LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2009 - 12 Sa 357/09
Fundstelle
openJur 2011, 67488
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 7 Ca 2035/08

1.Indem § 4 Abs. 3 TV-L die Befugnis des Arbeitgebers zur Personalgestellung an eine "Funktionsnachfolge" bindet, wird tariflich vorausgesetzt, dass die dem Beschäftigten oder seiner Organisationseinheit übertragenen Aufgaben bei dem Dritten tatsächlich anfallen und dort einen adäquaten funktionellen Personalbedarf auslösen. Daran fehlt es, wenn z. B die Aufgaben entfallen oder durch die vorhandene Organisation des Dritten absorbiert werden oder der Beschäftigte aus anderen Gründen nicht mit der Erledigung der bisherigen Aufgabe befasst werden kann.

2. Das Direktionsrecht nach § 106 GewO kann durch Tarifvertrag, nicht jedoch durch Landesgesetz erweitert werden. Die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien wird insbesondere dann, wenn es - wie in § 4 Abs. 3 TV-L - um eine Erweiterung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers geht, durch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes, namentlich die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer (Art. 12 Abs. 1 GG) und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) begrenzt.

3. Einem Betriebsübergang steht nicht entgegen, dass der Übergang auf Gesetz oder anderem einseitigen staatlichen Rechtsakt beruht. Hingegen ist ein Betriebsübergang ausgeschlossen, wenn "hoheitliche" Verwaltungsaufgaben (und keine Unternehmenstätigkeiten) von einer öffentlichen Verwaltung auf eine andere übertragen werden. Dies folgt aus der gebotenen gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des § 613 a Abs. 1 BGB (im Anschluss an LAG Niedersachsen 31.08.2001 - 10 Sa 2899/98 - Juris Rn. 27 und EuGH 14.09.2000 - C-343/98 Collino - Rn. 31, 34; offengelassen in BAG 18.12.2008 - 8 AZR 660/07 - Juris Rn. 35/72).

Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Essen vom 28.10.2008 wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, im Rahmen von Personalgestellung seine Arbeitsleistung dem Landschaftsverband Rheinland in Köln zur Verfügung zu stellen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

Gründe

A. Die Parteien streiten darüber, ob der bei dem beklagten Land angestellte Kläger verpflichtet ist, aufgrund "Personalgestellung" seine Arbeitsleistung beim Landschaftsverband Rheinland in Köln zu erbringen.

Der am 04.03.1954 geborene Kläger steht seit dem 23.07.1981 in den Diensten des beklagten Landes. Er wurde gemäß den Arbeitsverträgen vom 23.07.1981 und vom 01.02.1982 beim Versorgungsamt Essen eingestellt und dort als Verwaltungsangestellter beschäftigt. In § 2 ist arbeitsvertraglich die Anwendung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge bestimmt. Seit 1995 war der Kläger als Systemverwalter tätig und zuletzt eingruppiert in Entgeltgruppe 10 TV-L.

Durch Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 (nachfolgend: VersÄEinglG NRW) löste das Land die Versorgungsämter auf und übertrug mit Wirkung vom 01.01.2008 ihre Aufgaben den Kreisen, kreisfreien Städten, Landschaftsverbänden und Bezirksregierungen. Nach § 1 Abs. 2 VersÄEinglG NRW gehen die Beamten und tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter auf die Kreise, kreisfreien Städte, Landschaftsverbände, Bezirksregierungen und auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über bzw. werden im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt. § 10 Abs. 1 und 2 i. V. m. §§ 11 ff. VersÄEinglG NRW regelt die Überleitung der unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2 bis 8 betrauten Tarifbeschäftigten. Für tariflich Beschäftigte der Versorgungsämter, die nicht unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2 bis 8 betraut sind, ist vorgesehen, dass sie kraft Gesetzes auf die Bezirksregierungen übergehen oder kraft Gesetzes in das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales übergeleitet und den kommunalen Körperschaften im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden, sofern sie nicht nach Abs. 4 in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen (§ 10 Abs. 3). Hierzu wird nach Abs. 5 dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales überantwortet, den Personalübergang vor der Übertragung der Aufgaben auf der Grundlage eines von ihm erstellten Zuordnungsplans vorzubereiten, wobei der Zuordnungsplan unter Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange zu erstellen und eine angemessene Mitwirkung der neuen Aufgabenträger zu gewährleisten ist.

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales erstellte unter dem 14.11.2007 den "Zuordnungsplan". Nach der Punktetabelle zum "Zuordnungsplan" wurden dem Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt als schwerbehinderter Mensch mit einem GdB von 60 anerkannt und nicht verheiratet war, 23,9 Punkte zuerkannt. Er wurde nicht in die Liste der Härtefälle aufgenommen. Als nicht unmittelbar mit Fachaufgaben betrauter Tarifbeschäftigter des gehobenen Dienstes teilte das Land ihn dem Landschaftsverband Rheinland (nachfolgend LVR) in Köln zu, dem aus der Versorgungsverwaltung das Aufgabengebiet Soziales Entschädigungsrecht (SER) übertragen war und nach dem Verteilerschlüssel (Anlage 2 zum VersÄEinglG NRW) 206 Vollzeitstellen zustanden, wovon lediglich 191,27 im Rahmen der Personalgestellung besetzt werden konnten.

Im Dezember 2007 wurde - so zuletzt der Vortrag des Landes - mit dem LVR ein Personalgestellungsvertrag geschlossen, in dem die überstellten Arbeitnehmer, darunter der Kläger, namentlich benannt wurden.

Mit Schreiben vom 14.12.2007 an den Kläger ordnete der LVR dessen Einsatz in Köln ab dem 01.01.2008 an.

Im Januar 2008 hat der Kläger beim Arbeitsgericht Essen Klage eingereicht und das VersÄEinglG NRW sowie das Verwaltungsverfahren insbesondere hinsichtlich des Zuordnungsplans sowie die versäumte Beteiligung der Personalvertretungen bemängelt. Es seien - so hat er geltend gemacht - keine Aufgaben der Systemverwaltung des Versorgungsamtes auf den LVR verlagert worden. Der LVR habe ihn dementsprechend nicht als Systemverwalter beschäftigt, sondern mit unterwertigen Hilfstätigkeiten befasst.

Der Kläger hat beanstandet, nicht als "Härtefall" eingestuft und nicht ortsnäher eingesetzt worden zu sein, obwohl er in einem "Interessenfragebogen" vom 23.07.2007 der Kläger als Beschäftigungswunsch eine Tätigkeit in der Systemverwaltung und als Ortswunsch Essen, Mülheim sowie Oberhausen angegeben habe. Die tägliche Wegezeit zwischen Essen und Köln von 3,5 Stunden bedeute für ihn wegen seiner erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen eine unzumutbare Belastung.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung im Rahmen von Personalgestellung dem Landschaftsverband Rheinland in Köln zu Verfügung zu stellen;

hilfsweise festzustellen, dass die Zurverfügungstellung seiner Arbeitsleistung ab dem 01.01.2008 an den Landschaftsverband Rheinland in Köln im Rahmen der Personalgestellung unwirksam ist;

2. das beklagte Land zu verpflichten, seine Arbeitsleistung sofort der Stadt Essen im Bereich der EDV-Systemverwaltung oder im Bereich Schwerbehindertenangelegenheiten, hilfsweise der Stadt Mülheim oder der Stadt Oberhausen im o. g. Bereich zur Verfügung zu stellen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die nach dem Zuordnungsplan erfolgte Überstellung des Klägers vom Versorgungsamt Essen an den LVR als rechtmäßige und mitbestimmungsfreie Personalmaßnahme verteidigt. Mittels des "Interessenfragebogen" sei der Kläger vorher angehört worden. Aufgrund dienstlicher Belange beim LVR sei der Kläger, der im Übrigen arbeitsvertraglich alle Tätigkeiten seiner Entgeltgruppe schulde, dort als Systemverwalter nicht zu beschäftigen gewesen; wegen langer Arbeitsunfähigkeitszeiten habe er bisher auch nicht für den Bereich SER weitergebildet werden können. Das Land hält die Fahrtzeiten zwischen Essen und Köln weder für überlang noch dem Kläger wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen für unzumutbar. Der Kläger habe auch nicht als Entfernungshärtefall eingestuft werden können.

Durch Urteil vom 28.10.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift der Kläger das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens an. Die Unbilligkeit seiner Versetzung nach Köln habe sich - so trägt er vor - dadurch noch verstärkt, dass ihm ab dem 31.07.2008 ein GdB von 80 zuerkannt worden sei. Auch sei er seit dem 22.05.2009 verheiratet; seine jetzige Ehefrau wohne in Bochum.

Der Kläger beantragt die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils vom 28.10.2008 und die Stattgabe der Klage mit den Anträgen,

1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, dem beklagten Land Land im Rahmen von Personalgestellung die Arbeitsleistung dem Landschaftsverband Rheinland in Köln zu Verfügung zu stellen;

2. hilfsweise festzustellen, dass die Zurverfügungstellung seiner Arbeitsleistung ab dem 01.10.2008 an den Landschaftsverband Rheinland in Köln im Rahmen der Personalgestellung unwirksam ist.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es verteidigt das Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

B.Die Berufung ist begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet, seine Arbeitsleistung beim LVR in Köln zu erbringen. Für die Befugnis zu einer solchen "Personalgestellung" kann das beklagte Land sich weder auf § 4 Abs. 3 TV-L noch auf § 10 VersÄEinglG NRW stützen.

I. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Feststellungsklage für zulässig erachtet. Der Kläger hat ein Rechtsschutzbedürfnis an der begehrten Feststellung, denn die "Personalgestellung" berührt nachhaltig seine Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und zieht eine wesentliche Änderung der Arbeitsumstände nach sich (vgl. BAG 13.03.2007 - 9 AZR 417/06 - Juris Rn. 24 ff.).

II. Die Klage ist begründet. Die Überstellung des Klägers an den LVR in Köln ist nicht vom Direktionsrecht des beklagten Landes gedeckt.

1. Das Direktionsrecht des beklagten Landes zur Änderung des Arbeitsorts und Zuweisung einer anderen Arbeitstätigkeit bestimmt sich nach § 106 GewO. Gemäß Satz 1 kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Das Direktionsrecht erlaubt es dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistungen zu bestimmen. Sein Umfang bestimmt sich vor allem nach dem Inhalt des Arbeitsvertrags. Es kann einzelvertraglich oder auch durch tarifliche Regelung innerhalb bestimmter Grenzen erweitert werden, soweit nicht zwingendes Recht entgegensteht (BAG 06.09.2007 - 2 AZR 368/06 - Juris Rn. 16).

Der Arbeitgeber, der sich auf die Wirksamkeit einer Versetzung, Abordnung, Zuweisung oder "Personalgestellung" beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 106 GewO. Dazu gehört nicht nur, dass er darlegt und ggf. beweist, dass seine Entscheidung billigem Ermessen entspricht, insbesondere die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt sind, sondern auch, dass die Personalmaßnahme im Rahmen der gesetzlichen, arbeitsvertraglichen und kollektivrechtlichen Grenzen erfolgt ist (BAG 13.03.2007 - 9 AZR 433/06 - Juris Rn. 81, vgl. Hess. LAG 19.11.2007 - 17 Sa 1211/07 - Juris Rn. 66/68).

2. a) Die Parteien haben den im öffentlichen Dienst üblichen Formulararbeitsvertrag geschlossen. Danach wird der Arbeitnehmer regelmäßig nicht für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit, sondern für einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich eingestellt, der durch die Nennung der Vergütungsgruppe konkretisiert wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 27.05.2004 - 6 AZR 192/03 - Juris Rn. 10) erstreckt sich das Direktionsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst deshalb auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, für die der Arbeitnehmer eingestellt worden ist. Somit können dem Arbeitnehmer grundsätzlich auch andere Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen.

b) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger "beim Versorgungsamt Essen als Angestellter" eingestellt wurde (§ 1 des Arbeitsvertrages vom 01.02.1982).

Mit dieser Formulierung haben die Parteien lediglich die Dienststelle festgelegt, bei der der Kläger seine Tätigkeit aufzunehmen hatte. Im Anschluss an diese Festlegung ist im Arbeitsvertrag (§ 2) ausdrücklich die Geltung eines Tarifvertrages vereinbart worden, der das Direktionsrecht des Arbeitgebers näher regelt und auch erweitert. Mit dieser Maßgabe lässt der Arbeitsvertrag die künftige Verwendung des Klägers bei anderen Dienststellen und an anderen Arbeitsorten zu. Auch angesichts des erkennbaren Interesses des beklagten Landes an einem flexiblen Personaleinsatz und einer Gleichbehandlung der Beschäftigten lässt die Benennung des Einstellungsortes nicht auf einen Verzicht des Landes auf das ihm tariflich eingeräumte Weisungsrecht schließen (vgl. BAG 21.01.2004 - 6 AZR 583/02 - Juris Rn. 24).

c) Die Arbeitspflicht des Klägers hat sich nicht auf die Tätigkeit in Essen oder in der näheren Umgebung oder als Systemverwalter konkretisiert.

Zwar können sich Arbeitspflichten nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 557/05 - Juris Rn. 47, 13.03.2007 - 9 AZR 433/06 - Juris Rn. 52). Der Kläger ist zwar in Essen und dort seit 1995 als Systemverwalter beschäftigt worden. Es fehlt jedoch an den besonderen Umständen, denen er hätte entnehmen können, dass er künftig nicht in einem anderen Arbeitsgebiet oder an einem anderen Ort eingesetzt würde.

3.Das Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO umfasst regelmäßig nicht den dauerhaften Einsatz bei einem Dritten (vgl. BAG 18.02.1976 - AZR 616/74 - Juris Rn. 46). Es ist hier zwar durch § 4 Abs. 3 TV-L erweitert worden. Diese Norm berechtigt das beklagte Land indessen nicht, den Kläger zum LVR nach Köln zu "versetzen".

a) Auf das Arbeitsverhältnis gelangt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 3 Abs. 1 TVG) und arbeitsvertraglicher Bezugnahme (§ 2 des Arbeitsvertrags) das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes zur Anwendung. Nachdem der TV-L den BAT zum 01.11.2006 ersetzt hat (§ 2 Abs. 1 TVÜ-L vom 12.10.2006), ist nach § 4 Abs. 3 TV-L zu beurteilen, ob das beklagte Land zur "Versetzung" des Klägers zum LVR in Köln befugt ist.

Im Streitfall steht keine (dauerhafte) "Versetzung" oder (vorübergehende) "Abordnung" i. S. v. § 4 Abs. 1 TV-L in Rede, denn die Beschäftigung beim LVR in Köln erfolgt nicht in einer (anderen) Dienststelle des beklagten Landes, sondern beim LVR, der eine kommunale Körperschaft mit eigener Dienstherrenfähigkeit ist (§ 1, § 20 Abs. 4 LVerbO NRW, § 1 GkG NRW). Anzumerken ist, dass das Land mit dem Interessenabfragebogen vom 14.07.2007 auch nicht der Anhörungspflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TV-L genügt hätte, weil die Überstellung des Klägers zum LVR in Köln damals noch nicht konkret beabsichtigt war, die "Personalgestellung", der Dritte, der Arbeitsort und der Inhalt der neuen Tätigkeit nicht erkennbar waren und daher für die spätere Maßnahme auch keine Begründung, der der Kläger im Rahmen der Anhörung hätte entgegentreten können, gegeben wurde (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Thivissen, TV-L, § 4 Rn. 21; zur Rechtsfolge: Görg/ Guth/Hamer/Pieper, TVöD, § 4 TVöD-AT Rn. 26).

Ebenso wenig geht es um eine vorübergehende Zuweisung i. S. v. § 4 Abs. 2 TV-L, da der Kläger dem LVR dauerhaft zugewiesen ist.

Die dauerhafte Zuweisung zu einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist von § 4 Abs. 3 TV-L erfasst. Die Tarifvorschrift lautet:

Werden Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers bei weiter bestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen (Personalgestellung). § 613 a BGB sowie gesetzliche Kündigungsrechte bleiben unberührt.

Protokollerklärung zu § 4 Absatz 3:

Personalgestellung ist - unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses - die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten. Die Modalitäten der Personalgestellung werden zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten vertraglich geregelt.

Die Voraussetzungen dieser Tarifvorschrift, die das Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitert, sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

b) Die Kammer kann zu Gunsten des Landes von der rechtlichen Gültigkeit des § 4 Abs. 3 TV-L ausgehen. Dafür ist die Tarifvorschrift allerdings restriktiv auszulegen.

(11) Tarifnormen und damit auch § 4 Abs. 3 TV-L Tarifnormen müssen zum einen mit höherrangigem Recht, insbesondere zwingendem Gesetzesrecht (KSchG, § 613 a BGB, AÜG), vereinbar sein. Zum anderen löst die Schutzpflichtfunktion der Grundrechte zumindest eine mittelbare Grundrechtsbindung aus.

(aa) § 4 Abs. 3 Satz 1 TV-L verstößt nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht.

-Bei der Gestellung von Verwaltungspersonal handelt es sich nicht um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des AÜG. Das Land hat keine Gewinnerzielungsabsicht. Mit der gesetzlichen Gestellung von Personal an den LVR vermeidet das Land zwar, dass - neben Ausgleichsforderungen der VBL - einerseits Personalkosten für beschäftigungslos gewordene Mitarbeiter der Versorgungsverwaltung anfallen und andererseits Kostenerstattung von jährlich ca. € 50.000,00 ("Nachersatz") für jeden nicht gestellten Mitarbeiter geschuldet wird. Die Vermeidung dieser Haushaltsbelastung erfolgt jedoch ohne impliziten Gewinnaufschlag, so dass es an einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

-Unschädlich ist, dass § 4 Abs. 3 TV-L von § 613 S. 2 BGB abweicht. Die Gesetzesbestimmung ist nach h. M. dispositiv (ErfK/Preis, 9.Aufl., § 613 BGB Rn. 9, Preis/Greiner, ZTR 2006, 293, Staudinger/Richardi, BGB [2005], § 613 Rn. 18 ff; vgl. aber auch BAG 17.01.1979 - 5 AZR 248/78 - Juris Rn. 71 f., von Hoyningen-Huene, Anm. 4 f. zu AP Nr. 2 zu § 613 BGB, AnwK-ArbR/Hauck, § 613 BGB Rn. 8 ff.). Zwar räumt die Tarifnorm dem Arbeitnehmer kein Widerspruchsrecht gegen die Überstellung zu einem Dritten ein. Dies ist jedoch unbedenklich, wenn die Tarifregelung, die die Befugnis des Arbeitgebers zur Personalgestellung statuiert, entweder ausdrücklich oder durch Auslegung dem Arbeitnehmer einen dem Verhältnismäßigkeits- und Vertrauensgrundsatz genügenden Schutz vor den Folgen aus der Abdingung der höchstpersönlichen Leistungspflicht gewährt. Die Personalgestellung zu einer anderen öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaft löst im Allgemeinen keine Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers aus, weil die tariflichen Arbeitsbedingungen unverändert bleiben und dem Arbeitnehmer mit dem Dritten ein vergleichbarer "Dienstherr" gegenübersteht.

-Die in § 4 Abs. 3 Satz 1 TV-L normierte Befugnis zur Personalgestellung lässt, wie Satz 2 ausdrücklich bestimmt, § 613 a BGB unberührt. Ebenso wenig ist in der vorliegenden Konstellation eine objektive Umgehung des § 613 a BGB gegeben.

Einem Betriebs(teil)übergang steht allerdings nicht schon entgegen, dass die Übertragung der Verwaltungsaufgaben der Versorgungsämter auf kommunale Körperschaften durch gesetzliche Regelung bewirkt worden ist. Entgegen der Rechtsauffassung, wonach aus dem Anwendungsbereich des § 613 a BGB Betriebsübergänge herausfallen, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes oder anderen Hoheitsaktes vollzogen werden (z. B. HWK/Willemsen, 3. Aufl., § 613 a BGB Rn. 192, Küttner/Kreitner, Personalbuch 2009, Betriebsübergang Rn. 25), ist aufgrund einer gebotenen gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB anzunehmen, dass auch die gesetzliche Verwaltungsorganisationsänderung als einseitige staatliche Entscheidung zu einem Betriebsübergang führen kann (zutr. LAG Niedersachsen 31.08.2001 - 10 Sa 2899/98 - Juris Rn. 27, im Anschluss an EuGH 14.09.2000 - C-343/98 Collino - Rn. 34; vgl. EuGH 26.05.2005 - C-297/03 Sozialhilfeverband Rohrbach - Rn. 30; offen gelassen in BAG 18.12.2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 72). Ein Betriebsteilübergang ist freilich ausgeschlossen, soweit hoheitliche Aufgaben von den (aufgelösten) Versorgungsämtern auf die kommunalen Körperschaften übertragen werden (vgl. EuGH 14.09.2000 - C-343/98 Collino - Rn. 31 ff.). Im vorliegenden Fall ist ein Betriebs(teil)übergang bereits nach dem eigenen Vortrag des Klägers deshalb nicht anzunehmen, weil weder ein Betriebsteil der Versorgungsverwaltung, dem er zugehörte, auf den LVR übertragen worden ist noch operative Ressourcen insbesondere des Versorgungsamts Essen im EDV-Bereich vom LVR weiter genutzt werden, so dass das Identitätsmerkmal "Funktionalität und Nutzung der bisherigen Einheit im Erwerberbetrieb" (vgl. Kammer 29.04.2009 - 12 Sa 1551/08 - Juris Rn. 74 m. w. N.) nicht gewahrt ist.

(bb) Die Personalgestellung i. S. v. § 4 Abs. 3 TV-L bedeutet typischerweise einen herben Eingriff in Grundrechtspositionen des Arbeitnehmers, namentlich in Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG. So wird der Arbeitnehmer, ohne dass seine Zustimmung vonnöten ist, gezwungen, zu einem Dritten zu wechseln und eine u. U. wesentliche Änderung der Arbeitsumstände und Ortswechsel hinzunehmen (vgl. BAG 18.02.1976 - 5 AZR 616/74 - Juris Rn. 41, LAG Köln 03.05.2006 - 7 (5) Sa 1584/05 - Juris Rn. 53 ff., Jordan, PersR 2007, 380, Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TV-L, § 4 Rn. 40 ff.). § 4 Abs. 3 TVG gewährt dem Arbeitnehmer keinen Dispositionsschutz, z. B. durch vom Arbeitgeber einzuhaltende Ankündigungsfristen oder den Ausgleich finanzieller Nachteile. Das mögliche Korrektiv der Mitbestimmung ist mit der Neufassung des LPersVG NRW beseitigt worden (vgl. ArbG Düsseldorf 24.06.2008 -7 Ca 137/08 - Juris Rn. 26 ff.).

Ob dieser Befund es rechtfertigt, die tarifliche Erweiterung des Direktionsrechts als unzulässigen Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsvertrags anzusehen (vgl. BAG 23.09.2004 - 6 AZR 442/03 - Juris Rn. 24, 16.11.2000 - 6 AZR 353/99 - Juris Rn. 37 f., 22.05.1985 - 4 AZR 427/83 - Juris Rn. 18, LAG Düsseldorf 17.03.1995 - 17 Sa 1981/84 - LAGE Nr. 16 zu § 2 KSchG zu B IV 2, KR/Rost, 8. Aufl., § 2 KSchG Rn. 54 a ff., AnwK-ArbR/Elz, § 315 BGB Rn. 21 ff., APS/Künzl, § 2 KSchG Rn. 99, exolet Plüm DB 1992, 735), braucht die Kammer nicht zu entscheiden. Im Licht des durch die grundrechtlichen Wertentscheidungen den Arbeitnehmern gewährten Schutzniveaus ist das in § 4 Abs. 3 TVG ausgeweitete Direktionsrecht jedenfalls in den hier neuralgischen Punkten nicht extensiv zu interpretieren (vgl. BAG 07.02.1995 - 3 AZR 402/94 - Juris Rn. 31, 18.10.1994 - 1 AZR 503/93 - Juris Rn. 36).

Diese Erkenntnis steht, wie noch auszuführen sein wird, im Einklang mit dem tariflichen Wortlaut, Gesamtzusammenhang und Regelungszweck. Zudem spricht weder im Allgemeinen noch unter Einbeziehung der Besonderheiten des § 4 TV-L etwas dafür, dass die Tarifvertragsparteien dem Arbeitgeber ein freies Gestellungsrecht einräumen und seinem Interesse an einer solchen Befugnis das gegenläufige Interesse der Beschäftigten am Schutz ihrer tatsächlichen Beschäftigungssituation aufopfern wollten. Insoweit ist auch der Regelungsgehalt des § 4 Abs. 3 TV-L abzugrenzen von "Versetzungsklauseln" in tariflichen Rationalisierungsschutzabkommen oder Überleitungstarifverträgen, die auf einen ganz bestimmten Verwaltungsbereich zugeschnitten sind und in denen sich die Tarifvertragsparteien mit den dortigen Verhältnissen und Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten konkret auseinandergesetzt und diese im Sinne eines ausgewogenen Interessenausgleichs geregelt haben.

c) Bei diesem Ausgangspunkt trägt § 4 Abs. 3 TV-L die Überstellung des Klägers an den LVR in Köln deshalb nicht, weil es sich um keine "Personalgestellung" im Tarifsinn handelt.

Die Tarifvertragsparteien haben in § 4 Abs. 3 TV-L und der dazu gehörenden Protokollerklärung Begriff und Voraussetzungen einer "Personalgestellung" eigenständig definiert. Die Tarifnorm ist nach den nach von der Rechtsprechung zur Tarifauslegung entwickelten Grundsätzen (BAG 20.01.2009 - 9 AZR 677/07 - Juris Rn. 35) auszulegen. Auch wenn ihr Regelungsansatz sich teilweise in den §§ 128 ff., 123 a BRRG wiederfindet, verbietet sich ein beamtenrechtliches Verständnis. Vielmehr ist die Tarifnorm in ihrem arbeitsrechtlichen Charakter zu erkennen und so zu interpretieren (vgl. BAG 21.06.1978 - 4 AZR 816/76 - Juris Rn. 55). Dabei sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BAG 13.03.2007 - 9 AZR 417/06 - Juris Rn. 26) die Zuordnung von Beschäftigten zu einem durch Auflösung der bisherigen Dienststelle entstehenden "Personalüberhang", ihre Überstellung an das Ministerium (hier: das MAGS) und entweder Landesamt für Personaleinsatzmanagement (PEM) oder über den ministeriellen Zuordnungsplan an andere Körperschaften und damit "Versetzung" zu einer neuen Dienststelle als einheitlicher Gesamtvorgang zu sehen.

(11) Hiervon ausgehend hat für die Auslegung des § 4 Abs. 3 TV-L Folgendes zu gelten:

(aa) Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 TV-L liefert nicht schon dadurch, dass für Arbeitnehmer die Pluralform ("Beschäftigte") verwendet wird, Aufschlüsse über den wirklichen Regelungswillen der Tarifvertragsparteien. Er folgt vielmehr der sonstigen Formulierungstechnik des TV-L und des § 4, die Arbeitnehmer im Plural und den Arbeitgeber im Singular anzusprechen, letzteres - in Abs. 3 - bezogen auf den "Dritten" selbst dann, wenn eine Aufgabenverlagerung auf mehrere Dritte erfolgt (vgl. § 128 Abs. 4 BRRG).

Nach dem Tarifwortlaut setzt eine Personalgestellung tatbestandlich "die Verlagerung der Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten" voraus und knüpft hieran als Rechtsfolge die bei dem Dritten zu erbringende "vertraglich geschuldete Arbeitsleistung". Indem § 4 Abs. 3 TV-L auf die Aufgaben der Beschäftigten abstellt, ist eine funktionelle Betrachtung geboten. Haushaltsrechtliche, stellenplanmäßige oder sonstige fiskalische Erwägungen gehen ebenso fehl, wie status- oder zuständigkeitsbezogene Kriterien zu kurz greifen. Dies gilt vor allem bei einem teilweisen Aufgabenübergang, bei dem die Aufgaben einer Behörde entweder nur in Teilbereichen auf eine andere Körperschaft übertragen oder auf mehrere andere Körperschaften verteilt werden. So wie in dieser Konstellation nur solche Beamte zur Übernahme durch die die Aufgaben übernehmende Körperschaft in Betracht kommen, deren Aufgabengebiet (konkretes Amt im funktionellen Sinne) von dem Übergang berührt wird (BVerwG 02.04.1981 - 2 C 35/78 - Juris Rn. 17 f.), ist das tarifliche Recht zur Personalgestellung auf jene Arbeitnehmer beschränkt, deren bisher wahrgenommene Aufgaben nach der Umstrukturierung bei dem Dritten anfallen, so dass sie dort mit ihrer weiteren Erledigung befasst werden können (Preis/Greiner, ZTR 2006, 292, die zutreffend die tarifliche Regelungssystematik und Regelungsintention anziehen; Görg/Guth/Hamer/Pieper, § 4 TVöD-AT Rn. 42 ff.; ebenso Thüsing/ Schorn, a. a. O., die bei "Wahrung des wesentlichen Charakters der vorherigen Tätigkeit" eine geringfügige Neuorganisation für unschädlich halten). Das funktionelle Verständnis des § 4 Abs. 3 TV-L verlangt nicht, dass die bisherige Dienstaufgabe gänzlich unverändert erhalten bleibt. Jedoch muss sie in ihrem Wesenskern der Arbeitsorganisation des Dritten zugewachsen sein und dort einen adäquaten funktionellen Personalbedarf auslösen. Daran fehlt es, wenn die angeblich verlagerten Aufgaben von Beschäftigten sich in den Arbeitsprozessen nicht wiederfinden lassen, weil z. B. die Aufgaben entfallen oder durch die vorhandene Organisation des Dritten absorbiert werden oder der Beschäftigte aus anderen Gründen nicht mit der Erledigung der bisherigen Aufgabe befasst werden kann.

Werden die Aufgaben des Beschäftigten, seiner Organisationseinheit oder der Dienststelle verlagert, genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer Tätigkeiten für den verlagerten Aufgabenbereich verrichtet hat, ohne in dessen Struktur eingebunden gewesen zu sein. Vielmehr ist erforderlich, dass er in seiner Haupttätigkeit Funktionen in dem verlagerten Aufgabenbereich wahrnahm. Insoweit können die zum Betriebsteilübergang von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (vgl. BAG 08.08.2002 - 8 AZR 583/01 - Juris Rn. 46, BAG 17.06.2003 - 2 AZR 134/02 - Juris Rn. 23, BAG 24.08.2006 - 8 AZR 556/05 - Juris Rn. 28) fruchtbar gemacht werden.

Dabei ist jedenfalls für die Fälle, in denen der Arbeitgeber seine Geschäftstätigkeit nicht vollständig auf andere Dritte (Körperschaften) überträgt, sondern nach ihrer funktionellen Partitionierung mehreren Dritten zuweist, regelmäßig davon auszugehen, dass i. S. v. § 4 Abs. 3 TV-L nur konkrete, für die betroffene Organisationseinheit prägend gewesene Aufgaben verlagert werden können. So will die Tarifnorm zwar dem Arbeitgeber mittels der ihm gestatteten Aufgabenverlagerung größere personelle und organisatorische Flexibilität einräumen. Sie begrenzt jedoch gleichzeitig sein Interesse an größtmöglichen Gestaltungsfreiräumen durch den Zweck, die Kontinuität und Effizienz der Erledigung der verlagerten Aufgaben zu sichern. Damit findet die Direktionsrechtserweiterung ihre erforderliche und angemessene Begrenzung in dem Kriterium, dass der Arbeitnehmer nach der Umstrukturierung weiterhin und im Wesentlichen mit den bereits bisher wahrgenommenen Aufgaben befasst werden kann. Mit diesem Verständnis hält § 4 Abs. 3 TV-L der Schutzfunktion des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG stand: Der grundrechtliche Schutz des Arbeitnehmers, umfasst neben der Entscheidung des Arbeitnehmers für eine konkrete Beschäftigung auch das Interesse des Einzelnen, den gewählten Arbeitsplatz beizubehalten (ähnl. BAG 08.05.2001 - 9 AZR 95/00 - Juris Rn. 46 ff.).

(bb) Die tarifliche Systematik bestätigt diesen Befund. § 4 Abs. 3 Satz 2 verdeutlicht die Nähe der Personalgestellung zu § 613 a BGB, wobei die tarifliche Personalgestellung dadurch, dass der Fokus auf die Verlagerung von Aufgaben gelegt wird, über den sachlichen Anwendungsbereich des § 613 a BGB hinausreicht und die bloße Funktionsnachfolge genügen lässt (Preis/Greiner, ZTR 2006, 294, Thüsing/Schorn, ZTR 2008, 658 f., Trümner/Sparchholz, PersR 2008, 318 f.).

Würde man demgegenüber auf die Feststellung verzichten, dass die Aufgaben des Beschäftigten auf einen Dritten verlagert worden sind, und etwa die bloße Zuständigkeitsänderung zwischen den betroffenen Verwaltungseinheiten und Stellenzuweisungen ausreichen lassen, ließe das Gestellungsrecht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 TV-L "als mildere Maßnahme" die in Satz 2 ausdrücklich vorbehaltenden Kündigungsrechte des Arbeitsgebers aus betriebsbedingten Gründen leerlaufen. Dies widerspräche dem in Satz 2 manifestierten Regelungswillen der Tarifvertragsparteien. Danach bleibt eine Beendigung- oder Änderungskündigung insbesondere dann möglich, wenn Aufgaben der Beschäftigten nicht verlagert werden, sondern ganz oder teilweise entfallen, z. B. infolge Aufgabe oder Einschränkung, Rationalisierung, Generierung von Synergieeffekten, Leistungsverdichtung usw. Denselben Sinn verfolgt die Erwähnung des § 613 a BGB in § 4 Abs. 3 Satz 2 TV-L: Indem § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB klarstellt, dass der Bestandsschutz bei Betriebs(teil)übergängen keine kündigungsschutzgesetzliche Besserstellung des Arbeitnehmers im Vergleich zu seiner arbeitsrechtlichen Situation ohne Betriebsübergang bewirkt (Kammer 29.04.2009 - 12 Sa 1551/08 - Juris Rn. 50, 53, 94), ist für den in § 4 Abs. 3 Satz 1 TV-L beschriebenen Funktionsübergang nichts anderes anzunehmen.

Weiterhin streitet die Systematik des § 4 TV-L mit den tariflichen und durch eine jahrzehntelange Rechtsprechung ausgefeilten Anforderungen an Versetzungen, Abordnungen und Zuweisungen tendenziell dagegen, dass dem Arbeitgeber die den Beschäftigten bei einem Dritten abverlangte Arbeit ungleich leichter und einfacher gemacht werden soll als eine Versetzung, Abordnung oder Zuweisung.

Indem Satz 2 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L bestimmt, dass "die Modalitäten der Personalgestellung zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten vertraglich geregelt werden", fällt es auch in den Fällen, in denen der TV-L anwendbar bleibt, dem Arbeitgeber und dem Dritten zu, die Arbeitsaufgabe des überstellten Arbeitnehmers und das Direktionsrecht des Dritten substantiell zu erfassen. Eine nur abstrakttheoretische Aufgabenverlagerung, auf geduldigem Papier niedergeschrieben, ersetzt nicht die einem Vorher-Nachher-Vergleich stand haltende tatsächliche Aufgabenverlagerung.

(cc) Die im VersÄEinglG NRW verwendete Formulierung, dass tariflich Beschäftigte kommunalen Körperschaften "im Wege der Personalgestellung" zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt werden", und der Hinweis auf die im Gesetz erwähnten "Personalgestellungsverträge" (§ 1 Abs. 2, § 10) sagen nichts darüber aus, ob eine Personalgestellung im tariflichen Sinn vorliegt. Das Gesetz legt vielmehr dem Begriff der "Personalgestellung" ein genuin anderes Vorverständnis zugrunde und erweitert in § 10 Abs. 3 die von § 4 Abs. 3 TV-L abgedeckte Personalgestellung auf Konstellationen, in denen keine "Aufgabenverlagerung auf den Dritten" i. e. S. stattgefunden hat. So beschränkt sich § 4 VersÄEinglG NRW auf die Übertragung von Aufgaben des Sozialen Entschädigungsrechts auf die Landschaftsverbände und Anlage 2 "Verteilerschlüssel für den Aufgabenbereich Soziales Entschädigungsrecht" auf das gemäß "Verteilerschlüssel nach Gewichtung" für 206 Planstellen (Zielwert 186,00) auf den LVR überzuleitende Personal. In diesem Licht camoufliert die Personalzuordnung nach § 10 Abs. 3 VersÄEinglG NRW die Reklamation eines landesgesetzlich erweiterten Direktionsrechts, wenn - wie hier die Direktive des Landes an den Kläger, beim LVR in Köln zu arbeiten, - nicht von der vertraglichen Weisungsbefugnis (§ 106 GewO, § 4 Abs. 3 TV-L) gedeckt ist.

(dd) Schließlich lassen der tarifliche Wortlaut und Gesamtzusammenhang den Sinn und Zweck der Regelung erkennen, dass keine "Verlagerung" von Aufgaben vorliegt, wenn ein zusätzlicher Personalbedarf bei dem Dritten deshalb nicht entsteht, weil aus tatsächlichen Gründen die (bisherigen) Aufgaben des Beschäftigten bei dem Dritten nicht mehr anfallen oder dort von dem Beschäftigten aus anderen Gründen nicht ausgeübt werden können. Dann richtet sich das Verlangen des Arbeitgebers, "die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen", nicht auf eine durch Weiterarbeit gesicherte funktionelle Kontinuität, sondern auf den Abbau eines eigenen Personalüberhangs und gründet in der Bedienung von allgemeinem Personalbedarf des Dritten oder - wie hier - in der Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers, entweder dem Dritten Personal zu stellen oder ihm die Personalkosten für eigene Einstellungen zu erstatten.

d) Der Kläger war beim Versorgungsamt Essen nicht im Aufgabenbereich SER eingesetzt. Seine Aufgaben als Systemverwalter oder die seiner Abteilung sind gesetzlich nicht auf den LVR übertragen worden. Das VersÄEinglG NRW spricht eine Aufgabenverlagerung nur hinsichtlich der originären hoheitlichen Aufgaben der Versorgungsämter an. "Querschnittsaufgaben" i. c. der EDV-Systemverwaltung, mit deren Erledigung der Kläger als Systemverwalter im Versorgungsamt Essen befasst war, fallen zwar auch in den Kreisen und kreisfreien Städten, den Landschaftsverbänden und den Bezirksregierungen an (vgl. § 16 Abs. 1 bis 3 VersÄEinglG NRW). Sie sind aber, wie durch § 16 Abs. 4 i. V. m. § 10 Abs. 3 ff. VersÄEinglG NRW konzediert wird, nicht Gegenstand einer funktionellen Übertragung. Da die aufnehmenden Verwaltungen zur Erledigung von "Querschnittsaufgaben" eigene Organisationseinheiten unterhalten und diese Einheiten aufgrund ihrer personellen und sachlichen Ausstattung und Strukturierung einer Eingliederung der mit "Querschnittsaufgaben" in den Versorgungsämtern befassten Beschäftigten "zwecks kontinuierlicher Erledigung verlagerter Aufgaben" nicht bedürfen, geht es in § 10 Abs. 3 VersÄEinglG NRW folgerichtig darum, den "Personalüberhang" nach allgemeinen personalwirtschaftlichen und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten abzubauen.

e) Ergibt sich mithin aus § 10 Abs. 3 VersÄEinglG NRW keine "Aufgabenverlagerung" i. S. v. § 4 Abs. 3 TV-L, könnte allenfalls die tatsächliche Durchführung des Gesetzes zu der Feststellung führen, dass der Aufgaben- und Arbeitsbereich, dem der Beschäftigte im Versorgungsamt zugeteilt war, auf den Dritten verlagert worden ist. Das hätte im Streitfall das beklagte Land als Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen. Sein Sachvortrag ist in diesem Punkt ohne brauchbaren Tatsachenkern.

Dass der Kläger als einer von zwei Mitarbeitern der Systemverwaltung beim Versorgungsamt Essen dem Bereich SER wie auch den anderen Bereichen "zuarbeitete" und die Verlagerung des Bereichs SER zum LVR die Arbeitsaufgaben des dortigen IT-Bereich leicht vermehren dürfte, genügt nicht für eine "Aufgabenverlagerung". Das im Versorgungsamt verwendete SER-Fachprogramm wurde vom Rechenzentrum N. gewartet und verwaltet. Die Systemverwaltung des Versorgungsamtes hatte hierauf keinen Zugriff und war lediglich Ansprechpartner für die Beschäftigten. Damit machten die für den SER-Bereich zu leistenden Arbeiten nur einen geringen und untergeordneten Teil der von der Systemverwaltung zu leistenden Aufgaben aus und gaben ihnen keinesfalls das Gepräge. Der Umstand, dass der zum LVR überstellte Kläger dort von vornherein nicht als Systemverwalter eingesetzt oder für den IT-Bereich vorgesehen wurde, spricht indiziell ebenfalls gegen die vom beklagten Land behauptete "Aufgabenverlagerung". Wie bereits ausgeführt und vom Land bestätigt (Seite 14 des Schriftsatzes vom 13.07.2009), ging es dem Land darum, zur Vermeidung finanzieller Ausgleichszahlungen ("Nachersatz") dem nach dem "Verteilerschlüssel" (Anlage 2 VersÄEinglG NRW) beim LVR verbliebenen Personalunterhang (15 nicht besetzte Planstellen) zu begegnen.

In diesem Zusammenhang vermag das Land nicht mit dem Einwand zu reüssieren, dass dem Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts auch andere Tätigkeiten zugewiesen werden können, soweit sie den Merkmalen seiner Vergütungsgruppe entsprechen, und dass der Kläger daher Tätigkeitsveränderungen beim LVR hinzunehmen habe. Hierbei wird verkannt, dass § 4 Abs. 3 TV-L für die vorliegende Konstellation zusätzliche Voraussetzungen namentlich mit dem Merkmal der "Aufgabenverlagerung auf einen Dritten" aufstellt.

f) Ist die Überstellung des Klägers an den LVR in Köln aus den vorgenannten Gründen unwirksam, kann die Kammer offenlassen, ob sich eine etwaige Verfassungswidrigkeit des VersÄEinglG NRW auf die Überstellung auswirkt. Ansonsten wären folgende Erwägungen anzustellen:

(11) Ausgehend davon, dass der Gesamtvorgang der Personalgestellung nach § 10 Abs. 3 ff. VersÄEinglG NRW einer Rechtskontrolle der Einzelakte unterliegt (vgl. BAG 13.03.2007 - 9 AZR 417/06 - Juris Rn. 31 ff.), ist die Gesetzgebungskompetenz des beklagten Landes hinsichtlich der Überleitung von Körperschaften grundsätzlich nicht in Frage zu stellen (BAG 19.05.2009 - 9 AZR 241/08 - Juris Rn. 50, BAG 18.12.2008 - 8 AZR 660/07 - Juris Rn. 44). Allerdings könnte mit § 10 VersÄEinglG NRW das rechtsstaatliche Gebot der Gesetzesbestimmtheit verletzt und eine unzulässige dynamische Blankettverweisung auf Verwaltungsentscheidungen und den ministeriellen Zuordnungsplan vorgenommen worden sein (vgl. auch VG Düsseldorf 06.02.2009 - 13 K 5850/08 - Juris Rn. 56 ff., LSG Nordrhein-Westfalen 03.09.2008 - L 10 VG 20/03 - Juris Rn. 110, 18.08.2008 - 6 B 734/08 - Juris Rn. 13 ff., von Roetteken, Juris PR-ArbR 18/2008 Anm. 2).

(aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 19.06.2007 - 1 BvR 1290/05 - Juris Rn. 32/64) ist der Gesetzgeber zwar nicht gezwungen, Regelungstatbestände stets mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Er ist jedoch gehalten, seine Regelungen so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Bei der Frage, welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist auch die Intensität der Einwirkungen auf die Regelungsadressaten zu berücksichtigen. Die Rechtsunterworfenen müssen - spätestens nach Auslegung der einschlägigen Bestimmung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln - in zumutbarer Weise erkennen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die in der Rechtsnorm ausgesprochene Rechtsfolge vorliegen (ebenso Kammer 02.02.2009 - 12 Sa 486/06 - Juris Rn. 77 ff.).

(bb) Der Auffassung, dass an die Bestimmtheitsanforderungen verminderte Anforderungen zu stellen seien, wenn auf Innenrecht verwiesen werde und Verweisungsnorm und verwiesene Norm von der gleichen Körperschaft stammen (Wolff, Beamtenrechtliche Fragen der Kommunalisierung, S. 115, Text zu Fn. 47 f., http://www.im.nrw.de/imshop/shopdocs/Vortragsband_S208-2008-11-18.pdf), vermag die Kammer nicht zu folgen. Es besteht von Verfassung wegen keine Richtigkeitsgewähr für arbeitsrechtliches Handeln des öffentlichen Arbeitgebers. Auch wenn ihm mit der Bindung an Gesetz und Recht der Weg gewiesen wird, ist es doch so, dass der Wegweiser den Weg nicht gehen muss, den er weist.

(cc) Das VersÄEinglG NRW lässt es für die Überstellung von Beschäftigten entweder an das PEM oder an die "in §§ 11 bis 21 genannten kommunalen Körperschaften" an der Benennung von sachlichen Auswahlkriterien ebenso fehlen wie für den Zuordnungsplan. Mit der "Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange" (§ 10 Abs. 5 Satz 2 VersÄEinglG NRW) werden, wenn insoweit nicht an den Regelungsgehalt des § 106 GewO und die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG erinnert werden soll, der mögliche Inhalt und Gegenstand des Zuordnungsplans weder genügend deutlich bezeichnet noch abgegrenzt. Das Bestimmtheitsdefizit ist nicht harmlos, sondern - wegen der beträchtlichen Auswirkungen der Personalentscheidungen auf die Beschäftigten im Personalüberhang - gewichtig und virulent.

(22) Der gesetzliche Verweis auf den Zuordnungsplan kann auch nicht aus anderen Erwägungen als ausreichende Rechtsgrundlage für die Auswahl und Verteilung der Beschäftigten gemäß § 10 Abs. 3 VersÄEinglG NRW angesehen werden.

(aa)Nach Auffassung des LAG Hamm (14.08.2008 - 11 Sa 552/08 - Juris Rn. 119 ff.), der sich die 10. Kammer des LAG Düsseldorf angeschlossen hat (13.11.2008 - 10 Sa 632/08 - n. v., zu A II 2 b der Gründe), bietet der Zuordnungsplan mit dem Punkteschema und der abschließend im Ministerium durchgeführten Härtefallprüfung eine Billigkeits- und Gerechtigkeitsanforderungen genügende Grundlage für die Berücksichtigung der sozialen Belange der zuzuordnenden Tarifbeschäftigten, indem mit dem Lebensalter, der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, der familiären Situation und einer etwaigen Schwerbehinderung die zentralen sozialen Umstände in jeweils angemessener Relation einbezogen werden.

Von diesem Ausgangspunkt hat die Vorinstanz die Auswahl des Klägers für die Tätigkeit beim LVR nach dem angewendeten Punktesystem und den Maßstäben an einen (Entfernungs-)Härtefall gebilligt und gemäß dem Zuordnungsplan befunden, dass hiernach dem Kläger die Fahrstrecke zum LVR nach Köln zuzumuten sei. Für eine gegenteilige Annahme habe es der Kläger am substantiiertem Vorbringen fehlen lassen: Die ärztlichen Berichte seien nicht ausreichend spezifiziert, um gesundheitliche Beeinträchtigungen des Klägers (Herzschrittmacher, Hüftschaden/-schmerzen, Schwerhörigkeit, psychische Behandlungsbedürftigkeit) von solchem Gewicht anzunehmen, dass dem Kläger die tägliche Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Essen nach Köln und zurück nicht zuzumuten sei.

(bb) Die Kammer sieht dies anders.

Im Allgemeinen stellen Auswahlrichtlinien lediglich die Transparenz der angewendeten betrieblichen und sozialen Kriterien unter Gleichbehandlung der betroffenen Arbeitnehmer her, sind interne Entscheidungshilfe. Sie schränken hingegen die gerichtliche Kontrolle nicht ein. Hierfür bedarf es vielmehr einer vertraglich zulässigen Abdingung oder der normativen Wirkung von Tarifverträgen oder von Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen, damit Gewerkschaft oder betriebliche Arbeitnehmervertretung in den vom Gesetzgeber bezeichneten Regelungsmaterien den Schutz der Rechtsposition der Beschäftigten mit übernehmen können (vgl. BAG 06.09.2007 - 2 AZR 715/06 - Juris Rn. 34). Dann wird die gerichtliche Kontrolle begrenzt durch die Maxime, dass eine Angemessenheitskontrolle von Tarifverträgen nicht stattfindet und Dienstvereinbarungen nur einer abstrakten Billigkeitskontrolle unterliegen, wobei im Einzelfall auftretende unbeabsichtigte besondere Härten auszugleichen sind.

Der Zuordnungsplan hat keine normative Wirkung. Ungeachtet der Reichweite gesetzlicher Delegationen und der landesrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen sehen das VersÄEinglG NRW und das LPersVG NRW keine Mitbestimmung bei der Personalgestellung vor. Der Zuordnungsplan ist insbesondere kein Sozialplan und unterfällt nicht der Mitbestimmung nach § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW (zutr. LAG Hamm 26.03.2009 - 11 Sa 1639/08 - Juris Rn. 55). Die nachträglich ausgeübte und durch Einigungsstellenbeschluss am 18.04.2008 abgeschlossene Mitbestimmung ist insoweit bedeutungslos und erzeugt nicht die normative Wirkung einer Dienstvereinbarung nach § 70 LPVG NRW. Überdies lässt § 4 TV-L ergänzende Dienstvereinbarungen nicht zu, so dass hinsichtlich der Regelungsmaterie "Personalgestellung zu einem Dritten" die tarifliche Normsetzungsprärogative greift.

Schließlich kommt zu Gunsten des Landes nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 13.03.2007 - 9 AZR 417/06 - Juris Rn. 43) zum Zuge, wonach ein öffentlicher Arbeitgeber sich etwa gegenüber der Arbeitnehmervertretung verpflichten kann, bestimmte Maßnahmen, die Auswirkungen die Beschäftigte haben, nur entsprechend den eingegangenen Verpflichtungen durchzuführen. Diese Verpflichtung erzeugt lediglich eine zugunsten der Beschäftigten wirkende vertragliche Selbstbindung des öffentlichen Arbeitgebers (BAG 11.10.1995 - 5 AZR 1009/94 - Juris Rn. 27).

(33) Eine landesgesetzliche Erweiterung des Direktionsrechts verbietet sich ohnehin wegen der bundesgesetzlichen Regelung in § 106 GewO und würde außerdem einen unzulässigen Eingriff in die Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) bedeuten.

(44) Nach allem spricht manches dafür, dass das "Verlangen des Arbeitgebers" (§ 4 Abs. 3 Satz 1 TV-L), i. c. die Überstellung des Klägers zum LVR, nicht rechtmäßig war.

4. Das arbeitsvertragliche Direktionsrecht des Landes umfasst nicht die Befugnis, den Kläger von Essen nach Köln zu versetzen.

a) § 4 Abs. 3 TV-L erweitert das arbeitsvertragliche Direktionsrecht lediglich hinsichtlich der Überstellung der Beschäftigten zu einem Dritten. Auch wenn mit der Personalgestellung häufig ein Wechsel des Arbeitsortes oder eine Änderung der Lage der Arbeitszeit verbunden ist, wird in diesen Punkten das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht erweitert. Vielmehr belässt die Tarifnorm es dabei, dass vom Arbeitnehmer bei dem Dritten "die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen ist", und geht davon aus, dass die Beschäftigung in einem Betrieb "außerhalb des bisherigen Arbeitsortes" durch eine Versetzung zu bewirken ist (§ 4 Abs. 1 Satz 2 TV-L). Demgegenüber würde die These, dass § 4 Abs. 3 TV-L dem Arbeitgeber mit der Personalgestellung gleichzeitig erweiterte Versetzungsbefugnisse zugestehe, die schon gespenstische Vorstellung implizieren, dass die so erweiterten Befugnisse tariflich nicht mit Zumutbarkeitsgrenzen versehen und daher grenzenlos wären.

Gemäß diesen Vorgaben bestimmt sich die Verpflichtung des Arbeitnehmers, bei einem Dritten zu arbeiten, nach § 106 GewO. Hiernach ist die Verlegung des Arbeitsortes überhaupt nur im Rahmen dessen gestattet, was der Arbeitnehmer billigerweise hinzunehmen hat. Maßgebend ist vornehmlich die "Erreichbarkeit" des neuen Arbeitsortes vom bisherigen Beschäftigungsort oder Wohnort. Die Zumutbarkeit des Arbeitsortswechsels hängt somit ab von dem zusätzlichen Zeitaufwand und den Kosten entweder bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder bei Nutzung eines Privatfahrzeuges, falls der Arbeitnehmer hiermit den Weg zur Arbeitsstelle bereits bisher zurückgelegt hat und ihm der Einsatz des Privatfahrzeuges sowie mit dem neuen Arbeitsort verbundene längere Fahrtzeiten zumutbar sind.

Dabei kann nicht ohne weiteres auf § 121 Abs. 4 SGB III, der einem mit mehr als 6 Stunden Beschäftigten eine tägliche Fahrzeit von insgesamt bis zu 2,5 Stunden zumutet, zurückgegriffen werden, denn diese Vorschrift verfolgt arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen. Immerhin reflektiert und prägt sie die üblichen Vorstellung dessen mit, was regelmäßig als äußerste "Entfernungsgrenze" anzusehen ist (vgl. AnwK-ArbR/Boecken, § 106 GewO Rn. 17).

Stellt man für das Direktionsrecht auf die Gemeinde, in der der Arbeitsplatz gelegen ist, einschließlich ihres Einzugsgebiets im umzugsrechtlichen Sinne ab (vgl. BAG 22.01.2004 - 1 AZR 495/05 - Juris Rn. 19), ist nach § 23 Abs. 4 TV-L

i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzungen und Abordnungen im Inland (TGV NRW) die tägliche Rückkehr zum Wohnort ist in der Regel nicht zuzumuten, wenn beim Benutzen regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel die Abwesenheit von der Wohnung mehr als zwölf Stunden oder die benötigte Zeit für das Zurücklegen der Strecke zwischen Wohnung und Dienststätte und zurück mehr als drei Stunden beträgt.

b) Vorliegend ist es so, dass für den Kläger, der öffentliche Verkehrsmittel benutzt, nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen (Seite 4 des Schriftsatzes v. 06.10.2008) eine Wegezeit nach Köln von täglich 3,5 Stunden anfällt. Diese Wegezeit überschreitet das zumutbare Maß (vgl. LAG Niedersachsen 04.05.2009 - 9 Sa 882/08 - Juris Rn. 26, LAG Hamm 24.05.2007 - 8 Sa 51/07 - Juris Rn. 27, APS/Künzl, § 2 KSchG Rn. 62). Dies gilt jedenfalls aufgrund der Behinderungen des Klägers, auf die das Land gemäß § 106 Satz 3 GewO Rücksicht zu nehmen hat. Der Arbeitgeber muss - wenn entsprechende Anhaltspunkte vorliegen - deshalb bei seiner Versetzungsentscheidung prüfen, ob auf Grund der Abordnung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erhebliche Beeinträchtigungen der Gesundheit drohen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen 21.05.2008 - 6 B 259/08 - Juris Rn. 4 f.).

(11) Die beim Kläger gegebenen gesundheitlichen Einschränkungen sind so geartet, dass mit der zeitlichen Belastungsdauer Beeinträchtigungen, Beschwerden und Risiken graduell zunehmen und ihm hiernach zusätzlich zur täglichen Arbeitszeit Wegezeiten von 3,5 Stunden nicht zugemutet werden können.

Diese Schlussfolgerung ergibt sich bereits aus den von der Vorinstanz diskutierten ärztlichen Berichten, namentlich aus dem Entlassungsbericht der Hohenfeld-Klinik vom 09.09.2008 (Bl. 252 GA), dem Attest des Facharztes für Nervenheilkunde K. vom 11.01.2008 (Bl. 253 GA), dem Ambulanzbericht des Alfried Krupp Krankenhauses (Prof. Dr. K.) vom 17.10.2007 (Bl. 259 GA), dem Attest des Facharztes für Chirurgie Dr. M vom 14.01.2008 (Bl. 2261 GA) sowie der fachärztlichen Bescheinigung des Facharztes Dr. N. vom 11.02.2008 (Bl. 263 GA) und findet, auch für die Vergangenheit und angesichts des Umstandes, dass dem Kläger nach einem GdB von 80 (bis 20.05.2005), einem GdB von 60 (bis 30.07.2008) und seither wieder ein GdB von 80, jeweils mit dem Merkzeichen RF, zuerkannt ist, eine Bestätigung in dem Sozialmedizinischen Gutachten des MDK Nordrhein vom 03.12.2008 (Bl. 490 GA) sowie in der Vertrauensärztlichen Stellungnahme des Gesundheitsamtes der Stadt Essen vom 11.03.2009 (Bl. 487 GA). Dem Land sind die ärztlichen Berichte bekannt. Indem es sie nur pauschal und unqualifiziert bestritten hat (Seite 26 ff. der Berufungsbeantwortung), ist es seiner Darlegungs- und Beweislast nach § 106 GewO nicht nachgekommen. Wenn es zu dem Sozialmedizinischen Gutachten vom 03.12.2008 und der Vertrauensärztlichen Stellungnahme der Stadt Essen vom 11.03.2009 in der Verhandlung vor der Kammer bemerkt hat, dass es die Prüfung der Dienstfähigkeit des Klägers für die Auswärtstätigkeit in Köln noch nicht abgeschlossen habe, übersieht es, dass es sich im Hinblick auf den Zeitablauf auf die Verzögerung nicht berufen kann und allemal die ärztlichen Berichte in der Gesamtschau aussagekräftig sind und die Feststellung tragen, dass dem Kläger eine dauerhafte Auswärtstätigkeit in Köln nicht zumutbar ist.

Zu dem angegeben Hüftschaden hat die Vorinstanz dem Kläger vorgehalten, sich nicht auf Beschwerden berufen zu können, die durch eine anempfohlene, aber bisher von ihm abgelehnte Hüftoperation behoben werden könnte. Dieser Vorhalt ist schon deshalb unbeachtlich, weil "unzumutbare" Hüftschmerzen, die unter der körperlichen Belastung, wie sie mit einem langen Hin- und Rückweg verbunden ist, überdies zuzunehmen pflegen, nicht wegen der unterlassenen ärztlichen Behandlung auf einen "zumutbaren" Schmerzgrad fallen. Zudem ist die Entscheidung des Klägers, sich nicht operieren zu lassen, nach Lage der Dinge zu akzeptieren, denn neben den allgemeinen Operationsrisiken, die beim Kläger aufgrund der Herzerkrankung und des Herzschrittmachers erhöht sind, besteht - zumal mit Blick auf das Lebensalter des Klägers - die Ungewissheit, ob die Operation von nachhaltigem Erfolg ist.

Zu der psychiatrisch angenommenen Notwendigkeit, gesundheitsfördernde und depressionsprophylaktische Aktivitäten zu ergreifen, hat die Vorinstanz ausgeführt, dass der Kläger nicht ansatzweise dargelegt habe, dass bei einer Beschäftigung in Köln solche Aktivitäten von ihm nicht wahrgenommen werden könnten. Das Land hat nachgetragen, dass dem Kläger auch am Arbeitsort in Köln ausreichend qualifizierte Mediziner etc. zur Verfügung stünden. Beide Einwände greifen nach Einschätzung der Kammer zu kurz. Eine psychotherapeutische Behandlung und Sitzung oder die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe nach Dienstschluss ist in Köln zwar genauso gut (oder schlecht) zu ermöglichen wie in Essen. Wenn man den Zeitaufwand für die zusätzliche Wegstrecke zur Arztpraxis, Wartezeiten und die gewöhnliche Dauer einer Behandlung bedenkt und die Zeitdauer des Rückwegs von Köln nach Essen einbezieht, liegt freilich auf der Hand, dass der Kläger erst in den späten Abendstunden wieder zu Hause sein würde. Am anderen Arbeitstag müsste der Kläger vor 6:09 Uhr auf dem Bahnsteig des Hauptbahnhofs Essen stehen, um den Zug nach Köln rechtzeitig zu erreichen (Bl. 279 GA). Die ihm verbleibende häusliche Ruhezeit erachtet die Kammer für deutlich zu kurz.

In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob laut Routenplaner die Fahrtstrecke zwischen dem Wohnort/Dienstort Essen und dem Einsatzort Köln bei ca. 73 km liegt. Das beklagte Land kann von dem Kläger nicht erwarten, dass er mit einem privaten Pkw die täglichen Fahrten zurücklegt.

Auf den Gesichtspunkt, dass - vorübergehend - die Trennungsentschädigung die Fahrtkosten abdeckt, braucht hier nicht weiter eingegangenen zu werden, weil - wie ausgeführt - schon wegen der langen Wegezeiten die Versetzung nach Köln den Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsvertrages überschreitet.

c) Das Interesse des Klägers, nicht in Köln zu arbeiten, überwiegt signifikant das gegenläufige Interesse des Landes.

Das Interesse des Landes, den Kläger beim LVR in Köln einsetzen zu können, ergibt sich unmittelbar aus dem VersÄEinglG NRW, der Auflösung (auch) des Versorgungsamtes Essen (§ 16) und der Notwendigkeit, die Beschäftigten anderen Teilen der Landesverwaltung oder "Dritten" zuzuteilen. Soweit die Übertragung von spezifischen Aufgaben der Versorgungsverwaltung im Schwerbehindertenrecht, der Kriegsopferfürsorge, im sozialen Entschädigungsrecht, nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, nach dem Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit, bei arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Förderprogrammen und sonstigen Aufgaben i. S. v. § 8 in Rede steht, geht zur Gewährleistung einer kontinuierlichen effizienten Erfüllung dieser Aufgaben das berechtigte Interesse des Landes dahin, die bereits in den Versorgungsämtern hiermit befassten Beschäftigten ihrer Arbeitsaufgabe folgen zu lassen, also mit diesem Funktionsbezug den kommunalen Körperschaften oder den Landschaftsverbänden zuzuweisen. Das Interesse ist von Gewicht, weil diese Aufgaben als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrzunehmen sind.

Für die mit "Querschnittsaufgaben" (Allgemeine Verwaltung, IT-Bereich usw.) befassten Beschäftigten der Versorgungsämter und damit für den Kläger besteht kein gleichartiger Einsatzbedarf, weil - wie bereits angesprochen - die Körperschaften und Bezirksregierungen hier über eigene Organisationseinheiten mit eigenem Personal verfügen und aus mancherlei Gründen die Beschäftigten der Versorgungsämter nicht funktionsgleich einsetzen können. Dieser Einsicht trägt § 10 Abs. 3 VersÄEinglG NRW Rechnung. Das Interesse des Landes, diese Beschäftigten unterzubringen, gründet darin, Personalüberhänge und -unterhänge auszugleichen und die Leistung finanziellen Nachersatzes zu vermeiden. Mit der Zuweisung des Klägers vermied das Land für eine Stelle die Zahlung von Nachersatz. Damit gedachte es gleichzeitig, seiner Beschäftigungspflicht gegenüber dem Kläger nachzukommen.

In diesem Zusammenhang ist dem Land zugute zu halten, dass die Auflösung der Versorgungsverwaltung und Unterbringung der Beschäftigten komplexe und diffizile Problemstellungen sowohl tatsächlicher als auch rechtlicher Art gezeitigt hat. Es kann überdies nachhaltige Anstrengungen erfordern, einen Beschäftigten wie den Kläger ortsnäher z. B. in einer anderen Dienststelle des Landes einzusetzen. Insoweit können das Lebensalter des Beschäftigten, die mit dem Alter abnehmende Anpassungselastizität, eine geringere gesundheitliche Belastbarkeit, Eignungs- und/oder Leistungsschwächen, fehlender Bedarf an der beruflichen Qualifikation und dem erworbenem Erfahrungswissen oder begrenzte und aufwändige Weiterbildungsmöglichkeiten eine Rolle spielen. Anderseits ist es Sache des Landes, wenn es bei Schaffung einer neuen Verwaltungsstruktur nicht ausreichend berücksichtigt hat, ob eine genügende Zahl geeigneter und freier Arbeitsplätze in der Nähe der aufgelösten Verwaltungseinheit (und damit regelmäßig in Wohnortnähe) angeboten werden kann, und wenn es sich, weil es von Kündigungen oder Änderungskündigungen absehen wollte, auf die Ausübung eines vermeintlichen Direktionsrechtes, das die Versetzung an entfernte, nur mit langen Wegezeiten verbundenen Arbeitsorten impliziert, verlassen hat. Insoweit sind die maßgebenden Planungsparameter für das beklagte Land keine grundlegend anderen als für jeden anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber.

(22) Die gebotene gerichtliche Ausübungskontrolle nach § 106 GewO (Hromadka, RdA 2003, 238, Preis/Greiner, ZTR 2006, 293) hat zum Ergebnis, dass die Überstellung billigem Ermessen nicht gerecht wird, weil das Land seine Interessen einseitig und unangemessen übergewichtet und das gegenläufige Interesse des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Selbst wenn man die auf den Zuordnungsplan und das Punkteschema basierende Auswahlentscheidung des beklagten Landes, aufgrund der der Kläger zu dem LVR in Köln überstellt wurde ist, vom Ansatz her nicht beanstandet, ist die Überstellung des Klägers zum LVR nach Köln unbillig und daher unwirksam. Das Land hat seine Interessen signifikant übergewichtet und dem Umstand, dass dem schwerbehinderten Kläger tägliche Wegezeiten von ca. 3,5 Stunden überbürdet werden, unzulänglich gewürdigt.

Dabei kann sich das Land nicht auf die praktizierte Härtefallprüfung und deren für den Kläger negatives Ergebnis zurückziehen. Auch bei einer eingeschränkten Billigkeitskontrolle muss auf im Einzelfall vorliegende Härten Rücksicht genommen werden. Diesem Postulat kann der Arbeitgeber sich nicht dadurch entziehen, dass er die Härtefälle quantitativ eingrenzt und damit trotz vorliegender Härten für weitere Mitarbeiter die Anerkennung eines Härtefalls nur den Mitarbeitern zukommen lässt, die die vom Arbeitgeber hierfür präsumierten, möglicherweise überhöhten qualitativen Voraussetzungen erfüllen.

5. Die von dem beklagten Land verfügte Überstellung des Klägers an den LVR in Köln erweist sich erst recht als unbillig, wenn man die Erhöhung des GdB von 60 auf 80 ab 31.07.2008 und die Eheschließung am 22.05.2009 einbezieht. Beide Umstände wirken sich im Rahmen des § 106 GewO zu Gunsten des Klägers aus, denn der Arbeitgeber muss auf gesundheitliche Einschränkungen, namentlich Behinderungen, ebenso Rücksicht nehmen wie auf familiäre Belange (ErfK/Preis, 9. Aufl., § 106 GewO Rn. 9, Preis, Arbeitsrecht, 3. Aufl., S. 327, Hunold, AR-Blattei SD, Direktionsrecht, Rn. 232/238, Görg/Guth/Hamer/Pieper, § 4 TVöD-AT Rn. 25).

Die neue Sachlage ist nach Dafürhalten der Kammer zu berücksichtigen. Zwar ist auf die Interessenlage der Parteien im Zeitpunkt der Ausübung des Direktionsrechts abzustellen, wenn Streitgegenstand die Billigkeitskontrolle des in der Vergangenheit ausgeübten und so tatsächlich und rechtlich in Gegenwart fortwirkenden Bestimmungsrechts ist. Ist hingegen Streitgegenstand die Arbeitspflicht im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, hat das Gericht einzubeziehen, ob eine zunächst rechtmäßig erteilte Weisung aufgrund geänderter Umstände nicht mehr vom arbeitsvertraglichen Direktionsrecht gedeckt und die Gehorsamspflicht des Arbeitnehmer entfallen ist (vgl. Hunold, a. a. O. Rn. 305). Der Feststellungsantrag des Klägers zielt darauf ab, die Verpflichtung zu klären, gegenwärtig und künftig in Köln zu arbeiten.

C. Die Kostentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 (§ 516 Abs. 3 Satz 1) ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG.

Die Kammer hat der klärungsbedürftigen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zugemessen und deshalb ist für das Land gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen. Es geht um die Auslegung des § 4 Abs. 3 TV-L nach den Maßstäben einer verfassungsorientierten Tarifkontrolle. Die Sache ist ganz eng. Denn weder für den öffentlichen Dienst noch für die Privatwirtschaft ist bisher höchstrichterlich geklärt, ob und unter welchen Bedingungen Tarifverträge den Arbeitgeber zur Personalgestellung berechtigen können (näher: BAG 15.02.2007 - 9 AZR 474/05 - zu II 3 der Gründe).

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten

R E V I S I O N

eingelegt werden.

Für den Kläger ist gegen dies Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim

Bundesarbeitsgericht

Hugo-Preuß-Platz 1

99084 Erfurt

Fax: 0361 2636 2000

eingelegt werden.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1. Rechtsanwälte,

2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.

Eine Partei die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

Dr. PlümDr. Offermanns Wüst