OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.06.2006 - I-10 W 102/06
Fundstelle
openJur 2011, 46122
  • Rkr:

BGB §§ 362, 546, 858

1. Den Mieter trifft die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der geschuldeten Miete.

2. Ist das Mietverhältnis durch fristlose Kündigung des Vermieters beendet, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Räumungs- und Herausgabeklage nicht bereits deshalb, weil sich der Vermieter im Wege verbotener Eigenmacht den Besitz an den Mieträumen verschafft hat.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der Einzel-richterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Juli 2006 abgeändert:

Die Kosten des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits und die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe

Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Kosten des Räumungsrechtsstreits zu Unrecht der Klägerin auferlegt. Diese sind vielmehr insgesamt von der Beklagten zu tragen, weil die Räumungsklage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war.

Haben die Parteien - wie hier - den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt, ist gemäß § 91 a durch Beschluss über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind nach allgemeiner Meinung die Grundgedanken des Kostenrechts heranzuziehen, die sich aus den §§ 91 ff ZPO ergeben. Bei der Kostenentscheidung ist daher wesentlich mit darauf abzustellen, ob das Begehren in der Hauptsache ohne das erledigende Ereignis Erfolg gehabt hätte oder nicht. Folglich sind regelmäßig demjenigen die Kosten aufzuerlegen, der bei Fortführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte war bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses gemäß § 546 Abs. 1 BGB im in der Klageschrift beantragten Umfang zur Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Ladenlokals an die Klägerin verpflichtet. Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 12.2.2006 mit sofortiger Wirkung beendet worden, da die Beklagte sich i.S. des § 543 Abs. 2 Nr. 3 b BGB mit der Mietzahlung in Verzug befand. Nach dem insoweit maßgeblichen Klägervorbringen bestand im Zeitpunkt der Kündigung per Saldo 31.12.2005 ein Zahlungsrückstand der Beklagten in Höhe von mindestens 3.714,24 €. Dies entspricht einem Betrag von mehr als zwei Monatsmieten. Die Beklagte ist der ihr gemäß § 362 Abs. 1 BGB für die Erfüllung der geschuldeten Miete obliegenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Ihr Bestreiten des dargelegten Mietrückstands ist substanzlos.

Das Rechtsschutzbedürfnis für die Räumungsklage ist auch nicht durch die angebliche verbotene Eigenmacht der Klägerin entfallen. Die gegen den Willen der Beklagten erfolgte Inbesitznahme des Ladenlokals durch die Klägerin ließ das Rechtsschutzbedürfnis für die von der Klägerin erhobene Räumungs- und Herausgabeklage nicht entfallen. Weder liegt in der Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht eine Erfüllung des Räumungsanspruchs noch hatte die Beklagte vor Eintritt der Rechtshängigkeit auf ihren Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes verzichtet. Dass die Beklagte das streitgegenständliche Ladenlokal bereits vor Anhängigkeit der Klage geräumt und an die Klägerin herausgegeben hat, behauptet sie selbst nicht.

Die Beklagte hat vielmehr bei der gebotenen verständigen Auslegung ihrer Klageerwiderung erstmals nach Rechtshängigkeit der Klage auf etwaige Besitzschutzansprüche verzichtet und ihrerseits konkludent die Auffassung vertreten, in der Inbesitznahme durch die Klägerin liege eine das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen lassende Erfüllung des geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruchs. Bei dieser Sachlage entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen, der Beklagten die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: bis 3.000,00 Euro

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