LG Frankfurt am Main, vom 10.08.2018 - 2-03 O 239/16
Fundstelle
openJur 2019, 31611
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits und die außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientinnen hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma ... (im Folgenden auch "X"). Er nimmt die beklagten Lieferanten auf Schadensersatz (212.200.000,00 €), Zinsen und Ersatz von Gutachterkosten (580.483,19 €) sowie auf Freistellung betreffend vorgerichtliche Anwaltskosten in Anspruch wegen angeblich überteuerten Bezuges von Drogerieartikeln im Zusammenhang mit kartellrechtswidrigem Informationsaustausch auf Lieferantenebene.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn ..., geb., Inhaber der Firma X, geschäftsansässig in der ..., .... Mit Beschluss vom 28.03.2012, Geschäftsnummer ..., hat das Amtsgericht ... - Insolvenzgericht - das Insolvenzverfahren über das Vermögen von X eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 1, Anlagenordner 1). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen von X ist noch nicht abgeschlossen. Der Geschäftsbetrieb von X ist mittlerweile allerdings eingestellt.

X gehörte zu den fünf größten deutschen Drogeriefilialisten und war im deutschen Markt lange Zeit Marktführer im Bereich des Handels mit Drogerieartikeln für Endverbraucher.

Die Beklagten sind Markenhersteller, von denen X Drogerieartikel bezog.

Auf Grundlage des Bonusantrags von ... (im Folgenden: "...") leitete das Bundeskartellamt im Jahr 2007 zunächst ein Verfahren gegen ..., die ... (im Folgenden auch "...") (Nebenintervenientin zu 1.), die ... GmbH (im Folgenden: "...") (Nebenintervenientin zu 2.), die ...GmbH (im Folgenden: "...") und ...(im Folgenden: "...") ein.

Gegenüber ..., ... GmbH und ...GmbH erließ das Bundeskartellamt jeweils am 19.02.2008 Bußgeldbescheide. Gegenüber ... erging der Bußgeldbescheid am 09.10.2008.

... wurde als Kronzeugin vor dem Hintergrund des Bonusantrags nicht durch das Bundeskartellamt bebußt. Mit ..., ..., ... und ... wurde das Kartellordnungswidrigkeitenverfahren im Wege der einvernehmlichen Verfahrensbeendigung ("Settlement") durch das Bundeskartellamt rechtskräftig abgeschlossen.

Im März 2008 leitete das Bundeskartellamt gegen alle Beklagten und die übrigen Streitverkündeten Kartellordnungswidrigkeitenverfahren ein. Alle Bußgeldbescheide sind bestandskräftig.

Im Rahmen der Bußgeldverfahren stellte das Bundeskartellamt fest, dass neben den Beklagten zu 1. bis 5. und den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 6. und 7. neun weitere Hersteller von Markenartikeln aus dem Drogerieproduktebereich und der Markenverband e.V. an einem kartellrechtswidrigen Informationsaustausch beteiligt gewesen seien. Laut der Bußgeldbescheide des Bundeskartellamts hatten die am Informationsaustausch beteiligten Markenhersteller von Drogerieartikeln auf den Sitzungen des Arbeitskreises "Körperpflege, Wasch- und Reinigungsmittel" (im Folgenden: "Arbeitskreis KWR") des Markenverbandes e.V. nicht öffentlich bekannte Informationen ausgetauscht. Gegenstand des Informationsaustauschs war beispielsweise, in welchem Stadium sich die Vertragsverhandlungen der Markenhersteller mit der Marktgegenseite befanden (z.B. "bereits begonnen", "Einigung wahrscheinlich/nicht wahrscheinlich", "abgeschlossen"). Es wird im Einzelnen Bezug genommen auf die Anlagenkonvolute K 9, K 10 (Fallbericht des Bundeskartellamtes vom 14.06.2013, Az. B11-17/06, aktualisierter Fallbericht des Bundeskartellamtes vom 26.05.2015, Az. B 11-17/06; Bußgeldbescheide des Bundeskartellamtes, 11. Beschlussabteilung, gegen die ..., Az. B 11-17/06-4, gegen ..., Az. B 11-17/06-2 und gegen ... ..., Az. B 11-17/06-3), auf die gegen die Nebenintervenientin zu 7. (Anlage GMW 4, Bd. 10, 3388 ff.) sowie gegen die Beklagten ergangenen Bußgeldbescheide (Anlagen K 3 - K 7, Anlagenordner 7; sowie Anlagen K 8 & K 9, Anlagenordner 8).

Die vom Bundeskartellamt festgestellten Verstöße bezogen sich auf den Zeitraum zwischen dem 31.03.2004 und dem 23.11.2006, wobei den Betroffenen unterschiedliche Teilnahmezeiträume zur Last gelegt wurden.

Der Kläger begehrt auf der Grundlage eines Privatgutachtens des Beratungsunternehmens ... (im Folgenden "...") Schadensersatz in Höhe von mindestens 212.200.000,00 €. Als Schaden errechnet er die (zwischen den Parteien streitige) Differenz zwischen dem tatsächlich an die beklagten Lieferanten gezahlten Preis und dem Preis, der nach seinem Vortrag ohne Einfluss des kartellrechtswidrigen Informationsaustauschs zustande gekommen wäre (Kartellpreis - Marktpreis = Schaden). Der Kläger ließ die Warenbezüge von X für den Zeitraum von März 2004 bis Dezember 2007 ... ermitteln und die durch die Absprachen des Kartells verursachten Schäden schätzen (Gutachten "Drogerieartikel-Kartellschadensberechnung: Gutachten für den Insolvenzverwalter über das Vermögen der X", erstellt im Juni 2016, vorgelegt als Anlage K 14, Anlagenband 1). Jenes Gutachten hat ... während des hiesigen Verfahrens im August 2017 ergänzt (Gutachten "...-Repliken X: Allgemeiner Teil und neun Einzelrepliken in der Sache Drogerieartikelkartell X", Anlage KR 30, Anlagenband 8).

Im Vorfeld der Klageerhebung unternahmen X bzw. der Kläger folgende Maßnahmen zur außergerichtlichen Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche:

X hatte durch seinen damaligen Rechtsbeistand, die Rechtsanwälte ..., mit Antrag vom 22.04.2008 Einsicht in die Akten des beim Bundeskartellamt zum "Drogerieartikelkartell" geführten Kartellordnungswidrigkeitenverfahrens beantragt. Mit Schreiben vom 27.10.2008 gewährte die 11. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes X Einsicht in die bestandskräftigen Bußgeldbescheide gegen die Nebenbetroffenen ..., ... ... und ... (Anlage K 10 und K 17, Anlagenband 1).

Nachdem der Kläger zum Insolvenzverwalter über das Vermögen von X bestellt worden war, beantragte er mit anwaltlichem Schreiben vom 14.08.2015 beim Bundeskartellamt Einsicht in die Akten der Kartellordnungswidrigkeitenverfahren (Anlage K 18, Anlagenband 1).

Mit Beschluss vom 10.06.2016 gewährte die 11. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes dem Kläger Einsicht in die zum Aktenzeichen B 11-17/06-AE erlassenen, rechtskräftigen und ohne schutzwürdige Angaben mittels Schwärzungen bereinigten Bußgeldbescheide gegen die am kartellrechtswidrigen Informationsaustausch beteiligten Unternehmen und den Markenverband e.V. (Beschluss der 11. Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes vom 10.06.2016, Az. B 11-17/06-AE, Anlage K 13, Anlagenordner 1) sowie deren Verantwortliche.

Im Jahr 2015 forderte der Kläger die Beklagten zur Abgabe von Verjährungsverzichtserklärungen auf. Die Beklagte zu 1. teilte dem Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 19.06.2015 (Anlage BDF 13, Anlagenordner 2) mit, dass "kein Anlass für die Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung" bestehe. Etwaige Ansprüche seien verjährt. Zudem gebe es "keine Grundlage für einen Schadensersatzanspruch von X".

Mit Antrag vom 30.11.2015 stellte der Kläger einen Güteantrag bei der Gütestelle ... (im Folgenden: "Gütestelle"), einer staatlich anerkannten Gütestelle im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Anlage K 19, Anlagenordner 1). Antragsgegner des Güteantrags waren die Beklagten zu 1. und 2. und zu 4. bis 7. sowie die ... (als Rechtsnachfolgerin von ...) (Nebenintervenientin zu 8.), ... (Nebenintervenientin zu 1.), ... ... (Nebenintervenientin zu 2.), ... GmbH (im Folgenden auch "...") (Nebenintervenientin zu 4.), ... und ... GmbH (Nebenintervenientin zu 7.). Am 01.12.2015 veranlasste die Gütestelle die Bekanntgabe des Güteantrags an sämtliche Antragsgegnerinnen.

Keine der Antragsgegnerinnen stimmte der Durchführung des Güteverfahrens zu. Vor diesem Hintergrund teilte die Gütestelle mit Schriftsatz vom 11.01.2016 das Scheitern des Antrags und die Beendigung des Verfahrens mit (Anlage K 21, Anlagenordner 1).

... stellte dem Kläger Gutachterkosten für die Erstellung des ersten Gutachtens in Höhe von 199.920,00 € brutto und 133.280,00 € brutto in Rechnung (Anlage K 22, Anlagenband 1), die der Kläger als Netto-Beträge geltend macht in Höhe von 280.000,00 €. Die Erstellung des ...-Zusatzgutachtens stellte ... dem Kläger ebenfalls in Rechnung (vorgelegt als Anlage K 32, Anlagenordner 8). Diese Rechnungen, so der streitige Vortrag des Klägers, habe er bezahlt.

Neben dem Ersatz des Kartellschadens begehrt der Kläger den Ersatz der Gutachterkosten sowie - betreffend die Beklagten zu 1., 2., 4. bis 7. - einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten für die Durchführung des Güteverfahrens in Höhe von 137.589,50 € (Gegenstandswert 181.751.442,00 €, 1,5 Geschäftsgebühr für Güteverfahren § 13 RVG, Nr. 2303 S. 1 Nr. 1 VV RVG, Pauschale).

Der Kläger ist der Auffassung, die Klage sei zulässig. Die Anträge seien hinreichend bestimmt. Denn der Kläger habe klargestellt, dass er ausschließlich aus eigenem Recht vorgehe (Schriftsatz vom 03.05.2018, dort S. 1 f., Bd. 13, Bl. 4210 d.A.).

Ihm stünde für die bis zum 30.06.2005 entstandenen kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 GWB in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung zu und für den Zeitraum ab dem 01.07.2005 aus § 33 Abs. 3 GWB.

Die Kartellbeteiligten, darunter die Beklagten zu 1. bis 5. und die Rechtsvorgängerinnen der Beklagten zu 6. und 7. hätten gegen das Kartellverbot des § 1 GWB bzw. Art. 81 EGV verstoßen. Die Kartellrechtswidrigkeit ergebe aus den Feststellungen des Bundeskartellamts. Die in den jeweiligen Bußgeldbescheiden enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen seien nach § 33 Abs. 4 GWB a.F. bindend. Dies gelte auch für den Zeitraum vor Einführung des § 33 Abs. 4 GWB zum 01.07.2004. Diese Norm, die die Bindungswirkung von etwa durch das Bundeskartellamt festgestellten Verstößen für die Gerichte regelt, gelte auch rückwirkend.

Der Kläger stützt die Hauptforderung auf Schäden, die X erlitten habe (Schriftsatz des Klägers vom 03.05.2018, dort S. 1, Bd. 13, Bl. 4212 d.A.). Er stützt seine Ansprüche im Falle einer "gruppeninternen Weiterwälzung" auf solche aus abgetretenem Recht (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 03.05.2018, dort S. 1 f., Bd. 13, Bl. 4212 f. d.A., siehe auch S. 15 des Urteils). Er meint, dass Xs Rolle als Zentraleinkäufer dem Schadensersatzanspruch nicht entgegenstehe. Er trägt hierzu vor, dass in der X-Gruppe der Einkauf zwar weitgehend - unstreitig - zentral über X organisiert worden sei. Soweit die Waren X-intern an die ... GmbH & Co. KG, die ... GmbH sowie die ... GmbH weiterveräußert wurden, habe sich der Kläger "durchgereichte" Schadensersatzansprüche von den Insolvenzverwaltern über das Vermögen jener X-gesellschaften abtreten lassen ("Bestätigungen der Abtretungsvereinbarungen", in Kopie zur Akte gereicht, Anlage KR 2, Anlagenordner 7). Die ausländischen Tochtergesellschaften hätten nicht über den X Zentraleinkauf in ... eingekauft, sondern direkt bei den Herstellern (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14, Bd. 8, Bl. 1744). Lediglich in sehr wenigen Einzelfällen sei es zu einem Weiterverkauf einzelner Waren von X an ausländische Tochtergesellschaften gekommen. Der Anteil der Waren, die ausländische Gesellschaften von X bezogen hätten, habe bei etwa 0,5 % des Gesamtvolumens gelegen (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14 f., Bd. 8, Bl. 1744 f.).

Die Ansprüche seien auch nicht verjährt. Weder sei eine kenntnisabhängige Regelverjährung anzunehmen noch sei für Schäden vor dem 01.07.2005 die absolute Verjährung eingetreten (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 147 ff., Bd. 8, Bl. 1878 ff.).

Der Kläger beantragt zuletzt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine Schadenersatzzahlung zu leisten, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 212.200.000,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von jährlich 4 Prozentpunkten seit dem 01.04.2004 und seit dem 01.07.2005 in Höhe 5 Prozentpunkten über Basiszins nach folgender Maßgabe:2.

Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die Gutachterkosten in Höhe von 580.483,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.3.

Die Beklagten zu 1., 2. und 4. bis 7. als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 137.589,50 € freizustellen.Die Beklagten und Nebenintervenienten zu 1. bis 3. sowie zu 5 bis 8. beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 7. beantragt hilfsweise,

die Klage abzuweisen, soweit sie die Beklagte zu 7. betrifft.

Die Beklagten zu 1., zu 2. und zu 6. rügen die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main unter Verweis auf die Entscheidung des EuGH in Sachen CDC - Hydrogen Peroxid (EuGH, Urteil vom 21.05.2015 - C-352/13 -, juris). Weder Handlungs- noch Erfolgsort im Sinne von § 32 ZPO würden im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Frankfurt am Main liegen (vgl. etwa Schriftsatz der Beklagten zu 1. vom 29.03.2017, dort S. 79 f., Bd. 4, Bl. 875 f. d.A.).

Die Beklagte zu 1. ist der Ansicht, dass die Klage betreffend die Gutachterkosten unzulässig sei, weil dem Kläger insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis zustünde. Der Weg über das Kostenfestsetzungsverfahren sei regelmäßig weniger aufwendig.

Die Beklagte zu 7. meint, dass die Klage deshalb unzulässig sei, weil der Antrag von einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten ausgehe (Schriftsatz der Beklagten zu 7. vom 28.03.2017, dort S. 21 ff., Bd. 3, Bl. 574 ff. d.A.). Eine gesamtschuldnerische Haftung könne nur innerhalb von Wettbewerbsverhältnissen angenommen werden, wenn also mehrere Kartellanten auch auf demselben relevanten Markt tätig seien, was vorliegend zu verneinen sei.

Die Beklagte zu 7. hat die Aufrechnung erklärt mit Gegenansprüchen wegen missbräuchlicher Ausübung der Nachfragemacht von X nach § 33 Abs. 1 GWB. Die Beklagte zu 7. beziffert ihre zur Aufrechnung gestellten Ansprüche auf mindestens 1.889.017,00 € (Schriftsatz der Beklagten zu 7. vom 28.03.2017, dort S. 35, Bd. 3, Bl. 588).

Die Beklagten und Nebenintervenienten bestreiten die Aktivlegitimation. Sie tragen vor, dass ein bestrittener Schaden an die Endkunden und/oder aber an in- und ausländische Xgesellschaften weitergereicht worden sei. Es sei entsprechend der ökonomischen Literatur von einem "Pass-on" auszugehen, wenn es um ein reines Handelsgeschäft ohne Wertschöpfung gehe (Schriftsatz der Beklagten zu 4. und 5., dort S. 80 ff., Bd. 5, Bl. 1105 ff. d.A.). Einen etwaigen Schaden könne X daher nicht geltend machen.

Die Beklagten zu 2. und zu 6. bestreiten, dass der Kläger sich "durchgereichte" Schadensersatzansprüche von den Insolvenzverwaltern über das Vermögen derjenigen Xgesellschaften (...GmbH & Co. KG, die ... ... GmbH sowie die ... GmbH) habe abtreten lassen, die von X intern Waren bezogen haben (Schriftsatz der Beklagten zu 2. vom 28.02.2018, dort S. 13 ff., Bd. 10, Bl. 3434 ff.; Schriftsatz der Beklagten zu 6. vom 28.02.2018, dort S. 12 ff., Bd. 11, Bl. 3694 ff. d.A.).

Die Beklagten und die Nebenintervenientinnen haben die Einrede der Verjährung erhoben. Sie meinen, das im Jahr 2015 eingeleitete Schlichtungsverfahren habe die Verjährung nicht hemmen können. Denn die Geltendmachung von eigenen Ansprüchen stelle einen eigenen Streitgegenstand gegenüber solchen aus abgetretenem Recht dar. Da der Kläger zunächst aus eigenem Recht vorgegangen sei und erst in der Replik im Jahr 2017 auf abgetretene Ansprüche umgestellt habe, seien alle Ansprüche verjährt (vgl. Schriftsatz der Beklagten zu 2. vom 28.02.2018, dort S. 15, Bd. 10, Bl. 3436 d.A.). Ansprüche seien auch verjährt, soweit sie vor dem 01.07.2005 entstanden seien. Vorliegend sei die absolute Verjährung nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB anwendbar. Die Verjährung sei auch nicht durch das Ermittlungsverfahren des Bundeskartellamts gehemmt worden, weil die Vorschrift des § 33 Abs. 5 GWB a.F. nicht auf Altfälle vor dem 01.07.2005 Anwendung finde (Schriftsatz der Nebenintervenientin zu 7. vom 29.03.2017, dort S. 26 f., Bd. 4, Bl. 780 f. d.A.).

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird - soweit noch nicht geschehen - auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Klage ist - entgegen der von den Beklagten zum Teil vertretenen Ansicht - zulässig.

a) Das Landgericht Frankfurt am Main ist örtlich zuständig nach den §§ 32 ZPO, 87 GWB i.V.m. § 42 JuZuVO Hessen (GVBL Hessen 2013, 386 ff., 401). Kartellrechtliche Verstöße sind "unerlaubte Handlungen" im Sinne des § 32 ZPO (Schultzky, in Zöller ZPO, 32. Aufl. 2018, § 32 Rn. 11 m.w.Nachw.). Der Handlungsort lag vorliegend im Bezirk des Landgerichts Frankfurt am Main. Jedenfalls zwei der KWR-Treffen fanden in dem dem Landgericht Frankfurt am Main zugewiesenen Bezirk statt. Zuständig ist das Gericht am Sitz eines mitbeklagten Kartellmitglieds auch für die übrigen (Schultzky, in Zöller ZPO, a.a.O., § 32 Rn. 20 Stichwort "Wettbewerbsbeschränkungen"). Das Gründungstreffen fand am 31.03.2004 in Frankfurt am Main statt. Ein weiteres Treffen fand am 25.01.2006 in Wiesbaden statt. Der Handlungsort lag damit zum Teil im Bezirk des Landgerichts Frankfurt am Main.

Der Vortrag der Beklagten, dass es zu keinem einheitlichen Austausch kartellrechtlich relevanter Daten gekommen und kein "Kartell" gegründet worden sei, spielt für die Bejahung der Zuständigkeit keine Rolle. Denn es gilt der Grundsatz, dass für die Zuständigkeitsfrage der schlüssige, doppeltrelevante Tatsachenvortrag (des Klägers) zugrunde zu legen ist.

Darüber hinaus folgt die örtliche Zuständigkeit auch aus den §§ 17 ZPO, 87 GWB i.V.m. § 42 JuZuVO Hessen. Die Beklagten zu 4. und zu 5. haben ihren allgemeinen Gerichtsstand (§ 17 ZPO) in Frankfurt am Main. Es liegt eine Zuständigkeitskonzentration vor und zwar derart, dass dies auch die Zuständigkeit für die übrigen Gesamtschuldner nach sich zieht (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2015 - 14d O 4/14 -, BeckRS 2016, 01136 - Rn. 51 - Autoglas-Kartell).

b) Die von der Beklagten zu 7. angezweifelte gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten steht - entgegen ihrer Ansicht - der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich um eine materiell-rechtliche, nicht jedoch um eine die Zulässigkeit der Klage betreffende Frage.

c) Dem Kläger steht mit Blick auf die Kosten für die Erstellung des Privatgutachtens ein Rechtsschutzbedürfnis zu. Zwar hat der Bundesgerichtshof das Rechtsschutzinteresse für ein klageweises Vorgehen grundsätzlich verneint, weil der Weg über das Kostenfestsetzungsverfahren regelmäßig weniger aufwendig ist (BGH NJW 2007, 3289 [Rn. 6]). Dem Kläger kann jedoch - wie im vorliegenden Fall - die ggf. komplexe Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit dem Grunde und der Höhe nach nicht verwehrt werden (vgl. BGH NJW 1990, 2060, 2061 [BGH 24.04.1990 - VI ZR 110/89] - Detektivkosten für Aufenthaltsermittlung des entzogenen Kindes).

d) Die Klage ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die Beklagten können nicht mit Erfolg anführen, dass der Kläger nicht hinreichend deutlich gemacht habe, in welchem Umfang er eigene Ansprüche geltend mache und in welchem Umfang er aus abgetretenem Recht vorgehe. Denn der Kläger hat jedenfalls mit Schriftsatz vom 03.05.2018 klargestellt, dass er "ausschließlich" eigene Ansprüche geltend mache und dass er hilfsweise aus abgetretenem Recht vorgehe, dies "... lediglich für den Fall, dass es den Beklagten gelingen sollte, nachzuweisen, dass ein (geringer) Anteil des bei X entstandenen Schadens an die Firmen ......, ... oder ...weitergegeben wurde und X sich dies im Wege der Vorteilsanrechnung auf die Höhe des eigenen Schadens anrechnen lassen muss" (Schriftsatz des Klägers vom 03.05.2018, dort S. 2, Bd. 13, Bl. 4213 d.A.). Die hierin liegende hilfsweise Klageerweiterung (eigene Ansprüche, hilfsweise auch solche aus abgetretenem Recht) lässt den Antrag zu 1. aber nicht unbestimmt werden. Es wird hinreichend deutlich, dass der Kläger primär eigene Ansprüche geltend machen und hilfsweise aus sekundärem Recht vorgehen möchte. Sollten hiernach Abgrenzungsschwierigkeiten verbleiben (etwa zum Umfang der Abtretung), berührt dies die Schlüssigkeit des Vortrags und nicht die Zulässigkeit der Klage. Es verbleiben weder Unklarheiten betreffend die Reichweite der Rechtskraft eines etwaigen Urteils (§ 322 ZPO) noch ist den Beklagten die Verteidigung dadurch erschwert, weil unklar wäre, welche prozessualen Ansprüche gegen sie erhoben werden. Vielmehr ist deutlich, worauf sich der Streitgegenstand bezieht (primär ausschließlich eigene Ansprüche, hilfsweise auch solche aus abgetretenem Recht).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Schadensersatzanspruch folgt insbesondere nicht aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 80 InsO i.V.m. § 1 GWB in der bis zum 30.06.2005 geltenden Fassung betreffend die kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen bis zum 30.06.2005 bzw. aus den §§ 33 Abs. 3 GWB a.F., 80 InsO für den Zeitraum ab dem 01.07.2005.

Die Klage ist nicht schlüssig begründet.

Es ist nicht hinreichend dazu vorgetragen, in welcher Höhe X die über die Beklagten bezogenen Waren X-intern weiterveräußert hat. Dies ist jedoch erforderlich, weil hiervon zum einen abhängt, ob dem Kläger oder nicht vielmehr den Insolvenzverwaltern der anderen X-Gesellschaften Schadensersatzansprüche zustehen (nachfolgender Abschnitt 2.a.) und zum anderen, in welchem Umfang etwaige Schadensersatzforderungen verjährt sind (nachfolgender Abschnitt 2.a.).

Im Einzelnen:

a) Der Kläger hat seine Aktivlegitimation nicht schlüssig dargelegt.

(1) Die Kammer legt als unstreitig zugrunde, dass X die streitgegenständlichen Waren in einem nicht näher bestimmten Umfang zu internen Verrechnungspreisen an die ...GmbH & Co. KG, die ... ... GmbH sowie die ... GmbH weiterveräußert hat.

Nach seinem eigenen Vortrag und auch nach dem Vortrag der Beklagten hatte X seinen Einkauf zentral organisiert und die auch von den Beklagten bezogenen Produkte dann innerhalb der X Gruppe an in- und ausländische Tochtergesellschaften weiterveräußert. Der Kläger hatte die X-interne Organisation des Warenbezugs in einer zur Akte gereichten "Power-Point"-Präsentation "Die X-Insolvenz aus Sicht des Insolvenzverwalters" selber beschrieben. Hierin heißt es auszugsweise wörtlich: "In ... wurde auch im Wesentlichen der Einkauf für die gesamte X-Gruppe betreut. Die X fungierte in diesem Zusammenhang als Zentraleinkauf für die einzelnen Tochtergesellschaften" ("Power-Point"-Präsentation dort S. 14, Anlage B 10, Anlagenordner 4 - Hervorhebung im Original enthalten). Der Kläger hat auch in seiner Replik ausgeführt, dass X den Zentraleinkauf im relevanten Kartellzeitraum für die deutschen Gesellschaften, mithin für die Firma ...GmbH & Co. KG, die Firma ... ... und die Firma ... ... GmbH übernommen habe. Grundlage seien konzerninterne Verrechnungspreise gewesen (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14, Bd. 8, Bl. 1744 d.A.).

Der Kläger hat den Zentraleinkauf lediglich bezogen auf die Auslandsgesellschaften bestritten und mit Blick auf jene dargelegt, sie hätten nicht über den X Zentraleinkauf in ... eingekauft, sondern direkt bei den Herstellern (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14, Bd. 8, Bl. 1744 d.A.). Lediglich in sehr wenigen Einzelfällen sei es zu einem Weiterverkauf einzelner Waren von X an ausländische Tochtergesellschaften gekommen. Der Anteil der Waren, die ausländische Gesellschaften von X bezogen hätten, habe bei etwa 0,5 % des Gesamtvolumens gelegen (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 15 Bd. 8, Bl. 1745 d.A.).

Nach alledem hat X im relevanten Kartellzeitraum auch solche hier in Streit stehende Waren zentral eingekauft und dann zu konzerninternen Verrechnungspreisen gruppenintern weiterveräußert.

(2) Vor diesem Hintergrund ist es zu einer Schadensverlagerung in nicht näher bestimmten Umfang auf andere X-Gesellschaften gekommen.

Bei der Schadensverlagerung auf konzern- bzw. gruppeninterne Gesellschaften bzw. auf Endkunden handelt es sich rechtlich um eine Vorteilsanrechnung, bei der ein zunächst eingetretener Schaden durch eine planmäßige Weiterveräußerung wieder ausgeglichen wird.

Ein Geschädigter, der wegen eines Verstoßes gegen kartellrechtliche Vorschriften Schadensersatz verlangt, muss es sich schadensmindernd anrechnen lassen, wenn es ihm gelungen ist, einen wegen des Verstoßes überhöhten Kaufpreis auf seine eigenen Abnehmer abzuwälzen (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - KZR 75/10 -, juris Rn. 69 - ORWI). Diese Abnehmer können den Schaden, der ihnen durch die Abwälzung entstanden ist, unmittelbar vom Schädiger ersetzt verlangen, weil dieser auf Grund des begangenen Verstoßes auch ihnen gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet ist. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner ORWI-Entscheidung insbesondere festgehalten, dass es das Interesse an einer Stärkung der privatrechtlichen Kartellrechtsdurchsetzung nicht rechtfertigt, die Ansprüche der geschädigten Folgeabnehmer zu verkürzen und stattdessen im Widerspruch zur Kompensationsfunktion des Schadensersatzrechts dem direkten Abnehmern und damit denjenigen Ansprüche zuzubilligen, die wirtschaftlich keinen dauerhaften Schaden erlitten haben (BGH, Urteil vom 28.06.2011 - KZR 75/10 -, juris Rn. 28 f. - ORWI).

Die Darlegungslast für eine Vorteilsanrechnung trifft den Kartellanten. Nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast oblag es vorliegend jedoch dem Kläger, insofern einen abgrenzbaren Sachverhalt vorzutragen. Denn während die Details zum gruppeninternen Warenbezug außerhalb der Wahrnehmungssphäre der Beklagten liegen, sind dem Kläger Angaben hierzu zumutbar. Immerhin konnte der Kläger betreffend die ausländischen Gesellschaften prozentuale Angaben dazu machen, in welchem Umfang Waren einerseits zentral über X und andererseits von den eigenständigen ausländischen X-Gesellschaften bezogen worden sind. Der Anteil der Waren, die ausländische Gesellschaften von X bezogen hätten, habe bei etwa 0,5 % des Gesamtvolumens gelegen (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14 f., Bd. 8, Bl. 1744 f. d.A.).

Seiner sekundären Darlegungslast ist der Kläger nicht nachgekommen. So hat der Kläger nicht ausgeführt, welchen Anteil des Waren-/Gesamtumsatzes von X auf den Handel mit inländischen Tochtergesellschaften entfiel. Ebenso wenig hat der Kläger dargelegt, welche (durchschnittlichen) konzerninternen Verrechnungspreise X verlangt hat, ob X ggf. sogar konzerninterne Gewinne erzielt, kostenneutral gearbeitet oder nicht vielmehr durch den X-internen Verkauf Verluste realisierte hat.

Somit kann die Kammer dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, in welchem Umfang ein etwaiger Kartellschaden bei X verblieben oder nicht vielmehr intern an andere X-Gesellschaften weitergereicht worden ist.

(3) Der Kläger kann insofern nicht mit Erfolg geltend machen, dass die zentrale Einkaufsstruktur in der X-Gruppe dem Schadensersatzanspruch mit Blick auf die Abtretung "durchgereichter" Schadensersatzansprüche nicht entgegenstehe.

Der Kläger hat vorgetragen, soweit X die Waren intern an die ...GmbH & Co. KG, die ... ... GmbH sowie die ... GmbH weiterveräußert habe, habe sich der Kläger "durchgereichte" Schadensersatzansprüche von den Insolvenzverwaltern über das Vermögen jener Xgesellschaften abtreten lassen (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14, Bd. 8, Bl. 1744; "Bestätigungen der Abtretungsvereinbarungen", in Kopie zur Akte gereicht, Anlage KR 2, Anlagenordner 7).

Der Kläger kann die kartellrechtlichen Schadensersatzansprüche jedoch nicht (hilfsweise) auf solche aus abgetretenem Recht stützten.

Vorliegend ist der Kläger zum einen beweisfällig geblieben, dass die Forderungen an ihn abgetreten worden sind. Er hat lediglich die "Bestätigungen der Abtretungsvereinbarungen" in Kopie zur Akte gereicht (Anlage KR 2, Anlagenordner 7). Er hat vorgetragen, die eigentliche Abtretungsvereinbarung sei mündlich im Jahr 2015 geschlossen worden (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 14, Bd. 8, Bl. 1744). Einen Beweis - jenseits der vorgelegten "Bestätigungen der Abtretungsvereinbarungen" - hat der Kläger jedoch nicht angetreten.

Zum anderen wären die Abtretungen auch unwirksam gewesen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters unwirksam, welche dem Insolvenzzweck der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger (vgl. § 1 S. 1 InsO) klar und eindeutig, also offensichtlich zuwiderlaufen (BGH NZI 2002, 375). Wirksam sind dagegen Verfügungen des Insolvenzverwalters, die nur unzweckmäßig oder sogar unrichtig sind (BGH NZI 2002, 375 mwN). Voraussetzung für die Unwirksamkeit ist danach außer einer Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten (BGH, Urteil vom 25.04.2002 - IX ZR 313/99 -, juris Rn. 28). Offensichtlich insolvenzzweckwidrig sind objektive schwerwiegende Verstöße, wie etwa Schenkungen aus der Masse (Uhlenbruck/Mock, Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 80 Rn. 84).

Hier stellt es einen solchen offensichtlichen Verstoß gegen den Insolvenzzweck der anderen Insolvenzverfahren über das Vermögen der drei X-Gesellschaften dar, dass Forderungen aus deren Vermögen ohne Gegenleistung ("Die Abtretung erfolgte unentgeltlich.", § 2 Abs. 2 der Vereinbarungen, Anlage KR 2, Anlagenordner 7) an den Kläger "verschenkt" worden sein sollen.

(4) Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 03.05.2018 (dort S. 1 f., Bd. 13, Bl. 4210 f.) klargestellt hat, dass er "ausschließlich" eigene Ansprüche geltend macht, wäre die Klage nicht schlüssig, da es ihm obliegt, darzulegen, in welchem Umfang der Schaden X-intern weitergereicht worden ist. Zwar ist der Schuldner (hier die Beklagten) betreffend die Vorteilsanrechnung darlegungs- und beweisbelastet. Allerdings bewertet es die Kammer - wie vorstehend ausgeführt - als unstreitig, dass der Einkauf vorliegend zentral über X organisiert war. Immerhin führt der Kläger dies auch so aus. Ihm oblag es sodann im Rahmen der sekundären Darlegungslast den X-internen Zentraleinkauf näher zu erklären, da Details zu diesem naturgemäß außerhalb der Wahrnehmung der Beklagten liegen.

(5) Aufgrund jener streitig gebliebenen Abtretungen bzw. deren Unwirksamkeit war der Kläger allenfalls bezogen auf die direkt an Endkunden erfolgte Warenveräußerung aktivlegitimiert. Es ist für die Kammer jedoch nicht ersichtlich, in welcher Höhe Schäden an andere X-Gesellschaften durchgereicht worden sind und in welcher Höhe der Kläger originär eigene Schadensersatzansprüche geltend machen könnte.

(6) Nach alledem ist die Aktivlegitimation des Klägers zu verneinen. Nachdem die Beklagten zu 2. und zu 6. auf die Problematik hingewiesen haben und diese auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, bedurfte es keiner weiteren ausdrücklichen Hinweise der Kammer.

b) Etwaige Schadensersatzansprüche wären darüber hinaus auch verjährt. Dies gilt jedenfalls für Ansprüche, die aus abgetretenem Recht geltend gemacht werden, was in Anwendung der Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast auch Folgen für Ansprüche aus eigenem Recht hat.

(1) Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben.

(2) Für die Verjährungsregelung des § 33h n.F. GWB gilt nach § 186 Abs. 3 GWB, dass die neuen Regelungen rückwirkend auf Ansprüche Anwendung finden, die nach dem 26.12.2016 entstanden sind.

Anders ist dies bei Ansprüchen, die - wie hier - vor dem 27.12.2016 entstanden sind. Hier regelt § 186 Abs. 3 GWB, dass § 33h GWB auf solche Ansprüche Anwendung findet, die am Tag der Gesetzesverkündung noch nicht verjährt sind.

Fragen des Beginns, der Hemmung, der Ablaufhemmung und des Neubeginns richten sich für Ansprüche, die vor dem 27.12.2016 entstanden sind, bis zum Tag der Gesetzesverkündung nach altem Recht (Gronemeyer/Slobodenjuk, DB 2017, 1010, 1016).

Es ist also zu fragen, ob die Schadensersatzansprüche - gemessen am alten Recht (Regelverjährung nach den §§ 195, 199 BGB) - am 09.06.2017 noch nicht verjährt waren.

Vor Einführung des § 33h GWB unterlagen Schadensersatzansprüche der regelmäßigen dreijährigen Verjährung, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage 2014, § 33 GWB Rn. 77).

Die Verjährung beginnt dann, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Maßgeblich ist auf die Kenntnis solcher anspruchsbegründenden Umstände abzustellen, die notwendig ist, um eine Klage erfolgversprechend, wenn auch nicht risikolos, erheben zu können (BGH NJW 2008, 2576 Rn. 275). Die Kenntnis aller Tatsachen ist nicht erforderlich, da bereits ab einer hinreichend großen Erfolgswahrscheinlichkeit des Prozesses die Geltendmachung des Anspruchs verlangt werden kann (BGH NJW 1994, 3092, 3093 [BGH 20.09.1994 - VI ZR 336/93]). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Gläubiger Beweisschwierigkeiten in einem Prozess hätte (BGH WM 2008, 1346 [BGH 03.06.2008 - XI ZR 319/06] Rn. 28) oder die Durchsetzung des Anspruchs Schwierigkeiten ausgesetzt wäre (KG ZIP 2010, 767, 769 [KG Berlin 22.09.2009 - 13 U 17/08]).

(3) Nach diesen Grundsätzen begann die Verjährung jedenfalls im Jahr 2013 und endete mit Ablauf des Jahres 2016. Davon geht der Kläger bezogen auf eigene Ansprüche selber aus (Schriftsatz des Klägers vom 28.08.2017, dort S. 148 f., Bd. 8, Bl. 1880 f. d.A.). Der Kläger hatte jedenfalls im Jahre 2013 durch den Fallbericht des Bundeskartellamtes vom 14.06.2013, Az. B11-17/06, Kenntnis von potentiellen Ansprüchen bzw. war grob fahrlässig in Unkenntnis hierüber.

(4) Verjährungshemmende Schritte hatte der Kläger jedoch nur betreffend eigener Ansprüche eingeleitet. Keine verjährungshemmende Wirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB entfaltet demnach das im Jahre 2015 eingeleitete Schlichtungsverfahren. Erst in seiner Replik (2017) hat er dargelegt, dass er sich die Schadensersatzansprüche von X-Unternehmen (d.h. von den jeweiligen Insolvenzverwaltern über das Vermögen von ...GmbH & Co. KG, ... ... GmbH und ... ... GmbH) habe abtreten lassen.

Es konnten nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB nur solche Ansprüche gehemmt werden, die auf demselben Streitgegenstand beruhen. Der Umfang der Hemmung wird durch den Streitgegenstand bestimmt. Betreffend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist anerkannt, dass die Klage aus eigenem Recht nicht die Verjährung des erst später geltend gemachten abgetretenen Anspruchs hemmt (BGH NJW 2005, 2004, 2005; auch Ellenberger, in: Palandt, 77. Aufl. 2018, § 204 Rn. 13). Für die Reichweite eines Streitbeilegungsantrags gilt dies entsprechend. Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsmaßnahmen gem. § 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch (BGH NJW-RR 2016, 372, 373). Bei einem eigenen Anspruch und einem solchen aus abgetretenem Recht liegen jedoch grundsätzlich zwei Streitgegenstände vor. In dem Übergang von einem Anspruch aus eigenem Recht zu einem solchen aus abgetretenem Recht liegt wegen der Änderung des dazu vorgetragenen Lebenssachverhalts ein Wechsel des Streitgegenstands im Sinne einer Klageänderung nach § 263 ZPO (BGH NJW 1996, 117 [BGH 17.10.1995 - VI ZR 246/94]).

Erst im Jahre 2017 - nach Eintritt der Verjährung - hat der Kläger mit seiner Replik den Streitgegenstand dahingehend geändert, dass er hilfsweise nunmehr auch abgetretene Ansprüche geltend macht, wobei er den Umfang der Abtretung offen gelassen hat.

Soweit nach Offenlegung der Abtretung durch den Kläger überhaupt originär eigene Ansprüche des Klägers - in Abgrenzung zu abgetretenen der anderen Xgesellschaften - in Rede stehen, hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, in welcher Höhe eigene (und ggf. nicht verjährte) Ansprüche geltend gemacht werden sollen und in welcher Höhe der Kläger abgetretene (und verjährte) Ansprüche geltend macht. Die Kammer ist der Ansicht, dass dem Kläger im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast jedenfalls eine prozentuale Angabe anhand des Gesamtumsatzes zumutbar ist. Da dies nicht geschehen ist, geht dies insgesamt zu seinen Lasten.

(5) Es kann nach alledem dahinstehen, ob eigene Ansprüche des Klägers rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist verjährungshemmend geltend gemacht worden sind. In welchem Umfang die Ansprüche bestehen, hatte der Kläger nämlich - wie vorstehend ausgeführt - nicht hinreichend dargelegt.

3. Da Schadensersatzansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht bestehen, scheiden auch Ansprüche auf Ersatz von Verzugszinsen betreffend den Schadensersatzanspruch (Antrag zu 1.), auf Ersatz der Gutachterkosten (Antrag zu 2.) und auf Freistellung von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung (Antrag zu 3.) aus.

4. Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten - nicht nachgelassenen - Schriftsätze der Nebenintervenientin zu 8. vom 23.05.2018 (Bd. 14, Bl. 4365 ff. d.A.), der Beklagten zu 7. vom 28.05.2018 (Bd. 14, Bl. 4380 ff. d.A.), der Nebenintervenientin zu 7. vom 04.06.2018 (Bd. 14, Bl. 4383 ff. d.A.), der Beklagten zu 6. vom 05.06.2018 (Bd. 14, Bl. 4389 ff. d.A.) und vom 05.07.2018 (Bd. 14, Bl. 4428 f.), der Beklagten zu 2. vom 05.06.2018 (Bd. 14, Bl. 4404 ff. d.A.) und vom 06.07.2018 (Bd. 14, Bl. 4430 f. d.A.) sowie des Klägers vom 12.06.2018 (Bd. 14, Bl. 4422 f. d.A.) waren unter Anwendung der Regelung des § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Sie boten auch keine Veranlassung zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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