OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.01.2011 - 3 L 272/06
Fundstelle
openJur 2012, 55415
  • Rkr:

Bestehen maßgebliche Anhaltspunkte dafür, dass eine aufgefundene Sache nicht herrenlos ist, kann dies aber nicht mit Sicherheit festgestellt werden, so ist nach den allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts zur Anscheinsgefahr von einer Fundsache auszugehen ("Anscheins-Fundsache") und die Zuständigkeit der Fundbehörde eröffnet. Aus Gründen des Tierschutzes gilt dies erst recht für aufgefundene Tiere.Sieht ein veröffentlichter Erlass vor, dass die örtliche Ordnungsbehörde für die Kosten der unaufschiebbaren tierärztlichen Behandlung eines Fundtieres auch dann erstattungspflichtig ist, wenn der Finder das Tier unmittelbar zu einem Tierarzt bringt, so kann die Behörde dem Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich nicht entgegen halten, die tierärztliche Behandlung habe nicht ihrem Willen entsprochen.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 11. Juli 2006 geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 95,75 Euro nebst Zinsen p.a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Forderung des Klägers, ihm die Kosten für eine von ihm durchgeführte tierärztliche Behandlung zu erstatten.

Die Forderung des Klägers betrifft die Behandlung eines verletzten Katers, der am 14.03.2003 nachmittags auf dem Gelände der ...schule aufgefunden wurde. Der Kläger hielt in seiner Behandlungskartei fest, er sei gegen 14.00 Uhr von Frau G. - bei der es sich offenbar um eine Lehrerin bzw. Erzieherin handelt - über den Fund einer verletzten Hauskatze auf dem Gelände des Schulhofs durch die Schulkinder benachrichtigt worden (Anm.: in der Klagebegründung wird vorgetragen, Anwohner seien darauf aufmerksam geworden, dass sich auf dem Grundstück der ...schule eine schwer verletzte Katze befunden habe, und hätten daraufhin mit Frau G. Kontakt aufgenommen), die Katze habe sich auf dem Abenteuerspielplatz versteckt, eine andere Tierarztpraxis sowie das Tierheim A-Stadt lehnten eine Versorgung ab. Der Kläger fing die Katze ein, betäubte sie und nahm sie zur Untersuchung mit in seine Praxis, wo er mehrere Brüche im Bereich des Beckens und der rechten Hintergliedmaße diagnostizierte und die Katze einschläferte. Die Kosten hierfür in Höhe von 95,75 Euro stellte er unter dem 18.03.2003 der Beklagten in Rechnung und wies auf den Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 23.11.1998 hin. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 11.07.2003 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 24.07.2003 zur Zahlung aufgefordert.

Der Kläger hat am 29.09.2003 Klage erhoben. Im Hinblick darauf, dass vorgerichtlich um die Erforderlichkeit einer Fundanzeige gestritten worden war, hat er eine auf den 30.04.2003 datierte und von Frau G. unterzeichnete an das Ordnungsamt der Beklagten gerichtete Fundanzeige vorgelegt (Bl. 13), die nach dem Vortrag der Beklagten (Bl. 26) dort nicht vorliegt. Im übrigen hat der Kläger die Klage wie folgt begründet: Die Kostenpflicht der Beklagten ergebe sich aus dem Erlass vom 23.11.1998. Die erforderliche Fundanzeige sei erfolgt. Zu den von der Ordnungsbehörde zu tragenden Kosten gehörten auch die Kosten für eine notwendige tierärztliche Behandlung. Auch der Kläger als Tierarzt und nicht lediglich der Finder könne den Anspruch geltend machen, weil nach dem genannten Erlass eine Kostenpflicht auch dann bestehe, wenn der Finder das Fundtier unmittelbar zu einem Tierarzt in Behandlung bringe. Dass es sich um ein Fundtier handele, ergebe sich daraus, dass der Kater kastriert und in gutem Ernährungs- und Pflegezustand gewesen sei.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat unter anderem geltend gemacht, es habe sich nicht um ein Fundtier, sondern um ein herrenloses Tier gehandelt, weil es kein Halsband getragen habe und auch in der Folgezeit keinerlei Nachfrage durch einen Eigentümer zu verzeichnen gewesen sei. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag komme nicht in Betracht, weil der Kläger nicht entsprechend dem mutmaßlichen Willen der Beklagten gehandelt habe. Diese habe zum Zweck der Versorgung von Fundtieren den Bau eines Tierheims unterstützt und einen Vertrag mit dem gemeinnützigen Verein "Tierheim A-Stadt e.V." abgeschlossen, der nicht nur die Aufbewahrung und Pflege der Tiere, sondern auch die medizinische Versorgung umfasse. Dies sei möglich, da der Tierheimleiter selbst Veterinär sei und somit kostengünstig eine entsprechende Versorgung der Tiere gewährleistet werden könne. Die Behandlungskosten seien in der jährlichen Vergütung für die Versorgung von Fundtieren im Tierheim einkalkuliert. Im Übrigen hätte vorrangig der amtsärztliche Bereitschaftsdienst oder die Polizei im Hinblick auf ihre Eilzuständigkeit informiert werden können. Die erforderliche Fundanzeige sei unterblieben; die vom Kläger vorgelegte Anzeige vom 30.04.2003 liege nicht vor. Im Übrigen seien Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag nachrangig gegenüber Ansprüchen aus einem Auftragsverhältnis, das zwischen der Erzieherin der ...schule Frau G. und dem Kläger zu Stande gekommen sei.

Mit Urteil vom 10.07.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 970 BGB bestehe nicht, weil die Beklagte nicht Empfangsberechtigte des Tieres gewesen sei. Die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag lägen nicht vor, weil nicht erweislich sei, dass es sich um ein Fundtier und nicht um ein herrenloses Tier gehandelt habe. Im Übrigen obliege der Fundbehörde lediglich die Verwahrung der Fundsache für den Eigentümer, die vom Kläger aber nicht vorgenommen worden sei. Es fehle auch an dem erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen des Klägers, weil er ein objektiv fremdes Geschäft lediglich für den Eigentümer des Tieres geführt habe, nicht aber für die Behörde, und sonstige Anhaltspunkte für einen Fremdgeschäftsführungswillen bereits während der Geschäftsführung nicht erkennbar seien. Der Erlass über die Kostentragung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren begründe keinen Anspruch des Klägers. Der Kläger habe auch nicht deshalb ein Geschäft der Beklagten geführt, weil er einer Gefahr oder Störung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begegnet wäre. Eine Gefahrensituation habe - wie im einzelnen näher ausgeführt wird - nicht vorgelegen. Auch ein öffentlich rechtlicher Erstattungsanspruch sei nicht gegeben.

Gegen das am 13.07.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 14.08.2006 die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag am 13.09.2006 begründet. Mit Beschluss vom 17.11.2009 hat der Senat die Berufung des Klägers zugelassen. Der Beschluss ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.11.2009 zugestellt worden. Diese haben daraufhin die Berufung am 22.12.2009 begründet und ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 970 BGB zu. Die Beklagte sei nach § 967 BGB Empfangsberechtigte gewesen. Als zuständige Fundbehörde habe ihr ein durch behördliche Anordnung durchsetzbarer Herausgabeanspruch zugestanden. Bei der Katze habe es sich um ein Fundtier gehandelt. Das fehlende Halsband und das Ausbleiben von Anfragen nach dem Verbleib der Katze ließen keinen Schluss auf ihre Herrenlosigkeit zu. Eine sich gegebenenfalls darin ausdrückende Aufgabe des Eigentums wirke nicht auf den Zeitpunkt der Behandlung oder der Rechnungslegung zurück. Im Hinblick auf die entsprechende Regelung in dem Erlass über die Kostenerstattung bei der Verwahrung und Behandlung von Fundtieren vom 23.11.1998 sei es auch nicht gerechtfertigt, die Unaufklärbarkeit der Fundtiereigenschaft der Katze zu Lasten des Klägers zu werten. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag zu Unrecht verneint. Die Beklagte selbst habe in der Klageerwiderung eingeräumt, dass sie für die Versorgung von Fundtieren ein von ihm gefördertes Tierheim vertraglich verpflichtet habe, von dem im konkreten Fall jedoch unstreitig keine Hilfe zu erlangen gewesen sei. Dass neben der medizinischen Versorgung noch zumindest zeitweise eine (weitere) Verwahrung stattgefunden habe, könne nicht verlangt werden. Dass der Kläger ein fremdes Geschäft geführt habe, ergebe sich auch aus dem Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und der daraus für die Beklagte folgenden Verpflichtung zum Einschreiten. Das qualvolle Verenden von Tieren, die sich nicht in der Obhut ihrer Eigentümer befinden, entspreche nicht dem normalen Geschehensablauf und sei auch nicht mit allgemeingültigen Grundsätzen der Ethik und des Tierschutzes vereinbar. Verletze sich - wie vermutlich hier - eine Katze durch einen Fenstersturz, so bestehe ebenso eine Pflicht zum Einschreiten wie wenn ein Tier durch eine Kollision mit einem Kraftfahrzeug verletzt werde. Der Fremdgeschäftsführungswille des Klägers ergebe sich daraus, dass er erst nach erfolgloser Kontaktierung des Tierheims von den Findern der Katze gebeten worden sei, an Stelle der Beklagten tätig zu werden. Der Kläger könne deshalb auch einen öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch geltend machen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts A-Stadt vom 11.07.2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 95,75 Euro nebst Zinsen p.a. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere gemäß § 124a Abs. 6 VwGO fristgerecht begründet worden.

Die Klage ist zulässig und m.E. auch begründet.

Allerdings steht dem Kläger kein Ersatzanspruch aus § 970 BGB zu. Danach kann der Finder, wenn er zum Zweck der Verwahrung oder Erhaltung der Sache oder zur Ermittlung eines Empfangsberechtigten Aufwendungen macht, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, von dem Empfangsberechtigten Ersatz verlangen. Die Beklagte ist jedoch nicht Empfangsberechtigte im Sinne dieser Vorschrift und kann daher nicht Schuldnerin des Anspruchs sein. Empfangsberechtigter im Sinne der §§ 965, 970 BGB ist jeder, der ein Besitzrecht und damit einen Herausgabeanspruch hat, wie der Eigentümer (§ 985 BGB), der Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts (§§ 1065, 1227 BGB) oder ein früherer Besitzer (§ 1007 BGB) (vgl. Bassenge in: Palandt, 70. Aufl. 2011, vor § 965 Rn. 1; Quack, in: Münchener Kommentar, Bd. 6, 4. Aufl. 2004, § 965 Rn. 20). Hingegen ist die Behörde, der der Fund gemäß § 965 Abs. 2 BGB anzuzeigen ist, wenn der Empfangsberechtigte unbekannt ist, nicht ihrerseits Empfangsberechtigte. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Die Ablieferungspflicht gemäß § 967 BGB gegenüber der Fundbehörde hat mit dem Herausgabeanspruch des Berechtigten nichts zu tun. Im Übrigen ist der Kläger auch nicht der Finder der Katze.

Dem Kläger steht jedoch ein Ersatzanspruch nach den Grundsätzen der öffentlich rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag zu, vgl. § 683 BGB. Auch im öffentlichen Recht kommt ein Anspruch des Bürgers gegen die Verwaltung auf Erstattung seiner Aufwendungen für die Wahrnehmung von Aufgaben in Betracht, die an sich zum Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltung gehören. Wer eine Angelegenheit erledigt, die - wie er weiß - zum Aufgabenbereich einer Behörde gehört, tätigt ein objektiv fremdes Geschäft und handelt als Geschäftsführer ohne Auftrag. Die gleichzeitige Wahrnehmung eigener Interessen steht dem nicht entgegen. Die Vorschriften des BGB über eine Geschäftsführung ohne Auftrag sind in einer solchen Lage entsprechend anwendbar. Die darin vorgesehene Verteilung der Rechte und Pflichten von "Geschäftsführer" und "Geschäftsherren" ist auch für das Verhältnis eines für die Verwaltung einspringenden Bürgers zum Hoheitsträger selbst tragfähig und angemessen, so etwa wenn er in besonderen Notlagen Hilfe leistet, solange die Behörde dazu nicht in der Lage ist (vgl. BVerwG, U. v. 06.09.1988 - 4 C 5.86 -, NJW 1989, 922, 923). Ein solcher Fall liegt hier vor.

Der Kläger hat eine Aufgabe der Beklagten und damit im Sinne der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ein "fremdes Geschäft" wahrgenommen. Es sprechen erhebliche Gründe dafür, dass die Beklagte bereits als zuständige Fundbehörde nach § 967 BGB verpflichtet war, die Katze in ihre Obhut zu übernehmen, weil es sich um ein Fundtier, das heißt ein in fremdem Eigentum stehendes Tier handelte und nicht um ein herrenloses Tier (vgl. zu diesem Gesichtspunkt - einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag bejahend - VG Göttingen,, U. v. 19.05.2010 - 1 A 288/08 -). Zwar bestanden nach dem ursprünglichen Eindruck Anhaltspunkte sowohl für als auch gegen die Fundtiereigenschaft. So hatte der Kläger festgestellt, dass das Tier kastriert war und sich in einem guten Ernährungs- und Pflegezustand befand. Andererseits trug es kein Halsband und erkundigte sich nach dem Vortrag der Beklagten in der Folgezeit niemand nach seinem Verbleib. (Anm.: Mir ist unklar, wie verlässlich diese Aussage ist: Werden entsprechende Anfragen von Eigentümern beim Ordnungsamt dokumentiert?) Maßgeblich erscheint mir, dass der Kläger bei dem Tier Verletzungen feststellte, die typisch seien für einen Fenstersturz (vgl. das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 18.03.2003, Bl. 3 d. Beiakte). Zu der Verwahrung für den Eigentümer gehört auch eine erforderliche tierärztliche Versorgung, zu der der Eigentümer seinerseits im Rahmen der Pflege gemäß § 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) verpflichtet ist. Diese umfasst auch die Gesundheitsfürsorge (vgl. Lorz/Metzger, TierSchG, 5. Aufl. 1999, § 2 Rn. 32) einschließlich einer erforderlichen tierärztlichen Behandlung (vgl. Hirt/Maisack/Moritz, TierSchG, 2. Auflage 2007, § 2 Rn. 27; Kluge [Hrsg.], TierSchG, 1. Aufl. 2002, § 2 Rn. 32). Letztlich bedürfen diese Fragen jedoch keiner abschließenden Entscheidung.

Denn jedenfalls hat der Kläger eine Aufgabe der Beklagten als örtliche Ordnungsbehörde wahrgenommen, als die sie zur Gefahrenabwehr verpflichtet war, §§ 2, 3 Abs. 3 Nr. 1, 4 Abs. 1, Abs. 2 SOG M-V, weil jedenfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorlag. Unter diesem Schutzgut wird die "Summe ungeschriebener Normen, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens angesehen wird" verstanden (vgl. BVerfG, B. v. 24.03.2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, 2069). Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung immer schon dann vorliegt, wenn ein verletztes Haustier von seinem Halter nicht mehr wie in § 2 Nr. 1 TierSchG vorgeschrieben versorgt werden kann, weil es sich außerhalb dessen häuslichen Bereichs befindet und der Halter nicht ohne Weiteres ausfindig gemacht werden kann (so offenbar VG Gießen, U. v. 30.05.1994 - 7 E 358/92 -, NVwZ-RR 1995, 144). Jedenfalls aber ist eine Gefahr für die öffentliche Ordnung zu bejahen, wenn ein derart versorgungsbedürftiges Haustier sich an einem öffentlichen Ort befindet, der zudem - wie hier der Spielplatz einer Schule - von Kindern genutzt wird. Dass das unter Umständen mit Leiden verbundene Ableben eines Tieres ein natürlicher Vorgang sei und regelmäßig keinen helfenden Eingriff des Menschen verlange, und der Eindruck der kranken Kreatur auf den Menschen und der daraus erwachsende verständliche Wunsch des Einzelnen, der leidenden Kreatur helfen zu wollen, keine Gefahrensituation darstelle (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 06.03.1996 - 13 A 638/95 -, NWVBl. 1996, 393), mag auf herrenlose Tiere zutreffen (solche betraf auch der vom OVG Münster entschiedene Fall), gilt im Hinblick auf die Wertung des § 2 Nr. 1 TierSchG aber nicht für Tiere, die sich grundsätzlich in der Obhut eines Menschen befinden. M.E. sind Zweifel an dieser Wertung auch nicht deshalb begründet, weil die Pflichten des § 2 Nr. 1 TierSchG in dieser Vorschrift nur dem Halter des Tieres auferlegt werden, nicht aber Dritten. Durch das geschilderte Verständnis der öffentlichen Ordnung wird diese Pflicht nicht etwa entgegen der Wertung des Gesetzgebers auf Dritte erstreckt, sondern dieser Wertung - vor dem Hintergrund des Grundsatzes gemäß § 1 TierSchG - gerade Rechnung getragen. (Anm.: Folgt man dieser Auffassung nicht, so ist die öffentliche Ordnung hier mE nicht verletzt. Soweit Thüsing, [NVwZ 1997, 563, 564] eine Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne dann für möglich hält, wenn die Schmerzen des Tieres nachweislich vom Menschen pflichtwidrig herbeigeführt wurden, liegt diese Voraussetzung hier nicht vor.)

Ein Vertrag zwischen dem Kläger und Frau G. bzw. der ...schule ist nicht zustande gekommen. Indem Frau G. dem Kläger mitteilte, dass sie sich zuvor an das Tierheim gewandt hatte, wurde deutlich, dass sie den Kläger nicht im eigenen Namen mit der Behandlung der Katze beauftragen wollte. Zwischen den Beteiligten ist ferner unstreitig, dass der Kläger ihr gegenüber erklärte, dass sie die Behandlung nicht bezahlen müsse (GA 27, 37).

Voraussetzung für einen Ersatzanspruch ist ferner ein Handeln des Geschäftsführers im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der an sich zuständigen Behörde, vgl. § 678 BGB. Dem steht der Fall gleich, dass die zuständige Behörde die Aufgabe an sich zwar wahrnehmen könnte, dazu aber aus welchen Gründen auch immer nicht bereit ist. Das bürgerliche Recht lässt einen entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn unbeachtlich sein, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, nicht rechtzeitig erfüllt werden würde (§ 679 BGB). Im Bereich des öffentlichen Rechts gilt, dass ein Tätigwerden Privater an Stelle einer zuständigen Behörde gegen deren wirklichen oder mutmaßlichen Willen nur dann Rechte und Pflichten nach den Regeln über eine Geschäftsführung ohne Auftrag auslösen kann, wenn ein öffentliches Interesse nicht allein an der Erfüllung der Aufgabe an sich, sondern darüber hinaus daran bestand, dass sie in der gegebenen Situation von dem privaten "Geschäftsführer" wahrgenommen wurde. Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn im Hinblick auf die von der betroffenen Behörde wahrzunehmende öffentliche Aufgabe eine Notstandssituation vorlag (vgl. BVerwG aaO). Dies war hier der Fall. Es ist davon auszugehen, dass die zuständige Ordnungsbehörde am Freitag nachmittag gegen 14.00 Uhr nicht mehr erreichbar war. Das Tierheim, das mit der Versorgung von Fundtieren beauftragt war (und nach der mit der Beklagten bestehenden Vereinbarung wohl auch unmittelbar angesprochen werden durfte), hatte nach den unbestrittenen Angaben des Klägers die Aufnahme der Katze abgelehnt. Vor diesem Hintergrund ist es der Beklagten verwehrt, sich auf die Möglichkeit einer kostengünstigeren Versorgung durch das Tierheim zu berufen. Auch die Polizei hätte sich, wenn sie benachrichtigt worden wäre, an den Kläger bzw. einen seiner Kollegen gewandt. Dass in diesem Fall geringere Kosten angefallen wären, ist nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund wurde durch das Handeln des Klägers auch nicht ein Entscheidungsspielraum der Behörde überspielt (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerwG aaO; OVG Münster aaO). Daher ist auch die unterbliebene Fundanzeige gemäß § 965 Abs. 2 BGB nicht von Bedeutung.

Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich für die Zeit ab dem 29.09.2003 aus § 291 BGB analog. Für die Zeit ab dem 25.07.2003 folgt er unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens aus § 288 BGB analog, weil die Beklagte sich seither wegen der Nichtleistung auf die Mahnung des Klägers vom 11.03.2003 im Verzug befand, § 286 Abs. 1 BGB analog.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.