LG Dortmund, Urteil vom 15.04.2016 - 3 O 348/15
Fundstelle
openJur 2019, 14449
  • Rkr:
Tenor

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Auskunft über

- etwaige akademische Titel, die Namen, die Adressen und die

Beteiligungshöhe aller weiteren Treugeberkommanditisten sowie

- die Adressen der direkt beigetretenen Kommanditisten

der E GmbH & Co. Containerschiff KG zu erteilen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von 10.000,00 € werden gegeneinander aufgehoben.

3.

Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die verklagte Treuhänderin auf Auskunft über (etwaige) akademische Titel, Namen, (postalische) Anschriften, Beteiligungshöhen und E-Mail-Adressen der weiteren Treugeberkommanditisten und der direkt beigetretenen Kommanditisten in Anspruch.

Der Kläger trat der E GmbH & Co. Containerschiff KG am 01.04./03.04.2007 über die Beklagte als mittelbarer Gesellschafter mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 40.000,00 € zuzüglich 5 % Agio bei (Beitrittserklärung Anlage K1 = Bl. 6 f. d.A.).

Der im Beteiligungsprospekt (Anlage K2) auf den S. 66 ff. abgedruckte Gesellschaftsvertrag enthält u.a. folgende Regelung:

"§ 1

Name, Sitz, Geschäftsjahr, Beitritt

(...)

5.

Anleger, die sich mittelbar als Treugeber über die Treuhandkommanditistin beteiligen, stehen, ohne selbst Gesellschafter zu sein, nach Maßgabe des mit der Treuhandkommanditistin geschlossenen Treuhandvertrages sowie dieses Gesellschaftsvertrages im Innenverhältnis zu den anderen Gesellschaftern sowie im Verhältnis zueinander wirtschaftlich so, als seien sie direkt als Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt. Soweit nachfolgend Rechte und Pflichten für "Kommanditisten" oder "Gesellschafter" begründet werden, treffen diese Rechte und Pflichten im Innenverhältnis auch die mittelbar als Treugeber über die Treuhandkommanditistin beteiligten Anleger. (...)"

Der im Beteiligungsprospekt auf den S. 78 ff. wiedergegebene Treuhandvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 1

Vertragsgegenstand

(...)

3.

Die Beteiligung der Treuhänderin als Treuhandkommanditistin erfolgt nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft und den Bestimmungen dieses Treuhandvertrages. Der Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft ist in seiner jeweiligen Fassung Bestandteil des vorliegenden Treuhandvertrages. Für das Verhältnis zwischen der Treuhänderin und dem Treugeber gelten die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages der Beteiligungsgesellschaft sinngemäß, sofern nicht in diesem Treuhandvertrag abweichende Regelungen getroffen sind.

(...)

§ 7

Versammlung der Treugeber und besondere Beschlussgegenstände

1.

(...) Der Treugeber ist berechtigt, entsprechend seines anteiligen Kommanditanteils das Stimmrecht der Treuhänderin in der Gesellschafterversammlung unmittelbar selbst auszuüben oder von einem Dritten ausüben zu lassen. (...)

§ 10

Treugeberregister, Datenschutz

(...)

2.

Der Treugeber hat keinen Anspruch darauf, dass ihm die Treuhänderin Angaben über die übrigen Treugeber macht. Anderen Personen als der Geschäftsführung und den Verwaltungsratsmitgliedern der Beteiligungsgesellschaft darf die Treuhänderin keine Auskünfte über Beteiligung und die Eintragung im Register erteilen, es sei denn, der Treugeber hat ausdrücklich zugestimmt, die Treugeberin ist hierzu gesetzlich verpflichtet, die Offenlegung erfolgt gegenüber dem zuständigen Finanzamt oder im Zusammenhang mit einer eventuellen Eigenkapitalfinanzierung gegenüber einer Bank. (...)

Die Treuhänderin ist jedoch verpflichtet, nach Aufforderung durch einen oder mehrere Treugeber Mitteilungen an die übrigen Treugeber weiterzuleiten, vorausgesetzt, die dadurch entstehenden Kosten werden von dem Treugeber, der dieses verlangt, im Vorwege an die Treuhänderin bezahlt."

Der Kläger trägt vor, dass er beabsichtige, zu seinen Mitgesellschaftern insbesondere wegen der unbefriedigenden wirtschaftlichen Situation des Fonds Kontakt aufzunehmen. Nur durch die Kenntnis der Kontaktdaten der Mitgesellschafter sei es beispielsweise möglich, auf Gesellschafterversammlungen ein Abstimmungsverhalten zu Beschlüssen vorher abzustimmen bzw. Mehrheiten zu organisieren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Auskunft über den akademischen Titel, die Namen und Adressen und die Beteiligungshöhe sowie gespeicherte E-Mail-Adressen aller weiteren Treugeberkommanditisten und der direkt beigetretenen Kommanditisten der E GmbH & Co. Containerschiff KG zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das Informationsinteresse der einzelnen Treugeber durch die Regelung in § 10 des Treuhandvertrages ausreichend berücksichtigt werde. Gleichzeitig werde das Recht des einzelnen Treugebers auf Schutz seiner persönlichen Daten gewahrt. Durch die Herausgabe von Namen, Adressen und Beteiligungshöhen an Dritte würde die Beklagte daher in schwerwiegender Weise gegen ihre Verpflichtung aus dem Treuhandvertrag verstoßen. Schließlich beruft sich die Beklagte auch auf datenschutzrechtliche Bestimmungen, welche ihr mangels Einwilligung der anderen Treugeber die Weitergabe von personenbezogenen Daten untersagten. Einem Auskunftsanspruch stünde schließlich das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB entgegen, da sich aus dem - für den Kläger einsehbaren - Handelsregister (Auszug AG Dortmund HRA 15820 von der Beklagten als Anlage S&J 1 vorgelegt = Bl. 51-60 d.A.) für jeden Direktkommanditisten der Vorname, der Nachname (einschließlich eines etwaigen akademischen Titels), der Wohnort, das Geburtsdatum und die Beteiligungshöhe ergibt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist teilweise - nämlich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte als registerführende Treuhänderin einen Anspruch auf Auskunft über etwaige akademische Titel, die Namen, die Adressen und die Beteiligungshöhe aller weiteren Treugeberkommanditisten sowie die Adressen der direkt beigetretenen Kommanditisten.

1.

Der Auskunftsanspruch folgt - wie die Kammer zu anderen Schiffsfonds-Gesellschaftsverträgen bereits entschieden hat (vgl. Urt. v. 13.02.2015 - 3 O 398/14 - BeckRS 2015, 04890 zum DS-Rendite-Fonds Nr. 108; Urt. v. 13.12.2013 - 3 O 305/13 - BeckRS 2014, 01100 zum DS-Rendite-Fonds Nr. 105; Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 5/13 - BeckRS 2013, 08586 zum DS-Rendite-Fonds Nr. 106; Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 6/13 - BeckRS 2013, 16779 zum DS-Rendite-Fonds Nr. 109; Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 7/13 - BeckRS 2013, 16778 zum DS-Rendite-Fonds Nr. 102) - unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag. Denn der Gesellschafter einer Personen- bzw. Personenhandelsgesellschaft muss berechtigt sein, seine Vertragspartner - und somit auch seine Mitgesellschafter - zu kennen. Dies folgt als unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem. Dieses Auskunftsrecht des Gesellschafters wird lediglich begrenzt durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2011 - II ZR 187/09 - NZG 2011, 276, 277, Rn. 11).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich die Kammer anschließt, steht dieses Auskunftsrecht nicht nur dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter zu. Vielmehr hat dieses Recht auch ein Treugeber, der im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und der Gesellschaft zu den Treugebern einem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013 - II ZR 134/11 - NZG 2013, 379, 380 f., Rn. 14 ff.).

Durch die Einbeziehung des Klägers in den Gesellschaftsverband über den Gesellschaftsvertrag und den mit diesem korrespondierenden Treuhandvertrag ist der Kläger so zu behandeln, als sei er unmittelbar als Gesellschafter an der E GmbH & Co. Containerschiff KG beteiligt. Diese Gleichstellung findet ihren Niederschlag auch im Gesellschaftsvertrag (dort § 1 Nr. 5).

Die Beklagte ist nicht befugt, dem Kläger die Auskunft aufgrund der Regelungen zum Datenschutz in § 10 des Treuhandvertrages zu verweigern. Denn das Recht, die Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages, also auch sämtliche weiteren Mitgesellschafter, zu kennen, kann im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.01.2011, a.a.O., S. 279, Rn. 20). Dies hat erst recht dann zu gelten, wenn der Ausschluss nicht im Gesellschaftsvertrag selbst, sondern in dem mit diesem verzahnten Treuhandvertrag erfolgt. Eine solche Regelung verstößt gegen § 242 BGB und ist daher unwirksam (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2013, a.a.O., S. 383, Rn. 38 ff.), und zwar auch dann, wenn der Treuhänder durch den Treuhandvertrag zur Weitergabe von Mitteilungen eines Treugebers an die anderen Treugeber verpflichtet ist. Denn zum Einen bezieht sich die Regelung in § 10 Ziffer 2 des Treuhandvertrages nur auf die Weiterleitung von Mitteilungen an die übrigen Treugeber, mithin nicht an andere unmittelbare Kommanditisten. Zum anderen ist es so dem Treugeber auch nicht möglich, mit einzelnen anderen Treugebern in Kontakt zu treten. Denn hierfür müsste ihm die Identität der übrigen Treugeber zunächst bekannt sein. Faktisch bedeutet die Regelung in § 10 Ziffer 2 daher einen unzulässigen Ausschluss des Rechts des Gesellschafters, seine Mitgesellschafter namentlich zu kennen.

Diesem Auskunftsrecht können auch weder das Anonymitätsinteresse der einzelnen Anleger noch datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegengehalten werden. Denn im Rahmen des zwischen den Treugebern einerseits und den unmittelbaren Gesellschaftern und der Gesellschaft andererseits bestehenden Vertragsverhältnisses sind die Treugeber bei vernünftiger Betrachtung auf die Datenverwendung zur Wahrnehmung ihrer Rechte in der Gesellschaft angewiesen.

2.

Der Auskunftsanspruch des Klägers besteht jedoch nicht im geltend gemachten Umfang.

Durch Einsichtnahme in das Handelsregister hätte der Kläger in Bezug auf die Direktkommanditisten ohne Weiteres deren (etwaige) akademische Titel, Namen und Beteiligungshöhen in Erfahrung bringen können. Anders verhält es sich mit den postalischen Adressen der Direktkommanditisten, die im Handelsregister nicht verzeichnet sind. Es wäre ein unverhältnismäßiger Aufwand, wollte man vom Kläger verlangen, die vollen Postanschriften anhand der im Handelsregister verzeichneten Wohnorte (ohne Postleitzahl) selbst zu ermitteln.

Ein Anspruch auf Herausgabe der Email-Adressen der Direkt- wie der weiteren Treugeberkommanditisten besteht nicht, da die Kenntnis der Email-Adressen zur Wahrung der Rechte des Klägers - Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit den weiteren Mitgesellschaftern - nicht erforderlich ist (vgl. LG Hamburg, Urt. v. 29.10.2013 - 322 O 188/13 - BeckRS 2015, 19006; AG Bremen, Urt. v. 28.03.2011 - 16 C 124/10 - BeckRS 2013, 08498).

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. ZPO. Eine Kostenaufhebung war gerechtfertigt, weil der Kläger, der Auskunft in Bezug auf zehn Datengruppen verlangt, zur Hälfte - nämlich hinsichtlich der Datengruppen "Titel", "Namen", "Postanschriften" und "Beteiligungshöhen" bei den weiteren Treugeberkommanditisten sowie hinsichtlich der Datengruppe "Postanschriften" bei den direkt beigetretenen Kommanditisten - obsiegt hat.

III.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Der Streitwert für den Auskunftsanspruch war nach der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG München, Urt. v. 12.02.2010 - 5 U 3140/09 - zit. nach juris, Rn. 30; OLG Stuttgart, Urt. v. 10.10.2012 - 14 U 13/12 - zit. nach juris, Rn. 210) und gefestigter Rechtsprechung dieser Kammer (vgl. Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 5/13 - BeckRS 2013, 16778; Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 6/13 - BeckRS 2013, 08586; Urt. v. 22.03.2013 - 3 O 7/13 - BeckRS 2013, 16779) mit ¼ der Beteiligungssumme (ohne Agio) zu bemessen.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.

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