FG Münster, Urteil vom 10.10.2019 - 6 K 3334/17 E
Fundstelle
openJur 2020, 997
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist, ob die an die Klägerin geleisteten Zahlungen der Stadt U, des Kreises E und der Stadt H für die Tagespflege von Kindern nach § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.

Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Klägerin hat eine Pflegeerlaubnis für Kindertagespflege nach § 43 des Sozialgesetzbuches (SGB) - Achtes Buch (VIII) und erzielte als Tagespflegeperson (sog. Tagesmutter) Einnahmen von Jugendämtern für ihre Leistungen im Rahmen der Kindertagespflege nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 23 SGB VIII. Darüber hinaus erhielt die Klägerin in den Streitjahren von den Eltern der betreuten Kinder Zahlungen für die Verpflegung der Kinder (sog. Essensgeld). Die Eltern der betreuten Kinder konnten den Betreuungsumfang innerhalb der vorgegebenen Stundenkontingente selbst bestimmen. Ausweislich des Antragsformulars des Kreises E für die Eltern (für Kinder ab dem 1. Lebensjahr) muss bei einer beantragten Betreuung von 35 bzw. 45 Stunden je Woche ein Grund für den Bedarf der beantragten Betreuung angegeben und zwingend nachgewiesen werden. Wird der Nachweis nicht vorgelegt, kann danach die beantragte Förderung nicht gewährt werden. Als Gründe werden im Formular "Erwerbstätigkeit", "Ausbildung", "Teilnahme an einer Eingliederungshilfe in Arbeit (Hartz IV)" der Mutter und des Vaters sowie "sonstige Gründe" aufgeführt. Dabei sind Angaben zur Tätigkeit (Name und Anschrift der Arbeitsstelle, der Ausbildungsstelle, des Studienortes, Beginn der Erwerbstätigkeit bzw. Ausbildung bzw. Maßnahme, voraussichtliches Ende sowie der Umfang in Wochenstunden) zu machen. In den Richtlinien zur Kindertagespflege des Kreises E wird unter dem Punkt "Kinder unter drei Jahren" darauf hingewiesen, dass ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Umfang von maximal 25 Stunden wöchentlich ohne Nachweise über eine Beschäftigung der Eltern habe. Für einen Antrag auf Förderung im Umfang von mehr als 25 Stunden wöchentlich sind danach besondere Gründe (z.B. Erwerbstätigkeit beider Elternteile) darzulegen und nachzuweisen.

Die Klägerin betreute im Streitjahr 2014 in der Zeit von Januar bis Juli insgesamt sieben Kinder, davon ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden und fünf Kinder im Umfang von bis zu 15 Wochenstunden. Die Betreuungszeiten waren über die Woche jeweils so verteilt, dass stets nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreut wurden. Die Kinder, für die die Eltern 15 Betreuungsstunden je Woche gebucht hatten, betreute die Klägerin vormittags (von 8:00 Uhr bis 12:00 bzw. bis 13:00 Uhr sowie von 7:30 Uhr bis 12:30 Uhr). In der Zeit von August bis Dezember 2014 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 15 Wochenstunden. Im Januar 2014 betreute die Klägerin in Vertretung darüber hinaus an zwei Tagen ein weiteres Kind aus dem Bereich der Stadt H.

In den Jahren 2015 und 2016 betreute die Klägerin jeweils insgesamt bis zu vier Kinder am Tag innerhalb des Zeitraumes von 7:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Im Jahr 2015 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 40 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, ein Kind im Umfang von bis zu 25 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden. Im Jahr 2016 betreute die Klägerin ein Kind im Umfang von bis zu 35 Wochenstunden, zwei Kinder im Umfang von bis zu 25 Wochenstunden und ein Kind im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden.

In der Zeit von Januar 2014 bis Dezember 2016 betreute die Klägerin über den gesamten Zeitraum verteilt insgesamt 12 verschiedene Kinder. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der mit Schreiben der Klägerin vom 30.09.2019 vorgelegten Übersichten zu den Betreuungszeiten Bezug genommen.

Die Zahlungen des Jugendamtes U, die für jedes Kind je Betreuungsstunde direkt an die Klägerin gezahlt wurden, setzten sich wie folgt zusammen: 3,57 € als Anerkennungsbeitrag für die Förderungsleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2a SGB VIII und 1,70 € als Erstattung angemessener Kosten über Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII (Gesamtsumme: 5,27 € je Kind je Betreuungsstunde). Die Zahlungen des Jugendamtes E, die für jedes Kind je Betreuungsstunde gezahlt wurden, setzten sich wie folgt zusammen: 3,60 € als Anerkennungsbeitrag für die Förderungsleistungen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2a SGB VIII und 1,80 € als Erstattung angemessener Kosten über Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII (Gesamtsumme: 5,40 € je Kind je Betreuungsstunde). Ausweislich der Richtlinien zur Kindertagespflege in der Stadt U (Stand: 01.08.2018) sind die Monatspauschalen nach dem Umfang der Betreuung in sieben Gruppen (15 Stunden, 20 Stunden, 25 Stunden, 30 Stunden, 35 Stunden, 40 Stunden bzw. 45 Stunden je Woche) gestaffelt und gelten pro Kind. Bei der Festlegung der Monatspauschale werden laut Richtlinie jährlich rund 230 Betreuungstage zugrunde gelegt. Werden weniger als 230 Betreuungstage im Jahr erbracht und sind die Gründe dafür von der Tagespflegeperson zu vertreten (z.B. längerer Urlaub als vier Wochen oder Erkrankung), ist das Jugendamt der Stadt U berechtigt, die Geldleistungen zu kürzen.

Die Monatspauschalen des Kreises E sind nach dem Umfang der Betreuung in vier Gruppen (15 Stunden, 25 Stunden, 35 Stunden bzw. 45 Stunden je Woche) gestaffelt und gelten pro Kind (vgl. Informationsblatt für Tagespflegepersonen des Kreises E, Stand: Juni 2019). Im Informationsblatt des Kreises E wird weiter darauf hingewiesen, dass eine anteilige Kürzung der Pauschale erfolge, wenn die Tagespflegeperson mehr als 25 Tage Urlaub nehme; Brücken- und sonstige Schließtage seien einbezogen.

Im Einzelnen hatte die Klägerin in den Streitjahren ausweislich ihrer Gewinnermittlungen folgende Einnahmen:

Jugendamt U

Jugendamt H

Jugendamt E

Eltern privat

Summe

2014

X €

X €

X €

X €

X €

2015

X €

X €

X €

X €

X €

2016

X €

X €

X €

X €

X €

Als Betriebsausgaben setzte die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen in jedem Jahr einen pauschalen Betrag in Höhe von 2,00 € je Betreuungsstunde an, den der Beklagte anerkannte.

In der Einkommensteuererklärung 2014 erklärte die Klägerin zunächst Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von X €, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 14.08.2015 entsprechend berücksichtigte.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 27.12.2016 setzte der Beklagte bei den Einkünften der Klägerin aus selbständiger Arbeit einen Gewinn in Höhe von X € an.

Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 03.08.2017 berücksichtigte der Beklagte bei den Einkünften der Klägerin aus selbständiger Arbeit einen Gewinn in Höhe von X €.

Hiergegen legten die Kläger jeweils Einsprüche ein, die mit Einspruchsentscheidung vom 05.10.2017 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger, die von der Klägerin vereinnahmten Zahlungen der Stadt U, der Stadt H und des Kreises E nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei zu belassen. Sie sind der Auffassung, dass lediglich die Zahlungen der Eltern für die Verpflegung der betreuten Kinder in Höhe von X € im Jahr 2014, X € im Jahr 2014 und X € im Jahr 2016 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien. Die übrigen Leistungen der Jugendämter nach § 23 SGB VIII seien als öffentliche Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG zu qualifizieren und steuerfrei. Aus dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 07.02.1990 (IV B 1- 2121-5/90) ergebe sich eine Steuerfreiheit der Zahlungen bei einer Betreuung von maximal fünf Kindern. Seit dem Kalenderjahr 2009 würden diese Zahlungen jedoch ohne erkennbaren Grund von der Finanzverwaltung anders beurteilt. Diese wende nunmehr das BMF-Schreiben vom 17.12.2007 (IV C 3-S 2342/07) an, wonach die Zahlungen der Jugendämter als steuerpflichtige Einkünfte aus § 18 EStG angesehen würden. Eine Auseinandersetzung, ob und wann es sich bei den Zahlungen des Jugendamtes um steuerfreie Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG handele, sei nicht erkennbar. Eine gesetzgeberische oder rechtsprechungsbedingte Änderung der Rechtslage liege jedenfalls nicht vor.

Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 11 EStG seien im Streitfall gegeben. Die Zahlungen der Jugendämter dienten unmittelbar der Förderung der Erziehung der Tageskinder. Maßgeblich sei der gegenüber der Tagespflegeperson erteilte Auftrag. Die Klägerin habe einen direkten Anspruch auf Zahlung gegenüber dem Jugendamt. Die Höhe der Beihilfe sei im jeweiligen Bewilligungsbescheid festgelegt, der nur zwischen dem Jugendamt und der Tagesmutter existiere. Die Eltern hätten keinen Einfluss auf die Höhe der Beihilfe. Dies werde durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.11.2014 (Aktenzeichen VIII R 27/11, BFH/NV 2015, 960) bestätigt. Die Geldleistungen des Jugendamtes umfassten zudem einen Betrag zur Anerkennung der Förderleistung nach § 23 Abs. 2a SGB VIII und die Erstattung angemessener Kosten für den Sachaufwand. Aus dem Verhältnis der Erstattung für pauschalierte Sachleistungen und dem Anerkennungsbeitrag für die Erziehungsleistung lasse sich erkennen, dass das erzieherische Element überwiege.

Die Kläger tragen weiter vor, dass die Fälle der Tages- und Kurzzeitpflege mit den im BMF-Schreiben vom 07.02.1990 aufgeführten Fällen vergleichbar und daher entsprechend zu behandeln seien. Die Steuerfreiheit sei immer dann zu gewähren, wenn nicht mehr als fünf Kinder betreut würden. Denn in diesem Fall werde unterstellt, dass die Pflege nicht erwerbstätig betrieben werde. Dies habe der BFH in seinen Urteilen vom 05.11.2014 (VII R 27/11 und VIII R 29/11) ausdrücklich bestätigt. Dies gelte selbst dann, wenn die Urteile an sich zur "Vollzeitpflege" ergangen seien. Aus den oben genannten Urteilen des BFH sei weiter zu folgern, dass zwischen der Betreuung im Rahmen einer "allgemeinen" Tagespflege und einer Großtagespflege zu unterscheiden sei. Dies gelte insbesondere, da bei Pflegekindern, ähnlich wie bei Tageskindern, keine großen Betreuungsgruppen (mehr als fünf Kinder) bestünden.

Weiter sei festzuhalten, dass ein gesetzlicher Anspruch der Eltern auf Kinderbetreuung und -erziehung bestünde, den die Stadt bzw. Gemeinde bzw. Kreisverwaltung zu erbringen habe. Diese gesetzliche Verpflichtung werde auf die Tagespflege "abgewälzt", so dass es sich bei den Zahlungen der Jugendämter an die Pflegeperson um eigennützige - nicht uneigennützige - Zahlungen handele. Damit fehle es insoweit bereits an einem Austauschgeschäft. Zudem könne nach der Rechtsprechung des BFH nur ein entgeltliches Austauschgeschäft vorliegen, wenn ein vollständiger Ersatz des sachlichen und zeitlichen Aufwandes berücksichtigt und erreicht werde. Ein solcher vollständiger Ausgleich für den zeitlichen Aufwand dürfte bei der Zahlung eines Anerkennungsbetrages in Höhe von 3,57 € (Stadt U) bzw. 3,60 € (Kreis E) nicht gegeben sein. Dies gelte insbesondere, da sich die Höhe der Zahlung des Jugendamtes nicht nach der Anzahl der betreuten Kinder richte. Auch bei einer Betreuung von zwei Kindern ergebe sich eine Anerkennung lediglich in Höhe von 3,57 € bzw. 3,60 €.

Der gezahlte Betrag des Jugendamtes diene auch der Erziehung, da der anteilige Sachaufwand entsprechend der sogenannten Betriebskostenpauschale bei 1,70 € (Stadt U) bzw. 1/3 von 5,40 € (= 1,80 €, Kreis E im Jahr 2017) liege. Somit ergebe ich nach Abzug des Sachaufwandes ein Anerkennungsbetrag in Höhe von 3,57 € (Stadt U) bzw. 3,60 € (Kreis E). Die Zahlung sei, soweit sie sich auf den Sachaufwand beziehe, ein durchlaufender Posten, da dieser Betrag den tatsächlichen Aufwand abdecke und somit steuerlich "neutral" sei. Hinsichtlich der Kosten für Verpflegung verweisen die Kläger darauf, dass dafür die Eltern immer zusätzliche Beiträge leisteten.

Die Tagesmutter erziehe die betreuten Kinder. Die Vorschrift des § 3 Nr. 11 EStG verlange nicht, dass nur eine Person die Erziehung übernehme. Neben den Eltern leiste die Tagesmutter einen prägenden Erziehungsanteil. Dies gelte insbesondere, wenn die Kinder 40 Wochenstunden, also an fünf Tagen pro Woche, bei der Tagesmutter verbrächten.

In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger ergänzend vorgetragen, dass die Prüfung der Berechtigung der Eltern zur Tagespflege durch das jeweilige Jugendamt erfolge und dabei auch berücksichtigt werde, ob eine Berufstätigkeit der Eltern bestehe. Für die Inanspruchnahme der Tagespflege kämen aber auch andere Gründe in Betracht. Die Kläger hätten keinen Einfluss auf die konkrete Bearbeitung durch das Jugendamt. In den Streitjahren seien nach Kenntnis des Klägers zumindest zwei Elternteile hinsichtlich der betreuten Kinder nicht berufstätig gewesen.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 05.10.2017 die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2016 vom 14.08.2015, 27.12.2016 und vom 16.01.2019 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften der Klägerin aus selbständiger Arbeit Gewinne in Höhe von X € im Jahr 2014, in Höhe von X € im Jahr 2015 und in Höhe von X € im Jahr 2016 berücksichtigt werden,

hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die angefochtenen Einkommensteuerbescheide rechtmäßig seien und verweist zur weiteren Begründung auf den Inhalt seiner Einspruchsentscheidung. Soweit die Klägerin auf das BMF-Schreiben vom 07.02.1990 verweise, wendet der Beklagte ein, dass sich dieses auf eine auf Dauer angelegte Pflege im familiären Rahmen beziehe. Nach dem BMF-Schreiben vom 11.11.2016 sei § 3 Nr. 11 EStG für Zahlungen nach § 22 SGB VIII nicht anwendbar. Bei der Tätigkeit einer Tagesmutter, die die Betreuung von Kindern während der Berufstätigkeit der Eltern biete, stehe die Erzielung von Einnahmen im Vordergrund. Bei einer Betreuung von Kindern in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII erfolge die Betreuung und Förderung besonders beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher mit meist besonderen Leistungs- und Verhaltensproblemen. Da die Tätigkeiten der Betreuungspersonen bei diesen beiden Arten der Kinderbetreuung nicht identisch seien, sei eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Vergütungen rechtmäßig.

Am 16.01.2019 hat der Beklagte einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2016 erlassen. Die Änderung betrifft einen Punkt, der zwischen den Beteiligten nicht streitig ist.

Der Senat hat die Sache am 10.10.2019 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und auf die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Gründe

A. Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide vom 14.08.2015, 27.12.2016 und 16.01.2019 sowie die Einspruchsentscheidung vom 05.10.2017 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).

I. Die begehrte Steuerfreiheit der von den Jugendämtern der Gemeinden U, E und H an die Klägerin gezahlten Geldbeträge kann nicht gewährt werden. Die Voraussetzungen der hier allein ernsthaft in Betracht kommenden Vorschrift des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt.

Danach sind u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die Erziehung unmittelbar zu fördern.

1. Öffentliche Mittel sind solche, die aus einem öffentlichen Haushalt stammen, d.h. haushaltsmäßig als Ausgaben festgelegt und verausgabt werden (BFH-Urteile vom 05.11.2014 VIII R 27/11, BFH/NV 2015, 960; vom 05.11.2014 VIII R 29/11, BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; vom 05.11.2014 VIII R 9/12, BFH/NV 2015, 967; vom 05.11.2014 VIII R 30/11, BFH/NV 2015, 963; vom 19.07.1972 I R 109/70, BFHE 106, 438, BStBl II 1972, 839; vom 09.04.1975 I R 251/72, BFHE 115, 374, BStBl II 1975, 577). Diese Voraussetzung ist auch gewahrt, wenn die derart in einem Haushaltsplan ausgewiesenen Mittel nicht unmittelbar aus einer öffentlichen Kasse, sondern mittelbar über Dritte gezahlt werden, sofern über die Mittel nur nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorschriften verfügt werden kann und ihre Verwendung im Einzelnen gesetzlich geregelter Kontrolle unterliegt (vgl. BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; BFH-Urteile vom 15.11.1983 VI R 20/80, BFHE 139, 536, BStBl II 1984, 113; vom 18.05.2004 VI R 128/99, BFH/NV 2005, 22). Die Pflege- und Erziehungsgelder werden im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe von den Jugendämtern gezahlt. Der Annahme, dass die Pflege- und Erziehungsgelder "aus öffentlichen Mitteln" gezahlt werden, steht nach der Rechtsprechung nicht entgegen, dass zur Begründung von Pflegeverhältnissen u.a. der Abschluss zivilrechtlicher Pflegeverträge --z.B. zwischen Jugendamt und Pflegeeltern-- für erforderlich gehalten wird (BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 m.w.N.).

So liegt es auch im Streitfall. Die streitrelevanten Geldleistungen nach § 23 Abs. 2 SGB VIII hat die Klägerin unmittelbar vom Kreis E, der Stadt U und der Stadt H erhalten. Die Beträge wurden auf dem Konto der Klägerin gutgeschrieben. Die Mittel stammen aus dem öffentlichen Haushalt der oben genannten kommunalen Gebietskörperschaften und sind somit öffentliche Mittel i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG. Hiervon gehen auch die Beteiligten nunmehr übereinstimmend aus, nachdem der Beklagte an seiner ursprünglichen Rechtsansicht, dass die Klägerin keinen direkten Anspruch gegen die Jugendämter auf Auszahlung der Mittel habe, nicht mehr festhält. Insofern erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.

2. Jedoch fehlt es im Streitfall an einer unmittelbaren "Förderung der Erziehung".

a. Die Erziehung im Sinne der Vorschrift als "planmäßige Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen" erfasst alle Bestrebungen, Vorgänge und Tätigkeiten, die den Entwicklungsvorgang beeinflussen (z.B. BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; vgl. BFH-Urteile vom 19.06.1997 IV R 26/96, BFHE 183, 488, BStBl II 1997, 652; vom 23.09.1998 XI R 9/98, BFH/NV 1999, 600). Eine unmittelbare Förderung der Erziehung i.S. des § 3 Nr. 11 Satz 1 EStG liegt nach der Rechtsprechung des BFH vor, wenn die Zuwendungen öffentlicher Mittel die Erziehung ohne ein Dazwischentreten weiterer Ereignisse beeinflussen. Dies ist insbesondere für Zahlungen zu bejahen, mit denen die Zahlungsempfänger der Notwendigkeit des Gelderwerbs zum Lebensunterhalt enthoben und dadurch zeitlich in die Lage versetzt werden, sich der Erziehung zu widmen (BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; BFH-Urteil vom 27.04.2006 IV R 41/04, BFHE 214, 69, BStBl II 2006, 755, unter Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 04.05.1972 IV 133/64, BFHE 105, 374, BStBl II 1972, 566, und in BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571).

b. Den Klägern ist insoweit zuzugestehen, dass die Tätigkeit der Klägerin bei einer Betreuung von Kindern im Rahmen der Tagespflege, vorliegend in einem Umfang von 15 bis 40 Betreuungsstunden wöchentlich, zumindest auch die Erziehung der Kinder zum Gegenstand hat. Jedoch ist für eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG erforderlich, dass die öffentlichen Gelder "ausschließlich" zur Erziehung bestimmt sind. Diese Einschränkung ist notwendig, weil nahezu jede längerdauernde Beschäftigung mit Kindern zugleich deren Erziehung zum Gegenstand hat (vgl. BFH-Urteil vom 17.05.1990 IV R 14/87, BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018).

c. Für die Frage, ob die an die Pflegeperson gezahlten Gelder "ausschließlich die Erziehung fördern" oder ob sie auch noch anderen Zwecken dienen, kommt es nach der BFH-Rechtsprechung entscheidend auf Inhalt und Durchführung des Pflegeverhältnisses an (vgl. BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; und BFH-Urteil vom 28.06.1984 IV R 49/83, BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571). Nach dieser Rechtsprechung kann regelmäßig kein Zweifel daran bestehen, dass an Pflegeeltern geleistete Erziehungsgelder dazu bestimmt sind, zu Gunsten der in den Haushalt der Pflegeeltern dauerhaft aufgenommenen und wie leibliche Kinder betreuten Kinder und Jugendlichen "die Erziehung zu fördern" (BFH in BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571; und BFH in BFH/NV 2015, 967). Denn in einem solchen Fall werden Zuschüsse gezahlt, um die Aufnahme von Kindern im Haushalt der Pflegepersonen zu erleichtern (vgl. BFH in BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571).

d. Im Streitfall sind die an die Klägerin gezahlten Gelder nicht ausschließlich dazu bestimmt, die Erziehung zu fördern.

aa. Die Klägerin hat die im Streitfall einzelnen betreuten Kinder nicht "dauerhaft", d. h. über Nacht, in ihren Haushalt und auch nicht mit dem Zweck aufgenommen, diese wie leibliche Kinder zu erziehen. Wie bereits oben dargestellt, kann die Tätigkeit der Klägerin insoweit zwar zumindest teilweise als "Erziehung" von Kindern eingestuft werden. Jedoch dient die Tätigkeit, welche die Klägerin als Tagespflegeperson im Rahmen der Förderung in Kindertagespflege nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 23 SGB VIII ausübt, nicht nur der Erziehung der an sie vermittelten Kinder, sondern darüber auch der Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und allgemeinen Betreuung, während die Eltern der Kinder einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder aus anderen Gründen die Förderung ihrer Kinder im Rahmen der Tagespflege in Anspruch nehmen. Dass die an die Klägerin gezahlten Monatspauschalen der Jugendämter nicht nur der Förderung der Erziehung, sondern auch anderen Zwecken dienen, ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut und dem gesetzlichen Zweck der Förderung der Tagespflege nach § 23 SGB VIII (dazu bb. und cc.) und zum anderen aus der tatsächlichen Durchführung der Tagespflege im Streitfall (dazu dd.).

bb. Bereits nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 SGB VIII soll die Kindertagespflege - in Erfüllung des gesetzlichen Förderungsauftrags i.S. des § 22 Abs. 3 SGB VIII - neben der Förderung der Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (Nr. 1) die Erziehung und Bildung der Familie unterstützen und ergänzen (Nr. 2) und den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kinderziehung besser miteinander vereinbaren zu können (Nr. 3). In dieser Formulierung kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass neben der Förderung der Erziehung des Kindes durch die Tagespflegeperson auch die "Unterstützung der Familien in den Bereichen Erziehung und Bildung" sowie die "Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung" bezweckt werden soll. Dabei stehen diese Zwecke nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis, sondern gleichrangig nebeneinander.

Der Begriff der "frühkindlichen Bildung" wird definiert als aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Umgebung auf der Grundlage seiner bisherigen Lebenserfahrung (z.B. § 13 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern - Kinderbildungsgesetz --KiBiz--, Viertes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes -SGB VIII- des Landes Nordrhein Westfalen vom 30.10.2007). Demnach kann "Bildung" als Unterfall der "Erziehung" angesehen werden, da auch "Erziehung" alle Tätigkeiten umfasst, die den Entwicklungsvorgang bezüglich junger Menschen beeinflussen. Gleichwohl kommt nach dem Verständnis des erkennenden Senats der (frühkindlichen) Bildung nach dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 SGB VIII eine eigenständige Bedeutung zu. Denn anders als bei einer Aufnahme eines Pflegekindes in den Haushalt der Pflegeeltern mit dem Ziel, das Kind wie ein leibliches Kind zu betreuen, dient die Tagespflege neben der Betreuung der Kinder auch maßgeblich dazu, durch gemeinsame Bildung und Erziehung aller Kinder einen Beitrag zu mehr Chancengleichheit der betreuten Kinder, unabhängig von Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft und zum Ausgleich individueller und sozialer Benachteiligungen zu leisten (vgl. § 13 Ab. 4 Kibiz NRW).

cc. Es entspricht neben dem Wortlaut auch weiter dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 22 Abs. 2 und Abs. 3 SGB VIII, dass die Erziehung des Kindes - anders als bei einer dauerhaften Vollzeitpflegte - nicht von der Tagespflegeperson an Stelle der Eltern übernommen, sondern durch die Tagespflegeperson lediglich "gefördert" werden soll. Der Erziehungsauftrag verbleibt bei den Eltern der Kinder. Die erzieherischen Entscheidungen der Eltern sind von den Pflegepersonen zu beachten (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 Kibiz). Für die Erziehung von Kindern, die nicht mehr im Haushalt der leiblichen Eltern gewährleistet werden kann, sind andere gesetzlich geregelte Hilfen vorgesehen, z.B. die Hilfe zur Erziehung nach den Vorschriften der §§ 27 bis 35 SGB VIII. Diese verfolgen jedoch ein anderes Ziel, das mit der Tagespflege im Streitfall nicht vergleichbar ist.

dd. Weiter spricht im Streitfall das Antrags- und Auswahlverfahren bei der Vermittlung der Kinder an die Klägerin dafür, dass die Aufnahme der Kinder nicht ausschließlich der Erziehung, sondern auch der Unterbringung, Versorgung, Verpflegung und allgemeinen Betreuung dient.

(1) Denn nach dem Antragsformular des Kreises E sind für die Inanspruchnahme einer Betreuung von 35 bzw. 45 Stunden wöchentlich besondere Gründe darzulegen und nachzuweisen. Als Gründe kommen eine Erwerbstätigkeit beider Eltern, eine Ausbildung und eine Teilnahme an einer Eingliederungshilfe in Arbeit in Betracht. Auch sonstige Gründe - die nach Auffassung des erkennenden Senats vergleichbar gewichtig sein müssen - können einen Bedarf im Umfang von 35 bzw. 45 Betreuungsstunden rechtfertigen. Die genannten Gründe implizieren ein besonderes Interesse der Eltern an dem beantragten Umfang der Betreuung durch die Tagespflegeperson, das über eine reine Förderung der Erziehung ihrer Kinder hinausgeht. Dabei beurteilt der erkennende Senat die im Antragsverfahren angefragten Gründe als so gewichtig, dass diese gegenüber dem Interesse der Eltern an der Erziehung ihrer Kinder durch die Tagespflegeperson als gleichrangig, wenn nicht sogar als vorrangig, anzusehen sind.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kreis E im Streitfall vom üblichen Antragsverfahren abgewichen ist, sind nicht ersichtlich. Solche haben die Kläger auch nicht behauptet.

(2) Die Klägerin hat auch in allen Streitjahren Kinder im Umfang von 35 Stunden (2016) bzw. 40 Stunden (2014 und 2015) wöchentlich betreut, so dass den Eltern dieser Kinder eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile ermöglicht war. Darauf, ob eine Berufsausübung tatsächlich geschehen ist, kommt es nicht an, da die Klägerin hierauf keine Einfluss hat, und Ziel des Gesetzgebers - wie bereits dargestellt - insoweit ist, den Eltern zu helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander zu vereinbaren, d.h. eine Berufstätigkeit beider Elternteile lediglich zu ermöglichen.

(3) Aber auch soweit die Klägerin in den Streitjahren Kinder aus den Gemeinden E, U und H in einem Umfang von weniger als 35 Stunden betreut hat, und deren Eltern nicht beide berufstätig waren, ist die Steuerfreiheit der vereinnahmten Leistungen der Jugendämter zu versagen. Denn auch insoweit erfolgte die Betreuung auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 22, 23 SGB VIII. Auch bei einem Betreuungsumfang von 15 bis 25 Stunden wöchentlich wird den Eltern dieser Kinder eine Erwerbstätigkeit beider Elternteile - wenn auch in Teilzeit - ermöglicht.

ee. Das Urteil des BFH vom 19.06.1997 (IV R 26/96, BFHE 183, 488, BStBl II 1997, 652) steht der Beurteilung im Streitfall nicht entgegen. Denn anders als im Streitfall wurden im Fall, über den der BFH zu entscheiden hatte, die Einnahmen aus der Betreuung fremder Kinder als "Kommunales Erziehungsgeld" auf Antrag der Eltern geleistet, deren Kinder weder in einen Kindergarten noch in eine andere von der Stadt geförderten Einrichtung zur Kinderbetreuung gingen. Empfänger des Kommunalen Erziehungsgeldes waren die Eltern, nicht die Betreuungsperson. Bereits aus diesem Grund war die Steuerfreiheit der Einnahmen nach § 3 Nr. 11 EStG zu versagen. Zudem hatte der BFH festgestellt, dass eine Betreuung im Rahmen einer "Spielgruppe" im Umfang von neun Wochenstunden, verteilt auf drei Tage, nicht einmal für eine stundenweise Berufstätigkeit des Elternteils ausgereicht hätte, das die Betreuung des Kindes übernommen hatte. Dieser Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Streitfall nicht vergleichbar.

Soweit der BFH in seiner Entscheidung die Unterbringung, Beaufsichtigung und Verköstigung der betreuten Kinder als notwendige Hilfstätigkeiten gegenüber den erzieherischen Leistungen angesehen hat, kann hieraus kein allgemeingültiger Grundsatz abgeleitet werden. Vielmehr leitete der BFH die Feststellung aus den besonderen Umständen des Falles ab und stellte dabei im Wesentlichen auf die Häufigkeit und Dauer der Betreuung (neun Stunden wöchentlich) sowie auf die fehlende Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit beider Elternteile ab. Im vorliegenden Streitfall liegen die Umstände - wie bereits dargestellt - jedoch anders. Bei einem Betreuungsumfang von mindestens 15 Stunden bis hin zu 45 Stunden wöchentlich wird beiden Elternteilen der betreuten Kinder eine Erwerbstätigkeit ermöglicht.

3. Die begehrte Steuerfreiheit kann im Streitfall aber auch deshalb nicht gewährt werden, weil öffentlichrechtliche Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG nur uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen sind (vgl. BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 m.w.N; BFH-Urteil vom 23.09.1998 XI R 11/98, BFHE 187, 39, BStBl II 1999, 133), und diese Voraussetzung vorliegend nicht erfüllt ist.

a. Leistungen, die im Rahmen eines entgeltlichen Austauschgeschäfts erbracht werden, können danach nicht als Beihilfe qualifiziert werden (BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432 m.w.N; BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 600). Demgemäß hat der BFH die von den Jugendämtern an Pflegeeltern geleisteten Erziehungsgelder als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei beurteilt; mit der Zahlung der Pflegegelder sei keine vollständige Ersetzung des sachlichen und zeitlichen Aufwands der Pflegeeltern beabsichtigt (BFH-Urteil in BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571). Zuwendungen an Pflegeeltern ähnelten in vielerlei Hinsicht Zahlungen, die die leiblichen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhielten (vgl. BFH in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018).

b. Diesen Leistungen gegenübergestellt hat der BFH als steuerpflichtige Einnahmen Zahlungen an Personen, die Kinder nur des Erwerbs wegen in ihren Haushalt aufgenommen haben (BFH in BFHE 249, 1, BStBl II 2017, 432; BFH-Urteil in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018). Danach sind öffentliche Zuwendungen für die Übernahme der Heimerziehung keine Beihilfen i.S. des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die dafür gezahlten Beträge - pauschal - die tatsächlichen Kosten in angemessenem Umfang nach Maßgabe der zugrunde gelegten Pflegesätze hinsichtlich der Personal- und Sachkosten umfassen (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 600, m.w.N. mit dem Hinweis, dass die unterschiedliche Behandlung von Pflegegeldern und Pflegesatzzahlungen -vor allem im Hinblick auf ihre Unterschiede in der Organisation und Finanzierung- mit Art. 3 des Grundgesetzes vereinbar ist; ebenso BFH-Urteil in BFHE 187, 39, BStBl II 1999, 133). Auch die von den Jugendämtern an die Betreuer von sog. Tagesgroßpflegestellen gezahlten Erziehungsgelder hat der BFH nicht als nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei angesehen, weil diese u.a. eine starke Ähnlichkeit zu steuerpflichtigen Einnahmen von "Tagesmüttern" hätten, die eine Vergütung unmittelbar von den Eltern der betreuten Kinder erhalten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018).

c. Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die an die Klägerin gezahlten Geldleistungen der Jugendämter nicht als uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen anzusehen sind. Denn diese Leistungen sollen - anders als Pflegegelder an Pflegeeltern - den sachlichen und zeitlichen Aufwand der Tagespflegeperson vollständig durch Monatspauschalen in einem angemessen Umfang vergüten. Die Zahlung des Jugendamtes ist das Entgelt für die bestimmte Förderungsleistung der Klägerin als Tagespflegeperson.

aa. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 2a Satz 2 SGB VIII, wonach der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Tagespflegeperson "leistungsgerecht" auszugestalten ist. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen (Satz 3). Die Höhe der durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegten Monatspauschalen unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (vgl. z.B. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.01.2018 5 C 18/16, NWVBl 2018, 321).

bb. Dem Gesetz entsprechend richten sich die von der Klägerin im Streitfall vereinnahmten Monatspauschalen jeweils nach dem von den Eltern beantragten Betreuungsumfang. Die Monatspauschalen werden je Kind gezahlt. Zudem ist bei der Berechnung der Höhe des Stundensatzes berücksichtigt, dass die Klägerin nicht täglich und nicht in den Abendstunden, sondern nur montags bis freitags tagsüber eine Betreuung anbietet und selbst eine gewisse Anzahl von Schließtagen (z.B. Urlaub) in Anspruch nehmen kann, an denen die Kinder nicht durch die Klägerin betreut werden. Der Umfang der von der Stadt U zugrunde gelegten jährlichen Betreuungstage - hier: 230 - entspricht in etwa der üblichen Anzahl der Arbeitstage pro Jahr eines Arbeitnehmers, der Anspruch auf 30 Tage Urlaub hat. Ferner umfassen die Pauschalen die Erstattung von Sachaufwand. Die von den Eltern der betreuten Kinder an die Klägerin zusätzlich geleisteten Geldbeträge für Essen machen demgegenüber einen Anteil von lediglich rund 2% der Gesamteinnahmen aus. Die von den Jugendämtern U und E angesetzten Monatspauschalen sind annähernd gleich hoch (U: 5,27 € je Kind je Betreuungsstunde, E: 5,40 € je Kind je Betreuungsstunde). Die Monatspauschalen sind als Äquivalent für die von der Klägerin geleistete Arbeit anzusehen. Dementsprechend verblieben der Klägerin nach ihren eigenen Gewinnermittlungen in allen Streitjahren deutliche Gewinne im fünfstelligen Bereich.

cc. Schließlich spricht für eine entgeltliche Tätigkeit der Klägerin der Umstand, dass die Klägerin im gesamten Streitzeitraum (2014 bis 2016) insgesamt zwölf verschiedene Kinder regelmäßig betreut hat. Der häufige Wechsel der betreuten Kinder spricht dafür, dass die Klägerin die Kinder in ihrem Haushalt betreut, um Einnahmen im Rahmen einer Erwerbstätigkeit zu erzielen.

II. Der Einwand der Kläger, die Finanzverwaltung habe seine im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 07.02.1990 (VV DEU BMF 1990-02-07 IV B 1-S 2121-5/90, BStBl I 1990, 109) verankerte Rechtsansicht ohne erkennbaren Grund aufgegeben, führt zu keiner anderen Beurteilung im Streitfall. Das genannte BMF-Schreiben ist durch das BMF-Schreiben vom 17.12.2007 (VV DEU BMF 2007-12-17 IV C 3-S 2342/07/0001, BStBl I 2008, 17) ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ersetzt worden, welches wiederum durch das BMF-Schreiben vom 11.11.2016 (VV DEU BMF 2016-11-11 IV C 6-S 2246/07/0002:005, BStBl I 2016, 1236) aufgehoben worden ist. Dass danach die Vorschrift des § 3 Nr. 11 EStG auf Einnahmen einer Kindertagespflegeperson i.S. des § 23 SGB VIII nicht anwendbar ist, entspricht der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.

III. Aus den oben genannten Gründen hat der erkennende Senat darüber hinaus Zweifel an der Qualifikation der Einkünfte der Klägerin in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit.

Im Streitfall liegen gewichtige Umstände vor, die für das Vorliegen von gewerblichen Einkünften sprechen. Bei dieser Beurteilung legt der erkennende Senat den Rechtsgedanken des BFH zugrunde, wonach bei der Frage, ob Erziehungsgelder ausschließlich zur Erziehung bestimmt sind, die Grundsätze entsprechend anzuwenden sind, die die Rechtsprechung zur Abgrenzung gewerblicher Kinderheime von freiberuflich betriebenen Erziehungseinrichtungen entwickelt hat (vgl. BFH in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018; vgl. auch BFH-Urteil vom 02.10.2003 IV R 4/02, BFHE 203, 459, BStBl II 2004, 129). Danach liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor, wenn nicht die Erziehung der Tätigkeit das Gepräge gibt, sondern darüber hinaus weitere Leistungen angeboten werden, die nicht nur notwendige Hilfsgeschäfte darstellen. Der BFH stellte in einem Fall, in dem es um eine sog. Tagesgroßpflegestelle ging, fest, dass bei den dort angebotenen Leistungen wie körperlicher Versorgung, Unterbringung, Verpflegung und allgemeiner Betreuung, damit die Eltern berufstätig sein können, die erzieherische Tätigkeit der Gesamtheit der in der Tagespflegestelle erbrachten Leistungen nicht das Geprägt gibt (vgl. BFH in BFH in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018). Zudem wies der BFH in dem Fall weiter auf eine starke Ähnlichkeit mit den Einnahmen solcher Tagesmütter hin, die eine Vergütung unmittelbar von den Eltern der betreuten Kinder erhalten, oder auch mit den Lohneinkünften angestellter Erzieher, deren Einnahmen der Einkommensteuer unterworfen werden (BFH in BFHE 161, 361, BStBl II 1990, 1018).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Rechtsgedanke auch auf Einnahmen von Pflegepersonen übertragbar, die Einnahmen im Rahmen der Tagespflege nach §§ 22, 23 SGB VIII erzielen und nicht mehr als fünf Kinder gleichzeitig betreuen. Im Streitfall kann indes dahingestellt bleiben, ob die Einkünfte der Klägerin als solche aus selbstständiger Tätigkeit gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG oder als solche aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG zu beurteilen sind. Denn eine Umqualifizierung der Einkünfte der Klägerin im Streitfall würde nicht zu einer Änderung der Steuerfestsetzungen führen. Über die Qualifikation der Einkünfte der Klägerin besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen, so dass die Frage der Qualifizierung dieser Einkünfte nicht Streitgegenstand ist.

IV. Gegen die Höhe der in den Gewinnermittlungen angesetzten Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben hat sich der Beklagte nicht gewandt. Der Beklagte hat die von der Klägerin ermittelten Gewinne bei der Veranlagung entsprechend berücksichtigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Berechnung der Höhe der Einkünfte unzutreffend sein könnte, haben sich nicht ergeben.

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

C. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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