LG Kassel, Beschluss vom 17.10.2013 - 3 T 342/13
Fundstelle
openJur 2013, 42861
  • Rkr:

Vermögen, das ein Betroffener, der Begünstigter eines sog. Behindertentestamentes ist, im Zuge einer Erbeilsübertragung unter Aufhebdung der objektiven Zweckbindung des zugewendeten Vermögens erlangt, unterfällt nicht dem Schonvermögen.Daran ändert auch der Umstand, dass die Erbteilsübertragung zuvor vom Amtsgericht genehmigt wurde, nichts.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 28.05.2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Betroffene leidet unter Gehörlosigkeit, einer Borderline-Störung sowie einer Minderbegabung und ist nicht in der Lage, ihre rechtlichen Angelegenheiten alleine zu besorgen. Das Amtsgericht richtete deshalb durch Beschluss vom 03.11.2008 (Bl. 12 f. I d.A.) eine Betreuung ein und bestellte den eingangs genannten berufsmäßig tätigen Betreuer. Mit weiterem Beschluss vom 13.05.2009 (Bl. 65 f. Id.A.) wurde zudem ein Einwilligungsvorbehalt für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge angeordnet.

Die Betroffene verfügte nur über geringes Einkommen und Vermögen, weshalb die dem Berufsbetreuer zustehende Vergütung stets aus der Staatskasse gezahlt wurde.Am 08.11.2011 verstarb der Vater der Betroffenen. Aufgrund testamentarisch bestimmter Erbfolge (vgl. Bl. 145 ff. I d.A.) wurde dieser zu 72 % von der Mutter der Betroffenen sowie zu 28 % von der Betroffenen selbst beerbt, wobei die Betroffene im Wege eines sog. Behindertentestaments als nicht befreite Vorerbin eingesetzt wurde. Zum Nacherben wurde die Mutter der Betroffenen, ersatzweise die „.“ bestimmt. Der Nacherbfall tritt mit dem Tode der Betroffenen ein. Zudem wurde die Dauertestamentsvollstreckung hinsichtlich des Erbteils der Betroffenen angeordnet und ihre Mutterzur Testamentsvollstreckerin bestellt. Die Testamentsvollstreckerin erhielt sodann die Anordnung i.S.v. § 2216 Abs. 2 BGB, dass der Betroffenen aus den jeweils ihr gebührenden anteiligen jährlichen Reinerträgen (Nutzungen) des Nachlasses nach billigem Ermessen Geld- oder Sachleistungen erhalten solle, die zu einer Verbesserung ihrer Lebensqualität beitragen und auf die die Sozialhilfeträger nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften keinen Zugriff haben sollten. Aufgezählt sind sodann im Einzelnen: „Geschenke zum Geburtstag und zu den üblichen Feiertagen, Aufwendungen zur Befriedigung ihrer individuellen Bedürfnisse hinsichtlich Freizeitgestaltung und Hobby, Aufwendungen zur Urlaubs- und Freizeitgestaltung einschließlich notwendiger Betreuung, Aufwendungen für optimale Gesundheitsbetreuung über das Sozialhilfemaß hinaus, Aufwendungen für qualitativ hochwertige Kleidung über das Sozialhilfemaß hinaus, Aufwendungen für qualitativ hochwertige Nahrung über das Sozialhilfemaß hinaus“. Weiterhin ist im Testament bestimmt, dass dann, wenn die jährlichen Reinerträge nicht in voller Höhe in der genannten Weise verwendet werden, diese für spätere größere Anschaffungen oder Unternehmungen zugunsten der Betroffenen anzulegen seien. Schließlich ist bestimmt, dass auch die Substanz des Nachlasses herangezogen werden könne, wenn die Reinerträge zur Bestreitung der Aufwendungen zur optimalen Gesundheitsbetreuung, insbesondere eines Krankenaufenthaltes oder bei erforderlichen Zahnersatz nicht ausreichen sollten.

Der Nachlass bestand aus Sparvermögen in Höhe von ca. 6.700,00 Euro, dem hälftigen Miteigentumsanteil an dem von der Mutter der Betroffenen als weitere Miteigentümerin zu ½ bewohnten Einfamilienhausgrundstück im Wert von 69.300,00 Euro.

Die Nachlassverbindlichkeiten betrugen ca. 9.000,00 Euro.

Sowohl der zuständige Sozialleistungserbringer, der LWV Hessen, als auch die Vertreterin der Staatskasse des Landes Hessen im vorliegenden Betreuungsverfahren akzeptierten diese Vermögenszuwendung als geschütztes Vermögen und sprachen sich gegen einen Rückgriff für verauslagte Sozialleistungen aus (vgl. Schreiben des LWV Hessen vom 09.05.2012, Bl. 198 I d.A.;Stellungnahme der Bezirksrevisorin vom 24.10.2012, Bl. 205 I d.A.).

Mit notariellem Vertrag vom 21.06.2012 (Bl. 188 ff. I d.A.) übertrug die Betroffene, vertreten durch ihren Betreuer, ihren Anteil an der ungeteilten Erbengemeinschaft mit dinglicher Wirkung an ihre Mutter, die weitere Miterbin. Als Gegenleistung wurde eine Zahlung in Höhe von 21.287,90 Euro, dem rechnerischen Wert des Anteils der Betroffenen am gesamten Nachlass des Vaters, vereinbart. Gleichzeitig wurde die Bewilligung zur Berichtigung des Grundbuchs auf eine alleinige Eigentümerstellung der Mutter der Betroffenen erteilt.

Die auch in dem daraufhin angestrengten Verfahren auf betreuungsgerichtliche Genehmigung des Erbteilsübertragungsvertragesbestellte Verfahrenspflegerin äußerte in ihrer Stellungnahme vom 16.08.2012 (Bl. 200 f. d.A.) Bedenken dahingehend, dass nach der Vornahme der Erbteilsübertragung ggf. eine Wiedereinziehung der verauslagten Betreuervergütungen in Betracht käme und dies den Interessen der Betroffenen widerspräche.

Gleichwohl genehmigte das Amtsgericht durch Beschluss vom 05.09.2012 (Bl. 202 f. I d.A.) die Erklärungen des Betreuers betreffend die Erbteilsübertragung.

Mit Schreiben vom 15.02.2013 (Bl. 240 I d.A.) hat das Amtsgericht die Wiedereinziehung der seit dem Jahr 2009 verauslagten Betreuervergütungen sowie von 409,66 Euro Gutachterkosten angekündigt, insgesamt 8.923,66 Euro.

Diesem Begehren hat sich die Bezirksrevisorin sodann in ihrer Stellungnahme vom 19.02.2013 (Bl. 241 I d.A.) angeschlossen. Der Betreuer sowie die auch für das Wiedereinziehungsverfahren zur Verfahrenspflegerin bestellte Beschwerdeführerin haben sich jedoch auf Verjährung berufen und im Übrigen hinsichtlich der unverjährten Ansprüche die Auffassung vertreten, der zunächst dem Erbteil der Betroffenen aufgrund der erbrechtlichen Konstruktion im Wege eines sog. Behindertentestaments zukommende Schutz vor dem Zugriff von Sozialleistungserbringern müsse sich auch an dem durch Übertragung des Erbteils erlangten Geldbetrag fortsetzen.

Das Amtsgericht hat lediglich die Einrede der Verjährung als beachtlich angesehen und im Übrigen für die seit dem Jahr 2010 ausgezahlten, im Einzelnen dargelegten Beträge in Höhe von 5.544,00 Euro die Wiedereinziehung angeordnet (Beschluss vom 28.05.2013, Bl. 3 II d.A.).

Gegen die der Beschwerdeführerin am 04.06.2013 zugestellte Entscheidung richtet sich deren am 04.07.2013 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin und auch der Betreuer wiederholen ihre erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Die Bezirksrevisorinverteidigt die angefochtene Entscheidung und führt zur Begründung an, es handele sich nicht um ein Surrogat, das der Testamentsvollstreckung unterliege. Vielmehr sei durch den notariellen Vertrag nicht nur der Erbteil der Betroffenen dinglich übertragen, sondern aufgrund der Vereinigung aller Erbteile in der Person der Erwerberin die Erbengemeinschaft aufgehoben worden.

Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Verfahrensakte der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Stellungnahme vom 01.08.2013 (Bl. 27 f. I d.A.) ergänzend an, das Amtsgericht habe den notariellen Vertrag genehmigt und – da es nunmehr eine andere Auffassung vertrete - sozusagen sehenden Auges eine Regelung zum Nachteil der Betroffenen getroffen. Auch der Betreuer führt an, man sei bei der notariellen Regelung davon ausgegangen, dass auch die erhaltene Gegenleistung zum Schonvermögen gehöre.

Indes kündigte inzwischen auch der LWV Hessen mit Schreiben vom 20.03.2013 (Bl. 2 II d.A.) an, einen Einsatz des Vermögens zu fordern, weil der Erbteil nach Übertragung nicht mehr geschützt sei.

II. Die gemäß §§ 292 I, 168, 58 I FamFG statthafte Beschwerde gegen die Anordnung des Regresses wahrt Form und Frist der §§ 63, 64 FamFG und ist auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist der Beschwerdewert von 600,01 Euro gemäß § 61 I FamFG erreicht und die Beschwerdeführerin ist gemäß § 303 III FamFG zur Einlegung der Beschwerde berechtigt.

In der Sache konnte das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg haben.

Das Amtsgericht hat die an den Betreuer aus der Staatskasse gezahlte Vergütung – auch der Höhe nach – zu Recht von der Betroffenen zurückgefordert.

(1) Hat das Betreuungsgericht wie hier festgestellt, dass der berufene Betreuer nach Maßgabe von §§ 1908i I, 1836 I BGB, 1 I VBVG berufsmäßig tätig wird, hat es ihm auf Antrag eine Vergütung zu bewilligen, § 1 II 1 VBVG i.V.m. §§ 292 I, 168 FamFG.Die Vergütung kann nach dem Ende der Führung der Betreuung oder bei laufender Betreuung nach dem Ablauf von jeweils drei Monaten für diesen Zeitraum geltendgemacht werden(§ 9 S. 1 VBVG). Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung beim Betreuungsgericht geltend gemacht wird (§ 2 VBVG).

Die Höhe der dem Betreuer zustehenden Pauschalvergütung bestimmt sich nach §§ 1908i, 1836 I BGB i.V.m. §§ 4, 5 VBVG und ist abhängig von der Dauer der Betreuung, der Zuordnung der Betreuung zu einer der in § 5 VBVG genannten Betreuungsgruppen sowie der Qualifikation des Betreuers.

Bei der jedenfalls nicht zum Nachteil der Betroffenen vorgenommenen Zuordnung zur Betreuungsgruppe des nicht im Heim lebenden mittellosen Betreuten gemäß § 5 II 2 VBVG beträgt der zugrunde zulegende Stundenansatz in den ersten drei Monaten der Betreuung 7 Stunden, im vierten bis sechsten Monat 5,5 Stunden, im siebten bis zwölften Monat 5 Stunden und danach3,5 Stunden monatlich.

Nach § 4 I VBVG beträgt die dem Betreuer zu bewilligende Vergütung 27,00 Euro je Stunde. Verfügt er über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuungnutzbar sind, so erhöht sich der Stundensatz entsprechend seiner Qualifikation auf 33,50 Euro (§ 4 I 2 Ziff. 1 VBVG)bzw. auf 44,00 Euro (§ 4 I 2 Ziff. 2 VBVG). Nach § 4 II 1 VBVG gelten die Stundensätze auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen sowie anfallende Umsatzsteuer ab. Die vom Amtsgericht vorgenommene Einstufung der Qualifikation des Betreuers in den höchsten Stundensatz von 44,00Euro wird von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.

Ein Grund zur Beanstandung ist angesichts der im Vergütungsantrag ausgewiesenen Qualifikation des Betreuers als Dipl. Supervisor auch nichtersichtlich; die Einstufung beruht zudem offensichtlich auf der dem erfahrenen Berufsbetreuer aufgrund seiner Ausbildung auch in anderen Betreuungsverfahren gewährten Vergütung.

Diese Grundsätze wurden bei den verfahrensgegenständlichen Vergütungsabrechnungen und -auszahlungen im Zeitraum Januar 2010 bis Februar 2013 berücksichtigt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

(2) Nach Befriedigung dieser Forderungen durch die Staatskasse ist der Anspruch gegen die Betroffene auf die Staatskasse übergegangen (§ 1836e Abs. 1 BGB). Der übergegangene Anspruch kann nach Maßgabe der Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB im Wege des Regresses durchgesetzt werden(vgl. Palandt, BGB, 72. Aufl., § 1836e Rn. 4).

Gemäß § 168 Abs. 1 S. 2,3 FamFG hat das Betreuungsgericht von Amts wegen zugleich mit der Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse oder aber später über die Anordnung eines Regresses zu entscheiden.

Der Regress der Staatskasse setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Erstattung durch die Staatskasse eine Mittellosigkeit des Betreuten nicht vorlag oder die Mittellosigkeit zu einem späteren Zeitpunkt behoben ist. Die Zahlungen der Staatskasse gemäß §§ 1835, 1836, 1836a BGB, 1 VBVG sind Sozialleistungen mit Vorschusscharakter (vgl. Palandt, BGB, 72. Aufl., § 1836e, Rn. 1). Im Unterschied zum sonstigen Sozialrecht hat der Betreute auch später erworbenes Vermögen für den Regress einzusetzen(BGH NJW 2007, 844). Vorliegend sind diese Voraussetzungen für einen Regress der Staatskasse gegeben.

Mittellosist der Betreute, wenn ihm sozialrechtlich nicht zugemutet werden kann, für die Kosten der Betreuung aufzukommen (Palandt, BGB, 72. Aufl. § 1836d Rn. 1). Der Betreute gilt nach § 1836d BGB als mittellos, wenn er den Aufwendungsersatz oder die Vergütung aus seinem nach § 1836cBGB einzusetzendem Einkommen oder Vermögen (1) nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten oder (2) nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann.

Die dabei einzusetzenden Mittel bestimmen sich gemäß § 1836c BGB im Einzelnen nach den §§ 87 und 90 SGB XII. Durch diese Verweisung soll verhindert werden, dass die für eine Gewährung von Sozialhilfe maßgebenden Merkmale dauerhaft von den Kriterien abweichen, unter denen der Betroffene selbst für die Vergütung des ihm beigeordneten Betreuers einzustehen hat (vgl. OLG Zweibrücken, FamRZ1999, 799, 800; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.11.2003 - 20 W 269/03; Kammer, Beschluss vom 11.04.2001 - 3 T 163/01;Beschluss vom 06.07.2006 - 3 T 369/06). Im Rahmen der Ermittlung des Vermögens findet keine Saldierung mit den Verbindlichkeiten statt. Einzusetzen ist das Aktivvermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten (vgl. Palandt, BGB, 72. Aufl.,§ 1836cRn. 9; BGH BtPrax2013, 65; 2013, 109).

Für die Frage der Mittellosigkeit ist im Regelfall auf den Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (OLG München, Beschluss vom 21.02.2007 - 33Wx13/07, Entscheidung der Kammer vom 17.12.2007 – 3 T 548/07;Palandt, BGB, 72. Aufl. § 1836d Rn. 5).

Die Betroffene verfügt nicht über einzusetzendes Einkommen. Indes hat sie ihr Sparvermögen einzusetzen. Gemäß §§ 1836c I, 90 SGB XII bleibt von diesem zugriffsfreilediglich ein Schonbetrag. Dieser beläuft sich nach Maßgabe von § 1 I Ziff. 1 b der Verordnung zur Durchführung des § 90 II Nr. 9 SGB XII (BGBl. 2003, 3060) auf derzeit 2.600,00 €.

Die Betroffene verfügt nach Erfüllung des Erbteilsübertragungsvertrages über Sparvermögen in Höhe von über 20.000,00 Euro. Dieses unterfällt nicht mehr dem Schonvermögen.

Anders als das der Betroffenen infolge testamentarischer Erbregelung zugefallene Vorerbe ist das nunmehr vorhandene Sparvermögen dem Zugriff der Betroffenen bzw. ihres Betreuers nicht mehr entzogen.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Verfügungen von Todes wegen, die in einem sog. Behindertentestament von den Eltern eines behinderten Kindes getroffen wurden und durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie eine mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehene Dauertestamentsvollstreckung dem Kind Vorteile aus dem Nachlassvermögen sichern, dieses indes dem Zugriff von Sozialhilfeträgern entziehen sollen, grundsätzlich als Ausdruck der sittlich gerechtfertigten Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus anzuerkennen und insbesondere nicht als sittenwidrig einzustufen (vgl. BGH FGPrax2013, 167; BGHZ 188, 96).

Infolge dieser rechtlichen Konstruktion wird dem Erben die Verfügungsbefugnis über die betroffenen Nachlassgegenstände entzogen, § 2211 BGB. Gläubiger des Erben, die nicht zu den Nachlassgläubigern gehören, können sich nicht an die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände halten, insbesondere nicht in sie vollstrecken, § 2214 BGB.

Insoweit stellte das der Betroffenen zugewandte Vorerbe kein verwertbares Vermögen im Sinne von § 90 I SGB XII dar.

Jedoch verfügt der Erbe im Umfang der angeordneten Testamentsvollstreckung übereinen Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auf Umsetzung der vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanordnungen. Ein solcher Anspruch auf Freigabe der erforderlichen Nachlassgegenstände etc. ist dem Vermögen des Erben i.S.v. § 90 SGB XII zuzuordnen (BGH FGPrax2013, 167). Ob der Anspruch gegen den Testamentsvollstrecker auch die Freigabe von Vermögen zum Zwecke der Bezahlung des Betreuers umfasst, ist durch Auslegung der vom Erblasser getroffenen Verwaltungsanweisungen zu ermitteln. Hierbei ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen (BGH a.a.O.).Dem steht auch das dem Testamentsvollstrecker grundsätzlicheingeräumte Ermessen nicht entgegen, weil sich dieses in erster Linie auf die Verpflichtung, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten, bezieht; während die Umsetzung vom Erblasser konkretgetroffener Verwaltungsanordnungen grundsätzlich für den Testamentsvollstrecker bindend ist (BGH a.a.O.).

Ausgehend davon war vorliegend zugrunde zu legen, dass der Wille des Erblassers dahin ging, der Betroffenen durch die Testamentsvollstreckung nur solche Vergünstigungenzukommen zu lassen, auf die sie nicht bereits nach den Vorschriften des Sozialrechts Anspruch gegenüber Sozialträgern hätte. Da die Betreuervergütung im Falle von Mittellosigkeit aus der Staatskasse gezahlt wird, war ein Anspruch der Betroffenen gegen die Testamentsvollstreckerin auf Freigabe von Vermögen zum Zwecke der Bezahlung des Berufsbetreuers nichtgegeben, wovon auch die Beteiligten im vorliegenden Betreuungsverfahren sowie das Amtsgericht zu Recht ausgegangen sind.

Infolge der Übertragung des Erbteils der Betroffenen auf die weitere Miterbin, Nacherbin und Testamentsvollstreckerin, die Mutter der Betroffenen, wurde der Erbteil der Betroffenen dinglich übertragen, die Erbengemeinschaft infolge des Eintritts von Personenidentität aufgelöst und sämtliche auf dem Erbteil der Betroffenen liegenden Beschränkungen gegenstandslos. Der vertraglich vereinbarte Herauszahlungsbetrag stellt kein Surrogat für die vormals der Testamentsvollstreckung unterliegenden Vermögensgegenstände dar. Der Geldbetrag ist für die Betroffene bzw. ihren Betreuer mit keinerlei Beschränkungen belegt. Vielmehr ist ein freier Zugriff auf das Vermögen möglich.Damit wurde der oben genannte Schutzmechanismus, der durch die testamentarische Regelung geschaffen wurde, aufgehoben und nicht nur die Betroffene, sondern vielmehr auch deren Gläubiger können nunmehr auf die Vermögensgegenstände ungehindert zugreifen.

Es liegt auch keine unbillige Härte i.S.v. § 90 III SGB XII vor. Nach Maßgabe dieser Bestimmung darf Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Das ist hier nicht der Fall.

Das Vermögen stammt nicht aus besonderen schutzbedürftigen Zahlungen mit Ausgleichsfunktion wie beispielsweise Schmerzensgeldzahlungen (LG Köln, BtPrax1998, 397,Beschluss der Kammer vom 04.03.2008, Az. 3 T 652/07), Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (Beschluss der Kammer vom 26.06.2008, Az. 3 T 335/08) oder Erziehungsgeld (BVerwG NJW 1998, 397), die auch über einen längeren Zeitraum angespart werden können, ohne dem Zugriff des Staates ausgesetzt zu sein.

Im Übrigen kommt ein Schutz des Vermögens nach Maßgabe von § 90 III SGB XII regelmäßig nur dann in Betracht, wenn mit diese meine anerkennenswürdige Zweckbestimmung verfolgt wird, die nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv Ausdruck gefunden hat, beispielsweise durch eine nicht umkehrbare zweckgebundene Geldanlage (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 23.05.2012, L 8 SO 85/11, zitiert nach juris, zur Bestattungsvorsorge). Es muss nämlich sichergestellt sein, dass das Vermögen auch zweckentsprechend verwendet wird. Auch das ist hier nicht der Fall.

Mit der Freigabe von Vermögen, das zunächst in o.g. Art und Weise durch ein Behindertentestament gebunden war, erhält der Vorerbe die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis. Die objektive Zweckbindung geht verloren. Die Gläubiger dürfen auf das Vermögen zugreifen. Es stellt auch gegenüber dem Staat kein Schonvermögen mehr dar (Hessisches LSG, Urteil vom 26.06.2013, L 6 SO 165/10, zitiert nach juris).

Darauf, ob die Freigabe zu Recht erfolgte, kommt es nicht an (Hessisches LSG a.a.O.).

Soweit die Verfahrenspflegerin dem Amtsgericht den Vorwurf macht, „sehenden Auges“ die Genehmigung der Erbteilsübertragungerteilt zu haben, greift dieser Vorwurf nicht durch. Wenngleich die Errichtung eines sog. Behindertentestaments mit dem Ziel, dem Betroffenen Vermögen zuzuwenden, dieses jedoch dem Zugriff von Sozialbehörden zu entziehen, anzuerkennen ist, besteht keine Verpflichtung der staatlichen Organe, auf die Aufrechterhaltung dieser rechtlichen Konstruktion hinzuwirken. Wenn ein Betreuer für die Betroffene die Entscheidung trifft, anstelle einer durch Testamentsvollstreckung geregelten Zuwendung von lediglich Teilen des ererbten Vermögens im Wege eines Vertrages den vollen Zugriff auf das gesamte ererbte Vermögen zu erhalten und dadurch andere Nachteile, wie beispielsweise einen teilweisen Regress des ererbten Vermögens durch die Staatskasse, in Kauf nimmt, führt dies nicht zwingend dazu, dass die Genehmigung zu dem Rechtsgeschäft nicht hätte erteilt werden dürfen. Das Vermögen hätte zur Finanzierung notwendiger Anschaffungen genutzt werden können und immerhin stehen der Betroffenen auch nach der Anordnung des Regresses noch erhebliche Vermögenswerte zur Verfügung, die zeitnaheingesetzt werden können.

Ungeachtet dessen könnten dem Gläubiger des Regressanspruchs, der Staatskasse des Landes Hessen, Erklärungen des Rechtspflegers des Amtsgerichts nicht zugerechnet werden. Das Betreuungsgericht ist nicht befugt, darüber zu entscheiden, ob auf die Geltendmachung der übergegangenen Forderung verzichtet wird und ob und wie die Staatskasse den Anspruch zu vollstrecken gedenkt; das ist Aufgabe der Landeskasse (LG Bückeburg BtPrax2013, 165). Auch etwaige Amtshaftungsansprüche können in dem vorliegenden Verfahren nicht geprüft werden. Dies ist dem Zivilrechtsweg vorbehalten (vgl. BGH BtPrax2012, 163 zum Einwand der Aufrechnung).

Das Rechtsmittel konnte damit keinen Erfolg habe.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Beschwerdeführerin können Kosten nicht auferlegt werden, § 276 VII FamFG.

Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde durch die Kammer gegen den Beschluss ein Rechtsmittel nicht eröffnet ist, § 70 FamFG.