OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 06.03.2013 - 2 UF 394/12
Fundstelle
openJur 2013, 22168
  • Rkr:

1. Ein Wechselmodell, das wegen der paritätischen Betreuung eines Kindes auch unterhaltsrechtlich zur Folge hat, dass beide Eltern auf den Barunterhalt des Kindes haften, liegt nur dann vor, wenn neben etwa gleichwertigen zeitlichen Anteilen in der Betreuung auch die Verantwortung für die Sicherstellung einer Betreuung bei beiden Eltern liegt.

2. Fehlt es daran, so kann dem hohen Betreuungsanteil des unterhaltspflichtigen Elternteils im Rahmen dieses erweiterten Umgangs dadurch Rechnung getragen werden, dass seine Unterhaltspflicht aus einer niedrigeren Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle entnommen wird, als der sich aus seinen bereinigten Einkünften entsprechenden Stufe.

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Marburg vom 23.Oktober 2012 wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegner wird verpflichtet, ab dem Monat August 2012 an das Kind A, monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 115 % des Mindestunterhalts nach § 1612 a BGB in Verbindung mit Art. 36 Nr. 4EGZPO der jeweiligen Altersstufe des Kindes unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes, derzeit also (419 € abzgl. 92 €=) 327 € zu zahlen.

Der Antragsgegner wird verpflichtet, für den Zeitraum von Januar 2011 bis Juli 2012 an das Kind A, einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 5.886 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 981 € seit dem 28. März 2011 sowie aus weiteren 327 € seit dem 1. April 2011, weiteren 327 €seit dem 1. Mai 2011, weiteren 327 € seit dem 1. Juni 2011,weiteren 327 € seit dem 1. Juli 2011, weiteren 327 € seit dem 1. August 2011, sowie aus weiteren 327 € seit dem 1.September 2011, weiteren 327 € seit dem 1. Oktober 2011,weiteren 327 € seit dem 1. November 2011, weiteren 327 €seit dem 1. Dezember 2011, weiteren 327 € seit dem 1. Januar 2012, sowie aus weiteren 327 € seit dem 1. Februar 2012,weiteren 327 € seit dem 1. März 2012, weiteren 327 € seit dem 1. April 2012, weiteren 327 € seit dem 1. Mai 2012,weiteren 327 € seit dem 1. Juni 2012 und weiteren 327 €seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerderechtszuges zu tragen, im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.175€ festgesetzt. Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird in Abänderung des angefochtenen Beschlusses auf 5.175 €festgesetzt.

IV. Der Beschluss ist im Hinblick auf die angeordneten Unterhaltszahlungen sofort wirksam.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die am … 2001 geborene Antragstellerin fordert von ihrem Vater, dem Antragsgegner, Kindesunterhalt für die Zeit ab Januar 2011. Am 7. März 2011 hat sie ihn im Wege des Stufenantrags zunächst auf Auskunft und später (Bl. 62 d.A.) auf Unterhaltszahlungen in Höhe von 120 % des Mindestbetrages im Sinne des § 1612 a BGB in Anspruch genommen. Das Verfahren hat die Mutter der Antragstellerin in Verfahrensstandschaft für das Kind eingeleitet. Während des Verfahrens ist die Ehe der Eltern rechtskräftig geschieden worden. Im Einvernehmen mit dem Antragsgegner ist das Rubrum sodann dahin umgestellt worden, dass das Kind vertreten durch seine Mutter den Unterhaltsantrag verfolgt.

Der Antragsgegner ist ...-Beamter und hat seine Leistungsfähigkeit für den geschuldeten Unterhalt zu keinem Zeitpunkt bezweifelt. Er beruft sich darauf, dass kein Unterhalt geschuldet sei, weil die Mutter der Antragstellerin und er am 16.März 2010 mit notariellem Vertrag die Betreuung im Wechsel vereinbart hätten. In der notariellen Vereinbarung heißt es:

„Bezüglich der gemeinsamen Tochter A, geb. ...2001,vereinbaren die Parteien für die Zeit des Getrenntlebens und für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Diese soll nach dem sogenannten „Wechselmodell“ ausgeübt werden, bei dem die gemeinsame Tochter A weiterhin wie bisher durch beide Elterneile in ungefähr gleichwertigem Umgang betreut wird.“

Weitere Absprachen, insbesondere zu der finanziellen Ausstattung des Kindes, fehlen.

Anfang 2011 vereinbarten die Eltern, dass A alle 14 Tage von Freitag bis Sonntag, darüber hinaus an zwei Tagen in der Woche beim Vater sein sollte. Dazu kommen Ferienzeiten bei ihm. Der Antragsgegner hat für A in seinem Haushalt ein Kinderzimmer eingerichtet, er trägt sämtliche Umgangskosten im Sinne der Fahrtkosten allein. Die übrigen Kosten für das Kind (Kleidung,sportliche Aktivitäten, Musikunterricht, Schulmaterialen,Krankenversicherung etc.) trägt die Mutter.

Der Antragsgegner ist der Meinung, dass ein Wechselmodell praktiziert wird. Es sei daher bereits nicht davon auszugehen, dass das Kind vertreten durch die Mutter Unterhaltsansprüche gegen ihn geltend machen könne; richtigerweise müsse ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Da die Mutter des Kindes über ähnlich hohe Einkünfte verfüge wie er, sei indes kein Unterhalt geschuldet. Er habe das Kind annähernd in der Hälfte der vergangenen Zeit betreut.Dazu hat der Antragsgegner eine Auflistung von Daten vorgelegt (Bl.92-94 d.A.), aus der sich nach seiner Auffassung ergibt, dass Aihre – außerhalb der Schulzeiten liegende – Freizeit zur Hälfte bei ihm verbringt.

Die Antragstellerin ist dem Vortrag entgegengetreten, dass die gelebte Umgangsvereinbarung ein Wechselmodell darstelle. Sie beruft sich darauf, dass der Antragsgegner als ...-Beamter so oft in Schichten arbeiten müsse, dass er den von ihm behaupteten Betreuungsumfang gar nicht erfüllen könnte. Sie ist daher der Meinung, dass sie seit dem Monat Januar 2011 Unterhalt nach seinen Einkommensverhältnissen fordern kann.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2012, auf den zur weiteren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass kein Wechselmodell vorliegt, weil das Kind leicht überwiegend von der Mutter betreut wird. Die vom Antragsgegner geltend gemachten Abzüge für das Halten eines Kinderzimmers oder Umgangskosten seien nicht gerechtfertigt. Auch andere Umgangsberechtigte würden Kinderzimmer für die umgangsberechtigten Kinder vorhalten und könnten hier keine Abzüge tätigen.

Gegen den ihm am 26. Oktober 2012 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der am 1. November 2012 eingelegten Beschwerde, die er – nach Fristverlängerung – am 2.Januar 2013 begründet hat. Der Antragsgegner beruft sich nach wie vor auf ein Wechselmodell und legt hierfür noch einmal die Listen zu den Zeiten vor, in denen das Kind bei ihm gewesen sein soll (Bkl. 207-210 d.A.), im Übrigen gelte nach wie vor die Vereinbarung vor dem Notar. Er beruft sich weiterhin darauf, dass die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin nicht dazu befugt ist,Kindesunterhaltsansprüche geltend zu machen. Hierfür müsse die Mutter ein Verfahren gemäß § 1628 BGB einleiten und sich insoweit die elterliche Sorge übertragen lassen, weil es an der notwendigen Obhut fehle. Er beanstandet, dass das Amtsgericht mit dem Beschluss seine Grundrechte gekränkt habe, im Einzelnen rügt er den Verstoßgegen Art. 6 GG in Verbindung mit Art. 8 EMRK, den Verstoß gegen Art. 3 GG durch eine willkürliche Ungleichbehandlung und den Verstoß gegen Art. 14 GG. Im Übrigen weist er nun darauf hin, dass nach seinem Dafürhalten bei einer weit überdurchschnittlichen Umgangsquote Abzüge für die damit verbundenen Kosten aus dem anrechnungsfähigen Einkommen des Antragsgegners vorgenommen werden müssten.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und den Antrag auf Zahlung von Unterhalt zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin legt im Verfahren nunmehr dar, an welchen Tagen im Jahr 2011 sie sich in ihrem Haushalt aufgehalten hat. Sie behauptet, der Antragsgegner verfüge allein über den Kalender mit den Umgangskontakten für das Jahr 2012 und weigere sich, ihn ihrer gesetzlichen Vertreterin vorzulegen. Im Einzelnen habe sie jedenfalls im Jahr 2011 monatlich nur etwa 1/3 der Tage bei ihrem Vater verbracht. Von daher lebe sie in der Obhut ihrer Mutter.Diese sei daher berechtigt, Unterhaltsansprüche gegen den Antragsgegner geltend zu machen.

Der Senat hat den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Unterhaltsberechnung im Wechselmodell zu einer Bildung von Haftungsquoten zwischen den Eltern führt und er insoweit Vortrag zu halten haben wird, wie hoch der Bedarf des Kindes ist (Elementarbedarf zzgl. der durch das Wechselmodell verursachten Mehrkosten durch Halten doppelter Wohnungen etc.) und dass er insoweit auch zu der Haftungsquote vortragen müsste. Die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin ist gebeten worden,ihre Einkommensbelege vorzulegen. Dem ist sie nachgekommen. Sie verdient als … monatlich netto etwas mehr als der Antragsgegner, trägt allerdings durch die Übernahme des ursprünglich gemeinsamen Hauses und der damit verbundenen Herauszahlung an den Antragsgegner ganz erhebliche Lasten mit rund 1.500 Euro monatlich.

Im Beschwerderechtszug konnten die Beteiligten zu den Betreuungszeiten klarstellen, dass A nicht in einem regelmäßigen Rhythmus bei ihrem Vater sein kann. Der Antragsgegner kann –bedingt durch seine Arbeitszeiten als ...-Beamter – nicht an lange Zeit vorab feststehenden Wochentagen für sie zur Verfügung stehen, sondern teilt jeweils mit, an welchen Tagen er sie abholen kann. Hier kommt es auch zu Verschiebungen, wenn der Schichtplan es erforderlich macht, dass der Antragsgegner kurzfristig eingeteilt wird. Der Schichtplan ist der Kindesmutter nicht bekannt. Die Kindesmutter, die in der gleichen Schule arbeitet, die A besucht,steht jederzeit für die Betreuung zur Verfügung.

II.

Die gemäß § 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist nur zu einem geringen, aus dem Beschlusseingang ersichtlichen Teil begründet.

Die Antragstellerin kann – gesetzlich vertreten durch ihre Mutter – ihre Unterhaltsansprüche gegen den Antragsgegner geltend machen. Nachdem die Beteiligten einvernehmlich eine subjektive Klageänderung vorgenommen haben (zu der Möglichkeit, die Verfahrensstandschaft auch nach Scheidung weiterzuführen Born, in:Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Aufl. 2012, Rn.89 zu § 1629 BGB), liegt eine solche Vertretung vor. Die Antragstellerin lebt, soweit steht nach dem Vortrag in der Beschwerdeinstanz fest, in der Obhut ihrer Mutter, sodass die Vertretungsregelung des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB Anwendung findet.

Nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB kann der Elternteil, in dessen Obhut das Kind lebt, das Kind bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen allein vertreten. Damit stellt das Gesetz für die Vertretung des minderjährigen Kindes auf die tatsächliche Obhut- und Betreuungssituation ab (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007, XII ZR 161/04, FamRZ 2007, 707ff, zitiert nach Juris, Rn. 8).Wechseln sich die Eltern bei der Betreuung in einem Maße ab, dass das Kind paritätisch in den beiden Haushalten lebt, dann kann es an einer Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 S.2 BGB fehlen. Dann ist – insoweit teilt der Senat die rechtliche Auffassung des Antragsgegners – kein Elternteil dazu in der Lage, den Unterhalt für das Kind gegenüber dem anderen geltend zu machen, es müsste dann ein Ergänzungspfleger bestellt werden (Klinkhammer, in:Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, Rn. 448 a.E.; Peschel-Gutzeit, in:Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Stand 2007, Rn.336 zu § 1629 BGB).

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass der Antragsgegner sich hier nicht in gleicher Weise wie die Mutter des antragstellenden Kindes verantwortlich in die Betreuung des Kindes einbringt und der Schwerpunkt des Aufenthalts des Kindes daher bei der Mutter liegt.Auf die notarielle Vereinbarung kann der Antragsgegner sich bereits nicht berufen, weil sie ausschließlich sorge- und umgangsrechtlichen Inhalt hat und daher keine Wirksamkeit entfaltet. Denn nur unter Mitwirkung eines Familiengerichts können Vereinbarungen über die elterliche Sorge wirksam werden. Es kommt daher auf die tatsächliche Ausgestaltung der Regelung durch die Eltern an. Die konkreten Aufenthaltszeiten, denen für die Frage des Vorliegens eines Wechselmodells indizielle Bedeutung zukommt (BGH,Urteil vom 28. Februar 2007 zu XII ZR 161/04), sind jedoch anders als der Antragsgegner meint, nicht gleichgewichtig.

Der vom Antragsgegner vorgetragene Rhythmus ergibt nämlich keine gleichwertige zeitliche Betreuung des Kindes. Der Antragsgegner stellt hier nur auf die Tage ab, an denen sich A bei ihm aufhält.Die mit ihm vereinbarte Regelung zeigt – einmal angenommen,die unter der Woche vereinbarten Umgänge finden Dienstag und Mittwoch statt – dass A sich an 7 von 14 Tagen bei ihm aufhält (Umgangszeiten sind grau unterlegt):

MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag……………………….MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag……………………… …………………………………...Das blendet allerdings aus, dass das Kind sich in den Nächten vor und nach diesen Tagen und teilweise auch während der Schulzeiten nicht bei ihm aufhält. Wie folgende Übersicht über die Nächte in zwei Wochen zeigt, verbringt A nur 4 von 14 Nächten im Haushalt ihres Vaters:

Montag /DienstagDienstag /MittwochMittwoch /DonnerstagDonnerstag /FreitagFreitag /SamstagSamstag /SonntagSonntag /Montag………….Montag /DienstagDienstag /MittwochMittwoch /DonnerstagDonnerstag /FreitagFreitag /SamstagSamstag /SonntagSonntag /Montag……….……….:…………Wenn auch die Schulzeiten Betreuungszeiten sind, von denen im Ergebnis beide Eltern profitieren können, so zeigt doch die zwischen den Eltern vereinbarte Verantwortlichkeit, dass A in diesen Zeiten vor allem auf ihre Mutter zurückkommen kann. So wird das Kind wegen der Schichtdienste des Vaters im Krankheitsfall von der Mutter betreut werden.

Der Antragsgegner ist zwar – das zeigen die von ihm vorgelegten Datumslisten – im Vergleich zu anderen umgangsberechtigten Vätern überproportional dazu bereit, A zu sich zu nehmen und zu versorgen. Legt man die vom Antragsgegner vorgelegten Datumslisten zu Grunde, dann ist A im März und April 2012 an 7 Tagen vollständig und an 9 Tagen stundenweise bei ihrem Vater gewesen, im Mai 2012 ebenfalls an sieben Tagen vollständig und an 8 Tagen etwa hälftig, im Juni 2012 je 7 Tage ganz und 7 Tage hälftig, im Juli (Sommerferien) verbrachte A 14 ganze und 2 halbe Tage bei ihrem Vater. Diesen – bestrittenen Vortrag –zugrunde gelegt zeigt sich, dass der Vater sich bei der Betreuung des Kindes weit mehr als üblich engagiert. Allerdings bringt es sein Beruf mit sich, dass er keine festen Zeiten zusagen kann, an denen A bei ihm sein kann. Er hat gegenüber dem Senat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass er seine Dienstpläne ein Jahr im Voraus erhält und aus diesen Dienstplänen ablesen kann,wann A voraussichtlich bei ihm sein kann. Diesen Dienstplan stellt er jedoch der Mutter von A nicht zur Verfügung. Außerdem führt der Dienstherr Korrekturen und Erweiterungen der Dienstpläne durch,entweder bei krankheitsbedingten Ausfällen oder aber wenn der Antragsgegner nicht auf die vereinbarte Wochenarbeitszeit kommt.Das führt dazu, dass die Aufenthaltszeiten letztlich nur verhältnismäßig kurzfristig abgesprochen werden; der Antragsgegner muss gelegentlich auch vereinbarte Aufenthaltszeiten kurzfristig absagen.

Im Ergebnis ist die Kindesmutter gehalten, sich jederzeit für die Kinderbetreuung zur Verfügung zu halten. Sie kann sich nicht darauf einrichten, zu bestimmten Zeiten nicht in die Kinderbetreuung eingebunden zu sein, sie steht auch tatsächlich immer als Betreuungsperson zur Verfügung. Das gilt auch dann, wenn A etwa krankheitsbedingt nicht die Schule besuchen kann. Da der Obhutsbegriff nicht schematisch auf Betreuungszeiten abstellt,sondern auch auf die Deckung weiterer elementaren Lebensbedürfnisse (Huber, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6.Aufl. 2012, Rn. 76 zu § 1629 BGB), ist außerdem zu berücksichtigen,dass die Mutter die Kleidung für ihre Tochter einkauft, sie mit den notwendigen Utensilien für die Schule versorgt, Sport- und Musikunterricht finanziert und regelt sowie die Kosten für Klassenfahrten übernimmt.

Nach alledem befindet sich das Kind hier in der Obhut der Mutter. Denn ihr Haushalt stellt den verlässlichen Lebensmittelpunkt für das Kind dar, von dem es Freizeitaktivitäten und Treffen mit dem Vater plant. Der Vater übt lediglich ein erweitertes Umgangsrecht aus.

Dazu kommt, dass der Senat mit dem Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) davon ausgeht, dass die Vereinbarung eines Wechselmodells voraussetzt, dass die Eltern sich auch über die finanziellen Bedürfnisse des Kindes und finanziellen Folgen geeinigt haben www.dijuf.de, dort III.). Die Frage, wie die finanzielle Ausstattung des Kindes mit Taschengeld, Kleidung, den für die Schule notwendigen Sachmitteln, notwendigen Auslagen für Geschenke bei Kindergeburtstagen etc. gestaltet werden soll, muss bei einer in paritätischer Verantwortung ausgeübten Betreuung des Kindes geregelt sein. An einer solchen Absprache fehlt es hier. Es reicht gerade nicht aus, während etwaiger Aufenthalte Wohnraum und Nahrung zur Verfügung zu stellen, weil auch diese Bedürfnisse gedeckt werden müssen. Soweit der Antragsgegner die Meinung vertritt, die Kindesmutter könne diese Aufwendungen aus dem ihr zufließenden Kindergeld bestreiten, folgt der Senat dem nicht. Denn das Kindergeld – genauer der Anteil des Kindergeldes, der als steuerlicher Vorteil von der Mutter für das Kind eingesetzt werden kann (92 €) – reicht dafür bei weitem nicht aus.

Steht danach fest, dass die Antragstellerin gesetzlich vertreten durch ihre Mutter Unterhaltsansprüche gegen den Antragsgegner verfolgen kann, ist der Unterhalt nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu bemessen. Die Mutter ist,weil sie das Kind im Sinne des § 1606 Abs. 3 BGB betreut, auch nicht anteilig an den Unterhaltskosten für das Kind zu beteiligen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 zu XII ZR 161/04, zitiert nach Juris, Rn. 16f.). Auch die Höhe ihrer – freiwillig mitgeteilten – Bezüge führt nicht zu einer anteiligen Haftung auf den Kindesunterhalt im Sinne des § 1603 Abs. Abs. 2 S. 3 BGB,denn die Mutter verdient nicht bedeutend mehr als der Antragsgegner.

Der Antragsgegner verfügt unstreitig über bereinigte Einkünfte in Höhe von monatlich 2.375 €. Daraus wäre er – nach einer Höherstufung, weil er nur gegenüber einer Person unterhaltspflichtig wäre – zu Unterhaltszahlungen aus der fünften Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle zu verpflichten,mithin zu monatlichen Zahlungen in Höhe von derzeit 345 €. Zu diesem Ergebnis kommt das Amtsgericht im angefochtenen Beschluss.

Der Senat ist allerdings der Meinung, dass man den unstreitig ausgeübten, deutlich erweiterten Umgang auch mit in die Unterhaltsfrage einbeziehen muss (a.A. Seiler, in: Gerhardt /Heintschel-Heinegg, Familienrecht, 8. Aufl. 2011, Kapitel 6, Rn.294). Dabei ist mit der zitierten Stellungnahme des DIJuF (dort Ziff. IV) davon auszugehen, dass ein solcher, unterhaltsrechtlich bedeutsamer Umgang anzunehmen ist, wenn sich das Kind regelmäßig mehr als 10 Tage im Monat beim Umgangsberechtigten aufhält. Kosten,die dem Umgangsberechtigten durch die Ausübung eines solchen deutlich über das übliche Maß hinausgehenden Umgangs entstehen,schränken die Leistungsfähigkeit ein und sind daher für die Lebensstellung des Kindes bedeutsam.

Für die Berücksichtigung der bei einem erweiterten Umgang entstehenden Zusatzkosten werden unterschiedliche Methoden vorgeschlagen. Zum Teil soll dem Umgangsberechtigten die Möglichkeit eröffnet werden, die konkreten Mehraufwendungen darzulegen, sodass überprüft werden kann, welche nach § 287 ZPO zu schätzende Kostenersparnis im Haushalt des betreuenden Elternteils gegenüber steht (Klinkhammer, in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, Rn. 448,449). Die bereits zitierte Stellungnahme des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht schlägt dagegen vor, den Unterhaltsbetrag in Abweichung von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen nach einer Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle um eine oder mehrere Gruppen zu ermitteln.

Der Senat vertritt die Auffassung, dass einem erweiterten Umgang, der Kosten auslöst, durch eine veränderte Eingruppierung in die Düsseldorfer Tabelle Rechnung getragen werden muss. Denn anders als bei Umgangskosten, die auch im Fall weiter Entfernungen zwischen den Wohnorten der Eltern entstehen können, ist bei dem erweiterten Umgang der Kostenaufwand für die Lebenshaltung wiederum vom Einkommen und Lebenszuschnitt des umgangsberechtigten Elternteils abhängig. Hier kann nicht ein tatsächlicher –möglicherweise zu hoher oder zu niedriger – Aufwand das leistungsfähige Einkommen schmälern. Vielmehr ist unter Zuhilfenahme der Einkommensstufen in der Düsseldorfer Tabelle ein proportionaler Abschlag von dem im Regelfall geschuldeten Unterhalt vorzunehmen. Anders als bei den nach anderer Ansicht abzusetzenden konkreter Umgangskosten hat diese Vorgehensweise den Vorteil, dass der Aufwand einerseits immer zu einer finanziellen Entlastung des Umgangsberechtigten beiträgt und er andererseits nicht im Verhältnis zu seinem Einkommen zu hohe Kosten verursacht, weil er sich Absetzungen beim Kindesunterhalt erhofft.

Dieser Abschlag ist nur dann möglich, wenn der Mindestunterhalt für das Kind sichergestellt werden kann. Auf die Frage, wie bei noch engeren Einkommensverhältnissen Umgangskosten einbezogen werden können, kommt es vorliegend nicht an, weil die Einkünfte des Antragsgegners auch bei Abschlägen eine Zahlung auskömmlichen Kindesunterhalts ermöglichen.

Nach Auffassung des Senats ist eine Herabstufung um eine Einkommensstufe ausreichend, was hier dazu führt, dass keine Höherstufung erfolgt (ebenso: OLG Brandenburg, Urteil vom 26.Oktober 2006 zu 15 UF 64/06, zitiert nach Juris, Rn. 16).Ausschlaggebend für diese Erwägung ist, dass die Düsseldorfer Tabelle Einkommensstufen zu je 400 € vorsieht. Danach ist ein Umgangskostenanteil von bis zu 400 € abgefangen, wenn der umgangsberechtigte Elternteil über das übliche Maß hinaus Umgang mit dem Kind pflegt und daher auch entsprechende Vorkehrungen in seiner Wohnung trifft sowie Fahrtkosten übernimmt. Diese (zusätzlichen) Kosten übersteigen hier die 400 € nicht. Denn der Antragsgegner gibt neben den zusätzlichen Fahrtkosten die Kosten des von ihm vorgehaltenen Wohnraums mit 250 Euro an, dazu kommen Kosten für die Verköstigung des Kindes. Da auch im Rahmen der häufig im vierzehntägigen Rhythmus geübten Umgangskontakte Kinderzimmer vorgehalten werden und auch hier das Kind zu verpflegen ist, überschreiten die einzig ausschlaggebenden zusätzlichen Kosten 400 € bei weitem nicht.

Soweit der Antragsteller meint, die Entscheidung des Amtsgerichts kränke ihn in seinen vom Grundgesetz garantierten Rechten, kann der Senat dem nicht folgen; auch die nun getroffene Entscheidung wahrt die Grundrechte des Antragsgegners. Es stellt keinen Eingriff in das Elternrecht dar, wenn ein Vater darauf verpflichtet wird, den finanziellen Bedarf seines Kindes zu decken.Die Betreuungsanteile der Mutter sind wegen der ihr faktisch überantworteten Betreuungsgarantie so zu würdigen, dass sie den Unterhalt des Kindes durch Betreuung sicherstellt, während der Antragsgegner den Barbedarf zur Verfügung stellen muss. Damit sind die Elternteile gleich mit Unterhaltsleistungen für das Kind belastet, denn der Betreuungsunterhalt und der Barunterhalt stellen gleichwertige Formen der Unterhaltsleistungen dar (Born, in:Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, Rn. 6 zu § 1606BGB).

Danach hat der Antragsteller seit dem Monat Januar 2011Unterhalt nach der 4. Stufe der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen, was zu den zuerkannten Rückständen führt, die nach dem Antrag vom 2.August 2012 ab Rechtshängigkeit und jeweils Fälligkeit zu verzinsen sind, § 291 BGB. Insoweit war der Tenor im Beschluss des Amtsgerichts klarzustellen, wonach auch die nach der Rechtshängigkeit fälligen Zahlungen seit dem 28. März 2011 zu verzinsen waren; gemeint war offenbar eine Verzinsung ab dem Fälligkeitsdatum. Für die nach dem Monat Juli 2012 fälligen Unterhaltszahlungen ist kein Zins zuzusprechen, weil die angefochtene Entscheidung keine Zinsforderungen berücksichtigt und die Antragstellerin keine Beschwerde eingelegt hat.

Der Antragsgegner hat zwar während des gesamten Zeitraums Unterhaltszahlungen erbracht. Da er indes noch im Beschwerdeverfahren verdeutlicht hat, dass er nicht meint, zu Barunterhaltszahlungen verpflichtet zu sein, sind diese Zahlungen einzig in Erfüllung der einstweiligen Anordnung geflossen oder dienten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung. Die Antragstellerin kann daher die Zahlungen nicht noch einmal fordern. Da der Antragsgegner jedoch nicht mit dem Ziel der Erfüllung geleistet hat, können sie bei der Titulierung nicht in Abzug gebracht werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1, 243 Nr. 1FamFG. Dabei kommt der Rechtsgedanke, der auch in § 92 Abs. 2 Nr. 1ZPO zum Ausdruck kommt, zur Anwendung. Die Beschwerde hatte zu einem nur äußerst geringen Anteil Erfolg, danach rechtfertigt sich eine Kostenauferlegung zu Lasten des Antragsgegners.

Die Entscheidung zur sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 116Abs. 3 S. 2 FamFG.

Der Senat setzt den Streitwert für das Beschwerdeverfahren nach §§ 40 Abs. 1, 51 Abs. 1, 2 FamGKG und nach § 55 Abs. 3 FamGKG auch für das Verfahren vor dem Amtsgericht mit 5.175 € fest. Die Antragstellerin hat erstinstanzlich 120 % des Mindestunterhalts verlangt, das sind 345 €, der Jahreswert nach § 51 Abs. 1FamGKG beläuft sich daher auf 4.140 €. Dazu kommen die vor der Rechtshängigkeit des Stufenantrags geltend gemachten Beträge für die Monate Januar bis März 2011, mithin 3 x 345 € = 1035€.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFGzuzulassen, weil die Bewertung des erweiterten Umgangs im Rahmen des Kindesunterhalts in der Literatur nicht einheitlich gesehen wird und eine oberstgerichtliche Entscheidung zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung notwendig ist.