VG Weimar, Beschluss vom 23.05.2019 - 8 E 423/19
Fundstelle
openJur 2020, 81280
  • Rkr:

Zum Anspruch auf Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Informationserteilung an den Beigeladenen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Dabei ist der schriftsätzlich gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung entsprechend §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO umzudeuten in den Antrag gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 2 Nr. 3, 80 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23. April 2019 gegen den an den Beigeladenen gerichteten Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. März 2019 anzuordnen.

Der so verstandene Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Der von der Antragstellerin eingelegte Widerspruch gegen den gegenüber dem Beigeladenen ergangenen Bescheid hat gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG keine aufschiebende Wirkung. Im vorliegenden Fall liegt ein Antrag auf Informationszugang nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vor. Für diesen Fall schließt bereits das Gesetz selbst den Eintritt der aufschiebenden Wirkung aus. Ein Fall des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG liegt nicht vor (a. A. VG Stade, Beschluss vom 01.04.2019, 6 B 380/19). Diese Vorschrift regelt nur allgemeine, vom Einzelfall losgelöste Sachverhalte (Heinicke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, beck-online, Stand November 2018, Rdnr. 56 zu § 2 VIG). Konkrete Rechtsverstöße und die behördliche Reaktion sind unter § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG zu subsumieren (ebenso zur Vorgängerregelung VG Wiesbaden, Urteil vom 12.07.2012, 1 K 910/11.WI, Juris Rdnr. 16). Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich für die Einzelauskünfte vorgesehen, um Verzögerungen der Auskunftserteilung durch Rechtsbehelfe betroffener Unternehmen einzudämmen (so BT-Drs. 17/7374, S. 18). Bedenken hiergegen bestehen nicht (Schoch, NVwZ 2012, 1497, 1500).

Ein solcher Fall der Einzelauskunft liegt hier vor. Bei der begehrten Information handelt es sich um die Feststellung nicht zulässiger Abweichungen gegen unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c VIG. Die Vorschrift zielt unter anderem auf die Verordnung (EG) 852/2004 (Heinicke, a.a.O., Rdnr. 19 zu § 2 VIG), die nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall Anwendung gefunden hat. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der Gegenstand des Informationsanspruchs nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht auf unmittelbar produktbezogene Informationen beschränkt ist, sondern auch die im vorliegenden Fall streitgegenständlichen Feststellungen von Abweichungen von Hygienevorschriften erfasst. Weder im Gesetzeswortlaut noch in der Systematik, Teleologie und Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG finden sich hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Einschränkung (im Einzelnen VGH München, Urteil vom 16.02.2017, 20 BV 15.2208, Juris Rdnr. 36). Erfasst werden daher auch Abweichungen im Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Lieferung von Produkten - hier in einer Gaststätte.

Der Antrag ist auch im übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist als Drittbetroffene im Sinn des § 80a VwGO antragsbefugt. Sie kann im Sinn des § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls geltend machen, durch die angegriffene Auskunftserteilung an den Beigeladenen möglicherweise in geschützten Rechten verletzt zu sein. Als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die Antragstellerin juristische Person im Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG und kann damit Trägerin von Grundrechten sein (OVG Münster, Urteil vom 12.12.2016, 13 A 939/15, Juris Rdnr. 42).

Der Widerspruch, dessen aufschiebende Wirkung hier anzuordnen ist, wurde unter Wahrung der Frist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO von der Antragstellerin eingelegt. Nach den Angaben der Beteiligten erfolgte die Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheids an die Antragstellerin am 29. März 2019 und der Widerspruch wurde am 23. April 2019 eingelegt. Unerheblich ist, dass der Widerspruch im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht erhoben war, denn es ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts abzustellen.

2. Der Antrag ist unbegründet. Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nimmt das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am alsbaldigen Vollzug des Verwaltungsaktes und dem Interesse des Betroffenen an einer vorläufigen Beibehaltung des früheren Zustandes vor. Dabei kommt es in aller Regel auf die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfes an. Ist nämlich der Widerspruch offensichtlich begründet, so ist eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten, weil ein öffentliches Interesse an der Vollziehung ersichtlich rechtswidriger Verwaltungsakte nicht bestehen kann. Umgekehrt verbietet es das öffentliche Interesse, bei offenkundiger Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs die Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes zu verhindern. Der hier eingelegte Widerspruch wird keinen Erfolg haben, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist.

Zwar liegt in der Zugangsgewährung vor Eintritt der Bestandskraft des streitgegenständlichen Bescheids eine Vorwegnahme der Hauptsache. In solchen Fällen ist im Rahmen der Abwägung neben der Frage nach der Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in besonderer Weise das Gewicht der dem Betroffenen durch den Sofortvollzug drohenden Nachteile zu berücksichtigen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, Rdnr. 156 zu § 80). Bei schweren und unzumutbaren Nachteilen kann die Anordnung des Sofortvollzugs entgegen einem gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und trotz einer Erfolglosigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes erforderlich sein (BVerfG, Beschluss vom 14.08.2006, 1 BvR 2089/05, Juris Rdnr. 13). Im vorliegenden Fall könnten zwar die durch den Sofortvollzug entstehenden Folgen für die Antragstellerin - Bekanntwerden der Kontrollberichte - nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dies ist aber gegenüber dem durch die gesetzliche Anordnung des Sofortvollzugs zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse an der Informationsfreiheit von geringerem Gewicht.

Das Gericht kann nicht erkennen, dass das Bekanntwerden von zwei Einzelberichten der Überwachungsbehörden zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen für die Antragstellerin - etwa die Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Existenz - führen würde. Da die entsprechenden Berichte der Antragstellerin bekannt sind, hätte es eines entsprechenden substantiierten Vortrags hierzu bedurft. Die allgemeine Befürchtung einer eventuellen Verschlechterung der Stellung im Marktgeschehen stellt keinen solchen unzumutbaren Nachteil dar. Der wirtschaftliche Erfolg der Antragstellerin am Markt ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (insbesondere Attraktivität des Speisen- und Getränkeangebots und der Räumlichkeiten, Preis der Leistungen, Lage der Gaststätte). Das Gewicht von Kontrollberichten ist nach Auffassung des Gerichts verglichen mit den genannten Faktoren von durchaus untergeordneter Bedeutung und sollte nicht überschätzt werden.

Zu beachten ist durch das Gericht bei der Interessenabwägung auch die Intention des Gesetzgebers, die er mit einer gesetzlichen Regelung verfolgt (vgl. zum Informationszugang nach dem UIG: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2012, OVG 12 S 54.12, Juris Rdnr. 3 am Ende). Im Fall der Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG hielt der Gesetzgeber in Kenntnis der durch den Sofortvollzug entstehenden Folgen für den betroffenen Unternehmer das Interesse der Öffentlichkeit an einer schnellen Information ausdrücklich für "überragend" (ausführlich BT-Drs. 17/7374, S. 18). Durch die weiteren Regelungen in § 5 Abs. 4 Sätze 2 und 3 VIG hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der einstweilige Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichte - der wie hier die Prüfungstiefe eines Hauptsacheverfahrens annehmen kann - gewährleistet ist. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob es hinsichtlich der Voraussetzungen eines Anspruchs auf freien Zugang zu Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG eines bestandskräftigen Verwaltungsakts bedarf, noch nicht entschieden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.09.2017, 7 B 6/17, Juris Rdnr. 1.)

2.1. Der angegriffene Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin ist - insoweit unstreitig zwischen den Beteiligten - die zuständige Stelle im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 1a VIG. Die Anhörung der Antragstellerin ist erfolgt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG). Der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG erforderliche Antrag des Beigeladenen wurde gestellt und genügt auch den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VIG.

2.2. Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage des Bescheids und damit des Informationsanspruchs des Beigeladenen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. c VIG. Ausweislich seines Antrags vom 26. Januar 2019 begehrt der Beigeladene Informationen über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen. In den darauf bezogenen Berichten können - soweit vorhanden - Mängel verzeichnet werden. Durch die Bezeichnung als Mangel wird einerseits die Abweichung von Anforderungen der genannten Verordnung festgestellt. Andererseits stellt die Bezeichnung Mangel sich als Wertung dar, die nicht nur einen tatsächlichen Zustand festhält, sondern das Ergebnis einer rechtlichen Subsumtion durch die Antragsgegnerin beinhaltet (zu diesem Erfordernis VGH München, a.a.O., Rdnr. 47; Heinicke, a.a.O., Rdnr. 24 f). Nicht erforderlich ist, dass die Antragsgegnerin die Abweichung durch Verwaltungsakt festgestellt hat. Ausreichend sind für die Annahme von festgestellten nicht zulässigen Abweichungen bereits die subsumierten Feststellungen in dem Kontrollbericht (VGH München, a.a.O., Rdnr. 48).

Unerheblich ist, ob festgestellte Abweichungen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Informationsanspruchs noch bestehen oder ob sie mittlerweile beseitigt wurden. Der Informationsanspruch kann auch auf nur in der Vergangenheit bestandene und mittlerweile beseitigte Mängel gerichtet werden (VG Würzburg, Beschluss vom 08.01.2018, W 8 S 17.1396, Juris-Rdnr. 32). Denn auch Informationen über beseitigte Mängel aus der jüngeren Vergangenheit sind geeignet, zur Transparenz am Markt beizutragen (OVG Saarlouis, Beschluss vom 03.02.2011, 3 A 270/10, Juris Rdnr. 42). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass § 3 Satz 1 Nr. 1 lit. e VIG gerade für die hier streitgegenständlichen Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ausdrücklich eine zeitliche Begrenzung enthält und die Bekanntgabe von bis zu 5 Jahre alten Informationen zulässt.

Der angegriffene Bescheid ist insoweit auch hinreichend bestimmt (§ 37 Abs. 1 ThürVwVfG) und weist ausdrücklich und inhaltlich eindeutig darauf hin, dass in den Berichten nur der zurückliegende Kontrollzeitpunkt abgebildet wird und daraus kein Rückschluss auf den Fortbestand etwaig bemängelter Umstände gezogenen werden kann.

2.3. Dem Informationsanspruch des Beigeladenen stehen Ausschlussgründe nicht entgegen.

a) Eine Missbräuchlichkeit des Antrags gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG liegt nicht vor. Diese Vorschrift bezweckt ausschließlich im Allgemeininteresse den Schutz der öffentlichen Verwaltung und deren Funktionstüchtigkeit. Sie vermittelt dem von der Verbraucherinformation betroffenen Unternehmer kein subjektives Abwehrrecht (VGH München, a.a.O., Rdnr. 32). Die Antragstellerin kann sich auf diese Vorschrift deshalb nicht berufen.

b) Der Ausschlussgrund des § 3 Satz 1 Nr. 2 lit. c VIG hindert den Informationszugang des Beigeladenen nicht. Das Gericht kann offen lassen, ob ungünstige Untersuchungsergebnisse überhaupt als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu werten sind. Denn nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG kann der Zugang zu den hier streitgegenständlichen Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt werden. Der Gesetzgeber gibt damit ausdrücklich zu erkennen, dass er in diesem Fall kein schutzwürdiges Interesse des Unternehmers sieht und dem Informationsinteresse des Verbrauchers einen Vorrang einräumen möchte (BT-Drs. 17/7374, S. 16f). Rechtliche Bedenken gegen diese gesetzliche Wertung bestehen nicht (Schoch, a.a.O, 1499). § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG hat auch Vorrang vor § 3 Satz 2 VIG. Diese Vorschrift lässt den Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur bei einem überwiegenden öffentlichen Interesse zu und fordert eine Abwägung mit dem privaten Interesse des betroffenen Unternehmers. Dieses Abwägungserfordernis gilt indes nur für schutzwürdige Privatinteressen, zu denen die Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nach der Wertung des Gesetzgebers gerade nicht gehören.

c) Auch der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 4 VIG liegt nicht vor. Diese Vorschrift geht von der grundsätzlichen Subsidiarität des VIG aus (hierzu und zum Folgenden Heinecke, a.a.O., Rdnr. 68 zu § 2). Wenn ein Antragsteller nach anderen Rechtsvorschriften einen vergleichbaren oder weitergehenden Auskunftsanspruch hat, treten die Regelungen des VIG zurück. Dabei handelt es sich nicht um einen Fall strikter Subsidiarität, wonach das VIG in jedem Fall hinter spezielleren Regelungen zurücktritt. Vielmehr betont § 2 Abs. 4 VIG, dass das VIG nur bei entsprechenden oder weitergehenden Vorschriften zurücktritt. Es soll sich der weitreichendste Auskunftsanspruch durchsetzen.

Eine in diesem Sinn entsprechende Vorschrift ist nicht ersichtlich. Insbesondere stellt § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) keine solche Vorschrift dar. § 40 LFGB regelt nicht denselben Sachverhalt wie § 2 Abs. 1 VIG (OVG Münster, a.a.O., Rdnr. 85; OVG Saarlouis, a.a.O., Rdnr. 21).Während § 2 Abs. 1 VIG den Fall einer antragsgebundenen individuellen Informationsgewährung zum Gegenstand hat, betrifft § 40 LFGB die aktive staatliche Informationsgewährung. Der individuelle Auskunftsanspruch einerseits und die staatliche Information der Öffentlichkeit andererseits sind jedoch zwei grundsätzlich unterschiedliche Arten der Informationsgewährung, zwischen denen erhebliche Unterschiede bestehen (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2015, 7 B 22.14, Juris Rdnr. 12).

d) Wegen der grundsätzlichen Unterschiede zwischen § 40 Abs. 1 LFGB und § 2 Abs. 1 VIG besteht auch keine Veranlassung, die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Einschränkung der Informationsgewährung nach § 40 LFGB (Beschluss vom 21.03.2018, 1 BvF 1/13, Juris), die mittlerweile zu einer Neufassung dieser Vorschrift geführt haben (Erstes Gesetz zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches vom 24. April 2019, BGBl. 2019, 498), auf den Zugangsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG zu übertragen (a. A. VG Regensburg, Beschluss vom 15.03.2019, RN 5 S 19.189, Juris Rdnr. 32).

Das Bundesverwaltungsgericht führt in dem soeben zitierten Beschluss vom 15. Juni 2016 aus, dass sich der Staat mit seinem aktivem Informationshandeln nicht an einen einzelnen zuvor selbst initiativ gewordenen Anspruchsteller wende, sondern an alle Marktteilnehmer und so unter Inanspruchnahme amtlicher Autorität direkt auf den öffentlichen Kommunikationsprozess einwirke. Das verschaffe den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer. Die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung auf das Wettbewerbsgeschehen blieben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. Eine Breitenwirkung werde nur durch Veröffentlichungen Privater erzielt, denen aber nicht die Autorität staatlicher Publikation eigen sei und gegen die sich die betroffenen Unternehmen bei sorgfaltswidriger Verbreitung, namentlich im Falle sachlicher Unrichtigkeit, zivilrechtlich zur Wehr setzen könnten. Dem schließt sich das Gericht hier an.

Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, ob der Beigeladene beabsichtigt, die erlangten Informationen im Internet zu veröffentlichen. Auf die - wohl durch die Mailadresse des Beigeladenen begründete - Vermutung der Antragstellerin, dass der Beigeladene eine Veröffentlichung auf der Plattform Topf Secret beabsichtigt, kommt es nicht an. Dies ergibt sich auch aus einem Grundprinzip des individuellen antragsgebundenen Informationsanspruchs. Dieser Anspruch ist grundsätzlich voraussetzungslos und nicht von einem wie auch immer gearteten besonderen, gar rechtlichen Interesse abhängig (für den Anspruch nach dem VIG ausdrücklich OVG Münster, Urteil vom 01.04.2014, 8 A 654/12, Juris Rdnr. 110; ebenso Heinicke, a.a.O., Rdnr. 7 zu § 2; allgemein für den Anspruch nach den Informationsfreiheitsgesetzen Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, Rdnr. 19 zu § 1). Da das VIG keinen tatbestandlichen Anknüpfungspunkt vorsieht, der die Weiterverwendung der Information durch den Antragsteller berücksichtigt, ist es der Behörde auch verwehrt, die Weiterverwendungsabsicht des jeweiligen Antragstellers bei der Entscheidung über den Zugang im Weg der Sachverhaltsaufklärung nach § 24 Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG zu erforschen. Dies entspricht der gesetzlichen Trennung des Zugangsanspruchs zu Informationen von dem Weiterverwendungsanspruch, der im Informationsweiterverwendungsgesetz (IWG) separat geregelt ist.

Aus § 2a Satz 1 IWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 IWG ergibt sich, dass Informationen, für die ein Zugangsanspruch besteht, grundsätzlich weiterverwendet werden dürfen (Wolff/Seemüller, K&R 2019, 102, 104). Dieser Weiterverwendungsanspruch ist als subjektives Recht ausgestaltet (Richter, IWG, 2018, Rdnr. 52 zu § 2a). Der öffentlich-rechtliche Schutz Dritter bei der Weiterverwendung ist in § 1 Abs. 2 IWG ausdrücklich geregelt. Soweit hier keine Regelung enthalten ist, erfolgt der Schutz im Rahmen der Zugangsgewährung. Kann insoweit bei der Zugangsgewährung eine Schutzwürdigkeit nicht festgestellt werden, ist die Weiterverwendung nicht gehindert. Das Veröffentlichen von Informationen auf einer Webseite stellt eine zulässige Weiterverwendung dar (VG Berlin, Urteil vom 14.06.2013, VG 33 K 88.12, Umdruck S. 9; Richter, a.a.O., Rdnr. 119 zu § 2). Im übrigen stehen betroffenen Dritten - wie das Bundesverwaltungsgericht in dem zitierten Beschluss vom 15. Juni 2016 ausdrücklich ausgeführt hat (a.a.O., Rdnr. 12 am Ende; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 11.09.2009, 1 BvG 39/09, Juris Rdnr. 4 am Ende) - zivilrechtliche Rechtsbehelfe offen (ausführlich dargestellt in dem von der Antragstellerin vorgelegten Gutachten vom 12. April 2019).

e) Auch gegen die von der Antragstellerin beabsichtigte Art der Herausgabe der Informationen - hier durch Zurverfügungstellung der Kontrollberichte als Photokopie - ist nichts zu erinnern. Grundsätzlich kann der Antragsteller eine bestimmte Form der Zugangsgewährung verlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 VIG). Im vorliegenden Fall hat der Beigeladene in seinem Antrag vom 26. Januar 2019 ausdrücklich die elektronische Form als Datei verlangt. Offenbar beabsichtigt die Antragsgegnerin die Übersendung per Post, was dem Begehren des Beigeladenen nicht entsprechen dürfte. Allerdings ist der Beigeladene dieser Regelung nicht entgegen getreten; der Bescheid vom 25. März 2019 ist ihm gegenüber - soweit ersichtlich - bestandskräftig geworden.

Jedenfalls steht die Art und Weise der Zugangsgewährung im Ermessen der Behörde (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VIG). Dieses Ermessen hat sich am Grundsatz des einfachen, zweckmäßigen und zügigen Verwaltungsverfahrens im Sinn des § 10 Satz 2 ThürVwVfG zu orientieren (Heinicke, a.a.O., Rdnr. 4 zu § 6). Die Zurverfügungstellung der Berichte als Photokopie ist insoweit ermessensgerecht. Die Antragsgegnerin ist nicht verpflichtet, im Interesse der Antragstellerin eine andere Form des Zugangs zu wählen, z. B. durch bloße Akteneinsicht. Eine entsprechende Ermessensreduzierung kann das Gericht nicht erkennen. Die Befürchtung des VG Regensburg (a.a.O., Rdnr. 33 am Ende), dass bei der Bekanntgabe als Photokopie die etwaige Weiterverwendung der Kopie durch den Beigeladenen den Eindruck eines eigenen Informationshandelns der Behörde - etwa nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG - erwecken könnte, teilt das Gericht nicht. Als Beispiel sei auf die erwähnte Webseite Topf Secret hingewiesen (https://fragdenstaat.de/kampagnen/lebensmittelkontrolle/app/), die - gerade auch im Vergleich zum Beispiel mit der von der Antragsgegnerin auf Grundlage des § 40 LFGB betriebenen Webseite (https://www.erfurt.de/ef/de/service/mediathek/veroeffentlichungen/2018/130960.html) - so gestaltet ist, dass Missverständnisse hinsichtlich des Urhebers der Seite bei einem durchschnittlichen Nutzer nicht entstehen dürften.

f) Auch Verstöße gegen höherrangiges Recht sind nicht ersichtlich. Das Gericht teilt die im folgenden dargestellte Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in dem bereits erwähnten Urteil vom 16. Februar 2017 (a.a.O., Rdnr. 58, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung), dass der Verbraucherschutz ein verfassungsrechtlicher Gemeinwohlbelang ist, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einen hohen Stellenwert beigemessen hat und der eine Einschränkung des Schutzgehalts der von der Klägerin angeführten Grundrechte rechtfertigen kann. Die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verbürgen zwar auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Dieser grundrechtliche Geheimnisschutz wird allerdings durch die einfach-rechtlichen Verbraucherschutz- und -informationsrechte entscheidend mitbestimmt. Die genannten grundrechtlichen Gewährleistungen schützen ein am Markt tätiges Unternehmen, das sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt, nicht vor daraus folgenden Imageschäden und dadurch bedingten wirtschaftlichen Einbußen. Vor allem Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht (ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 26.06.2002, 1 BvR 558/91, Juris Rdnr. 45). Vielmehr sichert Art. 12 Abs. 1 GG nur die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Der Schutz der unternehmerischen Berufstätigkeit am Markt wird insofern durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Diese Regeln sind zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Wie bereits erwähnt betreffen die vom Bundesverfassungsgericht geforderten Einschränkungen die aktive staatliche Information z. B. nach § 40 LFGB und sind wegen der dort weitaus größeren Intensität der Auswirkungen auf die Wettbewerbsposition eines Unternehmens nicht auf die individuelle antragsgebundene Verbraucherinformation übertragbar.

Schließlich sieht das Gericht auch keinen Verstoß gegen europäisches Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht, insbesondere nicht gegen den von der Antragstellerin genannten Art. 10 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (VGH München, a.a.O., Rdnr. 61). Das Gericht teilt auch hier die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vertretene Auffassung, dass nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. April 2013 (EuGH, Urteil vom 11.04.2013, C-636/11, Juris Tenor und Nr. 37) Art. 10 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 keine Sperrwirkung für mitgliedstaatliche Rechtsvorschriften zur Verbraucherinformation unterhalb der Gefahrenschwelle entfaltet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt mangels Antragstellung seine außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Das Gericht hat den Regelwert hier wegen des Vorliegens eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes hälftig gemindert.