LAG Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.2017 - 4 TaBVGa 7/17
Fundstelle
openJur 2019, 23653
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 BVGa 18/17

1.Zur Auslegung und Durchsetzung eines Antrags auf Freistellung von Kosten für eine noch durchzuführende Betriebsratsschulung.

2.Dem Betriebsrat kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Gewährung einer Schulung für seine Mitglieder nicht entgegengehalten werden, er könne den Schulungsanspruch zunächst durch finanzielle Vorleistungen Dritter, etwa seiner Mitglieder, sichern und benötige daher keine einstweilige gerichtliche Hilfe (a. A. Hessisches LAG, 22.05.2017 - 16 TaBVGa 116/17, juris).

3.Ist der Verfügungsanspruch zweifelhaft (hier wegen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu klärenden Frage der Tariffähigkeit einer Gewerkschaft), bedarf es für den Erlass einer sogenannten Leistungs- bzw. Befriedigungsverfügung im Rahmen einer Folgenabwägung eines besonderen Verfügungsgrundes (hier: der bloße Untergang des Anspruchs auf eine bestimmte Betriebsratsschulung wegen Zeitablaufs rechtfertigt den Erlass der Verfügung angesichts der damit verbundenen Kosten von über 6.000,00 € nicht, wenn nicht weitere Nachteile zu besorgen sind).

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.10.2017 - 3 BVGa 18/17 - wird zurückgewiesen.

Tatbestand

Der antragstellende Betriebsrat begehrt im einstweiligen Verfügungsverfahren zweitinstanzlich noch die Verpflichtung der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin, zwei seiner Mitglieder von den Kosten für die Schulung "Arbeitsrecht Teil 1" (Seminargebühr, Vollpension, Reisekosten etc.) vom 11. 12.2017 bis zum 15.12.2017 freizustellen.

Die Arbeitgeberin erbringt von ihrem Sitz in S. und rund 80 Depots in Nordrhein-Westfalen aus Postdienstleistungen. Am 08.02.2016 wurde durch rechtskräftigen Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (14 Ta 35/15) nach jahrelangem Rechtsstreit für zwei Depots in N. ein Wahlvorstand bestellt. Die Arbeitgeberin schloss daraufhin am 18./20.04.2016 mit der Christlichen Gewerkschaft Postservice und Telekommunikation (CGPT) einen Tarifvertrag "über Betriebsratsstrukturen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BetrVG" (Zuordnungs-TV). Am 18.07.2016 wählten die Arbeitnehmer der beiden N. Depots einen fünfköpfigen Betriebsrat. Ein von der Arbeitgeberin gegen diese Wahl eingeleitetes Anfechtungsverfahren ist ausgesetzt (ArbG Düsseldorf, 3 Bv 334/16). Am 28.10.2016 wurde auf Grundlage des Zuordnungs-TV ein weiterer, unternehmenseinheitlicher Betriebsrat mit 15 Mitgliedern gewählt und das Wahlergebnis anschließend bekannt gegeben. Ein vom N. Betriebsrat gegen diese Wahl eingeleitetes Anfechtungsverfahren führte zur Zurückweisung der Anträge, da die Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats wirksam sei (ArbG Düsseldorf 04.05.2017 - 5 Bv 349/16). Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist anhängig beim LAG Düsseldorf (7 TaBv 40/17; Termin am 13.12.2017).

Am 06.10.2017 fasste der N. Betriebsrat den Beschluss, zwei seiner Mitglieder zu dem Grundlagenseminar "Arbeitsrecht I" in Hamburg für den Zeitraum 27.11. bis 01.12.2017 oder ersatzweise zu dem inhaltsgleichen Seminar in Köln im Zeitraum 11. bis 15.12.2017 zu entsenden. Ferner beschloss er, seinen Schulungsanspruch durch seinen Verfahrensbevollmächtigten gerichtlich durchzusetzen.

Die Arbeitgeberin erklärte sich ausschließlich zur Übernahme der Kosten für das Seminar in Köln bereit, allerdings ohne Übernachtungskosten.

Mit seinem am 10.11.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Betriebsrat die Auffassung vertreten, einen Anspruch auf Schulung und vollständige Kostenübernahme einschließlich der Übernachtungskosten zu haben. Für dieses Verfahren sei zu unterstellen, dass er nach wie vor im Amt sei. Zudem ergebe sich aus der vorgelegten Beschwerdebegründung zum Verfahren mit dem Az. 7 TaBv 40/17, dass die erstinstanzliche Entscheidung zur Wirksamkeit der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats fehlerhaft und deshalb abzuändern sei.

Auch müsse der Betriebsrat die Möglichkeit haben, seinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Schulung im Eilverfahren geltend zu machen, da sonst ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet sei. Er behauptet diesbezüglich, dass die entsandten Betriebsratsmitglieder finanziell nicht in der Lage seien, die Übernachtungskosten für das Seminar vorzustrecken, so dass der Schulungsanspruch leer liefe, wollte man den Antragsteller auf das Hauptsacheverfahren verweisen.

Die Arbeitgeberin hat demgegenüber geltend gemacht, der Betriebsrat habe schon deshalb keinen Anspruch auf Schulung und Kostenübernahme, weil seine Amtszeit mit der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats geendet habe. Zudem sei die Teilnahme an einem räumlich weit entfernten Seminar nicht erforderlich, wenn ortsnah, wie in Köln, inhaltsgleiche Seminare angeboten werden. Eine Übernachtung am Seminarort Köln sei nicht erforderlich, eine Teilnahme der Betriebsratsmitglieder auch möglich, wenn sie täglich pendeln.

Mit Beschluss vom 25.10.2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen. Diese seien wegen fehlender Antragsbefugnis bereits unzulässig. Die Amtszeit des N. Betriebsrats habe gemäß § 3 Abs. 4 BetrVG mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats geendet. Dessen Wahl auf der Grundlage des Zuordnungs-TV sei weder nichtig noch unwirksam. Der Tarifvertrag sei jedenfalls nicht nichtig und zudem dahin auszulegen, dass er eine Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats auch schon vor dem nächsten regulären Wahlzeitraum (März bis Mai 2018) ermögliche. Mit den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Mitteln könne auch nicht entschieden werden, ob es sich bei der CGPT als Tarifvertragspartei des Zuordnungs-TV unter dem Gesichtspunkt ihrer "Mächtigkeit" überhaupt um eine Gewerkschaft iSv. § 3 Abs. 1 BetrVG gehandelt hat. Selbst wenn der Antrag als zulässig anzusehen wäre, sei er jedenfalls aus den genannten Gründen in Ermangelung eines dem antragstellenden Betriebsrat zustehenden Verfügungsanspruchs unbegründet.

Gegen den ihm am 26.10.2017 zugestellten Beschluss wendet sich der Betriebsrat mit seiner am Montag, dem 27.11.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Beschwerde. Darin macht er weiterhin geltend, dass seine Amtszeit nicht mit der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats geendet habe. Dessen Wahl sei vielmehr nichtig. Der Zuordnungs-TV lasse eine Wahl vor dem nächsten regulären Wahlzeitraum nicht zu. Zudem sei er unwirksam, da er von dem gesetzlichen Zuschnitt des Betriebes abweiche und eine sachgerechte Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nicht fördere. Auch sei die CGPT mangels Mächtigkeit nicht tariffähig und schließe mit Arbeitgebern nur "Gefälligkeitstarifverträge". Es werde ferner bestritten, dass die Gewerkschaft in ausreichender Weise im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten ist.

Schließlich sei dem Betriebsratsantrag selbst dann stattzugeben, wenn die Frage der Wirksamkeit des Zuordnungs-TV im Eilverfahren nicht beantwortet werden könne. Denn die dann gebotene Folgenabwägung sei zu seinen Gunsten zu treffen, da sonst sein Anspruch unterginge.

Der Antragsteller beantragt,

in Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsrat von den anfallenden Kosten für die Entsendung der Betriebsratsmitglieder O. I. und S. L. zu dem in der Zeit vom 11.12. - 15.12.2017 in Köln stattfindenden Seminar "Arbeitsrecht Teil 1" des Anbieters AAS in Höhe von 990,00 € für den ersten Teilnehmer und weiteren 890,00 € für den weiteren Teilnehmer jeweils zzgl. Mehrwertsteuer und der Vollpensionspauschale pro Tag und pro Person i. H. v. 165,19 € zzgl. Mehrwertsteuer und ggf. Zusatzkosten wie Kulturförderabgabe, Parkplatzgebühren o. ä. sowie Reisekosten i. H. v. bis zu 2 x 139,00 € freizustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung.

Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokollerklärungen der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht sein Begehren zurückgewiesen. Dabei kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, das keine materielle Rechtskraft kennt, dahinstehen, ob dem Betriebsrat bereits die Antragsbefugnis fehlt, wie das Arbeitsgericht angenommen hat. Das Beschwerdebegehren erweist sich jedenfalls deshalb als erfolglos, weil ein Verfügungsanspruch des N. Betriebsrats im vorliegenden Eilverfahren nicht mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden kann und die damit gebotene Folgenabwägung zu Lasten des Betriebsrats ausfällt.

I.Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig, insbesondere angesichts der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz herabgesetzten Anforderungen noch hinreichend bestimmt.

Die begehrte Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Kostenfreistellung ist in Bezug auf die betroffenen Kosten hinreichend konkret spezifiziert. Was der Betriebsrat allerdings unter einer "Verpflichtung zur Freistellung" versteht, etwa eine darauf gerichtete Erklärung der Arbeitgeberin (verbindliche Kostenzusage gegenüber dem Schulungsträger) oder eine sonstige Handlung oder Leistung, die den Betriebsrat von einzugehenden Verbindlichkeiten freistellt, ist nicht näher ausgeführt. Festzustellen ist jedenfalls, dass der Betriebsrat in die Lage versetzt werden will, durch eine in das Ermessen des Gerichts gestellte geeignete Verpflichtung der Arbeitgeberin zu einem Tun oder Unterlassen die Schulungsmaßnahme wie beantragt durchzuführen. Der rechtliche Weg dahin ist nicht ganz leicht zu bestimmen, da es um einen potentiellen Anspruch des vermögenslosen Betriebsrats gegen die Arbeitgeberin geht, in die Lage versetzt zu werden, zwei - ihrerseits nicht mit Kosten zu belastende - Betriebsratsmitglieder verbindlich zu Schulungen entsenden zu können. Dies erfordert entweder Gewährung von Barmitteln an den Betriebsrat (Vorschuss) oder verbindliche Kostenzusagen der Arbeitgeberin gegenüber diversen Kostengläubigern (Schulungsträger, evtl. Hotelbetreiber, Beförderungsunternehmen). Ein effektiver Rechtsschutz muss gewährleistet werden (Art. 19 Abs. 4 GG), wobei allerdings in Bezug auf eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Kostenzusage die Einschränkungen des § 894 ZPO bei der Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung zu beachten ist.

II.Der Antrag hat allerdings in der Sache keinen Erfolg. Sowohl eine etwaige Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Abgabe einer verbindlichen Kostenzusage gegenüber den potentiellen Kostengläubigern als auch eine Verpflichtung zur Leistung eines Vorschusses an den Betriebsrat in der entsprechenden Höhe würden zu einer vollständigen Befriedigung des Betriebsrats führen (sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügung). Denn der vermögenslose Betriebsrat wird zu einer Erstattung der Kosten oder Vorschüsse nach Durchführung der Schulung ohne Zweifel nicht in der Lage sein. Die zur Schulung entsandten Betriebsratsmitglieder scheiden von vorn herein als Erstattungsschuldner aus. Sie sind insbesondere nicht ungerechtfertigt bereichert. Die danach geforderten Voraussetzungen einer Leistungs- oder Befriedigungsverfügung sind nicht erfüllt.

1.Der Erlass einer einstweiligen Verfügung kann auch auf endgültige Erfüllung des streitigen Anspruchs gerichtet sein. Erforderlich ist dafür neben einer (strengen) Prüfung des Verfügungsanspruchs auch ein Verfügungsgrund, dh. ein dringendes Bedürfnis für die Eilmaßnahme (Zöller/Vollkommer, ZPO 28. Aufl., § 940 Rz 6 mwN). Ein ausreichender Verfügungsgrund ist dabei nicht bereits ohne weiteres deshalb gegeben, weil ein Anspruch des Betriebsrats auf Verwirklichung der Schulungsmaßnahme im Dezember 2017 in Köln anderenfalls wegen Zeitablaufs endgültig unterginge. Zwar braucht ein Gläubiger, hier der Betriebsrat, das Untergehen seines Anspruchs durch schlichte Nichterfüllung des Schuldners grundsätzlich nicht hinzunehmen und kann effektiven Rechtschutz einfordern (Art. 19 Abs. 4 GG). Die bloße Gefahr des Untergangs des Anspruchs auf Schulung kann aber nur dann als Verfügungsgrund ausreichen, wenn der Anspruch ohne Zweifel besteht. Wo eine solche Feststellung nicht getroffen werden kann, erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Gewährung eines zeitlich konkret fixierten Schulungswunsches einen weitergehenden Verfügungsgrund. Dieser muss von solchem Gewicht sein, dass er die erst im Hauptsacheverfahren endgültig zu klärende Ungewissheit in der Frage, ob der Verfügungsanspruch (Schulung der Mitglieder des N. Betriebsrats in dem konkret gewünschten Zeitraum) besteht, kompensieren kann. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund verhalten sich hier wie zwei kommunizierende Röhren. Dem verfügungsbeklagten Arbeitgeber muss es wegen der Dringlichkeit des Verfügungsgrundes zuzumuten sein, die Schulung in dem gewünschten Zeitraum auf seine Kosten zu ermöglichen, auch wenn ein darauf gerichteter Anspruch letztlich nicht besteht.

2.Gemessen daran war der Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.

a.Es kann nicht mit ausreichender Gewissheit festgestellt werden, dass der Antragsteller von der Arbeitgeberin Kostenfreistellung für die Entsendung von zwei Mitgliedern zur Kölner Schulung "Arbeitsrecht Teil 1" verlangen kann.

aa.Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Betriebsrat im Verfahren den Seminarinhalt nicht näher dargelegt und auch keine Unterlagen darüber vorgelegt hat. Die bloße Angabe des Titels "Arbeitsrecht Teil 1" versetzt die Berufungskammer zwar nicht in die Lage, festzustellen, dass die Schulung tatsächlich eine dem Betriebsrat für jedes seiner Mitglieder zustehende arbeitsrechtliche Grundschulung betrifft. Doch hat die Arbeitgeberin ihrerseits einen ausreichenden Schulungsinhalt nicht in Abrede gestellt.

bb.Auch kann dahinstehen, ob die erst im Termin zur Anhörung vor dem Beschwerdegericht vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen der Betriebsratsmitglieder zur Darlegung ihres finanziellen Unvermögens, für die Schulung finanziell in Vorlage zu treten, inhaltlich ausreichten. Auf eine solche Eidesstattliche Versicherung der vom Betriebsrat entsandten Mitglieder kann es nach Auffassung des Beschwerdegerichts nicht ankommen (aA Hessisches LAG 22.05.2017 - 16 TaBVGa 116/17; 04.11.2013 - 16 TaBVGa 179/13; 05.08.2013 - 16 TaBVGa 120/13; 19.01.2010 - 4 TaBVGa 3/10, alle juris). Nicht die Betriebsratsmitglieder sind Gläubiger des Anspruchs auf Schulung, sondern der Betriebsrat. Diesem kann aber nicht entgegen gehalten werden, er könne seinen Schulungsanspruch zunächst durch finanzielle Vorleistungen Dritter sichern und benötige daher keine einstweilige gerichtliche Hilfe.

cc.Der Verfügungsanspruch kann aber deshalb nicht festgestellt werden, weil unter den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden kann, dass der N. Betriebsrat als Anspruchsinhaber nicht mehr existiert. Seine Amtszeit könnte gemäß § 3 Abs. 1 und 4 BetrVG mit Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats am 28.10.2016 geendet haben.

Gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a) BetrVG kann durch Tarifvertrag u. a. für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats bestimmt werden, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Gemäß § 3 Abs. 4 BetrVG 1 ist, sofern der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt, eine solche Regelung erstmals bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl anzuwenden, es sei denn, es besteht kein Betriebsrat oder es ist aus anderen Gründen eine Neuwahl des Betriebsrats erforderlich. Sieht der Tarifvertrag einen anderen Wahlzeitpunkt vor, endet die Amtszeit bestehender Betriebsräte, die durch die Regelung entfallen, mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat im Hauptsacheverfahren 5 BV 349/16 angenommen, dass diese Voraussetzungen im Hinblick auf den Zuordnungs-TV und die Wahl des unternehmenseinheitlichen Betriebsrats am 28.10.2016 erfüllt seien. Über die hiergegen erhobene Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht im ordentlichen Verfahren noch zu entscheiden (7 TaBV 40/17). Das erkennende Gericht kann mit den begrenzten Erkenntnismöglichkeiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls nicht ausschließen, dass die Amtszeit des N. Betriebsrats geendet hat.

(1)Es kann nicht festgestellt werden, dass der Zuordnungs-TV unwirksam ist.

(a)An einem Tarifvertrag iSv. § 3 Abs. 1 Ziff 1 lit.1 BetrVG fehlt es nicht etwa deshalb, weil der Zuordnungs-TV vom 18./20.04.2016 mit einer hierzu nicht legitimierten Gewerkschaft abgeschlossen worden wäre.

(aa)Es kann der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, dass die CGPT eine nicht tariffähige Vereinigung wäre. Zwar bedürfte es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Klärung dieser Frage keiner Aussetzung des Verfahrens gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG, da dies dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG zuwiderliefe. Doch kann mit den beschränkten Erkenntnismöglichkeiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im vorliegenden Fall die genannte Feststellung nicht getroffen werden. Es fehlt bereits an hinreichend substantiierten Darlegungen des Betriebsrats insoweit, darüber hinaus aber auch vollständig an deren Glaubhaftmachung.

(bb)Ebenso wenig kann der Entscheidung zugrunde gelegt werden, dass die CGPT nicht für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer tarifzuständig oder nicht im Betrieb vertreten wäre (vgl. dazu BAG 29.07.2009 - 7 ABR 27/08, NZA 2009, 1424). Derartiges hat der Betriebsrat weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht. Insbesondere genügt es dafür nicht, zu bestreiten, dass die CGPT im Betrieb ausreichend vertreten sei.

(b)Es kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für den Abschluss eines Tarifvertrages iSv. § 3 Abs. 1 Ziff. 1 BetrVG gefehlt, der Zuordnungs-TV also weder die Bildung von Betriebsräten erleichtert noch einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer gedient hätte.

(aa)Es spricht viel dafür, dass der Zuordnungs-TV die Bildung von Betriebsräten erleichtert hat. Auf seiner Grundlage konnte ein unternehmenseinheitlicher Betriebsrat errichtet werden, der alle ca. 2000 Arbeitnehmer in den Depots der Arbeitgeberin repräsentiert. Dagegen bestand bei seinem Abschluss im April 2016 dort noch kein Betriebsrat. Es war lediglich für zwei Depots in N. mit zusammen etwas über 50 Arbeitnehmern ein Wahlvorstand bestellt. In den übrigen Depots fehlten Betriebsräte. Erfahrungsgemäß ist die Bildung von Betriebsräten in kleineren Einheiten mit wie hier idR unter 50 Arbeitnehmern schwieriger als in größeren Betrieben.

(bb)Unabhängig davon kann nicht festgestellt werden, dass der Zuordnungs-TV nicht einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer diente. Bei der Prüfung, ob die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats sachdienlich ist iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Alt. 2 BetrVG, ist von besonderer Bedeutung, wo die mitbestimmungspflichtigen Entscheidungen im Betrieb getroffen werden. Bei der Beurteilung der Sachdienlichkeit sind allerdings noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen; dazu gehört insbesondere der Gesichtspunkt der Ortsnähe der Betriebsvertretung (BAG 24.04.2013 - 7 ABR 71/11, BAGE 145, 60, Rn. 27 ff).

Der antragstellende Betriebsrat ist dem Vorbringen der Arbeitgeberin, dass wesentliche mitbestimmungspflichtige Entscheidungen in der Unternehmenszentrale in S. getroffen werden, nicht ausreichend entgegen getreten. Erst recht hat er nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass solche Entscheidungen jeweils vor Ort in den ca. 80 Zustelldepots getroffen würden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (aaO) ist die Ansiedelung des Betriebsrats dort, wo die maßgeblichen seiner Mitbestimmung unterliegenden Entscheidungen getroffen werden, von besonderer Bedeutung. Allein die deutlich größere Ortsferne der Betriebsvertretung führt angesichts dieser Umstände nicht zu der Feststellung, dass der Zuordnungs-TV nicht einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer diente.

(2)Es spricht weiter viel dafür, das der Zuordnungs-TV mit dem in der Hauptsache damit befassten Arbeitsgericht dahin auszulegen ist, dass er eine außerturnusmäßige Wahl erlaubt (ArbG Düsseldorf 04.05.2017 - 5 BV 349/16 unter II.2.a der Gründe). Hierfür spricht jedenfalls, dass bei seinem Abschluss in keinem der seinerzeit über 80 Depots ein Betriebsrat errichtet war und der Tarifvertrag sofort in Kraft trat. Angesichts dessen ist der Umstand, dass für die beiden Depots in N. bereits ein Wahlvorstand errichtet war, von untergeordneter Bedeutung. Allerdings wird vertreten, dass der Tarifvertrag spätestens vor Bestellung des Wahlvorstands geschlossen sein müsse (Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl., § 3 Rn. 74), was hier nicht der Fall ist. Es bestehen jedoch Zweifel, ob dem in Fällen wie dem vorliegenden gefolgt werden kann, in dem eine Sperre des Zuordnungs-TV für den weitaus größten Teil der betroffenen Arbeitnehmer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer weiter anhaltenden Zeit ohne Vertretung durch einen Betriebsrat führen würde. Ob aus einer systematischen Auslegung des Zuordnungs-TV andere Schlüsse zu ziehen sind, konnte die Beschwerdekammer nicht mit der gebotenen Gewissheit feststellen. Der Tarifvertrag ist dem Beschwerdegericht im Übrigen erstmals im Termin zur Anhörung am 05.12.2017 zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Da der Zuordnungs-TV auch keinen anderen Zeitpunkt für eine Neuwahl iSv. § 3 Abs. 4 Satz 2 BetrVG vorsieht, spricht unter den gegebenen Umständen viel dafür, dass er eine außerturnusmäßige Wahl erlaubt. Jedenfalls gelangte die Beschwerdekammer nicht zu der gegenteiligen Feststellung.

Somit konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Antragsteller von der Arbeitgeberin Kostenfreistellung für die Entsendung von zwei Mitgliedern zur Kölner Schulung "Arbeitsrecht Teil 1" verlangen kann. Insoweit verbleiben Zweifel, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Amtszeit des antragstellenden Betriebsrats geendet hat.

b.In dieser Lage bedurfte es zum Erlass der begehrten Verfügung über den bloßen drohenden Zeitablauf hinaus eines weitergehenden Verfügungsgrundes. Einen solchen hat der Betriebsrat angesichts der mit der Schulung beider Mitglieder immerhin verbundenen Kosten von (einschließlich Entgelt) über 6.000,00 €, welche die Arbeitgeberin im Falle eines fehlenden Anspruchs unwiederbringlich zu Unrecht aufgewendet hätte, nicht dargetan.

Der Betriebsrat hat sich allein auf sein Recht auf eine allgemeine arbeitsrechtliche Grundschulung seiner Mitglieder berufen. Er hat nicht etwa dargetan, ob den betroffenen Mitgliedern und den weiteren Mitgliedern des Betriebsrats insoweit Vorkenntnisse völlig fehlen und dies seine Arbeit besonders erschwere. Hinzu tritt, dass die Amtszeit des Betriebsrats, was bereits bei seiner Beschlussfassung am 06.10.2017 absehbar war, ohnehin spätestens am 31.05.2018 und damit nur gut fünf Monate nach der Schulungsveranstaltung enden wird. Die Beeinträchtigung der Betriebsratsarbeit ist schließlich insbesondere angesichts des Umstands, dass die Arbeitgeberin der Kostenübernahme für Kölner Schulung zugestimmt und hiervon (bei einer Entfernung von ca. 60 km) allein die Übernachtungskosten ausgenommen hat, nur als gering einzuschätzen. Wenn der Betriebsrat in dieser Lage sowie angesichts der deutlichen Hinweise der Beschwerdekammer im Anhörungstermin, dass die Zurückweisung seiner Beschwerde droht, auf der Übernahme der Übernachtungskosten beharrt und anderenfalls lieber gar nicht an der Schulung teilnehmen will, macht er deutlich, dass er selber offenbar nicht von einem dringenden Bedürfnis für deren Durchführung ausgeht.

C.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtmittel nicht gegeben, §§ 92 Abs. 1 Satz 3, 85 Abs. 2 ArbGG.

QueckeStrickerHartmann