Hessisches LAG, Urteil vom 10.06.2015 - 6 Sa 451/14
Fundstelle
openJur 2019, 36441
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 15. Januar 2014 - 15 Ca 4351/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.

Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen mit weit mehr als 10 in Vollzeit beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. In ihrem Betrieb in Eschborn ist ein Betriebsrat gebildet. Der am xx. xx 1953 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde von der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin mit Wirkung vom 01. April 1993 eingestellt und zuletzt als "Spezialist system- und prozesstechnischer B. Service Provider" am Standort Eschborn im Bereich Enterprise Sales Management & Fullfillment (EP) innerhalb der Abteilung CRM Sales Systems (EPO) beschäftigt, zum Teil im sogenannten "Home Office". Sein Bruttomonatsgehalt beträgt derzeit 5.046,00 EUR.

Am 21. März 2013 vereinbarten die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan nebst Zusatzvereinbarung (vgl. Kopien Bl. 80 ff. d.A. Anlage 1 des Klageerwiderungsschriftsatzes). In der Präambel des Interessenausgleichs heißt es auszugsweise:

"Düsseldorf ist die Zentrale der A GmbH. Diese ist im Februar 2013 auf dem neu erbauten B in Düsseldorf mit einem neuen mobilen und offenen Arbeitsplatzkonzept umgezogen. Am Standort Eschborn befand sich die Zentrale des Festnetzunternehmens C. Auch nach dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen im Jahr 2009 sind an diesem Standort noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (nachfolgend "Mitarbeiter") mit Zentralfunktionen (im Folgenden: "Corporate Functions") weiterbeschäftigt worden. Mit der Wahrnehmung von Zentralfunktionen an einem weiteren Standort (in Eschborn) außerhalb der Zentrale der Gesellschaft (in Düsseldorf) waren und sind jedoch Ineffizienzen und Reibungsverluste verbunden. ...

... Die Gesellschaft hat daher beschlossen, Funktionen aus Eschborn und Sulzbach nach Düsseldorf zu verlagern, um durch die Bündelung von Aufgaben und Teams die Durchschlagskraft der Gesellschaft und der Marke A am Markt zu erhöhen.

Nach demselben Beschluss der Gesellschaft soll der Betrieb Eschborn/Sulzbach als Technik-Kompetenzzentrum fortbestehen. Dieses Technik-Kompetenzzentrum soll die besondere Expertise der Mitarbeiter in den Schwerpunktbereichen Festnetz und Enterprise (Technik) am Standort Eschborn/Sulzbach bündeln und konzentrieren. Technikbereiche, die diesen Schwerpunktbereich nicht angehören und/oder bereits jetzt überwiegend Schnittstellen nach Düsseldorf haben, werden demgegenüber ebenfalls nach Düsseldorf verlagert.

..."

Ziff. 2, 3 und 4 des Interessenausgleichs lauten auszugsweise wie folgt:

"2. Gegenstand des Interessenausgleichs

Gegenstand des Interessenausgleichs ist die Bündelung zentraler Funktionen in Düsseldorf sowie die Etablierung eines Technik-Kompetenzzentrums in Eschborn.

Einzelheiten zu den sich aus der Maßnahme ergebenden Veränderungen in den betroffenen Bereichen ergeben sich aus den Anlagen 1 bis 3 zu diesem Interessenausgleich, wobei die dort gemachten Angaben zu der Anzahl der Mitarbeiter, die von der Maßnahme betroffen sind, auf dem Stand 21. März 2013 basieren.

Die Aufstellung des Betriebes Eschborn/Sulzbach nach Durchführung der Maßnahme ergibt sich aus Anlage 4. Die Anlage 5 enthält Angaben zu der Anzahl der Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz im Zuge der Maßnahmen nach Düsseldorf verlagert wird, einschließlich der Angabe ihres Namens und ihrer Position; auch diese Angaben entsprechen dem Stand 21. März 2013."

"3. Betroffene Mitarbeiter

Insgesamt werden 294 Mitarbeiter mit ihren Arbeitsplätzen von Eschborn bzw. Sulzbach nach Düsseldorf verlagert, wobei jedem der betroffenen Mitarbeiter ein Arbeitsplatz in Düsseldorf angeboten wird.

Erklärt sich ein von der Maßnahme nicht betroffener Mitarbeiter bis zum 31. Mai 2013 bereit, anstelle eines Mitarbeiters, der aufgrund der Maßnahme nach Düsseldorf wechseln soll, zu dem selben Datum, zu dem dessen Wechsel erfolgen soll, nach Düsseldorf zu wechseln, und erklären sich die Gesellschaft und der vom Wechsel betroffene Mitarbeiter damit einverstanden, so kann ein entsprechender Austausch erfolgen."

"4. Zeitplan und Umsetzung der Maßnahme

Die Verlagerung nach Düsseldorf erfolgt in allen Bereichen spätestens mit Wirkung zum 01. Dezember 2013.

...

- Erste Phase

Bis spätestens zum 08. April 2013 erhalten alle von der Verlagerung nach Düsseldorf betroffenen Mitarbeiter ein konkretes schriftliches Angebot zur Fortsetzung ihres Arbeitsverhältnisses in Düsseldorf ab dem 01. Dezember 2013.

Mit Ausnahme des geänderten Arbeitsortes bleiben der Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge und namentlich die jeweils vereinbarten Vergütung von der Maßnahme unberührt.

Das Arbeitsplatzangebot erfolgt schriftlich durch die Gesellschaft. Dem Mitarbeiter steht sodann eine Bedenkzeit bis zum 03. Mai 2013 zur Verfügung. J

- Zweite Phase

Nach Ablauf der Annahmefrist am 03. Mai 2013, 24:00 Uhr, kann die Gesellschaft diejenigen Mitarbeiter, die das Angebot auf Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsvertragsbedingungen nicht angenommen haben, nach Düsseldorf versetzen bzw. ihnen, soweit zur Umsetzung der Maßnahme erforderlich, eine ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung zum Wechsel des Arbeitsortes von Eschborn nach Düsseldorf aussprechen. ..."

Unter Ziffer 3 des Sozialplans vom 21. März 2013 ist geregelt:

"3. Home Office

Für Mitarbeiter, die von Eschborn nach Düsseldorf gewechselt sind, gilt die Betriebsvereinbarung "Home Office" des Standortes Düsseldorf vom 29. August 2012 (nachfolgend "BV Home Office") in ihrer jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe, dass bis zum 30. September 2014

- ein Rechtsanspruch auf "Home Office" besteht, soweit dem nicht dringende betriebliche Gründe entgegenstehen und

- bis zu 60% (bei Teilzeitmitarbeitern bis zu 80% mit der Möglichkeit einer Zwei-Wochen-Verblockung) der jeweiligen individuellen Arbeitszeit im Home-Office geleistet werden können.

Soweit der Aufnahme der Tätigkeit im Home Office im Einzelfall dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, teilt der Arbeitgeber diese dem Mitarbeiter auf Anfrage bis zum 03. Mai 2013 schriftlich mit. Zur Überprüfung der entgegenstehenden Gründe kann der Mitarbeiter die hierzu gebildete Kommission nach Ziff. 7 dieses Sozialplans anrufen. Diese hat bei ihrer Entscheidung die besonderen Umstände des Einzelfalls und berechtigten Belange des Mitarbeiters angemessen zu berücksichtigen.

Sollte es im Einzelfall für die Zeit nach dem 30. September 2014 dazu kommen, dass statt der vorstehenden Regelung die BV Home Office zur Anwendung gelangt, stellt dies einen Härtefall dar, der den Mitarbeiter dazu berechtigt, sich an die paritätische Kommission nach § 15 der BV Home Office zu wenden, die gehalten ist, eine Regelung zu treffen, die es dem Mitarbeiter ermöglicht, das Arbeitsverhältnis zu sozial verträglichen Bedingungen fortzuführen.

Ausweislich der Anlage 2 b - "Enterprise" zum Interessenausgleich (Kopie Bl. 57 d.A.) wird u.a. die - mit dem Kläger - insgesamt aus fünf Mitarbeitern bestehende Abteilung EPO (CRM & Sales Systems) der Hauptabteilung EP (Enterprise Sales Management & Fulfillment) vollständig dem Standort Düsseldorf zugeordnet. Mit Schreiben vom 05. April 2013 unterbreitete die Beklagte dem Kläger unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich, Sozialplan und ergänzende Betriebsvereinbarung vom 21. März 2013 das Angebot, mit Wirkung vom 01. Dezember 2013 in Düsseldorf zu im Übrigen unveränderten Konditionen weiterbeschäftigt zu werden. Nachdem der Kläger das Änderungsangebot nicht angenommen hatte, hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. Mai 2013 zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung des Klägers an. Mit Schreiben vom 28. Mai 2013 widersprach der Betriebsrat der Kündigung unter Hinweis unter anderem auf eine fehlerhaft unterbliebene Sozialauswahl und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger auf konkret benannten Stellen (Kopie Bl. 13 f. d.A. Anlage 1 der Klageschrift). Hiernach erklärte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 31. Mai 2013 die ordentliche Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen zum 30. November 2013, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist mit Ausnahme des Dienstsitzes zu unveränderten Konditionen am Standort Düsseldorf fortzusetzen. Der Kläger erklärte mit Schreiben an die Beklagte vom 14. Juni 2013, die Annahme des Angebots unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial gerechtfertigt ist.

Der Kläger wendet sich mit seiner am 14. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 26. Juni 2013 zugestellten Klage gegen die Änderungskündigung. Der Kläger hat eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats sowie eine ordnungsgemäße Entlassungsanzeige bestritten. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei sozial ungerechtfertigt, da er seine Tätigkeit zu annähernd 100% vom Home Office erbringen könne. Ein Anspruch auf den Beschäftigungsort Home Office ergebe sich zudem aus dem abgeschlossenen Sozialplan. Der Kläger hat weiter gemeint, die Beklagte könne ihn ferner auf von ihm benannten freien Arbeitsplätzen in Eschborn weiterbeschäftigen. Der Kläger hat des Weiteren die Durchführung einer Sozialauswahl verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 31. Mai 2013 sozial ungerechtfertigt ist oder aus anderen Gründen unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die ausgesprochene Änderungskündigung sei nicht zu beanstanden. Ausweislich des Interessenausgleichs vom 21. März 2013 habe die Beklagte unter anderem die freie Unternehmerentscheidung getroffen, die Abteilung EPO (CRM & Sales Systems) der Hauptabteilung EP (Enterprise Sales Management & Fulfillment) nebst sämtlicher ihrer 5 Mitarbeiter, Herrn D, Herrn E, Frau F, Herrn G sowie den Kläger mit Wirkung zum 01. Dezember 2013 nach Düsseldorf zu verlagern. Hierdurch falle der Arbeitsplatz des Klägers in Eschborn/Sulzbach mit gleicher Wirkung ersatzlos weg. Vor diesem Hintergrund sei die Beklagte nicht umhin gekommen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 2013 zu kündigen, verbunden mit dem Angebot einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01. Januar 2014 in Düsseldorf. Abstellend darauf, dass sämtliche fünf Mitarbeiter der Abteilung EPO von der Verlagerung ihres Arbeitsplatzes nach Düsseldorf betroffen waren, sei eine Sozialauswahl nicht vorzunehmen. Andere freie, dem Kläger gegebenenfalls zumutbare Arbeitsplätze, welche diesem zur Vermeidung der Änderungskündigung hätten angeboten werden können, seien im Unternehmen nicht vorhanden. Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, den Betriebsrat ordnungsgemäß im Sinne des § 102 BetrAVG mit Anhörungsschreiben Bl. 61-63 d.A. Anlage 6 der Klageerwiderung angehört zu haben und vor Ausspruch der Kündigung eine Massenentlassungsanzeige gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit mit ihrer Anzeige vom 29. Mai 2013 erstattet zu haben. Die Beklagte nimmt Bezug auf das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 13. Juni 2013 Anlage A7 zur Klageerwiderung (Bl. 64 d.A.).

Die Beklagte hat auch zu den einzelnen vom Kläger bzw. vom Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben genannten Positionen, auf denen eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Eschborn möglich sein soll, Stellung genommen mit dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 20. November 2013. Hier führt die Beklagte bezogen auf die einzelnen Positionen aus, dass diese ein Technik-Know-How voraussetzen und eine einschlägige Berufserfahrung, über die der Kläger nicht verfüge. Bezüglich einer Stelle "Produktmanager EMS" verweist die Beklagte darauf, dass diese ebenfalls mit Wirkung zum 01. Dezember 2013 nach Düsseldorf verlagert wurde. Weiter macht die Beklagte unter Vorlage entsprechender Anlagen weitere Ausführungen zu der Massenentlassungsanzeige. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vorbringens der Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 20. November 2013 nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte habe dem Kläger keine verbindliche Erklärung auf seine Nachfrage zum Umfang seiner Anwesenheitspflicht in Düsseldorf bzw. zum Umfang seiner Home Office-Tätigkeit gegeben. Das Arbeitsgericht hat deshalb angenommen, dass die Kündigung vor dem Hintergrund der bisherigen "Home Office"-Regelung und den nach dem Sozialplan vorgesehenen Möglichkeiten einer "Home Office"-Tätigkeit, ohne eine Konkretisierung inwieweit der Kläger auch weiter von zu Hause aus arbeiten kann, unverhältnismäßig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens und der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte innerhalb der zu Protokoll der Berufungsverhandlung vom 06. Mai 2015 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt. Die Beklagte meint, entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes sei sie weder im Hinblick auf das dem Kläger zugestandene Recht, einmal pro Woche seine Tätigkeit vom "Home Office" aus zu erbringen, noch im Hinblick auf die im Sozialplan vorgesehene Möglichkeit, seine Beschäftigung im Falle eines Wechsels nach Düsseldorf befristet bis zum 30. September 2014 vom "Home Office" aus zu erbringen, daran gehindert, im Wege freier Unternehmerentscheidung auch den Arbeitsplatz des Klägers von Eschborn nach Düsseldorf zu verlagern. Insbesondere sei es der Beklagten auch aus rechtlichen wie betrieblichen Gründen nicht möglich, geschweige denn zumutbar, den Kläger im Widerspruch zu den arbeitsvertraglichen Regelungen und Regelungen des Sozialplans ausschließlich und unbefristet vom "Home Office" aus arbeiten zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 2014 -15 Ca 4351 /13 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger trägt in der Berufungserwiderungsschrift vor, die Beklagte verkenne, dass das Urteil des Arbeitsgerichts auf der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes beruhe. Danach habe das Arbeitsgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die freie Unternehmerentscheidung nicht tangiert, sondern sich mit den sozialen Rechtsfolgen befasst, die sich dadurch nach dem Kündigungsschutzgesetz ergeben und darauf beruhend korrekt geurteilt.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 31. Mai 2013 nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes zu beurteilen ist. Mit dem Arbeitsgericht geht das Berufungsgericht auch davon aus, dass für eine betriebsbedingte Änderungskündigung nach § 2 KSchG hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 S. 1-3, Abs. 3 S.1, 2 KSchG vorliegen müssen. Sie ist sozial gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes darauf beschränkt hat, lediglich solche Änderungen anzubieten, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Im Rahmen des § 1 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 2 KSchG ist vor allem zu prüfen, ob ein Beschäftigungsbedürfnis für den betreffenden Arbeitnehmer zu den bisherigen Vertragsbedingungen entfallen ist und dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am Wenigstens beeinträchtigende Änderung angeboten wurde.

Anders als das Arbeitsgericht sieht das Berufungsgericht es jedoch als Teil der freien Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers an, ob der Arbeitsplatz des Klägers in Eschborn, in Düsseldorf oder ganz oder teilweise am Wohnsitz des Klägers im Home Office sich befinden soll. Die Beklagte war daher nicht gehalten, dem Kläger einen Arbeitsplatz "Home Office" anzubieten. Auch insoweit unterliegt es ihrer freien Unternehmerentscheidung, keinen Arbeitsplatz Home Office zu begründen. Die Beklagte hat sich auch darauf beschränkt, dem Kläger nur die Vertragsänderung anzubieten, die sich in Umsetzung ihrer Unternehmerentscheidung ergibt. Die Beklagte hat dem Kläger mit der Änderungskündigung das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitsort Düsseldorf zu im Übrigen unveränderten Bedingungen angeboten. Sollte der Kläger einen arbeitsvertraglichen Rechtsanspruch auf Beschäftigung an einem oder mehreren Arbeitstagen im Home Office haben, so bleibt dieser nach dem Änderungsangebot der Beklagten von der Änderungskündigung unberührt. Dass dem Arbeitnehmer bei Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die am Wenigstens beeinträchtigende Änderung angeboten werden muss, bedeutet nicht, dass der Arbeitgeber von der Unternehmerentscheidung, hier Verlagerung des Arbeitsplatzes von Eschborn nach Düsseldorf, Abstand nehmen muss und statt dessen einen Arbeitsplatz Home Office anbieten muss, auch wenn ihm dies aus betrieblichen Gründen möglich sein sollte. Dass dem Arbeitnehmer die am wenigsten beeinträchtigende Änderung anzubieten ist, kommt nur dann zum Tragen, wenn es bei Aufrechterhalten der Umsetzung der Unternehmerentscheidung Alternativen gibt. Besteht die freie Unternehmerentscheidung wie hier in der Verlagerung des Arbeitsplatzes von Eschborn nach Düsseldorf, so besteht, wenn man an der Freiheit der Unternehmerentscheidung festhalten will, zum Ausspruch der Änderungskündigung auf Verlagerung des Arbeitsplatzes nach Düsseldorf, keine Alternative. Die Rechtmäßigkeit der Änderungskündigung ist daher zu bejahen. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz nicht mehr um die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates. Ebenso wenig darüber, ob vergleichbare sozial stärkere Arbeitnehmer im Betrieb Eschborn weiterbeschäftigt werden oder ob ein freier Arbeitsplatz in Eschborn vorhanden ist, den der Kläger aufgrund seiner Qualifikation ausfüllen könnte. Auch die freie Unternehmerentscheidung der Beklagten, den Arbeitsplatz des Klägers nach Düsseldorf zu verlagern und der dadurch bedingte Wegfall einer Beschäftigungsmöglichkeit in Eschborn, ist zwischen den Parteien nicht in Streit. Ebenfalls nicht die Massenentlassungsanzeige. Es sind daher auch keine anderen Gründe für die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Änderungskündigung ersichtlich.

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Eine gesetzlich begründete Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht.

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