LG Köln, Urteil vom 28.02.2017 - 21 O 565/16
Fundstelle
openJur 2018, 7155
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.559,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.06.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 64 % und die Beklagte zu 36 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in eben dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Aufgrund eines Inserates interessierte sich der Kläger für die Anmietung der Wohnung Nr. 2 in der Eigentumswohnanlage U-Straße in B, einer historischen und denkmalgeschützten Hofanlage, die von der Firma H Immobilien GmbH als Bauträgerin saniert und zu Wohnungen umgebaut worden war. Geschäftsführer der H Immobilien GmbH war der Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten Q. Mit notariellem Vertrag vom 16.11.2012 (Anlage LLR 2) erwarb der Zeuge E die in der Anlage gelegene Wohnung Nr. 6, wobei die Fläche mit ca. 175 m² angegeben wurde, und beauftragte die Beklagte mit der Vermittlung eines Mieters.

Da dem Kläger die zunächst besichtigte Wohnung nicht zusagte, erklärte die für die Beklagte tätige Zeugin G, dass die Wohnung Nr. 6 ebenfalls zur Anmietung frei sei, und leitete dem Kläger ein Expos? (Anlage K 1 ) zu, in dem unter anderem eine Größe von ca. 191 m² genannt wurde. Der Kläger mietete die Wohnung mit Vertrag vom 28.08.2014 (Anlage K 2) für monatlich 2.536,-- € an. Unter dem gleichen Datum stellte die Beklagte dem Kläger eine Maklerprovision in Höhe von 5.559,68 € in Rechnung (Anlage K 3), die dieser beglich.

Durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2016 (Anlage K 5) ließ der Kläger den Zeugen E erfolglos unter anderem zur Erstattung von 9.695,48 € auffordern, die sich aus einer Mietminderung von 524,08 € für 18,5 Monaten ergaben. Am 01.06.2016 ließ er die Beklagte zur Rückzahlung der geleisteten Provision bis zum 20.06.2016 auffordern.

Der Kläger behauptet, die angemietete Wohnung sei lediglich 151,5 m² groß, wie ein von ihm beauftragter Architekt auf Grundlage der Wohnflächenverordnung vom 25.11.2003 ermittelt hatte. Dass sie nicht 191 m² groß gewesen sein könne wie im Exposé angegeben, müsse der Beklagten aufgrund der Personenidentität mit dem Geschäftsführer der Bauträgerin bekannt gewesen sein. Selbst unter Zugrundelegung der in dem Exposé enthaltenen, allerdings nicht leserlichen Maßangaben ergäbe sich eine maximale Wohnfläche von 162,7 m². Aus diesem Grund habe die Beklagte den Provisionsanspruch verwirkt, und der Kläger hätte die Wohnung auch nicht zu dem vereinbarten Mietzins angemietet. An der Durchsetzung des Minderungsanspruches gegen den Zeugen E könne der Kläger möglicherweise durch das von der Zeugin G gestellte und ausgefüllte Vertragsformular gehindert sein. Dem Kläger seien erstmals Bedenken hinsichtlich der Wohnungsgröße gekommen, als im Rahmen eines Gespräches des Beirates der Wohnungseigentümergemeinschaft mit den Mietern die Umlegung der Betriebskosten nach Quadratmetern erörtert worden sei.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.255,16 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 5.559,68 € seit dem 21.06.2016 sowie aus 9.695,48 € seit dem 18.08.2016 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung durch die Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß der Kostenrechnung vom 01.06.2016, Rechnungsnummer 1600861 in Höhe eines Betrages von 571,44 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die von dem Kläger gemietete Wohnung sei - bei zutreffender Berechnung anhand der DIN 277 - 187,3 m² groß und damit nur unwesentlich kleiner als im Exposé angegeben, wobei die Angabe von dem Zeugen E stamme, der die Aufteilung und Planung der Wohnung nach dem Kauf abgeändert habe. Die Vermarktung der Wohnung habe die Zeugin G selbständig und ohne Einschaltung des Herrn Q durchgeführt; lediglich die Abrechnung der Provision sei über die Beklagte erfolgt.

Ohnehin sei dem Kläger kein kausaler Schaden entstanden, da die Minderung aus Rechtsgründen und nicht wegen der in dem Vertrag verwendeten Klausel ausgeschlossen sei, und es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Wohnung in jedem Fall zum gleichen Preis gemietet hätte, denn es sei ihm nicht auf die exakte Quadratmeterfläche angekommen. Er habe die Wohnung samt zugehöriger Flächen vor Vertragsschluss gemeinsam mit dem Zeugen E besichtigt, der ihm auch die Grundrisspläne mit den Wohnflächenangaben zur Verfügung gestellt habe. Die nunmehrige Rückforderung habe ihren Grund vielmehr in wirtschaftlichen Problemen des Klägers.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im erkannten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

1.

Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung der von ihm an die Beklagte geleisteten Maklerprovision, nicht aber auf Erstattung der von ihm an den Zeugen E gezahlten, angeblich zu hohen Mietzinsen.

a)

Dabei ist zugunsten der Beklagten zunächst davon auszugehen, dass sie das Zustandekommen eines Maklervertrages mit dem Kläger nicht bestreiten will, auch wenn sie vorgetragen hat, die Zeugin G sei bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Mietwohnung selbständig tätig gewesen. Träfe dies zu, hätte der Kläger die von der Beklagten "zufällig für die Zeugin G" geforderte Provision ohne Rechtsgrund geleistet und könnte sie schon deshalb nach § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB zurückfordern.

Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten erscheint überdies unerheblich. Da ein Maklervertrag mit dem Kläger unstreitig nicht ausdrücklich, insbesondere nicht schriftlich abgeschlossen worden ist, kann er nur durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen sein. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Makler klarstellt, dass er von dem Kunden im Erfolgsfall eine Provision erwartet und dieser in Kenntnis des eindeutigen Provisionsverlangens die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt (BGH WM 2002, 243ff.). Das Provisionsverlangen kann vorliegend allein in dem Exposé enthalten sein; etwas anderes behauptet auch die Beklagte nicht. Dieses weist jedoch eindeutig die Beklagte und nicht die Zeugin G als Maklerin aus.

Verschweigt ein Makler einen ihm bekannten Umstand, der für die Willensentschließung seines Auftraggebers wesentlich ist, und hätte dieser bei Kenntnis des Umstandes das Geschäft nicht abgeschlossen, ist der Makler aus §§ 280ff. BGB verpflichtet, den Auftraggeber so zu stellen, als hätte er das Geschäft nicht abgeschlossen (Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 6. Aufl., Rn. 345 m.w.N.). Der Provisionsanspruch entfällt in diesen Fällen, da der Auftraggeber im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) Freistellung von der Provisionszahlungspflicht verlangen kann (Hamm/Schwerdtner, aaO, Rn. 348 m.w.N.). Ob daneben die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Maklerlohnanspruchs erfüllt sind (vgl. hierzu etwa BGH NJW-RR 2005, 1423f.; Fischer, NJW 2007, 3107ff.), brauchte im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, denn der Beklagten ist jedenfalls eine Nebenpflichtverletzung im oben dargestellten Sinne anzulasten.

Unstreitig enthielt das dem Kläger zur Verfügung gestellte Exposé die Angabe, die angebotene Wohnung verfüge über eine Wohnfläche von ca. 191 m². Verkauft worden war die Wohnung seitens der Bauträgerin an den Vermieter, von dem der Kläger sie angemietet hat, mit einer Flächenangabe von ca. 175 m². Dabei handelt es sich um einen Umstand, der für einen durchschnittlichen Mietinteressenten von nicht unerheblicher Bedeutung ist, denn regelmäßig wird der zu vereinbarende Mietzins ausgehend von der Wohnfläche der Mieträume bemessen. Hätte der Kläger gewusst, dass die Wohnfläche möglicherweise um 16 m² kleiner war als angegeben, hätte er diesen Umstand in den Verhandlungen mit dem Zeugen E geltend machen können. Ob dadurch tatsächlich eine Verringerung der zu zahlenden Miete erzielt worden wäre, ist insofern ohne Belang, denn es kommt allein auf die Willensbildung des Klägers darüber an, ob er die Wohnung zu den ihm angebotenen Konditionen anmieten wollte. Ebenso wenig verfängt deshalb der Einwand der Beklagten, dem Kläger sei es auf die Größe gar nicht angekommen, sondern dieser hätte die Wohnung allein aufgrund ihres äußeren Eindrucks mieten wollen. Auch bedurfte es keiner Aufklärung, wie groß die Wohnung tatsächlich ist, insbesondere ob lediglich eine - unerhebliche - Abweichung von weniger als 4 m² vorlag oder sie, wie der Kläger behauptet, sogar nur 151,5 m² groß ist.

Die Beklagte hat diese Pflichtverletzung zu vertreten. Umstände, die die Verschuldensvermutung gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB widerlegen könnten, sind nicht ersichtlich.

Dass sie von der Richtigkeit der in dem Exposé angegebenen Größe der Wohnung von ca. 191 m² ausgehen durfte, hat die Beklagte nicht erheblich dargetan. Ihr Vortrag, der Zeuge E habe die Aufteilung und Planung der Wohnung nach Abschluss des Kaufvertrages abgeändert, weshalb die Grundrisspläne des Kaufvertrages nicht identisch seien mit den Plänen im Maklerexposé, ist zum einen zu pauschal, denn es wird nicht mitgeteilt, welcher Art diese Änderungen gewesen sein sollen, die immerhin zu einer Vergrößerung der Wohnfläche um 16 m² geführt hätten. Zum anderen begründet die Beklagte selbst die Diskrepanzen in den unterschiedlichen Flächenangaben mit der jeweils angewandten Berechnungsmethode, insbesondere weil die Terrassenflächen mit berücksichtigt werden müssten. Diese waren aber schon beim Verkauf an den Zeugen E vorhanden und müssen deshalb auch in die Berechnung der in dem Kaufvertrag angegebenen Wohnungsgröße eingeflossen sein.

Die Abweichung der Größenangabe in dem Exposé von derjenigen im Kaufvertrag vom 16.11.2012 war der Beklagten auch bekannt. Sie muss sich das diesbezügliche Wissen des Geschäftsführers ihrer Komplementärin als ihres gesetzlichen Vertreters (§§ 125 Abs. 1, 161 Abs. 2, 170 HGB, 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) zurechnen lassen (vgl. nur Ellenberger in: Palandt, BGB, 76. Aufl., § 166, Rn. 2 m.w.N.). Auf die zugleich bestehende Geschäftsführerstellung bei der Bauträgerin kommt es insoweit nicht an. Dass dem Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten Q nicht bekannt war, dass die Größe der Wohnung im Kaufvertrag mit 175 m² angegeben worden war, macht die Beklagte bereits nicht geltend; dies wäre aber auch unerheblich, denn ausweislich der Anlage LLR 2 hat er selbst an der Beurkundung teilgenommen.

Soweit die Beklagte geltend macht, nicht sie, sondern die Zeugin G sei als Maklerin tätig gewesen, ist dies aus den bereits oben dargestellten Gründen unerheblich. Selbst wenn die Zeugin - für die Beklagte - die Betreuung der streitgegenständlichen Vertragsbeziehung zum Kläger jedoch allein übernommen und die Größenangabe von 191 m² von dem Zeugen E erhalten haben sollte, wäre der Beklagten ein Organisationsverschulden dahingehend vorzuwerfen, dass die bei ihr vorhandenen Kenntnisse über die Wohnung nicht der mit der Bearbeitung betrauten Mitarbeiterin zur Verfügung standen und diese statt dessen die Information über die Wohnfläche von dem Vermieter erfragte und ungeprüft in das Exposé übernahm.

b)

Die vorstehend festgestellte Pflichtverletzung umfasst nicht den Ersatz der von dem Kläger angeblich zu viel gezahlten Miete bzw. des nicht durchsetzbaren Minderungsanspruchs.

Hat der Makler in einer von ihm zu vertretenden Weise unrichtige Angaben gemacht oder Aufklärungspflichten verletzt, so ist der Auftraggeber so zu stellen, wie er stünde, wenn er nicht auf die Richtigkeit dieser Angaben vertraut hätte. Die Vermögenslage, die bestehen würde, wenn der Inhalt der fehlerhaften Auskunft richtig wäre, kann grundsätzlich der Schadensbemessung nur zugrunde gelegt werden, wenn der Auskunftsgeber eine Garantie für deren Richtigkeit übernommen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. Dezember 1998 - 7 U 59/98 -, Rn. 15 m.w.N., juris).

Für eine solche Garantie ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers nichts ersichtlich. Es bleibt damit dabei, dass er die Wohnung in Kenntnis des für ihn entscheidungserheblichen Umstandes, dass die Größenangabe im Exposé von derjenigen aus dem Kaufvertrag abwich, nicht angemietet hätte. Die Forderung nach Ersatz der aufgrund der Größenabweichung zu hohen Miete stellt dagegen einen (Nicht-)Erfüllungsschaden dar, der vom Makler auch bei einer Nebenpflichtverletzung grundsätzlich nicht geschuldet ist (vgl. auch Hamm/Schwerdtner, aaO, Rn. 347).

Nur ausnahmsweise kann sich der Vertrauensschaden auch auf das Erfüllungsinteresse erstrecken, wenn das Geschäft ohne die Vertragsverletzung mit dem vom Geschädigten erstrebten Inhalt wirksam zustande gekommen wäre (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 20). Das setzt allerdings voraus, dass der Auftraggeber darlegt und gegebenenfalls beweist, dass es ihm bei Kenntnis der Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu günstigeren Bedingungen zu schließen (Hamm/Schwerdtner, aaO, Rn. 350).

An diesbezüglichem Vortrag des Klägers fehlt es indes. Er behauptet gar nicht, der Zeuge E hätte ihm die Wohnung zu einem niedrigeren Mietzins vermietet, wenn ihm - dem Kläger - die Diskrepanz der Größenangaben bekannt gewesen wäre und er sie in den Vertragsverhandlungen thematisiert hätte. Allein der Umstand, dass der Zeuge E die spätere Mietminderung des Klägers womöglich zumindest zeitweise widerspruchlos hingenommen hat, stellt kein ausreichendes Indiz dar.

2.

Soweit dem Kläger nach dem Vorgesagten ein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Provision zusteht, kann er Verzugszinsen aus §§ 280 Abs. 3, 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB fordern.

Außergerichtliche Anwaltskosten sind dagegen nicht geschuldet. Das verzugsbegründende Mahnschreiben vom 01.06.2016 wurde von den Prozessbevollmächtigten des Klägers verfasst, so dass die hierdurch ausgelösten Kosten nicht kausal auf dem Verzug beruhen können. Auch als weitere Schadensposition aufgrund der Pflichtverletzung der Beklagten sind sie nicht erstattungsfähig.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 15.255,16 €