LAG Hamm, Urteil vom 12.02.2008 - 14 Sa 1578/07
Fundstelle
openJur 2011, 53031
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 Ca 684/07
  • nachfolgend: Az. 5 AZR 486/08

Es verstößt weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen das

Maßregelungsverbot, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmer von einer freiwilligen Lohnerhöhung ausschließt, weil sie zu besseren Arbeitsbedingungen, die ein höheres Jahresentgelt zur Folge haben, beschäftigt werden und die den anderen Arbeitnehmern gewährte Lohnerhöhung die Vergütungsdifferenz verringern soll.

Dies gilt auch dann,

a) wenn die unterschiedlichen Bedingungen darauf beruhen, dass die schlechteren

Arbeitsbedingungen zwischen dem Arbeitgeber und den von den Lohnerhöhung

begünstigten Arbeitnehmern durch den Abschluss eines neuen Standardarbeitsvertrages zuvor vereinbart worden waren,

b) wenn die Lohnerhöhung den von ihr grundsätzlich ausgenommenen Arbeitnehmern unter der Bedingung angeboten wird, dass sie den Standardarbeitsvertrag mit den schlechteren Arbeitsbedingungen für die Zukunft abschließen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 31. Juli 2007 (3 Ca 684/07) wird auf seine Kosten bei unverändertem Streitwert zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Weitergabe einer Lohnerhöhung ab dem 1. Januar 2007 unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 24. Juli 1995 als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Sein Stundenlohn beträgt seit dem Jahr 2003 unverändert 12,13 € brutto. Des Weiteren zahlt die Beklagte jeweils monatlich an ihn vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 26,60 € brutto sowie eine Kontoführungsgebühr in Höhe von 1,30 € brutto. Der Kläger hat einen Anspruch auf 30 Urlaubstage im Kalenderjahr. Die Beklagte zahlt darüber hinaus ein zusätzliches Urlaubsgeld von 50 % des Urlaubsentgelts.

Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Bei ihr besteht ein Betriebsrat. Ende 2003/Anfang 2004 beschäftigte sie ca. 300 Mitarbeiter. Zurzeit sind es etwa 350 bis 400 Beschäftigte.

Aufgrund einer von ihr behaupteten wirtschaftlich schwierigen Lage bot sie 2003/2004 ihren Mitarbeitern einen neuen Standardarbeitsvertrag an, der für die Beschäftigten ungünstigere Bedingungen enthielt. Statt 30 Tage Jahresurlaub werden nur noch 25 Tage gewährt. Die bisherigen Ansprüche auf Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 50 % des Urlaubsentgelts, vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 26,60 € monatlich und Kontoführungsgebühren von 1,30 € monatlich sind entfallen. Die Mehrheit der Mitarbeiter unterzeichnete die Arbeitsverträge. 14 Arbeitnehmer, darunter der Kläger, erklärten sich nicht mit den neuen Arbeitsverträgen einverstanden und werden nach den bisherigen Bedingungen weiter beschäftigt.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2006 (Bl. 4 d.A.) teilte die Beklagte den Mitarbeitern mit, dass sie ab 1. Januar 2007 eine Lohnerhöhung von 2,5 % auf den Ecklohn bzw. eine Gehaltserhöhung von 2,5 % auf die Monatsgrundvergütung den Mitarbeitern gewähre, die die neuen Arbeitsverträge unterzeichnet hätten. Den Mitarbeitern, die noch die alten Arbeitsverträge hätten, werde das Angebot unterbreitet, an dieser Lohnerhöhung ebenfalls teilzunehmen, sofern sie den neuen Arbeitsvertrag unterzeichneten.

Der Kläger unterzeichnete den neuen Arbeitsvertrag nicht. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass auch unter Berücksichtigung der Lohnerhöhung von 2,5 % dem Kläger bei Geltung des neuen Arbeitsvertrags ein geringeres Jahresentgelt zustehen würde als bei Fortgeltung des alten Arbeitsvertrags. Nach den Berechnungen der Beklagten beträgt die Differenz ohne das Urlaubsentgelt für die zusätzlichen Tage Urlaub rund 1.280,00 €, unter Berücksichtigung des für den zusätzlichen Urlaubszeitraum gezahlten Entgelts rund 1.790,00 € brutto.

Der Kläger hat mit seiner am 13. März 2007 erhobenen Klage die Zahlung einer 2,5 -%igen Lohnerhöhung ab 1. Januar 2007 geltend gemacht. Für die Monate Januar 2007 bis März 2007 verlangt er die Zahlung von 143,40 € brutto. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Verfahrensweise der Beklagten gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und im Übrigen eine unzulässige Maßregelung darstelle. Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, dass sie berechtigt sei, die Gehaltserhöhung lediglich den Mitarbeitern mit den neuen Arbeitsverträgen zu gewähren, weil die Lohnerhöhung dazu diene, die Gehaltsdifferenz abzuschmelzen, die zu den Mitarbeitern mit den alten Arbeitsverträgen bestünde. Eine Weitergabe der Lohnerhöhung würde den Lohnabstand vergrößern.

Von einer weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers ergebe sich nicht aus einer Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, weil für die Differenzierung ein sachlicher Grund bestehe. Die von der Beklagten vorgenommene Gruppenbildung diene der Angleichung der Vergütungshöhe der Mitarbeiter mit neuen Arbeitsverträgen an diejenige der Mitarbeiter mit alten Arbeitsverträgen. Aus diesem Grund scheide auch eine Verletzung des Maßregelungsverbots gemäß § 612 a BGB aus. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Urteil ist dem Kläger am 17. August 2007 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 3. September 2007 eingelegte und zugleich begründete Berufung.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Angleichung der Unterschiede zwischen den beiden Entgeltsystemen keinen sachlichen Grund darstelle, ihm die prozentuale Lohnerhöhung zu verweigern. Diese Gestaltungsmöglichkeit könne einem Arbeitgeber zugebilligt werden, wenn ihm dasjenige Entgeltsystem, durch den ein Teil seiner Belegschaft gegenüber dem anderen Teil besser gestellt werde, gewissermaßen aufgezwungen werde. Habe sich der Arbeitgeber nämlich nicht selbst dafür entschieden, im Rahmen unterschiedlicher Entgeltsysteme einen Teil der Arbeitnehmer grundlegend besser zu behandeln als den anderen Teil, so liege es in der Tat in seinem schützenswerten und deshalb legitimen Interesse, eine Angleichung der Entgeltsysteme zu bewirken. Dies sei z. B. der Fall, wenn die besseren Entgeltbedingungen eines Teils der Belegschaft ausschließlich eine, vom Willen des Arbeitgeber unabhängige Folge der Regelung in § 613 a Abs. 1 BGB sei. Im vorliegenden Fall sei die Gewährung der bisherigen Leistung an den Kläger und die übrigen Mitarbeiter Folge arbeitsvertraglicher Verpflichtungen, die die Beklagte damals eingegangen sei. Auch der Abschluss neuer Arbeitsbedingungen auf der Basis des Standardarbeitsvertrags in 2003/2004 habe damals in der freien Entscheidung der Beklagten sowie der Arbeitnehmer, die sich hierauf eingelassen hätten, gestanden. Die entscheidende Ursache für die Entstehung unterschiedlicher Entgeltsysteme habe die Beklagte gesetzt und diese Entwicklung in Kauf genommen. Unter diesen Umständen sei kein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an der Angleichung der Entgelte zu erkennen. Im Übrigen liege angesichts des Inhalts des Schreibens vom 8. Dezember 2006 eine unzulässige Maßregelung des Klägers durch die Verweigerung der Lohnerhöhung vor. Die angekündigte Entgelterhöhung sei unmittelbar an die Bedingung des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrags geknüpft.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 31. Juli 2007 – 3 Ca 684/07 – abzuändern.

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 143,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 51,-- € brutto seit dem 1. Februar 2007, aus weiteren 43,56 € brutto seit dem 1. März 2007 und aus weiteren 48,84 € brutto seit dem 1. April 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Frage der Lohngerechtigkeit und damit auch der Gleichbehandlung sich nicht danach beantworte, auf welchen Umständen die unterschiedlichen Vergütungssysteme beruhten. Gleichbehandlung sei abstrakt und losgelöst von den Ursachen einer Gleich- oder Ungleichbehandlung zu bewerten. Es komme lediglich auf die Existenz eines sachlichen Grunds an. Im Übrigen werde im Falle des Betriebsübergangs dem Betriebserwerber das im übernommenen Betrieb bestehende Entgeltsystem nicht aufgezwungen. Dies sei zwar Rechtsfolge des § 613 a BGB, ändere aber nichts daran, dass grundsätzlich ein rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang zugrunde liege, an dem jeder Betriebsübernehmer mitzuwirken habe. Eine Maßregelung scheide aus, weil die Beklagte dem Kläger sanktionslos die Möglichkeit offeriert habe und weiterhin anbiete, zu exakt den gleichen Zukunftsbedingungen das Arbeitsverhältnis nach Annahme des Angebots weiterzuführen mit der Folge, dass der Kläger für die Vergangenheit die Vorteile des alten Vertrags für sich endgültig vereinnahmen könne und für die Zukunft den anderen Arbeitnehmern gleichgestellt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts Herne vom 4. April 2007 und 31. Juli 2007 sowie der Sitzung des Landesarbeitsgerichts vom 12. Februar 2008 Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Dem Kläger steht keine Lohnerhöhung um 2,5 % ab 1. Januar 2007 auf seinen Ecklohn zu. Ein solcher Anspruch folgt weder aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB.

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei der Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007 – 5 AZR 420/06 = AP Nr. 204 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urt. v. 31. August 2005 – 5 AZR 517/04 = AP Nr. 288 zu § 613 a BGB; Urt. v. 29. September 2004 – 5 AZR 43/04 = AP Nr. 192 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer (vgl. BAG, Urt. v. 31. August 2005, a.a.O.; Urt. v. 29. September 2004, a.a.O.) sowie eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.).

a) Im Bereich der Vergütung, also der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (vgl. BAG, Urt. v. 26. September 2007 – 10 AZR 569/06 = NZA 2007, S. 1424 ; Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.; Urt. v. 29. September 2004, a.a.O.). Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt noch nicht den Schluss auf eine Gruppenbildung, diese setzt vielmehr eine Besserstellung nach einem oder mehreren Kriterien voraus, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG, Urt. v. 29. September 2004, a.a.O.). Liegt eine Gruppenbildung vor, müssen die Differenzierungsgründe, d. h. die Gründe für die Ungleichbehandlung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen (vgl. BAG, Urt. v. 21. August 2007 – 3 AZR 269/06 = MDR, 2008, Seite 32 ). Der Arbeitgeber hat die Gründe für die Differenzierung offenzulegen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (vgl. BAG, Urt. v. 26. September 2007, a.a.O.; Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.).

Im Falle einer freiwilligen Vergütungserhöhung findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell anhebt. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer und Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Dabei ist nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.; Urt. v. 11. September 1985 – 7 AZR 371/83 = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Soweit sich der Arbeitgeber an eine von ihm selbst gesetzte und aus seinem tatsächlichen Verhalten erkennbare Regelung bei der Gehaltserhöhung gebunden hat, kann er hiervon nur aus sachlichen Gründen abweichen. Dies kann sich auch auf einen Teil der Erhöhung beziehen. Selbst in unterschiedlichen, u. a. nach Leistungsgesichtspunkten bemessenen Lohn- oder Gehaltserhöhungen kann angesichts des Anstiegs der Preise und Gehälter in den Erhöhungsbeträgen eine lineare Komponente enthalten sein. Von einem derartigen Grundbetrag darf der Arbeitnehmer nur unter Beachtung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeschlossen werden (vgl. BAG, Urt. v. 15. November 1994 – 5 AZR 682/93 = AP Nr. 121 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urt. v. 11. September 1985, a.a.O.). Allerdings kann der Arbeitgeber auch bei der Gewährung eines Inflationsausgleichs aus sachlichen Gründen differenzieren, welcher Arbeitnehmergruppe er diesen zukommen lässt und welcher nicht. Ein solcher Grund besteht, wenn mit der Beschränkung der Leistung auf eine bestimmte Gruppe ein weitergehender Zweck verbunden ist wie z. B. eine Angleichung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.). Dabei ist die Geltung verschiedener Vertragsmodelle lediglich ein formeller Gesichtspunkt und ersetzt nicht den sachlichen Grund für die Differenzierung. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall ist die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung bei der Gewährung der Lohnerhöhung an die Arbeitnehmer mit dem neuen Standardarbeitsvertrag einerseits, den bis 2003/2004 geltenden Arbeitsbedingungen andererseits sachlich gerechtfertigt.

aa) Die Beklagte hat freiwillig eine generelle betriebseinheitliche Lohnerhöhung gewährt, jedoch bei der Bestimmung des Kreises der Berechtigten ohne Weiteres erkennbar danach unterschieden, zu welchen arbeitsvertraglichen Bedingungen diese beschäftigt werden. Insoweit existieren seit 2003/2004 zwei unterschiedliche Arbeitsvertragsmodelle. Im Unterschied zu dem, dass der Kläger mit 13 weiteren Mitarbeitern hat, verfügen die übrigen Mitarbeiter der Beklagten nicht über Nebenleistungsansprüche wie längeren Urlaub, zusätzliches Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen und Kontoführungsgebühr. Ob es sich hierbei bereits um ein Vergütungssystem handelt oder lediglich um die nicht unübliche Situation, dass im Laufe der Zeit je nach der wirtschaftlichen Lage des Betriebs und des Arbeitsmarktes unterschiedliche vertragliche Bedingungen nebeneinander für gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit bestehen (vgl. dazu BAG, Urt. v. 26. September 2007, a.a.O., S. 1425), kann offen bleiben. In beiden Fällen ist zu prüfen, ob ein sachlicher Grund für die Herausnahme einer Arbeitnehmergruppe mit einem bestimmten Arbeitsvertragsmodell und daraus resultierenden unterschiedlichen vertraglichen Bedingungen besteht (vgl. BAG, Urt. v. 26. September 2007, a.a.O., S. 1425 f.; Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.).

bb) Ein sachlicher Grund für die Differenzierung bei der Weitergabe einer Entgelterhöhung, welche einem Inflationsausgleich dient, kann in der Anpassung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen der begünstigten Arbeitnehmergruppe einerseits, der benachteiligten Arbeitnehmergruppe andererseits liegen. Die Herstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen durch den Ausgleich von Nachteilen und die Angleichung der Bedingungen rechtfertigt eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Gruppen. Das Bestehen unterschiedlicher Arbeitsbedingungen in einem Betrieb kann zu vielfältigen Problemen führen und die Zusammenarbeit der Arbeitnehmer erschweren. Die Angleichung ist selbst dann legitim, wenn sie durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zwingend gefordert wird.

Diese für den Fall der Entstehung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen in einem Betrieb durch einen Betriebsübergang aufgestellten Grundsätze (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, sind auf den vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Klägers zu übertragen. Es kommt nicht darauf an, dass die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen Folge der von der Beklagten in den Jahren 2003/2004 verfolgten Strategie sind, durch den Abschluss von neuen Standardarbeitsverträgen bestimmte Vergütungsbestandteile bzw. Zusatzleistungen zwecks Kostenersparnis nicht mehr zu leisten. Sie hat dadurch zwar die Ursache für die Entstehung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen in ihrem Betrieb gesetzt. Das schließt es jedoch nicht aus, die dadurch bedingten Unterschiede zwischen der Belegschaft mit den neuen Arbeitsverträgen und der Belegschaft mit den alten Arbeitsverträgen in der Form auszugleichen, dass eine Lohnerhöhung nur an die Gruppe mit den neuen Standardarbeitsverträgen, die schlechtere Bedingungen enthalten, gewährt wird. Auch durch einen Betriebsübergang wird dem Arbeitgeber nicht ein bestimmtes Entgeltsystem aufgezwungen. Er ist in der Lage vorher zu entscheiden, ob er den Betrieb mit dem andersartigen Entgeltsystem übernimmt und die Belegschaft sodann in seinen Betrieb eingliedert. Dies beruht auf einer Entscheidung des Arbeitgebers und damit auf einem Willensentschluss, wie nicht zuletzt die Tatsache zeigt, dass ein Betriebsübergang nur aufgrund eines Rechtsgeschäfts, d. h. auch aufgrund rechtsgeschäftlicher Handlungen des Arbeitgebers als Erwerber erfolgen kann. Der vom Kläger angenommene Unterschied zu der Situation im Betrieb der Beklagten, wo aufgrund eines gemeinsamen Willensentschlusses, wenn auch unter dem Druck der von der Beklagten verkündeten schlechten wirtschaftlichen Situation, sie sich mit ihren Arbeitnehmern auf den Abschluss anderer ungünstigerer Arbeitsbedingungen einigt, besteht nicht.

Voraussetzung für die zulässige Differenzierung in diesem Sinne ist allerdings, dass eine Besserstellung tatsächlich besteht. Hierfür ist ein Gesamtvergleich der unterschiedlichen Vergütungsbedingungen erforderlich. Bei der notwendigen Würdigung besteht ein Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers, weil unterschiedliche Elemente der Vergütung (insbesondere Gehalt, Arbeitszeit und Altersversorgung) miteinander ggf. zu vergleichen sind (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger auch nach der Gewährung der Lohnerhöhung an die anderen Mitarbeiter mit dem neuem Vertrag ein höheres Jahresarbeitsentgelt erhält als diese. Damit bestand dieses auch schon vor Gewährung der Lohnerhöhung an diese Mitarbeiter, und rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung bei der Lohnerhöhung.

2. Die Beklagte hat mit ihrer Maßnahme das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht verletzt.

a) Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung i. S. von § 612 a BGB setzt nicht voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert hat. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.; Urt. v. 31. Mai 2005 – 1 AZR 254/04 = AP Nr. 175 zu § 112 BetrVG 1972; Urt. v. 12. Juni 2002 – 10 AZR 340/01 = AP Nr. 8 zu § 612 a BGB). § 612 a BGB ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund sein, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.; Urt. v. 12. Juni 2002, a.a.O.).

b) Nach diesen Grundsätzen liegt kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Nicht die zulässige Ablehnung des neuen Standardarbeitsvertrages durch den Kläger, sondern die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle stellte für die Beklagte den tragenden Beweggrund dar, den Kläger von der generellen Vergütungserhöhung auszunehmen. Die Beklagte wollte den nach ihrer Ansicht besser gestellten Arbeitnehmer nicht eine weitere Vergünstigung zukommen lassen, sondern die Nachteile der anderen Arbeitnehmer ausgleichen. Daran ändert nichts, dass die Beklagte die Lohnerhöhung dem Kläger und den übrigen Mitarbeitern, die bislang den neuen Arbeitsvertrag abgelehnt hatten, für den Fall anbot, dass sie sich nunmehr zur Unterzeichnung entschließen. Damit verfolgte sie ihr Ziel, in ihrem Betrieb einheitliche arbeitsvertragliche Regelungen für alle Mitarbeiter durchzusetzen. Das Angebot umschloss deswegen notwendigerweise auch die Lohnerhöhung. Die Ablehnung der geänderten Arbeitsbedingungen beinhaltete zugleich die Ablehnung des Lohnerhöhungsangebotes. Ihre Nichtgewährung ist bloße Folge der Weigerung des Klägers, das Angebot insgesamt anzunehmen; eine Maßregelung war damit nicht bezweckt, sondern weiterhin nur die Verringerung der Vergütungsdifferenzen zwischen den beiden Arbeitnehmergruppen. Die Rechtfertigung dieser Einschätzung war im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu prüfen (vgl. BAG, Urt. v. 14. März 2007, a.a.O.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert blieb unverändert.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits zuzulassen.

Henssen Volkenrath Strehl