OLG Köln, Urteil vom 25.08.2009 - 24 U 154/08
Fundstelle
openJur 2011, 68704
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 29. Zivilkammer Einzelrichter - des Landgerichts Köln vom 11.09.2008 (29 O 102/07) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen auf den zuerkannten Betrag erst ab dem 14.02.2007 zu zahlen sind.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 135.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch. Er begehrt Zahlung des von ihm für die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds (…) aufgewendeten Betrages einschließlich Agio sowie entgangene Anlagezinsen abzüglich erhaltener Ausschüttungen, insgesamt 102.879,46 Euro zuzüglich Rechtshängigkeitszinsen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung sowie Feststellung, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte in Verzug befindet. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat den Beklagten entsprechend den in erster Instanz gestellten Anträgen des Klägers verurteilt. Der Beklagte hafte dem Kläger gem. §§ 280 Abs.1, 311 BGB wegen Verletzung der ihn aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Anlageberatervertrages treffenden Pflichten auf Schadensersatz. Der Beklagte habe den Kläger tatsächlich beraten, so dass vom Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages auszugehen sei. Dieser sei auch mit dem Beklagten selbst zustande gekommen, da nicht ersichtlich sei, dass dieser im Namen der V I KG aufgetreten sei. Im Rahmen dieses zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertrages falle dem Beklagten eine Pflichtverletzung zur Last, weil er Zweifel an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Anlage, die ihm im Rahmen einer ihm obliegenden Plausibilitätskontrolle hätten kommen müssen, bei seiner Beratung nicht berücksichtigt habe. Im Gegenteil habe der Beklagte die Anlage, wie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, ausdrücklich und ohne Einschränkungen als sicher bezeichnet. Überdies habe der Beklagte auch weder auf das Risiko eines Totalverlustes noch auf die Problematik von "Overrenting" und "Rent-Review" hingewiesen, obwohl der Kläger, für den Beklagten erkennbar, eine kapitalerhaltende Anlage gesucht habe; auch darin liege eine Pflichtverletzung. Hiervon ausgehend greife ungeachtet einer vom Kläger beabsichtigten Steueroptimierung und Renditeerwartung zugunsten des Klägers die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, so dass davon auszugehen sei, dass er die Beteiligung bei pflichtgemäßer Beratung nicht eingegangen wäre. Ein Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB könne dem Kläger nicht vorgeworfen werden, auch wenn ihm der Prospekt unstreitig übergeben worden sei. Denn ihm hätten angesichts der Angaben des Beklagten keine Zweifel an einer ordnungsgemäßen Beratung durch den Beklagten kommen müssen. Der danach gegebene Schadensersatzanspruch des Klägers sei gerichtet auf Rückzahlung des aufgewendeten Kaufpreises einschließlich Agio (80.528,47 Euro) und auf Ersatz entgangener Anlagezinsen (5% p.a. vom 31.12.1998 bis 01.02.2007 = 28.218,06 Euro) abzüglich Ausschüttungen (5.867,07 Euro). Insoweit sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der Kläger in eine verzinsliche Anlage investiert hätte, wenn er die streitgegenständliche Beteiligung nicht erworben hätte, und unstreitig, dass eine Anlage in festverzinsliche Wertpapiere für den genannten Zeitraum eine Rendite von 5% p.a. erbracht hätte. Der Anspruch bestehe Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung. Verjährung sei noch nicht eingetreten. Allein aus den Prospektangaben habe der Kläger noch nicht auf eine unzureichende Plausibilitätsprüfung durch den Beklagten schließen müssen. Insoweit habe auch der Beschluss der Gesellschafterversammlung im September 2002, das Anlageobjekt zu verkaufen, keinen sicheren Anhalt für einen Beratungsfehler geliefert, denn die Lage des Fonds sei noch Anfang 2004 mit positiven Entwicklungstendenzen dargestellt worden. Soweit auch der Beklagte selbst von einer Kenntnis des Klägers spätestens im Jahre 2003 ausgehe, habe der am 02.01.2007 eingegangene und dem Beklagten am 13.02.2007 zugestellte Mahnantrag die frühestens Ende 2006 ablaufende Verjährungsfrist gehemmt. Das Feststellungsbegehren sei zulässig und ebenfalls begründet. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe im Hinblick auf § 756 ZPO; aufgrund der vorprozessual angebotenen Abtretung befinde sich der Beklagte in Annahmeverzug. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses ihm am 15.09.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 24.09.2008 bei dem Oberlandesgericht Köln eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.12.2008 - mit am 16.12.2008 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Mit seiner Berufung beanstandet der Beklagte sowohl die Tatsachenfeststellung als auch die Rechtsanwendung durch das Landgericht. Das Urteil sei schon deshalb fehlerhaft, weil es seine entscheidungserheblichen Feststellungen auf die Angaben eines Zeugen K stütze, der in erster Instanz nicht vernommen worden sei. Soweit das Landgericht sich auf die Angaben des tatsächlich vernommenen Zeugen F habe stützen wollen, seien auch dessen Angaben nicht geeignet, die angenommene Pflichtverletzung zu begründen. Denn dieser Zeuge habe ausdrücklich bekundet, dass über möglicherweise schwankende Mieterträge und Ausschüttungen gesprochen worden sei. Damit sei die Feststellung des Landgerichts, die Kapitalanlage sei vom Beklagten ohne Einschränkungen als sicher dargestellt worden, nicht zu vereinbaren. Im Übrigen sei auch die Einlassung des Klägers, er habe eine völlig sichere Kapitalanlage gesucht, ohnehin nicht glaubhaft, weil er ausdrücklich auch nach einer steueroptimierten Anlage gesucht habe, wie sich auch aus den Bekundungen der Zeugin G-G, der Steuerberaterin des Klägers, ergebe. Eine solche steueroptimierte Anlage setze aber Verluste voraus, weshalb in dem dem Kläger übergebenen Prospekt und in der Prognoserechnung auch von Verlustzuweisungen die Rede sei. Daraus sei ohne weiteres zu erkennen gewesen, dass den Steuervorteilen auch entsprechende Risiken gegenüber standen. Des weiteren habe der Zeuge F aber auch nur über eines von mehreren Gesprächen zwischen den Parteien berichtet; allein auf seine Angaben könne daher die Feststellung unzureichender Anlageberatung nicht gestützt werden. Im Übrigen habe das Landgericht einen schwerwiegenden Verfahrensfehler begangen, indem es den vom Beklagten ausdrücklich angebotenen Gegenbeweis, ihn zum Inhalt des Beratungsgesprächs als Partei zu vernehmen, nicht erhoben habe. Dies sei aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit im vorliegenden Fall, wie sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe, zwingend erforderlich gewesen. Dass er seine Beratungspflichten nach Ansicht des Landgerichts wegen unterlassener Plausibilitätsprüfung der streitgegenständlichen Anlage verletzt haben solle, sei nicht nachvollziehbar; er habe bereits erstinstanzlich unter Beweisantritt vorgetragen, dass er unter Heranziehung des maßgeblichen Wertgutachtens des Dipl.-Ing. S eine entsprechende Prüfung vorgenommen habe. Darüber hinaus sei nicht ersichtlich, dass die Anlage im Beratungszeitpunkt tatsächlich nicht tragfähig und dies im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erkennbar gewesen sei. Die entsprechende Feststellung beruhe auf einer unzulässigen expost-Betrachtung, die sich noch dazu auf ein Parteigutachten stütze; dem gegenüber habe der Beklagte erstinstanzlich schon Sachverständigengutachten zur Plausibilität des Anlagekonzepts im Jahre 1999 angeboten, ohne dass das Landgericht dem, wie erforderlich, nachgegangen wäre. Die tatsächlich aufgetretenen Probleme seien Ergebnis einer im Beratungszeitpunkt nicht vorhersehbaren, insbesondere auch durch die Ereignisse des 11. September 2001 bedingten Entwicklung gewesen. Soweit das Landgericht weiter eine Pflicht des Beklagten zur Überprüfung und Berücksichtigung eines negativen Berichts über die Anlage im Brachendienst "…" angenommen habe, bestehe - ungeachtet der Tatsache, dass die Anlage ohnehin zunächst einer Plausibilitätsprüfung standgehalten hätte - eine derart weit gehende Pflicht des Anlageberaters gerade nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehöre nur die Lektüre und Auswertung der Fachpresse zu den Aufgaben des Anlageberaters; zu dieser zähle "Kapital-Markt Intern" nicht. Selbst wenn man einen Anspruch des Klägers bejahen wollte, müsse dieser sich gem. § 254 BGB ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, weil er jedenfalls unstreitig rechtzeitig einen Verkaufsprospekt erhalten habe, aus dem sich die spezifischen Risiken der Anlage schon bei nur flüchtiger Lektüre ergeben. Zu Unrecht habe das Landgericht zudem von einer Anrechnung der vom Kläger erzielten Steuervorteile abgesehen, die im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen seien. Schließlich sei der Schadensersatzanspruch des Klägers aber entgegen der Ansicht des Landgerichts jedenfalls verjährt. Im Hinblick auf die unstreitige Aushändigung des Risikohinweise enthaltenden Prospekts sei von grober Fahrlässigkeit im Hinblick auf die Kenntnis des Anlegers von diesem Risiko auszugehen. Soweit hinsichtlich der angeblich unterlassenen Plausibilitätsprüfung Anderes gelten könne, fehle es schon an einer Pflichtverletzung und an tragfähigen Feststellungen zur tatsächlich fehlenden Plausibilität der Anlage im Beratungszeitpunkt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Bei der im landgerichtlichen Urteil enthaltenen Bezugnahme auf den Zeugen "K" handele es sich um ein offensichtliches Schreibversehen, auf dem das Urteil nicht beruhe; gemeint sei offensichtlich der tatsächlich vernommene Zeuge F. Dass das Landgericht den Beklagten nicht als Partei vernommen habe, sei nicht zu beanstanden, weil die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen gem. §§ 447, 448 ZPO nicht vorgelegen hätten; auch eine Anhörung gem. § 141 ZPO sei nicht geboten gewesen. Inhaltlich sei die Beweiswürdigung des Landgerichts überzeugend. Die vom Landgericht angenommenen Beratungspflichtverletzungen lägen tatsächlich vor. Der Beklagte habe die Kapitalanlage als sicher dargestellt, auch wenn auf die grundsätzliche Möglichkeit von Schwankungen bei Ausschüttungen und Miethöhe hingewiesen worden sei, denn insoweit habe der Beklagte gerade die Besonderheit des Anlageobjekts positiv herausgestellt, ohne dessen spezielle Risiken zu erwähnen. Auch wenn die Steuerersparnis unstreitig eines der Ziele des Klägers gewesen sei, sei es jedenfalls nicht sein einziges und auch nicht sein vordringliches Ziel gewesen; vielmehr sei es dem Kläger in erster Linie, wie das Landgericht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Beweisaufnahme mit Recht festgestellt habe, um Alterssicherung gegangen. Daher habe der Beklagte als Anlageberater gegebenenfalls auf die Unvereinbarkeit der Anlageziele hinweisen müssen, in keinem Fall aber die streitgegenständliche Anlage, wie geschehen, empfehlen dürfen, zumal diese durch über das Übliche hinausgehende spezifische Risiken gekennzeichnet gewesen sei. Diese seien bei fachkundiger Überprüfung der Prospektangaben erkennbar gewesen und hätten dazu führen müssen, dass die mangelnde Tragfähigkeit des Anlagekonzepts erkannt wird. Eine derartige Überprüfung habe der Beklagte schon nach eigenen Angaben nicht vorgenommen, denn dafür sei die Bezugnahme auf die zu Werbezwecken erstellten Unterlagen der V I KG nicht ausreichend gewesen. In diesem Zusammenhang komme es auch nicht darauf an, ob der Beklagte den Brachendienst "Kapital-Markt Intern" habe lesen und berücksichtigen müssen; entscheidend sei, dass ihm bei gehöriger Prüfung die dort genannten Umstände selbst hätten auffallen müssen. Ein Mitverschulden des Klägers habe das Landgericht mit Recht und in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verneint, zumal der Prospekt das Bild einer wirtschaftlich sehr erfolgreichen Fondsgesellschaft erweckt habe. Auch die unterbliebene Anrechnung von Steuervorteilen sei nicht zu beanstanden, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes allein berücksichtigungsfähige außergewöhnliche und dauerhafte Steuervorteile nicht feststünden. Der insoweit beweisbelastete Beklagte habe hierzu erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz vorgetragen, so dass diese Ausführungen nicht mehr zu berücksichtigen gewesen seien. Zutreffend habe das Landgericht schließlich auch Verjährung verneint. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes laufe die Verjährungsfrist für jeden Beratungsfehler gesondert; von einer unzureichenden Plausibilitätsprüfung der streitgegenständlichen Anlage durch den Beklagten habe der Kläger drei Jahre vor Klageerhebung weder Kenntnis gehabt, noch sei seine Unkenntnis insoweit als grob fahrlässig zu bewerten, zumal der Prospekt insoweit zur Aufklärung ohnehin völlig ungeeignet gewesen sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten hat - bis auf einen geringfügigen Teil des zuerkannten Zinsanspruchs - keinen Erfolg. Mit Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung verurteilt und festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung in Verzug befindet.

1.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen den Beklagten wegen der Verletzung von Pflichten aus einem Anlageberatungsvertrag zu (dazu a.). Dieser Anspruch ist gerichtet auf vollen Ersatz des negativen Interesses (dazu b.), nicht wegen eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen (dazu c.) und auch nicht verjährt (dazu d.).

a.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen; die sich daraus ergebenden Pflichten hat der Beklagte schuldhaft verletzt und dadurch einen Schaden bei dem Kläger verursacht.

aa.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.

(1)

An den Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat, wendet sich der Interessent in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht. Dagegen zieht der Kapitalanleger einen Anlageberater im Allgemeinen hinzu, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge hat, so dass er auch nicht in der Lage ist, sich selbst Beurteilungsgrundlagen zu verschaffen und diese richtig einzuordnen. Vom Berater erwartet er sowohl Mitteilung von Tatsachen als auch deren fachkundige Bewertung, wobei häufig auch eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung gewünscht wird. Auch wenn nur eine Kapitalanlage angeboten wird, kann ein Beratungsvertrag vorliegen, sofern dem Anleger gegenüber eine fachkundige oder fachkundig erscheinende Bewertung und Beurteilung der Anlage vorgenommen wird (BGH, Urt. v. 13.05.1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 ff.). Wenn eine solche Beratung tatsächlich stattgefunden hat, ist von einem zumindest konkludenten Abschluss eines Anlageberatungsvertrages auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, WM 2004, 422 ff.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist vorliegend ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Der Beklagte weist selbst darauf hin, dass ihm vorab von der Steuerberaterin des Klägers dessen finanzielle Situation mitgeteilt worden sei, und dass im Rahmen des ersten, rund 2 ½ Stunden dauernden Beratungsgesprächs nochmals intensiv die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, der auch seine "zielgebende Motivation" deutlich gemacht habe, erörtert worden seien. Darauf hin habe er, der Beklagte, die streitgegenständliche Beteiligung ausgewählt. Damit hat sich die Tätigkeit des Beklagten auch nach eigenen Angaben ersichtlich nicht auf eine bloße Anlagevermittlung beschränkt.

(2)

Dieser Anlageberatungsvertrag ist, wovon auch das Landgericht ausgegangen ist, mit dem Beklagten persönlich zustande gekommen. Diese Feststellung des Landgerichts bindet den Senat gem. § 529 Abs.1 ZPO, da konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung rechtfertigen könnten, weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Die Berufungsbegründung greift die entsprechende Feststellung des Landgerichts nicht an; auch sonst ist nicht ersichtlich, dass sie falsch sein könnte, denn die Darlegungs- und Beweislast für das Handeln in fremdem Namen trifft insoweit, wie das Landgericht mit Recht festgestellt hat, denjenigen, der sich darauf beruft, hier also den Beklagten (BGH, Urt. v.01.04.1992, VIII ZR 97/91, NJW-RR 1992, 1010 f.). Dieser hat aber trotz Bestreitens durch den Kläger keinen zulässigen Beweis dafür angetreten, dass er bei der Beratung tatsächlich ausdrücklich im Namen der V I KG aufgetreten ist; dies ergibt sich auch weder aus den Umständen noch hat die Beweisaufnahme Anhaltspunkte hierfür erbracht. Der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts an.

bb.

Die sich aus diesem Anlageberatungsvertrag ergebenden Pflichten hat der Beklagte schuldhaft verletzt.

(1)

Die Beratung hat sich daran auszurichten, ob das beabsichtigte Anlagegeschäft der sicheren Geldanlage dienen soll oder spekulativen Charakter hat. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung dieses Ziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten, d.h. "anlegergerecht" sein. Anlageberatung wie Anlagevermittlung verpflichten darüber hinaus objektbezogen zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (BGH, Urt. v. 19.06.2008, III ZR 159/07, zit. nach juris, m.w.Nachw.; Urt. v. 06.03.2008, III ZR 298/05, WM 2008, 725 ff.). Dabei muss der Anlageberater als unabhängiger individueller Berater, dem weitreichendes Vertrauen entgegengebracht wird, den von ihm betreuten Kapitalanleger besonders differenziert und fundiert beraten und ihm für seine Beitrittsentscheidungen ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermitteln. Dazu hat er ihn über alle Umstände, die für die Anlageentscheidung des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufzuklären (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1981, IVa ZR 286/80, NJW 1982, 1095 ff.).

(2)

Diesen Pflichten ist der Beklagte hier nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Denn er hat dem Kläger eine Anlage empfohlen, die für dessen Ziele erkennbar ungeeignet war. Ob der Beklagte darüber hinaus auch deshalb haftet, weil er nicht auf das Risiko eines Totalverlusts hingewiesen oder seine Pflicht zur Plausibilitätsprüfung verletzt hat, erscheint hingegen zweifelhaft, bedarf angesichts der anderweitig feststehenden Pflichtverletzung jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

(2.1)

Der Beklagte hat dem Kläger eine Anlage empfohlen, die für dessen Ziele erkennbar ungeeignet war. Unstreitig hat der Beklagte dem Kläger die streitgegenständliche Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds als für den Kläger in Betracht kommend ausgewählt und ihm diese angeboten. Da eine solche Beteiligung das Risiko eines Totalverlusts in sich birgt, ist sie für Zwecke der Altersvorsorge erkennbar ungeeignet. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Kläger dem Beklagten jedoch im Beratungsgespräch ausdrücklich erklärt, dass er eine Anlage gerade auch zum Zwecke der Alterssicherung suche. Davon hat auch der Senat für die vorliegende Entscheidung auszugehen, § 529 Abs.1 ZPO, denn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung sind nicht ersichtlich. Das Landgericht hat seine diesbezügliche Feststellung entscheidend auf die Angaben des - offensichtlich nur versehentlich als Zeuge K bezeichneten - Zeugen F gestützt; das begegnet keinen Bedenken. Die Angaben des Zeugen F tragen die Feststellungen des Landgerichts. Der Zeuge F hat ausdrücklich angegeben, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten in seinem Beisein deutlich gemacht hat, dass er Wert auf eine sichere Anlage lege und diese auch der Alterssicherung dienen solle. Dass das Landgericht diese Angaben als glaubhaft angesehen und den Zeugen für glaubwürdig gehalten hat, ist nicht zu beanstanden. Die Angaben des Zeugen waren, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Der Zeuge hat sich zudem erinnerungskritisch gezeigt, Erinnerungslücken offen gelegt und hinsichtlich der Frage der Übergabe des Prospektes, die vom Kläger bestritten worden war, ausdrücklich erklärt, er gehe von einer Übergabe aus und meine, dass der Kläger auch noch einen Prospekt bei seinen Unterlagen habe, was trotz seiner nahen verwandtschaftlichen Beziehung zum Kläger eine sachliche, keineswegs einseitige Aussagehaltung belegt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sind, fehlen. Zwar hat die Zeugin G-G bekundet, dass auch Überlegungen angestellt wurden, mit der Anlage eine Steuerersparnis zu realisieren; das widerspricht den Angaben des Zeugen F jedoch nicht, denn auch nach dessen Angaben wollte der Kläger auch, aber eben nicht vorrangig, Steuern sparen. Soweit der Beklagte darauf verweist, es sei unglaubhaft, dass der Kläger eine steueroptimierte Anlage gesucht habe, die zugleich sicher sei, weil derartige Kapitalanlagen stets mit Verlustzuweisungen verbunden seien, greift auch dieses Argument nicht durch. Einem Anleger muss dies nicht notwendigerweise deutlich vor Augen stehen; daher wäre es gerade Aufgabe des Beklagten gewesen, dies dem Kläger hinreichend deutlich zu vermitteln, was indes hier nicht geschehen ist. Diese Feststellung kann getroffen werden, auch wenn der Zeuge F bekundet hat, nicht bei allen zwischen den Parteien geführten Gesprächen über die streitgegenständliche Anlage anwesend gewesen zu sein. Denn der insoweit im Rahmen der sekundären Darlegungslast für den Inhalt der Beratung darlegungspflichtige Beklagte (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2007, IX ZR 105/06, NJW 2008, 371 f.) hat selbst zu keiner Zeit behauptet, dem Kläger in weiteren Gesprächen weitere Risikohinweise erteilt zu haben. Dann kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sein vorrangiges Anlageziel im weiteren Verlauf der Beratung aufgegeben hätte. Schließlich hat das Landgericht auch zu Recht davon abgesehen, den Beklagten als Partei zu vernehmen; auch eine Anhörung gem. § 141 ZPO war nicht zwingend geboten. Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt ein Verstoß gegen das Gebot der prozessualen Waffengleichheit nicht vor. Der Grundsatz der Waffengleichheit, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes erfordern, dass einer Partei, die für ein Vier-Augen-Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen. Zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO anzuhören (BGH, Urt. v. 27.09.2005, XI ZR 216/04, NJW-RR 2006, 61 ff.). Eine derartige Konstellation ist hier schon im Ansatz nicht gegeben, denn es handelt sich um ein Sechs-Augen-Gespräch, an dem beide Parteien und ein Zeuge teilgenommen haben. Dass dieser Zeuge gegebenenfalls dem Lager einer Partei zuzurechnen ist, genügt nicht, um die Grundsätze des Vier-Augen-Gesprächs auch insoweit anzuwenden (vgl. LAG Köln, Urt. v. 25.09.2008, 13 Sa 523/08, zit. nach juris). Überdies war der in erster Instanz in zwei Terminen zur mündlichen Verhandlung anwesende Beklagte hier auch ohne Anordnung einer Parteivernehmung oder einer förmlichen Anhörung gem. § 141 ZPO nicht gehindert, seine Sicht der Dinge gegenüber dem Landgericht darzustellen. Schon dies bot ihm, wollte man die oben angeführte Rechtsprechung hier doch für einschlägig halten, ausreichende Gelegenheit zur Darstellung (vgl. BGH, Beschl. v. 25.09.2003, III ZR 384/02, NJW 2003, 3636).

(2.2)

Der Beklagte hat, wie sich ebenfalls aus den entsprechend dem oben Ausgeführten bindenden Feststellungen im landgerichtlichen Urteil ergibt, den Kläger in den Beratungsgesprächen nicht ausdrücklich auf das für diesen entscheidende Risiko eines Totalverlusts hingewiesen. Dies war indes nur dann pflichtwidrig, wenn dem Kläger kein Prospekt mit entsprechenden, deutlichen Risikohinweisen übergeben wurde, denn der Anlageberater hat zwar die Risiken der Anlage vollständig und zutreffend darzustellen, kann sich jedoch zum Zwecke der Aufklärung auch des Prospektes bedienen, sofern dieser für einen Durchschnittsleser verständliche und ausreichende Risikohinweise enthält (BGH, Urt. v. 12.07.2007, III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 f.). So liegt der Fall hier. Der Anlageprospekt enthält ausreichende Hinweise zum Risiko des Totalverlusts; dass er nicht rechtzeitig übergeben wurde, lässt sich auf der Grundlage der Angaben des Zeugen F, der insoweit keine sichere Erinnerung mehr hatte, nicht feststellen.

(2.3)

Bedenken hat der Senat auch, soweit das Landgericht eine Pflichtverletzung des Beklagten auch hinsichtlich der geschuldeten Plausibilitätsprüfung bejaht hat. Die Plausibilitätsprüfung kann auch in gewissem Umfang Ermittlungspflichten einschließen, wenn es um Umstände geht, die nach der vorauszusetzenden Kenntnis des Anlagevermittlers Zweifel an der inneren Schlüssigkeit einer im Prospekt mitgeteilten Tatsache zu begründen vermögen. Andererseits dürfen an die Pflichten eines Anlagevermittlers keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; der mit der notwendigen Überprüfung verbundene Aufwand muss ihm zumutbar sein. Wo die Grenzen einer Prüfungspflicht im Einzelfall zu ziehen sind, hängt weit gehend davon ab, welche Informationen der Anleger konkret abfragt und welches Vertrauen der Vermittler in Anspruch nimmt (BGH, Urt. v. 05.03.2009, III ZR 17/08, WM 2009, 739 ff.). Liegt, wie hier mit der Bewertung durch die G.U.B., eine positive Bewertung durch eine nicht erkennbar im Lager des Kapitalsuchenden stehende Institution vor, dürften die Anforderungen an die Plausibilitätsprüfung eher geringer sein. Ob der Beklagte diesen eher geringeren Anforderungen gerecht geworden ist, kann jedoch angesichts der oben festgestellten weiteren Pflichtverletzungen dahin stehen. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang auf Warnhinweise im Branchendienst "Kapital-Markt Intern" Bezug genommen hat, dürfte eine Pflicht des Beklagten, solche zur Kenntnis zu nehmen, jedenfalls nicht bestanden haben. Denn der Anlageberater ist zwar verpflichtet, sich aktuelle Informationen über das Anlageobjekt zu verschaffen, das er empfehlen will. Dazu gehört auch die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse, insbesondere in der Börsenzeitung, der Financial Times Deutschland, dem Handelsblatt und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (BGH, Urt. v. 05.03.2009, III ZR 302/07, NJW-RR 2009, 687 ff.). Der Branchendienst "Kapital-Markt Intern" dürfte indes nicht zu der vom Berater zwingend auszuwertenden allgemeinen Wirtschaftspresse gehören.

(3)

Das Verschulden des Beklagten in Bezug auf diese Pflichtverletzungen ist nach dem Rechtsgedanken des § 282 BGB a.F. zu vermuten; Umstände, die den Beklagten insoweit entlasten könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

cc.

Dadurch ist dem Kläger ein Schaden in geltend gemachter Höhe entstanden.

(1)

Dem Kläger ist schon durch Zeichnung des Beitritts ein Schaden entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 08.03.2005, XI ZR 170/04, BGHZ 162, 306 ff.). Das ist hier wegen der Verfehlung des Anlageziels (s.o.) der Fall.

(2)

Dieser Schaden beruht auch auf der oben festgestellten Pflichtverletzung. Es spricht schon ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kläger die Investition nicht getätigt hätte, wenn er richtig aufgeklärt worden wäre. Dem Anleger kommt eine auf die Lebenserfahrung gegründete tatsächliche Vermutung zugute, dass er sich bei einer deutlichen Aufdeckung des Risikos eines Totalverlustes gegen eine Beteiligung entschieden hätte, und zwar auch dann, wenn der Anleger eine "steueroptimierte Anlage" wünschte und erhielt (vgl. BGH, Beschl. v.09.04.2009, III ZR 89/08, zit. nach juris, m. zahlr. Nachw.). Abweichendes hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hier nicht dargetan.

b.

Rechtsfolge dieser schuldhaften Pflichtverletzung des Beklagten ist dessen Verpflichtung zum Ersatz des negativen Interesses, das heißt, der Kläger kann verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er die streitige Beteiligung nicht gezeichnet, § 249 BGB (vgl. BGH Urt. v. 15.01.2009, III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603 f.).

aa.

Danach kann der Kläger zunächst Erstattung des für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Betrages einschließlich Agio in Höhe von unstreitig 80.528,47 Euro verlangen. Zudem steht ihm ein Anspruch auf entgangene Anlagezinsen in Höhe von 28.218,06 Euro zu, weil er im Falle unterbliebener Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung diesen Betrag in festverzinslichen Wertpapieren mit entsprechenden Erträgen angelegt hätte; dies hat das Landgericht zutreffend und von der Berufung unangegriffen festgestellt. Von diesen Beträgen sind im Wege der Vorteilsausgleichung unstreitige Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 5.867,07 Euro abzuziehen. Nicht abzuziehen sind hingegen weitere, nach Darstellung des Beklagten vom Kläger erzielte Steuervorteile. Abgesehen davon, dass das Vorbringen des Beklagten hierzu, wie bereits im Hinweisbeschluss des Senats vom 17.02.2009 näher ausgeführt, gem. § 531 Abs.2 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig ist, kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 17.11.2005, III ZR 350/04, NJW 2006, 499 ff.; Urt. v. 06.03.2008, III ZR 298/05, WM 2008, 725 ff.) eine Anrechnung von Steuervorteilen in Fällen der unternehmerischen Beteiligung des Anlegers an einer KG nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger außergewöhnliche Steuervorteile erzielt hat. Solche hat der hierfür darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (BGH, aaO.) schon nicht dargelegt.

bb.

Da im Falle unterlassener Zeichnung der Beteiligung durch den Kläger diese sich auch nicht in seinem Vermögen befände, besteht der Schadensersatzanspruch nur, wie hier auch vom Kläger beantragt, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung an den Schädiger, ungeachtet der Tatsache, dass der Schädiger selbst nicht Partner des Vertrages über den Erwerb der Beteiligung ist (vgl. BGH Urt. v. 15.01.2009, III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603 f. zur Übertragung einer Eigentumswohnung). Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang entsprechend dem Antrag des Klägers auch eine Freistellungspflicht des Beklagten in Bezug auf weitere Pflichten aus der Beteiligung tituliert hat, ist auch eine solche Freistellung von der Verpflichtung zum Ersatz des negativen Interesses umfasst, da die Belastung mit entsprechenden Verbindlichkeiten gerade auf der Beteiligung beruht.

c.

Der Anspruch des Klägers ist nicht wegen eines Mitverschuldens gem. § 254 BGB gemindert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (siehe etwa BGH, Urt. v. 26. 9. 1997, V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m. w. Nachw.), der sich der Senat anschließt, kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht (BGH, Urt. v. 13.01.2004, XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868 ff.). Derjenige, der einen Sachkundigen hinzuzieht, gibt damit zu erkennen, dass er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnisse hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so dass sein Vertrauen besonderen Schutz verdient. Daher kann nur unter besonderen Umständen der Einwand des Mitverschuldens gem. § 254 BGB begründet sein, etwa wenn Warnungen von dritter Seite oder differenzierende Hinweise des anderen Teils nicht genügend beachtet wurden (BGH, Urt. v. 13.05.1993, III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 ff.). So liegt der Fall hier nicht. Denn der Anleger, der sich umfassend beraten fühlt, darf auf die mündlichen Angaben des Beraters vertrauen und hat daher keinen Anlass, den Prospekt nach etwa von den Angaben des Beraters abweichenden Risikodarstellungen zu durchsuchen. Der Umstand, dass der Prospekt Chancen und Risiken der Kapitalanlage gegebenenfalls hinreichend verdeutlicht, ist - auch unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB - kein Freibrief für den Vermittler, Risiken abweichend hiervon darzustellen (BGH, Urt. v. 12.07.2007, III ZR 83/06, NJW-RR 2007, 1690 f.). Daher kann insoweit dahinstehen, wann genau der Prospekt dem Kläger übergeben wurde. Nach den bisherigen Feststellungen, die in Zweifel zu ziehen der Senat keinen Anlass sieht, könnte mangels hinreichend sicherer Angaben des Zeugen F allerdings auch schon nicht festgestellt werden, dass der Prospekt so rechtzeitig übergeben wurde, dass gegenüber dem Kläger ein Mitverschuldensvorwurf im Sinne des § 254 BGB erhoben werden könnte, was zu Lasten des im Rahmen des § 254 BGB beweispflichtigen Beklagten ginge.

d.

Der Anspruch des Klägers ist nicht verjährt. Die gem. Art.229 § 6 Abs.1 S.1 BGB für den Schadensersatzanspruch des Klägers gem. § 195 BGB n.F. geltende dreijährige Verjährungsfrist hat hier gem. § 199 BGB nicht vor Ablauf des Jahres 2004 begonnen, so dass das Anfang 2007 eingeleitete Mahnverfahren die Verjährung in jedem Fall rechtzeitig gehemmt hat, § 204 Abs.1 Nr.2 BGB n.F..

aa.

Für den Schadensersatzanspruch des Klägers gilt gem. § 195 BGB n.F. eine dreijährige Verjährungsfrist. § 195 BGB n.F. ist gem. Art.229 § 6 Abs.1 S.1 EGBGB anwendbar, da er eine kürzere Verjährungsfrist als die gem. § 195 BGB a.F. für Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss nach altem Recht maßgebliche Frist enthält.

bb.

Diese Frist hat nicht vor Ablauf des Jahres 2004 gem. § 199 Abs.1 BGB n.F. zu laufen begonnen. Die gem. Art.229 § 6 Abs.4 S.1 EGBGB ab dem 01.01.2002 zu berechnende Verjährungsfrist hat zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu laufen begonnen, weil insoweit auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs.1 S.2 BGB erfüllt sein müssen (BGH, Urt. v. 23.01.2007, XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 ff.), was hier vor dem 01.01.2004 nicht der Fall war. In subjektiver Hinsicht verlangt § 199 Abs.1 S.2 BGB Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände, zu denen insbesondere auch die Pflichtverletzung gehört. Hier lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger die maßgebliche Pflichtverletzung vor dem 01.01.2004 gekannt hat oder sie ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist; dies geht zu Lasten des nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darlegungs- und beweisbelasteten (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 199 Rn. 46) Beklagten. Werden Schadensersatzansprüche - wie im vorliegenden Fall - auf ein Beratungsverschulden gestützt, so berechnet sich die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB für jeden Beratungsfehler gesondert; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (BGH, Urt. v. 09.11.2007, V ZR 25/07, NJW 2008, 506 ff.; Urt. v. 23.06.2009, XI ZR 171/08, zit. nach juris). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Dem aktuellen Zwischenbericht der D Grundstücksverwaltung GmbH & Co. Vermietungs KG vom 04.11.2002 ist zumindest das Risiko eines Totalverlusts der Einlage nicht zu entnehmen. Das Gleiche gilt für das Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 12.09.2002. Auch der in diesen Schriftstücken dokumentierte Plan zum Teilverkauf des Immobilienobjekts besagt nicht ohne weiteres, dass die Einlage verloren gehen kann. Grobe Fahrlässigkeit lässt sich schließlich auch nicht daraus entnehmen, dass der Kläger die Risikohinweise im Prospekt nicht zur Kenntnis genommen hat. Der Senat geht davon aus, dass es hier nicht grob fahrlässig war, den Inhalt des Prospekts insoweit nicht zur Kenntnis zu nehmen. Der Umstand, dass Ausschüttungen ausblieben, musste den Kläger nicht veranlassen, den Angaben bei der Beratung zu misstrauen und daraufhin nunmehr den Prospekt durchzuarbeiten, denn sein vorrangiges Anlageziel, die Kapitalerhaltung, war hiervon nicht unmittelbar tangiert. Entsprechendes gilt auch für den Zwischenbericht vom 4.11.2002. Unabhängig von solchen konkreten Anlässen mag ein Anleger zwar im eigenen Interesse gehalten sein, einen übergebenen Prospekt zu studieren und auch die darin enthaltenen Risikohinweise zur Kenntnis zu nehmen (BGH, Urt. v. 12.07.2007, III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 f.); grobe Fahrlässigkeit fällt ihm dann jedoch nach Einschätzung des Senats nicht zur Last (ebenso OLG München, Urt. v. 06.09.2006, 20 U 2694/06; OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2007, 4 U 98/07; a.A. OLG Celle, MDR 2009, 438 f.; OLG Frankfurt, OLGR 2008, 880 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.04.2008, I-16 U 275/06; OLG Brandenburg, Urt. v. 19.02.2009, 12 U 140/08). Eine ungewöhnlich schwere Sorgfaltspflichtverletzung, die den Vorwurf grober Fahrlässigkeit nach sich zieht, kann in der unterbleibenden Lektüre des Prospekts nicht gesehen werden, denn der Anleger darf grundsätzlich davon ausgehen, zutreffend und vollständig beraten worden zu sein und hat daher keinen Anlass, den Prospekt auf Risikohinweise hin durchzuarbeiten. Die abweichende Ansicht setzt sich zudem in einen Wertungswiderspruch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage des Mitverschuldens. Ein solches Mitverschulden wird regelmäßig verneint, weil der Anleger auf die Angaben des Vermittlers vertrauen darf (s.o. zu c.). Würde man aber bei unterlassener Kenntnisnahme vom Prospektinhalt regelmäßig grobe Fahrlässigkeit des Anlegers annehmen, wäre dieses Ergebnis jedenfalls in Fällen, in denen den Berater kein qualifiziertes Verschulden trifft, nicht verständlich. Geht man hingegen vor Vertragsschluss nicht von grober Fahrlässigkeit des Anlegers aus, so gibt es keine Grundlage dafür, ab dem Moment des Vertragsschlusses grobe Fahrlässigkeit anzunehmen (a.A. offenbar OLG Frankfurt, OLGR 2008, 880 ff.).

cc.

Die am 13.02.2007 erfolgte Zustellung des Mahnbescheids hat gem. § 204 Abs.1 Nr.2 BGB die Verjährung gehemmt. Ob die Hemmung hier wegen alsbald nach Einreichung des Mahnantrags am 02.01.2007 erfolgter Zustellung gem. § 167 ZPO zurückwirkt, kann dahinstehen, denn auch im Zeitpunkt der Zustellung am 13.02.2007 war die Dreijahresfrist noch nicht abgelaufen.

2.

Der Zinsanspruch ist gem. §§ 288, 291 BGB begründet. Rechtshängigkeitszinsen, die allein beantragt sind, können jedoch erst ab dem auf die Zustellung des Mahnbescheids am 13.02.2007 folgenden Tag, also ab dem 14.02.2007 verlangt werden (BGH, NJW-RR 1990, 518 f.). Für die Höhe der Rechtshängigkeitszinsen gilt § 288 BGB n.F., denn auszugehen ist von dem Grundgedanken, dass für die Höhe der Prozesszinsen die einschlägigen Vorschriften in der zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit gültigen Fassung maßgeblich sind (BayVGH, Beschl. v. 27.02.2003, 3 B 02.1968, zit. nach juris).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist gem. § 543 Abs.2 Nr.2 ZPO zuzulassen, weil die Frage, ob die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs.1 Nr.2 BGB schon dadurch erfüllt werden, dass der Anleger einen ihm übergebenen Prospekt nicht oder nicht vollständig zur Kenntnis nimmt, wie oben dargelegt, in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten ist und daher zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung höchstrichterlicher Klärung bedarf.

Streitwert: 103.379,46 Euro