BGH, Beschluss vom 22.04.2020 - XII ZB 383/19
Fundstelle
openJur 2020, 5810
  • Rkr:
Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Juli 2019 aufgehoben.

Die Beschwerde der antragstellenden Person gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 23. August 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden der antragstellenden Person auferlegt.

Wert: 5.000 €

Gründe

A.

Die antragstellende Person begehrt die Berichtigung ihres Geschlechtseintrags im Geburtenregister durch Streichung der Geschlechtsangabe.

Für die im Jahre 1965 geborene antragstellende Person ist das weibliche Geschlecht in das Geburtenregister eingetragen. Sie macht geltend, sich weder als Frau noch als Mann zu identifizieren. Die von ihr begehrte Berichtigung ihres Geburtseintrags durch die Streichung der Geschlechtsangabe "weiblich" hat das Standesamt abgelehnt.

Ihren daraufhin gestellten Antrag, das Standesamt zur Berichtigung des Geburtseintrags durch Streichung der Geschlechtsangabe anzuweisen und hilfsweise die Streichung der Geschlechtsangabe anzuordnen, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der antragstellenden Person hat das Oberlandesgericht das Standesamt (Beteiligter zu 1) angewiesen, den Geburtseintrag dahin zu berichtigen, dass die Geschlechtsangabe gestrichen wird.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Unteren Standesamtsaufsichtsbehörde (Beteiligter zu 2).

B.

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

I.

Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2019, 1663 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

Die Voraussetzungen der §§ 48 Abs. 1, 47 Abs. 1, 22 Abs. 3 PStG für die begehrte Streichung des Geschlechtseintrags lägen vor. Insbesondere könne eine solche Streichung auch nachträglich erfolgen. Ihr stehe nicht entgegen, dass die von der antragstellenden Person empfundene Geschlechtlichkeit, die nicht dem binären Geschlechtssystem zuzuordnen sei, einem medizinischen Nachweis nicht zugänglich sei. Vielmehr seien im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung auch solche Personen von der Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags nicht ausgeschlossen, die zwar medizinisch nachweisbar einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen seien, jedoch subjektiv nicht entsprechend dieser medizinischen Zuordnung empfänden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts komme dem subjektiven Empfinden des Betroffenen bei der Bestimmung des Geschlechts entscheidende Bedeutung zu. Dem müsse die gesetzliche Möglichkeit gegenüberstehen, dieses subjektive Empfinden auch nach außen hin durch einen entsprechenden Geschlechtseintrag zu leben und zu dokumentieren. Dass die antragstellende Person sich weder als Mann noch als Frau fühle, stehe nach ihrer Anhörung fest. Demgemäß gebiete es die Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht der antragstellenden Person dadurch Rechnung zu tragen, dass ihre selbst empfundene geschlechtliche Identität durch Streichung des Geschlechtseintrags im Geburtenregister anerkannt werde.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Standesamt hat die von der antragstellenden Person beantragte Änderung des Geschlechtseintrags zu Recht abgelehnt, weil das Geburtenregister nicht unrichtig im Sinne des § 48 PStG ist und dies insbesondere auch nicht durch die Mitteilung der antragstellenden Person, weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht anzugehören, geworden ist. Die Voraussetzungen für die von der antragstellenden Person angestrebte Berichtigung des Geburtenregisters nach § 47 PStG liegen ebenso wenig vor wie die für eine nachträgliche Änderung nach § 27 Abs. 3 Nr. 4 PStG.

1. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 PStG ist Personenstand die sich aus den Merkmalen des Familienrechts ergebende Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung. Eintragungen in Personenstandsregistern haben deshalb lediglich eine dienende Funktion; sie enthalten Angaben, die nach den Regeln des materiellen Familienrechts grundlegende Bedeutung für die persönliche Rechtsstellung besitzen (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2016 - XII ZB 52/15 - FamRZ 2016, 1580 Rn. 15 mwN).

Zu den vom Standesamt zu führenden Personenstandsregistern gehört nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStG das Geburtenregister. In diesem wird neben anderen Angaben gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG das Geschlecht des Kindes beurkundet. Für den Fall, dass das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann, eröffnet § 22 Abs. 3 PStG die Möglichkeit, den Personenstandsfall auch ohne eine solche Angabe oder mit der Angabe "divers" in das Geburtenregister einzutragen, wobei nach § 45 b Abs. 1 Satz 1 PStG Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung durch Erklärung gegenüber dem Standesamt eine nachträgliche Änderung bewirken können.

Das Standesamt kann die Eintragung zum Geschlecht entweder nach Abschluss der Beurkundung im Wege der Berichtigung gemäß § 47 Abs. 2 Nr. 1 PStG ändern, wenn ihm berichtigende Mitteilungen oder Anzeigen zugehen, oder im Zuge der Fortführung des Geburtenregisters durch eine Folgebeurkundung zum Geburtseintrag über die nachträgliche Angabe oder die Änderung des Geschlechts des Kindes (§ 27 Abs. 3 Nr. 4 PStG).

2. Der Anwendungsbereich der §§ 45 b, 22 Abs. 3 PStG ist für den vorliegenden Fall, in dem sich die nach ihren körperlichen Merkmalen dem weiblichen Geschlecht zuzuordnende antragstellende Person weder diesem noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlt, nicht eröffnet.

a) Gemäß § 45 b Abs. 1 Satz 1 PStG können "Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung" gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Abs. 3 PStG vorgesehene Bezeichnung - also weiblich, männlich oder divers - ersetzt oder gestrichen werden soll. Dabei ist nach § 45 b Abs. 3 PStG durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Letzteres gilt nicht für Personen, die über keine ärztliche Bescheinigung einer erfolgten medizinischen Behandlung verfügen und bei denen das Vorliegen der Variante der Geschlechtsentwicklung wegen der Behandlung nicht mehr oder nur durch eine unzumutbare Untersuchung nachgewiesen werden kann, sofern sie dies an Eides statt versichern.

b) Die von § 45 b PStG vorausgesetzte Variante der Geschlechtsentwicklung ist nur dann gegeben, wenn das Geschlecht nicht eindeutig anhand angeborener körperlicher Merkmale als weiblich oder männlich bestimmt werden kann. Eine lediglich empfundene Intersexualität ist hierfür nicht ausreichend.

aa) Diese Frage ist allerdings streitig. So wird mit dem Beschwerdegericht vertreten, auch ein abweichendes subjektives Geschlechtsempfinden könne eine Variante der Geschlechtsentwicklung im Sinne des § 45 b PStG begründen, weil sich aus dem Wortlaut des Gesetzes kein Anhaltspunkt dafür ergebe, wie der Begriff auszulegen sei (vgl. Bruns StAZ 2019, 97, 100; Jäschke NZFam 2019, 895, 898; dies für möglich haltend auch OLG Nürnberg FamRZ 2019, 1948, 1950). Demgegenüber ist die wohl überwiegende Anzahl der Literaturstimmen mit Blick vor allem auf die Gesetzgebungsgeschichte der Ansicht, es bedürfe für die Anwendung der Norm einer Intersexualität in körperlicher Hinsicht (vgl. Berndt-Benecke StAZ 2019, 65, 70 und NVwZ 2019, 286 f.; Erbarth FamRB 2020, 28, 30 f.; Krömer StAZ 2019, 280, 281; vgl. auch Gössl FF 2019, 298, 302; Lindenberg NZFam 2018, 1062 f.; Sieberichs FamRZ 2019, 329, 333).

bb) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.

(1) Für die Auslegung von Gesetzen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist allerdings der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt aber nicht immer ausreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf. Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall - auch unter gewandelten Bedingungen - möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt neben dem Wortlaut den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu. Die Eindeutigkeit der im Wege der Auslegung gewonnenen gesetzgeberischen Grundentscheidung wird nicht notwendig dadurch relativiert, dass der Wortlaut der einschlägigen Norm auch andere Deutungsmöglichkeiten eröffnet, soweit diese Deutungen offensichtlich eher fernliegen. Anderenfalls wäre es für den Gesetzgeber angesichts der Schwierigkeit, textlich Eindeutigkeit herzustellen, nahezu unmöglich, sein Regelungsanliegen gegenüber der Rechtsprechung über einen längeren Zeitraum durchzusetzen (BVerfGE 133, 168 = NJW 2013, 1058 Rn. 66 mwN; Senatsbeschluss vom 14. November 2018 - XII ZB 292/16 - FamRZ 2019, 181 Rn. 56; vgl. auch BGH Urteile vom 27. November 2019 - VIII ZR 285/18 - NJW 2020, 208 Rn. 54 mwN und BGHZ 214, 235 = NJW 2017, 1681 Rn. 19 mwN).

(2) Bereits der demnach den Ausgangspunkt der Auslegung bildende Wortlaut des § 45 b PStG weist deutlich dahin, dass das von der Vorschrift geregelte Erklärungsrecht an das Fehlen einer eindeutig weiblichen oder männlichen körperlichen Geschlechtszuordnung knüpft, indem es dieses Recht nur Personen mit "Varianten der Geschlechtsentwicklung" einräumt.

Dieser Begriff ist als deutsche Übersetzung von "Differences [früher: Disorders] of Sex Development" (DSD) der medizinischen Fachsprache entnommen und knüpft an die bei der Konsensuskonferenz 2005 in Chicago entwickelte Klassifikation an, mit der Diagnosen zusammengefasst werden, bei denen die Geschlechtschromosomen, das Genitale oder die Gonaden inkongruent sind (vgl. hierzu S. 5 der S2k-Leitlinie 174/001 der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie e.V. vom Juli 2016 zu Varianten der Geschlechtsentwicklung, abrufbar unter https://www.awmf.org [Abrufdatum: 22. April 2020]; vgl. auch Ankermann ZfMER 2011-2, 6; Rädler Das dritte Geschlecht: Rechtsfragen und Rechtsentwicklung S. 90). In weitgehender Übereinstimmung hiermit versteht die Bundesärztekammer unter Varianten der Geschlechtsentwicklung "angeborene Variationen der genetischen, hormonalen, gonadalen und genitalen Anlagen eines Menschen mit der Folge, dass das Geschlecht einer Person nicht mehr eindeutig den biologischen Kategorien 'männlich' oder 'weiblich' entspricht" (vgl. S. 2 der Stellungnahme der Bundes ärztekammer vom 30. Januar 2015, abrufbar unter https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/BAeK-Stn_DSD.pdf [Abrufdatum: 22. April 2020]). Jedenfalls aber steht die Formulierung in medizinischwissenschaftlicher Hinsicht dafür, dass für eine betroffene Person allein aufgrund körperlicher Gegebenheiten keine klare Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht getroffen werden kann (vgl. auch Deutscher Ethikrat BT-Drucks. 17/9088 S. 9 f.).

(3) Dieses Gesetzesverständnis wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt.

Die Regelung des § 45 b PStG ist durch das Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2635) in das Personenstandsgesetz eingefügt worden. Zugleich wurde § 22 Abs. 3 PStG um die Möglichkeit erweitert, den Personenstandsfall auch mit der Angabe "divers" in das Geburtenregister einzutragen. Anlass für diese Gesetzesänderung war der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (BVerfGE 147, 1 = FamRZ 2017, 2046). Mit diesem hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG iVm § 22 Abs. 3 PStG mit Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 und mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbar waren, soweit sie eine Pflicht zur Angabe des Geschlechts begründeten und dabei Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, keinen positiven Geschlechtseintrag ermöglichten, der nicht "weiblich" oder "männlich" lautete. Es hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Dezember 2018 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen.

Von diesem verfassungsgerichtlichen Auftrag ausgehend hat der Gesetzgeber sich allein gehalten gesehen, eine zusätzliche Eintragungsmöglichkeit für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung zu schaffen, und hat zur Beschreibung des davon umfassten Personenkreises in der Begründung des Gesetzentwurfs ausdrücklich auf die von der Konsensuskonferenz 2005 vorgeschlagene Klassifikation mit der sich daraus ableitenden Definition abgestellt (vgl. BT-Drucks. 19/4669 S. 7 und BR-Drucks. 429/18 S. 4). Im Gesetzgebungsverfahren wurde explizit erörtert, ob die Neuregelung auf Personen erstreckt werden sollte, die zwar eine weibliche oder männliche Konstitution haben, sich aber einem anderen oder auch keinem dieser beiden Geschlechter zugehörig fühlen (vgl. etwa BT-Drucks. 19/6467 S. 10 f.; BR-Plenarprot. 971 S. 376; BT-Plenarprot. 19/71 S. 8330, 8334 ff.), und dies letztlich abgelehnt.

(4) Mithin erschöpfen sich Sinn und Zweck der durch das Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben herbeigeführten Ergänzung des Personenstandsgesetzes darin, für körperlich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnende Personen die zusätzliche Eintragungsalternative "divers" zu schaffen und ihnen durch Erklärung nach § 45 b Abs. 1 PStG zu ermöglichen, eine Änderung ihres Geschlechtseintrags im Geburtenregister zu bewirken. Fälle der nur empfundenen Abweichung des eigenen vom eingetragenen Geschlecht werden von der Neuregelung hingegen nicht erfasst.

(5) Bestätigt wird dieser Befund schließlich durch gesetzessystematische Erwägungen. Der Gesetzgeber hat das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG) noch unverändert bestehen lassen. Dieses hat nach seiner Grundkonzeption aber gerade die Fälle im Blick, in denen sich eine Person ihrem biologischen Geschlecht nicht (mehr) zugehörig fühlt, und bestimmt für diese, unter welchen Voraussetzungen der gefühlten Geschlechtsidentität rechtliche Anerkennung verschafft werden kann. Würde § 45 b PStG in dem von der antragstellenden Person begehrten weiten Sinne verstanden, wäre das Transsexuellengesetz jedoch in weiten Teilen obsolet.

Hinzu kommt, dass das Personenstandsrecht in seiner Gesamtheit an das biologische Geschlecht anknüpft (vgl. etwa Petri.evi. Betrifft Justiz 2019, 9, 11). § 45 b PStG hält sich in diesem Rahmen, was auch das Zusammenspiel mit § 22 Abs. 3 PStG belegt, der nach seinem Wortlaut nur in Fällen eingreift, in denen das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann, und ebenfalls eine biologische Uneindeutigkeit der geschlechtlichen Zuordnung voraussetzt. Der Gesetzgeber hat diesen Gesetzeswortlaut aber als synonyme Umschreibung der in § 45 b PStG verwendeten Formulierung "Varianten der Geschlechtsentwicklung" angesehen (vgl. BT-Drucks. 19/4669 S. 10).

cc) Aufgrund dieses nach alldem klaren, im Gesetzeswortlaut objektivierten Willens des Gesetzgebers kommt auch eine teilweise geforderte (Bruns StAZ 2019, 97, 100; Gössl FF 2019, 298, 303; vgl. auch AG Münster FamRZ 2020, 626, 627) verfassungskonforme Auslegung des § 45 b PStG dahingehend, dass er personenstandsrechtlich verbindliche Erklärungen zum Geschlecht bei nur subjektiv abweichendem Geschlechtsempfinden zulässt, nicht in Betracht.

Denn die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (BVerfGE 138, 296 = NJW 2015, 1359 Rn. 132 mwN; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - FamRZ 2015, 1484 Rn. 35). Das aber wäre hier der Fall.

3. Diese Gesetzesauslegung führt nicht zu einem verfassungswidrigen Rechtszustand (aA Bruns StAZ 2019, 97, 100).

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) auch die geschlechtliche Identität, die regelmäßig ein konstituierender Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist. Der Zuordnung zu einem Geschlecht kommt danach für die individuelle Identität unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen herausragende Bedeutung zu; sie nimmt typischerweise eine Schlüsselposition sowohl im Selbstverständnis einer Person als auch dabei ein, wie die betroffene Person von anderen wahrgenommen wird. Die Geschlechtszugehörigkeit spielt in den alltäglichen Lebensvorgängen eine wichtige Rolle, weil das Recht teilweise Ansprüche und Pflichten in Anknüpfung an das Geschlecht regelt, vielfach das Geschlecht die Grundlage für die Identifikation einer Person bildet und auch jenseits rechtlicher Vorgaben die Geschlechtszugehörigkeit im täglichen Leben erhebliche Bedeutung hat. Sie bestimmt etwa weithin, wie Menschen angesprochen werden oder welche Erwartungen an das äußere Erscheinungsbild einer Person, an deren Erziehung oder an deren Verhalten gerichtet werden (vgl. BVerfGE 147, 1 = FamRZ 2017, 2046 Rn. 39 mwN). Indem das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, greift es in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität ein (vgl. BVerfGE 147, 1 = FamRZ 2017, 2046 Rn. 42 mwN).

Dabei geht das Bundesverfassungsgericht von der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis aus, dass die Zugehörigkeit eines Menschen zu einem Geschlecht nicht allein nach den äußerlichen Geschlechtsmerkmalen im Zeitpunkt seiner Geburt bestimmt werden kann, sondern sie wesentlich auch von seiner psychischen Konstitution und selbstempfundenen Geschlechtlichkeit abhängt. Für Personen, bei denen das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig in Widerspruch zu dem ihnen rechtlich nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht steht, gebietet die Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht eines Betroffenen Rechnung zu tragen und seine selbstempfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen, um ihm damit zu ermöglichen, entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden. Dem Gesetzgeber obliegt deshalb, die Rechtsordnung so auszugestalten, dass diese Anforderungen erfüllt sind und insbesondere die rechtliche Zuordnung zum nachhaltig empfundenen Geschlecht nicht von unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht wird (vgl. BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, 910 mwN).

b) Mit diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben ist die geltende Rechtslage noch vereinbar. Denn auch Betroffenen wie der vorliegend antragstellenden Person ist von der Rechtsordnung die an zumutbare Voraussetzungen geknüpfte Möglichkeit eröffnet, eine ihrer nachhaltig empfundenen, von ihrem biologischen Geschlecht abweichenden Geschlechtsidentität entsprechende Eintragung in das Geburtenregister zu erreichen.

aa) Allerdings ergibt sich eine solche Möglichkeit nicht aus § 48 iVm § 22 Abs. 3 PStG (so aber Sieberichs FamRZ 2019, 329, 331 ff. unter Bezugnahme auf OLG Celle StAZ 2018, 121, 122). Denn § 22 Abs. 3 PStG knüpft wie dargelegt ebenso wie § 45 b PStG ausschließlich daran an, dass eine Zuordnung zum weiblichen oder männlichen Geschlecht aufgrund körperlicher Gegebenheiten nicht vorgenommen werden kann..

bb) Die antragstellende Person kann ihr Begehren aber in entsprechender Anwendung von § 8 Abs. 1 TSG erreichen.

(1) Nach dieser Bestimmung ist auf Antrag einer Person, die sich aufgrund ihrer transsexuellen Prägung nicht mehr dem in ihrem Geburtseintrag angegebenen, sondern dem anderen Geschlecht als zugehörig empfindet und die seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben, vom Gericht festzustellen, dass sie als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist. Auf der Grundlage einer solchen Feststellung ist die Geschlechtsänderung gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 4 PStG vom Standesamt als Folgebeurkundung zum Geburtseintrag aufzunehmen.

(2) Das Transsexuellengesetz geht zwar von einem binären Geschlechtssystem aus, wie sich schon dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 TSG (ebenso etwa § 1 Nr. 1 TSG) entnehmen lässt, der von "dem anderen Geschlecht" spricht. Die Vorschrift ist jedoch analog auf Fälle anwendbar, in denen sich biologisch weibliche - wie die hier antragstellende Person - oder männliche Personen keinem dieser beiden Geschlechter zugehörig fühlen (so auch Sieberichs FamRZ 2019, 329, 332 f.; Theilen StAZ 2014, 1, 4; dies für möglich haltend: Deutsches Institut für Menschenrechte Ausschuss-Drucks. 19[4]169 C S. 8).

Eine Analogie erfordert zum einen eine planwidrige Regelungslücke. Zum anderen muss eine Vergleichbarkeit der zur Beurteilung stehenden Sachverhalte gegeben sein, also der entscheidungsrelevante Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar sein, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (Senatsbeschlüsse BGHZ 220, 58 = FamRZ 2018, 1919 Rn. 16 mwN und vom 27. März 2019 - XII ZB 345/18 - FamRZ 2019, 1056 Rn. 26). Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

(a) Das Anliegen von Personen, die körperlich zwar dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sind, sich aber keinem dieser beiden Geschlechter zugehörig fühlen, ihrer empfundenen Intersexualität rechtliche Anerkennung zu verleihen, ist bislang weder durch das Personenstandsgesetz noch durch das Transsexuellengesetz geregelt. Diese Regelungslücke ist planwidrig.

Im Zusammenhang mit der Einführung von § 45 b PStG und der Änderung von § 22 Abs. 3 PStG hat der Gesetzgeber - wie aufgezeigt - lediglich erörtert, ob dieser Personenkreis den Neuregelungen unterfallen soll, und dies letztlich verneint. Eine gesetzgeberische Aussage, dass damit dem betroffenen Personenkreis auch jeder andere Weg verschlossen sein soll, eine Änderung der personenstandsrechtlichen Geschlechtseintragung hin zu "divers" oder durch bloße Streichung des Geschlechtseintrags (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 22. Juni 2016 - XII ZB 52/15 - FamRZ 2016, 1580 Rn. 23) zu erreichen, ist damit jedoch nicht verbunden.

Das Transsexuellengesetz stammt aus der Zeit vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (BVerfGE 147, 1 = FamRZ 2017, 2046), geht noch von einem binären Geschlechtssystem aus und wurde nicht an die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zur Intersexualiät angepasst. Vielmehr wurde eine solche Anpassung vom Gesetzgeber als noch erforderlich angesehen, aber zurückgestellt (vgl. Sieberichs FamRZ 2019, 329, 332; BT-Drucks 19/6467 S. 13 f.; vgl. auch den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags aus dem Mai 2019, abzurufen unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/ Aenderung_Geschlechtseintrag.html [Abrufdatum: 22. April 2020]).

(b) Der mithin planwidrig nicht geregelte Sachverhalt ist dem von § 8 Abs. 1 TSG erfassten auch in der für eine Analogie erforderlichen Weise vergleichbar. Es geht jeweils darum, dass die von einer Person empfundene Geschlechtsidentität nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmt. Dementsprechend benennt der Deutsche Ethikrat auch die Personengruppe, die sich ohne DSD-Diagnose - also ohne Diagnose des Vorliegens von Varianten der Geschlechtsentwicklung - als intersexuell bezeichnet, als transsexuell eingeordnete Personen (vgl. BT-Drucks. 17/9088 S. 10; vgl. auch Petri.evi. Betrifft Justiz 2019, 9, 10). Dass eine nach ihren körperlichen Gegebenheiten weibliche oder männliche Person sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlt, sondern eine hiervon abweichende Geschlechtsidentität empfindet, begründet keinen entscheidenden Unterschied zu dem vom Transsexuellengesetz tatbestandlich ausdrücklich umschriebenen Fall. Vielmehr stimmen die Interessenlagen der Betroffenen ebenso überein wie der hierdurch ausgelöste Regelungsbedarf. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber insoweit identische Regelungen getroffen hätte, hätte er diesen Fall bei Gesetzeserlass bedacht.

cc) Dass Personen mit lediglich empfundener Intersexualität demnach auf ein Vorgehen nach dem Transsexuellengesetz verwiesen sind, um einen ihrer gefühlten Geschlechtsidentität entsprechenden Geschlechtseintrag im Geburtenregister zu erreichen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt insbesondere auch mit Blick darauf, dass § 9 Abs. 3 TSG die entsprechende Anwendung von § 4 Abs. 3 Satz 1 TSG anordnet, wonach einem Antrag im Sinne des § 8 Abs. 1 TSG nur stattgegeben werden darf, nachdem das Gericht die Gutachten von zwei Sachverständigen eingeholt hat, die aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind.

(1) Es ist mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Voraussetzungen des Personenstandswechsels (§ 8 Abs. 1 TSG) durch zwei Gutachten im Sinne des § 4 Abs. 3 TSG nachgewiesen werden müssen (vgl. BVerfG FamRZ 2018, 133 f. und BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, 911 f.). Hierin liegt keine unzumutbare Erschwerung der Zuordnung zum nachhaltig empfundenen Geschlecht.

Der Gesetzgeber kann bei der Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen grundsätzlich von dessen äußeren Geschlechtsmerkmalen zum Zeitpunkt der Geburt ausgehen und die personenstandsrechtliche Anerkennung des im Widerspruch dazu stehenden empfundenen Geschlechts eines Menschen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Da das Geschlecht maßgeblich für die Zuweisung von Rechten und Pflichten sein kann und von ihm familiäre Zuordnungen abhängig sind, ist es ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen, ein Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Geschlechtszugehörigkeit möglichst zu vermeiden und einer Änderung des Personenstands nur stattzugeben, wenn dafür tragfähige Gründe vorliegen und ansonsten verfassungsrechtlich verbürgte Rechte unzureichend gewahrt würden. Dabei kann er, um beliebige Personenstandswechsel auszuschließen, einen auf objektivierte Kriterien gestützten Nachweis verlangen, dass die selbstempfundene Geschlechtszugehörigkeit, die dem festgestellten Geschlecht zuwiderläuft, tatsächlich von Dauer und ihre Anerkennung für den Betroffenen von existentieller Bedeutung ist (BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, 912).

Dem entspricht es, wenn der Gesetzgeber für eine personenstandsrechtliche Änderung des Geschlechts nach § 8 Abs. 1 TSG voraussetzt, dass eine Person, die sich einem anderen als dem festgestellten Geschlecht zugehörig fühlt, durch zwei den Anforderungen des § 4 Abs. 3 TSG genügende Gutachten nachweist, mindestens seit drei Jahren unter dem Zwang zu stehen, den Vorstellungen über ihr Geschlecht entsprechend zu leben, und zudem fordert, es müsse mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird (vgl. BVerfG FamRZ 2018, 133 f. und BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, 912; vgl. auch EGMR NJOZ 2018, 1672, 1676 f.). Hiervon zu trennen ist die vom Senat nicht zu beantwortende Frage, inwieweit eine Änderung des Transsexuellengesetzes rechtspolitisch wünschenswert erscheint.

(2) Daraus, dass Personen mit lediglich empfundener Intersexualität für den personenstandsrechtlichen Wechsel den verfahrensrechtlich aufwändigeren Weg nach dem Transsexuellengesetz beschreiten müssen, während Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung eine Änderung der Eintragung durch die Erklärung nach § 45 b PStG bewirken können, folgt auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG (zweifelnd Sieberichs FamRZ 2019, 329, 334).

(a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG FamRZ 2019, 1061 Rn. 64 mwN).

(b) Auch unter Beachtung des nach diesen Grundsätzen - schon wegen der Nähe zu Art. 3 Abs. 3 GG - anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabs liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.

Zwar geht es sowohl bei §§ 45 b, 22 Abs. 3 PStG als auch bei § 8 Abs. 1 TSG darum, den Personenstandseintrag in Übereinstimmung mit der empfundenen Geschlechtsidentität zu bringen. Doch die Bestimmungen knüpfen an gänzlich unterschiedliche Ausgangssituationen an (vgl. Henn/Coester-Waltjen FamRZ 2020, 481, 483). Das Personenstandsgesetz trifft eine Regelung allein für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, die also körperlich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können, für die daher keines dieser beiden Geschlechter den Ausgangspunkt für die Herausbildung einer sexuellen Identität darstellt und bei denen mithin nicht davon ausgegangen werden kann, dass der ursprüngliche Geschlechtseintrag auch der nachhaltig empfundenen Geschlechtsidentität entspricht. Demgegenüber hat das Transsexuellengesetz die Fälle zum Gegenstand, in denen das körperliche Geschlecht eindeutig weiblich oder männlich ist, der Personenstandseintrag damit übereinstimmt und sich die geschlechtliche Identität der betroffenen Person ausnahmsweise abweichend hiervon unterscheidet. An den Nachweis dieser vom biologischen Geschlecht abweichenden Entwicklung der Geschlechtsidentität sind - wie derzeit mit dem Transsexuellengesetz - erhöhte Anforderungen zu stellen, um einen beliebigen Personenstandswechsel auszuschließen (vgl. BVerfG FamRZ 2018, 133 f. und BVerfGE 128, 109 = NJW 2011, 909, 912). Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung haben hingegen kein in diesem Sinne feststehendes biologisches Geschlecht, das im Widerspruch zu ihrer empfundenen Geschlechtsidentität stehen könnte.

In Anbetracht dessen verfolgt der Gesetzgeber konsequenterweise ein gestuftes Regelungskonzept: Bei Personen, deren Geschlechtsempfinden nicht mit ihren eindeutig dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zuzuordnenden körperlichen Gegebenheiten übereinstimmt, sieht das Transsexuellengesetz ein gerichtliches Verfahren vor, an dessen Ende eine für jedermann bindende Entscheidung steht. Die darauf beruhende Änderung des Personenstandseintrags dokumentiert lediglich diese durch Gerichtsbeschluss mit Rechtskraft erfolgte Änderung des rechtlichen Geschlechts. Eine solche Erga-Omnes-Wirkung ist mit der bloßen Änderung des Personenstandseintrags - wie sie auf der Grundlage von §§ 45 b, 22 Abs. 3 PStG erfolgt - hingegen nicht verbunden. Zwar kommt den Personenstandsangaben im Geburtenregister nach § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG Beweiskraft zu, der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ist jedoch gemäß § 54 Abs. 3 Satz 1 PStG zulässig (vgl. Dutta Prot.-Nr. 19/28 des BT-Ausschusses für Inneres und Heimat S. 25 f.). Der darin liegende Unterschied bezieht seine Rechtfertigung daraus, dass es für die rechtliche Überwindung eines körperlich eindeutig weiblichen oder männlichen Geschlechts eines verbindlichen rechtsgestaltenden Verfahrens bedarf, dessen unter anderem durch § 4 Abs. 3 TSG erfolgte Ausgestaltung - wie aufgezeigt - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Die mit der Anwendung des Transsexuellengesetzes verbundenen weitergehenden Nachweis-Anforderungen werden demnach durch sachliche Gründe aufgewogen.

(c) Folgerichtig hat das Bundesverfassungsgericht auch in seiner zuletzt ergangenen Entscheidung zum durch § 4 Abs. 3 TSG statuierten Gutachtenserfordernis keine verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick auf § 3 Abs. 1 GG geäußert (vgl. BVerfG FamRZ 2018, 133 f.), obwohl intersexuellen Personen - anders als Personen mit körperlich eindeutig weiblichem oder männlichem Geschlecht - bereits die Möglichkeit eröffnet war, die Angabe "weiblich" oder "männlich" gemäß §§ 48, 47 Abs. 2 Nr. 1, 22 Abs. 3 aF PStG ohne Durchführung eines Verfahrens nach dem Transsexuellengesetz streichen zu lassen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juni 2016 - XII ZB 52/15 - FamRZ 2016, 1580 Rn. 23).

(3) § 8 Abs. 1 TSG verstößt auch nicht gegen das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (aA etwa Deutsches Institut für Menschenrechte Ausschuss-Drucks. 19[4]169 C S. 9; zweifelnd Petri.evi. Betrifft Justiz 2019, 9, 12).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG auch Menschen, die sich in ihrer geschlechtlichen Identität weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen, vor Diskriminierungen wegen dieses weder allein weiblichen noch allein männlichen Geschlechts. Zweck des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist es, Angehörige strukturell diskriminierungsgefährdeter Gruppen vor Benachteiligung zu schützen. Die Vulnerabilität von Menschen, deren geschlechtliche Identität weder Frau noch Mann ist, ist in einer überwiegend nach binärem Geschlechtsmuster agierenden Gesellschaft besonders hoch (vgl. BVerfGE 147, 1 = FamRZ 2017, 2046 Rn. 58 f. mwN).

Durch die Vorschriften des Transsexuellengesetzes werden Menschen, die sich in ihrer geschlechtlichen Identität weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlen, nicht anders behandelt als Menschen mit einer abweichend von ihren eindeutig weiblichen oder männlichen körperlichen Gegebenheiten empfundenen männlichen oder weiblichen Geschlechtsidentität. Soweit Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, nicht aber Personen mit körperlich eindeutig weiblichem oder männlichem Geschlecht eine Änderung des Personenstandseintrags gemäß §§ 45 b, 22 Abs. 3 PStG eröffnet ist, erscheint bereits zweifelhaft, ob der Schutzzweck des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG berührt ist. Denn bei der Gruppe aller Frauen und Männern handelt es sich nicht um eine diskriminierungsgefährdete Gruppe, sondern um nahezu die vollständige Bevölkerung. Im Übrigen wäre eine solche Benachteiligung aus den gleichen Gründen gerechtfertigt, die auch einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes entgegenstehen.

4. Die antragstellende Person hat mithin die Möglichkeit, entsprechend § 8 Abs. 1 TSG die gerichtliche Feststellung zu erreichen, weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig zu sein. Erst nach einer solchen - bislang nicht erfolgten - Feststellung hätte sie die Wahl, ob der Geschlechtseintrag in ihrem Geburtenregister gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 4 PStG - ihrem bisherigen Begehren gemäß - gestrichen oder in "divers" geändert wird. Derzeit kann ihrem Begehren hingegen nicht entsprochen werden.

Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts ist daher gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Nach § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG ist die gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichtete Beschwerde der antragstellenden Person zurückzuweisen.

Dose Klinkhammer Schilling Guhling Krüger Vorinstanzen:

AG Wuppertal, Entscheidung vom 23.08.2017 - 110 III 52/16 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 11.07.2019 - I-25 Wx 76/17 -