlinien zugeschnitten sind, so muss die Behörde dies bei Ihrer Ermessensanwendung berücksichtigen. Wenn und soweit Richtlinien selbst ermessensfehlerhaft sind oder ihre Anwendung im konkreten Fall den besonderen Ermessenserfordernissen nach § 114 nicht genügt, kann auch ihre an sich sonst korrekte Anwendung die Ermessensfehlerhaftigkeit des betroffenen Handelns nicht ausschließen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 114, Rn. 10a, m.w.N.).

Es liegen zwar keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der VV Rechtsschutz bereits Erwägungen zugrunde liegen, die der Zielsetzung der vom Gesetz eingeräumten Ermächtigung widersprechen und deshalb nicht zur Anwendung kommen (vgl. so aber VG Berlin, Urteil vom 31. Mai 2017 - 28 K 15.17 -, juris, Rn. 67 ff. zu der entsprechenden Regelung in der AV Rechtsschutz in Berlin, die jedenfalls in der restriktiven Auslegung des dortigen Dienstherrn den Wesenskern der Fürsorgepflicht verletze).

Die vorliegende Entscheidung des Beklagten stellt sich allerdings auch in Ansehung der entsprechend § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich aller o.g. Voraussetzungen - soweit der Beklagte sie überhaupt geprüft hat - und damit insgesamt als ermessensfehlerhaft dar.

1.

Fehlerhaft geht der Beklagte dabei zum einen davon aus, dass ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nach Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe a VV Rechtsschutz nicht vorliegt. Der dort genannte Beispielsfall, dass im Falle einer Verurteilung mit Schadensersatzansprüchen gegen das Land Brandenburg zu rechnen wäre, scheidet zwar aus. Ebenso wenig liegt der weiter genannte Regelfall vor. Zwar ist der Kläger grundsätzlich mit Vollzugsaufgaben betraut und übt er in Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse Zwang aus; er wird aber nicht aufgrund einer entsprechenden Tätigkeit strafrechtlich verfolgt, sondern wegen des Vorwurfs der uneidlichen Falschaussage. Dennoch macht der Beklagte, auf dessen Verständnis der Vorschrift es grundsätzlich ankommt, nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch von seinem Ermessen. Er geht vor dem Hintergrund des durch die Falschaussage eines Polizeibeamten in Rede stehenden Vertrauensverlustes in der Bevölkerung und dem möglichen Schaden für die Strafjustiz davon aus, dass in derartigen Fällen das Interesse des Dienstherrn an der Aufklärung der Vorwürfe nicht mit einem dienstlichen Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung vereinbar sein kann. Vielmehr nimmt er ohne weitere Begründung an, dass seine Interessen gegenläufig zu denen des Klägers seien. Das widerspricht dem Zweck der VV Rechtsschutz insgesamt. Grundlage der VV Rechtsschutz (und damit auch Zweck der im Haushalt dafür eingestellten Mittel) ist die gesetzliche normierte und über Art. 33 Abs. 5 GG auch verfassungsrechtlich verankerte Fürsorgepflicht. Allerdings ist diese nicht umfassend, sondern wird durch das Dienst- und Treueverhältnis begrenzt, und sie ist insbesondere auf die amtliche Tätigkeit bezogen. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Fürsorgepflicht die Übernahme von Verteidigungskosten eines Strafverfahrens als angemessen erscheinen lassen kann, welches wegen einer dienstlichen Verrichtung oder im Zusammenhang damit gegen den Beamten geführt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Juli 1984, a.a.O., Rn. 3; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Juni 2000, a.a.O., juris, Rn. 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Mai 2009 - 5 LC 148/08 -, juris, Rn. 2; Hessischer VGH, Beschluss vom 14. Mai 2013, a.a.O., Rn. 8). Diesen Grundsatz erkennt auch Nummer II.1 Satz 1 VV Rechtsschutz an. Die aus Gründen der Fürsorge gebotene Unterstützung in Strafsachen kann dazu führen, dass ein Beamter, der sich nicht nur rechtswidrig, sondern sogar strafbar verhalten hat, ein zinsloses Darlehen erhält (vgl. in diesem Sinne VG Berlin, a.a.O., Rn. 67 zu der entsprechenden Regelung in der AV Rechtsschutz in Berlin). Für die Frage des dienstlichen Interesses an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung kann es im Rahmen der Prüfung der Gewährung eines Darlehens daher gerade nicht darauf ankommen, dass im Falle eines späteren Nachweises der vorgeworfenen Tat ein Reputationsschaden des Dienstherrn in Rede steht, zumal in einem solchen Fall das Darlehen jedenfalls grundsätzlich zurückzuzahlen ist (Nummer II.4 Satz 1 VV Rechtsschutz).

Nach Ansicht der Kammer wäre es geboten gewesen, Besonderheiten des Falls in den Blick zu nehmen und zu prüfen, ob sich aus diesen ein dienstliches Interesse an der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ergibt. Dabei dürfte zum einen auf den vom Beklagten für sein eigenes Aufklärungsinteresse herangezogenen Umstand abzustellen sein, dass die SoKo "Imker" nicht nur wegen des aufsehenerregenden "Maskenmannfalls" selbst, sondern auch wegen der internen Unstimmigkeiten auf großes Interesse in den Medien und der Öffentlichkeit gestoßen war. Ebenso stellt der von der Klägerseite angeführte Umstand, dass der Beklagte selbst eine - von den Medien sehr beachtete - Untersuchungskommission eingesetzt hat und damit den Klärungsbedarf hinsichtlich der Vorgänge in der SoKo selbst aufgezeigt hat, einen besonderen Umstand dar. Auch der Einsatz einer Mobbingbeauftragten und die Durchführung eines Mediationsverfahrens hätten Anlass zur Prüfung sein müssen, ob es sich um besondere Umstände handelt, die das dienstliche Interesse an der Rechtsverteidigung des Klägers begründen. Dasselbe gilt von dem Umstand, dass der Generalsstaatsanwalt das Ermittlungsverfahren nicht bei der in die Ermittlungen zum "Maskenmannfall" selbst involvierten Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) belassen, sondern das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Cottbus abgegeben hat. Ohne eine strafrechtliche Prüfung hätte der Beklagte erkennen müssen, dass neben der Aussage des KHK K...selbst zur Untermauerung eines Anfangsverdachts gegen den Kläger insbesondere auch darauf abgestellt wurde, dass der Kläger ebenso wie die seine Aussage bestätigende Frau B...dem in der Hauptverhandlung als "oppositionelle Gruppe" bezeichneten Personenkreis "wohl zugehörig" seien. In dieser Wertung zeigen sich die in der SoKo "Imker" entstandenen und sowohl das Strafverfahren im "Maskenmannfall" als auch die Ermittlungen gegen den Kläger geradezu dominierenden Friktionen, die als besondere Umstände zu berücksichtigen gewesen wären. Darüber hinaus schließt der Beklagte ein dienstliches Interesse - hier grenzt er den Begriff nicht von der "Verschuldensfrage" (Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe d VV Rechtsschutz) ab - für Fälle vorsätzlicher Aussagedelikte grundsätzlich mit dem Hinweis aus, dass es dabei nicht um die Konstellation gehe, in welcher sich der Betroffene an der ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Dienstaufgaben aus Angst vor Strafverfolgung gehemmt sehen könnte. Der Beklagte meint, ausschlaggebend für das Vorliegen einer Sonderbelastung, vor welcher der Dienstherr seinen Beschäftigten zu schützen habe, sei, aus welcher Herkunftssphäre die belastenden Tatsachen und Beweismittel kommen. Vorliegend schließt er die damit gegebenenfalls verbundene Manipulationsmöglichkeit Dritter aus, da hier die Aufnahme der Ermittlungen von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) erfolgte. Daneben hat er nicht die Besonderheit berücksichtigt, dass der Generalsstaatsanwalt - sicher gerade wegen der Gefahr jedenfalls von Befangenheiten - das Verfahren von der Staatsanwaltschaft Cottbus hat fortsetzen lassen.

2.

Der Beklagte hat darüber hinaus und auch unter Berücksichtigung seines in Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe b VV Rechtsschutz zum Ausdruck kommenden Verständnisses das Vorliegen der Voraussetzung der Zumutbarkeit der Gewährung des Rechtsschutzes ermessensfehlerhaft abgelehnt. Der Regelung zufolge liegt diese insbesondere vor, wenn der Dienstherr nicht selbst das Verfahren in Gang gesetzt hat. Da der Beklagte - wie er ausdrücklich betont - nicht selbst die Initiative zur Aufnahme von Ermittlungen gegen den Kläger ergriffen hat, sondern die Einleitung auf der Auswertung der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) beruht und auch von dieser von Amts wegen veranlasst wurde, ist das Regelbeispiel erfüllt. Der Beklagte geht zum Beleg der dennoch angenommenen fehlenden Zumutbarkeit davon aus, dass die Staatsanwaltschaft ein solches Verfahren nicht leichtfertig einleite. Dabei berücksichtigt er nicht, dass ein solches Verfahren überhaupt erst die angegriffene Entscheidung über den Antrag des Klägers veranlasst. Damit setzt er die - an anderer Stelle betonte - Eröffnung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen mit einem durch ihn selbst veranlasstes Verfahren im Ergebnis gleich. Auch die weiteren Erwägungen des Beklagten zur Zumutbarkeit der Gewährung von Rechtsschutz lassen eine rechtmäßige Ermessensausübung nicht erkennen. Soweit er im Ausgangsbescheid (Seite 2) darlegt, mit Blick auf die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass der Anfangsverdacht nicht unbegründet sei, sei dem Dienstherrn nicht zumutbar, einen Beamten bei einem strafbewehrten Verhalten und einer möglichen Dienstpflichtverletzung zu unterstützen und damit zu signalisieren, dass er ein solches Verhalten dulde, verlässt der Beklagte nach Ansicht der Kammer die in der VV Rechtsschutz angelegte Auslegung des Begriffs der Zumutbarkeit. Denn mit den genannten Erwägungen gibt er zu erkennen, dass er eine Rechtsschutzgewährung allein wegen der Möglichkeit einer Verurteilung, die jedem Ermittlungs- und Strafverfahren innewohnt, für unzumutbar hält. Im Widerspruchsbescheid vom 21. März 2016 (Seite 4) stellt er ferner darauf ab, dass allein der Umstand, dass gegen den Kläger bislang kein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei, nichts an der Gegenläufigkeit der Interessen des Klägers und des Dienstherrn ändere, und stellt er dabei auch einen Zusammenhang mit der Zumutbarkeit her. In der nach § 114 Satz 2 VwGO für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden Klagebegründung führt er aus, an der Zumutbarkeit fehle es, weil eine Erhärtung des Tatvorwurfs dem Ansehen der Polizei des Landes erheblich schaden würde, da auch der Ausgang des Ermittlungsverfahrens medienwirksam sein werde und die Schuld des Klägers in einem solchen Fall schwer wöge. Er führt damit zum Teil dieselben Gründe an, die er bereits für das Fehlen eines dienstlichen Interesses verwendet. Zwar hat der Beklagte, anders als andere Dienstherren (vgl. etwa Nummer II.2.a der Ausführungsvorschriften über Rechtsschutzmaßnahmen in Zivil- und Strafsachen für Bedienstete des Landes Berlin - AV Rechtsschutz - vom 18. Mai 2016; ABl. S. 1166) die fehlende Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen derselben Angelegenheit nicht als Regelbeispiel für das Vorliegen der Zumutbarkeit in die VV Rechtsschutz aufgenommen. Umgekehrt kann er aber aus der Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens auch keine Unterfütterung der fehlenden Zumutbarkeit herleiten. Auch der Hinweis auf den Schaden für das Ansehen der Polizei des Landes und die Schwere der klägerischen Schuld im Falle der Erhärtung des Tatvorwurfs und die Medienwirksamkeit lassen sich ebenfalls schon mit Blick darauf nicht für eine fehlende Zumutbarkeit nutzbar machen, dass sich eben aus dem o.g. Regelbeispiel auch in Abgrenzung vom Erfordernis des dienstlichen Interesses ergibt, dass für den Beklagten als Dienstherr insbesondere dann unzumutbar ist, Rechtsschutz zu gewähren, wenn Ermittlungen in seinem Zuständigkeitsbereich ihren Ausgang genommen haben. Das war vorliegend nicht der Fall.

3.

Nach Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe c VV Rechtsschutz muss die Maßnahme der Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung, beispielsweise die Bestellung einer Verteidigerin oder eines Verteidigers oder die Einholung eines Gutachtens, wegen der Eigenart der Sach- und Rechtslage geboten erscheinen. Zu dieser auch bereits im Rundschreiben vom 2. Dezember 2005 genannten Voraussetzung hat sich der Beklagte - soweit ersichtlich - nicht ausdrücklich geäußert. An der Gebotenheit der vorliegend erfolgten Bestellung einer Verteidigerin bestehen nach Ansicht der Kammer aber vorliegend keine Zweifel. Sie dürfte davon abhängen, ob es sich um eine schwierige Sachlage handelt. Das ist der Fall, wenn die Gefahr für den Betroffenen droht, den Überblick über die Beweisaufnahme zu verlieren und eine Verteidigung ohne Aktenkenntnis und damit ohne anwaltliche Hilfe nicht umfassend vorbereitet werden kann (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7. Oktober 2011 - III 3 Ws 321/11 -, juris; OLG Köln, Beschluss vom 12. September 2011 - III 2 Ws 566/11 -, juris; ThürOLG, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - 1 Ss 232/03 -, juris). Diese Voraussetzung dürfte bereits mit Blick auf die Anzahl der im Einleitungsvermerk genannten Zahl der zu hörenden Zeugen vorliegen.

4.

Fehlerhaft ist auch die rechtliche Bewertung, mit welcher der Beklagte die Voraussetzung der Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe d VV Rechtsschutz als nicht gegeben angesehen hat. Danach muss nach den Umständen des Falles anzunehmen sein, dass den Bediensteten kein oder nur ein geringes Verschulden trifft. Nähere Anhaltspunkte zu dieser Voraussetzung bietet die VV Rechtsschutz an dieser Stelle nicht. Das grundsätzlich maßgebliche Verständnis des Beklagten hilft nicht weiter. Denn er hat selbst gar keine Auslegung dieser Voraussetzung dargelegt, die überhaupt Raum für die Anwendung der Verwaltungsvorschrift lassen würde und von dem Ermessen so nicht beziehungsweise nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Der Beklagte hat nach Ansicht der Kammer eine dem Zweck der VV Rechtsschutz entsprechende, d.h. ihr nicht zuwiderlaufende Auslegung des Kriteriums bislang noch nicht entwickelt und damit - jedenfalls vorliegend - eine entsprechende Verwaltungspraxis nicht plausibel dargelegt. Das ergibt sich zum einen bereits daraus, dass seiner Argumentation zufolge Vorsatzdelikte grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der VV Rechtsschutz fallen. Damit scheiden aber die allermeisten der in Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe a VV Rechtsschutz beispielhaft erfassten Vollzugsaufgaben aus. Im Widerspruchsbescheid hatte der Beklagte zu seinem Verständnis der Frage der Schwere der Schuld ausgeführt, es handele sich bei der vorgeworfenen uneidlichen Falschaussage um ein Vorsatzdelikt, so dass von "keinem" oder einem nur "geringen Verschulden" - wie bei fahrlässigen Delikten - nicht gesprochen werden könne. Da es sich bei der dem Kläger zur Last gelegten Tat der uneidlichen Falschaussage um ein Vorsatzdelikt handelt (vgl. § 15 StGB), ist der Vorwurf in der Tat auf ein vorsätzliches Verhalten gerichtet. Zwar hat der Beklagte in seiner Klageerwiderung ausgeführt, er wolle die Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht so verstanden wissen, dass er die Vorschriften über die Rechtschutzgewährung lediglich auf Fahrlässigkeitsdelikte begrenze. Es sei nur darum gegangen, dass eben nicht "kein" oder "nur geringes" Verschulden anzunehmen sei. Dies habe er beispielhaft durch die Abgrenzung zu Fahrlässigkeitsdelikten erläutert. Dennoch ist offensichtlich, dass der Vorwurf eines Vorsatzdeliktes für den Beklagten ein maßgebliches Indiz dafür ist, dass die o.g. Voraussetzung nicht erfüllt ist. Darüber hinaus ist für den Beklagten entscheidend, ob die vorgeworfene Tat im Falle ihres Nachweises - eine eigene Prüfung insoweit nimmt er auch überschlägig nicht vor - schwer wiegt. Es mag in sich konsequent sein, dass er dies im Falle der Falschaussage durch einen Polizeibeamten annimmt. Damit hat er sich hier indes derselben Argumente bedient wie hinsichtlich des dienstlichen Interesses und der Zumutbarkeit. Da die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens immer einen sogenannten Anfangsverdacht voraussetzt, nämlich das Vorliegen zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat (§ 152 Abs. 2 StPO, vgl. auch § 160 Abs. 1 StPO), soll die erforderliche Verneinung einer mehr als geringen Schuld demnach dem Verständnis des Beklagten zufolge ausschließlich von der Schwere des vorgeworfenen Delikts abhängen. Gerade mit Blick darauf, dass der Beklagte als für die Gewährung von Rechtsschutz prädestinierte Fälle solche "haltloser" Beschuldigungen insbesondere gegen Polizeivollzugsbeamte nennt, ergibt sich hier ein Wertungswiderspruch. Denn zum einen können sich diese haltlosen Beschuldigungen auch auf schwere Delikte beziehen, zum anderen ist der Anwendungsbereich der VV Rechtsschutz eben auch erst dann eröffnet, wenn zumindest ein Anfangsverdacht vorliegt. Dabei hält es die Kammer entgegen der Ansicht des Klägers ebenfalls nicht für geboten, eine eigene strafrechtliche Wertung vorzunehmen. Der Dienstherr wird hinsichtlich der vorliegenden Voraussetzung indes die Gesamtumstände der vorgeworfenen Tat in den Blick nehmen müssen. Gegebenenfalls hätte es nahegelegen, auch die vom Kläger dargelegten Unterschiede hinsichtlich des ersten Vorwurfs zwischen Zweifeln an der Tat selbst und Zweifeln am Tatablauf und hinsichtlich des zweiten Vorwurfs zwischen dem endgültigen und dem vorübergehenden "Nicht-zur-Akte-nehmen" zu würdigen. Hinsichtlich des zweiten Vorwurfs hätte der Beklagte auch auf die sofort ins Auge springende Unerheblichkeit der Ausführung des Staatsanwalts W... im Einleitungsvermerk, eine das Gutachten betreffende Absprache habe es mit ihm nicht gegeben, abstellen müssen. Denn das hatte der Kläger auch nicht ausgesagt, sondern nur, dass KHK K... eine solche behauptet habe.

5.

Nach Nummer II.2 Satz 1 Buchstabe e VV Rechtsschutz ist weitere Voraussetzung, dass von anderer Seite - ausgenommen von Gewerkschaften und Berufsverbänden - Rechtsschutz nicht besteht. Haben Bedienstete bei einer privaten Rechtsschutzversicherung einen Selbstbehalt zu tragen, kann hierfür ein zinsloses Darlehen gewährt werden. Mit dieser Voraussetzung hat sich der Beklagte nicht befasst. Im Rahmen der vorsorglichen Spruchreifemachung hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers der Berichterstatterin telefonisch am 31. Oktober 2019 bestätigt, dass eine Rechtsschutzversicherung des Klägers nicht bestehe. Mit Schriftsatz vom selben Tag hat sie dies noch verschriftlicht.

6.

In Bezug auf die Höhe des zu gewährenden Darlehens geht der Beklagte ebenfalls ermessensfehlerhaft davon aus, dass die im Entwurf vorliegende Vergütungsvereinbarung mit einem Stundenlohn von 250,00 Euro nicht angemessen ist. Er meint, das Überschreiten der gesetzlichen Gebühr sei mangels besonderer Schwierigkeiten der anwaltlichen Tätigkeit nicht gerechtfertigt. Die relevanten Umstände des Falls hat der Beklagte nicht in den Blick genommen. Gemäß Nummer VII.3 VV Rechtsschutz darf eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstgebühr u.a. als notwendig anerkannt und bei der Bemessung des Darlehens berücksichtigt werden, wenn dies nach der Bedeutung der Angelegenheit sowie nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gerechtfertigt erscheint. Nach Nummern 4100 und 4104 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -) beträgt die gesetzliche Gebührenhöhe für die Tätigkeit des Wahlverteidigers in Ermittlungsverfahren maximal 360,00 Euro (Grundgebühr) zuzüglich 290,00 Euro (Verfahrensgebühr), mithin insgesamt 650,00 Euro (zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer, vgl. Nummer 7008 des Vergütungsverzeichnisses). Angesichts des Umfangs und der rechtlichen Schwierigkeit der Angelegenheit hätte der Beklagte prüfen müssen, ob die gesetzlichen Gebühren wirklich in angemessener Relation zu dem Arbeits- und Zeitaufwand stehen und damit eine Verteidigung durch einen entsprechend erfahrenen Rechtsanwalt oder eine entsprechend erfahrene Rechtsanwältin zu den gesetzlichen Gebühren zu erhalten ist. Denn allein die Ermittlungsakten betreffend den Kläger haben dem in Kopie zur hiesigen Akte gereichten Schriftsatz seiner Strafverteidigerin vom 8. Februar 2019 zufolge mindestens 640 Seiten. Entgegen der offenbar vom Beklagten vertretenen Ansicht dürfte es zu einer angemessenen Verteidigung auch fundierter strafrechtlicher Kenntnisse bedürfen, zumal auch die Hergänge im "Maskenmannfall" eine Rolle spielen. Ein entsprechend qualifizierter Verteidiger wird, wie vorliegend geschehen, den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung verlangen, was nach § 3a RVG zulässig ist. Eine Beschränkung auf die gesetzliche Gebührenhöhe könnte demgegenüber zu einer fürsorgepflichtwidrigen Beschneidung der Verteidigungsmöglichkeiten führen. Auch die VV Rechtsschutz geht in Nummer VII.3 davon aus, dass eine Überschreitung des gesetzlichen Gebührenrahmens als notwendig anerkannt und bei der Bemessung des Darlehens berücksichtigt werden kann, wenn dies nach der Bedeutung der Angelegenheit sowie nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gerechtfertigt erscheint. Die in der vorgelegten Vergütungsvereinbarung vorgesehenen Stundensätze entsprechen nach Angaben der Prozessbevollmächtigten den in vergleichbaren Fällen üblichen Honoraren. Daran zu zweifeln sieht die Kammer keinen Anlass, zumal der Beklagte dem nicht entgegengetreten ist. Soweit in der Vergütungsvereinbarung ferner die Erstattung von Auslagen vorgesehen ist, nimmt sie auf die gesetzlichen Regelungen in Nummern 7000 ff. des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zum RVG) Bezug.

7.

Schon mit Blick auf die rechtzeitige Beantragung der Rechtsschutzgewährung konnte der Beklagte sie auch nicht mit Hinweis auf die Begleichung einer Vorschussrechnung durch den Kläger für acht Arbeitsstunden ablehnen. Denn es handelt sich dabei gerade nicht um eine nachträgliche Übernahme. Soweit der Beklagte eine solche nur in besonders begründeten Fällen für zulässig hält, weist die Kammer der Vollständigkeit halber und, ohne dass es hier darauf ankommt, auf Nummer VIII.8 Satz 1 VV Rechtsschutz hin, wonach bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen die dem Bediensteten erwachsenen notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung auf schriftlichen Antrag auch vom Land getragen werden können, wenn bis zum Abschluss des Verfahrens ein Darlehen nicht beantragt oder nicht gewährt worden ist. Die nachträgliche Beantragung der Kostenübernahme ist Satz 2 zufolge nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Verfahrensbeendigung zulässig.

II.

Eine Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung des begehrten Darlehens wegen einer Ermessensreduzierung auf Null ist allerdings nicht auszusprechen. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die fehlerhaften Ermessenserwägungen des Beklagten durch eigene zu ersetzen. Schon angesichts der o.g. Maßgeblichkeit der Verwaltungspraxis kommt die begehrte Verpflichtung des Beklagten nicht in Betracht. Dafür, dass sich ein gebundener Anspruch aus einem in der Ablehnung liegenden Verstoß gegen den Wesenskern der Fürsorgepflicht ergibt, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 ZPO. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die streitgegenständlichen Fragen zur Ermessensausübung auf der Grundlage der VV Rechtsschutz nicht geklärt sind und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sein können.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz auf 12.538,08 Euro festgesetzt.