OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2007 - 27 U 121/05
Fundstelle
openJur 2011, 49021
  • Rkr:
Verfahrensgang

1.

Zur Zulässigkeit einer Berufungsbegründung per Computerfax mit eingescannter Unterschrift.

2.

Im Falle der Beteiligung an einem Windkraftfonds ist die zutreffende Wiedergabe der Ergebnisse eingeholter Windgutachten im Anlageprospekt regelmäßig ein für die Anlageentscheidung bedeutsamer Umstand. Ist dies streitig, so obliegt den Prospektverantwortlichen deshalb im Prospekt­haftungsprozess im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast die Vorlage dieser Gutachten.

3.

Sind von den Gutachtern in ihren Windgutachten Sicherheitsabschläge von den theoretisch errechneten voraussichtlichen Erträgen empfohlen worden, so ist dies mitzuteilen, wenn die Wirtschaftlichkeitsberechnung im Prospekt aufgrund geringerer Sicherheitsabschläge einen höheren Ertrag zugrunde legt.

4.

Es bleibt offen, von welchem Wert bei Einholung mehrerer Gutachten mit unterschiedlichen Ergebnissen generell ausgegangen werden darf. Unabhängig hiervon wird den Anlegern - hier bei drei Gutachten - durch die Prospektangabe, die Ertragsprognose liege noch um 3 % unter dem niedrigsten, um 8,77 % unter dem zweithöchsten und 16,21 % unter dem höchsten Gutachten, ein falscher Eindruck verschafft, wenn das niedrigste und das zweithöchste Gutachten selbst jeweils einen Abschlag von 10 % empfehlen und die so ermittelte Ertragsprognose damit sowohl über der Mehrzahl als auch über dem Durchschnitt der Ergebnisse aller drei Gutachten (nach Abzug der darin selbst empfohlenen Sicherheitsabschläge) liegt.

Tenor

Auf die Berufungen der Kläger zu 3) und 10) wird das am 24. Mai 2005 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert.

Die Beklagten zu 1) bis 4) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Klä-ger zu 3) 25.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2004 und an den Kläger zu 10) 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2004 zu zahlen,

jeweils Zug um Zug gegen Abtretung aller mit der Beitrittserklärung erworbenen Rechte und Ansprüche aus der jeweiligen Beteiligung als Kommanditist an der X GmbH & Co. KG Betriebsgesellschaft mit Sitz in C (HRA-Nr. ...#1).

Die weitergehenden Berufungen der Kläger zu 3) und 10) werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

I. Instanz:

Die Beklagten zu 1) bis 4) tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils zu 8% selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3) tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 40%.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 10) tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 40%.

Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 3%.

Im übrigen verbleibt es bei den Kostenentscheidungen aus dem angefochtenen Urteil und den Beschlüssen des Landgerichts vom 24.05.2005 und 15.7.2005.

II. Instanz:

Von den jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 5), 6) und 7) tragen der Kläger zu 3) 13% und der Kläger zu 10) 3%.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3) tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 57%.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 10) tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 57%.

Im Übrigen tragen alle Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten zu 1) bis 4) 9%, der Kläger zu 3) 6% und der Kläger zu 10) 1%. Die übrigen Gerichtskosten sind und bleiben durch den Vergleich vom 5.9.2006 zwischen den weiteren früheren Klägern und den Beklagten gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeder Partei darf die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird für die Beklagten zu 1) bis 4) zugelassen.

Gründe

A.

Die (ursprünglich 16) Kläger haben die (ursprünglich 12) Beklagten im Wesentlichen aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung wegen eines ihrer Auffassung fehlerhaften Anlageprospektes in Anspruch genommen, der für die Beteiligung an der Beklagten zu 1), einer Publikums-KG zum Betrieb eines Windparks, warb. Sie waren auf seiner Grundlage als Kommanditisten mit Einlagen zwischen 5.000 € und 50.000 € beigetreten. Mit der vorliegenden Klage haben sie Rückzahlung ihrer Einlagen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Rechte aus der Beteiligung verlangt.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen und der getroffenen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Nach Klagerücknahme durch einige Kläger und gegenüber einigen Beklagten hat das Landgericht die Klage auch im Übrigen abgewiesen, weil der Prospekt weder sachlich unrichtig noch inhaltlich unvollständig gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richteten sich die Berufungen von 8 Klägern, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt haben. Sie haben sieben verschiedene Prospektmängel geltend gemacht. Alle 7 verbliebenen Beklagten hafteten hierfür unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im engeren Sinne. Die Beklagten haben das angefochtene Urteil verteidigt.

Im Prospekt sind u.a. auf S. 16 in einer Tabelle unter der Überschrift "Prospektierter jährlicher Energieertrag in kWh" die Ergebnisse dreier zuvor eingeholter Windgutachten wie folgt dargestellt (Auszug):

Gutachter Dipl. Geograph C2 DWD, Frau U H GmbH ....... ..... .... .... Parkertrag (kWh) 49.596.600 52.735.700 57.419.000 % Abschlag -3%=-1.487.898 -8,77%=-4.626.998 -16,21%=-9.310.298 prospektierter Ertrag im Prospekt 48.108.702 48.108.702 48.108.702

Im Text heißt es hierzu: "Im Fall des X hält es die Prospektherausgeberin aufgrund der deutlichen Bandbreiten der Angaben für gerechtfertigt, einen Abschlag von 3% vom niedrigsten Gutachten zugrunde zu legen. Immerhin entspricht dies einem Abschlag von 8,77% auf das zweithöchste bzw. 16,21% auf das Gutachten mit der höchsten Ertragsprognose." Die Zahl von 48.108.702 kWh jährlich lag der weiteren im Prospekt näher ausgeführten Prognose der wirtschaftlichen Chancen und Risiken zugrunde. Dabei wurde auf Seite 30 des Prospektes erneut auf die Abschläge zu dem von "drei unabhängigen Gutachtern" prognostizierten Energieertrag hingewiesen, der erfolge, "um die Kommanditisten zusätzlich abzusichern und vor den Folgen unvorhersehbarer Ereignisse zu schützen".

Der Senat hat den Beklagten aufgegeben, den Vorwürfen der Kläger,

- im Prospekt seien unzureichende Sicherheitsabschläge auf die erwarteten jährlichen Energieerträge vorgenommen worden,

- Netz- und Übertragungsverluste seien nicht berücksichtigt worden,

- die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts von Abweichungen der Prognosen seien nicht hinreichend dargestellt worden,

durch Vorlage und Erläuterung der drei eingeholten und im Prospekt in Bezug genommenen Windgutachten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast substanziiert entgegen zu treten.

Dem sind die Beklagten nachgekommen. Auf die vorgelegten Windgutachten wird wegen der Einzelheiten verwiesen. Aus ihnen ergibt sich u.a., dass alle Gutachter selbst Sicherheitsabschläge von ihren eigenen Zahlen empfohlen hatten, und zwar H in Höhe von 15 %, U in Höhe von 10 % und C2 ebenfalls in Höhe von 10%.

Daraufhin haben sechs Kläger mit den Beklagten den Rechtsstreit durch Vergleich, auf den Bezug genommen wird, beendet.

Der Kläger zu 3) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 25.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.09.2001 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung aller mit der Beitrittserklärung erworbenen Rechte und Ansprüche aus der Beteiligung als Kommanditist an der X GmbH & Co. KG Betriebsgesellschaft mit Sitz in C (HRA-Nr. ...#1).

Der Kläger zu 10) beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu 1) bis 7) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.10.2001 zu zahlen,

Zug um Zug gegen Abtretung aller mit der Beitrittserklärung erworbenen Rechte und Ansprüche aus der Beteiligung als Kommanditist an der X GmbH & Co. KG Betriebsgesellschaft mit Sitz in C (HRA-Nr. ...#1).

Die Beklagten beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf den in der Berufungsinstanz vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das angefochtene Urteil ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger (einem zu diesem Zeitpunkt nur beim LG Frankfurt/Main zugelassenen Einzelanwalt) am 2.6.2005 zugestellt worden. Die Berufungen der Kläger sind durch Telefax eines beim OLG Frankfurt/Main zugelassenen Rechtsanwalts am 1.7.2005 eingelegt worden. Sie sind durch Schriftsatz vom 29.7.2005 des - inzwischen ebenfalls beim OLG Frankfurt/Main zugelassenen - erstinstanzlichen und jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger begründet worden. Dieser Schriftsatz ist im Original am Donnerstag, dem 4.8.2005, eingegangen. Er ist handschriftlich durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger unterzeichnet. Zuvor war bereits ein - inhaltlich und äußerlich gleiches - Telefax bei Gericht eingegangen, und zwar am 29.7.2005 beginnend um 23:50 Uhr (Seiten 1 bis 16 bis 23:59 Uhr) und endend am 30.7.2005 um 00:04 Uhr (Seiten 17 bis 23 ab 00:00 Uhr). Dieses war jedoch - nur insofern abweichend - mit einer äußerlich anders aussehenden Unterschrift des Prozessbevollmächtigten der Kläger versehen. Dabei handelte es sich - wie im Verlaufe des Berufungsverfahrens unstreitig geworden ist - um eine eingescannte Unterschrift des Bevollmächtigten.

Die Kläger behaupten hierzu: Ihr Prozessbevollmächtigter sei davon ausgegangen, dass die Berufungsbegründungsfrist am 29.7.2005 ende. Deshalb habe er an diesem Tag die Begründung gefertigt, im Computer gespeichert, sie ausgedruckt und eigenhändig unterschrieben, um sie mit dem Faxgerät an das Gericht zu faxen. Dann habe er - gegen Abend - sein Büro dringend verlassen müssen und deshalb seinen Mitarbeiter, den Zeugen I, beauftragt, das Fax noch am selben Tag abzusenden und anschließend das Original auf dem Postweg zu verschicken. Wegen einer Störung des Faxgerätes sei ersteres jedoch nicht gelungen. Deshalb habe der Zeuge stattdessen den Schriftsatz direkt aus dem Computer mit der eingescannten Unterschrift per Computerfax gefaxt.

Der Senat hat hierzu Beweis erhoben durch Vernehmung des Prozessbevollmächtigten der Kläger als Zeugen und des Zeugen I. Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift zum Senatstermin vom 5.9.2006 (Bl. 962 ff. d.A.) und den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 27.2.2007 (Bl. 1021 d.A.) verwiesen.

B.

Die Berufungen sind zulässig und hinsichtlich der Beklagten zu 1) bis 4) mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs begründet. Hinsichtlich der Beklagten zu 5) bis 7) haben sie keinen Erfolg.

I.

Die Berufungen sind zulässig. Insbesondere sind sie innerhalb der am 2.8.2005 abgelaufenen Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 S. 1 ZPO) formgerecht begründet worden. Das Telefax vom 29./30.7.2005 genügt den hieran zu stellenden Anforderungen.

1.

Nach ständiger Rechtsprechung muss zwar die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz die Unterschrift des für sie verantwortlich Zeichnenden tragen. Die Unterschrift ist grundsätzlich Wirksamkeitserfordernis. Sie soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl. nur BGH NJW 2005, 2086, 2087 m.w.N.). Das letztgenannte Erfordernis soll sicherstellen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsbegründung von einem dazu Bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein muss (BGH aaO. m.w.N.). Nach dieser Rechtsprechung wird § 130 Nr. 6 ZPO für bestimmende Schriftsätze als zwingend angesehen (BGH aaO.).

Jedoch hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes bereits vor der Neufassung von § 130 Nr. 6 ZPO durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. 7. 2001 (BGBl I, 1542) entschieden, dass die Erfüllung der gesetzlich erforderlichen Schriftform, zu der grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift gehört, solchen bestimmenden Schriftsätzen nicht deshalb abzusprechen sei, weil sie durch moderne elektronische Medien - wie das auch im dortigen Streitfall zu beurteilende Computerfax - übermittelt werden und mangels Vorhandenseins eines körperlichen Originalschriftstücks beim Absender eine eigenhändige Unterzeichnung nicht möglich sei (BGHZ 144, 160 = NJW 2000, 2340).

So liegt der Fall auch hier. Entscheidend ist dafür - entgegen des etwas missverständlichen Wortlautes des Begründung des Gemeinsamen Senates - nicht, ob beim Absender - möglicherweise auch - ein unterzeichnetes "Originalstück" vorhanden gewesen ist, das mittels eines Telefaxgerätes als Telekopie hätte gesendet werden können oder ob dieses fehlte. Denn die Wahl der Übertragungsart mittels Computerfax bedingt, dass für die so übertragene Kopie kein handschriftlich zu unterzeichnendes Original existiert (anders liegt es nur, wenn tatsächlich per normalem Faxgerät übermittelt wird, vgl. BGH, NJW 2006, 3784). Maßgeblich für die Beurteilung der Wirksamkeit des so elektronisch übermittelten Schriftsatzes ist daher nicht eine etwa beim Absender vorhandene Kopiervorlage oder eine nur im Textverarbeitungs-PC befindliche Datei, sondern allein die auf seine Veranlassung am Empfangsort (Gericht) erstellte körperliche Urkunde; der alleinige Zweck der Schriftform, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten, kann auch im Falle einer derartigen elektronischen Übermittlung gewahrt werden (GmS-OGB, aaO).

Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Sie muss erst Recht gelten, seitdem nach der o.g. Neufassung § 130 Nr. 6 ZPO ausdrücklich genügen lässt, dass die Unterschrift in der Kopie wiedergegeben ist. Wie sie erzeugt wurde, spielt hiernach gerade keine Rolle. Es ist nur darauf abzustellen, was beim Empfänger als Kopie eintrifft.

2.

Zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) steht aufgrund der Beweisaufnahme fest, dass die Berufungsbegründung in der eingegangenen Form am 29.7.2005 auf Veranlassung des Prozessbevollmächtigen der Kläger versandt worden ist und dieser damit innerhalb der Berufungsbegründungsfrist die Verantwortung für seinen Inhalt tatsächlich - wie durch seine eingescannte Unterschrift auch dokumentiert - übernommen hatte.

Diese Überzeugung gründet sich im Wesentlichen auf der Aussage des Zeugen I, an deren Glaubhaftigkeit der Senat keinen ernsthaften Zweifel hat. Der Zeuge hat anschaulich und nachvollziehbar zwei Begebenheiten geschildert, an die er wegen ihrer Besonderheiten noch eine konkrete Erinnerung hatte. Hier wurden jeweils entgegen der sonstigen Gepflogenheit in der Praxis des Prozessbevollmächtigten der Kläger Schriftsätze an ein Gericht per Computerfax und mit der dort eingescannt vorhandenen Unterschrift versandt, während sonst das normale Faxgerät benutzt wurde. Allein wegen dieser Abweichung ist es nachvollziehbar, dass der Zeuge noch eine konkrete Erinnerung an den Ablauf hatte. Auch wenn er die Vorgänge nicht mehr sicher bestimmten Rechtsstreitigkeiten zuordnen konnte, besteht für den Senat doch kein Zweifel daran, dass der zeitlich gesehen zweite Vorgang die hier in Rede stehende Berufungsbegründung betrifft. Denn zum einen deckt sich der geschilderte Hergang mit der Aussage des als Zeuge vernommenen Prozessbevollmächtigten der Kläger, Rechtsanwalt L. Zum anderen hat der Zeuge ausgeschlossen, dass er in der vorliegenden Sache oder überhaupt jemals außerhalb der beiden von ihm geschilderten Begebenheiten ein Computerfax an ein Gericht schickte. Da er zugleich glaubhaft bekundet hat, der einzige Mitarbeiter von Rechtsanwalt L gewesen zu sein, muss es sich bei dem von ihm geschilderten Fall um die Absendung der Berufungsbegründung in dieser Sache handeln.

Der Senat schließt aus, dass der Zeuge hinsichtlich der Urheberschaft der Berufungsbegründung und des ihm übertragenen Auftrags zur ihrer Übertragung per Fax die Unwahrheit gesagt hat. Ein Irrtum scheidet aus, weil es sich nicht um Nebensächlichkeiten handelte, sondern die Frage, ob ein von Rechtsanwalt L verfasster und unterzeichneter Schriftsatz vorlag, der nur abzuschicken war, den Kern der dem Zeugen übertragenen Aufgabe betraf. Für eine vorsätzliche Falschaussage spricht ebenfalls nichts: Sie hätte für den Zeugen, der als Rechtsanwalt zugelassen ist, derart negative Folgen, dass es im Verhältnis zur Bedeutung der Sache nicht nachvollziehbar wäre, wenn er - allenfalls erklärbar, um seinem früheren Chef zu helfen - dieses Risiko einginge. Zudem spricht das ganze Aussageverhalten für eine vorsichtige und wahrhaftige Aussage: So hat der Zeuge sich in Details - auch wichtigen, wie die Frage, um welchen Rechtsstreit es bei seinem Fax ging - nicht festgelegt, weil er sich nicht sicher war. Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht zudem, dass er - als er im ersten Senatstermin Rechtsanwalt L begleitete - als erster und ganz spontan, als er Einblick in die Gerichtsakte hatte, äußerte, dass die Unterschrift auf dem Fax genau so wie die eingescannte Unterschrift aussehe, obwohl Rechtsanwalt L zu der Zeit selbst noch davon ausgegangen war, es handele sich um die Faxkopie seiner handschriftlichen Unterzeichnung auf dem Original. Schließlich deckt sich die Aussage des Zeugen in seinem Kern mit der Bekundung von Rechtsanwalt L.

Der Senat glaubt dem Zeugen I auch, dass dieser mit der Absendung des Telefax nicht sofort begonnen, sondern er erst noch andere Dinge erledigt hatte, bis er meinte, dass es nun Zeit würde. Ebenso hat der Senat keinen Zweifel, dass der Zeuge dann die im Computer geöffnete Datei mit der eingescannten Unterschrift gefunden hatte, nachdem der erste Versuch mit dem normalen Faxgerät gescheitert war. Es ist denkbar, dass Rechtsanwalt L die dort standardmäßig vorhandene eingescannte Unterschrift nur für den Ausdruck entfernt, in der gespeicherten Datei aber anschließend belassen oder wieder eingefügt hatte. Schließlich folgt der Senat dem Zeugen auch darin, dass er anschließend von dem "Vorfall" nicht besonders berichtet und zudem noch das Original nur mit Verzögerung abgesandt hatte. Das kann sich damit erklären lassen, dass aus seiner Sicht im Ergebnis noch "alles geklappt" hatte. Die Handlungsweise des Zeugen mag nicht besonders sorgfältig oder vorsichtig gewesen sein, sie erscheint aber nicht unglaubhaft, zumal er mit der Behandlung von Fristensachen weder besonders erfahren war noch hierin seine Hauptaufgabe bei der Mitarbeit bei Rechtsanwalt L lag.

Die Überzeugung des Senats von dem von den Zeugen geschilderten Hergang ist trotz einer Reihe von ungewöhnlichen Umständen durch diese nicht erschüttert. Diese lassen sich auch erklären, ohne dass die Bekundungen der Zeugen unrichtig sein müssten. So ist es zwar - verglichen mit durchschnittlicher Anwaltspraxis - ungewöhnlich, dass sowohl die Berufungsbegründungsfrist falsch notiert worden war als auch diese Tatsache weder - etwa durch einen üblicherweise geführten Fristenkalender - belegt noch ihre Berechnung näher erklärt werden konnte. Auffallend ist auch, dass die Berufungsbegründung mit "Berufung" überschrieben war, obwohl diese bereits zuvor von dem zwischenzeitlichen Bevollmächtigten eingelegt worden war, und dass sie an die "Berufungskammer" des Oberlandesgerichts adressiert war. Diese Umstände deuten aber nicht mit der notwendigen Klarheit darauf hin, dass die Berufungsbegründung entgegen der eindeutigen Bekundung beider Zeugen vor der Absendung von Rechtsanwalt L nicht selbst gefertigt und inhaltlich gebilligt worden wäre. Denn nach der Erfahrung des Senates unterlaufen derartige Fehler und Unsauberkeiten in zunehmendem Maße auch zugelassenen Rechtsanwälten. Es ist zwar nicht die Regel, kommt jedoch in der täglichen Praxis des Senats nicht mehr nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vor, dass Rechtsanwälte grundlegende Gesetzesvorschriften weder kennen noch nachschlagen. Vielmehr erlebt es der Senat neben auftretenden Fehlern sogar immer wieder, dass Rechtsanwälte sich beim Gericht nach der Berechnung oder Existenz von Berufungs-, Berufungsbegründungs- und Berufungserwiderungsfristen erkundigen. Die Bezeichnung der Spruchkörper des Oberlandesgerichts gehört nicht (mehr) zum selbstverständlichen Kenntnisstand aller hier auftretenden Rechtsanwälte. Der Ablauf eines Berufungsverfahrens, die Statthaftigkeit von Rechtsbehelfen allgemein, der notwendige Inhalt einer Berufungsbegründung oder die richtige Antragstellung ergeben sich zwar aus dem Gesetz, werden aber nicht selten verkannt. Allein angesichts der Häufigkeit solcher Umstände, die zwar aus der Sicht jedes durchschnittlichen und erst recht eines überdurchschnittlichen Berufungsanwalts nicht nachvollziehbar und verständlich sein mögen, ergibt sich, dass sie auch vorkommen, wenn ein zugelassener Rechtsanwalt tätig wird. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind sie deshalb letztlich nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen der Zeugen zu wecken.

II.

Die Beklagten zu 1) bis 4) haften den verbliebenen Klägern aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung. Sie haben die Kläger so zu stellen, als ob diese die Anlagen nicht getätigt hätten. Ihre Beteiligungen sind rückabzuwickeln.

1.

Der rechtliche Ansatz des Landgerichts ist zutreffend: Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätzen, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen, hat der Prospekt, der im Allgemeinen die Grundlage für den Beitrittsentschluss des mit ihm geworbenen Interessenten bildet, diesem ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalbeteiligung zu vermitteln. Dazu gehört, dass sämtliche Umstände, die für die Entschließung der mit dem Prospekt angesprochenen Anlageinteressenten von Bedeutung sind oder sein können, richtig und vollständig dargestellt werden (vgl. etwa BGH NJW 2002, 1711 m.w.N.).

Für die Beteiligung an einem Windkraftfonds sind insoweit regelmäßig die Ergebnisse eingeholter Windgutachten bedeutsam, weil sich auf ihnen die für die Wirtschaftlichkeitsberechnung maßgebliche Prognose des Energieertrags gründet. So war es auch hier und so wurde es dementsprechend im Prospekt dargestellt. Andere Grundlagen gab es nicht.

2.

Die Ermittlung des voraussichtlichen Energieertrages ist im Prospekt nicht vollständig und damit nicht zutreffend dargestellt. Fehlerhaft sind hierbei sowohl die Darstellung des sog. Sicherheitsabschlages als auch diejenige der - unstreitig technisch in jedem Fall eintretenden - Netz- und Übertragungsverluste.

a)

Dabei kommt es - worauf die Beklagten zu Recht hinweisen - allerdings nicht darauf an, ob ihre Prognosen, so wie sie dem Windparkprojekt zugrunde gelegt und im Prospekt dargestellt wurden, fachlich zutreffend und vertretbar waren. Feststellungen hierzu brauchte der Senat nicht zu treffen. Denn jedenfalls durften sich die Prospektverantwortlichen auf die von ihnen eingeholten Windgutachten verlassen. Selbst wenn diese fehlerhaft gewesen sein sollten, hätten die Beklagten hierauf beruhende falsche Angaben nicht zu verantworten. Sie hätten sie nicht verschuldet. Denn es ist nicht behauptet, dass sie ungeeignete Gutachter beauftragt oder Mängel der Gutachten erkannt hätten oder hätten erkennen müssen. Offen bleiben kann auch, welchem der drei von einander abweichenden Gutachten die Beklagten folgen durften und ob hierbei schuldhafte Fehler unterlaufen sind.

b)

Denn jedenfalls sind die eingeholten Windgutachten und ihre Verwertung für die eigene Prognose der Prospektverantwortlichen im Prospekt nicht ausreichend dargestellt.

aa)

Die prognostische Berechnung des Energieertrages eines Windparks ist schwierig und mit vielen Unsicherheiten behaftet. Das ist auch für Laien unmittelbar einleuchtend. Exemplarisch für diese Schwierigkeiten seien die schwer vorherzusagende Windhäufigkeit und -stärke sowie die fehlende großflächige und langjährige Erfahrung mit Windrädern in Windparks genannt. Ob und inwieweit diese und alle anderen Unsicherheiten von den Gutachtern bei den Berechnungen in ihren Gutachten berücksichtigt werden können und falls ja, wie dies methodisch geschieht, ist für einen Laien und damit den durchschnittlichen Anleger nicht nachvollziehbar. Er muss und wird sich deshalb an den von den Gutachtern gelieferten Ergebnissen - sofern er den Gutachtern überhaupt im Grundsatz vertrauen möchte - orientieren. Deshalb reicht es grundsätzlich aus, wenn diese Ergebnisse - und nicht auch noch deren Herleitung - im Prospekt genannt werden. Andererseits müssen sie zutreffend wiedergegeben werden. Das ist im Prospekt nicht ausreichend geschehen:

Die mitgeteilten Zahlen der Gutachter erwecken den Eindruck, als handele es sich um abschließende Ergebnisse der Gutachten, die aus fachlicher Sicht einer Prognose zugrunde gelegt werden könnten. Es ist an keiner Stelle im Prospekt die Rede davon, dass die Gutachter selbst von diesen berechneten Zahlen Sicherheitsabschläge empfehlen. Vielmehr werden dort nur eigene Abschläge ohne nähere Begründung ihrer Höhe gemacht, die "die Prospektherausgeberin aufgrund der deutlichen Bandbreite der Angaben für gerechtfertigt" halte (Seite 16 des Prospektes), und zwar von den Zahlen des Gutachtens H 16,21%, von denen des Gutachtens U 8,77% und von denen des Gutachtens C2 3%. Dies erfolge, "um die Kommanditisten zusätzlich abzusichern und vor den Folgen unvorhersehbarer Ereignisse zu schützen" (Seite 30 des Prospektes).

Damit erhält der potenzielle Anleger den Eindruck, der Prospektherausgeber mache aus äußerster Vorsicht wegen in den Gutachten nicht vorhersehbarer Ereignisse und wegen der unterschiedlichen Ergebnisse der Gutachten hiervon weitere Abschläge, und zwar werde selbst das niedrigste Gutachten auf diese Weise mit der Prognose noch um 3% unterschritten. Dieser Eindruck ist falsch. Dem Anleger hätte offen gelegt werden müssen, dass alle Gutachten nicht mit den mitgeteilten errechneten Zahlen enden, sondern sie selbst - zum Teil in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Begründungen - Sicherheitsabschläge empfehlen. Wäre dies geschehen, wäre ersichtlich geworden, dass die Prospektherausgeber mit ihrer Prognose einschließlich der Sicherheitsabschläge nicht etwa noch vorsichtiger als alle drei Gutachter waren, sondern dies nur für das Gutachten mit dem höchsten Ergebnis, H, zutraf, während die Empfehlungen von U und C2 gerade nicht eingehalten wurden: Im Gutachten H wurde nämlich von den errechneten Zahlen ein Abschlag von 15% empfohlen, den die Prospektherausgeber mit 16,21% noch leicht überschritten, während die empfohlenen Abschläge in den Gutachten U und C2 von je 10% einmal knapp (8,77%) und einmal deutlich (3%) unterschritten wurden.

Dann wäre auch ersichtlich gewesen, dass man - wenn man nicht nur die Ausgangszahlen der Gutachten, sondern ihre Empfehlungen zu Abschlägen mit berücksichtigt - mit der eigenen Prognose von einem jährlichen Ertrag von 48.108.702 kWh nicht nur über den beiden niedrigeren Gutachten, sondern auch (um mehr als 2,4%) über dem arithmetischen Durchschnitt aller drei Gutachten geblieben ist. Wenn man nämlich bei jedem Gutachten den von ihm selbst vorgeschlagenen Abschlag vornimmt und davon den Durchschnitt bildet, ergibt das 46.968.407 kWh. Schließlich wäre erkennbar geworden, dass die Gutachter ihre Berechnungen selbst für so unsicher halten, dass Abschläge notwendig sind. Es ging gerade nicht nur um die Absicherung von Folgen unvorhersehbarer Ereignisse.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass es damit den Beklagten zum Nachteil gereiche, dass sie besonders sorgfältig gewesen wären, indem sie drei statt etwa nur ein Gutachten eingeholt hätten. Denn gerade diese Sorgfalt und mehrfache Absicherung wird im Prospekt dargestellt, so dass die Anleger den Eindruck bekamen, selbst die niedrigste Annahme werde noch nicht einmal zugrunde gelegt, und es sei wegen der weiteren Gutachten eher wahrscheinlich, dass der tatsächliche Ertrag sogar über dieser niedrigsten Annahme liege. Deshalb kann auch offen bleiben, ob es ausgereicht hätte, nur ein Gutachten einzuholen.

Die Beklagten meinen zu Unrecht, sie hätten die von den Gutachtern empfohlenen Sicherheitsabschläge ohnehin nicht in vollem Umfang machen müssen, weil mit ihnen u.a. auch die Risiken im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Anlagen hätten abgedeckt werden sollen, die jedoch teilweise durch die Verfügbarkeitsgarantie des Herstellers aufgefangen seien. Denn das stimmt hinsichtlich des Gutachtens U bereits nicht; die Gutachterin empfiehlt allein aus meteorologischer Sicht einen pauschalen Sicherheitsabschlag von 10 % (Bl. 848 GA). Im Übrigen hätte dies näher dargestellt werden müssen, weil ganz unklar ist, einerseits inwieweit die (nur zeitliche) und auf die ersten Jahre beschränkte Verfügbarkeitsgarantie Ausfälle abdeckt und andererseits, mit welchem Anteil dieses Risiko in die Abschläge bei den Gutachten C2 und H eingegangen sind.

c)

Ein weiterer Prospektmangel liegt darin, dass die Netz- und Übertragungsverluste, die nach der eigenen Darstellung der Beklagten regelmäßig bei max. 1-2% liegen, in der Berechnung nicht ausreichend berücksichtigt sind. Entgegen der ursprünglichen Behauptung der Beklagten waren diese Verluste in den im Prospekt genannten Zahlen der Gutachter noch nicht berücksichtigt. Vielmehr haben alle Gutachter offenbar u.a. auch deshalb empfohlen, von ihren Zahlen noch Abschläge zu machen; z.T. ist dies ausdrücklich unter Bezugnahme auf solche technischen Verluste erfolgt (Bl. 811 GA), z.T. war es offenbar stillschweigend umfasst. Im Gutachten U waren sie selbst nach dem empfohlenen Abzug von 10% noch nicht berücksichtigt.

Damit waren diese vorhersehbaren Verluste in der Prognose des Prospektes nur dann eingerechnet, wenn man ausschließlich dem höchsten Gutachten (H) folgen wollte. Gerade dieser Eindruck wurde aber nicht erweckt.

3.

Die in dem Prospekt auf Seite 77 enthaltene Beschränkung der Haftung der Prospektherausgeberin, das ist die Beklagte zu 1) (Seite 5 des Prospektes), auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG in der zum Zeitpunkt des Beitritts wirksamen Fassung unwirksam. Die Aufklärungspflicht der Prospektverantwortlichen und daraus sich ergebende Prospekthaftung ist für den Schutz des Investors von grundlegender Bedeutung. Auch ein Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeit widerspricht der Aufgabe des Prospekts, die potenziellen Anleger verlässlich, umfassend und wahrheitsgemäß zu informieren (vgl. BGH NJW 2002, 1711, 1712).

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Klausel nicht ohnehin wegen Unklarheit unwirksam ist, weil dort auch von einer Haftung gegenüber der Beteiligungsgesellschaft die Rede ist, das ist jedoch auch die Beklagte zu 1) (Seite 34 des Prospektes). Damit könnte unklar sein, für wen die Beschränkung überhaupt gelten soll.

4.

Die Prospektverantwortlichen handelten mindestens fahrlässig, weil es für sie erkennbar war, dass beim potenziellen Anleger die oben näher dargelegte falsche Vorstellung über die der Prognose zugrunde liegenden Sicherheitsabschläge und die Berücksichtigung der Netz- und Übertragungsverluste entstehen konnte und diese für eine Anlageentscheidung wesentlich war.

5.

Die Fehlerhaftigkeit des Prospekts ist kausal für die Anlageentscheidung der Anleger. Es entspricht nach der ständigen Rechtsprechung der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (vgl. BGH NJW 2002, 1711, 1712 m.w.N.).

6.

Diese Ansprüche aus Prospekthaftung sind nicht verjährt. Die Klage ist innerhalb von drei Jahren nach dem Beitritt der Kläger erhoben worden. Kenntnis von den Mängeln des Prospektes erlangten die Kläger erst mit der Vorlage der Gutachten durch die Beklagten im Prozess. Ob weitere Prospektmängel vorlagen und diese den Klägern möglicherweise bereits mehr als sechs Monate vor Klageerhebung bekannt waren, ist unerheblich. Denn diese Kenntnis würde nicht zu einer Verjährung auch für Ansprüche aus später bekannt gewordenen Mängeln führen. Höchstgrenze ist hier erst der Zeitraum von drei Jahren nach dem Beitritt zur Gesellschaft.

7.

a)

Die Beklagte zu 1) haftet für die fehlerhaften Prospektangaben ohne weiteres als Herausgeberin des Prospektes, als die sie sich verbunden mit der Erklärung der Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospekt selbst auf Seite 5 des Prospektes bezeichnet hat.

Die Beklagte zu 2) haftet als Komplementärin der Beklagten zu 1) für deren Verbindlichkeiten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, haften für die Prospektfehler zudem alle Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen. Darüber hinaus haften die Personen, die hinter der Komplementär-GmbH und der Publikums-KG stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss in der Gesellschaft ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (vgl. BGH NJW 1981, 1449f.)

Hiernach haftet auch die Beklagte zu 3), die Gründungskommanditistin ist, als Gründerin und darüber hinaus als Gestalterin der Gesellschaft, da sie die "Fondsverwaltung" ausübt (Seite 80 des Prospekts), "das Projekt steuert und die Geschäftsführung übernimmt" (Seite 3 des Prospekts). Zudem war sie mit der Prospekterstellung beauftragt (Seite 61 des Prospekts), was ausweislich des Prospekts auch zu ihrer Verantwortlichkeit führen sollte (Seite 77 des Prospekts). Soweit dort zugleich die gesamtschuldnerische Haftung mit weiteren nach Prospekthaftungsgrundsätzen Haftenden ausgeschlossen worden ist, ist diese Beschränkung ebenfalls gem. § 9 AGBG a.F. unwirksam. Denn es ist für den Anleger von grundlegender Bedeutung, sich wegen der Prospektangaben auf den Herausgeber des Prospekts verlassen und sich an ihn mit Ersatzansprüchen wenden zu können. Wäre er gezwungen, zunächst zu ermitteln, wer die "Angaben verantwortlich erstellt" hat oder in wessen "Aufgabenbereich sie fallen", wäre seine Rechtsverfolgung unzumutbar erschwert, weil es sich um interne Vorgänge der Projektbeteiligten handelt. Zudem ist diese Regelung auch wegen eines Widerspruchs zur auf Seite 5 des Prospektes an der Spitze herausgestellten Haftungszusage der Beklagten zu 1) für Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts unwirksam.

Schließlich haftet auch die Beklagte zu 4) wegen ihres Grußwortes im Prospekt (Seite 3), mit dem sie ihren "Energiefonds" vorstellt, als Initiatorin der KG (Beklagte zu 1)).

b)

Keine Ansprüche bestehen dagegen gegen die Beklagten zu 5) und 6), die als Vorstände der Beklagten zu 4) das Grußwort nur in deren Namen unterzeichnet haben. Sie bilden nicht das Management der Gesellschaft (KG, Beklagte zu 1)) oder ihrer Komplementärin, sondern allenfalls der Initiatorin. Das reicht für eine persönliche Haftung nicht aus. Entgegen der Auffassung der Berufung vermag der Senat aus der Entscheidung des BGH, NJW 2004, 2971, nichts Gegenteiliges abzuleiten. Dort wird nur eine deliktische Haftung von Vorstandsmitgliedern für möglich erachtet, die hier nicht in Betracht kommt.

Ebenso wenig haftet die Beklagte zu 7). Sie hat lediglich eine Platzierungsgarantie abgegeben. Das macht sie noch nicht ohne weiteres zu einer Initiatorin der KG. Schon gar nicht beherrscht oder bildet sie damit deren Management. Umstände, die einen besonderen Einfluss der Beklagten zu 7) in der Beklagten zu 1) begründen könnten, sind ebenfalls nicht dargelegt. Dafür reicht auch der Vertrieb der Anteile unter Verwendung des Prospekts nicht aus, weil sie die Beklagte zu 7) damit weder den Inhalt des Prospekts zu eigen gemacht noch besonderes Vertrauen in Anspruch genommen hat.

8.

Die Kläger müssen so gestellt werden, als hätten sie die Anlage nicht getätigt. Deshalb haben sie Anspruch auf Rückzahlung der Einlagen Zug um Zug gegen Rückgabe der Beteiligungen.

Einen Anspruch wegen entgangenen Zinsgewinns haben die Kläger nicht. Der Senat vermag - trotz der Erleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO - nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die Kläger ohne die Beteiligung mit ihrem Kapital anderweitig Zinsen erzielt hätten. Denn die Kläger suchten - wie ihre Beteiligung an der Beklagten zu 1) zeigt - eine Geldanlage mit unternehmerischen Chancen unter Inkaufnahme von entsprechenden Risiken. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass die Kläger stattdessen eine festverzinsliche Anlage mit wesentlich geringen Ertragschancen gewählt hätten. Vielmehr spricht viel dafür, dass sie sich etwa an einem anderen Windparkprojekt beteiligt hätten. Derer gab es, das ist allgemein bekannt, mehrere. Die Kläger haben nichts dazu vorgetragen, dass sie aus besonderen Gründen etwa ausschließlich an einer Unternehmensbeteiligung an der Beklagten zu 1) interessiert gewesen wären.

Der zuerkannte Zinsanspruch ist gem. §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Frage, welche Anforderungen an die Darstellung der Prognose von Windenergieerträgen in Prospekten, mit denen für die Beteiligung an Windkraftanlagen geworben wird, zu stellen sind, grundsätzliche Bedeutung hat. Sie stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist bisher in der Rechtsprechung nicht geklärt.