VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.03.2020 - 1 S 29/19
Fundstelle
openJur 2020, 34792
  • Rkr:

Ist ein denkmalgeschütztes Gebäude nur von Nachbargrundstücken aus, nicht jedoch von Passanten und der sonstigen Öffentlichkeit einsehbar, entfallen dadurch seine Schutzwürdigkeit und die erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes durch Veränderungen des Gebäudes nicht (wie VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.1993 - 8 S 2851/92 -).

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 29. Oktober 2018 - 8 K 7331/17 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für den Anbau von Stahlbalkonen an der Südseite des Gebäudes ... in Tübingen. Das Landesamt für Denkmalpflege erkennt dem Gebäude wissenschaftliche und heimatgeschichtliche Bedeutung zu und hält es wegen der architektonischen Gestaltung, der Integrität und Originalität für denkmalfähig und -würdig. Das Gebäude ist in der Kulturdenkmalliste eingetragen.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 19.02.2016, ihr die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für den Anbau von Stahlbalkonen mit der Größe von 4 x 1,50 m an der Südfassade zu erteilen, mit Bescheid vom 13.05.2016 ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 16.08.2017 erfolglos. Die hiergegen erhobene Klage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit dem angefochtenen Urteil ab. Die Schutzfähigkeit des Gebäudes ergebe sich aus wissenschaftlichen Gründen. Ob auch heimatgeschichtliche Gründe die Denkmalfähigkeit des Gebäudes begründeten, könne offenbleiben Der Anbau der Stahlbalkone sei nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der rechtzeitig gestellte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin unter I. ihrer Begründung geltend, in dem angefochtenen Urteil fehle es an einer zutreffenden Subsumtion unter den Begriff des Baudenkmals und daher seien die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der Divergenz und der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten gegeben.

a) Die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass ein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragender Rechtssatz oder eine für diese Entscheidung erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - VBlBW 2000, 392; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 03.05.2011 - 10 S 354/11 - VBlBW 2011, 442). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.08.1999 - 6 S 969/99 - juris). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.08.1999, a.a.O., und v. 27.02.1998 - 7 S 216/98 - VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Solche Zweifel können die Zulassung des Rechtsmittels nur dann rechtfertigen, wenn sie sich auf die Richtigkeit des Urteils, also auf das Entscheidungsergebnis auswirken (BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4/03 - NVwZ-RR 2004, 542; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 124 Rn. 98 m.w.N.). Der Zulassungsgrund liegt vor, wenn eine Überprüfung des dargelegten Vorbringens aufgrund der Akten ergibt, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils tatsächlich bestehen.

Zweifel in diesem Sinne liegen hier nicht vor. Unbegründet ist das Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht einen viel weiteren Begriff des Baudenkmals anlege als der Verwaltungsgerichtshof, dass der Umstand, dass das Gebäude mit historisierenden Stuckelementen versehen sei, nichts mit dem bautechnischen Wissensstand zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes zu tun habe und dass für die Bau- und Architekturwissenschaft besondere Konstruktionsmerkmale als Zeichen modellhafter oder erstmaliger Bewältigung statischer Probleme von Bedeutung seien, das Verwaltungsgericht solche Konstruktionsmerkmale jedoch nicht festgestellt habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, die das Verwaltungsgericht ausdrücklich zugrunde gelegt hat und auf die sich auch die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag bezieht, gilt Folgendes: "Wissenschaftliche Gründe erlauben die Annahme eines Kulturdenkmals, wenn eine Sache für die Wissenschaft oder einen Wissenschaftszweig von Bedeutung ist, wie z. B. für die Theologie der Kirchengrundriß oder die Kirchengestaltung als Dokument einer bestimmten theologischen Auffassung, für die Geschichts- und Sozialwissenschaften typische Siedlungsarten als Ausdruck bestimmter Einstellungen, Lebensweisen und Entwicklungen oder für die Bau- und Architekturwissenschaft besondere Konstruktionsmerkmale als Zeichen modellhafter oder erstmaliger Bewältigung bestimmter statischer Probleme...Im Vordergrund dieses Schutzmerkmals steht die dokumentarische Bedeutung einer Sache für die Wissenschaft, weil sie den bestimmten Wissensstand einer geschichtlichen Epoche bezeugt. Im übrigen können wissenschaftliche Gründe auch dann anzunehmen sein, wenn die Sache als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung in Betracht kommt, doch muß unter diesem Gesichtspunkt, damit diese Bedeutungskategorie angesichts der prinzipiellen Unbegrenztheit wissenschaftlicher Fragestellungen einigermaßen feste Konturen behält, ein hinreichend konkretes Forschungsvorhaben erkennbar sein, welches das wissenschaftliche Interesse an der Sache zu begründen vermag." (Senat, Urt. v. 10.05.1985 - 1 S 1949/87 - NVwZ-RR 1989, 232, 233; ebenso: Urt. v. 19.03.1998 - 1 S 3307/96 - juris Rn. 18).

Maßgeblich ist danach die dokumentarische Bedeutung einer Sache für die Wissenschaft, weil sie einen bestimmten Wissensstand einer geschichtlichen Epoche bezeugt. Besondere Konstruktionsmerkmale als Zeichen modellhafter oder erstmaliger Bewältigung bestimmter statischer Probleme als Gegenstände von Bedeutung für die Bau- und Architekturwissenschaft sind nur beispielhaft aufgezählt. Auch andere Gesichtspunkte, die für die Bau- und Architekturwissenschaft von Bedeutung sind, können daher - entgegen der Auffassung der Klägerin - wissenschaftliche Gründe i.S.v. § 2 Abs. 1 DSchG sein. Dem entsprechend können auch der architektonische Gestaltungswille im Zusammenwirken mit der Seltenheit der baulichen Ausstattung (Senat, Urt. v 19.03.1998, a.a.O., Rn. 24) oder die Farbgebung des Fachwerks (Senat, Urt. v. 10.05.1985, a.a.O., S. 233) die Denkmalfähigkeit aus bau- und architekturwissenschaftlichen Gründen ausmachen.

Das Verwaltungsgericht hat folglich mit dem Kern seiner Begründung, das Gebäude in der ... habe als Zeuge einer geschichtlichen Epoche eine dokumentarische Bedeutung für die Wissenschaft, da es architektur- und bauhistorisch ein Beispiel für den Spätklassizismus sei, weder einen anderen Begriff der wissenschaftlichen Gründe im Sinne von § 2 Abs. 1 DSchG verwendet noch unter diesen Begriff falsch subsumiert. Ebenso wenig trifft das Vorbringen im Zulassungsantrag zu, dass die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in sich widersprüchlich seien, da es zum einen darlege, dass das Gebäude ein Beispiel für den Spätklassizismus sei, und zum anderen ausführe, das Gebäude zeige den Haustypus zwischen 1800 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, welcher von verschiedenen historisierenden Stilrichtungen geprägt sei. Das Verwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass das Gebäude in der ... von verschiedenen Stilrichtungen geprägt ist, sondern es eindeutig als spätklassizistisches Gebäude angesehen ("Beispiel für den Spätklassizismus", "herausragendes Beispiel der architekturhistorischen Epoche des Spätklassizismus"). Die Ausführungen zum Haustypus zwischen 1800 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, welcher von verschiedenen historisierenden Stilrichtungen geprägt sei, kennzeichnen das streitgegenständliche Gebäude nicht als eines mit verschiedenen Stilrichtungen, sondern ordnen es einem Typus von Haus zu und verorten es sodann in diesem Rahmen im Bereich des Spätklassizismus.

b) Die Divergenzrüge der Klägerin kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Die Darlegung einer die Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnenden Divergenz setzt zunächst voraus, dass ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt und einem dieselbe Rechtsvorschrift betreffenden seinerseits entscheidungserheblichen Rechtssatz des Divergenzgerichts gegenüber gestellt wird (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 20.12.1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). Die lediglich fehlerhafte Anwendung eines vom Divergenzgericht aufgestellten Rechtssatzes ist keine Abweichung in diesem Sinne (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 9 B 18.95 - NVwZ-RR 1997, 101), ebensowenig das Übersehen einer Rechtsfrage oder eines Rechtssatzes (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.02.1997 - 4 B 16.97 - NVwZ-RR 1997, 512). Eine verdeckte Divergenz, die zur Zulassung führt, kann nur dann vorliegen, wenn das Verwaltungsgericht unausgesprochen von einem divergierenden Rechtssatz ausgegangen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.03.2012 - 2 B 26.11 - juris; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 124 Rn. 159a).

Eine solche Divergenz vermag die Klägerin nicht darzulegen. Abweichende Rechtssätze des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs benennt die Klägerin nicht. Bereits einen Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs, dass nur Konstruktionsmerkmale als Zeichen modellhafter oder erstmaliger Bewältigung statischer Probleme von Bedeutung für den Wissenschaftszweig der Bau- und Architekturwissenschaft sein können, kann der Zulassungsantrag nicht aufzeigen. Im Übrigen entsprechen die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Rechtssätze zu den wissenschaftlichen Gründen im Sinne von § 2 Abs. 1 DSchG denen aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Auch für eine verdeckte Divergenz ist nichts ersichtlich. Schließlich ist mit der Behauptung einer falschen Subsumtion eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht dargelegt, da eine falsche Subsumtion gerade keinen divergierenden Rechtssatz voraussetzt.

c) Die Rechtssache weist nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Vielmehr muss sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfälle abheben (st. Rspr., vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.04.1997 - 14 S 913/97 - VBlBW 1997, 298; Beschl. v. 07.01.1998 - 7 S 3117/97 - NVwZ-RR 1998, 371; Beschl. v. 11.08.1999 - 6 S 969/99 - juris), d. h. er muss überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen (W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 124 Rn. 9).

Daran fehlt es hier. Das Vorbringen der Klägerin, dass das Verwaltungsgericht es als schwierig angesehen habe, die Denkmalfähigkeit und Denkmalwürdigkeit sachgerecht zu beurteilen und sich daher sachverständiger Beratung bedient habe, zeigt keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die Anhörung von Auskunftspersonen aus Denkmalschutzbehörden wird von Verwaltungsgerichten zur sachgerechten Ermittlung des Sachverhalts in Denkmalschutzstreitigkeiten häufig vorgenommen. Allein aus diesem Umstand ergeben sich keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten. Sie sind auch nicht sonst erkennbar.

2. Im Ergebnis ohne Erfolg bleibt das Vorbringen der Klägerin (II. ihrer Begründung), dass das Verwaltungsgericht keine korrekte Subsumtion unter den Begriff der Sozialgeschichte vornehme und daher die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der Divergenz und der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten vorlägen. Unbegründet ist auch das Vorbringen (III. der Begründung), dass das Verwaltungsgericht Bauwissenschaft und Sozialgeschichte nicht voneinander abgrenze und daher die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz gegeben seien.

a) Zwar trifft es zu, dass das Verwaltungsgericht nach seinen Ausführungen zum Haustypus zwischen 1800 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, welcher von verschiedenen historisierenden Stilrichtungen geprägt sei, lediglich anschließt, insoweit seien auch sozialgeschichtliche Fragestellungen relevant, und im Urteil nicht weiter ausführt, um welche sozialgeschichtlichen Fragestellungen es geht und inwiefern diese für die denkmalschutzrechtliche Genehmigung von Bedeutung sind. Jedoch ergibt sich daraus keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe:

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die sich auf das Entscheidungsergebnis auswirken, bestehen insoweit nicht. Der Zulassungsantrag stellt nicht infrage, dass es sich um ein spätklassizistisches Gebäude handelt. Zutreffend und ohne dass - wie unter 1. ausgeführt - insoweit Zulassungsgründe erkennbar sind, hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sich die Denkmalfähigkeit des Gebäudes daraus ergibt, dass es ein herausragendes Beispiel der architekturhistorischen Epoche des Spätklassizismus ist. Die Denkmalfähigkeit ist daher gegeben, ohne dass es auf das Vorliegen sozialgeschichtlicher Fragestellungen als wissenschaftliche Gründe im Sinne von § 2 Abs. 1 DSchG ankommt. Eine Auswirkung der fehlenden Ausführungen zu sozialgeschichtlichen Fragestellungen auf das Entscheidungsergebnis ist daher nicht erkennbar.

Ernstliche Richtigkeitszweifel ergeben sich insoweit auch nicht aus dem weiteren Zulassungsvorbringen, dass das Verwaltungsgericht keine Abgrenzung zwischen Bauwissenschaft und Sozialgeschichte vornehme, dass damit unzulässigerweise der enge Begriff des Baudenkmals in abgeschwächter Form, als "Baudenkmal light" unter einen anderen Schutzgrund verschoben werde und dass wissenschaftliche Schutzgründe klar voneinander abzugrenzen seien, da sie andernfalls die erforderlichen festen Konturen verlören. Zweifel an der - von der Klägerin nicht hinreichend angegriffenen - Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass das Gebäude ein herausragendes Beispiel des Spätklassizismus ist, folgen daraus nicht. Denn die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu beziehen sich allein auf die architekturhistorische Bedeutung des Gebäudes. Diese wird vom Verwaltungsgericht auch nicht ansatzweise mit sozialgeschichtlichen Erwägungen begründet. Solche sozialgeschichtlichen Begründungselemente für die architekturhistorische Bedeutung des Gebäudes vermag auch der Zulassungsantrag nicht konkret aufzuzeigen. Daher gehen auch die Ausführungen des Zulassungsantrags zur Notwendigkeit der klaren Abgrenzung wissenschaftlicher Schutzgründe ins Leere. Zudem beziehen sich die vom Zulassungsantrag in Bezug genommenen Passagen in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Notwendigkeit fester Konturen, wie oben dargelegt, gerade auf wissenschaftliche Forschungsvorhaben, die hier jedoch nicht in Rede stehen.

b) Die Rechtssache weist auch insoweit nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf. Zur Begründung verweist die Klägerin lediglich auf ihr Vorbringen unter I. ihrer Begründung. Wie dargelegt, ergeben sich allein aus der Anhörung von Auskunftspersonen aus Denkmalschutzbehörden keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten. Sie sind auch nicht im Hinblick auf die Abgrenzung von Bauwissenschaft und Sozialgeschichte erkennbar.

c) Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu. Das ist nur der Fall, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfeststellungen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes des erstinstanzlichen Urteils eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt, d.h. benannt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tragend war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.06.1997 - 4 S 1050/97 - VBlBW 1997, 420 m.w.N.; Beschl. v. 19.08.2010 - 8 S 2322/09 - ZfWG 2010, 424).

Daran fehlt es hier. Das Zulassungsvorbringen, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob unter dem Schutzgrund der Wissenschaft die verschiedenen wissenschaftlichen Fächerdisziplinen miteinander vermengt werden dürften oder abzugrenzen seien, ist unbegründet. Damit ist eine im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Rechtsfrage nicht bezeichnet. Das Verwaltungsgericht hat, wie ausgeführt, die Denkmalfähigkeit des Gebäudes tragend auf die architekturhistorische Bedeutung des Gebäudes als Beispiel des Spätklassizismus gestützt, ohne für diese Feststellungen sozialgeschichtliche Fragestellungen zur Begründung heranzuziehen.

d) Auch der Zulassungsgrund der Divergenz liegt insoweit nicht vor. Weder zu II. noch zu III. ihrer Begründung benennt die Klägerin abweichende Rechts-sätze des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs. Soweit die Klägerin geltend macht, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wissenschaftliche Gründe nicht konturenlos sein dürften, fehlt es bereits an einem abweichenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts. Zudem mangelt es insoweit an einer Divergenz i.S.v. § 124 Abs. 4 Nr. 4 VwGO, da - wie dargelegt - die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hierzu wissenschaftliche Forschungsvorhaben betrifft, um die es hier jedoch nicht geht.

3. Unbegründet ist auch das Zulassungsvorbringen unter IV., dass das Verwaltungsgericht keine Abgrenzung von sozialgeschichtlichen und heimatgeschichtlichen Gründen vorgenommen habe, dass von einer solchen Abgrenzung die Bedeutung und das Schutzniveau des Denkmals abhingen und dass aufgrund der fehlenden Abgrenzung von Sozial -und Heimatgeschichte die kategorienadäquate Entscheidung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Denkmals im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG vorliege, nicht zutreffend getroffen werden könne. Die insoweit geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und der Divergenz liegen nicht vor.

a) Ernstliche Richtigkeitszweifel sind nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wird die wertende Einschätzung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG vorliegt, zum einen maßgeblich bestimmt vom Denkmalwert. In Relation zur Wertigkeit des Kulturdenkmals kann daher die Hinnahme einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes in gewissem Umfang geboten sein. Zum anderen hat die Entscheidung immer "kategorienadäquat" zu erfolgen, d. h. sie muss sich an der für das Schutzobjekt maßgeblichen denkmalrechtlichen Bedeutungskategorie orientieren. Auf dieser Grundlage spricht in aller Regel viel dafür, bei der Beurteilung der Erheblichkeit einer Veränderung eines Kulturdenkmales zunächst zwischen der künstlerischen Bedeutung einerseits und der wissenschaftlichen und der heimatgeschichtlichen Bedeutung andererseits zu unterscheiden. Bei einem Kulturdenkmal, an dessen Erhaltung aus künstlerischen Gründen ein öffentliches Interesse besteht, hat eine möglichst umfassende und ungestörte Erhaltung der Identität seiner Substanz und seines Erscheinungsbildes eine überragende Bedeutung; die Schwelle zur belastenden Wirkung, die zur Erheblichkeit der Beeinträchtigung führt, ist hier tendenziell bald erreicht. Bei den Schutzgründen der wissenschaftlichen und insbesondere der heimatgeschichtlichen Bedeutung kann die Sache deswegen anders liegen, weil das Kulturdenkmal gerade in seinem dokumentarischen Charakter über sich hinausweist. In dieser Funktion - seinem "Zeugniswert" - kann es Veränderungen oftmals von vergleichsweise größerem Gewicht unbeschadet überstehen. Dies gilt bei der wissenschaftlichen Bedeutung dann allerdings nicht, wenn das Kulturdenkmal als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung unter einer durch die Veränderungen bedingten Einbuße an Authentizität leidet und deswegen sein "Quellenwert" beeinträchtigt wird (vgl. Senat, Urt. v. 27.06.2005 - 1 S 1674/04 - ESVGH 56, 23; Urt. v. 01.09.2011 - 1 S 1070/11 - VBlBW 2012, 185).

Danach kann sowohl bei einem aus wissenschaftlichen Gründen als auch bei einem aus heimatgeschichtlichen Gründen schützenswerten Denkmal gleichermaßen eine Veränderung des Denkmals genehmigungsfähig sein, wenn der Zeugniswert des Denkmals unbeschadet bleibt, während bei einem Kulturdenkmal, das aus künstlerischen Gründen schützenswert ist, Veränderungen schneller die Grenze der Erheblichkeit der Beeinträchtigung erreichen können. Bei dieser kategorienadäquaten Betrachtung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Differenzierung zwischen wissenschaftlichen Gründen einerseits und heimatgeschichtlichen Gründen andererseits jedoch nicht angezeigt. Aus welchen Gründen hier grundsätzlich unterschiedliche Maßstäbe gelten sollen, ist weder ersichtlich noch vom Zulassungsantrag ansatzweise dargelegt. Anhaltspunkte dafür, dass bei der zusätzlichen Bejahung von heimatgeschichtlichen Schutzgründen die Genehmigungsfähigkeit der Anbringung von Stahlbalkonen für die Klägerin günstiger zu beurteilen wäre, fehlen gänzlich und zeigt der Zulassungsantrag auch nicht auf. An ernstlichen Richtigkeitszweifeln fehlt es daher auch insoweit.

b) Der Zulassungsgrund der Divergenz ist ebenso zu verneinen. Die Klägerin benennt abweichende Rechtssätze des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Zudem hat das Verwaltungsgericht ausdrücklich die oben dargestellten Maßstäbe aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde gelegt. Auch soweit die Klägerin moniert, das Verwaltungsgericht zitiere zwar die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wende diese aber nicht zutreffend auf den vorliegenden Fall an, mangelt es an einer Divergenz. Eine falsche Anwendung von Rechtssätzen begründet keine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Auch an einer verdeckten Divergenz fehlt es hier. Denn das Verwaltungsgericht hat auch in der Sache die Rechtssätze aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs angewandt.

4. Zulassungsgründe ergeben sich schließlich auch nicht aus dem Vorbringen unter V. der Zulassungsbegründung, dass die Südfassade des Gebäudes als "Schaufassade" inzwischen keine denkmalschutzrechtliche Relevanz mehr habe, da sie aufgrund der Überbauung des ehemaligen Gartens des Hauses mit anderen Gebäuden durch die Öffentlichkeit nicht mehr einsehbar sei, sondern allein von den benachbarten Häusern aus gesehen werden könne. Die insoweit geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und der grundsätzlichen Bedeutung liegen nicht vor.

a) Der von der Klägerin insoweit geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die öffentliche Einsehbarkeit der Südfassade sei durch die Umgebungsbebauung tatsächlich eingeschränkt. Eine Einsehbarkeit vom öffentlichen Raum aus sei aber teilweise möglich. Dies sei durch den richterlichen Augenschein festgestellt worden. Jedenfalls sei die Südfassade von der Nachbarschaft ohne weiteres einsehbar, somit liege eine Einsehbarkeit an sich vor. Auf die öffentliche Einsehbarkeit komme es nicht an. Auch Hinterfassaden seien vom Denkmalschutz geschützt, da Denkmalschutz primär Subtanzschutz sei. Die wissenschaftlichen Gründe lägen gerade in der Erhaltung der klassizistischen symmetrischen Fassadengliederung, ohne dass deren Schutzwürdigkeit durch die eingeschränkte Einsehbarkeit reduziert würde.

Diese Begründung des Verwaltungsgerichts ist im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu beanstanden. Für die Genehmigungsfähigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 ist grundsätzlich das Gebäude als Ganzes zu beurteilen. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes, die der Genehmigungsfähigkeit entgegensteht, setzt voraus, dass diese deutlich wahrnehmbar ist und vom Betrachter als belastend empfunden wird (Senat, Urt. v. 10.06.2010 - 1 S 585/10 - VBlBW 2010, 393; Urt. v. 01.09.2011, a.a.O.). Dabei führt nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte - auch des Verwaltungsgerichtshofs - der Umstand, dass das denkmalgeschützte Gebäude nur von Nachbargrundstücken aus, nicht jedoch von Passanten und der sonstigen Öffentlichkeit einsehbar ist, nicht zu einer maßgeblichen Reduzierung der Schutzwürdigkeit und daher nicht zu einer Verneinung der erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.10.1993 - 8 S 2851/92 - juris Rn. 26; BayVGH, Urt. v. 19.12.2013 - 1 B 12.2596 - juris Rn. 21; Beschl. v. 13.05.2015 - juris Rn. 3; Beschl. v. 16.04.2015 - 2 ZB 14.180 - juris Rn. 8; VG Sigmaringen, Urt. v. 28.04.2004 - 2 K 1623/03 - juris Rn. 20; VG Freiburg, Urt. v. 09.07.2009 - 4 K 1143/08 - juris Rn. 43; VG Augsburg, Urt. v. 11.08.2008 - Au 5 K 07.1014 - juris Rn. 32; VG Ansbach, Urt. v. 23.07.2014 - AN 9 K 13.01369 - juris Rn. 52).

Etwas Anderes folgt nicht aus dem von der Klägerin mit dem Zulassungsantrag angeführten Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin aus dem Jahr 2011 (vgl. VG Berlin, Urt. v. 22.06.2011 - 16 K 166/10 - juris). Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin hängt der Schutz des Erscheinungsbilds eines Denkmals nicht davon ab, ob und mit welcher Intensität Passanten Beeinträchtigungen seines Zeugniswerts bemerken können (VG Berlin, Urt. v. 08.06.2006 - 16 A 342.03 - juris Rn. 24; Urt. v. 06.09.2007 -16 A 15.06 - juris Rn. 26). Im von der Klägerin angeführten Fall verpflichtete das Verwaltungsgericht die Behörde zur Erteilung der Genehmigung für die Anbringung von Balkonen an der rückwärtigen Gebäudefassade. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht an, aufgrund der geringen Einsehbarkeit des Grundstücks komme der Rückseite des Gebäudes nur eine abgeschwächte denkmalschutzrechtliche Bedeutung zu. Hinzu komme, dass an der Rückseite des Baudenkmals selbst sowie an weiteren in seiner unmittelbaren Umgebung befindlichen Baudenkmalen Vorbelastungen, nämlich bereits errichtete Balkone vorhanden seien, die den Denkmalwert erheblich schmälerten. Des Weiteren sei nicht nachvollziehbar, warum die am Gebäude bereits vorhandenen sechs Balkone dessen Denkmalwert nur unwesentlich beeinträchtigen sollten, jedoch durch das Hinzutreten von lediglich zwei weiteren Balkonen die Grenze der für den Denkmalwert des Gebäudes erheblichen Beeinträchtigung plötzlich überschritten sein solle (VG Berlin, a.a.O., Rn. 26 ff.). Aus dem Urteil folgt mithin nicht, dass das Fehlen der Einsehbarkeit der Hinterfassade eines denkmalgeschützten Gebäudes die Schutzwürdigkeit entfallen lässt.

b) Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor. Die im Zulassungsantrag bezeichnete Frage, ob Objekte, die ihren Denkmalstatus aus ihrer Außenwirkung herleiten, ihren denkmalrechtlichen Schutz einbüßen, wenn die Außenwirkung nicht mehr besteht, ist nicht i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich. Diese Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich, weil eine nicht mehr bestehende Außenwirkung vom Verwaltungsgericht nicht bejaht worden ist. Aber die gegebenenfalls in dieser von der Klägerin angeführten Frage enthaltene Problematik, ob die Schutzwürdigkeit eines Denkmals entfällt, wenn es nur von den Nachbargrundstücken, nicht hingegen von der sonstigen Öffentlichkeit aus einsehbar ist, ist nicht rechtsgrundsätzlich. Denn diese Frage ist in der Rechtsprechung auch des Verwaltungsgerichtshofs dahin geklärt, dass - wie dargelegt - die Schutzwürdigkeit des Denkmals nicht entfällt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).