OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.12.2019 - 9 A 2622/18
Fundstelle
openJur 2020, 484
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch geltend.

Die Bundesrepublik Deutschland ist überörtliche Trägerin der Straßenbaulast für die Bundesstraßen im Gemeindegebiet der Beklagten. Der Kläger nimmt die damit verbundenen Aufgaben im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 90 Abs. 3 GG wahr. Über die städtische Abwasserkanalanlage, die die Beklagte als öffentliche Einrichtung betreibt, wird teilweise auch das auf den Bundes- und Landesstraßen im Gemeindegebiet anfallende Straßenabwasser aufgenommen und abgeleitet. Über viele Jahre wurden die überörtlichen Träger der Straßenbaulast von der Beklagten hierfür nicht zu Gebühren für die Straßenentwässerung herangezogen. Dem lag zunächst zu Grunde, dass die Beklagte im Gemeindegebiet eine einheitliche Abwassergebühr für die Schmutz- und Niederschlagswasserentsorgung erhob und die Gebührenbemessung allein nach dem Maßstab des Frischwasserbezugs erfolgte. Danach war eine Gebührenbemessung und -erhebung für die Niederschlagswasserbeseitigung satzungsrechtlich nicht möglich. Aber auch nachdem die Beklagte ihre Satzung zum 1. Januar 1998 geändert und eine separate Niederschlagswassergebühr eingeführt hatte, wurden für die Straßenentwässerung keine Gebühren erhoben. Die Frage der grundsätzlichen Gebührenpflicht der Straßenbaulastträger war zwischen den Beteiligten streitig.

Seit dem 1. Januar 2009 sind im Gemeindegebiet der Beklagten die Umweltbetriebe der Stadt L. (USK), eine Anstalt des öffentlichen Rechts, für die mit der kommunalen Abwasserbeseitigung verbundenen Aufgaben zuständig.

Am 24. Juni 2010 schlossen die Beteiligten eine "öffentlichrechtliche Vereinbarung zur Regelung der Kostenbeteiligung wegen Inanspruchnahme von Kanalisationsanlagen der Stadt L. " ab. Als Vertragspartner sind in dem den Vertrag einleitenden Text das Land NRW und die Stadt L. , vertreten durch die USK, benannt. Im Unterabschnitt "Bisheriger Sachverhalt mit Erläuterungen" werden die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der Beteiligten zur Gebührenpflicht der Straßenbaulastträger dargestellt. Weiter wird ausgeführt, dass die Straßenbaulastträger sich zwar mit einer Erhebung von laufenden Gebühren nicht einverstanden erklären könnten, sie aber den Vorschlag machten, "durch eine einmalige Zahlung ... den Meinungsstreit über die unterschiedlichen Rechtsauffassungen ein für alle Mal beizulegen". Der sowohl im eigenen Namen als auch für die Bundesrepublik Deutschland handelnde Kläger verpflichtete sich vor diesem Hintergrund, für die Inanspruchnahme der Kanalanlagen der Beklagten einmalig einen Betrag von 642.200 Euro zu zahlen (Unterabschnitt "Finanzielle Regelung" Ziffer 1). Hiervon entfällt ein Teilbetrag von 334.417 Euro auf die Entwässerung der Bundesstraßen. Die Beklagte verpflichtete sich, das Straßenabwasser für die Bundes- und Landesstraßen unentgeltlich und gebührenfrei in ihre Kanalisation aufzunehmen und abzuführen (Unterabschnitt "Ausgleichsklausel" Ziffer 3) und weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft regelmäßig wiederkehrende Abgaben hierfür zu erheben (Unterabschnitt "Ausgleichsklausel" Ziffer 1).

Verträge dieser Art waren in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreitigkeiten. Klagen der Straßenbaulastträger, mit denen diese sich unter Hinweis auf den vertraglichen Gebührenverzicht gegen gleichwohl festgesetzte Niederschlagswassergebühren wendeten, blieben ohne Erfolg, weil die Straßenentwässerung nach Maßgabe des nordrheinwestfälischen Kommunalabgabengesetzes und der jeweiligen gemeindlichen Satzung gebührenpflichtig ist und weil ein in zeitlicher und wertmäßiger Hinsicht unbestimmter Gebührenverzicht nach gefestigter Rechtsprechung nichtig ist. Der erkennende Senat lehnte mit Beschlüssen vom 24. Juli 2013 (9 A 1290/12) und vom 8. Oktober 2013 (9 A 2083/12) Anträge auf Zulassung der Berufung gegen Entscheidungen, die u. a. auch die Frage der Zulässigkeit solcher vertraglich vereinbarter Gebührenverzichte betrafen, ab.

Der Kläger hat am 29. Dezember 2016 Klage erhoben, mit der er nun die Rückzahlung des für die Entwässerung der Bundesstraßen im Stadtgebiet gezahlten Betrags von 334.417 Euro begehrt.

Zur Begründung hat er vorgetragen: Ihm stehe ein öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung des für die Nutzung der gemeindlichen Kanalanlage geleisteten Betrags zu. Diese Leistung sei rechtsgrundlos erfolgt, denn die vertragliche Vereinbarung vom 24. Juni 2010 erweise sich nach Maßgabe der obergerichtlichen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts NRW in den vorgenannten Entscheidungen aus dem Jahr 2013 als nichtig. Die Rückforderung beschränke sich auf den Betrag, der anteilig auf die Entwässerung der Bundesstraßen entfalle.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 334.417 Euro nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dem Anspruch des Klägers stünden adäquate Leistungen ihrerseits gegenüber, denn der Bund leite seit Jahrzehnten das Straßenabwasser von den in seiner Baulast stehenden Straßen über die gemeindliche Kanalisation ab. Insoweit bestehe u.a. ein Gegenanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag. Dem Anspruch stünden auch - hypothetische - Abwassergebühren für die Zeit ab dem Jahr 1965 gegenüber. Eine Berechnung zeige, dass damit die Leistung des Klägers vollständig aufgebraucht werde. Im Übrigen könne die Forderung des Klägers auch mit künftigen Gebührenforderungen verrechnet werden.

Das Verwaltungsgericht hat das Klagerubrum von Amts wegen geändert (Bundesrepublik Deutschland statt Land NRW). Mit Urteil vom 16. Mai 2018 hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass die vertragliche Vereinbarung nur teilweise - hinsichtlich des Gebührenverzichts - nichtig und im Übrigen wirksam sei. Nach dem aus den Gesamtumständen bei Vertragsschluss zu ermittelnden mutmaßlichen Parteiwillen sei davon auszugehen, dass die Beteiligten die Vereinbarung auch in Kenntnis der Unwirksamkeit der Vertragsklausel über den Gebührenverzicht geschlossen hätten. Die Zahlung sei damit nicht ohne Rechtsgrund erfolgt.

Mit der zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Er ist der Auffassung, er könne den streitgegenständlichen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend machen. Diese sei Vertragspartei der am 24. Juni 2010 geschlossenen Vereinbarung. Die USK seien lediglich als Vertreterin aufgetreten. Dies ergebe sich aus dem "Vertragsrubrum", das vorvertraglich in einer E-Mail der USK vom 31. Mai 2010 ausdrücklich bestätigt worden sei. Dies sei auch sachgerecht, weil es bei der Vereinbarung um eine nachträgliche Beteiligung an den Kosten für frühere Kanalbaumaßnahmen gegangen sei, die schon vor der Gründung der USK zum 1. Januar 2009 abgeschlossen gewesen seien.

Soweit die Beklagte sich im Berufungsverfahren nunmehr auf die Verjährung des Klageanspruchs berufe, sei dem nicht zu folgen. Die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis von der Nichtigkeit des Vertrages habe er, der Kläger, erst aufgrund der - vergleichbare Verträge betreffende - Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 24. Juli 2013 (9 A 1290/12) und 8. Oktober 2013 (9 A 2083/12) erlangt. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Verjährungsfrist im Falle einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage - wie hier - erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage beginne. Für die Zeit vor diesen Entscheidungen könne nicht von einer objektiven Klärung der Rechtslage ausgegangen werden. Insbesondere sei bis zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig geklärt gewesen, ob die besonderen Umstände, die im Zusammenhang mit der Entwässerung von öffentlichem Straßenland bestünden, die getroffene Regelung einschließlich des Gebührenverzichts nicht ausnahmsweise gerechtfertigt hätten. Zwar sei die grundsätzliche Gebührenpflicht der Straßenbaulastträger seit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 7. Oktober 1996 (9 A 4145/94) geklärt. Der Entscheidung habe jedoch ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen, so dass offen geblieben sei, ob diese Entscheidung auch auf Fallgestaltungen wie die vorliegende, mit einer vertraglichen Vereinbarung nach Maßgabe der Richtlinien für die rechtliche Behandlung von Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen - Ortsdurchfahrtenrichtlinie - (ODR), übertragbar sei. Diese Frage sei auch in der Folgezeit in der Rechtsprechung nicht geklärt worden. Auch der Umstand, dass zahlreiche Klageverfahren mit vergleichbaren Fragestellungen von den erstinstanzlichen Gerichten nicht entschieden, teilweise mit Blick auf die zu erwartenden obergerichtlichen Entscheidungen sogar ausdrücklich ruhend gestellt worden seien, zeige, dass insoweit Klärungsbedarf bestanden habe. Auch der Städte- und Gemeindebund NRW als Interessenvertreter der Beklagten gehe ausweislich einer Mitteilung vom 30. Juli 2013 davon aus, dass die Rechtslage erst durch die obergerichtlichen Entscheidungen im Jahr 2013 klargestellt worden sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass er, der Kläger, landesweit mit einer Vielzahl von Kommunen vergleichbare Vereinbarungen geschlossen habe. Es sei für ihn nicht zumutbar gewesen, für die Rückabwicklung auf die Rechtsansicht nur eines Verwaltungsgerichts zu setzen. Zur Schaffung einheitlicher Maßstäbe sei er vielmehr gezwungen gewesen, eine Klärung durch eine obergerichtliche Entscheidung anzustreben, zumal er hierzu auch durch das zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur angehalten worden sei.

Die Vereinbarung vom 24. Juni 2010 erweise sich aber entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur teilweise, sondern insgesamt als nichtig. Er, der Kläger, hätte die Vereinbarung nicht getroffen, wenn er gewusst hätte, dass die vereinbarte "Gebührenverzichtsklausel" unwirksam sei. Es verbiete sich insoweit schon, auf einen mutmaßlichen Parteiwillen abzustellen, denn der tatsächliche Parteiwille sei bei Vertragsabschluss deutlich zum Ausdruck gekommen. Es sei nämlich vereinbart worden, dass der Kläger seine Kostenbeteiligung auf der Grundlage der ODR leiste. Nach Ziffer 14 Abs. 2 ODR könne sich der Bund an den Kosten einer Mischkanalisation einer Gemeinde bis zu dem Betrage beteiligen, den er bei der Durchführung einer Oberflächenentwässerung selbst hätte aufwenden müssen, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erkläre, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen und schadlos abzuführen. Die "Unentgeltlichkeitsklausel" sei danach zwingende Voraussetzung für die Kostenbeteiligung gewesen. Er habe diese Regelung für die Beklagte erkennbar von vornherein zur Voraussetzung einer Kostenbeteiligung gemacht.

Aber selbst wenn auf einen mutmaßlichen Parteiwillen abzustellen sei, könne ein solcher mit dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Inhalt wiederum mit Blick auf die für ihn, den Kläger, verbindliche ODR nicht angenommen werden. Ein Ermessen über die Kostenbeteiligung habe nur auf der Rechtsfolgenseite bestanden. Eine Vereinbarung ohne diese Klausel habe er nicht abschließen dürfen, ohne sich einer Haftung gemäß Art. 104a Abs. 5 GG auszusetzen. Das sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Die untrennbare Verknüpfung der gegenseitigen Vertragspflichten zeige auch Ziffer 1 der Vereinbarung im Unterabschnitt "Ausgleichsklausel". Dort seien die Vertragspflichten der Beklagten ausdrücklich "mit der Zahlung" der Klägerin verbunden. Aus dieser Wendung werde deutlich, dass die Kostenbeteiligung des Klägers einerseits und die dauerhafte Unentgeltlichkeit der Straßenentwässerung andererseits nach dem objektiv erkennbaren Parteiwillen in einem synallagmatischen Verhältnis stehen sollten. Dies werde auch in der Formulierung deutlich, wonach die einmalige Zahlung den Meinungsstreit über die Möglichkeit einer Abgabenerhebung beilegen solle. Die Auslegung des Verwaltungsgerichts unterstelle in der Sache, dass er, der Kläger, neben der als einmalige Zahlung gedachten Kostenbeteiligung zusätzlich bereit gewesen sei, Gebühren für die Entwässerung und damit "quasi doppelt" zu zahlen. Dies sei realitätsfremd. Gemäß § 59 Abs. 3 VwVfG NRW sei im Zweifel von einer Gesamtnichtigkeit des Vertrages auszugehen.

Der Klageforderung könnten Gegenansprüche der Beklagten, insbesondere aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, nicht entgegengehalten werden. Insoweit verweist er - der Kläger - auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 22. Februar 2018 - 9 B 6.17 -).

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zu verurteilen, an ihn 334.417,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Das Verwaltungsgericht sei zutreffend von einer nur teilweisen Nichtigkeit der Vereinbarung ausgegangen, weil der Bund seiner Verkehrssicherungspflicht und damit der Pflicht zur Beseitigung des Straßenabwassers nachkommen müsse und der Vertrag dem nach wie vor Rechnung trage. Die Vereinbarung sei vor dem Hintergrund der rechtlichen und auch tatsächlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Gebührenerhebung gegenüber Straßenbaulastträgern getroffen worden. Sie, die Beklagte, habe ihre Leistung erbracht. Der Bund könne nicht erwarten, dass sie diese Leistung kostenfrei für ihn erbringe.

Darüber hinaus sei der geltend gemachte Anspruch jedenfalls verjährt. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe bereits im Jahr 2012 in mehreren Entscheidungen vergleichbare Vereinbarungen als unwirksam bewertet, so dass die dreijährige Verjährung gemäß § 195 BGB spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2015 eingetreten sei.

Abgesehen davon erkläre sie die Aufrechnung mit den sich aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag ergebenden Gegenforderungen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2018 (9 B 6.17) könne dem nicht entgegengehalten werden, denn der vorliegende Sachverhalt sei aufgrund seiner Besonderheiten damit nicht vergleichbar.

Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat das Rubrum auf der Klägerseite erneut geändert; Kläger ist das Land Nordrhein-Westfalen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakte Hefte 1 und 2) Bezug genommen.

Gründe

Das Rubrum war mit Einverständnis der Beteiligten von Amts wegen zu ändern, weil nicht, wie im Urteil des Verwaltungsgerichts angegeben, die Bundesrepublik Deutschland, sondern das Land Nordrhein-Westfalen Kläger im vorliegenden Verfahren ist. Dies entspricht nicht nur den Angaben in der Klageschrift vom 23. Dezember 2016, sondern auch der Rechtslage. Denn gemäß Art. 90 Abs. 3 GG verwalten die Länder die sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrag des Bundes. Im Rahmen dieser Bundesauftragsverwaltung werden die Länder in ihrer Eigenschaft als selbständige Körperschaften des öffentlichen Rechts und nicht als Vertreter oder Organe des Bundes tätig. Sie erfüllen die Bundesaufgaben - dem Wesen der Auftragsverwaltung entsprechend - aus eigener und selbständiger Verwaltungskompetenz. Ansprüche des Bundes machen sie in gesetzlicher Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 42.80 -, NVwZ 1983, 471, juris Rn. 13 f., und vom 28. August 2003 - 4 C 9.02 -, NVwZ-RR 2004, 84, juris Rn. 7.

Die hier maßgebliche vertragliche Regelung bezieht sich (auch) auf die Niederschlagswasserbeseitigung von den überörtlichen Bundesstraßen im Gemeindegebiet der Beklagten, mithin auf "sonstige Bundesstraßen" i. S. d. Art. 90 Abs. 3 GG. Der Kläger macht insoweit zwar für den Bund, aber im Wege der Prozessstandschaft im eigenen Namen einen Erstattungsanspruch in Höhe des auf die Bundesstraßen entfallenden Teilbetrags geltend.

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die als Leistungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen durchsetzbaren Anspruch auf Rückzahlung des für die Nutzung der gemeindlichen Abwasseranlage geleisteten Betrags. Der Kläger macht den streitgegenständlichen Anspruch zwar zutreffend gegenüber der Beklagten geltend (dazu zu 1.). Er hat auch einen Anspruch auf Rückzahlung der vertraglich vereinbarten Kostenbeteiligung (dazu zu 2.). Der Anspruch ist aber verjährt und damit nicht durchsetzbar (dazu zu 3.). Die Beklagte, die die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist berechtigt, die Erfüllung zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB).

1. Der Kläger macht den streitgegenständlichen Anspruch zutreffend gegenüber der Beklagten und nicht gegenüber den USK geltend. Diese waren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 24. Juni 2010 zwar für die Bewirtschaftung der Abwasseranlage und für die Gebührenerhebung zuständig. Sie haben den vom Kläger zur Erfüllung des Vertrags geleisteten Betrag auch vereinnahmt. Die USK haben dabei aber als Vertreterin der Beklagten gehandelt. Das ergibt sich aus dem Vertragstext, in dem einleitend die Vertragsparteien bezeichnet werden ("Die Stadt L. vertreten durch die Umweltbetriebe der Stadt L. AöR, ... und das Land Nordrhein-Westfalen ... schließen nachstehende öffentlichrechtliche Vereinbarung ..."). Nach der vom Kläger vorgelegten E-Mail vom 31. Mai 2010 wurde die Bezeichnung der Beklagten als Vertragspartei seitens der USK ausdrücklich so bestätigt. Die Beteiligung der Beklagten als Vertragspartei erscheint auch sachlich begründet. Der Kläger weist zutreffend darauf hin, dass sich der Vertrag vom 24. Juni 2010 inhaltlich auf die nachträgliche Beteiligung an den Kosten von abgeschlossenen Kanalbaumaßnahmen bezieht, die zeitlich noch vor Gründung der USK zum 1. Januar 2009 erfolgt waren.

2. Der Kläger hat einen öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch auf Rückzahlung des für die Entwässerung der Bundesstraßen im Stadtgebiet gezahlten Betrags.

a. Anspruchsgrundlage ist der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch, ein eigenständiges, aus Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgeleitetes, in der Rechtspraxis seit langem anerkanntes Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entsprechen. Er kommt nur dann nicht zur Anwendung, wenn Erstattungsansprüche spezialgesetzlich geregelt sind oder das geltende Recht sonst der Übertragbarkeit der §§ 812 ff. BGB in das öffentliche Recht entgegensteht.

BVerwG, u.a. Beschluss vom 22. Februar 2018

- 9 B 6.17 -, NVwZ-RR 2018, 539, juris Rn. 6 m. w. N.

Vorliegend sind keine der Anwendbarkeit entgegenstehenden Regelungen ersichtlich.

Ein öffentlichrechtlicher Erstattungsanspruchs setzt voraus, dass in einem öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis eine Vermögensverschiebung ohne Rechtsgrund erfolgt oder der Rechtsgrund später entfallen ist.

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

b. Der vom Kläger verfolgte Erstattungsanspruch ist öffentlichrechtlicher Natur. Erstattungsansprüche sind gleichsam umgekehrte Leistungsansprüche. Sie teilen daher die Rechtsnatur des ihnen entsprechenden Leistungsanspruchs.

BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000 - 4 C 4.99 -, NVwZ 2000, 1285, juris Rn. 15 m. w. N.

Dem vorliegend geltend gemachten Erstattungsanspruch entspricht die im Vertrag vom 24. Juni 2010 geregelte Zahlungsverpflichtung des Klägers in Höhe des auf die Bundesstraßen entfallenden Teilbetrages von 334.417 Euro. Dieser Leistungsanspruch ist Teil eines zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlichrechtlichen Vertrags und teilt dessen Rechtsnatur.

Ob ein Vertrag privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Art ist, bestimmt sich nach seinem Gegenstand und seinem Zweck. Ein Vertrag ist dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn sein Gegenstand sich auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlichrechtlich geregelte Sachverhalte bezieht oder, wenn eine gesetzliche Vor-Ordnung des Vertragsgegenstandes fehlt, wenn er nach seinem Zweck in enger, unlösbarer Beziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben steht.

Vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 40 Rn. 69; BVerwG, Beschluss vom 12. März 2018 - 10 B 25.17 -, NVwZ 2018, 993, juris Rn. 18 m. w. N.

So ist es hier.

Die Vereinbarung betrifft nach ihrem Gegenstand und Zweck einen Sachbereich, der nach öffentlichrechtlichen Regeln zu beurteilen ist. Mit der vertraglichen Vereinbarung vom 24. Juni 2010 verpflichtete die Beklagte sich in zweifacher Hinsicht, nämlich zum einen, das Straßenabwasser auf den Bundes- und Landesstraßen in ihrem Gemeindegebiet in die städtische Kanalisation aufzunehmen und abzuführen und zum anderen, diese Leistung unentgeltlich zu erbringen. Hierfür zahlte der Kläger den Teilbetrag von 334.417 Euro für die Entwässerung der Bundesstraßen. Die von der Beklagten eingegangenen Verpflichtungen werden im Vertrag vom 24. Juni 2010 (vgl. Seite 1) zutreffend als öffentlichrechtlich bezeichnet. Über den tatsächlichen Vorgang der Einleitung des Straßenabwassers in die Kanalanlage der Beklagten hinaus begründet dieser Vorgang aufgrund der Widmung des Kanalnetzes als öffentliche Einrichtung ein öffentlichrechtliches (Kanal-)Benutzungsverhältnis.

BVerwG, Urteil vom 1. März 1995 - 8 C 36.92 -, NJW 1995, 2303, juris Rn. 10.

Auch der Gebührenverzicht in Ziffer 1. und 3. des Vertrags ist wegen des Sachzusammenhangs mit dem Kommunalabgabenrecht öffentlichrechtlich. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers steht mit den beiden Vertragspflichten der Beklagten in so engem Zusammenhang, dass sich die Vereinbarung insgesamt als öffentlichrechtlich erweist.

Zur Bewertung einer vergleichbaren vertraglichen Regelung als öffentlichrechtlich: OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2016 - 9 A 1650/13 -, NWVBl. 2016, 211, juris Rn. 8.

c. Die maßgebliche Vermögensverschiebung ist hier die Zahlung des vereinbarten Betrags durch den Kläger in Erfüllung der Vereinbarung vom 24. Juni 2010.

d. Die Leistung erfolgte ohne Rechtsgrund, denn die vertragliche Vereinbarung vom 24. Juni 2010 erweist sich in entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 1 und Abs. 3 VwVfG NRW nicht nur teilweise, sondern insgesamt als nichtig.

aa. § 59 Abs.1 und Abs. 3 VwVfG NRW sind auf den zwischen den Beteiligten geschlossenen öffentlichrechtlichen Vertrag entsprechend anwendbar. Einer direkten Anwendung steht § 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW entgegen. Danach gilt dieses Gesetz nicht in Verwaltungsverfahren, in denen Rechtsvorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind. Das ist vorliegend der Fall, denn der in Ziffer 1. und 3. des Vertrages erklärte Gebührenverzicht steht im Sachzusammenhang mit der in § 6 KAG NRW geregelten Erhebung von Benutzungsgebühren für kommunale Einrichtungen oder Anlagen. Gemäß § 12 KAG NRW sind für diesbezügliche Verwaltungsverfahren Vorschriften der Abgabenordnung anwendbar.

Die für subordinationsrechtliche Verträge, d.h. für Verträge, die i. S. v. § 54 Satz 2 VwVfG NRW anstelle des Erlasses eines Verwaltungsakts geschlossen werden, geltenden Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 2 VwVfG NRW sind auf den hier gegebenen koordinationsrechtlichen Vertrag i. S. d. § 54 Satz 1 VwVfG NRW nicht anwendbar. Der Kläger trat der Beklagten nicht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung gegenüber, sondern als hoheitlicher Straßenbaulastträger, der hinsichtlich der Abwasserentsorgungs- und -beitragspflicht eine einvernehmliche Regelung mit der Beklagten erzielen wollte. Aus Sicht beider Vertragspartner zielte die Vereinbarung auf eine kooperative Lösung.

Vorgreifliche spezialgesetzliche Regelungen sind nicht ersichtlich.

Solche ergeben sich nicht aus der Abgabenordnung. Diese nennt den öffentlichrechtlichen Vertrag nicht ausdrücklich, sondern erkennt ihn nur mittelbar in § 78 Nr. 3 AO an. Daraus kann jedoch nicht schon auf ein Vertragsformverbot geschlossen werden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. März 2002 - 15 A 4043/00 -, NVwZ-RR 2003, 147, juris Rn. 16 m. w. N.

bb. Gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG NRW ist ein öffentlichrechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt. Nach § 59 Abs. 3 VwVfG NRW ist, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages betrifft, dieser im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Die als Gebührenverzicht auszulegende Regelung in Ziffer 1. und 3. des Vertrages vom 24. Juni 2010 ist in entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 1 VwVfG NRW i. V. m. § 134 BGB nichtig.

Zu einer vergleichbaren Fallgestaltung: OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Juli 2013 - 9 A 1290/12 -, juris Rn. 37 ff., und vom 8. Oktober 2013 - Az. 9 A 2083/12 -, juris Rn. 37 ff.

Der Senat hat in den vorstehenden Entscheidungen ausgeführt:

"Öffentliche Abgaben dürfen grundsätzlich nur nach Maßgabe der Gesetze erhoben werden. Diese strikte Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG) ist im Abgabenrecht von besonderer und gesteigerter Bedeutung. Dies schließt es aus, dass Abgabengläubiger und Abgabenschuldner von den gesetzlichen Regelungen abweichende Vereinbarungen treffen, sofern nicht das Gesetz dies ausnahmsweise gestattet. Der Grundsatz, dass die Abgabenerhebung nur nach Maßgabe der Gesetze und nicht abweichend von den gesetzlichen Regelungen aufgrund von Vereinbarungen zwischen Abgabengläubiger und Abgabenschuldner erfolgen kann, ist danach "für einen Rechtsstaat so fundamental und für jeden rechtlich Denkenden so einleuchtend, dass seine Verletzung als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zu betrachten ist, das Nichtigkeit zur Folge hat,"

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 24.81 -, juris Rdnr. 15.

Das schließt eine gegenleistungslose, außerhalb eines Vergleichsvertrages vorgenommene Vereinbarung, die die Wirkung eines Verzichts hat, ohne Vorliegen eines gesetzlichen Erlassgrundes nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG NRW i.V.m. § 227 AO aus,

vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. März 2002 - 15 A 4043/00 -, NWVBl. 2003, 60, juris Rdnr. 24 f.,

so dass Vereinbarungen nichtig sind, sofern nicht der Abgabenschuldner eine andere, seiner Benutzung der öffentlichen Einrichtung äquivalente Leistung erbringt, die eine Belastung der übrigen Abgabenschuldner mit dem seiner Benutzung entsprechenden Kostenanteil ausschließt. Das bedeutet, dass eine Vereinbarung in Bezug auf die Abgabenerhebung lediglich in engen Grenzen zulässig ist. Der Gebührengläubiger kann nur für einen begrenzten Zeitraum auf die Veranlagung von Kanalbenutzungsgebühren verzichten, wobei sich der künftige Zeitraum nach dem wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung des Abgabeschuldners bemessen muss. Die Vereinbarungen aus den Jahren 1997 (Anmerkung des Senats: Dieser Vertrag betraf einen anderen als den hier streitgegenständlichen Straßenabschnitt.) und 2006 erfüllen nicht die Voraussetzungen eines wirksamen Gebührenverzichts, da die Beteiligten hierin in der Sache eine Vereinbarung auf unbestimmte Zeit getroffen haben, der keine äquivalente Gegenleistung der Klägerin gegenüberstand. Soweit die Beteiligten vertraglich bestimmt haben, dass die Beklagte sich verpflichtet, das Straßenwasser unentgeltlich in ihre Abwasseranlage aufzunehmen und schadlos abzuführen, hat die Beklagte gegenüber der Klägerin zugesagt, inhaltlich auf unbestimmte Zeit Abwassergebühren nicht zu erheben."

Daran hält der Senat fest.

Auch die hier streitgegenständliche vertragliche Regelung erfüllt die Voraussetzungen für einen zulässigen "Abgabenverzicht" nicht. Die Beklagte hat sich darin auf unbestimmte Zeit verpflichtet, das Straßenabwasser in ihre Abwasseranlage aufzunehmen und schadlos abzuführen. Dem steht keine äquivalente Gegenleistung des Klägers gegenüber, dies schon deshalb, weil die Höhe der Abwassergebühr für die im Gemeindegebiet verlaufenden Bundes- und auch Landesstraßen völlig ungewiss und damit die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung nicht feststellbar ist. Die Nichtigkeit des Gebührenverzichts ist zwischen den Beteiligten aber auch nicht streitig. Sie gehen übereinstimmend davon aus, dass diese Rechtsfrage geklärt und Grundlage der sich mit dem vorliegenden Klageverfahren anschließenden Frage ist, ob sich daraus die Verpflichtung der Beklagten zur Rückzahlung des vom Kläger geleisteten Betrages ergibt.

Infolgedessen erweist sich der Vertrag vom 24. Juni 2010 in entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 3 VwVfG NRW insgesamt als nichtig, denn es ist nicht anzunehmen, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Für die Frage, ob ein Vertrag auch ohne eine nichtige Regelung abgeschlossen worden wäre, ist in entsprechender Anwendung des § 139 BGB auf den mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien abzustellen. Für diesen kommt es nicht darauf an, ob die Parteien den Vertrag ohne den nichtigen Teil tatsächlich gewollt haben, sondern darauf, ob eine objektive Bewertung ergibt, dass sie den Vertrag auch ohne den nichtigen Teil vernünftigerweise abgeschlossen hätten.

BVerwG, Urteil vom 25. November 2005 - 4 C 15.04 -, NVwZ 2006, 336, juris Rn. 30.

Der Vertrag vom 24. Juni 2010 ist zwar logisch teilbar, denn auch ohne den Gebührenverzicht ergibt sich noch ein sinnvoller Inhalt. Als Vertragspflichten stehen sich dann die Verpflichtung der Beklagten zur Aufnahme und Ableitung des Straßenabwassers in die gemeindliche Kanalanlage und die Zahlungsverpflichtung des Klägers gegenüber.

Der Kläger hätte einen Vertrag mit diesem Inhalt aber nicht abgeschlossen: Die Verpflichtung der Beklagten zur unentgeltlichen Abwasserbeseitigung kommt schon nach dem Inhalt des Vertrags eine ganz wesentliche Bedeutung zu. Dort werden vor den vertraglichen Abreden ausführlich die gegensätzlichen Auffassungen der Vertragsparteien zur Frage der Gebührenpflicht der Straßenbaulastträger wiedergegeben. Sodann wird der Zweck des Vertrages wie folgt beschrieben (Seite 2 unten):

"Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen sehen sich zwar außerstande, mit einer Erhebung von laufenden Gebühren nach Kommunalabgabengesetz, Abwasserabgabengesetz oder ähnlichen Gesetzen einverstanden zu sein, sie machen aber den Vorschlag, durch eine einmalige Zahlung aufgrund der obigen Überlegungen den Meinungsstreit über die unterschiedlichen Rechtsauffassungen ein für alle Mal beizulegen."

Der Zweck des Vertrages ist damit darauf ausgerichtet, der Beklagten die Möglichkeit der Gebührenerhebung durch eine einmalige Zahlung "abzukaufen". Allein dieser Umstand steht schon der Annahme entgegen, der Kläger hätte den Vertrag auch ohne den Gebührenverzicht abgeschlossen.

Diese Bewertung wird noch durch weitere Umstände bestärkt: Das im Auftrag des Bundes handelnde Land hätte ohne die Vereinbarung des Gebührenverzichts gegen die Vorgaben der ODR verstoßen, die es im Vertrag (Seite 2, 5. Absatz) zu Grunde gelegt hat. Nach Ziffer 14 Abs. 2 ODR kann sich der Bund an den Kosten einer Mischkanalisation einer Gemeinde bis zu dem Betrag beteiligen, den er bei der Durchführung einer Oberflächenentwässerung selbst hätte aufwenden müssen, wenn sich die Gemeinde unwiderruflich bereit erklärt, das Oberflächenwasser unentgeltlich aufzunehmen und schadlos abzuführen. Die Verpflichtung zur unentgeltlichen Abwasserentsorgung ist danach Voraussetzung für die Kostenbeteiligung gewesen. Der Kläger ist an die Vorgaben der ODR gebunden. Er ist in seiner Eigenständigkeit bei der Auftragsverwaltung deutlich begrenzt, vgl. Art. 85 GG. Es spricht nichts dafür, dass der für den Kläger handelnden Landesbehörde Ermessen hinsichtlich der Anwendbarkeit der ODR eingeräumt werden sollte. Insbesondere der Umstand, dass der Kläger auf der Grundlage der Ziffer 14 Abs. 2 ODR mitunter hohe finanzielle Verpflichtungen für den Bund eingehen kann, für die er gemäß Art. 104a Abs. 2 GG Ausgleich verlangen kann, spricht für eine Verbindlichkeit der maßgeblichen Regelungen der ODR im Innenverhältnis zwischen Bund und Land.

Darüber hinaus wäre die so gestaltete vertragliche Abrede für den Kläger auch nachteilig gewesen, weil er sich neben der vereinbarten vertraglichen Leistung auch einer eventuellen Gebührenforderung der Beklagten ausgesetzt sehen konnte. Der Kläger wendet zu Recht an, dass man ihm nicht unterstellen könne, "quasi doppelt" zahlen zu wollen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung etwaiger mit der Abwasserentsorgung verbundenen Rechtspflichten des Bundes, die der Kläger in seinem Auftrag wahrnimmt. Der Bund ist gemäß § 5 Abs. 1 FStrG Träger der Straßenbaulast für die Bundesstraßen. Gemäß § 3 Abs. 1 FStrG umfasst die Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben einschließlich der Pflicht zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn. An diese grundsätzliche Pflicht knüpft das Landeswassergesetz NRW an. Nach § 49 Abs. 3 Satz 1 LWG NRW (bis 15. Juli 2016: § 53 Abs. 3 LWG NRW) ist der Träger der Straßenbaulast zur Beseitigung von Niederschlagswasser, das von Straßenoberflächen außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile anfällt, verpflichtet. Hier ist er frei, ob er sich einer eigenen Abwassereinrichtung bedienen will oder auf die städtische Kanalisation zurückgreifen will. Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist dagegen die Gemeinde zur Abwasserbeseitigung verpflichtet, § 46 Abs. 1 LWG NRW (bis 15. Juli 2016: § 53 Abs. 1 LWG NRW). Der Träger der Straßenbaulast hat es ihr zu überlassen, § 48 LWG NRW (bis 15. Juli 2016: § 53 Abs. 1c LWG NRW).

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass der Bund als Straßenbaulastträger, jedenfalls soweit Straßenoberflächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile betroffen sind, gesetzlich verpflichtet war, das Abwasser der Gemeinde zu überlassen. Da dieses "Loswerden" des Niederschlagswassers der gesetzlichen Pflicht des Straßenbaulastträgers entspreche, sei ein mutmaßlicher Wille dahingehend anzunehmen, dass er bzw. die für ihn handelnde Landesbehörde die Regelung über die Einleitung des Niederschlagswassers auch ohne den Gebührenverzicht getroffen hätte.

Dies wird den tatsächlichen Umständen aber nicht gerecht. Aus Sicht des Klägers bestand keine Notwendigkeit, die Aufnahme des Abwassers vertraglich sicherzustellen. Dabei kann dahinstehen, welche rechtlichen Pflichten dem Bund hinsichtlich der Beseitigung des Abwassers nach den Vorschriften des Landeswassergesetzes NRW oblagen. Jedenfalls war die faktische Beseitigung des Abwassers von den Bundes- und auch Landesstraßen im Gemeindegebiet der Beklagten aus der Sicht des Klägers zwischen den Beteiligten nicht regelungsbedürftig. Sie erfolgt seit Jahrzehnten über die städtische Kanalisation. Es ist nach Aktenlage auch nicht ersichtlich, dass die Beteiligten hieran etwas ändern wollten, insbesondere ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Beklagte den Straßenbaulastträgern die Einleitung in ihr Kanalnetz ohne eine Kostenbeteiligung künftig verweigert hätte. Folglich bestand für den Kläger insoweit keine Notwendigkeit einer dahingehenden vertraglichen Regelung. Grundlage und Zweck des Vertrages war allein der Umstand, dass der Kläger die Möglichkeit einer künftigen Gebührenerhebung durch die Beklagte für die Abwasserbeseitigung abwenden wollte und hierfür den vereinbarten (Abgeltungs-)Betrag zahlte. Das sind die beiden wesentlichen, in einem synallagmatischen Verhältnis zueinander stehenden Vertrags(haupt)pflichten.

3. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kostenbeitrags ist aber nicht durchsetzbar. Die Beklagte, die die Einrede der Verjährung erhoben hat, ist in entsprechender Anwendung von § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern. Der Anspruch des Klägers ist verjährt.

a. Der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch unterliegt der Verjährung. Das Rechtsinstitut der Verjährung findet im öffentlichen Recht jedenfalls auf vermögensrechtliche Ansprüche Anwendung. Es dient der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, indem es Ansprüche, die über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht wurden, dem Streit entzieht. Dieses Anliegen besteht im Privatrecht wie im öffentlichen Recht gleichermaßen. Das gilt selbst dann, wenn sowohl Gläubiger als auch Schuldner juristische Personen des öffentlichen Rechts sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 - 5 C 25.07 -, NVwZ 2008, 1369, juris Rn. 26 m. w. N.

b. Soweit - wie hier - spezielle Regelungen fehlen, sind auf öffentlichrechtliche Ansprüche und damit auch auf den öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend anzuwenden. Der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch unterliegt nach der ganz überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB,

vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 -, NJW 2006, 3225, juris Rn. 19; für den Erstattungsanspruch gem. Art. 104a Abs. 5 Satz 1 GG: BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 - 5 C 25.07 -, NVwZ 2008, 1369, juris Rn. 27; für den Ersatzanspruch gem. Art. 104a Abs. 2 GG: BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 - 9 A 16.15 -, NVwZ 2017, 56, juris Rn. 34; für den Erstattungsanspruch gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG: BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 3.16 -, BVerwGE 158, 199, juris Rn. 19; OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2012 - 12 A 876/12 -, juris Rn. 45 ff. mit ausführlicher Darlegung des Streitstands; unter Hervorhebung der Besonderheiten des streitgegenständlichen Anspruchs nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG anders BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 -, BVerwGE 132, 324, juris Rn. 10, und Urteil vom 22. März 2012 - 3 C 21.11 -, BVerwGE 142, 219, juris Rn. 38: dreißigjährige Verjährungsfrist,

denn er ist dem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch nachgebildet, für den nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt. Diese Strukturgleichheit der Anspruchsgrundlagen spricht für eine rechtseinheitliche Anwendung der Verjährungsfrist von drei Jahren. Tragfähige Gründe für eine Privilegierung des öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruchs gegenüber seiner zivilrechtlichen Entsprechung sind nicht erkennbar.

So auch OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2012 - 12 A 876/12 -, juris Rn. 45.

c. Den Zeitpunkt des Verjährungsbeginns bestimmt § 199 Abs. 1 BGB. Danach beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Bei Behörden oder öffentlichrechtlichen Körperschaften ist hierbei auf die Kenntnis der verfügungsberechtigten Behörde abzustellen. Verfügungsberechtigt in diesem Sinne sind diejenigen Behörden, denen die Entscheidungskompetenz für den Rückforderungsanspruch zukommt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C4.11 -, juris Rn. 15 m. w. N.

Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Fall BGB oder einen dem nachgebildeten öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch verfolgt, hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes, d. h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß. Dazu ist nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der Gläubiger den Sachverhalt in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass dieser erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht.

Ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, MDR 2008, 1405, juris Rn. 14 m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11-, NVwZ-RR 2012, 972, juris Rn. 43.

Bei nichtigen Verträgen bezieht sich die erforderliche Kenntnis des Gläubigers mithin auf seine Leistung und die die Nichtigkeit begründenden Tatsachen.

d. Gemessen daran war der Klageanspruch im Zeitpunkt der Klageerhebung am 29. Dezember 2016 bereits verjährt.

Der Erstattungsanspruch des Klägers ist aufgrund der - ex tunc wirkenden - Nichtigkeit des Vertrages bereits mit der Zahlung des Klagebetrags in Erfüllung der am 24. Juni 2010 geschlossenen Vereinbarung entstanden. Für den Verjährungsbeginn kommt es hier entscheidend auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung des Klägers i. S. d. § 199 Abs. 1 BGB an. Die Klage vom 29. Dezember 2016 hätte die dreijährige Verjährungsfrist nur dann rechtzeitig hemmen können (vgl. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), wenn der Kläger erst nach dem 31. Dezember 2012 Kenntnis von den Umständen hatte bzw. hätte haben können, aus denen die Nichtigkeit des Vertrages und damit die Rechtsgrundlosigkeit der Zahlung folgte. Maßgeblich sind die zur Unwirksamkeit des Gebührenverzichts in Ziffer 1. und 3. des Vertrages führenden Umstände sowie die daraus folgende Gesamtnichtigkeit des Vertrags.

aa. Entgegen der Auffassung des Klägers hatte dieser nicht erst im Jahr 2013, sondern erheblich früher Kenntnis von den die Nichtigkeit des Vertrags begründenden Umständen bzw. hätte diese haben können.

aaa. Nach dem Inhalt des Vertrags vom 24. Juni 2010 musste der Kläger sich bewusst sein, dass Ziffer 1 und 3 der Vereinbarung einen Gebührenverzicht beinhalten. Das war - wie dargestellt - gerade der Zweck des Vertrags.

Die grundsätzliche Gebührenpflicht der Träger der Straßenbaulast bei der Inanspruchnahme kommunaler Abwasseranlagen ist in Nordrhein-Westfalen bereits seit den 1990er Jahren geklärt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -, NWVBl. 1997, 220, juris; nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 6. März 1997 - 8 B 246.96 -, NVwZ-RR 1998, 130, juris.

Die Gebührenpflicht auf der Grundlage der §§ 2, 4, 6 und 7 KAG NRW knüpft nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats neben der Eigentümerstellung für das jeweilige Grundstück nur an die Tatbestandsmerkmale der Inanspruchnahme von städtischen Abwasseranlagen an. Ausnahmevorschriften für die Träger der Straßenbaulast kennt das Kommunalabgabengesetz NRW nicht. Darin unterscheidet sich die nordrheinwestfälische Gesetzeslage von den Regelungen in anderen Bundesländern, die entweder eine Gebührenpflicht für die Entwässerung von Straßenflächen ausschließen,

so etwa § 8 Abs. 4 KAG Rh.-Pf., vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 -, juris Rn. 11 ff., und BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, NVwZ 2002, 1535, juris Rn. 12,

oder ausdrücklich die Möglichkeit einer Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlagen vorsehen und die Heranziehung zu einem Entgelt für die Inanspruchnahme dieser Anlagen ausschließen.

Vgl. § 23 Abs. 5 ThürStrG, § 23 Abs. 5 BbgStrG,§ 30 Abs. 4 StrWG - MV, § 23 Abs. 5 SächsStrG,§ 20 Abs. 5 HStrG, § 23 Abs. 5 StrG LSA.

Ein Gemeinschaftsverhältnis zwischen dem Straßenbaulastträger und der Gemeinde in Bezug auf die Straßenkanalisation,

vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 7. Februar 2017 - 9 B 32.16 -, juris Rn. 17,

ist im nordrheinwestfälischen Landesrecht nicht vorgesehen. Anhaltspunkte für eine gleichwohl in Betracht zu ziehende "doppelte Widmung" und daran anknüpfende Mischnutzung,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Juli 2012 - 9 A 980/11 -, NWVBl. 2013, 35, juris Rn. 13,

sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bbb. Die rechtlichen Maßstäbe, an denen ein Gebührenverzicht zu messen ist, waren in der Rechtsprechung ebenfalls geklärt.

Das grundsätzliche Verbot eines Abgabenverzichts ist ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,

vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 24.81 -, DVBl. 1982, 550, juris Rn. 15 m. w. H. auf ältere Entscheidungen.

Auch die Zulässigkeit eines Verzichts auf eine nach dem Kommunalabgabengesetz NRW zu erhebende Abgabe für den Fall einer hierfür erbrachten Gegenleistung war bereits vor den Entscheidungen des erkennenden Senats im Jahr 2013 Gegenstand der Rechtsprechung.

Der 15. Senat des erkennenden Gerichts hat im Jahr 2002,

OVG NRW, Urteil vom 19. März 2002 - 15 A 4043/00 -, NWVBl. 2003, 60, juris Rn. 19 ff.,

einen Verzicht einer Gemeinde auf einen Straßenausbaubeitrag i. S. d. § 8 KAG NRW nach dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt als eine angemessene Gegenleistung für eine Leistung der Abgabenschuldnerin im Rahmen eines zum Zwecke des Straßenausbaus geschlossenen Grundstückskaufvertrags bewertet. Er hat hierzu ausgeführt, dass ein gegenleistungsloser, außerhalb eines Vergleichsvertrages (vgl. § 55 VwVfG NRW) vorgenommener Abgabenverzicht ohne Vorliegen eines gesetzlichen Erlassgrundes nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a KAG NRW i. V. m. § 227 AO zwar unzulässig sei. Davon zu trennen seien jedoch die Fälle, in denen nur auf die Abgabenerhebung durch Abgabenbescheid verzichtet werde, die gesetzlich zu fordernde Abgabe aber wirtschaftlich vereinnahmt werde (Abgabenanrechnung). Ein Verzicht auf die Abgabenerhebung sei zulässig, wenn die Abgabeschuld durch eine andere Leistung des Abgabenschuldners als abgegolten angesehen werden könne. Hierzu müsse die Gegenleistung aber hinreichend bestimmt sein. Ein zu einem unzulässigen Abgabenverzicht führender Umstand sei es, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Höhe der Abgabe noch völlig ungewiss und damit die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung gar nicht feststellbar gewesen wäre.

Im Jahr 2009 war ein vertraglich vereinbarter Gebührenverzicht einer Gemeinde zu Gunsten eines überörtlichen Straßenbaulastträgers Gegenstand einer Entscheidung des erkennenden Senats.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2009 - 9 A 2045/08 -, juris.

Der Entscheidung liegt ein Sachverhalt zu Grunde, in dem eine Gemeinde einen im Jahr 1972 geschlossenen Vertrag, der eine unentgeltliche Entsorgung des Niederschlagswassers über das Kanalnetz der Stadt zum Gegenstand hatte, kündigte, weil sich die bei Vertragsabschluss gegebene gemeinsame Vorstellung, dass für die Entwässerungsleistung keine Gebührenpflicht bestehe, nachträglich als nicht mehr tragfähig erwiesen habe. Auf den Einwand des klagenden Landes, dass bereits bei Vertragsschluss eine Gebührenpflicht bestanden habe, führte der erkennenden Senat aus (juris Rn. 8), dass ausgehend von der Rechtsauffassung des Klägers "ein zeitlich unbefristeter Verzicht bei unklarer Abgabenhöhe unzulässig und der diesem zugrunde liegende Vertrag nichtig gewesen sein dürfte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Verzicht dann nicht zulässig, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Höhe der Abgabe noch völlig ungewiss und damit die Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung gar nicht feststellbar ist."

Auf der Grundlage der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung hätten die Beteiligten bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 24. Juni 2010 erkennen können, dass der im vorliegenden Vertrag vereinbarte Gebührenverzicht rechtlich keinen Bestand haben konnte, zumal der Kläger Beteiligter des letztgenannten Klageverfahrens war. Denn dass sich im hier gegebenen Sachverhalt Leistung und Gegenleistung der Beteiligten nicht wertmäßig bestimmbar gegenüberstehen, liegt auf der Hand. Der vereinbarten Kostenbeteiligung des Klägers steht ein zeitlich unbefristeter Gebührenverzicht der Beklagten bei unklarer Gebührenhöhe gegenüber, der nach Maßgabe der vorstehenden Entscheidung kein wirtschaftliches Äquivalent darstellen kann.

Auf den Umstand, ob bzw. wann der Kläger aus den ihm bekannten Umständen tatsächlich auch die rechtlich zutreffenden Schlussfolgerungen gezogen hat, kommt es - wie vorstehend ausgeführt - nicht an.

Letztlich hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf im Jahr 2012 in mehreren Entscheidungen,

vgl. z. B. Urteil vom 28. März 2012 - 5 K 1612/11 -, juris,

unter Anwendung der oben ausgeführten rechtlichen Maßgaben Gebührenverzichte in vergleichbaren Verträgen als nichtig bewertet. Auch hier war der Kläger jeweils Beteiligter der Verfahren. Damit wurde ihm bzw. der für ihn handelnden Landesbehörde (sogar) die für den Verjährungsbeginn nach den vorstehenden Ausführungen grundsätzlich nicht erforderliche Rechtskenntnis von der Nichtigkeit einer solchen Regelung vermittelt.

ccc. Der Kläger ist sich auch der dem Vertrag zu Grunde liegenden Interessenlage der Beteiligten bewusst und damit der Umstände, aus denen die Nichtigkeit des Vertrages insgesamt folgt. Das entspricht auch seinem Vortrag im vorliegenden Verfahren.

bb. Der Verjährungsbeginn ist nicht aus Gründen der Zumutbarkeit hinausgeschoben.

Nach der zivilrechtlichen Rechtsprechung kann Rechtsunkenntnis des Gläubigers ausnahmsweise den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht oder eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. Das ausnahmsweise Hinausschieben des Verjährungsbeginns beruht auf Zumutbarkeitserwägungen. Im Falle einer entgegenstehenden Rechtsprechung oder einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage kennt der Gläubiger zwar die tatsächlichen Umstände eines (möglichen) Anspruchs, er hat aber keine oder nur eine mit einem hohen Prozessrisiko verbundene Möglichkeit, diesen gerichtlich durchzusetzen. In diesem Fall besteht die gleiche Unsicherheit wie im Falle einer fehlenden Kenntnis der rechtserheblichen Tatsachen.

Ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH, Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 -, NJW 1999, 2041, juris Rn. 23, und Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, MDR 2008, 1405, juris Rn. 15 m. w. N.

Selbst wenn man der zivilrechtlichen Rechtsprechung hierzu auch für öffentlichrechtliche Ansprüche folgt,

diese Frage offenlassend: BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 -, NVwZ-RR 2012, 972, juris Rn. 43,

führte dies im Ergebnis zu keinem günstigeren Ergebnis für den Kläger, denn die Voraussetzungen hierfür sind nicht gegeben. Es bestand weder eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage noch war eine rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs aus sonstigen Gründen unzumutbar.

aaa. Die Rechtslage war weder unsicher noch zweifelhaft. Die rechtlichen Maßstäbe, an denen der in Ziffer 1. und 3. des Vertrags vereinbarte Gebührenverzicht zu messen ist, waren, wie bereits ausgeführt, in der Rechtsprechung geklärt.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Einwand des Klägers, es sei ungeklärt gewesen, ob die besonderen Umstände im Zusammenhang mit der Entwässerung von öffentlichem Straßenland einen Gebührenverzicht nicht ausnahmsweise hätten rechtfertigen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar die Frage offengelassen, ob eine vertragliche Vereinbarung auf der Grundlage der ODR zwischen dem Straßenbaulastträger und der Kommune über die (einmalige) Beteiligung an den Herstellungskosten der Abwasserbeseitigungsanlage anstelle der dauernden Belastung mit Benutzungsgebühren zulässig und sachgerechter wäre.

BVerwG, Beschluss vom 6. März 1997 - 8 B 246.96 -, NVwZ-RR 1998, 130, juris Rn. 10.

Dieser Vorbehalt macht die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen aber nicht "unklar" im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung.

Eine unsichere oder zweifelhafte Rechtslage ist nicht schon dann gegeben, wenn noch keine höchstrichterliche Entscheidung einer bestimmten Rechtsfrage vorliegt. Insoweit hat jeder Betroffene eine Klärung innerhalb nicht verjährter Zeit selbst herbeizuführen.

Lakkis, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/

Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Auflage 2017, § 199 Rn. 160.

Vielmehr ist dafür ein ernsthafter Meinungsstreit in Rechtsprechung und Schrifttum erforderlich.

Vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2010 - XI ZR 348/09 -, NJW 2011, 1278, juris Rn. 21.

Ein solcher liegt für die hier maßgeblichen Rechtsfragen nicht vor.

Die bloße Hoffnung des Klägers auf ein Abweichen von einer gefestigten Rechtsprechung ist nur eine solche und begründet keine unklare Rechtslage.

Soweit das OVG des Saarlandes,

Urteil vom 2. März 2016 - 1 A 31/15 -, juris Rn. 44,

eine Vereinbarung auf der Grundlage der ODR als zulässig und mit abgabenrechtlichen Vorschriften vereinbar ansieht, ergibt sich daraus - ungeachtet der Frage, ob und inwieweit dieses Urteil überhaupt für die Auslegung des nordrheinwestfälischen Landesrechts von Bedeutung sein kann - jedenfalls deshalb nichts anderes, weil erst nachträglich eingetretene Umstände - wie hier - den Lauf einer einmal begonnenen Verjährungsfrist nicht zu verlängern vermögen.

Vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13 -, NJW 2014, 3713, juris Rn. 45.

Nichts anderes ergibt sich aus dem weiteren Einwand, dass zahlreiche Verwaltungsgerichte wegen der - vergleichbare Vertragsgestaltungen betreffende - zweitinstanzlich anhängigen Zulassungsverfahren das Ruhen des Verfahren (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 251 ZPO) angeordnet hätten. Dieses prozessuale Instrument setzt neben einer entsprechenden Antragstellung der Beteiligten voraus, dass eine Ruhendstellung zweckmäßig erscheint. Eine Bewertung der Schwierigkeit der Rechtslage seitens des Verwaltungsgerichts ist damit nicht verbunden. Vielmehr bestimmen im Wesentlichen prozessökonomische Erwägungen diese Entscheidung.

Die in Bezug genommene Mitteilung des Städte- und Gemeindebundes NRW vom 30. Juli 2013, mit der nach Auffassung des Klägers auf die erstmalige Klärung der Rechtslage durch die Entscheidungen des erkennenden Senats im Jahr 2013 hingewiesen worden sei, ist für die vorliegende rechtliche Bewertung nicht erheblich.

bbb. Auch der Wunsch des Klägers, das Ergebnis der vorgenannten Zulassungsverfahren vor dem erkennenden Senat abwarten zu wollen, rechtfertigt kein Hinausschieben des Verjährungsbeginns aus Gründen der Zumutbarkeit.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs,

Urteil vom 7. November 2014 - V ZR 309/12 -, NJW 2015, 1007, juris Rn. 15; Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 85/14 -, MDR 2017, 1200, juris Rn. 44; abweichend für den - hier nicht gegebenen - Fall einer sog. Dreieckskondiktion: BGH, Urteil vom 13. Januar 2015 - XI ZR 303/12 -, NJW 2015, 1948, juris,

ist geklärt, dass der Wunsch eines Gläubigers, den Ausgang eines Rechtsstreits mit dem Schuldner abzuwarten, der von derselben Vorfrage abhängig ist wie ein weiterer, noch nicht rechtshängiger Anspruch, den Beginn der Verjährung nicht zu beeinflussen vermag.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass eine Klageerhebung in einer solchen Situation zu einer zusätzlichen - erheblichen und ggf. vergeblichen - Kostenbelastung führen würde. Auch eine mögliche Kostenbelastung durch ein Klageverfahren, das sich nach der rechtlichen Bewertung im "Vorprozess" als nicht mehr erfolgversprechend erweist, rechtfertigt grundsätzlich keine Verschiebung des Verjährungsbeginns.

Vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - X ZR 5/14 -, MDR 2017, 1200, juris Rn. 44.

e. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass neben der Klageerhebung ein anderer Tatbestand für eine Hemmung der Verjährung (vgl. §§ 203 ff. BGB) gegeben sein könnte, sind nicht ersichtlich, insbesondere haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass zwischen ihnen keine Vergleichsverhandlungen i. S. d. § 203 Satz 1 BGB stattgefunden haben. Nicht einmal vorprozessuale Korrespondenz ist über den hier streitbefangenen Anspruch geführt worden.

f. Auf die vom zuständigen Bundesministerium in einer an den Kläger gerichteten E-Mail vom 28. Oktober 2016 in Bezug genommene "kenntnisunabhängige" zehnjährige Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 4 BGB kommt es vorliegend nicht an.

3. Ist der vom Kläger geltend gemachten Anspruch nach den vorstehenden Ausführungen wegen der eingetretenen Verjährung nicht durchsetzbar, bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu den von der Beklagten geltend gemachten Gegenansprüchen.

Vgl. insoweit allerdings BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2018 - 9 B 6.17 -, juris.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 und § 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.