OLG Hamm, Urteil vom 15.09.2015 - 9 U 178/14
Fundstelle
openJur 2019, 33802
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Auf die Berufung des Klägers zu 2) wird das am 18.11.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld (2 O 298/13) einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben, soweit die Klage des Klägers zu 2) abgewiesen worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Wegen des erstinstanzlich vorgetragenen Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 137 ff. = 145 ff. GA) Bezug genommen.Das Landgericht hat den Kläger zu 2) persönlich angehört (vgl. Bl. 122 ff. = 129 ff. GA) sowie Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch kardiologischen Gutachtens des Sachverständigen Privatdozent T [vgl. dazu das lose bei den Akten befindliche schriftliche Gutachten vom 20.09.2014 und die nach der persönlichen Anhörung des Klägers zu 2) im Termin beim Landgericht erfolgten mündlichen Erläuterungen, Bl. 124 ff. = 131 ff. GA]. Es hat sodann mit dem angefochtenen Urteil (soweit hier von Belang) der Klage des Klägers zu 2) nur in geringem Umfang - 500,- € Schmerzensgeld sowie weitere 116,18 € an materiellem Schaden (konkret Untersuchungs- und Behandlungskosten) nebst Rechtshängigkeitszinsen - stattgegeben und sie ganz überwiegend abgewiesen. Zur Begründung seiner den Kläger zu 2) betreffenden Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:Die Klage des Klägers zu 2) sei aus §§ 7, 17, 18 StVG, 823 BGB, 115 Abs. 1 Satz 2 VVG nur im ausgeurteilten geringen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.- Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers zu 2) sei das Gericht nur davon überzeugt, dass dieser unmittelbar nach dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall vom 20.03.2013 unter körperlichem Unwohlsein, eingeschränkter Belastbarkeit und Beklommenheit gelitten habe; für diese nach Überzeugung des Gerichts unfallbedingten Beschwerden sei ein Schmerzensgeld in zuerkannter Hö- he von 500,- € angemessen.- Dagegen könnten weitergehende, ein höheres Schmerzensgeld rechtfertigende gesundheitliche Unfallfolgen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. - So sei nicht feststellbar, dass der Kläger zu 2) sich tatsächlich unfallbedingt eine Verstauchung und Zerrung der HWS, ein HWS-Schleudertrauma und eine Stauchung der BWS zugezogen habe. Die entsprechenden Diagnosen des behan- delnden Arztes Q beruhten ausschließlich auf subjektiven und nicht objektivierbaren Angaben des Klägers zu 2). Deshalb seien die auf zeugenschaftliche Vernehmung des Q und Einholung eines Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantritte ungeeignet. Es sei ausgeschlossen, dass ein Sachverständiger heute noch feststellen könne, ob der Kläger zu 2) im März 2013 unfallbedingt die behaupteten Schädigungen der HWS und BWS davongetragen habe. - Es lasse sich ferner nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen, dass der streitgegenständliche Verkehrsunfall Ursache des zwei Wochen später

festgestellten Vorhofflimmerns und des dadurch verursachten Schlaganfalles gewesen sei. Insoweit kämen dem Kläger zu 2) mangels Feststellbarkeit der behaupteten Primärverletzungen an HWS und BWS keine Beweiserleichterungen zugute. Solche Beweiserleichterungen würden ihm ohnehin nicht helfen, da nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen der behauptete Ursachenzusammenhang zwar nicht auszuschließen, aber extrem unwahrscheinlich sei. Insbesondere fehle es - mangels Feststellbarkeit wirklich zeitnahen Auftre- tens des Vorhofflimmerns und sonstiger spezifischer Beschwerden - an hinreichenden Indizien für den behaupteten Kausalzusammenhang und sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) bereits in 2001 einen schweren Herzinfarkt erlit- ten habe und das Vorhofflimmern bereits vor dem jetzigen Verkehrsunfall unbemerkt vorhanden gewesen sein könne.- Von den vom Kläger zu 2) geltend gemachten materiellen Schäden seien bei dieser Sachlage lediglich die Kosten für die - im Hinblick auf die HWS-Versteifung im August 2012 - durch den Unfall adäquat verursachte radiologische HWS-Kontroll- untersuchung von 47,15 € sowie die auf die unmittelbar nach dem Unfall erfolgten Behandlungen bei Q entfallenden Kosten von 69,03 € ersatzfähig. An- gesichts der einheitlichen Abrechnung des Schadensfalles für beide Kläger könne über die der Klägerin zu 1) bereits insoweit erstatteten 25,- € vom Kläger zu 2) auch keine weitere Unkostenpauschale beansprucht werden.- Der Feststellungsantrag sei mangels Feststellbarkeit gravierender unfallbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen, aus welchen sich die Möglichkeit von weiteren zukünftigen Folgeschäden ergeben könnte, unbegründet.- An vorgerichtlichen Anwaltskosten könne der Kläger zu 2) - bei berechtigten Forde- rungen von insgesamt nur 616,18 € - lediglich einen anteiligen Betrag von 67,43 € zzgl. Mehrwertsteuer ersetzt verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger zu 2) mit seiner Berufung. Er begehrt mit seinem Rechtsmittel in erster Linie Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, soweit zu seinem Nachteil entschieden worden ist; für den Fall einer eigenen Sachentscheidung durch den Senat begehrt er teilweise abändernd die vollumfängliche Verurteilung der Beklagten nach seinen Klageanträgen in erster Instanz. Zur Begründung führt der Kläger zu 2) - neben einer pauschalen Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen - ergänzend im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe die Klage des Klägers zu 2) zu Unrecht überwiegend abgewiesen. Seine Entscheidung beruhe auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs, schwerwiegenden Rechtsfehlern und völlig unzureichenden tatrichterlichen Feststellungen.Entgegen der Annahme des Landgerichts stehe zunächst eine unfallbedingte Primärverletzung fest. Insoweit genügten bereits die vom Landgericht selbst als unfallbedingt erachteten und auch von den Beklagten nicht weiter in Frage gestellten Beschwerden, für die ein Schmerzensgeld von 500,- € zugesprochen worden sei. Des Nachweises einer körperlichen Strukturverletzung bedürfe es insoweit nicht. Damit gelte hinsichtlich des Vorliegens weitergehender Unfallfolgen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der erleichterte Beweismaßstab des § 287 ZPO.Soweit das Landgericht die vorgetragenen und vom behandelnden Arzt diagnostizierten Verletzungen an HWS und BWS als nicht feststellbar erachtet habe, seien seine Feststellungen fehlerhaft und unvollständig. Die Diagnose des behandelnden Arztes habe keineswegs - wie vom Landgericht ohne jede sachliche Grundlage angenommen - nur auf subjektiven Angaben des Klägers zu 2) beruht, sondern auf einer ärztlichen Untersuchung, wie sich aus den vorgelegten Unterlagen hierzu (vgl. Bl. 31, 80 f., 100 ff. GA) ergebe. Die vorgelegten ärztlichen Berichte und Atteste reichten im Hinblick auf § 287 ZPO als Nachweis bereits aus. Jedenfalls habe das Landgericht die diesbezüglichen klägerischen Beweisantritte (Zeugnis Q und Einholung eines Sachverständigengutachtens) verfahrensfehlerhaft, insbesondere ohne Darlegung hinreichender eigener Sachkunde bzgl. seiner Annahme der Ungeeignetheit der angebotenen Beweismittel, übergangen. Schon wegen der letztlich sehr wohl feststellbaren HWS-/BWS-Verletzungen sei ein höheres Schmerzensgeld gerechtfertigt, als vom Landgericht zuerkannt.Unter Berücksichtigung des erleichterten Beweismaßstabs des § 287 ZPO sei ferner entgegen der Annahme des Landgerichts auch davon auszugehen, dass das zwei Wochen später anlässlich des aufgetretenen Schlaganfalles festgestellte Vorhofflimmern, das unstreitig Ursache dieses Schlaganfalls gewesen sei, ebenfalls - zumindest im Sinne einer haftungsrechtlich ausreichenden Mitursächlichkeit - Folge des streitgegenständlichen Verkehrsunfalles gewesen und dementsprechend ein Schmerzensgeld in der geltend gemachten Größenordnung zuzuerkennen sei.Soweit das Landgericht dies unter Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen anders gesehen habe, hätte es zuvor dem Kläger zu 2) von sich aus Gelegenheit zur Stellungnahme zu den ergänzenden, mehrere neue Gesichtspunkte und medizinische Zusammenhänge enthaltenden Ausführungen des Sachverständigen im Verhandlungstermin geben müssen. In diesem Falle hätte der Kläger zu 2) bereits in erster Instanz im nachfolgenden Sinne weiter vorgetragen.Die kardiale Vorerkrankung des Klägers zu 2) rechtfertige allenfalls die Annahme eines erhöhten Risikos für das Auftreten eines Vorhofflimmerns, was indes den Zurechnungszusammenhang keinesfalls ausschließe. Dafür, dass der Kläger zu 2) tatsächlich bereits vor dem streitgegenständlichen Unfall unter einem unbemerkten Vorhofflimmern gelitten habe, gebe es - wie sich auch aus den Ausführungen des Sachverständigen ergebe - keine Belege oder sonst gesicherte Erkenntnisse.Die vom Kläger zu 2) glaubhaft geschilderten und auch vom Landgericht zugrunde gelegten Beschwerden nach dem Unfall seien sehr wohl ein Indiz für ein unfallbedingt aufgetretenes Vorhofflimmern. Die gegenteilige Annahme des Landgerichts stehe in Widerspruch zu den Ausführungen des Sachverständigen, der diese Beschwerden prinzipiell als Symptome eines Vorhofflimmerns bezeichnet habe. Dass die Beschwerden generell auch ohne Vorhofflimmern erklärbar seien, stehe bei der gebotenen Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung des zwei Wochen - nach erstmaligen gezielten Untersuchungen - später gesichert diagnostizierten Vorhofflimmerns sowie unter Berücksichtigung des erleichterten Beweismaßstabs des § 287 ZPO der Feststellung eines Ursachenzusammenhangs zum Unfall nicht entgegen, zumal ein anderes Ereignis, das ein Vorhofflimmern ausgelöst haben könnte, weder dargetan noch ersichtlich sei. Dass unfallbedingt etwa ein Schock im medizinischen Sinne vorgelegen hätte, sei nach den Ausführungen des Sachverständigen keineswegs Voraussetzung für die Annahme eines durch den Unfall ausgelösten Vorhofflimmerns; denn als auslösendes Ereignis genüge, wie der Sachverständige bestätigt habe, prinzipiell jede ausgeprägte Stresssituation mit entsprechenden Blutdruckanstiegen.Da danach von der Unfallbedingtheit auch des Vorhofflimmerns und des nachfolgenden Schlaganfalles auszugehen sei, seien dem Kläger die geltend gemachten Behandlungskosten in vollem Umfang zu erstatten. Auch die geltend gemachte Unkostenpauschale sei ersatzfähig, weil eine solche jedem Unfallgeschädigten zustehe.Den Feststellungsantrag habe das Landgericht im Hinblick auf die sehr wohl zu bejahende (Mit-)Ursächlichkeit des streitgegenständlichen Unfalles auch für das Vorhofflimmern und den Schlaganfall ebenfalls zu Unrecht abgewiesen. Es habe bei dieser Sachlage die Möglichkeit von unfallbedingten Zukunftsschäden - mangels eigener Sachkunde - jedenfalls nicht ohne Einholung eines auch insoweit beantragten Sachverständigengutachtens verneinen dürfen.Die zu ersetzenden vorgerichtlichen Anwaltskosten seien danach nach einem Gegenstandswert von bis zu 30.000,- € zu berechnen. Auch die geltend gemachte Mehrvertretungsgebühr sei ersatzfähig.

Die Beklagten treten der Berufung des Klägers zu 2) entgegen und begehren deren Zurückweisung. Sie verteidigen das angefochtene Urteil und führen dabei - neben einer pauschalen Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen - ergänzend im Wesentlichen aus:Das Landgericht habe verfahrensfehlerfrei und auch in der Sache zutreffend entschieden. Anlass für eine abweichende Beurteilung und/oder eine Aufhebung und Zurückverweisung bestehe nicht.Das angefochtene Urteil stelle zunächst keine unzulässige Überraschungsentscheidung dar. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2) zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt und keinen Schriftsatznachlass beantragt habe. Auch bei Zugrundelegung des erleichterten Beweismaßstabs des § 287 ZPO sei der behauptete Kausalzusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Unfall und dem - erst zwei Wochen nach dem Unfall diagnostizierten - Vorhofflimmern, dem Schlaganfall und der daraus resultierenden Arbeitsunfähigkeit des in kardiologischer Hinsicht vorgeschädigten Klägers zu 2) in der Tat nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar. Denn nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sei ein solcher Zusammenhang eben nicht überwiegend wahrscheinlich, und zwar auch dann nicht, wenn man zugunsten des Klägers zu 2) von einer (weiterhin bestrittenen) unfallbedingten HWS-/BWS-Verletzung und einem (ebenfalls bestrittenen) unfallbedingten Schock ausgehe. Dass das Vorhofflimmern bereits zeitnah zum Unfall vorgelegen habe, bleibe bestritten und sei schon nicht substantiiert dargetan.Auch die behauptete unfallbedingte HWS-/BWS-Verletzung sei im Übrigen nicht bewiesen. Die vorgelegten Atteste reichten als Nachweis nicht aus. Auch der Vernehmung der behandelnden Ärzte habe es insoweit nicht bedurft.Ein unfallbedingt erlittener Schock sei nach den Ausführungen des Sachverständigen ebenfalls nicht feststellbar. Nach Auffassung der Beklagten sei in Ansehung der behaupteten weitergehenden Unfallfolgen - namentlich des Vorhofflimmerns und des Schlaganfalles - ohnehin der strenge Beweismaßstab des § 286 ZPO anzuwenden.

Die danach vom Landgericht zu Recht als Unfallfolge lediglich festgestellten Beschwerden (Unwohlsein etc.) seien mit dem zuerkannten Schmerzensgeld von 500,- € mehr als ausreichend und angemessen entschädigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers zu 2) ist zulässig und führt gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur - vom Kläger zu 2) auch ausdrücklich beantragten - Zurückverweisung der Sache an das Landgericht unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des zugrunde liegenden Verfahrens, soweit die Klage des Klägers zu 2) abgewiesen worden ist.

Der maßgebliche Sachverhalt bzgl. der in Streit stehenden gesundheitlichen Unfallfolgen ist vom Landgericht in der Tat nicht hinreichend aufgeklärt worden. Das landgerichtliche Urteil beruht insoweit auch auf gravierenden Verfahrensverstößen (unzureichende Sachaufklärung unter Übergehung von Beweisantritten). Schließlich ist aufgrund dessen noch eine aufwändige weitere Beweisaufnahme zu verschiedenen Punkten erforderlich und hält der Senat es nicht für angemessen, diese umfangreiche weitere Sachaufklärung in der 2. Instanz vorzunehmen und den Parteien damit letztlich eine Tatsacheninstanz zu nehmen.

Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:

1.Dass die Beklagten dem Kläger zu 2) gegenüber dem Grunde nach gem. §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB, 115 VVG in vollem Umfang zum Ersatz des durch den streitgegenständlichen Unfall verursachten materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet sind, steht zwischen den Parteien außer Streit.

2.Nach den - von den Beklagten nicht angegriffenen - Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger zu 2) (entsprechend seinen vom Landgericht für glaubhaft erachteten Angaben bei seiner persönlichen Anhörung, Bl. 122 f. GA) unfallbedingt direkt nach dem Unfall unter körperlichem Unwohlsein, eingeschränkter Belastbarkeit und Beklommenheit gelitten; für diese gesundheitlichen Unfallfolgen hat das Landgericht rechtskräftig ein Schmerzensgeld von 500,- € zuerkannt. Damit ist in der Tat eine unfallbedingte Primärverletzung festgestellt, für die jeglicher - (wie hier) nicht nur ganz unerheblicher - Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit genügt und keineswegs eine Verletzung der Körperstruktur erforderlich ist (vgl. dazu allgemein nur BGH, NJW 2013, 3634; OLG Hamm, NJW 2012, 1088; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 823, Rdn. 4 m. w. Nachw.). Dementsprechend gilt entgegen der Annahme des Landgerichts für alle behaupteten weiteren unfallbedingten Verletzungen und Verletzungsfolgen - einschließlich der vom Hausarzt zeitnah diagnostizierten HWS-/BWS-Verletzungen - der erleichterte Beweismaßstab des § 287 ZPO, wonach eine überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. dazu allgemein nur BGH, VersR 2009, 69).

3.Hinsichtlich der hier in Streit stehenden weitergehenden unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigungen hat das Landgericht den Sachverhalt verfahrensfehlerhaft in der Tat in mehrfacher Hinsicht nicht hinreichend aufgeklärt und dabei u.a. auch Beweisantritte des Klägers zu 2) übergangen. Ob darüber hinaus auch noch insoweit ein Verfahrensfehler vorliegt, als das Landgericht dem Kläger zu 2) nicht von sich aus noch Gelegenheit zur Stellungnahme zu den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen gewährt, sondern sogleich entschieden hat, erscheint dem Senat - nachdem abschließend zum Ergebnis der Beweisaufnahme verhandelt worden und keine Schriftsatzfrist beantragt worden ist - fraglich, ist aber letztlich unerheblich, weil auch unabhängig davon hinsichtlich der Frage der Unfallbedingtheit des Vorhofflimmerns und des dadurch verursachten Schlaganfalls noch eine weitere ergänzende Sachaufklärung geboten war und ist.a.Soweit das Landgericht die vorgetragenen unfallbedingten HWS-/BWS-Verletzungen ohne weiteres - namentlich ohne den klägerischen Beweisantritten nachzugehen - als nicht hinreichend sicher feststellbar erachtet hat, begegnen seine Feststellungen durchgreifenden Bedenken und sind diese auch verfahrensfehlerhaft erfolgt.Zunächst erscheint es dem Senat nicht nachvollziehbar, warum das Landgericht dem Kläger zu 2) nur seine Angaben zu den im angefochtenen Urteil festgestellten Beschwerden geglaubt hat, hingegen seine Angaben zu seinen zeitnahen Beschwerden im Hals- und Nackenbereich - vgl. dazu auch die diesbezügliche Dokumentation des behandelnden Hausarztes, Bl. 80 f. und 100 GA - lediglich als subjektiv und nicht objektivierbar angesehen, sie also letztlich nicht geglaubt hat.Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass die zeitnahe hausärztliche Diagnose der HWS-/BWS-Verletzung ausschließlich auf subjektiven Angaben des Klägers beruht, begegnet dies ebenfalls Bedenken. Denn aus den vorgelegten Unterlagen (Bl. 31, 80 f. und 100 GA) ergibt sich, dass der Kläger zu 2) sehr wohl auch untersucht worden ist. Die vorgelegten Unterlagen des behandelnden Arztes Q reichen allein als Nachweis der von diesem diagnostizierten HWS-/BWS-Verletzungen und deren Unfallbedingtheit (zumindest i.S. einer überwiegend wahrscheinlichen Mitursächlichkeit) zwar sicherlich nicht aus. In jedem Falle konnte und durfte aber das Landgericht nicht einfach ohne Beweisaufnahme die als Unfallfolge behaupteten und hausärztlich diagnostizierten HWS-/BWS-Verletzungen als nicht feststellbar und die diesbezüglichen Beweisantritte des Klägers zu 2) - Zeugnis Q und vor allem Sachverständigengutachten - als ungeeignet ansehen. Eine insoweit bestehende eigene Sachkunde ist weder vom Landgericht dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere wird nur ein Sachverständiger in der Lage sein, die vorliegenden Befunde - konkret die vom zu beauftragenden Sachverständigen noch komplett einzusehenden Unterlagen des Q (dessen Vernehmung es dann aus Sicht des Senats nicht noch zusätzlich bedarf) sowie auch die am 21.03.2013 erfolgte Röntgenaufnahme - auszuwerten und unter Mitberücksichtigung der Wirbelsäulen-Vorschädigung und der diesbezüglichen (ebenfalls vom Sachverständigen anzufordernden) Befunde die Frage zu beantworten, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit hier zeitnah tatsächlich HWS-/BWS-Verletzungen vorgelegen haben und jedenfalls mitursächlich auf dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall beruhen. Nach Auffassung des Senats wird letztlich sogar ein interdisziplinäres Sachverständigengutachten einzuholen sein, das in seinem unfallanalytisch/technischen Teil zunächst die ebenfalls höchst streitigen unfallbedingten Belastungen und Geschwindigkeitsänderungen klärt. Insgesamt hat danach das Landgericht hinsichtlich der Frage des Vorliegens unfallbedingter HWS-/BWS-Verletzungen den Sachverhalt verfahrensfehlerhaft unter Übergehung von Beweisantritten des Klägers zu 2) nicht hinreichend aufgeklärt und sind seine Feststellungen insoweit nicht tragfähig.b.Ein unfallbedingter Schock im medizinischen Sinne ist demgegenüber in der Tat mit dem Landgericht schon jetzt als nicht feststellbar anzusehen. Denn eine entsprechende zeitnahe Diagnose fehlt und der Sachverständige T hat für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass ein solcher Schock nach medizinischer Definition nicht vorgelegen hat (vgl. dazu S. 9 des schriftlichen Gutachtens). Hiergegen bringt auch die Berufung nichts vor.

c. Dagegen hat das Landgericht den Sachverhalt hinsichtlich der weiteren Streitfrage des Vorliegens eines unfallbedingten Vorhofflimmerns mit darauf beruhendem Schlaganfall ebenfalls verfahrensfehlerhaft nicht hinreichend aufgeklärt und bestehen auch insoweit Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen. Die bisherigen Ausführungen des Sachverständigen Privatdozent T sind nicht ausreichend, um wirklich tragfähige Feststellungen treffen zu können. Denn es fehlte ersichtlich an hinreichenden Feststellungsgrundlagen. Insoweit hat das Landgericht gebotene prozessleitende Maßnahmen unterlassen.Zunächst fällt auf, dass bislang überhaupt keine Exploration des Klägers zu 2) durch den Sachverständigen mit insbesondere umfassender Anamneseerhebung stattgefunden hat, auf die das Landgericht hätte hinwirken müssen. Auch haben dem Sachverständigen maßgebliche Vorbefunde aus der Zeit vor dem Unfall bzgl. der früheren Herzerkrankungen (namentlich die Befunde aus 1997 bei L in Bielefeld und aus 2001/2002 bei M in der Unfallklinik Marzahn und bzgl. etwaiger Nachbehandlungen) und insbesondere auch der EKG-Befund der Uniklinik Münster (U) nicht vorgelegen. Auch auf die Vorlage dieser größtenteils vom Sachverständigen in seinem Schreiben vom 26.06.2014 (Bl. 96 f. GA) selbst erbetenen Unterlagen hätte das Landgericht durch entsprechend eindeutige und konkrete Auflagen gegenüber dem Kläger zu 2) oder entsprechend konkrete Vorgaben gegenüber dem im Beweisbeschluss (Bl. 90 f. GA) zur selbständigen Anforderung weiterer Krankenunterlagen ausdrücklich ermächtigten Sachverständigen [ggfs.bei gleichzeitiger nochmaliger Anforderung einer entsprechenden Schweigerechtsentbindungserklärung des Klägers zu 2), die ggfs.auch im Rahmen der nachzuholenden Exploration abgegeben werden könnte] hinwirken müssen. Die (ausweislich Bl. 97 R GA) lediglich erfolgte schlichte Aufforderung an den Kläger zu 2), die vom Sachverständigen angeforderten Unterlagen bei dem - lediglich nach dem Unfall als Urlaubsvertreter des Hausarztes C tätig gewesenen - Q anzufordern und sie dann einzureichen, war bzgl. Art und Umfang der vom Kläger zu 2) verlangten Mitwirkung/Aktivität (Anforderung nur der Unterlagen von Q oder auch derjenigen der früher behandelnden Ärzte direkt bei diesen oder beim regulären Hausarzt C) zumindest missverständlich und reichte deshalb insoweit nicht aus. Ohne die - jeweils noch nachzuholende - Exploration mit Anamneseerhebung und Beiziehung der o.g. Vorbefunde fehlt es an einer hinreichend tragfähigen Grundlage für eine gutachterliche Beantwortung der hier in Rede stehenden Kausalitätsfrage. Schließlich bestehen auch Zweifel, ob dem Sachverständigen wirklich bewusst war, dass auch eine überwiegend wahrscheinliche Mitursächlichkeit des streitgegenständlichen Unfalls (als Auslöser) für das Vorhofflimmern und den darauf beruhenden Schlaganfall ausreicht; dies hätte dem Sachverständigen durch entsprechende Vorgaben klar gemacht werden müssen. Aus den vorgenannten Gründen sind auch hinsichtlich der hier erörterten Streitfrage die landgerichtlichen Feststellungen nicht tragfähig und wird auch insoweit der Sachverhalt noch weiter aufzuklären sein.4.Die landgerichtliche Entscheidung zum Nachteil des Klägers zu 2) beruht im Ergebnis auch auf der verfahrensfehlerhaft unzureichenden Sachaufklärung zu den genannten Punkten.Denn die Höhe des zuzuerkennenden Schmerzensgeldes hängt - wie im Übrigen auch das Vorliegen eines Feststellungsinteresses - naturgemäß davon ab, ob und inwieweit hinreichend sicher (mit überwiegender Wahrscheinlichkeit) festgestellt werden kann, dass die vorgetragenen weitergehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen eingetreten und vor allem durch den streitgegenständlichen Unfall mitverursacht worden sind, wobei eine mitursächliche Auswirkung einer vorerkrankungsbedingten Schadensanfälligkeit sich ggfs. schmerzensgeldmindernd auswirken könnte (vgl. dazu allgemein nur Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 253, Rdn. 16). Auch die Höhe des zuzuerkennenden materiellen Schadensersatzes - einschließlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten - hängt von der Feststellbarkeit weitergehender gesundheitlicher Unfallfolgen ab. 5.Da danach noch in mehrfacher Hinsicht umfangreiche weitere Sachaufklärung zu betreiben ist, deren erstmalige Durchführung in der Berufungsinstanz (wie bereits gesagt) aus Sicht des Senats nicht angemessen wäre, und der Kläger zu 2) auch einen entsprechenden Antrag gestellt hat, liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung und Zurückverweisung gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 ZPO vor.

6.Nach alledem war das landgerichtliche Urteil auf den entsprechenden Antrag des Klägers zu 2) gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO einschließlich des Verfahrens aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückzuverweisen, soweit das Landgericht die Klage des Klägers zu 2) abgewiesen hat. Das Landgericht wird nunmehr - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats - den Sachverhalt zu den genannten Punkten weiter aufzuklären und sodann im Rahmen der Aufhebung erneut in der Sache sowie auch über die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu entscheiden haben.Für das weitere Verfahren weist der Senat noch auf Folgendes hin:Eine Unkostenpauschale von 25,- € ist jedem durch einen Verkehrsunfall Geschädigten zuzubilligen (vgl. dazu allgemein nur Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 249, Rdn. 79). Dies gilt auch dann, wenn zwei Geschädigte ihre Ansprüche gemeinsam verfolgen.

Hinsichtlich der grundsätzlich als Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung ersatzfähigen vorgerichtlichen Anwaltskosten, die der Höhe nach maximal nur nach einem der Begründetheit der geltend gemachten Forderungen entsprechenden Gegenstandswert zu berechnen sind, ist der vom Kläger zu 2) gewählte und auch vom Landgericht im Ansatz übernommene Rechenweg mit anteiliger Aufteilung der Kosten auf beide Klageparteien grundsätzlich nicht zu beanstanden, da hier in der Tat eine Angelegenheit i.S. des § 15 RVG vorliegt und die Werte aller von dieser Angelegenheit umfassten Gegenstände gem. § 22 GKG zusammenzurechnen sind; eine Mehrvertretungsgebühr nach Ziffer 1008 des VV zum RVG ist indes nicht anzusetzen, da hinsichtlich der beiden Kläger der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit jeweils nicht derselbe war, wie von Ziffer 1008 Abs. 1 des VV zum RVG gefordert (vgl. zum Ganzen allgemein nur BGH, Urteil vom 08.05.2014 - IX ZR 219/13, zitiert nach juris). Allerdings ist derzeit nicht hinreichend dargetan, in welcher Höhe überhaupt vorgerichtlich Ansprüche des Klägers zu 2) geltend gemacht worden sind; bisher liegt nur ein Schreiben vom 05.04.2013 (Bl. 64 GA) vor, in welchem für den Kläger zu 2) lediglich ein Schmerzensgeld von vorläufig 1.000,- € und ein (im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemachter) Verdienstausfallschaden von vorläufig ebenfalls 1.000,- € verlangt worden sind. Insoweit müsste zur weiteren Vorkorrespondenz noch ergänzend vorgetragen werden.

7.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 Satz 1 ZPO. Eine Revisionszulassung war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die maßgebenden Fragen sind solche des Einzelfalles.