BGH, Urteil vom 13.12.2018 - I ZR 51/17
Fundstelle
openJur 2019, 27721
  • Rkr:

Die Annahme eines auf die vollständige Vertragserfüllung gerichteten "ausdrücklichen" Wunsches eines Maklerkunden im Sinne von § 312d Abs. 3 BGB aF setzt voraus, dass der Maklerkunde vor Abgabe dieses Wunsches entweder über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist oder der Makler aufgrund anderer Umstände davon ausgehen konnte, dass der Kunde das Widerrufsrecht gekannt hat.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 28. März 2017 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Kiel vom 26. November 2014 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Beklagte ist Immobilienmakler. Er veröffentlichte auf einem Online-Portal eine Anzeige, in der eine Wohnung in K. zu einer monatlichen Kaltmiete von 525 € angeboten wurde. Im Falle des Abschlusses des Mietvertrags sollte der Mieter eine Provision in Höhe von 2,38 Nettokaltmieten zu zahlen haben.

Die Klägerin zu 2 übersandte dem Beklagten unter Verwendung des von diesem auf dem Portal bereitgestellten Kontaktformulars am 30. Mai 2012 folgende Nachricht:

Ich habe Ihr Angebot bei Immonet gefunden und bin an weiteren Informationen interessiert. Ich würde gerne so bald wie möglich einen Besichtigungstermin mit Ihnen vereinbaren. Wenn Sie es am Samstag, 02.06.2012, möglich machen könnten, würde ich mich sehr freuen.

Die Parteien einigten sich nachfolgend per E-Mail auf einen Besichtigungstermin am 6. Juni 2012. Der Beklagte teilte den Klägern die genaue Anschrift der Wohnung telefonisch mit. Bei der Besichtigung füllten die Kläger eine Selbstauskunft aus, in der die Höhe der Provision angegeben war. Der Beklagte belehrte die Kläger nicht über ein Widerrufsrecht. Im Anschluss an die Besichtigung wurde der Mietvertrag geschlossen. Die Kläger bezahlten am 8. Juni 2012 die Provision in Höhe von 1.249,50 € an den Beklagten. Am 5. August 2014 erklärten sie den Widerruf des Maklervertrags.

Die Kläger begehren vom Beklagten die Rückzahlung der Maklerprovision nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat ihrer Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, erstreben die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Gründe

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägern stehe kein Anspruch auf Rückgewähr der von ihnen gezahlten Provision gemäß § 346 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 355, 357 BGB in der Fassung zu, in der diese Vorschriften bis zum 12. Juni 2014 gegolten hätten. Dazu hat es ausgeführt:

Die Parteien hätten allerdings einen Nachweismaklervertrag im Fernabsatz geschlossen, so dass den Klägern ein Widerrufsrecht zugestanden habe, das auch nicht durch Zeitablauf erloschen sei. Der Beklagte sei seinen in solchen Fällen bestehenden Mitteilungspflichten nicht nachgekommen. Die Kläger hätten den Widerruf zudem innerhalb der für Altfälle geltenden maximalen Widerrufsfrist erklärt. Ihr Widerrufsrecht sei jedoch gemäß § 312d Abs. 3 BGB (aF)

erloschen. Der Maklervertrag sei auf ausdrücklichen Wunsch der Kläger von beiden Seiten vollständig erfüllt worden.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Kläger hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils erster Instanz. Den Klägern steht ein Anspruch auf Rückzahlung der Maklerprovision aus § 346 BGB in Verbindung mit §§ 312d, 355, 357 BGB in der Fassung zu, in der diese Vorschriften mit Ausnahme des im Streitfall nicht interessierenden § 312d Abs. 5 BGB bis zum 12. Juni 2014 gegolten haben und nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 32 Abs. 1 EGBGB für bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Verbraucherverträge grundsätzlich weiterhin gelten (im Weiteren: BGB aF). Das Berufungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien im Juni 2012 ein Maklervertrag zustande gekommen ist (dazu unter II 1), bei dem den Klägern gemäß § 312d Abs. 1 BGB aF ein Widerrufsrecht zugestanden hat, über das der Beklagte sie hätte belehren müssen (dazu unter II 2), das die Kläger auch fristgerecht ausgeübt haben (dazu unter II 3) und das zum Zeitpunkt des Widerrufs durch die Kläger am 5. August 2014 zudem nicht durch Ablauf der dafür bestimmten Frist nach § 355 Abs. 4 BGB aF, Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB erloschen war (dazu unter II 4). Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, das Widerrufsrecht der Kläger sei dadurch gemäß § 312d Abs. 3 BGB aF erloschen, dass der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch der Kläger hin vollständig erfüllt worden sei, bevor diese ihr Widerrufsrecht ausgeübt hätten (dazu unter II 5). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht verwirkt haben oder dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich ist (dazu unter II 6). Der Klageanspruch ist im Übrigen der Höhe nach im vollen Umfang begründet (dazu unter II 7).

1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass zwischen den Klägern und dem Beklagten im Juni 2012 im Fernabsatz ein Maklervertrag im Sinne des § 652 BGB zustande gekommen ist, der die Kläger zur Zahlung der vereinbarten Provision verpflichtete.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dann, wenn ein Makler in einem Inserat in der Zeitung oder im Internet eindeutig auf die fällig werdende Maklerprovision hinweist, der Interessent von einer eigenen Provisionspflicht ausgehen muss und der Makler bei der Bezugnahme des Interessenten auf die Anzeige von einem Angebot auf Abschluss eines entsprechenden Maklervertrags ausgehen kann. Der Beklagte habe schon in der Anzeige im Internet auf die Pflicht zur Provisionszahlung bei Abschluss des Mietvertrags hingewiesen. Daraufhin habe die Klägerin zu 2 unter Bezugnahme auf diese Anzeige Kontakt zum Beklagten aufgenommen und um einen baldigen Besichtigungstermin gebeten. Das darin liegende Angebot habe der Beklagte angenommen.

b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist zwischen den Klägern und dem Beklagten ein Maklervertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen.

aa) Die Parteien haben keine ausdrückliche Vereinbarung geschlossen, nach der der Beklagte für die Kläger als Makler tätig werden sollte und die Kläger hierfür eine Provision zu zahlen hatten. Ein Maklervertrag nach § 652 BGB kann aber grundsätzlich auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Hieran sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Dementsprechend kann in der Entgegennahme von Maklerdiensten nicht in jedem Falle und nicht ohne weiteres der Abschluss eines Maklervertrags gesehen werden. Der Makler muss vielmehr eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er Makler des Interessenten sein will, um auszuschließen, dass dieser ihn für den Makler des anderen Vertragsteils hält. Das geeignete Mittel hierfür ist ein ausdrückliches Provisionsverlangen. Wenn der Makler in einem Zeitungs- oder Internetinserat eindeutig auf die fällig werdende Maklerprovision hinweist, so dass der Interessent von einer eigenen Provisionspflicht ausgehen muss, kann er bei der Bezugnahme des Interessenten auf diese Anzeige von einem Angebot auf Abschluss eines solchen Maklervertrags ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - I ZR 30/15, NJW 2017, 1024 Rn. 17 mwN).

Diese Anforderungen an einen Vertragsschluss durch schlüssiges Verhalten galten zum Zeitpunkt der für die Beurteilung des Streitfalls maßgeblichen Rechtslage vor Einführung des "Bestellerprinzips" am 1. Juni 2015 auch für den Nachweis und die Vermittlung von Mietwohnungen. Seither darf der Wohnungsvermittler von Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume nach § 2 Abs. 1a WoVermittG kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, er holt gemäß § 6 Abs. 1 WoVermittG ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag zum Anbieten der Wohnung ein. Danach kann nach der seit dem 1. Juni 2015 geltenden Rechtslage in der Bezugnahme eines Interessenten auf ein Zeitungs- oder Internetinserat, mit dem ein Makler eine Mietwohnung anbietet, kein Angebot des Interessenten auf Abschluss eines Maklervertrags mehr gesehen werden, der eine eigene Provisionspflicht des Interessenten begründet.

bb) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass in der Bezugnahme der Klägerin zu 2 auf das Internetinserat, in dem die Provisionspflicht des Mieters eindeutig ausgewiesen war, ein Vertragsangebot auch für den Kläger zu 1 lag, das der Beklagte durch die Vereinbarung und Durchführung des Besichtigungstermins am 6. Juni 2012 und die Nennung der konkreten Anschrift angenommen hat.

Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat zwar zunächst nur die Klägerin zu 2 ein entsprechendes Angebot an den Beklagten gerichtet, da allein sie den Beklagten aufgrund der von diesem im Internet ver-

öffentlichten Anzeige kontaktiert hat. Das Berufungsgericht hat aber weiterhin festgestellt, dass sich "die Parteien" per E-Mail auf den Besichtigungstermin am 6. Juni 2012 geeinigt haben. Es ist daher davon ausgegangen, dass letztlich sowohl der Kläger zu 1 als auch die Klägerin zu 2 dem Beklagten ein Angebot gemäß § 145 BGB gemacht haben, das dieser gemäß § 147 BGB angenommen hat. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

2. Das Berufungsgericht hat ebenfalls zutreffend angenommen, dass, da der Vertrag zwischen den Parteien im Wege des Fernabsatzes zustande gekommen war, den Klägern gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB aF ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB aF zustand.

a) Nach § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF waren Fernabsatzverträge Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen wurden, sofern der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgte. Fernkommunikationsmittel waren nach § 312b Abs. 2 BGB aF Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden konnten, wie insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.

b) Der zwischen den Parteien zustande gekommene Maklervertrag stellte einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen dar, der unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln in Form von E-Mails und gegebenenfalls von aus Anlass der Vereinbarung des Besichtigungstermins vom 6. Juni 2012 geführten Telefonaten abgeschlossen worden ist, und damit einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB aF. Zu den Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB aF gehören auch Nachweis- sowie Vermittlungsmaklerverträge (vgl. dazu im Einzelnen BGH, NJW 2017, 1024 Rn. 33 bis 46; BGH, Urteil vom 7. Juli 2016 - I ZR 68/15, NJW-RR 2017, 368 Rn. 30 bis 43).

3. Das Berufungsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass der von den Klägern am 5. August 2014 erklärte Widerruf fristgerecht erfolgt ist.

a) Nach § 355 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB aF betrug die Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen 14 Tage, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB aF entsprechende Widerrufsbelehrung entweder bis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilt worden war und der Unternehmer im letzteren Fall den Verbraucher gemäß Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF unterrichtet hatte. Bei einer zu einem späteren Zeitpunkt erteilten Belehrung betrug die Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF einen Monat. Die Frist begann nach § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB aF zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher eine Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt bekam.

b) Danach hatte die Widerrufsfrist im Streitfall noch nicht zu laufen begonnen, als die Kläger den Widerruf am 5. August 2014 erklärten. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte die Kläger nicht über deren Widerrufsrecht belehrt.

4. Das Widerrufsrecht war zum Zeitpunkt des Widerrufs durch die Kläger am 5. August 2014 nicht nach § 355 Abs. 4 BGB aF, Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB durch Ablauf der dafür bestimmten Frist erloschen.

Nach § 355 Abs. 4 Satz 1 BGB aF erlosch das Widerrufsrecht grundsätzlich spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss, wobei diese Frist bei der Lieferung von Waren nach § 355 Abs. 4 Satz 2 BGB aF nicht vor deren Eingang beim Empfänger begann. Gemäß § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB aF erlosch das Widerrufsrecht allerdings dann nicht, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht entsprechend den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB aF in Textform belehrt worden war. Bei Dienstleistungen ist das danach fortbestehende Widerrufsrecht nach der insoweit einschlägigen Übergangsregelung des Art. 229 § 32 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB erst mit Ablauf des 27. Juni 2015 erloschen.

5. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht angenommen, das Widerrufsrecht der Kläger sei gemäß § 312d Abs. 3 BGB aF dadurch erloschen, dass der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch der Kläger hin vollständig erfüllt worden sei, bevor diese ihr Widerrufsrecht ausgeübt hätten.

a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts stand der von ihm vorgenommenen Beurteilung nicht entgegen, dass der Beklagte seiner Informationspflicht über das Widerrufsrecht nicht nachgekommen war. Der Verbraucher sei mit Blick auf die Belehrung über das Widerrufsrecht nicht schutzwürdig, wenn die angebotene Dienstleistung auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erbracht werde. Die Regelung des § 312d Abs. 3 BGB aF sei Ausdruck des Verbots eines widersprüchlichen Verhaltens gewesen. Ein solches Verhalten liege bereits darin, dass der Verbraucher zunächst noch vor Ablauf der Widerrufsfrist die Erfüllung der Leistungspflichten fordere und erhalte, den Vertrag danach aber doch rückgängig mache. Der Vergleich mit dem Wortlaut der Regelung in § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung zeige, dass es sich bei dem Wunsch um mehr handeln müsse als um eine Zustimmung oder Veranlassung zur Erbringung der Leistung. Erforderlich sei, dass die Initiative vom Verbraucher ausgehe; dass dieser lediglich auf das Leistungsangebot des Unternehmers reagiere und es annehme, genüge daher nicht. Im Streitfall habe der ausdrückliche Wunsch der Kläger darin gelegen, dass diese den Beklagten in Kenntnis seines Provisionsverlangens um einen möglichst zeitnahen Besichtigungstermin gebeten und bei dem Termin die Selbstauskunft ausgefüllt hätten, um einen baldigen Mietvertragsschluss herbeizuführen. Nicht erforderlich sei gewesen, dass die Kläger ausdrücklich die vollständige Erfüllung des Vertrags vor dem Ablauf der Widerrufsfrist gewünscht hätten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

b) Wenn der Unternehmer - wie der Beklagte im Streitfall (vgl. oben unter II 2 b) - eine Dienstleistung zu erbringen hatte, ist das dem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag zustehende Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 3 BGB aF auch dann erloschen, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat.

c) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Maklervertrag im Streitfall hinsichtlich der jeweiligen Hauptleistungspflichten von beiden Seiten auf Wunsch der Kläger vollständig erfüllt worden ist.

aa) Die Äußerung des Wunsches auf Vertragserfüllung stellt eine geschäftsähnliche Handlung dar (MünchKomm.BGB/Wendehorst, 6. Aufl., § 312d Rn. 53; vgl. zu der nunmehr allein noch für Verträge über die Erbringung von Finanzdienstleistungen geltenden Regelung des § 356 Abs. 4 Satz 3 BGB MünchKomm.BGB/Fritzsche, 7. Aufl., § 356 Rn. 42; BeckOGK/Mörsdorf, BGB, Stand: 15. November 2018, § 356 Rn. 54). Als solche unterliegt die Äußerung im Wesentlichen den für Willenserklärungen geltenden Regelungen (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 35 - Vorschaubilder I; Urteil vom 15. Dezember 2016 - VII ZR 221/15, NJW-RR 2017, 229 Rn. 44, jeweils mwN). "Wunsch des Verbrauchers" bedeutet Aufforderung zur Erfüllung (MünchKomm.BGB/Wendehorst aaO § 312d Rn. 53; MünchKomm.BGB/Fritzsche aaO § 356 Rn. 42, zu § 356 Abs. 4 Satz 3 BGB; vgl. auch Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 30. Aufl., § 8 Rn. 59, zu § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG; aA wohl Staudinger/ Thüsing, BGB [2012], § 312d Rn. 39). Die bloße Hinnahme der Erfüllung genügt nicht (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 312d Rn. 7).

bb) Nach diesen Maßstäben ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Erfüllung sei im Streitfall auf Wunsch der Kläger erfolgt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. In der Bitte um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins lag aus Sicht des Beklagten die Aufforderung zur Erbringung von Maklerleistungen. Zu diesen zählte auch bei der Vermittlung von Wohnraum zur Miete bereits die Preisgabe der Anschrift des nachzuweisenden Objekts (BGH, NJW-RR 2017, 368 Rn. 20).

(1) Die Revision macht in diesem Zusammenhang vergeblich geltend, in der Bitte um einen Besichtigungstermin habe lediglich die konkludente Aufforderung gelegen, mit einem ersten Teil der Maklerleistung zu beginnen. Mit der Initiative der Klägerseite war der Fortgang der Vertragserfüllung verbunden. Der Wunsch des Verbrauchers muss nicht sämtliche Vertragsbestandteile zum Gegenstand haben. Es genügt, dass der unmissverständliche Wunsch der Kläger nach einem baldigen Besichtigungstermin der Auslöser für die vollständige Vertragserfüllung ist.

(2) Ebenfalls keinen Erfolg hat der Einwand der Revision, die Selbstauskunft sei auf Betreiben des Beklagten ausgefüllt worden. Insoweit ist unerheblich, dass nach dem Vortrag des Beklagten den Mietinteressenten bei Besichtigung der Wohnung eine Selbstauskunft vorgelegt wurde, die zusammenfassend nochmals die Einzelheiten zu der Wohnung einschließlich der Provisionspflicht enthielt. Auch im Ausfüllen der vorgelegten Selbstauskunft lag keine bloße Entgegennahme der Erfüllung. Vielmehr brachten die Kläger mit der Abgabe einer Selbstauskunft erneut ihren Wunsch zum Ausdruck, dass der Vertrag erfüllt werden solle.

d) Der Maklervertrag ist im Streitfall aber nicht im Sinne von § 312d Abs. 3 BGB aF auf "ausdrücklichen Wunsch" der Kläger von beiden Seiten vollständig erfüllt worden, bevor sie ihr Widerrufsrecht ausgeübt hatten. Der Annahme, die Kläger hätten im Sinne von § 312d Abs. 3 BGB aF ausdrücklich die Vertragserfüllung gewünscht, steht entgegen, dass keine Umstände vom Berufungsgericht festgestellt oder vom Beklagten vorgetragen worden sind, die auf eine Kenntnis der Kläger von ihrem Widerrufsrecht schließen lassen.

aa) Die Frage, ob die Äußerung eines im Sinne von § 312d Abs. 3 BGB aF "ausdrücklichen Wunsches" des Verbrauchers dessen vorherige ordnungsgemäße Information über das Widerrufsrecht (so zu § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG MünchKomm.VVG/Eberhardt, 2. Aufl., § 8 Rn. 44) oder zumindest die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Widerrufsrechts voraussetzte (so MünchKomm.BGB/Wendehorst aaO § 312d Rn. 55; zu § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG vgl. LG Offenburg, VersR 2012, 1417, 1418 [juris Rn. 24]; Bruck/Möller/Knops, VVG, 9. Aufl., § 8 Rn. 57; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 5. Aufl., § 8 Rn. 17; Heinig/ Makowsky in Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 8 Rn. 25; Ebers in PK-VVG, 3. Aufl., § 8 Rn. 60; Prölss/Martin/Armbrüster aaO § 8 Rn. 60; aA Reusch, VersR 2013, 1364, 1367) oder aber der Verlust des Widerrufsrechts bei Verlangen der sofortigen Erfüllung durch den Verbraucher auch bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung hinzunehmen war (so Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 312d Rn. 16; Palandt/Grüneberg aaO § 312d Rn. 7; jurisPK-BGB/Junker, 6. Aufl., § 312d Rn. 39; zu § 356 Abs. 4 Satz 3 BGB vgl. BeckOGK/Mörsdorf aaO § 356 Rn. 54), war umstritten, solange die Vorschrift des § 312d Abs. 3 BGB aF gegolten hat.

bb) Der Bundesgerichtshof hat nach Verkündung des in der vorliegenden Sache ergangenen Berufungsurteils zu der mit § 312d Abs. 3 BGB aF im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG entschieden, die Annahme eines auf die vollständige Vertragserfüllung gerichteten "ausdrücklichen Wunsches" des Versicherungsnehmers setze voraus, dass dieser vor Erklärung des Wunsches entweder über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei oder der Versicherer aufgrund anderer Umstände habe davon ausgehen können, dass der Versicherungsnehmer das Widerrufsrecht gekannt habe (BGH, Urteil vom 13. September 2017 - IV ZR 445/14, NJW 2017, 3784 Rn. 17).

cc) Die Regelung des § 312d Abs. 3 BGB aF ist im selben Sinne zu verstehen. Insoweit ist es ebenfalls erforderlich, dass der Verbraucher im Zeitpunkt des von ihm erklärten Erfüllungswunsches über sein Widerrufsrecht belehrt war oder dieses aus Sicht des Unternehmers immerhin kannte. Der Sinn und Zweck der Regelung des § 312d Abs. 3 BGB aF spricht entscheidend dafür, dass das dem Verbraucher in § 312d Abs. 1 BGB aF eingeräumte Widerrufsrecht nur dann entfiel, wenn der Verbraucher von ihm Kenntnis hatte.

Die Bestimmung des § 312d Abs. 3 BGB aF ist - wovon auch das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist - Ausdruck des allgemeinen Verbots widersprüchlichen Verhaltens (vgl. BGH, NJW 2017, 3784 Rn. 16, zu § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG). Ihr Zweck erschließt sich nicht allein aus dem Gedanken der Rechtssicherheit und aus der Überlegung, dass für einen Widerruf bei vollständiger Vertragserfüllung kein Anlass mehr besteht, weil das Schuldverhältnis durch einen vollständigen Leistungsaustausch zwischen den Parteien abgewickelt worden ist. Diese beiden Gesichtspunkte erklären nicht, weshalb das Erlöschen des Widerrufsrechts einen auf eine vollständige Vertragserfüllung gerichteten "ausdrücklichen Wunsch" des Verbrauchers voraussetzt. Dieses zusätzliche Tatbestandsmerkmal stellt sich nur dann als sinnvoll dar, wenn man die Bestimmung als Ausdruck des Verbots widersprüchlichen Verhaltens versteht (vgl. zu § 8 Abs. 3 Satz 2 VVG BGH, NJW 2017, 3784 Rn. 16). Ein solches Verhalten liegt vor, wenn der Verbraucher die vollständige Erfüllung des Vertrags in Kenntnis des Widerrufsrechts wünscht, gleichwohl aber das Widerrufsrecht ausübt und die Rückabwicklung des Vertrags verlangt.

dd) Der hier vorgenommenen Beurteilung steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es im Streitfall anders als im dem Urteil des IV. Zivilsenats vom 13. September 2017 zugrundeliegenden Fall nicht um einen Versicherungsvertrag und damit um ein Dauerschuldverhältnis geht, sondern um einen auf den alsbaldigen Austausch der beiderseitigen Leistungen gerichteten und nachfolgend auch zeitnah im vollen Umfang erfüllten Vertrag. Die im Streitfall einschlägig gewesenen gesetzlichen Bestimmungen haben in dieser Hinsicht keine Unterscheidung vorgenommen.

ee) Der beklagte Makler wird durch die vorliegend vorgenommene Beurteilung im Übrigen nicht rechtlos gestellt. Ihm hätte ein Anspruch auf Wertersatz für die von ihm geleisteten Maklerdienstleistungen zugestanden, wenn er diese erst erbracht hätte, nachdem er die Kläger in der gemäß § 312e Abs. 2 Nr. 1 BGB aF geboten gewesenen Weise informiert hätte und die Kläger daraufhin gemäß § 312e Abs. 2 Nr. 2 BGB aF ausdrücklich einem sofortigen Beginn der Ausführung der Dienstleistung durch den Beklagten zugestimmt hätten.

6. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger ihr Widerrufsrecht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwirkt haben oder dessen Ausübung rechtsmissbräuchlich ist.

a) Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs könne auch beim Vorliegen von Belehrungsmängeln schutzwürdig sein. Im Streitfall geht es nicht um einen im Einzelfall möglicherweise nicht ins Gewicht fallenden Belehrungsmangel; vielmehr ist eine Belehrung der Kläger hier völlig unterblieben.

b) Bei einem Widerrufsrecht ist zwar auch eine Verwirkung denkbar (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 449/16, NJW 2018, 223 Rn. 19 mwN) und kann seine Ausübung zudem eine unzulässige Rechtsausübung darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 39 mwN). Im Streitfall fehlt es jedoch an Anhaltspunkten für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Anders als in der von der Revisionserwiderung für ihren gegenteiligen Standpunkt angeführten Entscheidung (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 455/16, juris Rn. 21) war die Widerrufsbelehrung hier nicht nur fehlerhaft, sondern fehlte gänzlich.

7. Da das Widerrufsrecht der Kläger danach nicht erloschen ist, waren diese aufgrund ihres fristgerecht erklärten Widerrufs gemäß § 355 Abs. 1 BGB aF nicht mehr an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen gebunden.

Gemäß § 357 Abs. 1 BGB aF hatte die Rückabwicklung des Vertrags nach § 346 BGB zu erfolgen. Danach waren die Vertragsparteien zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen verpflichtet, wenn der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machte. Dem Beklagten stand auf der Grundlage des § 357 Abs. 1 BGB aF in Verbindung mit § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB allerdings kein Anspruch auf Wertersatz zu. Nach § 312e Abs. 2 BGB aF hatte der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen abweichend von § 357 Abs. 1 BGB aF Wertersatz nur dann zu leisten, wenn er vor der Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden war (Nr. 1) und er ausdrücklich zugestimmt hatte, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung begann (Nr. 2). Im Streitfall waren beide Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. oben unter II 3 b und II 5 d).

Den Einwand, er sei hinsichtlich des von ihm an das Finanzamt abgeführten Mehrwertsteuerbetrags entreichert, den der Beklagte in seinem allein zu dem Tatsachenvorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 23. Oktober 2014 nachgelassenen Schriftsatz vom 6. November 2014 erhoben hat, hat das Amtsgericht mit Recht als gemäß § 296a ZPO verspätet zurückgewiesen. Damit war der Beklagte mit diesem Vorbringen auch in der Berufungsinstanz ausgeschlossen (§ 531 Abs. 1 ZPO).

Der Zinsanspruch beruht auf § 357 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB aF in Verbindung mit § 286 Abs. 3, § 288 Abs. 1 BGB.

III. Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache danach zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Koch Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke Vorinstanzen:

AG Kiel, Entscheidung vom 26.11.2014 - 119 C 168/14 -

LG Kiel, Entscheidung vom 28.03.2017 - 1 S 4/15 -