FG Köln, Urteil vom 18.09.2019 - 2 K 312/19
Fundstelle
openJur 2020, 1407
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. II R 43/19
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin einen Anspruch auf Korrektur der über sie beim Beklagten (genauer: bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen, IZA) gespeicherten Daten hat.

Die Klägerin ist eine auf den niederländischen Antillen registrierte Gesellschaft.

Zentraler Streitpunkt einer Fahndungsprüfung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z wegen der Jahre 2006-2012 war die Frage, wo die geschäftliche Leitung der Klägerin tatsächlich ansässig war. Die Verwaltung vertrat insoweit die Auffassung, dass die geschäftliche Oberleitung der Klägerin in Deutschland sei.

Gegen die im Anschluss an die Prüfungsmaßnahmen geänderten Bescheide hatte sich die Klägerin in einem Klageverfahren gewandt. In einer mündlichen Verhandlung vor dem FG Köln wurde am ...2018 eine tatsächliche Verständigung dahingehend getroffen, dass für die Veranlagungszeiträume bis 2008 von einem inländischen Sitz der Geschäftsleitung auszugehen gewesen sei und ab 2009 von einem Sitz der geschäftlichen Oberleitung ausschließlich in der niederländischen Karibik.

Daraufhin beantragte die Klägerin am 02.07.2018 beim Beklagten die Änderung der über sie bei der IZA gespeicherten Daten dahingehend, dass keine Ansässigkeit in Deutschland mehr vermerkt werden solle. Die Klägerin nahm insoweit Bezug auf einen Ausdruck eines Datenbankauszugs vom ...2014. Darin wurde die Klägerin als "Briefkastenfirma" qualifiziert. Sie sei eine Offshoregesellschaft, der keine Handelstätigkeit auf den niederländischen Antillen erlaubt sei. Ermittlungen der Steuerfahndung Z hätten zu der Feststellung geführt, dass der Sitz der Geschäftsleitung im Inland sei. Dem Antrag der Klägerin war eine Kopie des Auszuges beigefügt, auf der die Klägerin zahlreiche Löschungs- bzw. Änderungswünsche vermerkt hatte. Wegen des genauen Inhalts wird auf die Bl. 27 ff. der elektronischen Gerichtsakte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom ...2018 teilte der Beklagte mit, dass er dem Anliegen der Klägerin nicht entsprechen könne. Die IZA stelle eine verwaltungsinterne Einrichtung zur Amtshilfe dar. Eine Auskunftserteilung gegenüber Steuerpflichtigen sei nicht vorgesehen.

Daraufhin beantragte die Klägerin am ...2018 erneut die Korrektur der sie betreffenden Daten. In Bezug auf die Klägerin würden andere Finanzämter Anfragen stellen. Aufgrund unzutreffender Angaben an Geschäftspartner prüfende Finanzämter würden unnötige Rückfragen und Rechtsbehelfsverfahren ausgelöst.

Daraufhin teilte der Beklagte am ...2018 mit, dass zunächst weiterer Abstimmungsbedarf mit dem Finanzamt für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen bestünde.

Das Fahndungsamt teilte mit Schreiben vom ...2018 mit, dass aufgrund von Darlegungsschwierigkeiten für die seinerzeit im Streit befindlichen Jahre ein "Vergleich" geschlossen worden sei. Für die Kalenderjahre ab 2009 sei von einer ausschließlich in der niederländischen Karibik "durchgeführten Geschäftsführung" auszugehen.

Im Anschluss teilte ein Vertreter des Beklagten der Bevollmächtigten der Klägerin telefonisch mit, dass die tatsächliche Verständigung für die geprüften Jahre Gültigkeit habe und nachfolgende Jahre davon nicht betroffen seien. Zudem seien Finanzbehörden nicht daran gehindert, abweichende Rechtsauffassungen zu vertreten. Der konkrete Fall sei derzeit noch in Bearbeitung.

Hier anschließend teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund des beim Finanzgericht Köln "geschlossenen Vergleichs" zwischenzeitlich eine Anpassung der internen Datenbank veranlasst worden sei. Eine Weitergabe von Auszügen aus der Datenbank sei hingegen nicht vorgesehen.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens legte die Klägerin einen Handelsregisterauszug aus der niederländischen Karibik vor. Darüber hinaus legte sie ein Schreiben des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z vom ...2018 vor, wonach aus Sicht des Finanzamts bis auf eine Ausnahme keine Bedenken bestünden, dem Antrag auf Änderung des IZA-Auszugs stattzugeben. Weiterhin legte die Klägerin ein Schreiben des Finanzamts A vom ...2018 vor, wonach dieses bestätigte, dass nach Abschluss des Klageverfahrens für die Jahre 2009-2012 von einem Ort der Geschäftsführung in der niederländischen Karibik auszugehen sei und bei gleichbleibendem Sachverhalt weiterhin davon auszugehen sei, dass sich die geschäftliche Oberleitung bis zum heutigen Tag dort befinde.

Am ...2018 erhob die Klägerin eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Es habe Klarheit zwischen den Mitarbeitern des Beklagten und dem Vertreter des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen Z bestanden, dass die Angaben zur Ansässigkeit der Klägerin zu ändern seien. Da dies über mehrere Monate nicht realisiert worden sei, liege ein Fehlverhalten vor. Die Klägerin bezog sich insoweit auf das Firmenprofil zum Stand ...2018. Dort wird die Klägerin weiterhin als Briefkastenfirma qualifiziert. Im Weiteren ist vermerkt: "Geschäftsleitung im Inland von 2006-2008, von 2009-2012 Geschäftsleitung in der niederländischen Karibik, begründet durch Vergleich am FG Köln / ... Ab 2013 Offshoregesellschaft (...2018)."

Diese Angaben seien widersprüchlich. Die beantragten Änderungen seien völlig unzureichend umgesetzt worden.

Mit Schreiben vom ...2018 teilte der Beklagte auf die Dienstaufsichtsbeschwerde mit, dass kein Fehlverhalten erkennbar sei.

Hinsichtlich des konkreten Änderungsantrages habe es keine an ihn gerichtete Mitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z gegeben, welche die begehrten Änderungen inhaltlich voll umfassend gedeckt hätten. Im Übrigen werde zum Beleg für den Ort der Geschäftsleitung eine tatsächliche Verständigung in einem Gerichtsverfahren herangezogen. Eine solche tatsächliche Verständigung könne jedoch nicht auf Behörden ausgedehnt werden, die am Zustandekommen der Verständigung nicht beteiligt gewesen seien. Darüber hinaus beziehe sich die tatsächliche Verständigung lediglich auf einen abgelaufenen Besteuerungszeitraum. Eine Anpassung der Datenbank über den angesprochenen Zeitraum hinaus würde dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung widersprechen.

Am ...2018 legte die Klägerin Einspruch gegen die Ablehnung des Änderungsantrages vom ...2018 ein. Begehrt werde die sofortige und vollständige Umsetzung der Änderungsbegehren, welche auch durch den Sachgebietsleiter im Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z vom ...2018 bestätigt worden seien. Sie, die Klägerin, habe ein Interesse an den Änderungen, da sich andere Finanzämter auf die unvollständigen in der Datenbank enthaltenen Angaben stützten und dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstünden. Aufgrund der Weitergabe der falschen Daten würden bei Geschäftspartnern umsatzsteuerlich falsche Schlüsse gezogen, weshalb erhebliche finanzielle Schäden entstünden.

Mit Schreiben vom ...2019 teilte der Beklagte mit, dass das Schreiben vom ...2018 keinen Verwaltungsakt darstelle und somit ein Einspruch nicht statthaft sei. Der Einspruch werde als Erweiterung des Antrages auf Änderung von Informationen im Bestand der IZA gewertet und dieser abgelehnt. Zwar bestehe gemäß Art. 16 DSGVO i.V.m. § 2a Abs. 5 AO grundsätzlich das Recht auf Berichtigung der die Klägerin betreffenden Daten. Dies gelte jedoch nur, soweit keine Ausnahmetatbestände griffen. Ein Recht auf Löschung bestehe gemäß Art. 17 Abs. 3 Buchst. b DSGVO nicht, da die Aufgabe der IZA im öffentlichen Interesse liege. Da das weitergehende Recht auf Löschung eingeschränkt sei, könne das Recht auf Berichtigung gemäß Art. 16 nicht weitergehend sein als die Rechte nach Art. 17. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO i.V.m. § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO seien Berichtigungsrechte aus öffentlichem Interesse beschränkt. Zweck der IZA sei, eine zutreffende Besteuerung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sicherzustellen. Nach der Rechtsprechung zur alten Fassung des BDSG, welche vom Sinngehalt übertragbar sei, bestehe bei Offenbarung von Daten die Gefahr, dass der Betroffene in Kenntnis der der Verwaltung bekannten und im Umkehrschluss hierzu vor allem auch der unbekannten steuerlich potenziell erheblichen Umstände seine Angelegenheiten in seinem Sinne gestalte. Insoweit sei keine im Einzelfall belegbare Gefährdungslage erforderlich, sondern für das Vorliegen einer allgemeinen Gefährdung sei ausreichend, wenn die konkrekte Möglichkeit bestehe, dass durch eine Informationsweitergabe generell die Ausübung der Kontroll- und Aufsichtsaufgaben der Behörden nachteilig beeinflusst würde. Aus dem Unterlassen einer Information könne der Klägerin kein irreparabler Nachteil entstehen. Der zu gewährleistende Rechtsschutz werde lediglich auf einen späteren Zeitpunkt verlagert, indem Informationen der IZA im Veranlagungsverfahren verwertet würden. Hier habe die Klägerin die Möglichkeit, ihre Einwendungen geltend zu machen.

Hiergegen richtet sich die Klage vom ...2019.

Die Klägerin führt aus, dass aufgrund diverser Kontrollmitteilungen bei ihren Geschäftspartnern seit einigen Jahren Außenprüfungen durchgeführt würden, anlässlich derer auch Anfragen bei der IZA erfolgt seien. Beispielsweise sei ein Geschäftspartner der Klägerin Herr B. Das für ihn zuständige Finanzamt C führe seit August 2018 eine Betriebsprüfung durch. Der Prüfer habe bei dem Beklagten einen Datenbankauszug sie, die Klägerin, betreffend angefordert. Der Prüfer stütze seine Prüfungsergebnisse auf die ihm vom Beklagten erteilten unzutreffenden Auskünfte. In der Folge qualifiziere der Prüfer Leistungsbeziehungen zwischen ihr, der Klägerin, und den Kunden als umsatzsteuerpflichtig.

Das Bundesverfassungsgericht habe in einem Beschluss vom 10.03.2018 (1 BvR 2388/03) zu § 20 BDSG a. F. ausgeführt, dass unrichtige oder nicht mehr benötigte Daten von Amts wegen zu berichtigen oder zu löschen seien. Daraus sei zu folgen, dass die Korrektur von Amts wegen zu erfolgen habe und die Berichtigung zwingend an diejenigen Stellen weiterzugeben seien, an welche die fehlerhaften Daten bereits herausgegeben worden seien. In Anbetracht der geringen Anzahl von Anfragen könne der Beklagte sich auch nicht auf einen unverhältnismäßigen Aufwand berufen.

An die Stelle von § 20 BDSG a. F. sei inzwischen § 58 BDSG getreten, dessen Inhalt vergleichbar sei.

Soweit der Beklagte sich darauf berufe, dass der zu gewährleistende Rechtsschutz nur auf einen späteren Zeitpunkt verlagert werde, so sei dem entgegenzuhalten, dass in der Praxis die um Informationen ersuchenden Finanzbehörden vom Richtigkeitsgehalt der erteilten Informationen ausgingen, ohne eigene Ermittlungen anzustellen. Im konkreten genannten Beispielsfall weigere der Betriebsprüfer sich beispielsweise, die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen der Klägerin zu berücksichtigen. Der Beklagte weise die lokalen Finanzämter bei seinen Informationen auch an keiner Stelle darauf hin, dass der Auszug aus der Datenbank unter Umständen rechtlich nicht belastbar sein könne und eine eigene Würdigung vorzunehmen sei. Für den vorliegenden Streitfall sehe die AO keine zusätzlichen Einschränkungen vor, so dass die DSGVO und das BDSG in vollem Umfang anwendbar seien. Zwar dürfe in bestimmten Fällen auch ohne Zustimmung eines Steuerpflichtigen eine Datenspeicherung vorgenommen werden. Hierbei müsse es sich jedoch immer um zutreffende Daten handeln.

Besonders zu beachten sei, dass sowohl das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Z als auch das am Veranlagungsverfahren beteiligte Finanzamt A sich dafür ausgesprochen hätten, die beantragten Korrekturen in der IZA-Datei vorzunehmen. Es erschließe sich nicht, weshalb der Beklagte sich als sachkundiger betrachte, als die Behörden, die über mehrere Jahre die konkreten Ermittlungen zum Betriebssitz geführt hätten.

Die Praxis des Beklagten führe dazu, dass unbeteiligte Finanzbehörden die Ermittlungen hinsichtlich des Betriebssitzes vollkommen neu durchführen müssten, was letztlich das Ziel einer Steigerung der Effizienz durch eine zentrale Informationssammlung konterkariere.

Die Klägerin beantragt,

dass die Anpassungen und Berichtigungen bzw. in Einzelbereichen auch Löschungen der bei der IZA zur Klägerin gespeicherten Datensätze gemäß dem Schreiben des KIägervertreters vom ...2018 umgesetzt werden und bestätigt wird, dass die begehrten Anpassungen erfolgt sind.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der gesetzliche Auftrag der IZA bestehe darin, als zentraler Dienstleister für Bund und Länder Informationen zu sammeln und auszuwerten. Die Aufgaben seien im IZA-Erlass zusammengefasst.

Die Klägerin habe zu Unrecht Zugriff auf die vom Beklagten über sie verwalteten Daten erlangt.

Um dem hohen Anspruch an die Zuverlässigkeit seiner Daten sicherzustellen, müsse er ausgesprochen kritisch abwägen, welche Quellen er als zuverlässig einschätzen könne, bevor er sie in Anspruch nehme und die gelieferten Informationen als belastbar abgesichert betrachte. Ein Einwirken des Steuerpflichtigen auf den Datenbestand des Beklagtensei bei dieser Zielrichtung nicht denkbar und gesetzlich ausgeschlossen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO). Hieraus und aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach kein Auskunftsanspruch auf die bei der IZA gesammelten Daten bestehe, folge, dass ein Steuerpflichtiger den unmittelbaren Inhalt eines Firmenprofils nicht beeinflussen könne.

Anfragende Behörden meldeten unter Einbeziehung der übermittelten Daten und gegebenenfalls weiterer getroffener Feststellungen und Entscheidungen im Rahmen eines formalisierten Rückmeldeverfahrens ihre Erkenntnisse. Die Informationen würden vom Beklagten auch unter Einbeziehung etwaiger Einwendungen eines Steuerpflichtigen ausgewertet und in geeigneter Weise im Firmenprofil berücksichtigt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung teilte der Beklagtenvertreter mit, dass der Inhalt des die Klägerin betreffenden IZA-Auszuges inzwischen erneut geändert worden sei. Den aktuellen Inhalt könne er allerdings aus den dargestellten Gründen nicht offenbaren.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Änderung der über sie bei der IZA gespeicherten Daten.

a. Der Beklagte ist gemäß § 88a AO i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 FVG zuständig für die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen. Die beim Beklagten angesiedelte IZA erfasst hierfür gemäß dem aktualisierten Erlass vom 9.9.2019 (IV B 6-S 1509/07/10001:012, FMNR3ba000019, juris, "IZA-Erlass") "alle sachdienlichen Informationen, die für die Tätigkeit der Steuerverwaltungen von Bund und Ländern von Bedeutung sein können". In diesem Rahmen sammelt die IZA Informationen und erteilt Auskünfte insbesondere über u. a. "ausländische Rechtssubjekte (natürliche und juristische Personen im Ausland, insbesondere auch ausländische Personengesellschaften sowie ausländische Briefkastengesellschaften [Domizil-, Sitz-, Offshore-Gesellschaften])". Sie unterstützt durch Hinweise auf laufende oder abgeschlossene Verfahren, Parallelfälle und ähnliche Beobachtungen die zuständigen Finanzämter bei der steuerrechtlichen Beurteilung von Auslandssachverhalten (Tz. 1.1 IZA-Erlass). Die Finanzbehörden von Bund und Ländern arbeiten mit dem Beklagten nach den allgemeinen Grundsätzen über die Amtshilfe zusammen (Tz. 1.3 IZA-Erlass). Die erteilten Auskünfte sind durch die anfragende Finanzbehörde vor Verwendung im Besteuerungsverfahren zu prüfen (Tz. 2.2 IZA-Erlass). Gemäß Tz. 3.2 IZA-Erlass sind die Finanzämter verpflichtet, bedeutsame Informationen dem Beklagten - insbesondere - unter Verwendung bestimmter Vordrucke mitzuteilen und Rückmeldungen über Feststellungen und Entscheidungen zu geben.

b. Im Zusammenhang mit § 19 Abs. 4 BDSG a. F. hat das Bundesverfassungsgericht am 10.3.2008 entschieden, dass ein Betroffener keinen Anspruch auf Auskunft der über ihn bei der IZA gesammelten Daten hat (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2008, 1 BvR 2388/03, BVerfGE 120, 351, BStBl II 2009, 23).

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe im Streitfall das Grundrecht des Beschwerdeführers auf informationelle Selbstbestimmung und das hieraus abzuleitende Informationsinteresse hinsichtlich der bei der IZA gesammelten Daten hinter dem Interesse des Staates an einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung in Bezug auf die gleichmäßige Festsetzung und Erhebung von Steuern zurückzustehen. Das öffentliche Interesse an der Aufgabenerfüllung des Bundesamts für Finanzen (heute: Bundeszentralamt für Steuern) gehe dem Informationsinteresse desjenigen, über den Daten gesammelt worden seien, vor, da ansonsten von einer weitgehenden Wertlosigkeit der gesammelten Daten nach einer Auskunftserteilung und damit von einer Erschwerung oder Unmöglichkeit der Aufgabenerfüllung der Behörde auszugehen sei. Das Bundesverfassungsgericht stellte maßgeblich darauf ab, dass aus dem Unterlassen der Auskunft dem Beschwerdeführer keine irreparablen Nachteile entstehen könnten, da der gegen die Datensammlung zu gewährleistende Rechtsschutz nicht faktisch ausgeschlossen werde, sondern auf einen späteren Zeitpunkt in dem staatlichen Informationsverarbeitungsprozess verlagert werde. Der Beschwerdeführer habe die Möglichkeit, die Richtigkeit der jeweils betroffenen Informationen umfassend zur Überprüfung zu stellen, sobald diese mit für ihn nachteiligen Folgen genutzt würden, also im Rahmen eines konkreten Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens. Ein vollständiger Überblick über die gesammelten Daten sei damit dem Beschwerdeführer dauerhaft zu versagen. Dies sei jedoch angesichts des hohen Gewichts der Ziele der Datensammlung verfassungsrechtlich hinnehmbar.

Das Bundesverfassungsgericht führte schließlich aus, dass die Gerichte verfassungsrechtlich nicht verpflichtet seien, die beim Bundesamt vorhandenen Informationen des Einzelnen darauf zu überprüfen, ob sie inhaltlich zuträfen und für die Aufgabenerfüllung noch benötigt würden, um das Bundesamt anschließend zur Berichtigung oder Löschung unrichtiger oder nicht aktueller Informationen zu verpflichten. Unrichtige oder nicht mehr benötigte Daten seien von Amts wegen zu berichtigen oder zu löschen. Eine gerichtliche Prüfung könne lediglich dazu dienen, im Rahmen darauf gerichteter Verfahren Fehler oder rechtlich erhebliche tatsächliche Veränderungen festzustellen, die der Behörde entgangen seien. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Gerichte, eine solche Prüfung aus Anlass eines Auskunftsbegehrens vorzunehmen. Wären die über eine bestimmte Person gesammelten Daten im Rahmen eines Klageverfahrens über ein Auskunftsbegehren auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit zu überprüfen, so drohte schon durch eine vergleichsweise kleine Zahl von Auskunftsklagen eine erhebliche, kaum zu bewältigende Belastung der Finanzgerichtsbarkeit.

c. § 19 BDSG a. F. beansprucht nach Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der danach erfolgten Änderungen des BDSG keine Geltung mehr.

Die DSGVO regelt in den Artikeln 12 bis 22 der DSGVO die Rechte der betroffenen Person. So enthält Art. 14 DSGVO eine Informationspflicht, wenn personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden. Art. 16 DSGVO enthält ein Recht auf Berichtigung, wonach die betroffene Person das Recht hat, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Gemäß Art. 21 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, jederzeit gegen die Verarbeitung sie betreffender personenbezogener Daten, die aus einem besonderen öffentlichen Interesse heraus erfolgt, Widerspruch einzulegen. Beschränkungen ergeben sich aus Art. 23 DSGVO. Gemäß Art. 23 Abs. 1 e) DSGVO können die Art. 12 bis 22 DSGVO im Wege von Gesetzgebungsmaßnahmen beschränkt werden, wenn dies dem Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates, insbesondere eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich sowie im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der sozialen Sicherheit dient.

Mit Gesetzgebungsmaßnahmen in diesem Sinne sind nicht nur formelle Parlamentsgesetze gemeint, sondern materielle Gesetze im weiteren Sinne, also auch Verordnungen und Satzungen. Dies ergibt sich aus Erwägungsgrund 41 (vgl. Grages in Plath, Art. 23 DSGVO, Rn. 3).

d. In Ergänzung zur unmittelbar geltenden DSGVO regelt § 58 BDSG n. F. die Rechte auf Berichtigung und Löschung sowie Einschränkung der Verarbeitung. Nach Abs. 1 hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger Daten zu verlangen. S. 2 regelt, dass insbesondere im Fall von Aussagen oder Beurteilungen die Frage der Richtigkeit nicht den Inhalt der Aussage oder Beurteilung betrifft.

e. Die §§ 32a ff. AO regeln die Umsetzung der durch Öffnungsklauseln in der DSGVO der nationalen Gesetzgebung zugewiesenen Regelungsspielräume für den Bereich des steuerlichen Verfahrensrechts.

§ 32b regelt insoweit die Informationspflicht der Finanzbehörde, wenn personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden. Eine solche Pflicht besteht danach nicht, wenn die Erteilung der Information die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden oder anderer öffentlicher Stellen liegenden Aufgaben im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Buchst. d bis h DSGVO gefährden würde. Parallel regelt § 32c Abs. 1 Nr. 1, dass in diesen Fällen auch keine Auskunftsrechte der betroffenen Person bestehen.

Gemäß § 32f Abs. 5 besteht das Recht auf Widerspruch nach Art. 21 DSGVO nicht, wenn an der Verarbeitung ein zwingendes öffentliches Interesse besteht, das die Interessen der betroffenen Person überwiegt.

f. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf Berichtigung bzw. Löschung von Daten, die der Beklagte bei der IZA über sie gesammelt hat.

aa. Für einen Korrektur- bzw. Löschungsanspruch ist maßgeblich auf den Datenbestand am Tag der gerichtlichen Entscheidung abzustellen. Nach den - für das Gericht nicht weiter überprüfbaren - Ausführungen des Beklagtenvertreters stimmen die Eintragungen in der Datensammlung nicht mehr mit denjenigen überein, die Gegenstand des Firmenprofils vom ...2018 waren.

Die Klägerin hat indes auch keinen Anspruch darauf, von dem Beklagten Auskunft über den aktuellen Inhalt der Datensammlung zu verlangen. Auch nach Einführung der DSGVO und der damit im Zusammenhang stehenden Änderungen im BDSG sowie der AO hat sich an den vom Bundesverfassungsgericht skizzierten Grundsätzen nichts geändert.

Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO ermöglicht eine Einschränkung der Rechte der Betroffenen zum Schutze sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaates, insbesondere eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses, etwa im Steuerbereich. Insofern war der deutsche Gesetzgeber ermächtigt, Auskunftsansprüche von Betroffenen zu beschränken, was er mit § 32c Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32b Abs. 1 Buchst. a AO getan hat. Danach hat die Erteilung einer Information zu unterbleiben, wenn ansonsten die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der Finanzbehörden liegenden Aufgaben gefährdet würde. Die bisherigen Einschränkungen des Auskunftsrechts der betroffenen Person aus § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG a. F. wurden im Ergebnis übernommen (vgl. auch Rosenke in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK, § 32c AO, Rn. 51.1). Dass die Offenbarung der bei der IZA gesammelten Daten die Aufgaben des Beklagten bzw. der in den Einzelfällen zuständigen Finanzämter gefährden würden, hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der zitierten Entscheidung bzw. im zugrundeliegenden Verfahren die Fachgerichtsbarkeit (vgl. BFH, Urteil vom 30. Juli 2003, VII R 45/02, BFHE 202, 425, BStBl II 2004, 387) festgestellt. Das Gericht schließt sich der Einschätzung des BFH an, dass ein Bekanntmachen der bei der IZA zentral gesammelten Daten diese weitgehend wertlos machen würde und daher kein Anspruch auf Auskunft über die gespeicherten Daten besteht.

Wenn somit kein Auskunftsanspruch der Klägerin hinsichtlich des aktuellen Datenbestandes besteht, kann aber auch kein Korrekturanspruch bestehen, denn um einen Korrekturanspruch zu haben, muss denknotwendig das Wissen vorhanden sein, welche Daten überhaupt vorgehalten werden, die geändert werden sollen.

bb. Selbst wenn man auf den Datenbestand vom ...2018 abstellen würde, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Löschung bzw. Korrektur der darin enthaltenen Angaben.

Das Gericht versteht das Vorbringen der Klägerin dahingehend, dass sie sich im Wesentlichen gegen die in dem Firmenprofil zum Ausdruck kommenden Feststellungen wendet, die geschäftliche Leitung befinde sich nicht in der niederländischen Karibik. Als Beleg hierfür zieht sie insbesondere das bereits vor dem ... Senat des Finanzgerichts Köln geführte Verfahren heran.

Hierin haben die seinerzeitigen Beteiligten sich in tatsächlicher Hinsicht dahingehend verständigt, dass für die Jahre 2009 bis 2012 von einem Sitz der Geschäftsleitung in der niederländischen Karibik auszugehen sei. In der Sache hat das Gericht nicht entschieden. Allerdings hat weder die tatsächliche Verständigung, noch hätte eine Entscheidung durch das Gericht in der Sache eine Bindungswirkung über den entschiedenen Einzelfall hinaus. Wo der tatsächliche Sitz einer Geschäftsleitung ist, ist im Rahmen der Gesamtwürdigung aller den Einzelfall betreffenden Umstände festzustellen. Soweit der Beklagte seinerzeit auf der Basis der ihm vorliegenden Informationen zu dem Ergebnis gekommen ist, bei der Klägerin handele es sich um eine "Briefkastengesellschaft", so stellt dies letztlich eine Beurteilung dar, hinsichtlich derer gemäß § 58 S. 2 BDSG kein Berichtigungsanspruch besteht. Im vorliegenden Fall müsste das Gericht für die Frage, wo die tatsächliche Geschäftsleitung der Klägerin zum jetzigen Zeitpunkt ihren Sitz hat, umfassend den Sachverhalt ermitteln. Insoweit bezieht sich das Gericht jedoch auf die bereits zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass es unabhängig von einem konkreten Besteuerungsverfahren bzw. Steuerstrafverfahren nicht geboten ist, ausschließlich im Zusammenhang mit dem Streit über den Inhalt der Datensammlung der IZA über die Richtigkeit der dort vorgehaltenen Daten zu entscheiden. Eine solche Entscheidung würde der Klägerin in einem konkreten Besteuerungsverfahren letztlich auch nichts bringen, da der Beklagte den anfragenden Finanzbehörden lediglich Informationen und Beurteilungen zur Verfügung stellt, deren Richtigkeit und Erheblichkeit für die Besteuerung von den einzelnen im Besteuerungsverfahren zuständigen Finanzbehörden jedoch autonom festzustellen ist. Der Beklagte hat insoweit gegenüber den einzelnen Finanzbehörden kein Weisungsrecht, was sich auch ausdrücklich aus Tz. 2.2 des IZA-Erlasses ergibt. Der Beklagte kann also nicht mit Bindungswirkung für Folgeverfahren Feststellungen zum tatsächlichen Sitz der Geschäftsleitung der Klägerin treffen. Zwar hat das Gericht Verständnis für die von der Klägerin angeführten Probleme, die sich hieraus ergeben, nämlich dass möglicherweise in einer Vielzahl von Rechtsbehelfsverfahren die Frage des Geschäftssitzes jeweils erneut zu klären ist. Dieses ist allerdings Folge der unterschiedlichen örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten von Finanzämtern im Rahmen der föderalen Struktur der Bundesrepublik und darüber hinaus des Prinzips der Abschnittsbesteuerung.

cc. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass sowohl das seinerzeit im Klageverfahren beteiligte Finanzamt A als auch die seinerzeit ermittelnde Steuerfahndungsstelle Z sich inhaltlich dem Korrektur- bzw. Löschungsbegehren der Klägerin angeschlossen hätten, ändert dies nichts, da die benannten Ämter ebenfalls nicht mit Bindungswirkung für den Beklagten bzw. andere Ämter Feststellungen zum tatsächlichen Geschäftssitz der Klägerin treffen können und darüber hinaus für Meldungen bzw. Rückmeldungen von Ermittlungen einzelner Finanzämter im IZA-Erlass ein besonderes Verfahren vorgesehen ist. Ob und inwieweit die benannten Behörden diesen Weg inzwischen tatsächlich beschritten haben, ist nicht ersichtlich. Der Beklagtenvertreter hat sich hierzu nicht geäußert und in der mündlichen Verhandlung lediglich auf inzwischen geänderte Daten in der Datensammlung hingewiesen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.