LG Kleve, Beschluss vom 29.03.2016 - 4 O 73/14
Fundstelle
openJur 2019, 16171
  • Rkr:
Tenor

wird die Erinnerung der Staatskasse gegen den Kostenansatz vom 09.03.2016 zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2016 den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit die Klageforderung 265,72 € überstiegen hat. In Höhe der vorgenannten 265,72 € hat die Klägerin die Klage zurückgenommen und die Beklagte in die Klagerücknahme eingewilligt. Beide Parteien haben auf Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO und darüber hinaus auf eine Begründung der Kostenentscheidung verzichtet, um den Kostenvorteil zu erhalten. Der Kostenbeamte hat mit Kostenrechnung vom 09.03.2016, für deren Inhalt im Übrigen auf Bl. IV der Gerichtsakte Bezug genommen wird, eine  einfache Gebühr angesetzt. Dagegen richtet sich die Erinnerung der Staatskasse vom 21.03.2016, die den Ansatz einer dreifachen Gebühr für zutreffend hält.

II.

Die gemäß § 66 Abs. 1 S. 1 GKG zulässige Erinnerung der Staatskasse gegen den Kostenansatz vom 09.03.2016 ist unbegründet.

Der Kostenbeamte hat zurecht nur eine einfache Gebühr nach KV Nr. 1211 GKG angesetzt. Die Gerichtsgebühr ist nach KV Nr. 1211 Ziffer 1 lit. a.) GKG i.V.m. KV Nr. 1211 Ziffer 2 GKG analog i.V.m. Satz 3 der Anmerkung zu KV Nr. 1211 GKG auf eine Gebühr ermäßigt.

Der Rechtsstreit hat sich teilweise durch Klagerücknahme und im Übrigen durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung erledigt. Soweit die Kostenentscheidung auf der Teilklagerücknahme beruht, führt dies zu einer Ermäßigung nach KV Nr. 1211 Ziffer 1 lit. a.) GKG. Soweit der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist die Gerichtsgebühr analog KV Nr. 1211 Ziffer 2 GKG zu ermäßigen.

Ist eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu treffen, rechtfertigt dies eine Gebührenermäßigung, wenn der Beschluss analog § 313a Abs. 2 ZPO nicht begründet werden muss (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.09.2004, Az.: I-10 W 100/04, zitiert nach Juris, zum GKG a.F.; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, Az.: 2 W 89/11, zitiert nach Juris; Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, KVGKG 1211, Rn. 28; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 313a, Rn. 16; a.A.: OLG Braunschweig, Beschluss vom 02.06.2015, Az.: 2 W 19/15, zitiert nach Juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.05.2012, Az.: 13 W 8/12, zitiert nach Juris). Der Staatskasse ist zuzugestehen, dass KV Nr. 1211 Ziffer 2 GKG seinem Wortlaut nach nicht einschlägig ist, weil die verfahrensabschließende Kostenentscheidung nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss ergangen ist. Entgegen der Auffassung der Staatskasse ist aber eine analoge Anwendung geboten. KV Nr. 1211 Ziffer 2 GKG ist analogiefähig (Schneider NJW-Spezial 2015, 347, 348).

Es besteht eine planwidrige Regelungslücke, weil der Gesetzgeber die Problematik übersehen hat. Bereits § 313a Abs. 2 ZPO ist bei Beschlüssen nicht direkt, sondern nur analog anwendbar (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 329, Rn. 34, m.w.N.). Da der Gesetzgeber sich bereits zivilprozessual nicht damit befasst hat, ob ein Rechtsmittel- und Begründungsverzicht nicht nur bei Urteilen, sondern auch bei Beschlüssen möglich ist, kann nicht angenommen werden, er habe dies kostenrechtlich getan. Insbesondere lässt sich dies nicht aus der Einführung von KV Nr. 1211 Ziffer 4 GKG herleiten (a.A.: LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.08.2009, Az.: 20 Sa 93/08, zitiert nach Juris). Der Gesetzgeber wollte dadurch die zuvor bestehenden Möglichkeiten einer Gebührenermäßigung ausweiten und nicht beschränken (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 159, rechte Spalte). Wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt, hat er sich nur mit den in der Ziffer 4 ausdrücklich aufgeführten Möglichkeiten befasst. Es ist keine Ausführung des Gesetzgebers ersichtlich, Ermäßigungen im Übrigen ausschließen zu wollen (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 159, rechte Spalte und S. 160, linke Spalte). Die Möglichkeit eines Rechtsmittel- und Begründungsverzichts durch die Parteien bei einer Kostenentscheidung nach § 91a ZPO wird in der Gesetzesbegründung gar nicht angesprochen (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 159, rechte Spalte und S. 160, linke Spalte).

Die Interessenlage ist vergleichbar. Der Ermäßigungstatbestand der KV Nr. 1211 Ziffer 2 GKG wäre unzweifelhaft einschlägig, wenn über die Kosten des Rechtsstreits durch Kostenschlussurteil im Sinne von § 128 Abs. 3 ZPO zu entscheiden gewesen wäre und die Parteien nach § 313a Abs. 2 ZPO in Bezug auf das Kostenschlussurteil auf Rechtsmittel und Begründung verzichtet hätten. Es wäre sachwidrig, den Parteien diese Ermäßigung nur deswegen zu versagen, weil das Gericht über die Kosten nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss zu entscheiden hatte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.

Die Beschwerde braucht trotz grundsätzlicher Bedeutung nicht nach § 66 Abs. 2 S. 2 GKG zugelassen zu werden, weil der Beschwerdewert des § 66 Abs. 2 S. 1 GKG ohnehin erreicht ist.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- € übersteigt. Sie ist bei dem Landgericht Kleve, Schloßberg 1 (Schwanenburg), 47533 Kleve, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.