OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.09.2018 - 15 A 3070/15
Fundstelle
openJur 2019, 6748
  • Rkr:
Verfahrensgang

Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Presse auf Auskunft zu einem beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren ist § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG. Ein verfassungsunmittelbarer Auskunftsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist in diesem Fall nicht gegeben.

Das Verwertungsverbot und die Vernichtungspflicht des § 16 BDG bestehen in erster Linie im Innenverhältnis zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn. Für die Frage, ob der Dienstherr gegenüber Dritten auf deren Auskunftsersuchen Informationen über ein Disziplinarverfahren auch noch nach Ablauf der Fristen des § 16 BDG offenlegen darf, folgt aus § 16 BDG unmittelbar nichts.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der ersten beiden unter Nr. 1 des Klageantrags gestellten Fragen übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das erstinstanzliche Urteil ist insoweit wirkungslos.

Im Übrigen wird das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:

"Welche Dauer hatten die Aufklärungsbemühungen? Wie viele Personen wurden im Rahmen dieses Verfahrens befragt? Wie viele Seiten umfasst die Ermittlungsakte im Disziplinarverfahren?"

"Wurde ermittelt, ob der Mitarbeiter "Lothar Lingen" mit den von ihm vernichteten Vorgängen in den Jahren zuvor selbst dienstlich befasst gewesen ist?"

"Welche Ergebnisse haben die Ermittlungen im Rahmen des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der Frage ergeben, ob der betreffende Mitarbeiter die Aktenvernichtungen in eigener Zuständigkeit und ohne Rücksprache mit anderen Mitarbeitern, insbesondere ohne Information seines direkten Vorgesetzten durchgeführt hat?"

"Inwieweit wurde zur Aufklärung des Fehlverhaltens auch außerhalb des Bundesamtes für Verfassungsschutz ermittelt? Wurden beispielsweise außenstehende Zeugen vernommen?"

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen presserechtlichen Auskunftsanspruch.

Der Kläger ist Journalist. Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 beantragte er Auskunft vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zu dem Disziplinarverfahren gegen einen ehemaligen Referatsleiter, der nach Bekanntwerden der rechtsterroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) die Vernichtung von Akten angeordnet haben soll. Mit E-Mail vom 29. August 2014 lehnte das BfV eine Auskunftserteilung ab.

Am 18. September 2014 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er sich im Wesentlichen auf ein überwiegendes öffentliches Interesse an den verlangten Informationen berufen hat. Die Vorschriften der §§ 106 ff. BBG zum Personalaktenrecht seien keine materiellen Geheimhaltungsvorschriften. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beamten sei nicht verletzt, da dieser nicht identifizierbar sei. Zudem sei eine Auskunft unbedenklicher als eine Einsichtnahme in die Akten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen:

1. Wie ist der Sachstand des Disziplinarverfahrens in Sachen des Beamten mit dem Decknamen Lothar Lingen? Ist das Disziplinarverfahren abgeschlossen? Mit welchen Konsequenzen?

2. Welche Informationen zu dem Ablauf der erfolgten Aktenvernichtungen sowie zur Motivation des Mitarbeiters "Lothar Lingen", die der Öffentlichkeit bisher nicht durch die Veröffentlichung des Abschlussberichtes des 2. Untersuchungsausschusses des Bundestags, Drs. 17/14600, Seiten 743 ff. bekannt sind, wurden im Zuge des Disziplinarverfahrens ermittelt?

3. Welches Fehlverhalten wurde dem Mitarbeiter, gegen den im Zuge des Disziplinarverfahrens ermittelt wurde, genau vorgeworfen?

4. Wie genau sahen die Bemühungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus, das Fehlverhalten aufzuklären? Welchen Umfang und welche Dauer hatten die Aufklärungsbemühungen? Wie viele Personen wurden im Rahmen dieses Verfahrens befragt? Wie viele Seiten umfasst die Ermittlungsakte im Disziplinarverfahren?

5. Wurden Erklärungen dafür gefunden, warum der Mitarbeiter einerseits von Vorgesetzten mit sehr guten Noten beurteilt wurde, andererseits aber gleichzeitig eine Anleitungs- und Kontrollbedürftigkeit durch Vorgesetzte bestand (der diese aber wohl nicht nachkamen und die sich ja schließlich auch in dem schwerwiegenden Fehlverhalten des Mitarbeiters zeigte)? Wenn ja, welche Erklärungen wurden gefunden? Wann genau war der Mitarbeiter "Lothar Lingen" wie von seinen Vorgesetzten bewertet worden? Wie waren die einstigen Positivbewertungen begründet worden?

6. Welche Einschätzungen über die mögliche Motivation der Aktenvernichtung durch den Mitarbeiter mit dem Decknamen Lothar Lingen wurden während der im Rahmen des Disziplinarverfahrens durchgeführten Vernehmungen von anderen Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz geäußert?

7. Wurde ermittelt, ob der Mitarbeiter "Lothar Lingen" mit den von ihm vernichteten Vorgängen in den Jahren zuvor selbst dienstlich befasst gewesen ist? Falls ja, für welche Vorgänge trifft dies zu und wie sah die Befassung aus?

8. Welche Ergebnisse haben die Ermittlungen im Rahmen des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der Frage ergeben, ob der betreffende Mitarbeiter die Aktenvernichtungen in eigener Zuständigkeit und ohne Rücksprache mit anderen Mitarbeitern, insbesondere ohne Information seines direkten Vorgesetzten durchgeführt hat?

9. Inwieweit wurde zur Aufklärung des Fehlverhaltens auch außerhalb des Bundesamtes für Verfassungsschutz ermittelt? Wurden beispielsweise außenstehende Zeugen vernommen?

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen: Dem Auskunftsbegehren stünden Geheimhaltungsinteressen des Bundes entgegen. Die Vorgänge seien förmlich als Verschlusssache eingestuft und entsprechend gekennzeichnet. Die Fragen könnten nicht isoliert, sondern nur unter Rückgriff auf operative Arbeitsweisen und Vorgangsbearbeitungen im BfV beantwortet werden. Zudem sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Beamten in den Blick zu nehmen. Die mit der Klage begehrten Auskünfte seien nur unter Rückgriff auf die Personalakte bzw. auf Teile einer Disziplinarakte zu beantworten. Gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 BBG sei die Personalakte eines Beamten grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme lägen hier nicht vor; eine Einwilligung habe der Beamte nicht erteilt. Es bestehe eine hohe Gefahr, dass die Klaridentität des Beamten bekannt werde.

Mit Urteil vom 12. November 2015 hat das Verwaltungsgericht der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen zu den Fragen:

1. Wie ist der Sachstand des Disziplinarverfahrens in Sachen des Beamten mit dem Decknamen Lothar Lingen? Ist das Disziplinarverfahren abgeschlossen? Mit welchen Konsequenzen?

3. Welches Fehlverhalten wurde dem Mitarbeiter, gegen den im Zuge des Disziplinarverfahrens ermittelt wurde, genau vorgeworfen?

4. Wie genau sahen die Bemühungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus, das Fehlverhalten aufzuklären? Welchen Umfang und welche Dauer hatten die Aufklärungsbemühungen? Wie viele Personen wurden im Rahmen dieses Verfahrens befragt? Wie viele Seiten umfasst die Ermittlungsakte im Disziplinarverfahren?

6. Welche Einschätzungen über die mögliche Motivation der Aktenvernichtung durch den Mitarbeiter mit dem Decknamen Lothar Lingen wurden während der im Rahmen des Disziplinarverfahrens durchgeführten Vernehmungen von anderen Mitarbeitern des Bundesamtes für Verfassungsschutz geäußert?

7. Wurde ermittelt, ob der Mitarbeiter "Lothar Lingen" mit den von ihm vernichteten Vorgängen in den Jahren zuvor selbst dienstlich befasst gewesen ist?

8. Welche Ergebnisse haben die Ermittlungen im Rahmen des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der Frage ergeben, ob der betreffende Mitarbeiter die Aktenvernichtungen in eigener Zuständigkeit und ohne Rücksprache mit anderen Mitarbeitern, insbesondere ohne Information seines direkten Vorgesetzten durchgeführt hat?

9. Inwieweit wurde zur Aufklärung des Fehlverhaltens auch außerhalb des Bundesamtes für Verfassungsschutz ermittelt? Wurden beispielsweise außenstehende Zeugen vernommen?

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch ergebe sich unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Im Hinblick auf Frage 1 stünden schutzwürdige Interessen der Beklagten an der Vertraulichkeit der verlangten Informationen nicht entgegen. Es sei nicht erkennbar, dass die konkrete Auskunft über den Sachstand des Disziplinarverfahrens nur unter Rückgriff auf operative Arbeitsweisen und Vorgangsbearbeitungen im BfV beantwortet werden könne. Auch schutzwürdige private Interessen des betroffenen Beamten stünden der Auskunftserteilung nicht entgegen. Eine Verletzung des Gebots, die Personalakte vertraulich zu behandeln, setze voraus, dass der Grundrechtsträger identifizierbar sei, was hier nicht der Fall sei. Es bestehe ein überragendes öffentliches Informationsinteresse. So seien wegen der Anschläge des NSU im Bundestag und in sechs Landtagen Untersuchungsausschüsse eingerichtet worden, wobei auch die Rolle der Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung der Anschläge untersucht worden sei. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundestages befasse sich detailliert mit den Vorgängen der Aktenvernichtung. Zudem sei im November 2015 ein weiterer NSU-Untersuchungsausschuss zur Klärung noch offener Fragen im Bundestag eingesetzt worden. Auch hinsichtlich der Tätigkeit eines Untersuchungsausschusses bestehe ein Bedürfnis, diese durch eine unabhängige Presseberichterstattung zu begleiten. Entsprechend stünden auch der Beantwortung der Fragen 3, 4, 6, 8 und 9 schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen der Beklagten und des betroffenen Beamten nicht entgegen. Hinsichtlich der Frage 7 habe der Kläger einen Anspruch auf Auskunft darüber, ob ermittelt wurde, ob der Mitarbeiter "Lothar Lingen" mit den von ihm vernichteten Vorgängen in den Jahren zuvor selbst dienstlich befasst gewesen sei. Ein Anspruch des Klägers auf Auskunft zu der Frage, mit welchen vernichteten Vorgängen der Beamte dienstlich befasst gewesen sei und wie die Befassung ausgesehen habe, bestehe hingegen mit Blick auf den Schutz der operativen Tätigkeit des BfV nicht. Im Hinblick auf die Fragen 2 und 5 habe die Klage keinen Erfolg, weil das Auskunftsverlangen insoweit nicht hinreichend bestimmt und eingrenzbar sei; zum Teil stünden auch Vertraulichkeitsinteressen entgegen.

Zur Begründung ihrer mit Senatsbeschluss vom 9. April 2018 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor:

Über das Auskunftsbegehren sei anhand von § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG zu entscheiden. Der verfassungsunmittelbare Auskunftsanspruch der Presse finde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Anwendung. Die Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 BBG seien hinsichtlich keines der erstinstanzlich zugesprochenen Auskunftsbegehren erfüllt. Es lägen keine höherrangigen Interessen vor, deren Schutz die Auskunftserteilung erfordere. Das Gewicht des Informationsinteresses des Klägers werde bereits dadurch erheblich gemindert, dass zu den hier in Rede stehenden Vorgängen bereits zahlreiche Informationen - etwa aus den Berichten verschiedener Untersuchungsausschüsse - öffentlich verfügbar seien. Auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen den Beamten vermindere das Gewicht des von dem Kläger geltend gemachten Informationsinteresses. Demgegenüber komme den Vertraulichkeitsinteressen ein besonders hohes Gewicht zu. Dies ergebe sich zunächst aus dem Personenbezug der begehrten Auskünfte und der damit verbundenen unmittelbaren persönlichkeitsrechtlichen Betroffenheit des Beamten "Lothar Lingen". Das von dem Verwaltungsgericht gefundene Abwägungsergebnis, schutzwürdige private (und öffentliche) Interessen stünden der Auskunftserteilung nicht entgegen, beruhe auf der unzutreffenden Annahme, dass der betroffene Beamte ("Lothar Lingen") nicht identifizierbar sei. Tatsächlich sei der betroffene Beamte identifizierbar; zudem sei jedenfalls dem Kläger nach dessen eigener Berichterstattung der Klarname des betroffenen Beamten bekannt. Mit der Erteilung der begehrten Auskünfte wäre ein intensiver Eingriff in die durch das Personalaktengeheimnis geschützten privaten und öffentlichen Belange verbunden. Auskünfte zu Ablauf und Ergebnis eines beamtenrechtlichen Disziplinarverfahrens seien von besonderer persönlichkeitsrechtlicher Sensibilität. Insbesondere die Fragen 1, 3, 6 und 8 seien auf die Offenlegung wesentlicher Inhalte des Disziplinarverfahrens gerichtet. Hinsichtlich der Fragen 4 (Zahl der befragten Personen, Seitenzahl der Ermittlungsakte im Disziplinarverfahren), 7 (Frage nach der dienstlichen Befassung mit den vernichteten Vorgängen) und 9 (Ermittlungen außerhalb des BfV) sei ein substantielles Informationsinteresse des Klägers ohnehin weder vorgetragen noch dem angefochtenen Urteil zu entnehmen oder anderweitig ersichtlich. Der Annahme eines zwingenden oder überwiegenden Informationsinteresses des Klägers stünde auch das Verwertungsverbot des Disziplinarrechts nach § 16 BDG entgegen. Eine Auskunft könne nicht zwingend erforderlich i.S.v. § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG sein, wenn der Aktenbestandteil, auf den sich diese Auskunft beziehe, von Gesetzes wegen nicht mehr verwertet werden und zudem - aufgrund der Entfernungs- und Vernichtungspflichten - gar nicht mehr Bestandteil der Personalakte sein dürfe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf die ersten beiden unter Nummer 1 gestellten Fragen übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage, soweit sie noch anhängig ist, vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt aus: Sein Anspruch ergebe sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. § 111 Abs. 3 BBG werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen Auskunftsanspruch der Presse nicht gerecht. Zudem sei der Anwendungsbereich des § 111 Abs. 3 BBG nicht eröffnet. § 111 BBG diene dem Schutz des Vertraulichkeitsverhältnisses zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten. Er, der Kläger, begehre aber nur Antworten auf Fragen, welche das Disziplinarverfahren im Allgemeinen und nicht den betroffenen Beamten im Speziellen beträfen. Eine Verletzung des Vertraulichkeitsgebotes des § 111 Abs. 3 BBG setze voraus, dass der Beamte identifizierbar sei. Dies sei hier nicht der Fall; die gegenteiligen Ausführungen der Beklagten würden bestritten. Zudem beträfen die erfragten Informationen nicht die Personalangelegenheiten des betroffenen Beamten, sondern vielmehr die Tätigkeit der Beklagten. Es gehe um die Aktivitäten, die die Beklagte nach Bekanntwerden der Aktenvernichtung eingeleitet habe. Abgesehen davon sei der Auskunftsanspruch aber auch bei Anwendung des § 111 Abs. 3 BBG begründet. Die Öffentlichkeit habe ein sehr schwerwiegendes, überaus bedeutendes Interesse an der Aufklärung der Verbrechen des NSU und an der Aufarbeitung sämtlicher mit dem NSU zusammenhängender Vorgänge. Die Vorgänge rund um das Disziplinarverfahren lägen nach wie vor im Dunkeln. Dem Auskunftsanspruch stünden keine überwiegenden Vertraulichkeitsinteressen entgegen. Es werde nur eine Auskunft aus und nicht etwa die Einsicht in Personalakten begehrt, was die Intensität eines etwaigen "Eingriffs" mindere. Etwaige Vertraulichkeitsinteressen von "Lothar Lingen" seien durch die begehrten Auskünfte nicht tangiert, da er, der Kläger, Auskünfte zu der Tätigkeit der Beklagten verlange und der Beamte nicht unter seinem Klarnamen bekannt sei. Selbst wenn ihm, dem Kläger, der Klarname von "Lothar Lingen" bekannt wäre, so änderte dies nichts daran, dass er keinerlei Auskunft zur Identität des "Lothar Lingen", sondern lediglich abstrakte Informationen zu dessen Fehlverhalten und den gegen ihn eingeleiteten Disziplinarmaßnahmen begehre. Eine Identifizierung durch die begehrten Auskünfte sei nicht zu erwarten. Das Verhalten des Beamten sei im Übrigen auch nicht seiner Privatsphäre, sondern seiner amtlichen Tätigkeit zuzuordnen und bereits Gegenstand des Untersuchungsausschusses sowie des Disziplinarverfahrens gewesen, weshalb dem Vertraulichkeitsinteresse kein überwiegendes Gewicht beizumessen sei. Gerade die Gründlichkeit eines Disziplinarverfahrens eines Bundesministeriums müsse Teil der öffentlichen Kontrolle sein. Sein Anspruch ergebe sich zudem aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. § 16 BDG stehe der Auskunftserteilung nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf die ersten beiden unter Nummer 1 gestellten Fragen für erledigt erklärt haben, war das Verfahren einzustellen und das erstinstanzliche Urteil insoweit für wirkungslos zu erklären.

II. Im Übrigen hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg. Die Klage ist hinsichtlich des aus dem - vom Senat zur Klarstellung neugefassten - Tenor ersichtlichen Umfangs zulässig und begründet. Hinsichtlich der übrigen noch streitgegenständlichen Fragen ist sie teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.

1. Für Frage 3 fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis. Die Frage, welches Fehlverhalten dem Mitarbeiter, gegen den im Zuge des Disziplinarverfahrens ermittelt wurde, genau vorgeworfen wurde, ist bereits beantwortet. Der frühere Präsident des BfV, Fromm, hat als Zeuge vor dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages am 5. Juli 2012 angegeben, gegen "Lothar Lingen" sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden wegen des Vorwurfs, die Aktenvernichtung angeordnet sowie die Amtsleitung nicht informiert zu haben über die Tatsache, dass am 11. November 2011 Akten vernichtet wurden.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 17/14600, S. 786.

Das Fehlverhalten, das dem Beamten vorgeworfen wurde, ist hieraus deutlich zu erkennen. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt hat, die Übernahme dieser Angabe entspreche nicht seiner journalistischen Sorgfaltspflicht, insbesondere sei er nicht sicher, ob der Zeuge Fromm die Aussage noch als Präsident des BfV getätigt habe, zeigt er ein fortbestehendes Interesse an der Verfolgung seines diesbezüglichen Auskunftsbegehrens im Klagewege nicht auf. Zwar hat die Vernehmung des Herrn Fromm am 5. Juli 2012 und damit drei Tage nach dessen Rücktritt stattgefunden. Dass dies im Hinblick auf die Verlässlichkeit der Angabe einen derartigen Unterschied machen könnte, dass der Kläger zur presserechtlichen Absicherung seiner Recherche auf eine amtliche Bestätigung dieser Information angewiesen wäre, ist nicht ersichtlich.

Vgl. zu diesem Aspekt OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 2017 -15 A 651/14 -, juris Rn. 35.

Hierbei ist insbesondere in Rechnung zu stellen, dass Zeugen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Wahrheit verpflichtet sind, § 24 Abs. 3 PUAG. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Zeugen Fromm vor dem Untersuchungsausschuss nicht richtig oder vollständig gewesen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere decken sich seine Angaben mit denen des Beamten "Lothar Lingen" bei seiner Vernehmung durch BKA und GBA. Hier hatte er im Oktober 2014 angegeben, gegen ihn sei eine - seinerzeit bereits bestandskräftige - Disziplinarmaßnahme verhängt worden. Diese Entscheidung habe auf dem Vorwurf beruht, dass er die dienstliche Gebotenheit einer weiteren Verwahrung der Akten hätte erkennen müssen, insbesondere um weitere absehbare Prüfungen zu ermöglichen. Darüber hinaus habe die Entscheidung auf dem Vorwurf beruht, er habe der Amtsleitung bewusst die Information vorenthalten, dass er die Vernichtung von Akten angeordnet hatte.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 18/12950, S. 1163.

2. Im Hinblick auf die weiteren noch im Berufungsverfahren gegenständlichen Fragen ist die Klage nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

a) Zur ersten unter Nummer 4 gestellten Frage ("Wie genau sahen die Bemühungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz aus, das Fehlverhalten aufzuklären?") besteht kein Auskunftsanspruch, weil sie unbestimmt ist. Dasselbe gilt, soweit der Kläger mit der zweiten unter Nummer 4 gestellten Frage den Umfang der Aufklärungsbemühungen erfahren möchte.

Ein Auskunftsantrag ist ausreichend bestimmt, wenn nach interessengerechtem Verständnis aus der Perspektive des Empfängerhorizonts klar erkennbar ist, welche Informationen der Antragsteller begehrt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. April 2018 - 6 VR 1.18 -, juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 28. Oktober 2011 - OVG 10 S 33.11 - juris Rn. 34; VG Ansbach, Urteil vom 1. November 2009 - AN 11 K 08.00677 -, juris Rn. 73 (zum UIG).

Der Umstand, dass einem Begriff unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden können, führt nicht zur Unbestimmtheit, solange klar erkennbar ist, auf welche Informationen es dem Antragsteller ankommt.

So auch VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 - 27 L 587.18 -, juris Rn. 33.

Dabei kann auch berücksichtigt werden, inwieweit der Auskunftsuchende zu einer Konkretisierung seines Anliegens in der Lage und ihm diese zumutbar ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, juris Rn. 16 (zum UIG); VG Berlin, Beschluss vom 13. März 2017 - 27 L 502.16 -, juris Rn. 80; VG Ansbach, Urteil vom 1. November 2009 - AN 11 K 08.00677 -, juris Rn. 73 (zum UIG).

Ein Auskunftsantrag ist jedenfalls dann zu unbestimmt, wenn im Falle seiner Tenorierung wesentliche Streitfragen zwischen den Beteiligten nicht entschieden, sondern in den Bereich der Vollstreckung verlagert würden.

Vgl. OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10; Hess. VGH, Beschluss vom 30. November 2006 - 10 TG 2531/06 -, juris Rn. 2; VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 - 27 L 587.18 -, juris Rn. 31.

Dies ist etwa der Fall, wenn sich die Frage, was vom Auskunftsanspruch erfasst sein soll, nur aufgrund einer rechtlichen Würdigung beantworten lässt, deren Ergebnis im Einzelfall zwischen den Verfahrensbeteiligten streitig ist.

Vgl. OVG Berlin-Bbg. Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10.

Ein hinreichend bestimmtes Auskunftsbegehren liegt zudem auch dann nicht vor, wenn die Fragen so weit und allgemein gefasst sind, dass sie nicht konkret beantwortet werden können, sondern eine unterschiedslose Wiedergabe des Akteninhalts erforderlich wird.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 18 ff. mit weiteren Nachweisen.

Dies zugrunde gelegt zielt die erste unter Nummer 4 gestellte Frage auf die Nachzeichnung des gesamten Inhalts der Disziplinarakte und ist bereits deshalb nicht hinreichend bestimmt und konkret. Die Frage nach dem "wie genau" ließe sich nur dadurch beantworten, dass die Beklagte alle Aufklärungsbemühungen detailliert zusammenstellte; hierdurch würden aber die Grenzen eines Auskunftsanspruchs überschritten, weil die Auskunft einer Akteneinsicht gleichkäme, für die weder § 111 Abs. 3 BBG, der ausdrücklich nur einen Anspruch auf Auskunft einräumt, noch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine Grundlage bieten.

Vgl. zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 15 A 2080/15 -, juris Rn. 16 ff. mit weiteren Nachweisen.

Gleiches gilt für die Frage nach dem "Umfang" der Aufklärungsbemühungen. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ihm gehe es um die "Intensität" und die "Tiefe" der Aufklärungsbemühungen, trägt nicht zur Konkretisierung dieser Frage bei. Vielmehr wird deutlich, dass der Kläger letztlich eine wertende Betrachtung vornehmen möchte, die aber nicht Gegenstand eines konkreten Auskunftsbegehrens sein kann.

Der Annahme des Verwaltungsgerichts, bei den ersten beiden unter Nummer 4 gestellten Fragen handle es sich lediglich um einleitende Sätze, zu denen keine konkrete Auskunftserteilung begehrt werde, ist nicht zuzustimmen. Zunächst kann dies nicht angenommen werden, soweit in Frage 2 auch nach der Dauer der Aufklärungsbemühungen gefragt wird, denn hierbei handelt es sich um einen Aspekt, der in den weiteren Fragen unter Nummer 4 nicht enthalten ist. Auch die Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat lassen erkennen, dass dieser mit den beiden ersten Fragen der Nummer 4 ein eigenständiges Informationsinteresse verbindet. Zudem kann auch deshalb keine Verurteilung der Beklagten zur Beantwortung dieser Fragen ausgesprochen werden, weil damit das Vollstreckungsverfahren mit wesentlichen Unsicherheiten belastet würde.

Vgl. zu diesem Aspekt OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 8. September 2017 - OVG 11 S 49.17 -, juris Rn. 10; Hess. VGH, Beschluss vom 30. November 2006 - 10 TG 2531/06 -, juris Rn. 2; VG Berlin, Beschluss vom 23. März 2018 - 27 L 587.18 -, juris Rn. 31.

b) Für die verbleibenden Fragen gilt Folgendes:

aa) Rechtsgrundlage für das Auskunftsersuchen ist § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG. Hiernach dürfen Auskünfte aus der Personalakte an Dritte nur mit Einwilligung der Beamtin oder des Beamten erteilt werden, es sei denn, dass die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen der oder des Dritten die Auskunftserteilung zwingend erfordert.

(1) § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG enthält nicht lediglich eine an die aktenführende Behörde gerichtete Ermächtigungsgrundlage zur Erteilung von Auskünften an Dritte, sondern normiert eine Anspruchsgrundlage jedenfalls für den privaten Dritten, indem sie ihm ein Recht auf Auskunft vermittelt. Diesem Verständnis steht nicht entgegen, dass § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG im Gegensatz zu den Vorschriften über die Akteneinsicht durch den Beamten und seine Hinterbliebenen in § 110 Abs. 1 und 2 BBG weder von einem Recht noch davon spricht, dass der Zugang zu gewähren ist. Denn die Erteilung der Auskunft setzt nach § 111 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 2 BBG ein überwiegendes Interesse des Dritten voraus. Die Bezugnahme auf die Interessensphäre bzw. den Rechtskreis des Dritten belegt, dass ihm mit dieser Bestimmung auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf Auskunft eingeräumt wird. Die Vorschrift ist eine drittgerichtete Schutznorm und soll den Dritten nicht lediglich reflexhaft begünstigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn.19.

(2) Bei den begehrten Auskünften handelt es sich um Auskünfte aus der Personalakte des Beamten mit dem Tarnnamen Lothar Lingen. Die Disziplinarakte gehört zu den Personalakten im Sinne des § 106 Abs. 1 Satz 4 BBG. Der Begriff erfasst alle Unterlagen, die die Beamtin oder den Beamten betreffen, soweit sie mit dem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren sachlichen Zusammenhang stehen. Folglich zählen zu den Personalakten alle Daten, die neben einem Persönlichkeitsbild der Beamtin oder des Beamten ein lückenloses Bild von der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischen Geschehensablauf vermitteln können. Ob ein Vorgang Personalakten enthält, richtet sich allein nach einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem konkreten Beamtenverhältnis; der Art der Aufbewahrung kommt rechtliche Bedeutung nicht zu.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 16 mit weiteren Nachweisen; zur Personalaktenqualität von Disziplinarakten siehe auch BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2006 - 1 DB 1.06 -, juris Rn. 6.

Gegen die tatbestandliche Einschlägigkeit des § 111 Abs. 3 BBG spricht nicht, dass es dem Kläger eigenen Angaben zufolge nicht um Auskünfte zu dem betroffenen Beamten geht, sondern um die Aktivitäten, die die Beklagte nach Bekanntwerden der Aktenvernichtung entfaltet hat. Unabhängig davon, dass zumindest die Fragen nach dem konkreten Fehlverhalten und der Motivation des Beamten ausschließlich diesen betreffen, ändert die Interessenlage des Klägers nichts daran, dass die entsprechenden Auskünfte nur auf Basis der Personalakte des Beamten erteilt werden können; ein etwaiger geringerer Personenbezug der Auskunft kann gegebenenfalls im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden.

Entsprechendes gilt für die Annahme des Klägers, § 111 Abs. 3 BBG sei mangels Identifizierbarkeit des betroffenen Beamten nicht anwendbar. Eine solche Einschränkung ist weder dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen noch ist sie durch Sinn und Zweck geboten. Der Aspekt der fehlenden Identifizierbarkeit des Beamten kann vielmehr im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung berücksichtigt werden.

Der Verweis des Klägers auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1970,

vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1970 - II C 5.68 -, juris Rn. 18,

geht insoweit fehl, als zum damaligen Zeitpunkt eine gesetzliche Vorschrift zur Auskunftserteilung aus Personalakten nicht existierte.

bb) Die Voraussetzungen, unter denen nach § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG Auskünfte aus der Personalakte ohne Einwilligung des Beamten erteilt werden dürfen, sind für die im Tenor aufgeführten Fragen erfüllt.

Bei der im Rahmen des § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG vorzunehmende Prüfung, ob der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Klägers die Auskunftserteilung zwingend erfordert, ist im Ausgangspunkt folgende Interessenlage zu berücksichtigen.

(1) Der Kläger kann sich auf ein gewichtiges Interesse stützen.

Bei der Prüfung der Frage, ob der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen des Klägers die Auskunftserteilung zwingend erfordert, ist - da der Kläger ein Vertreter der Presse ist und er in journalistischer Funktion tätig wird - dem Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) entsprechend seiner herausgehobenen Bedeutung Rechnung zu tragen. Denn der Staat ist nach ständiger Rechtsprechung verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die praktische Wahrnehmung der Pressefreiheit berührt, dem aus der institutionellen Dimension des Grundrechts folgenden, über den abwehrgrundrechtlichen Gehalt hinausgehenden Schutz- und Förderauftrag hinreichend Rechnung zu tragen. Je größer die potentielle politische Relevanz eines Sachverhalts ist, desto wichtiger ist es, über eine hinreichende Presseinformation wirksame Öffentlichkeitskontrolle zu ermöglichen. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher aus dem institutionellobjektiven Gehalt der Pressefreiheit gefolgert, dass der Staat zur Schaffung behördlicher Auskunftspflichten gegenüber der Presse verpflichtet sei, "die es der Presse erleichtern oder in Einzelfällen sogar überhaupt erst ermöglichen, ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktionen zu erfüllen, die in der repräsentativen Demokratie unerlässlich sind". Dieser objektiven Förderpflicht korrespondiert ein subjektivrechtlicher Anspruch einzelner Vertreter der Presse wie hier des Klägers.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 27, und vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris, Rn. 26; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 70, 72.

Eine effektive funktionsgemäße Betätigung der Presse setzt voraus, dass ihre Vertreter in hinreichendem Maß von staatlichen Stellen Auskunft über Angelegenheiten erhalten, die nach ihrem Dafürhalten von öffentlichem Interesse sind. Mit der hohen Bedeutung der Presse für die öffentliche Meinungsbildung in der Demokratie wäre es nicht vereinbar, insoweit eine restriktive Betrachtungsweise an den Tag zu legen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris, Rn. 30; OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 74.

Daher ist die Pressefreiheit, jedenfalls dort, wo das Gesetz Abwägungen eröffnet, stets als relevanter Abwägungsgesichtspunkt bei Kollision mit anderen Gütern oder Interessen angemessen einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund kommt als berechtigtes Interesse im Sinne von § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG gerade auch ein pressespezifisches Informationsinteresse in Betracht.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 76, 78; bestätigt von BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 41; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris Rn. 123.

Ausgehend davon ist auf Seiten des Klägers zu berücksichtigen, dass an der Aufarbeitung der Rolle, die die Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen betreffend die NSU-Terroristen und ihr Umfeld sowohl vor als auch nach öffentlichem Bekanntwerden des NSU gespielt haben, ein sehr hohes gesamtgesellschaftliches Interesse besteht. Dies gilt auch für den Vorgang der Aktenvernichtung nach Bekanntwerden des NSU im BfV durch den Referatsleiter "Lothar Lingen". In der öffentlichen Diskussion und Berichterstattung zu den von den Mitgliedern des NSU verübten Morden und weiteren Straftaten hat von Anfang an die Frage eines Versagens der Sicherheitsbehörden breiten Raum eingenommen. Insbesondere der Vorgang der Aktenvernichtung im BfV hat den Verdacht genährt, dass es auf Seiten des BfV insoweit Fehleinschätzungen, Nachlässigkeiten und Pflichtwidrigkeiten gegeben hat.

(2) Allerdings kommt dem Interesse an der Vertraulichkeit der Personalakte ebenfalls ein hohes Gewicht zu. Bereits aus § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Überwindung der gesetzlich normierten Vertraulichkeit nur im Ausnahmefall zulassen wollte.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 41; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 68.

Die Vertraulichkeit der Personalakte dient sowohl öffentlichen Interessen als auch den datenschutzrechtlichen Interessen des betroffenen Beamten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 38.

Betroffen ist hier nicht nur das öffentliche Interesse an der Vertraulichkeit des Disziplinarverfahrens, sondern auch der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Beamten.

(a) Dabei ist dem Persönlichkeitsschutz ein hohes Gewicht beizumessen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 38.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, und daher grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu bestimmen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004 - 3 C 41.03 -, juris Rn. 27.

Das setzt nicht voraus, dass es sich um der Privatsphäre des Beamten zuzuordnende Vorfälle handelt. Träger des Grundrechts sind nämlich auch Amtsträger, und zwar nicht nur für Informationen mit privatem, sondern auch für solche mit amtsbezogenem Inhalt. Ein Amtsträger genießt damit auch als solcher das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Gefahr, dass das Erscheinungsbild eines Menschen in einer bestimmten Situation von diesem abgelöst und in anderen Zusammenhängen vor einem unüberschaubaren Personenkreis reproduziert, dabei verändert oder manipuliert wird, besteht bei Amtsträgern nicht anders als bei anderen, und sie besteht auch - und vielleicht gerade - hinsichtlich seines Erscheinungsbildes "im Amt". Die Folgen einer solchen beliebigen Darstellung treffen den Einzelnen nicht nur in seinem Amt - dessen Ausübung ja häufig zugleich sein Beruf ist -, sondern regelmäßig zugleich in seiner persönlichen und privaten Existenz.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004 - 3 C 41.03 -, juris Rn. 30, 32.

Das Gewicht des solchermaßen geschützten Vertraulichkeitsinteresses wird auch nicht dadurch gemindert, dass die Identität des Beamten mit dem Decknamen "Lothar Lingen" nicht bekannt wäre. Zum einen bestehen an dieser Annahme bereits deshalb Zweifel, weil - wie die Beklagte vorgetragen hat - im Internet eine Vielzahl von Beiträgen zu finden ist, in denen der angebliche Klarname des Beamten genannt und auch sein beruflicher Werdegang nachgezeichnet wird. Zum anderen ist nicht entscheidend, ob alle oder ein erheblicher Teil der Adressaten die gemeinte Person identifizieren können. Des Schutzes personenbezogener Daten bedarf es gerade gegenüber Adressaten, denen eine Identifikation auf Grund anderweitiger Einblicke in das berufliche oder persönliche Umfeld des Betroffenen möglich ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Oktober 2017 - 15 A 651/14 -, juris Rn. 71, und Beschluss vom 27. Juni 2012 - 5 B 1463/11 -, juris Rn. 23; im Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsrechtsverletzung BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 2004 - 1 BvR 263/03 -, juris Rn. 1.

Dies zugrunde gelegt kann dahinstehen, ob im Fall einer Veröffentlichung die Öffentlichkeit oder bestimmte Kreise - wie etwa die Kollegen des Beamten - die Informationen einer ihnen bekannten Person zuordnen oder aber die Informationen unter Umständen erst die Identifizierung des Beamten mit dem Tarnnamen "Lothar Lingen" ermöglichen könnten. Vielmehr ist eine Verletzung der Vertraulichkeitsinteressen des Beamten bereits deshalb möglich, weil der Kläger als derjenige, gegenüber dem eine etwaige Auskunft erteilt würde, offenbar die Identität des Beamten kennt. In dem Artikel "Die Geheimnisse des Lothar Lingen" vom 19. Januar 2017 führt der Kläger aus:

"Drei Ordner umfasst die Akte, und in einem findet sich eine spannende sogenannte Deckblattmeldung des BfV. Darin teilte die Kölner Bundesbehörde den Länderkollegen Informationen mit, die sie unter anderem durch V-Leute gewonnen hatte. Die Meldung, auf die es ankommt, stammt vom 19. Dezember 2001. Sie schildert Erkenntnisse, die das Bundesamt "durch persönliche Gespräche" in Jena mit einem V-Mann namens "Teleskop" gewonnen habe. (Dahinter verbarg sich ein Funktionär der NPD-Jugendorganisation JN.) In der vierseitigen Meldung geht es unter anderem um André Kapke, den von Tarif erwähnten Freund der drei Untergetauchten, außerdem um Ralf Wohlleben, einen weiteren NSU-Unterstützer, auch das Trio selbst wird als "die noch flüchtigen Rohrbombentäter" erwähnt. Der Inhalt ist nicht explosiv, wohl aber die Unterschriften auf dem Deckblatt. Dort stehen die Namen zweier BfV-Beamter - einer davon ist der Klarname von Lothar Lingen."

Ebenso ist dort die Rede von einer "Strafversetzung in das wenig glamouröse Bundesverwaltungsamt".

Vgl. Staud, Die Geheimnisse des Lothar Lingen, DIE ZEIT Nr. 4/2017, https://www.zeit.de/2017/04/verfassungsschutz -lotharlingenaktennsuumfeldvernichtung; abgerufen zuletzt am 11. September 2018.

Diese Ausführungen können nur so verstanden werden, dass der Kläger Identität und Klarnamen des Beamten "Lothar Lingen" kennt, so dass ihm mit der begehrten Auskunft Informationen zu einer ihm bekannten Person mitgeteilt würden. Für eine Minderung des Gewichts des Vertraulichkeitsinteresses ist damit kein Raum.

(b) Das Vertraulichkeitsinteresse erhält zudem im vorliegenden Fall durch das öffentliche Interesse an der Vertraulichkeit von Disziplinarverfahren besonderes Gewicht.

Bei den vom Kläger begehrten Informationen handelt es sich unstreitig um Auskünfte aus Unterlagen betreffend das Disziplinarverfahren des Klägers, insbesondere aus der Disziplinarakte.

Spezielle Vorschriften für Auskünfte aus Disziplinarakten finden sich - anders als etwa mit § 9 Abs. 1 WDO -,

vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 5. Mai 2017 - 15 A 1578/15 -, juris,

im Bundesbeamtengesetz oder im Bundesdisziplinargesetz nicht. Vielmehr sind bei der Gewichtung der Vertraulichkeitsinteressen im Rahmen des § 111 Abs. 3 BBG auch die Wertungen des Disziplinarrechts heranzuziehen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Vertraulichkeit des Disziplinarverfahrens nicht nur dem Schutz der Persönlichkeitsrechte des betroffenen Beamten dient, sondern auch der Durchführung und Funktionsfähigkeit des Disziplinarverfahrens, das wiederum einem besonders wichtigen Zweck dient.

Ziel des Disziplinarverfahrens ist nicht die Sanktionierung des betroffenen Beamten und die Vergeltung begangenen Unrechts, sondern die Sicherstellung des Vertrauens in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2017 - 2 B 50.16 -, juris Rn. 11.

An der zutreffenden Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat daher der Dienstherr im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung ein sehr großes Interesse. Um die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme maßgeblichen be- und entlastenden Umstände zu ermitteln (vgl. § 13 Abs. 1, § 21 Abs. 1 BDG), ist der Dienstherr in besonderem Maße auf die Offenheit des Beamten angewiesen. Da der Beamte im Rahmen des Disziplinarverfahrens keiner Wahrheitspflicht unterliegt,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. November 2012 - 2 B 56.12 -, juris Rn. 10 f.; OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2016 - 3d A 467/13.O -, juris Rn. 50,

kommt es entscheidend darauf an, dass dieser von sich aus bereit ist, dem Dienstherrn die maßgeblichen Umstände zu offenbaren. Diese Bereitschaft wird umso größer sein, je mehr der Beamte davon ausgehen kann, dass seine Angaben aus dem Disziplinarverfahren vertraulich behandelt und Dritten nicht offenbart werden. Dies gilt im Übrigen nicht nur für den Beamten selbst, sondern auch für etwaige Zeugen. Diese Vertraulichkeitserwartung wird allerdings dadurch relativiert, dass das gerichtliche Disziplinarverfahren nach dem Bundesdisziplinargesetz öffentlich ist. Ob es zu einem solchen kommt, wird in der Regel während der Ermittlungen im Disziplinarverfahren noch nicht abzusehen sein.

Das besondere Vertraulichkeitsinteresse kann zudem auch dann berührt sein, wenn es um Auskünfte zur Durchführung und zum Umfang der durchgeführten Disziplinarermittlungen geht. Insbesondere können die Auswirkungen auf zukünftige Verfahren zu beachten sein, die sich gegebenenfalls daraus ergeben, dass der Dienstherr bei den Ermittlungen auch berücksichtigt, wie etwaige Ermittlungsmaßnahmen bzw. ihr Unterlassen später von der Presse beurteilt werden könnten.

(3) Bei der mit diesen Maßgaben vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Klägers einerseits und den privaten und öffentlichen Vertraulichkeitsinteressen andererseits ist festzustellen, dass das Informationsinteresse des Klägers nur hinsichtlich der aus dem Tenor ersichtlichen Fragen überwiegt.

(a) Im Hinblick auf die noch zu Nummer 1 verbleibende Frage nach der konkreten verhängten Disziplinarmaßnahme überwiegt das Informationsinteresse nicht das Vertraulichkeitsinteresse des Beamten. Bei einer Beantwortung der Frage würde das besonders gewichtige informationelle Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Beamten in erheblichem Maße beeinträchtigt. Es handelt sich um einen sensiblen, den gesellschaftlichen Achtungsanspruch des Beamten berührenden Lebenssachverhalt, an dessen Geheimhaltung gegenüber einer im Fall der Veröffentlichung massenmedial vermittelten Öffentlichkeit der Beamten ein nachvollziehbares Geheimhaltungsinteresse hat.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 42.

Demgegenüber kommt insoweit dem Informationsinteresse des Klägers kein überragendes Gewicht zu. Das Gewicht des Informationsinteresses wird hinsichtlich dieser Frage bereits dadurch gemindert, dass nach dem bereits zitierten Bericht des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses bekannt ist, dass gegen den Beamten eine bestandskräftige Disziplinarmaßnahme verhängt wurde.

Vgl. zu diesem Aspekt OVG NRW, Urteil vom 10. August 2015 - 8 A 2410/13 -, juris Rn. 81, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 41.

Angesichts der Angaben des Beamten, die im Bericht des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses zitiert sind, und der im vorliegenden Verfahren gemachten Angaben der Beklagten lassen sich angesichts des von der Beklagten angeführten Ablaufs der Fristen des § 16 BDG als in Betracht kommende Maßnahmen der Verweis, die Geldbuße und die Kürzung der Dienstbezüge identifizieren. Ein das Vertraulichkeitsinteresse des Beamten überwiegendes Informationsinteresse des Klägers kann bei dieser Sachlage nicht festgestellt werden.

Daran ändert auch nichts, dass es dem Kläger offenbar darum geht herauszufinden, mit welchem Engagement der Dienstherr des Beamten das Disziplinarverfahren betrieben hat, um daraus Rückschlüsse auf die Hintergründe der Aktenvernichtung ziehen zu können. Bezugspunkt des Disziplinarverfahrens ist und bleibt der betreffende Beamte und die Frage, welche Maßnahme erforderlich ist, um diesen (soweit nicht das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn endgültig zerstört ist) in Zukunft zu rechtmäßigem Verhalten anzuhalten und einen geordneten Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Mai 1967 - 2 BvR 391/64 -, juris Rn. 20.

Diese auf den einzelnen Beamten abstellende Perspektive, die sich etwa in § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG zeigt, wonach bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme das Persönlichkeitsbild des Beamten angemessen zu berücksichtigen ist, erlaubt damit keine tragfähigen Rückschlüsse aus der verhängten Disziplinarmaßnahme auf die Haltung des Dienstherrn gegenüber dem sanktionierten Fehlverhalten.

Der Kläger kann im Übrigen nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Eilrechtsschutzverfahren betreffend den Antrag eines Beamten, die Veröffentlichung der gegen ihn verhängten Disziplinarmaßnahme durch den Dienstherrn zu untersagen, einen Anordnungsanspruch des Beamten verneint hat.

Vgl. Nds. OVG. Beschluss vom 24. September 1990 - 5 M 28/90 -, NJW 1991, 445.

Dieser Entscheidung lag zum einen mit der Prüfung eines Unterlassungsanspruchs des Klägers im Eilverfahren eine andere rechtliche Situation zugrunde, zum anderen lagen andere tatsächliche Gegebenheiten vor, so dass das Ergebnis der Abwägung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden kann.

(b) Im Hinblick auf die unter Nummer 4 gestellten Fragen nach der Dauer der Aufklärungsbemühungen, der Zahl der befragten Personen und der Zahl der Seiten der Ermittlungsakte im Disziplinarverfahren überwiegt das Informationsinteresse des Klägers das Interesse der Beklagten und des Beamten an der Vertraulichkeit der Disziplinarverfahren. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit das Persönlichkeitsrecht des Beamten durch diese Auskünfte in relevanter Weise tangiert werden könnte. Auch dem öffentlichen Interesse an der Vertraulichkeit von Disziplinarverfahren kommt insoweit kein hohes Gewicht zu. Es ist nicht erkennbar, dass der Ablauf und die Effektivität zukünftiger Disziplinarverfahren beeinträchtigt würden, wenn die begehrten Auskünfte erteilt werden. Insbesondere ist nicht zu befürchten, dass die Beklagte etwaige zukünftige Disziplinarverfahren mit Blick auf eventuelle Auskunftsersuchen im Hinblick auf Umfang oder Tiefe der Ermittlungen anders als vom Gesetz in § 21 Abs. 1 BDG vorausgesetzt führen würde. Demgegenüber überwiegt das Informationsinteresse des Klägers zu erfahren, in welcher Weise und mit welchem Aufwand und Engagement das Disziplinarverfahren betrieben wurde. Zwar handelt es sich bei den begehrten Angaben allenfalls um Indizien dafür, mit welcher Gründlichkeit die Beklagte das Disziplinarverfahren betrieben hat. Es ist aber nicht Sache des Senats, den Informationswert im Hinblick auf die beabsichtigte Berichterstattung zu bewerten. Das Interesse des Klägers wird auch nicht dadurch gemindert, dass sich die Untersuchungsausschüsse des Bundestages bereits mit dem Disziplinarverfahren beschäftigt haben. Das Disziplinarverfahren als solches, das dort zugrunde gelegte Dienstvergehen, die Ermittlungen und die gewonnenen Erkenntnisse sind gerade nicht Gegenstand der Untersuchungsausschüsse und der Presseberichterstattung gewesen. Der NSU-Untersuchungsausschuss des 18. Bundestages (zweiter NSU-Untersuchungsausschuss) hat vielmehr selbst bemängelt, dass ihm die Disziplinarakte des "Lothar Lingen" nicht ausgehändigt worden ist.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes vom 22. Juni 2017, BT-Drs. 18/12950, S. 1163.

(c) Bei Frage 6 überwiegt das Informationsinteresse des Klägers nicht. Ein besonders hohes öffentliches Interesse, über bloße Mutmaßungen und Spekulationen informiert zu sein bzw. zu informieren, kann von vornherein nicht angenommen werden. Demgegenüber besteht die ernsthafte Gefahr, dass entsprechende Auskünfte die Persönlichkeitsrechte des Beamten, deren Schutz wie oben dargelegt hohes Gewicht zukommt, in empfindlichem Maße berühren würden. Denn etwaige von Kollegen vorgenommene Einschätzungen zur Motivationslage des Beamten können eine Vielzahl beruflicher und privater Facetten des Beamten betreffen und damit einen besonders starken Persönlichkeitsbezug haben. Zudem hat der Dienstherr angesichts der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ein Interesse daran, dass andere Mitarbeiter durch die Offenbarung von von ihnen geäußerter Mutmaßungen nicht bloßgestellt werden.

(d) Im Hinblick auf Frage 7, ob ermittelt wurde, ob der Beamte "Lothar Lingen" mit den von ihm vernichteten Vorgängen in den Jahren zuvor selbst dienstlich befasst gewesen ist, überwiegt das Informationsinteresse des Klägers. Die Frage lässt sich mit "ja" oder "nein" beantworten; insoweit gilt das oben zu Frage 4 Ausgeführte.

(e) Frage 8, mit der der Kläger wissen möchte, ob der Beamte die Akten auf eigene Veranlassung oder nach Absprache mit anderen vernichtet hat, betrifft eine zentrale Frage des Geschehens um die Aktenvernichtung. Das Informationsinteresse des Klägers besitzt insoweit überragendes Gewicht. Demgegenüber wiegen die privaten oder öffentlichen Geheimhaltungsinteressen weniger schwer. Bisher haben die Ermittlungen etwa der Untersuchungsausschüsse des Bundestags ergeben, dass der Beamte auf eigene Veranlassung gehandelt hat.

Vgl. etwa Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 17/14600, S. 766 ff., 784 f.; Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 18/12950, S. 337.

Hätte sich im Rahmen des Disziplinarverfahrens ergeben, dass der Beamte in Absprache mit anderen gehandelt hat und würde dies dem Kläger mitgeteilt, ist auch für den Fall einer Veröffentlichung nicht erkennbar, dass dies den Beamten in relevanter Weise in seinen Persönlichkeitsrechten betreffen würde.

Auch die öffentlichen Geheimhaltungsinteressen wiegen in der gegebenen Fallgestaltung weniger schwer als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Zwar können betroffene Beamte und Zeugen durchaus ein Interesse daran haben, dass gerade brisante Informationen vertraulich behandelt werden. Allerdings geht es im vorliegenden Fall um die etwa auch in den NSU-Untersuchungsausschüssen diskutierte politisch und gesellschaftlich überragend wichtige Frage, ob es sich bei der Aktenvernichtung um eine durch Kollegen und Vorgesetzte des Beamten angeordnete, mitverantwortete oder jedenfalls geduldete Maßnahme handelte, mit der Belege für Versäumnisse des BfV im Zusammenhang mit dem NSU verschleiert werden sollten.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des 2. Untersuchungsausschusses nach Artikel 44 des Grundgesetzes, BT-Drs. 17/14600, S. 743 ff.; 859.

Dieser im Zusammenhang mit der Frage eines Systemversagens bei der Verfolgung und Aufklärung der Straftaten des NSU stehende Aspekt überwiegt damit auch das öffentliche Interesse an der Vertraulichkeit des Disziplinarverfahrens.

(f) Auch hinsichtlich Frage 9 überwiegt das Informationsinteresse des Klägers. Insoweit kann auf die Ausführungen zu Frage 4 verwiesen werden. Bei dem durch die Fragestellung eröffneten Abstraktionsniveau der Antwort kann auch einen Tangierung von Persönlichkeitsrechten des Klägers ausgeschlossen werden.

c) Weitergehende Ansprüche kann der Kläger weder unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG noch aus § 1 IFG geltend machen.

aa) Der Kläger kann sein Begehren nicht unmittelbar auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stützen

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schließt die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine bestimmte Sachmaterie als Annex die Befugnis ein, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. März 2015 - 6 C 12.14 -, juris Rn. 11, und vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 -, juris Rn. 22, 25; OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2017 - 15 B 1112/15 -, juris Rn. 13.

Der Bund besitzt gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 8 GG die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Bundesbeamten. Dazu zählt die Befugnis, Voraussetzungen und Grenzen zu regeln, unter denen der Öffentlichkeit einschließlich der Presse Informationen über die Beschäftigten zu erteilen sind oder erteilt werden dürfen. In dieser Situation ist für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann Raum, wenn der Bundesgesetzgeber von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat und seiner aus dem objektivrechtlichen Gehalt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Pflicht nicht nachgekommen ist, die Rechtsordnung in einer Weise zu gestalten, die der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung der Presse gerecht wird und ihr eine funktionsgemäße Betätigung ermöglicht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 63 mit weiteren Nachweisen.

Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber mit § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG einen auf Personalaktendaten bezogenen Auskunftsanspruch normiert, der auch den Anforderungen der Pressefreiheit genügt. Dabei ist - anders als der Kläger annimmt - unbeachtlich, dass die Vorschrift nicht zwischen der Presse und sonstigen Dritten unterscheidet. Daraus folgt nicht, dass der insoweit als Jedermannsrecht normierte Auskunftsanspruch nicht geeignet ist, die informationsrechtliche Stellung der Presse auszugestalten, weil sie deren besondere Funktionsbedürfnisse nicht reflektierten. Denn die Vorschrift des § 111 Abs. 3 BBG erfordert eine umfassende Interessenabwägung, in die dann je nach ihrer Art unterschiedlich zu gewichtende Anliegen und folglich auch das besonders hohe Informationsinteresse der Presse einfließen kann. Dies entspricht im Übrigen auch den generellen Anforderungen an den verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch der Presse. Er wird der Aufgabe der Presse gerecht, wenn er seinem materiellrechtlichen Gehalt nach nicht hinter dem Inhalt derjenigen presserechtlichen Auskunftsansprüche zurückbleibt, die die Landesgesetzgeber im Wesentlichen inhaltsgleich, auf eine Abwägung zielend und den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG genügend, in den Landespressegesetzen normiert haben. Der auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beruhende Auskunftsanspruch fordert dementsprechend eine Abwägung im Einzelfall. Indem § 111 Abs. 3 BBG für einen Auskunftsanspruch hohe Hürden errichtet, kommt damit zum Ausdruck, dass es das Vertraulichkeitsinteresse bei den Personalaktendaten als gewichtig einschätzt. Eine solche Wertung zum Schutz persönlicher Daten ist dem Gesetzgeber nicht versagt. Damit nimmt er gerade sachspezifisch die hier geregelte Problemlage in den Blick und trägt den Sach- und Rechtsstrukturen der betroffenen Sachmaterie Rechnung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 -, juris Rn. 64 ff. mit weiteren Nachweisen.

bb) Der Kläger kann sein Begehren im vorliegenden Verfahren auch nicht - wie erstmals mit Schriftsatz vom 19. September 2018 geltend gemacht - auf einen Anspruch nach § 1 IFG stützen. Hierbei handelt es sich um einen gegenüber dem in der Eigenschaft als Pressevertreter geltend gemachten § 111 Abs. 3 BBG eigenständigen Streitgegenstand, der vom Kläger nicht in das Rechtsmittelverfahren der Beklagten eingeführt werden kann.

Vgl. zum parallel zu bewertenden Verhältnis zwischen einem Anspruch nach dem IFG und dem presserechtlichen Auskunftsanspruch: BVerwG, Beschlüsse vom 22. März 2018 - 7 C 1.17 -, juris Rn. 13, und vom 3. Mai 2016 - 7 C 7.15 -, juris Rn. 3 ff.; siehe auch OVG NRW, Urteil vom 5. Juli 2018 - 15 A 2147/13 -, juris Rn. 70.

3. Dem Auskunftsanspruch des Klägers steht, soweit die Voraussetzungen des § 111 Abs. 3 BBG vorliegen, § 16 BDG nicht entgegen. Nach § 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 BDG sind Eintragungen in der Personalakte über die Disziplinarmaßnahme nach Eintritt des Verwertungsverbots nach § 16 Abs. 1 BDG von Amts wegen zu entfernen und zu vernichten. Lediglich im Fall einer - wie oben dargestellt hier nicht in Betracht kommenden - Zurückstufung bleiben das Rubrum und die Entscheidungsformel einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung in der Personalakte. Nach § 16 Abs. 1 BDG darf ein Verweis nach zwei Jahren, eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge und eine Kürzung des Ruhegehalts nach drei Jahren und eine Zurückstufung nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und bei sonstigen Personalmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden (Verwertungsverbot). Der Beamte gilt nach dem Eintritt des Verwertungsverbots als von der Disziplinarmaßnahme nicht betroffen.

Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Fristen für Verwertungsverbot und Tilgung nach § 16 Abs. 1 und 3 BDG abgelaufen seien. Damit sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Disziplinarakte und die Informationen in der Personalakte, die auf das Disziplinarverfahren hinweisen,

vgl. zum Umfang der Tilgung Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 16, Rn. 4, Schmiemann, in: Schütz/Schmiemann, Disziplinarrecht, 4. Auflage, 9. Ergänzungslieferung (Februar 2016), § 16, Rn. 17,

nach § 16 Abs. 3 BDG zu entfernen und zu vernichten.

Allerdings ist die Auskunftserteilung nicht tatsächlich unmöglich geworden, denn die Disziplinarakte ist nach der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung mit Rücksicht auf das vorliegende Klageverfahren nicht vernichtet, sondern versiegelt an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat übersandt worden.

Die Beklagte ist durch das disziplinarrechtliche Verwertungsverbot und die Vernichtungspflicht auch in rechtlicher Hinsicht nicht daran gehindert, die aus dem Tenor ersichtlichen Auskünfte zu erteilen. Die Auskunft in dem Rechtsverhältnis, das durch das Begehren auf Auskunft nach § 111 Abs. 3 BBG begründet wird, wird von § 16 BDG jedenfalls im hier vorliegenden Einzelfall nicht erfasst.

§ 16 BDG dient der Rehabilitierung des disziplinar vorbelasteten und danach eine Zeitlang unbescholten gebliebenen Beamten. Nach entsprechender Bewährung sollen die Betroffenen als nicht vorbelastet gelten und in der angemessenen beruflichen Förderung und Entwicklung ihrer Laufbahn durch das frühere Versagen nicht mehr beeinträchtigt werden. Das Bewusstsein der Betroffenen, dass sich künftiges Wohlverhalten und dienstliche Einsatzbereitschaft lohnen, stärkt deren Motivation und damit den Leistungsgedanken im öffentlichen Dienst.

Vgl. Hummel/Baunack, in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 17, Rn. 2

Die Regelung dient insoweit auch dem Interesse des Dienstherrn, dem an der Motivation und Leistungsbereitschaft seiner Beamten gelegen sein muss.

Schmiemann, in: Schütz/Schmiemann, Disziplinarrecht, 4. Auflage, 9. Ergänzungslieferung (Februar 2016), § 16, Rn. 2.

Das Verwertungsverbot und die Vernichtungspflicht bestehen somit in erster Linie im Innenverhältnis des Beamten zu seinem Dienstherrn. Hier entfalten sie ihre sowohl dem Fortkommen des Beamten als auch dem Personalführungsinteresse des Dienstherrn dienende Funktion.

Für die Frage, ob der Dienstherr gegenüber Dritten auf deren Auskunftsersuchen Informationen über ein Disziplinarverfahren auch noch nach Ablauf der Fristen des § 16 BDG offenlegen darf - sei es aus einer noch vorhandenen Akte, sei es auf Grundlage von etwa in die das Auskunftsersuchen betreffende Verwaltungsakte übertragenen Daten oder aus der Erinnerung -, folgt aus § 16 BDG demgegenüber unmittelbar nichts.

Durch das Auskunftsersuchen entsteht zwischen dem Auskunftsuchenden und dem Dienstherrn ein Rechtsverhältnis, das gegenüber dem Verhältnis zwischen Beamtem und Dienstherrn eigenständig ist. Verweigert eine Behörde die Auskunftserteilung und sucht der Auskunftsuchende hiergegen gerichtlichen Rechtsschutz, so ist es im Interesse des effektiven Rechtsschutzes mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG geboten, dass die Behörde sicherstellt, dass sie im Fall der rechtkräftigen Verurteilung die begehrten Informationen erteilen kann. Das kann etwa dadurch geschehen, dass der Dienstherr die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten in einen zu diesem Zweck angelegten neuen Vorgang übernimmt. Diese Vorgehensweise würde auch der Rechtsprechung zum Informationsfreiheitsgesetz gerecht, nach der eine auf Treu und Glauben fußende Pflicht zur Wiederbeschaffung nicht mehr vorhandener Informationen besteht, wenn die informationspflichtige Stelle sie in Kenntnis eines geltend gemachten Informationsbegehrens aus der Hand gibt.

Vgl. OVG Berlin-Bbg, Urteile vom 20. März 2012 - 12 B 27.11 -, juris Rn. 42, und vom 18. März 2010 - 12 B 41.08 -, juris Rn. 22; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 BvR 1978/13 -, juris Rn. 27.

Zwar handelt es sich bei einer derartigen Übernahme der erforderlichen Daten etwa in die das Auskunftsversuchen betreffende Aktenstück, um eine Zweckänderung. Denn nach § 106 Abs. 3 Satz 1 BBG dürfen Personalaktendaten nur für Zwecke der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft verwendet werden. Diese Zweckänderung ist jedoch von § 111 Abs. 3 BBG gedeckt, indem diese Vorschrift - unter den dort genannten Voraussetzungen - die Nutzung von Personalakten erlaubt, um das Auskunftsersuchen eines Dritten zu befriedigen.

Vgl. dazu, dass § 111 BBG der Umsetzung des Grundsatzes der Vertraulichkeit und Zweckbindung der Personalakte dienen, Plog/Wiedow, BBG, § 111 BBG 2009, Rn. 2 (Stand März 2018).

Die damit erlaubte Zweckänderung der entsprechenden Daten kann auch noch nach Ablauf der Fristen des § 16 BDG geschehen, um den Zustand herzustellen, der nach Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich ist, damit das Auskunftsbegehren, das die Behörde bei rechtmäßigem Handeln bereits zeitnah nach Antragstellung hätte erfüllen müssen, noch erfüllt werden kann. Auch dies entspricht der oben dargestellten Rechtsprechung zur (ausnahmsweisen) Wiederbeschaffungspflicht von Unterlagen; unterlässt die Behörde die erforderliche Sicherstellung der Daten, kann sie sich insoweit nicht auf das im Innenverhältnis zum Beamten bestehende Tilgungsgebot und das Verwertungsverbot berufen.

Auch weitere Schutzwirkungen des § 16 BDG stehen der Auskunftserteilung vorliegend nicht entgegen. Ob es Fälle gibt, in denen nach Ablauf der Fristen des § 16 BDG der Schutzzweck dieser Vorschrift eine Auskunft aus den etwa in den Auskunftsvorgang transferierten Daten oder auch aus dem Gedächtnis ausschließt, kann offen bleiben. Zwar sind Konstellationen vorstellbar, in denen eine Auskunftserteilung nach Ablauf der Fristen des § 16 BDG mit dem Schutzzweck dieser Norm nicht zu vereinbaren ist, weil die Erinnerung an das Disziplinarverfahren reaktiviert und dem Dienstherrn - unter Umständen durch weitere Anfragen oder Presseberichterstattung wiederholt - ins Gedächtnis gerufen würde. Im vorliegenden Einzelfall ist dies aber nicht zu befürchten. Angesichts der öffentlichen Beschäftigung mit der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegenden Aktenvernichtung sowie der Untersuchungsausschussberichte mit ihrer umfangreichen und ausführlichen Thematisierung des Fehlverhaltens des Beamten ist nicht ersichtlich, dass die Erinnerung des Dienstherrn durch die Erteilung der begehrten Auskünfte noch in maßgeblicher Weise aktualisiert und wachgehalten würde.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, namentlich im Hinblick auf das Verhältnis des § 16 BDG zum (durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verstärkten) Auskunftsanspruch aus § 111 Abs. 3 BBG, zuzulassen.