OLG München, Urteil vom 13.07.2010 - 5 U 2034/08
Fundstelle
openJur 2012, 109661
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 3) wird das Grund- und Teilurteil des Landgerichts München I vom 15. Januar 2008 geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger 34.200,00 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01. Juli 2007 zu zahlen.

2. Die Beklagte zu 3) hat den Kläger von etwaigen Nachteilen (insbesondere Säumniszinsen) freizustellen, die dieser dadurch erleidet, dass er von den Finanzbehörden nicht sogleich ohne Berücksichtigung seiner am 03. Oktober 2004 gezeichneten Beteiligung an der … steuerlich veranlagt worden ist.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten zu 3) gegen den Kläger keinerlei Forderungen, die unmittelbar oder mittelbar aus der Finanzierung der vom Kläger am 03. Oktober 2004 gezeichneten Beteiligung an der … im Nennwert von 60.000,00 €, insbesondere aus den Darlehensverhältnissen mit den Darlehensnummern … (über 27.300,00 €) und … resultieren, zustehen.

4. Die Verurteilung in Ziffern 1. bis 3. erfolgt Zug um Zug gegen Übertragung aller Rechte des Klägers aus der oben genannten treuhänderischen Beteiligung des Klägers an der … im Nennwert von 60.000,00 Euro.

5. Im Übrigen wird die Klage im Verhältnis zur Beklagten zu 3) abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 3) wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Von den Gerichtskosten erster Instanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz tragen der Kläger 75 % und die Beklagte zu 3) 25 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) erster Instanz tragen der Kläger und die Beklagte zu 3) jeweils die Hälfte.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 73.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt von ursprünglich drei Beklagten im vorliegenden Verfahren noch die Beklagte zu 3) wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zeichnung seiner Beteiligung an der F. … Medienfonds … KG (im Folgenden: V… KG) auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Beklagte zu 1) war Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Fondsgesellschaft sowie Geschäftsführer der Fondsinitiatorin und Prospektherausgeberin V… GmbH. Die gegen ihn als Gesamtschuldner gerichtete Klage hat das Landgericht am 15. Januar 2008 abgetrennt (Az. nun: 4 O 1683/08). Die Beklagte zu 2) war neben anderen mit dem Vertrieb der Fondsanteile befasst und hat die Beteiligung des Klägers vermittelt. Die gegen sie gerichtete Klage hat das Landgericht mit rechtskräftigem Teilurteil vom 20. April 2007 abgewiesen. Die Beklagte zu 3) hat die Beteiligung des Klägers teilfinanziert. Von ihr fordert der Kläger Schadensersatz zum einen unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im engeren Sinne mit der Begründung, der für die Anlage herausgegebene und (auch) von der Beklagten zu 3) zu verantwortende Prospekt sei inhaltlich aus mehreren Gründen falsch, und zum anderen unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflichtverletzung bei Eingehung des Darlehensvertrages.

Der Kläger zeichnete nach fernmündlichem Kontakt und postalischem Schriftverkehr mit der früheren Beklagten zu 2) am 03. Oktober 2004 eine Treuhandbeteiligung in Höhe von 60.000,- Euro an der V... KG. Den Beteiligungsbetrag nebst (reduziertem) 2,5 %igem Agio brachte er in Höhe von 34.200,- Euro (54,5 % des Beteiligungsbetrages) aus eigenen Mitteln auf; den Restbetrag von 27.300,- Euro (45,5 % des Beteiligungsbetrages) finanzierte er dem Fondskonzept entsprechend über die Beklagte zu 3). Ein unmittelbarer Kontakt zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) bestand vor der Zeichnung nicht. Vielmehr hat der Kläger den einheitlich für alle Anleger vorgegebenen Kreditantrag zusammen mit den Zeichnungsunterlagen vom Anlagevermittler erhalten und ausgefüllt diesem zur Weiterleitung überlassen.

Gesellschaftszweck der V... KG ist die weltweite Entwicklung, (Co-)Produktion, Verwertung und Vermarktung und der Vertrieb von Kino-, TV- und Musikproduktionen sowie anderer audiovisueller Produktionen nebst Nebenrechten. Nach dem Inhalt des Investitionsplanes (Seiten 63 – 65 des Prospekts; Anlage K 3) waren nach Abzug der emissionsbedingten Nebenkosten von 11,89 % des Kommanditkapitals sowie der laufenden Verwaltungskosten von 0,91 % des Kommanditkapitals (insgesamt somit 12,8 % sog. weiche Kosten) 87,2 % des Kommanditkapitals als Produktionskosten zu investieren. Die Fondsgesellschaft hatte für jedes Filmprojekt einen Produktionsdienstleister mit der Durchführung der Filmherstellung zu beauftragen, der seinerseits die Filmherstellung im Wege der sog. „unechten Auftragsproduktion“ durchzuführen hatte (Seite 11 sowie Seiten 88/89 des Prospekts). Nach Abschluss des jeweiligen Produktionsdienstleistungsvertrages sollten die Produktionskosten in der Regel im Voraus und in voller Höhe von der Fondsgesellschaft an den jeweiligen Produktionsdienstleister bezahlt werden, allerdings erst dann, wenn die nach der Fondskonzeption zu erbringenden Sicherheiten vorlagen und die Gelder daher vom Mittelverwendungskontrolleur freigegeben worden waren. Geplant war weiter, dass die Fondsgesellschaft je Projekt mit einem Lizenznehmer einen Lizenzvertrag abschließt, in dem auch die vom Lizenznehmer spätestens am 30. November 2014 an den Fonds zu leistende Schlusszahlung fest vereinbart werden sollte (Seite 12/13 sowie Seite 90 des Prospekts). Als zentrales, die Bezeichnung als „Garantiefonds“ veranlassendes Sicherungselement des Anlagemodells war die – im Prospekt der V... KG näher beschriebene – Schuldübernahme durch die Beklagte zu 3) vorgesehen. Gegen Zahlung eines Entgelts sollte danach die Beklagte zu 3) die Verpflichtung des Lizenznehmers zur Erbringung der Schlusszahlung übernehmen, und zwar in Höhe eines Betrages von (maximal) 115 % der Bezugsgröße, die definiert wird als der Anteil der Gesamtkosten des vom jeweiligen Lizenznehmer übernommenen Projekts am gesamten Kommanditkapital ohne Agio (Seite 13 sowie Seiten 90/91 des Prospekts). Die Höhe des vom Lizenznehmer zum Zwecke des Wirksamwerdens der Schuldübernahme vorab zu zahlenden Entgelts ist im Prospekt nicht genannt. Zu leisten war unstreitig der Barwert der Schlusszahlung, für alle Projekte des Fonds zusammen ein Betrag in Höhe von gerundet 70 % des Kommanditkapitals. Die Schuldübernahme sichert zudem auch die Rückzahlung des am 30. November 2014 endfälligen und mit – bis zu diesem Stichtag gestundeten – Zinsen von nominal 7,475 % p.a. zu verzinsenden, obligatorischen Anteilsfinanzierungsdarlehens des Anlegers ab (Seiten 6 und 95 des Prospekts).

Der Kläger trägt unter anderem vor, dass der zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts erforderliche Betrag tatsächlich aus dem von den Anlegern aufgebrachten Fondskapital bestritten worden sei. In einer juristischen Sekunde seien die Fondsgelder an die Produktionsdienstleistungsgesellschaft, die Investitionskosten von der Produktionsdienstleisterin an die Lizenznehmerin und das Schuldübernahmeentgelt von der Lizenznehmerin an die Beklagte zu 3) im Wege eines Buchungskreises auf Konten der Beklagten zu 3) überwiesen worden, so dass statt 87,2 % nur (maximal) 17,44 % des eingeworbenen Fondskapitals in die Filmproduktion geflossen seien, während der überwiegende Teil des Kapitals zweckwidrig zur Erwirtschaftung der in 2014 fälligen Schuldübernahme an die Beklagte zu 3) diene. Dies habe die Beklagte zu 3) bereits im März 2004 und damit vor Abschluss des Darlehensvertrages mit ihm, dem Kläger, gewusst. Er legt zum Nachweis insbesondere interne Dokumente der Beklagten zu 3), nämlich einen Hausbrief vom 08. März 2004 nebst Tranksaktionsbeschreibung zu VIP 4 (Anlage KR 82), die Mitteilung über die Kreditgenehmigung vom 15. März 2004 nebst Kreditantrag vom 12. März 2004 (Anlage KR 84), das FKD-Kreditprotokoll vom 08. März 2004 (Anlage KR 85), sowie die am 10. März 2004 angeforderten schriftlichen Erläuterungen zur Transaktionsbeschreibung (Anlage KR 86), vor. Gleichwohl habe die Beklagte zu 3) ihn, den Kläger, vor Abschluss des Darlehensvertrages nicht auf die vom Prospekt und Fondskonzept eklatant abweichende Mittelverwendung hingewiesen.

Er fordert daher von der Beklagten zu 3) die Rückzahlung des einbezahlten Betrages von 34.200,- Euro nebst Zinsen, die Feststellung, dass der Beklagten zu 3) aus den zum Zwecke der Teilfinanzierung der Beteiligung eingegangenen Darlehensverträgen keine Ansprüche gegen ihn – den Kläger – zustehen, und die Verurteilung der Beklagten zu 3) zur Freistellung von sämtlichen weiteren steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen, die für ihn – den Kläger – aus der Anlage resultieren.

Die Beklagte zu 3) hält sich dagegen nicht für verpflichtet, Schadensersatz zu leisten. Sie bestreitet unter anderem eine vom Prospekt abweichende Verwendung der Fondsgelder. Daher sei sie auch nicht zur Erteilung eines Hinweises an den Anleger im Rahmen des Abschlusses des Darlehensschuldverhältnisses verpflichtet gewesen, erst recht nicht mit Blick auf den beschränkten Pflichtenkreis der finanzierenden Bank. Die entgegengesetzte Sicht der Finanzbehörden im noch nicht bestandskräftigen Grundlagenbescheid stehe in Widerspruch zu dem den Zahlungsströmen zu Grunde liegenden Vertragswerk.

Durch Grund- und Teilendurteil vom 15. Januar 2010 hat das Landgericht nach umfangreicher Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen …, …, …, …, …, …, …, …, … und … den gegen die Beklagte zu 3) erhobenen bezifferten Zahlungsantrag dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. An einer Verurteilung zur Leistung in bezifferter Höhe hat es sich gehindert gesehen, weil noch Feststellungen über die aus der Anlage resultierenden Steuervorteile des Klägers zu treffen seien. Daneben hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagten zu 3) gegen den Kläger keine Forderungen aus den streitgegenständlichen Finanzierungsdarlehen zustehen. Schließlich hat das Landgericht die Beklagte zu 3) antragsgemäß dazu verurteilt, den Kläger von allen Nachteilen im Zusammenhang mit der gezeichneten Anlage freizustellen. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe einen Wissensvorsprung der Beklagten zu 3) über die gegenüber dem Prospekt abweichende Mittelverwendung bestätigt. Im Hinblick auf die damit für den Anleger schon unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten bestehenden speziellen Risiken der Anlage sei die Bank ihrem potentiellen Vertragspartner vorvertraglich zur Aufklärung verpflichtet gewesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte zu 3) ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügt die Beweiswürdigung des Landgerichts und hält mit Verweis darauf, dass Produktionskosten in der prospektierten Höhe angefallen und vom Fonds an den Produktionsdienstleister geflossen seien, daran fest, dass eine zweckwidrige Verwendung der Fondsmittel weder tatsächlich vorliege noch im vorvertraglichen Stadium bekannt gewesen sei. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Produktionsdienstleister die bei ihm vorhandene Liquidität dem Lizenznehmer im Rahmen einer Defeasance auf der Grundlage darlehensvertraglicher Vereinbarung (Intercompany Loan) zur Verwendung für das Schuldübernahmeentgelt zur Verfügung stelle. Zudem habe die Art und Weise der Zahlungserbringung und damit der Finanzierung des Lizenznehmers zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe noch nicht festgestanden, weil auch die Vertragspartner der Fondsgesellschaft wegen des vom Medienerlass vorgegebenen Blind-Pool-Konzeptes noch nicht festgestanden hätten. In Betracht gezogen habe man im Stadium der Planung neben einer Buchung der mehreren Zahlungen im …-Kontenkreis insbesondere eine Begleichung des Schuldübernahmeentgelts mittels Swiftzahlung vom Konto des Lizenznehmers bei einer Drittbank auf ein Konto der Beklagten zu 3). Eine Vorgabe ihrerseits, des Beklagten zu 1) oder der Fondsgesellschaft betreffend die Durchleitung der Fondsgelder zur Beklagten zu 3) habe es nicht gegeben. Die Beklagte zu 3) beanstandet weiter, dass das Landgericht die über den letztgenannten Gesichtspunkt mit Beweisbeschluss vom 20. April 2007 (Blatt 599/602 d. A.), dort Ziffer II. 1., angeordnete Beweiserhebung nicht durchgeführt habe.

Beim Oberlandesgericht München ist unter dem Aktenzeichen KAP 1/07 ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz anhängig. Die Beklagte zu 3) ist dort Musterbeklagte zu 2). Zu klären sind in diesem Verfahren – soweit es die hiesige Beklagte zu 3) betrifft – deren Prospektverantwortlichkeit (Feststellungsziel Nr. 3) und als Feststellungsziel Nr. 1 die Fehlerhaftigkeit des Prospekts unter mehreren Gesichtspunkten. Zum Feststellungsziel Nr. 1 ist als Streitpunkt (1) die fehlerhafte Darstellung des steuerrechtlichen Anerkennungsrisikos im Prospekt geltend gemacht. Der tatsächliche Zahlungsfluss und dessen Modalitäten (einschließlich der zeitlichen Abfolge) entsprächen nicht den Prospektangaben und hätten steuerschädliche Auswirkungen. Auf den im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichten Vorlagebeschluss gemäß § 4 KapMuG wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Die Beklagte zu 3) meint, die im Musterverfahren zu treffenden Feststellungen speziell zum Feststellungsziel Nr. 1 seien für die Entscheidung des Verfahrens – auch hinsichtlich des Anspruchs aus vorvertraglicher Pflichtverletzung – vorgreiflich. Sie ist deshalb der Ansicht, dass das Verfahren auch insoweit zwingend nach § 7 Abs. 1 KapMuG auszusetzen sei.

Der Senat hat die am 08. September 2009 beschlossene Aussetzung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 KapMuG (Blatt 1059/1063 d. A.) von Amts wegen nach Anhörung der Parteien am 07. April 2010 aufgehoben (Blatt 1075/1077 d. A.) und am 22. Juni 2010 sowie am 13. Juli 2010 mündlich verhandelt.

Der Kläger hat in der Annahme, die Widerrufsfrist sei infolge mangelhafter Belehrung über das Widerrufsrecht nicht in Gang gesetzt worden, während des Berufungsverfahrens seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung gegenüber der Beklagten zu 3) widerrufen. Dem ist die Beklagte zu 3) entgegengetreten.

Ergänzend wird auf den Tatbestand des Ersturteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den am 07. April 2010 erteilten Hinweis (Blatt 1075/1077 d. A.) und die Niederschriften über die mündliche Verhandlung vor dem Senat (Blatt 1086/1089 d. A. und Blatt 1098/1103 d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten zu 3) hat lediglich hinsichtlich des Umfanges des zu leistenden Ersatzes teilweise Erfolg. Das nur noch wegen eines Teils des geltend gemachten Schadens in der ersten Instanz anhängige Betragsverfahren hat der Senat, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und die Entscheidung über die Freistellung von steuerlichen Nachteilen einerseits und über die Berücksichtigung von Steuervorteilen im Zahlungsantrag andererseits nur einheitlich getroffen werden kann, nach Anhörung der Parteien in die zweite Instanz gezogen (Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 528 Rn. 18).

Der Kläger kann – allerdings nur gegen Abtretung seiner Rechte aus der gezeichneten Beteiligung an die Beklagte zu 3) – von dieser als Darlehensgeberin Schadensersatz wegen Verletzung einer vorvertraglichen Hinweispflicht, culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB n.F.), verlangen. Die Beklagte zu 3) hat in schuldhafter Weise die gebotene Aufklärung über den bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kläger ins Auge gefassten – und nachfolgend auch tatsächlich vorgenommenen – Einsatz der Fondsmittel zum Zwecke der Begleichung des Schuldübernahmeentgelts und über die konzeptionsgemäß für die Filmproduktion verbleibende Liquidität von nur rund 15 % des Fondskapitals unterlassen.

1. Vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten zu 3):

18Die Beklagte zu 3) war vorliegend als Darlehensgeberin verpflichtet, Darlehensinteressenten vor Abschluss des Darlehensvertrages, der untrennbar mit dem Beitritt zur Fondsgesellschaft verbunden war, über den ins Auge gefassten Einsatz der Fondsmittel für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts und über die konzeptionsgemäß für die Filmproduktion verbleibende Liquidität von nur noch rund 15 % des Kapitals aufzuklären. Ob es eine Vorgabe dahingehend, die Fondsmittel für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts einzusetzen, gegeben hat, und wenn ja, wer diese Vorgabe gemacht hat, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Über die streitige Behauptung der Klage, der frühere Beklagte zu 1) und die Fondsgesellschaft selbst hätten den jeweiligen Produktionsdienstleistern und Lizenznehmern eine solche Vorgabe gemacht, braucht deshalb Beweis nicht erhoben zu werden. Die Ausführung des hierzu ergangenen Beweisbeschlusses des Landgerichts kann unterbleiben.

a) Einen Darlehensgeber, der keine Beratung vornimmt, trifft zwar – wovon auch das Landgericht ausgegangen ist – grundsätzlich nicht die Pflicht, den Darlehensnehmer über die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit des zu finanzierenden Geschäfts sowie über Gefahren und Risiken der Darlehensverwendung aufzuklären oder vor dem Vertragsschluss zu warnen. Auch über die Zweckmäßigkeit der Anlage und der Kreditaufnahme muss die Bank grundsätzlich nicht aufklären. Die Bank trifft insbesondere grundsätzlich keine Pflicht, den Kreditnehmer ungefragt über die steuerliche Sinnlosigkeit oder Risikobehaftetheit einer kreditfinanzierten Anlage hinzuweisen. Das Kreditverwendungsrisiko liegt vielmehr beim Kreditnehmer. Diesem obliegt es, sich über die mit der Anlage verbundenen Gefahren zu informieren und die Entscheidung darüber, ob er sie eingehen will, eigenverantwortlich zu treffen. Bei einer finanzierten Kapitalanlage darf die darlehensgebende Bank deshalb regelmäßig davon ausgehen, dass der Darlehensnehmer und Anleger Konzeption und Wirtschaftlichkeit der geplanten Anlage hinreichend geprüft hat, gegebenenfalls unter Einschaltung besonderer Fachberater (statt vieler: BGH, Urteil vom 23.03.2004 – XI ZR 194/02, WM 2004, 1221; Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04, WM 2006, 1194). Auch allein unter dem Gesichtspunkt des hier gemäß § 358 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BGB vorliegenden verbundenen Geschäfts hat die Kreditgeberin für eine unzutreffende Darstellung der Anlage durch Dritte im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ohne das Hinzutreten weiterer, der Kreditgeberin zurechenbarer Umstände nicht einzustehen (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2009 – XI ZR 456/07, WM 2009, 1028 Rn. 33).

20b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist aber eine kreditgebende Bank dem Darlehensnehmer gegenüber zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft – unter anderem – dann verpflichtet, wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18.01.2005 – XI ZR 201/03, WM 2005, 375; Urteil vom 18.03.2008 – XI ZR 241/06, BKR 2008, 249; Urteil vom 24.03.2009 – XI ZR 456/07, WM 2009, 1028; Beschluss vom 15.06.2010 – XI ZR 318/09). Diese im Zusammenhang mit der Finanzierung steuersparender Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodelle ergangene Rechtsprechung ist mangels eine Differenzierung rechtfertigender Unterschiedlichkeit der zu bewertenden Sachverhalte auch auf die hier vorliegende Finanzierung eines Medienfondsanteils anzuwenden.

21aa) Ein solcher Wissensvorsprung war vorliegend deshalb gegeben, weil die Beklagte zu 3) – nicht aber der Kläger – bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Kläger Tatsachen kannte, die offen auf der Hand liegend ein Gefährdungspotential hinsichtlich der künftigen Mittelverwendung begründeten, nämlich die Gefahr einer rein tatsächlichen Verwendung nicht – wie vom Kunden angenommen – für die Schaffung immaterieller Werte in Form von Filmen, sondern für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts und damit wirtschaftlich gesehen zur Barunterlegung für die in 2014 fällige Schlusszahlung der Bank und damit zugleich auch zur Besicherung der Darlehensrückzahlungsansprüche der Beklagten zu 3) gegen die Gesamtheit der Anleger. Die Verwendung des Fondskapitals ist von zentraler Bedeutung für den Anleger. Die künftige, rein tatsächlich von der Prospektbeschreibung abweichende Verwendung stellt eine bedeutsame, regelwidrige Auffälligkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 29.05.2008 – III ZR 59/07, WM 2008, 1205), die sich so nicht aus der Lektüre des Emissionsprospektes für den Anleger erschloss. Dies begründet die Informationspflicht der Bank gegenüber ihrem künftigen Vertragspartner.

Bei der Beklagten zu 3) war das Wissen über die regelwidrige Auffälligkeit im Rahmen der künftigen Mittelverwendung vorhanden, denn sie hatte Kenntnis von der bereits im März 2004 ins Auge gefassten und später auch unstreitig realisierten Durchleitung der Fondsgelder innerhalb einer juristischen Sekunde an die Beklagte zu 3) (in den internen Unterlagen bezeichnet als „…“) zur Verwendung unmittelbar nicht zur Begleichung von Filmproduktionskosten, sondern zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts. Die frühe Kenntnis bei der Beklagten zu 3) hat das Landgericht unter Würdigung der internen Unterlagen der Beklagten zu 3), die deren Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Beantragung und Bewilligung des Kreditengagements einschließlich Schuldübernahme gefertigt haben, und der Aussagen sowie dem Aussageverhalten der vernommenen Zeugen festgestellt. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der getroffenen Feststellungen bestehen nicht, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Anlass für eine Wiederholung der Beweisaufnahme besteht nicht.

(1) Die dem Antrag auf Genehmigung des Reputations- und Prospekthaftungsrisikos vom 08. März 2004 beigefügte Transaktionsbeschreibung (Anlage KR 82) listet unter Ziffer 4. die möglichen Modalitäten zur Vereinnahmung des Schuldübernahmeentgelts auf. In Betracht gezogen wurde danach neben der Swiftzahlung durch eine Kundenbank des Lizenznehmers auch die Buchung aller Zahlungen im internen Kontenkreis der Beklagten zu 3). Diese Alternativen werden unter Ziffer 5. der Transaktionsbeschreibung näher erläutert:

„Die Voraussetzung für das Entstehen der Verpflichtung seitens der … unter dem Schuldübernahmevertrag ist abhängig von dem Eingang des Schuldübernahmeentgeltes. Dies wird sichergestellt durch den Erhalt einer unwiderruflichen Zahlungsanweisung der Kundenbank des Lizenznehmers an die … in Form eines Swift MT 100 Customer Transfer. Somit besteht kein Vorleistungsrisiko seitens der …. Alternativ kann der Buchungskreis über … Konten, die an die … verpfändet sind, stattfinden.“

Beide diskutierten Alternativen weisen darauf hin, dass als Herkunftsquelle des Schuldübernahmeentgelts die Fondsgelder ins Auge gefasst wurden. Da diese vom Mittelverwendungskontrolleur erst mit der Zusage der Schuldübernahme freigegeben werden durften, standen sie dem Lizenznehmer für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts zunächst nicht zur Verfügung. Dieses Problem wird alternativ dadurch gelöst, dass sich die Beklagte zu 3) entweder im Falle der Einschaltung einer ausländischen Bank des Lizenznehmers (siehe dazu die unter (2) wiedergegebene Erläuterung) mit der Sicherstellung des Geldeingangs mittels einer unwiderruflichen Zahlungsanweisung der Kundenbank des Lizenznehmers zufrieden gibt, oder aber – entsprechend der späteren tatsächlichen Durchführung – die Buchungen im internen Buchungskreis auf Konten der Beklagten zu 3) vornimmt.

(2) Der Mitarbeiter der Beklagten zu 3) … hat dies auf Nachfrage des weiteren Mitarbeiters der Beklagten zu 3) … schriftlich entsprechend erläutert (Anlage KR 86):

„Die Swiftzahlung bezieht sich auf die Zahlung des Schuldübernahmeentgeltes am Anfang der Transaktion, das vom Lizenznehmer (hier mit Sitz in Californien) zu überweisen ist. Der Lizenznehmer zahlt das Schuldübernahmeentgelt sowohl für die EK- als auch die FK Defeasance am Anfang der Transaktion / Funding Date. Dies geschieht entweder per Swift (falls das Ausland mit im Spiel ist) oder durch einen geschlossenen Buchungskreis über interne Konten.“

Auch die Darstellung der als Schuldübernahmeentgelt vom Lizenznehmer zu leistenden Zahlung im Organigramm (Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 30.10.2007; Blatt 867 d. A.), dort beschrieben als „(100 -NPV - soft costs)“, hat sich … erläutern lassen („Was verbirgt sich hinter dem NPV? Ist dies der Betrag, der dem Studio zusteht? Höhe in %?“) und hierzu schriftlich von … die Auskunft erhalten (ebenfalls Anlage KR 86):

„Net Present Value, ca. 15 %, die als echte Liquidität dem Studio zukommen.“

Die restliche Liquidität aus den 100 % Fondskapital abzüglich weiche Kosten wird danach durch das Schuldübernahmeentgelt aufgebraucht.

(3) Dementsprechend gibt der Zeuge … in dem am 12. März 2004 unterzeichneten Genehmigungsantrag (Anlage KR 84; Antrag auf „Genehmigung der Transaktion hinsichtlich struktureller Risiken einschließlich Übernahme der Fremdkapital (FK)- und Eigenkapital (EK)-Defeasance“ sowie auf „grundsätzliche Zustimmung zur Ausreichung von Darlehen“ an die einzelnen Privatinvestoren) die geplanten Zahlungsmodalitäten wieder, und zwar im Rahmen der Erläuterung der Risiken für die Beklagte zu 3). Danach sollten die

„Risiken aus dem Zahlungsverkehr bei Beginn der Transaktion und bei Beendigung ... durch die Abfolge der Zahlungen, unwiderrufliche Zahlungsanweisungen, Kontoverpfändungen und Buchungen auf Konten innerhalb der … weitgehend ausgeschlossen“

werden.

(4) Das FKD-Kreditprotokoll fasst das beabsichtigte Engagement unter dem Punkt C. „Kurzbeschreibung der Struktur“ wie folgt zusammen:

,,…

- Im Rahmen dieser befreienden Schuldübernahme werden am Tag des Fundings eine unwiderrufliche Vorauszahlung in Höhe des abdiskontierten Betrages der übernommenen Zahlungsverpflichtungen auf ein internes … Konto geleistet. Hierbei handelt es sich um ein Zug-um-Zug Geschäft mit der Schuldübernahme, d.h. alle Buchungen erfolgen zeitgleich am Tag des Funding (Bargeschäft).

- Ein Teil des Schuldübernahmeentgelts wird auf einem internen Konto hinterlegt und dient zur Refinanzierung der Darlehen. Es wird allerdings nicht mit echter Liquidität gearbeitet, alle Zahlungsvorgänge erfolgen im internen Buchungskreis der… …

- Der andere Teil des Schuldübernahmeentgeltes wird festverzinslich auf einem internen … Konto hinterlegt, kapitalisiert sich während der Laufzeit und dient am Ende der Laufzeit zur Begleichung der übernommenen Zahlungsverpflichtung.

- Nach Abzug des geleisteten Schuldübernahmeentgeltes sowie der Fondsnebenkosten (v.a. Vertriebs- und Verwaltungsgebühren) von ca. 18% bezogen auf GIK verbleiben ca. 15 % GIK als echte Liquidität für die Filmproduktion“.

Mit „GIK“ werden die Gesamtinvestitionskosten und damit das Fondskapital abgekürzt (Seite 1 des FKD-Kreditprotokolls unter „Kommentierung“).

All diese Unterlagen zeigen auf, dass eine Durchleitung der Fondsmittel zur Beklagten zu 3) zum Zwecke der Begleichung des Schuldübernahmeentgelts bereits im März 2004 geplant und dies den Mitarbeitern der Beklagten zu 3) bekannt war. Zur Vermeidung eines Vorleistungsrisikos der Beklagten zu 3) hätte es nämlich ausgereicht, den Eingang des Schuldübernahmeentgelts bei der Beklagten zu 3) und der legal opinion über die Insolvenzfestigkeit der Zahlung des Lizenznehmers abzuwarten und erst danach die Überweisung vom Fonds an den Produktionsdienstleister und gegebenenfalls weiter an den Lizenznehmer durchzuführen. Die Überlegungen über die zeitgleiche Vornahme aller Buchungen am Tag des Funding und die Sicherung der Beklagten zu 3) gegen das Vorleistungsrisiko durch Vornahme im Buchungskreis auf ...-Konten bzw. durch Erhalt einer unwiderruflichen Anweisung machen dagegen nur Sinn vor dem Hintergrund, dass gerade das Fondskapital zum Bestreiten des Schuldübernahmeentgelts Verwendung finden soll. Dieses sich nach dem Inhalt der schriftlichen Unterlagen aufdrängende Verständnis wird bestätigt dadurch, dass auch die spätere Durchführung in dieser Weise erfolgte, nämlich unstreitig mittels Buchungskreis innerhalb einer juristischen Sekunde vom Fonds über den Produktionsdienstleister und den Lizenznehmer an die Beklagte zu 3) auf bei letzterer eingerichteten Konten. Dass für diese tatsächliche Handhabung andere als die vorliegenden und genehmigten Anträge, insbesondere später angestellte und genehmigte ergänzende Überlegungen, maßgeblich gewesen seien, trägt auch die Beklagte zu 3) nicht vor.

(5) Den Aussagen der vernommenen Zeugen hat das Landgericht nichts Belastbares entnehmen können, was diesem Verständnis der schriftlichen Unterlagen widersprechen würde und geeignet wäre, den zitierten Passagen einen anderen, nachvollziehbaren Sinn zu verleihen, zumal sich die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) vielfach auf unzulängliche Erinnerung berufen haben.

Der Zeuge …, der bei der Beklagten zu 3) im Bereich Kreditrisikomanagement tätig und zuständig für strukturierte Produkte war, hat nach seinen Angaben das Risiko der Bank aus der zu übernehmenden Zahlungsverpflichtung (Schlusszahlung) begutachtet. In diesem Zusammenhang erinnerte er, dass das Risiko der Bank mittels einer Barunterlegung abgedeckt werden sollte. Über die Herkunft der Mittel für die Barunterlegung will er sich genauso wenig Gedanken gemacht haben wie über die in den schriftlichen Unterlagen angesprochenen Zahlungsströme. Das Landgericht hat ihm mit Blick auf sein Aufgabengebiet insoweit keinen Glauben geschenkt. Der Zeuge hat selbst angegeben, seine Aufgabe sei es gewesen sicherzustellen, dass die Zahlungsverpflichtung der Bank erst wirksam wurde, wenn sie cash unterlegt war.

Der Zeuge …, damals der Produktspezialist bei der Beklagten zu 3), hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Hause der Beklagten zu 3) egal war, woher der Lizenznehmer das Geld für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts nehme. Wichtig sei für die Beklagte zu 3) nur gewesen, dass das Entgelt bei ihr eingehe und erst mit Geldeingang die Schuldübernahme wirksam werde, sowie weiter, dass das Geld nicht etwa unter insolvenzrechtlichen Gesichtspunkten zurückverlangt werden könne. Für alle Seiten sei es leichter und einfacher, wenn die Zahlungen im internen Kontenkreis der ... gebucht werden könnten. Die beiden Möglichkeiten des Zahlungsverkehrs habe er auf die entsprechende Anfrage des … erläutert (Anlage KR 86 Seite 1, 4. Spiegelstrich). Positive Kenntnis von dem Ablauf der Zahlungen hätten sie erst gehabt, als die Zahlungsanweisungen und die fund flow memos vorgelegen hätten. Ohne Unterlagen könne er nicht sicher sagen, ob sie – die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) – bereits vor Vorlage der Zahlungsanweisungen Kenntnis von den geplanten Zahlungsflüssen gehabt hätten. Das Erstgericht hatte den Eindruck gewonnen, dass der Zeuge seine Kenntnisse und sein Wissen nur unvollständig offenbart hat. Dies ist angesichts des Umstandes, dass der Zeuge speziell für den Arbeitsbereich Schuldübernahme zuständig war, mit Blick auf die protokollierten ausweichenden Antworten ohne weiteres nachvollziehbar. Aus der Zeugenaussage geht jedenfalls hinreichend hervor, dass die Beklagte zu 3) auch gegen eine Verwendung der Fondsgelder als Quelle für das Schuldübernahmeentgelt (nach dessen Durchleitung zum Lizenznehmer) nichts eingewendet hat, nachdem ihr die Herkunft der Gelder egal war.

Das Landgericht hat dem Zeugen …, der das FKD-Kreditprotokoll unterschrieben hat, dessen vorgebliche Ahnungslosigkeit nicht abgenommen. Seine Einlassung, aus Sicht seiner Abteilung sei es irrelevant und ein theoretisches Zahlenspiel, wie viel Liquidität in die Produktion gehe, relevant sei nur, ob der Film gemacht werde oder nicht, hat das Landgericht zu Recht als abwegig bewertet und dem Zeugen insoweit mit Blick auf die dem Zeugen bekannte steuerliche Ausrichtung von Medienfonds keinen Glauben geschenkt.

Der Zeuge …, gleichfalls Unterzeichner des FKD-Kreditprotokolls, hat sich gänzlich auf Unkenntnis mangels Fachkunde berufen. Er habe auf die Einhaltung der bankinternen Wege und auf die Einbeziehung der Fachabteilungen geachtet. Auch die Zeugen …, der den Genehmigungsbeschluss mit unterzeichnet hat, … – damals Firmenkundenberater bei der Beklagten zu 3) –, … und … hatten nach ihren Angaben keine Kenntnisse über die frühzeitigen Überlegungen bei der Beklagten zu 3) zum Buchungskreis.

Jedenfalls der Zeuge …, Mitarbeiter der Rechtsabteilung der Beklagten zu 3), hat angegeben, bereits in der frühen Phase im März 2004 habe man möglichst viel festlegen wollen, um in der Funding-Phase nicht unter Zeitdruck zu geraten. Bereits damals seien konkrete Vorstellungen hinsichtlich der Zahlungsströme gefasst worden. In Betracht gekommen sei die später verwirklichte Form der Zahlungsströme, daneben auch eine Zahlung „über MT 100“, aber auch beispielsweise eine Kreditgewährung durch die Beklagte zu 3) an den Lizenznehmer. Gerade letztere Möglichkeit hätte allerdings einer Bonitätsprüfung bedurft, die in den schriftlichen Unterlagen der Beklagten zu 3) über die Bewilligung des Engagements keine vertiefte Rolle gespielt hat (vgl. Anlage KR 86, Seite 3: Auf Frage des … „Nähere Informationen zum Lizenznehmer? Zahlen?“ antworten … (= „FTM“) und … (= „MCS5“)):

„FTM: R… S… – nähere Infos am besten von Hr. … (fordere ich an) R… S… ist der LN aus V…

MCS5: Da keine direkten Kreditrisiken bestehen und die Regressrisiken als unerheblich angesehen werden, wurde in vergleichbaren Fällen auf die Einreichung von Zahlenmaterial verzichtet.“

Auch der Zeuge … hat ausgesagt, dass es riskanter gewesen wäre, einem Kunden aus dem Medienbereich ein Darlehen auszureichen. Unabhängig davon, ob die Beklagte zu 3) als weitere ernsthafte Modalität die Finanzierung des Lizenznehmers durch sonstige Dritte oder das Vorhandensein ausreichender liquider Mittel des Lizenznehmers in Betracht gezogen hat, zeigt die Aussage des Zeugen … jedenfalls auf, dass bereits ab dem frühen Zeitpunkt im März 2004 die Beklagte zu 3) Kenntnis von der geplanten Möglichkeit der Verwendung des Fondskapitals im Buchungskreis zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts hatte, wenngleich damals eine rechtsverbindliche Vereinbarung über die künftige Handhabung noch nicht geschlossen worden ist.

Der nach eigenen Angaben seit Juli/August 2004 bei der Beklagten zu 3) mit VIP 4 befasste Zeuge … hat ebenfalls bestätigt, dass im August 2004 die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts aus den Mitteln des Fonds im Wege des Zahlungskreises als eine der mehreren Möglichkeiten bei der Beklagten zu 3) bekannt gewesen sei.

Auch die Erklärungen der Zeugen … und … betreffend die abschließende Aussage des FKD-Kreditprotokolls („Nach Abzug des geleisteten Schuldübernahmeentgelts sowie der Fondsnebenkosten … von ca. 18 % bezogen auf GIK verbleiben ca. 15 % GIK als echte Liquidität für die Filmproduktion.“) schwächen die Aussagekraft der schriftlichen Unterlagen nicht ab. Nach deren Erklärung hat die Bank in einer konsolidierten, die dem Fonds nachgeordneten Unternehmen unter dem Begriff „Studio“ zusammenfassenden Betrachtung lediglich festgehalten, in welcher Höhe diesem „Studio“ echte Liquidität für die Filmproduktion bei Inanspruchnahme der Finanzierung über den Fonds zur Verfügung steht, damit jedoch nicht zugleich zum Ausdruck gebracht, dass das Schuldübernahmeentgelt aus dem Fondskapital bedient werden würde. Der Net Present Value von 15 % ergebe sich als rechnerische Größe unabhängig von der Herkunft der für das Schuldübernahmeentgelt eingesetzten Mittel. Nur Letzteres mag für sich genommen zutreffen. Gegen die darüber hinaus behauptete, eingeschränkte Aussagekraft der zitierten Textstelle sperrt sich dagegen schon die Tatsache, dass sich der als Prozentwert ermittelte und wiedergegebene Net Present Value auf das Fondskapital selbst bezieht, von dem nach Abzug der Fondsnebenkosten und des Schuldübernahmeentgelts der Net Present Value von nur noch 15 % des mit 100 % anzusetzenden Kapitals für die Produktion verbleibt. Einen anderen Bezugswert als den des Fondskapitals kennt die von den Mitarbeitern der Beklagten zu 3) vorgenommene Berechnung nicht. Deshalb geht es auch bei „konsolidierter Betrachtung“, also wirtschaftlicher, die Unternehmen auf der „Studio“seite zusammenfassender Betrachtungsweise in der zitierten Aussage des FKD-Kreditprotokolls auch und gerade um die Verwendung der Mittel des VIP 4 Medienfonds. Das von der Beklagten zu 3) vorgetragene Verständnis der zitierten Passage aus dem FKD-Kreditprotokoll steht daher trotz verschleiernder Formulierung tatsächlich in keinem Widerspruch zu der Feststellung, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) bereits im März 2004 die zeitgleiche Buchung aller Zahlungen im Zahlungskreis und damit die künftige Verwendung der Fondsgelder für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts als Möglichkeit gekannt haben und die Beklagte zu 3) keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass es – entgegen den angestellten Überlegungen zum Buchungskreis – zum Einsatz der Fondsgelder für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts nicht kommen werde.

Der Umstand, dass die Organigramme, Anlage zum Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 30.10.2007 (Blatt 867/869), auf die grafische Darstellung des später durchgeführten Buchungskreises verzichten, veranlasst keine andere Würdigung der Beweisergebnisse. Die grafische Darstellung der Zahlungsflüsse beim Funding (Blatt 868 d. A.) stellt die zu leistenden Zahlungen zwar in der prospektgemäß bezifferten Reihenfolge dar und behauptet das Fehlen eines Zahlungsstromes zwischen dem noch zu benennenden Produktionsdienstleister und der als Lizenznehmerin beispielhaft eingesetzten R… S… LLC. Die übrigen Eintragungen der Zahlungsflüsse im Organigramm legen jedoch in Zusammenschau mit dem Umstand, dass die zeitgleiche Buchung aller Zahlungen am Tag des Funding vorgesehen war, nahe, dass gerade die vom Medienfonds stammenden Gelder für die Begleichung des Schuldübernahmeentgelts Verwendung finden sollten und auf diese Weise die in der Grafik noch bestehende Lücke im Buchungskreis geschlossen werden würde. Darauf, ob den Mitarbeitern der Beklagten zu 3) in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Finanzierung des Lizenznehmers über Intercompany Loan bekannt war, kommt es für die Entscheidung nicht an, weshalb über die unter Zeugenbeweis gestellte Unkenntnis hiervon der angebotene Beweis nicht zu erheben war. Ausreichend ist die Kenntnis von der konzipierten realen Mittelverwendung.

Da bereits das Landgericht auf Antrag des Klägers die von der Beklagten zu 3) in zweiter Instanz gegenbeweislich angebotenen Zeugen …, … und … unter Vorhalt unter anderem des Kreditprotokolls zu den bei der Beklagten zu 3) vorhandenen Informationen über die Zahlungsströme und in diesem Zusammenhang über die Aussagen des FKD-Kreditprotokolls vernommen hat, war auch eine erneute Vernehmung dieser Zeugen, nun auf Antrag der Beklagten zu 3), nicht veranlasst.

55(6) Die Kenntnis davon, dass ein Großteil des Fondskapitals zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts verwendet werden sollte, begründet einen Wissensvorsprung über ein spezifisches Anlagerisiko. Dass infolge der geplanten Mittelverwendung die Anleger wirtschaftlich betrachtet die Schuldübernahmeleistung der Beklagten zu 3) selbst finanzieren, war dabei der Beklagten zu 3) bewusst. Unter dem Stichwort „Zahlenarithmetik“ befassen sich die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) … und … in den „Anmerkungen zur Transaktionsbeschreibung“ (Anlage KR 86) mit diesem Punkt:

„(…): … Zahlenarithmetik: Von 100 % werden 45,5 % für die FK-Defeansance verwendet. 18 % sind für Gebühren, 15 % echte Liquidität verbleiben 21,5 % für die EK-Defeasance. Sind die 21,5 % ausreichend um die entsprechende Endzahlung sicherzustellen?

(…): Ja, da die EK-Abschlusszahlung unter der Defeasance auch nicht voll zur Deckung der EK Beteiligung ausreicht (ca. nur 61 % der EK-Einlage).“

Überlegungen über ein Szenario für die Auswechslung der so an die Beklagte zu 3) gelangten Mittel zur Barunterlegung der Schuldübernahme sind nicht ersichtlich. Die Risikoanalysen der Mitarbeiter der Beklagten zu 3) befassen sich vielmehr mit der Absicherung der Beklagten zu 3) zu Beginn der Transaktion und am Ende der Transaktion. Die erlangten Mittel waren ausweislich der eben zitierten Passage eingeplant, um die Schuldübernahmezahlung am Ende der Laufzeit zu erwirtschaften.

Dass die Anleger wirtschaftlich betrachtet damit auch die Rückzahlung der an die Anleger in ihrer Gesamtheit herausgereichten Finanzierungsdarlehen selbst besichern, war der Beklagten zu 3) in gleicher Weise bewusst. Auf Seite 1 des FKD-Kreditprotokolls wird dies erläutert:

„Für die ATF (= Anteilsfinanzierung) fallen weder Risiko- noch EK-Kosten an, da die auszureichenden Darlehen bar unterlegt sind …“.

Beide Gesichtspunkte werden auch unter Punkt C. „Kurzbeschreibung der Struktur“ im FKD-Kreditprotokoll dargestellt:

,,…

- Ein Teil des Schuldübernahmeentgelts wird auf einem internen Konto hinterlegt und dient zur Refinanzierung der Darlehen. Es wird allerdings nicht mit echter Liquidität gearbeitet, alle Zahlungsvorgänge erfolgen im internen Buchungskreis der. ...…

- Der andere Teil des Schuldübernahmeentgeltes wird festverzinslich auf einem internen ... Konto hinterlegt, kapitalisiert sich während der Laufzeit und dient am Ende der Laufzeit zur Begleichung der übernommenen Zahlungsverpflichtung. “

Damit hatte die Beklagte zu 3) Kenntnis von der konzipierten Mittelfehlverwendung, nämlich der faktischen Verwendung für einen anderen Zweck als den der Filmproduktion. Ob diese faktisch abweichende Verwendung unter rechtlichen Gesichtspunkten auf der Grundlage der geschlossenen Verträge dennoch als Aufwand für Zwecke der Filmproduktion gewertet werden kann, ist für die Bejahung oder Verneinung einer Aufklärungspflicht nicht maßgeblich. Bereits die faktisch andersartige Verwendung begründet eine spezifische Gefahr, über die der Anleger aufgeklärt werden muss, denn auch unabhängig von einer allfälligen steuerrechtlichen Beurteilung kommt der (faktischen) Verwendung der Anlegergelder bei der Anlageentscheidung und der Entscheidung, ob für diese Zwecke ein Darlehen aufgenommen werden soll, eine maßgebliche Bedeutung zu. Im Hinblick auf die Größenordnung des Anteils am Fondskapital, der von der Gefahr einer von den Vorstellungen des Anlegers nicht gedeckten Verwendung betroffen ist, ist das Wissen um die ernsthaft bevorstehende Mittelverwendung als wesentlich anzusehen. Die Bedeutsamkeit für den Anleger liegt im Hinblick auf die zentrale Bedeutung der Mittelverwendung auf der Hand.

bb) Ein Wissensvorsprung der Beklagten zu 3) über ein anlagespezifisches Risiko war vorliegend auch deshalb gegeben, weil die Beklagte zu 3) - nicht aber der Kläger - mit der Kenntnis von der drohenden Mittelfehlverwendung zugleich Tatsachen kannte, die offen auf der Hand liegend ein Gefährdungspotential hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung der Anlage begründeten.

(1) Die Kenntnis der Beklagten zu 3) von den Tatsachen, die das steuerrechtliche Risiko begründeten, verschaffte der Beklagten zu 3) zugleich die Kenntnis vom steuerrechtlichen Risiko selbst. Dass der Einsatz von Mitteln zum Zwecke der Begleichung des Schuldübernahmeentgelts einer steuerrechtlichen Anerkennung als Aufwand für Produktionskosten jedenfalls gefährlich werden kann, bedarf keiner besonderen Fachkunde. Immerhin zeigen die Risikoerörterungen in der Transaktionsbeschreibung (Anlage KR 82) auf, dass die Beklagte zu 3) auch Steuerrisiken in den Blick genommen hat. Angesprochen sind dort zwar nur schlagwortartig „insbesondere die Steuerrisiken aus dem Medienerlass und aus dem „§ 2 b EStG / § 2 b Erlass“. Eine tiefergehende Erörterung dagegen findet mit der Begründung, dass diese Risiken die Investoren tragen, nicht statt. Aus dieser Behandlung des steuerlichen Gesichtspunktes lässt sich aber nicht schlussfolgern, dass das mit der realen Mittelverwendung verbundene steuerliche Risiko nicht gesehen worden wäre, sondern nur ersehen, dass von einer ausführlichen Risikoerörterung mit Blick auf den Träger des Risikos Abstand genommen wurde. Die Bedeutsamkeit der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeit für den Investor war der Beklagten zu 3) ausweislich der Erörterung in der Transaktionsbeschreibung bewusst. Die Möglichkeit der Steuerschädlichkeit einer abweichenden Mittelverwendung drängte sich derart auf, dass die unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, bei den Mitarbeitern der Beklagten zu 3) sei ein solcher Gedanke nicht aufgekommen, als ein der Kenntnis gleichkommendes Verschließen der Augen vor der offenkundigen Gefahr zu werten ist. Die Vernehmung der angebotenen Zeugen ist nicht veranlasst.

(2) Für die Entscheidung ohne Bedeutung ist dagegen die Tatfrage, ob die Finanzbehörden letztlich trotz des realen Mitteleinsatzes die gesamten vom Fonds an den Produktionsdienstleister geleisteten Beträge als Betriebsausgaben für Filmproduktion anerkennen werden. Für die Entscheidung nicht maßgeblich und deshalb vom Senat nicht inzident zu prüfen ist auch die Rechtsfrage, ob die an den Produktionsdienstleister gezahlten Beträge in ihrer Gesamtheit auf der Grundlage der geschlossenen Verträge richtigerweise als Betriebsausgaben anzuerkennen sind oder nicht. Ausreichend für die Begründung der Schadensersatzpflicht ist, dass die Mitarbeiter der Beklagten zu 3) die späteren tatsächlichen Zahlungsströme als Konzeption angesehen haben und deshalb Kenntnis davon hatten, dass jedenfalls mit der tatsächlichen Verwendung des Großteils der Fondsgelder zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts zu rechnen war. Dass die rein faktische Verwendung für andere Kosten als die der Filmproduktion in steuerrechtlicher Hinsicht ein Anerkennungsrisiko beinhaltet, liegt auf der Hand und wird bestätigt durch das immer noch nicht abgeschlossene finanzgerichtliche Verfahren betreffend den Vorgängerfonds F … Medienfonds … KG (vgl. Beschluss des BFH vom 06.11.2008 – IV B 126/07). Umstände, die dieses augenscheinliche steuerrechtliche Risiko als aufgehoben erscheinen lassen hätten, sind nicht dargetan und nicht ersichtlich. Die Beklagte zu 3) hatte daher den unwissenden Anleger über das ihr bekannte Risiko aufzuklären. Die Aufklärung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil – wie die Beklagte zu 3) wusste, ohne sich näher dafür zu interessieren (vgl. die Aussage des Zeugen …: „Nach … Abschluss des Commitment Agreements hat die Studioseite die erforderlichen Verträge ausgehandelt. Es hat uns nicht besonders interessiert. … Ich präzisiere das Gericht dahin, die von Studioseite abzuschließenden Verträge mussten uns auch nicht interessieren, wir sind keine Medienspezialisten.“) – eingeschaltete Rechtsanwälte ein Vertragswerk ausarbeiteten. Die Entscheidung darüber, ob Vertrauen in die Unangreifbarkeit der auszuarbeitenden Verträge gesetzt wird und ob der Einschätzung Vertrauen entgegengebracht wird, diese Verträge würden die Wertung rechtfertigen, dass das tatsächlich zur Begleichung des Schuldübernahmeentgelts verwendete Kapital steuerlich als Aufwendung für Produktionskosten anzuerkennen ist, hat die Bank ihrem Kunden zu überlassen. Die Bank war nicht berechtigt, diese Entscheidung für den Kunden zu treffen, sondern vielmehr verpflichtet, ihrem Kunden durch Informationserteilung über die regelwidrige Auffälligkeit die Möglichkeit einer selbstverantworteten Entscheidung darüber, ob er das in steuerrechtlicher Hinsicht gegebene Risiko eingehen und den involvierten Rechtsanwälten Vertrauen schenken möchte oder nicht, zu verschaffen.

(3) Auch in diesem Zusammenhang war eine Vernehmung der bereits erstinstanzlich vernommenen Zeugen …, … und … nicht veranlasst, denn es kommt – wie dargelegt – nicht darauf an, ob die Zeugen von einer Verwendung der Fondsgelder im Sinne des heutigen Vorwurfs der Finanzbehörden ausgegangen sind und ob ihre schriftlichen Äußerungen von der positiven Annahme einer Verwendung der Fondsgelder im Sinne des heutigen Vorwurfs der Finanzbehörden getragen sind. Ausreichend ist die Kenntnis bei der Beklagten zu 3) über die faktische Verwendung unmittelbar zu einem anderen Zweck als dem der Filmproduktion und über das hierdurch begründete steuerrechtliche Risiko.

cc) Dass die Bank über die unter aa) und bb) beschriebenen Umstände einen Wissensvorsprung gegenüber dem Anleger hatte und dies für sie auch erkennbar war, ergibt sich daraus, dass der Anleger die Information aus dem Prospekt nicht beziehen konnte und andere Informationsquellen für ihn nicht gegeben waren. Ob der Prospekt deshalb falsch ist, weil er das steuerrechtliche Anerkennungsrisiko unzureichend darstellt (Feststellungsziel Nr. 1 des Musterverfahrens), ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Die Informationspflicht der Beklagten zu 3) folgt aus der vorvertraglichen Sonderbeziehung zum Kläger und dem Wissensvorsprung der Beklagten zu 3) über spezielle Risiken, die sich so aus der Lektüre des Prospektes nicht erschließen. Ob der Kläger das in der rein faktisch anderslautenden Mittelverwendung begründete zweifache Risiko (siehe oben aa) und bb)) eingehen möchte, hat nicht die Bank für den Anleger zu entscheiden; diese Entscheidung ist vielmehr dem Anleger selbst vorbehalten, dem durch Informationserteilung eine zutreffende Entscheidungsgrundlage zu verschaffen ist.

71c) Zur Aufklärung war die Beklagte zu 3) vorliegend auch wegen Überschreitens der Kreditgeberrolle verpflichtet. Ein Überschreiten der Kreditgeberrolle liegt dann vor, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb der Kapitalanlage gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH, Urteil vom 31.03.1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901 Rn. 36 ff.; Urteil vom 27.01.2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620 Rn. 31).

Hier liegen konkrete Umstände vor, die die Beklagte zu 3) gleichsam als (weitere) Partei des Anlagegeschäftes selbst erscheinen lassen. Die Beklagte zu 3) füllt eine maßgebliche Rolle im Rahmen des Anlagekonzeptes selbst aus. Erst die Einbindung der Bank in das Anlagekonzept hat die schlagwortartige und auf dem Deckblatt des Fondsprospekts herausgehobene Bezeichnung des Anlagemodells als Garantiefonds sowie die damit verbundene Vertrauenswerbung beim potentiellen Anleger ermöglicht. Die Beklagte zu 3) hat auf diese Weise eine wesentliche Funktion im Rahmen der Durchführung der Anlage eingenommen, und zwar eine solche Funktion, die vertrauenswerbend bei der Anlegerwerbung eingesetzt worden ist und werden sollte. Die von der Beklagten zu 3) übernommene Rolle prägt das vorliegende Anlagemodell maßgeblich mit. Ohne die von der Beklagten zu 3) übernommene Funktion hätte das Anlagemodell in seinem Kern eine andere Ausgestaltung finden müssen. Schon aus diesem Grund hat sich die Beklagte zu 3) vorliegend nicht auf die Rolle einer (teil)finanzierenden Bank beschränkt, indem sie die Finanzierungsdarlehen an die Anleger herausgereicht hat.

Darüber hinaus war die Aufnahme der Teilfinanzierung bei der Beklagten zu 3) zu den für den Anleger nicht veränderlichen, festgelegten Konditionen obligatorisch mit der Zeichnung der Anlage verbunden. Selbst solche Anleger, die über ausreichende Eigenmittel verfügten und eine Finanzierung nicht benötigten, konnten sich an diesem Anlagemodell nur dann beteiligen, wenn sie die obligatorische Teilfinanzierung bei der Beklagten zu 3) in Anspruch nahmen. Auch dieses Element prägt das Anlagemodell entscheidend mit.

Aus diesen Gründen hat sich die Beklagte zu 3) vorliegend nicht darauf beschränkt, eine vom Anleger an sie herangetragene Finanzierung durchzuführen oder in banküblicher Weise für die Absicherung ihres Kreditengagements zu sorgen und nur im Rahmen dieses von der Rolle als Kreditgeberin bestimmten Interesses Einfluss auf das Konzept zu nehmen. Ihre Rolle bei der Ausgestaltung und Durchführung des Anlagekonzeptes geht über die Rolle einer finanzierenden Bank entscheidend hinaus. Sie hat zudem im Zusammenhang mit der von ihr im Rahmen des Anlagekonzeptes übernommenen zentralen Rolle der „Garantiegeberin“ Vertrauen in das Gelingen und in die Solidität der Anlage in Anspruch genommen. Wegen Überschreitens der Kreditgeberrolle treffen die Beklagte zu 3) daher vorliegend weiterreichende Aufklärungspflichten, als sie einer lediglich finanzierenden Bank obliegen.

Der Beklagten zu 3) war über das Anlagemodell ausweislich des FKD-Kreditprotokolls bekannt, dass allein mit den nach Abzug der Weichkosten verbleibenden 87,2 % des nach dem Investitionsplan für Produktionskosten vorgesehenen Fondskapitals kein einziges Filmprojekt verwirklicht werden kann. Jede Projektfinanzierung unter Einsatz dieses Fondskapitals ist nämlich – unabhängig davon, ob der Fonds in der Rolle des alleinigen „Produzenten“ oder in der des „Co-Produzenten“ auftritt – zwingend mit dem Erfordernis der Aufbringung des Schuldübernahmeentgelts verbunden mit der Folge, dass – konsolidiert betrachtet – aus dem in Anspruch genommenen Fondskapital nur eine Liquidität von rund 15 % des Kapitals für die Projektdurchführung zur Verfügung steht, während – schon wegen der steuerlichen Zielrichtung – Produktionskosten in Höhe von insgesamt 87,2 % anfallen und abgedeckt werden müssen. Die bei der Projektrealisierung anfallenden Produktionskosten können daher – wiederum konsolidiert betrachtet – in keinem Fall allein mittels Inanspruchnahme der Fondsgelder finanziert werden, sondern müssen überwiegend aus sonstigen Quellen geschöpft werden, andernfalls eine Projektrealisierung nicht möglich ist.

Über diesen den Kernbereich der Anlage betreffenden Gesichtspunkt hatte die Beklagte zu 3) Kenntnis. Dass der Anleger hierüber nicht informiert war, ergibt sich wiederum aus dem Inhalt des Fondsprospektes als alleiniger Informationsquelle für den Anleger. Die Frage, ob der Prospekt wegen unzulänglicher Beschreibung des Konzepts unrichtig ist, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Bedeutung. Genauso wenig ist erheblich, ob die Beklagte zu 3) als Prospektverantwortliche für eine etwaige Unrichtigkeit einzustehen hat. Ihre Einstandspflicht aus Anlass der unterlassenen, für die Anlageentscheidung aber wesentlichen Information folgt aus dem vorvertraglichen Verhältnis zum Anleger bei Überschreiten der Kreditgeberrolle, denn der Umstand, über den hier aufzuklären war, betrifft das Konzept der Anlage selbst, in das die Beklagte zu 3) als „Garantiegeberin“ prägend eingebunden war. Deshalb war es auch ihre Pflicht, den Anleger über die wesentlichen, das Anlagemodell prägenden Umstände in dem von ihr übernommenen Funktionsbereich zu informieren und das von ihr erkannte Informationsdefizit durch Hinweiserteilung auszugleichen.

d) Zu einer vorvertraglichen Aufklärung wäre die Beklagte zu 3) auch in der Lage gewesen, denn Darlehensaufnahme (und Beitritt) vollzogen sich durch Angebot und Annahme, waren also – unabhängig von der fehlenden unmittelbaren vorvertraglichen Kontaktaufnahme zwischen der Beklagten zu 3) und den Anlegern – ohne Mitwirkung der Beklagten zu 3) nicht möglich.

2. Der Aufklärungsmangel ist auch kausal für die Zeichnung des Klägers geworden.

Auszugehen ist insoweit von der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens mit der Folge, dass die Kausalität der Hinweispflichtverletzung für die positive Anlageentscheidung zugunsten des Klägers vermutet wird. Entscheidend ist insoweit, dass durch die unzutreffende oder unvollständige Information in das Recht des Anlegers eingegriffen wurde, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Objekt investieren will oder nicht (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2006 – III ZR 20/05, WM 2006, 668 Rn. 22). Umstände, die geeignet wären, die sonach zugunsten des Klägers streitende Kausalitätsvermutung zu erschüttern, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

3. Das Verschulden der Beklagten zu 3) wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet. Die Beklagte zu 3) haftet deshalb wegen zumindest fahrlässiger Verletzung vorvertraglicher Pflichten. Die Haftung wegen Fahrlässigkeit ist nur bei einem unvermeidbaren Rechtsirrtum ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen, wobei der Schuldner die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich, Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten muss. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen von seiner Einschätzung abweichenden Rechtsstandpunkt einnimmt. Dass die unter Ziffer 1. erörterten Umstände für die Beklagte zu 3) eine Hinweispflicht gegenüber ihren künftigen Vertragspartnern begründet hat, war auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht der kreditgebenden Bank bei Wissensvorsprung und bei Überschreiten der Kreditgeberrolle bei sorgfältiger Prüfung erkennbar. Somit war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger damit zu rechnen, dass die Bank eine entsprechende Aufklärungspflicht trifft. Sollte die Beklagte zu 3) auf der Grundlage der ihr bekannten Fakten ihre Pflichtenstellung nicht erkannt haben, begründet dies jedenfalls den Vorwurf der Fahrlässigkeit.

4. Den infolge der Pflichtverletzung bei dem Kläger eingetreten Schaden, der in der Eingehung der Beteiligung besteht, hat die Beklagte zu 3) im Wege des sog. „großen“ Schadensersatzes unter Rückübertragung der Beteiligung Zug um Zug zu erstatten. Die Beklagte zu 3) hat den Kläger so zu stellen, wie er ohne das Investment stehen würde (Ersatz des negativen Interesses; vgl. BGH, Beschluss vom 14.07.2008 – II ZR 222/07).

a) Die Beklagte zu 3) war daher zur Zahlung des Eigenkapitalanteils einschließlich Agio Zug um Zug gegen die geschuldete Gegenleistung zu verurteilen. Dem Kläger dauerhaft verbleibende Steuervorteile, die nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung schadensmindernd anzurechnen wären, sind – entgegen der Annahme des Landgerichts – nicht zu berücksichtigen mit der Folge, dass Ermittlungen zur Höhe des (vorübergehend zunächst erzielten) Steuervorteils nicht veranlasst sind und zur Höhe der Zahlungsverpflichtung eine abschließende Entscheidung getroffen werden kann. Unabhängig vom Ausgang des finanzgerichtlichen Verfahrens erwachsen dem Kläger keine dauerhaft verbleibenden Steuervorteile, weil im Falle der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit der Einlagenleistung die Schadensersatzleistung ihrerseits nach § 15 Abs. 1 EStG zu versteuern ist und Anhaltspunkte für eine außergewöhnliche Steuerersparnis nicht vorliegen.

b) Prozesszinsen auf den fälligen Hauptsachebetrag waren dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB antragsgemäß, § 308 ZPO, zuzusprechen.

c) Darüber hinaus war festzustellen, dass der Beklagten zu 3) aus dem Finanzierungsdarlehen keine Forderungen gegen den Kläger zustehen. Auch dies fällt in den Kernbereich der Schadensersatzpflicht. Auf die Wirksamkeit des vom Kläger erklärten Widerrufs kommt es deshalb nicht an.

d) Die beantragte Freistellungsverpflichtung hinsichtlich aller steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteile geht allerdings zu weit. Unter diese Formulierung fällt bei wörtlichem Verständnis auch das positive Interesse.

Etwaige Steuernachforderungen, die nach Rückabwicklung eines sog. „steuersparenden“ (tatsächlich: steuerstundenden) Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, stellen regelmäßig keinen ersatzfähigen Schaden i. S. d. § 249 BGB dar. Ersatzfähig sind aber etwaige darüber hinausgehende steuerliche Nachteile, also etwa Säumniszinsen und Säumniszuschläge, die wegen der späten Veranlagung von der Finanzverwaltung geltend gemacht werden. Die Freistellung hiervon ist Bestandteil der auf das negative Interesse gerichteten Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 3). Im übersteigenden Umfang war der Freistellungsantrag abzuweisen, zumal sonstige drohende Nachteile in steuerlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht zu erkennen sind. Außerdem war dem Freistellungsantrag nur in Form einer Feststellung stattzugeben, weil mangels Bezifferung der Nachteile, von denen freizustellen ist, ein auf Leistung der Freistellung gerichteter Ausspruch nicht möglich ist.

e) Zum Zwecke der Vorteilsausgleichung hat der Kläger der Beklagten zu 3) das Erlangte Zug um Zug herauszugeben. Das ist die Treuhandbeteiligung an der V... KG. Da sich der Kläger nicht unmittelbar als Kommanditist an der Fondsgesellschaft beteiligt hat, sondern ihm lediglich eine Treugeberstellung durch die Treuhänderin vermittelt wird, er also nur schuldrechtliche Ansprüche gegenüber der Treuhänderin hat, ist insoweit die Abtretung sämtlicher Rechte aus dieser schuldrechtlichen Beteiligung ausreichend (BGH, Urteile vom 07.12.2009 – II ZR 15/08 und II ZR 58/08). Zwar sind für die Herbeiführung eines Übergangs des Treuhandvertrags insgesamt die Zustimmung der Komplementär-GmbH und die Zustimmung des Treuhänders erforderlich. Die in diesem Zusammenhang möglichen Schwierigkeiten fallen indessen in den Risikobereich der schadensersatzpflichtigen Beklagten zu 3) und nicht in denjenigen des geschädigten Klägers (BGH, Beschluss vom 28.11.2007 - III ZR 214/06, juris Rn. 3). Das Fehlen der Zustimmungserklärungen hindert deshalb auch nicht die Fälligkeit der Schadensersatzleistung.

885. Da der Rechtsstreit unter dem Gesichtspunkt des vertraglichen Schadensersatzrechts entscheidungsreif ist, kommt eine Aussetzung nach § 7 Abs. 1 KapMuG nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 16.06.2009 – XI ZB 33/08, WM 2009, 1359 Rn. 12-13).

89§ 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG erfasst ausweislich § 7 Abs. 1 Satz 2 KapMuG nur Verfahren, in denen ein Musterfeststellungsantrag zulässigerweise gestellt werden kann. Ein solcher kann jedoch nur in Rechtsstreitigkeiten gestellt werden, in denen es um Schadensersatzansprüche aus öffentlichen Kapitalmarktinformationen und um Erfüllungsansprüche nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) geht, § 1 Abs. 1 KapMuG. Nur soweit das Begehren des Klägers auf den Lebenssachverhalt der Prospekthaftung im engeren Sinne gestützt ist und mit dieser Begründung Schadensersatz wegen fehlerhafter öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht wird, könnte das Streitverhältnis zwischen den Parteien nach § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG ausgesetzt werden und wäre das Streitverhältnis im Falle der Vorgreiflichkeit der im Musterverfahren zu treffenden Feststellungen nach dieser Vorschrift auszusetzen. Für die daneben auch geltend gemachte Haftung auf vertraglicher Grundlage ist § 7 Abs. 1 Satz 1 KapMuG dagegen nicht anwendbar.

Die Tatsache, dass der Klageantrag auch auf Prospekthaftung im engeren Sinne gestützt wird, rechtfertigt keine Aussetzung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 KapMuG. Mit Beschlüssen vom 16.06.2009 (XI ZB 31/08 und XI ZB 33/08) hatte der Bundesgerichtshof zunächst entschieden, dass im Hinblick auf eine Beklagte, die nicht zugleich Beteiligte im Musterverfahren ist, eine Aussetzung des Verfahrens nach § 7 Abs. 1 KapMuG nicht in Betracht kommt, selbst wenn im Musterverfahren das Vorliegen von Prospektfehlern, die sich als Beratungsfehler fortgesetzt haben können, geprüft werden. Mit Beschlüssen vom 08.09.2009, 06.10.2009 und schließlich 08.12.2009 (u.a. IX ZB 4/09, IX ZB 7/09, IX ZB 08/09, IX ZB 17/09, IX ZB 18/09, IX ZB 20/09, IX ZB 25/09 und IX ZB 26/09) hat der Bundesgerichtshof diese Erwägungen sodann auf die Rechtsstreitigkeiten übertragen, bei denen eine Partei, die ehemals nicht Musterbeklagte war, durch Verschmelzung mit einer Musterbeklagten zur Musterbeklagten des Musterverfahrens geworden war. Die Aussetzung nach § 7 KapMuG wurde auch dort als rechtsfehlerhaft aufgehoben, weil jedenfalls das auf einen vertraglichen Anspruchsgrund gestützte Streitverhältnis der Parteien nicht Gegenstand des Musterverfahrens sein kann.

91Nach Maßgabe dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 7 Abs. 1 KapMuG auch vorliegend hinsichtlich des mit einem vertraglichen Anspruch begründeten Streitverhältnisses nicht in Betracht. Nicht maßgeblich kann sein, dass die Beklagte zu 3) vorliegend „originäre“ Musterbeklagte ist, diese Stellung also – anders als in den bislang vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen – nicht erst nach Verfahrenseinleitung im Wege der Rechtsnachfolge erlangt hat. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vielmehr, dass auf den vertraglichen Anspruch, der das Begehren des jeweiligen Klägers selbständig zu rechtfertigen vermag, das KapMuG insgesamt keine Anwendung findet und mithin auch für eine Aussetzung nach § 7 KapMuG insoweit kein Raum ist.

Die im Musterverfahren zu treffenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen sind zudem nicht vorgreiflich für die hier zu treffende Entscheidung. Weder kommt es auf die Prospektverantwortlichkeit der Beklagten zu 3) an noch darauf, ob der Prospekt richtig oder falsch ist. Über das bei der Bank tatsächlich vorhandene überlegene Wissen (Ziffer 1.) war der Anleger in Kenntnis zu setzen. Darauf, ob der Prospekt diese Informationen hätte enthalten müssen, braucht eine Entscheidung nicht getroffen zu werden.

6. Mit der Entscheidung ist der vorliegende Rechtsstreit insgesamt entschieden, weshalb der Einwand der Beklagten zu 3) gegen die Zulässigkeit eines Teilurteils wegen der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht berechtigt ist. Die früheren Beklagten zu 1) und 2) sind aus dem Verfahren ausgeschieden. Ob der Prospekt letztlich als richtig oder als falsch beurteilt werden wird, beeinflusst die Haftung der Beklagten zu 3) wegen Verletzung ihrer vorvertraglichen Pflicht zur Aufklärung über das bei ihr vorhandene Wissen (siehe Ziffer 1.) nicht.

7. Nebenentscheidungen:

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 2 ZPO, die Kostenentscheidung erster Instanz war entsprechend nachzuholen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Revision ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der (eingeschränkten) Sperrwirkung des Musterverfahrens nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da aus den oben genannten Beschlüssen des Bundesgerichtshofes zu § 7 Abs. 1 KapMuG in gleichgelagerten Fällen von der hier vertretenen Rechtsauffassung abweichende Schlüsse gezogen werden (OLG München, Beschluss vom 24.02.2010 – 17 W 871/10; Beschluss vom 31.05.2010 – 17 W 1455/10; Beschluss vom 20.07.2010 – 19 W 1453/10). Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt liegt zudem einer Vielzahl von gleichgelagerten Verfahren zugrunde, so dass die Sache auch grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Für die Streitwertfestsetzung hat der Senat folgende Teilwerte in Ansatz gebracht:

Ziffer 1 der landgerichtlichen Verurteilung: 34.200,00 € gemäß dem bezifferten Leistungsantrag;

Ziffer 2 der landgerichtlichen Verurteilung: 27.300,00 € gemäß dem Darlehensnennbetrag;

Ziffer 3 der landgerichtlichen Verurteilung: 12.000,00 €, geschätzt auf 20 % des Beteiligungsbetrages.