VG Arnsberg, Urteil vom 27.01.2011 - 7 K 753/10
Fundstelle
openJur 2011, 77483
  • Rkr:
Tenor

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Glaswerk in M. (E. -straße), das in unmittelbarer Nähe zur angrenzenden Wohnbebauung liegt. Am 31. Mai 2007 führten Mitarbeiter der Klägerin Arbeiten im Abgassystem des Werkes durch, weil Anfang Mai Schäden am Lack eines in der Nähe abgestellten Fahrzeuges durch eine ätzende Flüssigkeit festgestellt worden waren. Dabei wurde eine Absperrklappe des früheren Abgasanschlusses geöffnet, was den Auswurf von Anhaftungen/Filterstäuben im Abgassystem zur Folge hatte (Staubentwicklung). Nach der Behauptung von Nachbarn soll es infolge dieser Arbeiten zu einer vermehrten Immission von Filterstaub gekommen sein. Es wurden kleine, helle bis ockerfarbige rundliche Körner gefunden. Der Beigeladene, der in der Nähe des Glaswerkes wohnt und vom 26. Mai bis 3. Juni 2007 urlaubsabwesend war, stellte eigenen Angaben zufolge nach seiner Rückkehr Lackbeschädigungen auf dem Dach seines Wohnwagens fest, den er zu Hause abgestellt hatte. Sein Vermieter habe ihn darauf hingewiesen, dass wiederum Schadstoffausstöße seitens der Rechtsvorgängerin der Klägerin erfolgt seien und wie in der Vergangenheit Lackschäden ausgelöst hätten. Die damaligen Bevollmächtigten des Beigeladenen fragten mit Schreiben vom 7. April 2008 bei der C1. B1. an, ob "weitere Informationen zu diesem Sachverhalt zur Verfügung stehen".

Am 4. November 2008 gingen bei der Klägerin erneut Beschwerden verschiedener Anwohner - nicht aber des Beigeladenen - ein. Nach Angaben der Klägerin musste an diesem Tag der Abhitzekessel gespült werden. Bei der Spülaktion, die an diesem Tag von 5.00 Uhr bis 7.00 Uhr stattfand, blieb die Betriebsweise unverändert und wies keine Unregelmäßigkeiten auf. Auch die Abgasreinigungsanlage blieb in Betrieb. Gegen 7.00 Uhr wurde an dem Saugzug eine Unwucht festgestellt. Zur Behebung musste der E-Filter abgefahren werden, d.h. das Abgas wurde umgeleitet, um die Unwucht beseitigen zu können. Das darauf folgende Waschen des Saugzuges wurde von 7.17 Uhr bis 7.48 Uhr durchgeführt. Um 8.00 Uhr war der Filter wieder in Betrieb. Ein Nachbar beschwerte sich - ebenso wie ein Autohändler - über viele kleine weiße "Stippen" auf den Autos. Die Mitarbeiter der Klägerin fertigten Fotos und entnahmen eine Probe, die nur auf wenige Milligramm angesammelt werden konnte und mengenmäßig für eine Analyse nicht ausreichte.

Mit Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 3. März 2009 teilte der Beigeladene der C1. B1. - auszugsweise - Folgendes mit: "Hinsichtlich der im Mai/Juni 2007 sowie November 2008 erfolgten Emissionen der Firma S. H. (Anmerkung des Gerichts: Rechtsvorgängerin der Klägerin) wurde von Ihnen mitgeteilt, dass eine entsprechende Überprüfung hinsichtlich der ausgestoßenen Substanzen erfolgen werde. Die Ergebnisse sind uns nicht bekannt, insbesondere da dem Akteneinsichtsgesuch bis zum heutigen Tage nicht nachgekommen wurde. Unser Mandant hat von beiden Vorfällen selbst Proben genommen. Wir bitten Sie, sich direkt mit unserem Mandanten in Verbindung zu setzen, damit die vorhandenen Proben vor Ort geteilt werden können und mit den bereits vorhandenen Proben ein Abgleich durchgeführt werden kann. ..."

Die C1. B1. holte Proben bei dem Beigeladenen ab - eigene Proben entnahm sie nicht. Auf den Umschlägen hatte der Kläger u.a. handschriftlich vermerkt: "Auto, 4-5.11.08, ca. 4-6 Uhr morgens, V. XX 0000" (LANUV-Probe S 230) bzw. auf dem anderen Umschlag: "Wohnwagen, V. XX 0000, Urlaub gewesen vom 26.05.-03.06.07, Störfall ist glaube am 1-2.06 gewesen, Probe am 3.6. genommen." Ausweislich des Analysenauftrages der C1. B1. an das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) vom 22. April 2009 hatte der Beigeladene die Teilung der Proben bereits vorgenommen und die geteilte Probe in Couverts gesteckt und diese verschlossen. Angaben des Beigeladenen zum Probeentnahmeort, Probeentnahmedatum und Probenentnahmeverfahren waren nur auf den Umschlägen vermerkt. Zu der Probe vom 3. Juni 2007 erklärte der Beigeladene, dass es eine farbliche Veränderung gegeben habe. Durch die Analyse sollte festgestellt werden, ob es sich bei den Proben des Beigeladenen um die gleiche Substanz handele wie bei den Proben, die bereits von dem LANUV (vor einiger Zeit) analysiert wurden. Es sollte eine gerichtsverwertbare Aussage getroffen werden, inwieweit die Klägerin als Emittent eindeutig bestimmt werden könne.

Mit Schreiben vom 12. Mai 2009 nahm das LANUV Stellung. Die nach Angaben des Beigeladenen am 3. Juni 2007 entnommene Probe wurde S 229, die Probe aus November 2008 S 230 benannt.

Das LANUV hatte bereits in der Vergangenheit zwei Proben wegen des Vorfalles Ende Mai 2007 untersucht. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2007 hatte das LANUV das Ergebnis seiner Untersuchungen der C1. mitgeteilt und mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 dazu ergänzend Stellung genommen.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2009 wertete die C1. B1. den mit Schreiben vom 7. April 2008 und 3. März 2009 gestellten Antrag der Bevollmächtigten des Beigeladenen auf Akteneinsicht als Antrag nach dem Umweltinformationsgesetz des Bundes (UIG), hilfsweise nach dem Informationsfreiheitsgesetz, und gab diesem in der Form statt, dass eine Abschrift des Untersuchungsergebnisses des LANUV vom 12. Mai 2009 zur Verfügung gestellt werde. In dem Bescheid ist ausgeführt: Gemäß § 4 UIG bestehe für alle Personen ein Anspruch auf freien Zugang zu allen vorliegenden Umweltinformationen. Bei den begehrten Informationen handele es sich um Umweltinformationen. Ausschlussgründe lägen nicht vor. Mit der Entscheidung über einen Informationsanspruch nach § 4 UIG sei gleichzeitig auch eine Entscheidung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Ablehnungsgrundes nach § 8, 9 UIG sowie eine Interessensprüfung verbunden gewesen.

Gegen diese - der Klägerin am 6. Juli 2009 bekanntgegebene Entscheidung - erhob diese entsprechend der Rechtsmittelbelehrung am 28. Juli 2009 Widerspruch, den die C1. B1. mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010, zugestellt am 8. Februar 2010, zurückwies. Am 8. März 2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor: Ort, Zeitpunkt und Umstände der Probenahme sowie Art und Ort der Lagerung/Aufbewahrung der vom LANUV untersuchten Proben seien unklar. Ausweislich der Stellungnahme des LANUV liege es nahe, dass der Beigeladene die vom LANUV untersuchten Proben S 229 und S 230 vermischt habe.

Das Untersuchungsergebnis des LANUV werde wissenschaftlichen Anforderungen nicht gerecht. Es beruhe auf bloßen Behauptungen, missachte die offensichtlichen, zu ihren - der Klägerin - Gunsten sprechende Indizien und ziehe unzutreffende Schlussfolgerungen zu ihren Lasten, die nicht auf Fakten gestützt werden könnten.

Die Veröffentlichung der unrichtigen und unsachlichen Untersuchungsergebnisse oder deren Herausgabe an Dritte stelle einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Grundrecht auf ungehinderte Berufs- bzw. Gewerbeausübung und in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Die C1. B1. habe ihre Pflicht zur Sachaufklärung verletzt und beabsichtige, erkennbar falsche Informationen herauszugeben. Allein die Erteilung richtiger Auskünfte diene dem Ziel und Zweck des UIG. Die Unrichtigkeit der Informationen werde bereits dadurch deutlich, dass das LANUV die von der C1. B1. gestellte Frage nicht eindeutig beantwortet habe.

Jedenfalls aber sei der Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG NRW einschlägig, da die Bekanntgabe der Untersuchungsergebnisse die Durchführung eines laufenden zivilgerichtlichen Verfahrens beeinträchtigte. Diese Vorschrift sei weit auszulegen. Der Beigeladene habe den angeblichen Vorfall vom 5. November 2008 in ein laufendes Zivilverfahren durch eine Klageerweiterung eingebracht und fordere für die Lackschäden von der Klägerin Schadenersatz.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der C1. B1. vom 26. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land trägt vor: Bei den streitigen Informationen handele es sich um Umweltinformationen. Die Ablehnungsgründe des UIG, die drittschützend seien, stellten eine abschließende Regelung dar, in der auch die Gewährleistung des Rechts auf ungehinderte Gewerbeausübung und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einfachgesetzlich konkretisiert sei. Für einen unmittelbaren Rückgriff auf Grundrechte sei kein Raum. § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG sei ausweislich der Vorgaben in der Richtlinie 2003/4/EG (Erwägungsgrund 16 S. 2 und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 S. 1) und der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3406, S. 18) eng auszulegen und gelte nur für Informationen, die bereits Gegenstand u.a. eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens seien. Nur insoweit könne die Regelung überhaupt Drittschutz entfalten § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG schütze die Klägerin nicht davor, dass in einem etwaigen Zivilprozess nach UIG zugänglich gemachte Umweltinformationen eingeführt würden, die sich aus ihrer Sicht auf die Verfolgung ihres Begehrens nachteilig auswirken könnten. Im Übrigen könne die Klägerin ihre Bedenken gegen die Stellungnahme des LANUV in einem Zivilprozess geltend machen.

Es bestehe nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers keine generelle Prüfpflicht hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit einer Information. Im Übrigen eröffne § 7 Abs. 3 UIG für die Klägerin kein subjektives Recht.

Sie habe auch keine Bedenken an der inhaltlichen Richtigkeit der Stellungnahme.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen des weiteren Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der übersandten Beiakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der C1. B1. vom 26. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). In materieller Hinsicht verstößt der angefochtene Verwaltungsakt nicht gegen Normen, die gerade die Klägerin schützen sollen.

Im vorliegenden Fall kommt als drittschützende Vorschrift allein § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG in Betracht, der über § 2 Satz 3 des Umweltinformationsgesetzes Nordrhein-Westfalen (UIG NRW) Anwendung findet.

Das UIG/UIG NRW ist im vorliegenden Fall anwendbar, denn der Beigeladene macht mit seinem Antrag einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen geltend. Nach § 2 Satz 1 UIG NRW hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Der freie Zugang zu Umweltinformationen in Nordrhein-Westfalen richtet sich gemäß § 2 Satz 3 UIG NRW nach den Vorschriften des UIG mit Ausnahme der §§ 1, 2 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 2 Sätze 2 und 3, 6 Abs. 2 und 5 sowie der §§ 11 bis 14, sowie nach den Vorschriften dieses Gesetzes, d.h. des UIG NRW. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG ist daher grundsätzlich anwendbar, als Ausnahmevorschrift jedoch eng auszulegen. Danach ist der Antrag abzulehnen, soweit das Bekanntgeben der Information nachteilige Auswirkungen hätte auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitenrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Ermittlungen, es sei denn das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Die Stellungnahme des LANUV vom 12. Mai 2009, die die Untersuchung und Auswertung von zwei Proben im Zusammenhang mit Ablagerungen im Umfeld des Werkes der Klägerin, die zu Lackschäden an PKW/Wohnwagen geführt haben sollen, zum Gegenstand hat, ist - unstreitig - eine Umweltinformation (vgl. § 2 Satz 3 UIG NRW i.V.m. § 3 Abs. 3 UIG).

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der von dem Beigeladenen gestellte Akteneinsichtsantrag sei abzulehnen, weil die Stellungnahme des LANUV ihrer Ansicht nach unwahre Informationen und fachliche Mängel enthalte.

Ein Verweigerungsgrund mit einem solchen Inhalt widerspricht der Zielsetzung der Richtlinie 2003/4 EG, deren Umsetzung u.a. das UIG dient. Danach soll der Öffnungsprozess in Bezug auf Umweltinformationen gefördert, der Anspruch der Öffentlichkeit auf Zugang zu umweltbezogenen Informationen gesichert und eine größtmögliche systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen gefördert werden. Hierdurch soll eine wirksamere Öffentlichkeitsbeteiligung bei umweltbezogenen Entscheidungen ermöglicht und letztlich ein Beitrag zum Umweltschutz geleistet werden. Gleichzeitig soll auch ein Beitrag zu höherer Transparenz und Bürgernähe der Verwaltung geleistet werden.

Vgl. BTDrs. 15/3406, S. 11.

Soweit die Klägerin vorträgt, das Untersuchungsergebnisse des LANUV werde wissenschaftlichen Anforderungen nicht gerecht und ziehe unzutreffende Schlussfolgerungen zu ihren Lasten, die nicht auf Fakten gestützt werden könnten, verkennt sie, dass das gerade dargelegte Verständnis den Bürger als mündigen Informationsempfänger sieht, der selbst bereit und in der Lage ist, die Informationen auf ihren sachlichen Gehalt und ihre Verwertbarkeit zu überprüfen bzw. überprüfen zu lassen. So auch im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2 Nr. 4 UIG: Verwaltungsgericht Dessau, Urteil vom 23. November 2007 - 1 A 156/07 -, juris. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die C1. B1. der Klägerin angeboten hat, den Beigeladenen auf die Bedenken der Klägerin im Rahmen der Übermittlung der Informationen hinzuweisen. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe der ersuchten Stelle, jede gewünschte Information vor der Weitergabe auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen; auch einer solchen Überprüfung würde immer ein subjektives Element innewohnen. Ein Informationsverweigerungsrecht der "inhaltlichen Unrichtigkeit" gibt es nicht. Dafür spricht auch § 7 Abs. 3 UIG. Über die Aktualität, Genauigkeit und Vergleichbarkeit hinaus hat die informationspflichtige Stelle keine generelle Prüfpflicht betreffend die inhaltliche Richtigkeit der Informationen. Die Bürger haben keinen Anspruch darauf, dass die informationspflichtige Stelle die Richtigkeit der vorliegenden Informationen überprüft, sondern, wie sich bereits aus (dem anwendbaren) § 3 Abs. 1 UIG ergibt, nur einen Anspruch auf Informationen, über die die Stelle verfügt.

Vgl. BTDrs. 15/3406, S. 18; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, aaO., § 7 Rdnr. 11; vgl. auch Gassner, Umweltinformationsgesetz (UIG NRW) in: Praxis der Kommunalverwaltung, K 4b, Stand Januar 2008, Anm. 4.7.

Unter den Begriff der Umweltinformationen fallen somit auch nicht nur objektive Tatsachen und reine Tatsachenermittlungen, sondern auch daraus geschlossene subjektive Bewertungen und Analysen.

Vgl. Gassner, Umweltinformationsgesetz, Kommentar, Wiesbaden 2006, § 2 Anm. 2 m.w.N.

Eine "inhaltliche Prüfpflicht" der C1. ergibt sich nach alledem auch nicht daraus, dass diese die Stellungnahme des LANUV selbst in Auftrag gegeben hat und deshalb - wie die Klägerin meint - für deren Richtigkeit einzustehen habe.

Das Bekanntgeben der Informationen hat keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens.

Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 3 UIG dient in erster Linie dem Schutz der Rechtspflege gegen nachteilige Auswirkungen auf ein laufendes Gerichtsverfahren durch das Bekanntwerden von Umweltinformationen (ordnungsgemäßer Verfahrensablauf, Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit der Rechtsorgane). Der freie Zugang zu Umweltinformationen kann aber auch zu einer nachteiligen Veränderung der Verfahrensposition eines an einem Gerichtsverfahren Beteiligten sowie - mittelbar - zu einer Einwirkung auf die Beweislage oder zur Erschwerung/Vereitelung bestehender Aufklärungsmöglichkeiten und damit zu einer Störung des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufes führen.

So im Ergebnis für den teilweise anders lautenden § 7 Abs. 1 Nr. 2 UIG in der bis zum 2. August 2001 geltenden a.F.: BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1999, aaO.

Dabei bezieht sich die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch auf solche Informationen, die Gegenstand des jeweiligen Verfahrens (dort: strafrechtliches Ermittlungsverfahren) sind und die erstmals durch die Geltendmachung eines Informationsanspruches nach dem UIG außerhalb dieses Verfahrens bekannt werden. Insoweit spricht das Bundesverwaltungsgericht auch von einer "mittelbaren" Einwirkung auf die Beweislage. Im vorliegenden Fall ist die Konstellation aber so, dass die begehrten Informationen nicht bereits Gegenstand eines anderen (Straf-)gerichtlichen Verfahrens sind und die Klägerin primär das Ziel verfolgt, dass die Informationen dem Beigeladenen überhaupt nicht bekannt gegeben werden. Insofern soll eine Einwirkung auf die Beweislage durch eine mögliche Einführung der erlangten Informationen in einen laufenden Zivilprozess verhindert werden. Es kann dahinstehen, ob dies bereits der Bejahung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 3 erste Alternative UIG entgegen steht. Denn das Bekanntgeben von Informationen hat im vorliegenden Fall - unabhängig davon, ob die Informationen bereits Gegenstand eines laufenden gerichtlichen Verfahrens sind oder nicht - jedenfalls keine nachteiligen Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens. Unter Auswirkungen ist jede Art der unmittelbaren oder mittelbaren Beeinflussung zu verstehen. Vgl. Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, aaO., § 8 Rdnr. 4. Die Auswirkungen auf das betroffene Schutzgut müssen nachteilig, also negativ sein.

Vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2003/4 EG.

Für die Beantwortung der Frage, ob die Bekanntgabe der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen hätte, bedarf es einer Prognoseentscheidung über die Auswirkungen der Bekanntgabe.

Vgl. BT-Drs. 15/3406, S. 18; Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, aaO., § 8 Rdnr. 7.; Gassner, aaO., § 8 Anm. 2.1.

Ob die Bekanntgabe von Informationen nachteilige Auswirkungen hätte, ist - trotz des prognostischen Elements - vom Gericht voll überprüfbar.

A.A. Reidt/Schiller in: Landmann/Rohmer, aaO., § 8 Rdnr. 7, 77.

Die Klägerin befürchtet, dass durch das Bekanntgeben der Informationen an den Beigeladenen nachteilige Auswirkungen für sie dadurch entstehen, dass die Informationen an den Beigeladenen, der gegen sie einen Schadenersatzprozess führt, oder auch an Dritte weitergegeben werden und sich die Beweislage durch die Einführung dieser Informationen in anhängigen Zivilprozessen für sie nachteilig verändern würde. Hierin liegt jedoch keine nachteilige Auswirkung i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erste Alternative UIG. Der Annahme negativer Auswirkungen auf ein laufendes Gerichtsverfahren steht entgegen, dass die - eventuell aufgrund zusätzlicher Informationen ermöglichte - Findung eines dann materiell richtigen Zivilrechtsurteils keine negative Auswirkung sein kann.

Vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 10. Mai 2006 - 7 E 2109/05 -, NVwZ 2006, 1321.

Es kommt auch nicht darauf an, ob die Bekanntgabe für die Klägerin als Prozessbeteiligte nachteilige Auswirkungen hätte, sondern ob sich die Bekanntgabe der Informationen nachteilig auf das Gerichtsverfahren auswirkt. § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erste Alternative UIG will die störungsfreie Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens schützen, nicht jedoch die Position von Prozessbeteiligten. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, die Einwände gegen die Verwertbarkeit der Stellungnahme des LANUV vom 12. Mai 2009 auch in dem zivilrechtlichen Verfahren geltend zu machen. Es wäre zudem auch möglich, dass das Zivilgericht die Akten der C1. B1. zu dem dortigen Verfahren heranzieht.

Vgl. Tolkmitt in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht mit Umweltinformations- und Verbraucherinformationsrecht, IFG, UIG, VIG, IWG, Band 1, Gliederungspunkt C, Überblick Landes-UIG, -IFG, Stand Mai 2008, Rdnr. 356.

Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. Oktober 1999 ausführt, "denn der freie Zugang zu solchen Informationen kann zu einer Veränderung der Verfahrensposition der Beteiligten oder Betroffenen sowie - mittelbar - zu Einwirkungen auf die Beweislage oder zur Vereitelung bestehender Aufklärung und damit zu einer Störung des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs führen", ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Entscheidung zu § 7 UIG in der bis zum geltenden Fassung ergangen ist. Danach kam es nicht darauf an, ob das Bekanntgeben der Informationen "nachteilige Auswirkungen" hätte. Insofern sind die Ausführungen nicht direkt übertragbar, zumal die Entscheidung ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren betraf und dort andere Beweisgrundsätze gelten, als in einem zivilrechtlichen Verfahren. Hinzu kommt, dass ein Zivilgericht die Verwertbarkeit in den Prozess eingeführter Informationen selbst vornehmen kann und vornimmt.

Nach alledem hat die Bekanntgabe der Informationen auch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Anspruch der Klägerin auf die Durchführung eines fairen Verfahrens (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 zweite Alternative UIG).

Aber auch für den Fall, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG einschlägig wäre, geht die C1. B1. in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe der Umweltinformation überwiegt. So führt sie in ihrem Widerspruchsbescheid aus: "Im Rahmen der Abwägung wäre ... zu berücksichtigen, dass es aufgrund von unzulässigen Immissionen im Umfeld des Betriebes ... wiederholt zu Nachbarbeschwerden gekommen ist. Bei den in Rede stehenden Vorfällen handelt es sich nicht um Einzelfälle. Der Kamin des Betriebs steht in unmittelbarer Nähe zur angrenzenden Wohnbebauung. In Würdigung der Umstände gebührte dem Immissionsschutz und der Information der Öffentlichkeit über mögliche oder tatsächliche Umweltbeeinträchtigungen und Störvorfälle der Vorrang gegenüber einem gegenläufigen Interesse Ihrer Mandantin".

Soweit sich die Klägerin auf die Grundrechte nach Art. 12 Abs. 1, Art. 2 GG beruft, finden diese jedenfalls ihre Grenzen/Schranken in den Regelungen des UIG.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich somit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es nicht der Billigkeit, dessen außergerichtliche Kosten für erstattungsfähig zu erklären. Einer Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes für das Vorverfahren bedarf es angesichts der Kostenentscheidung nicht mehr.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO sind nicht gegeben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift: Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.

Die Berufung ist nur zuzulassen, 1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, bzw. Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen - ERVVO VG/FG - in der Fassung vom 1. Dezember 2010 (GV.NRW.2010 S. 648) einzureichen. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, sowie die ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Fassung gemäß Art. 13 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007, BGBl. I S. 2840, und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.

Der Antragsschrift sollen möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

T. C. Q.

Ferner ergeht folgender

B e s c h l u s s :

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Vgl. für Streitigkeiten um die Gewährung eines Informationszugangs nach dem IFG NRW z.B. OVG NRW, Beschluss vom 09. März 2009 - 8 A 2488/06 -.