VG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.06.2009 - 1 K 4151/08.F
Fundstelle
openJur 2012, 31811
  • Rkr:

Finanztransfergeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG ist die gewerbsmäßige Besorgung von Zahlungsaufträgen für einen Auftraggeber an einen Empfänger durch physischen Transport von Bargeld oder im Wege bargeldlosen Zahlungsverkehrs, der nicht die Voraussetzungen des Girogeschäfts erfüllt.Girogeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 9 KWG ist die Durchführung bargeldlosen Zahlungsverkehrs ausschließlich durch die Erteilung von Gut- und Lastschriften auf Konten, die über zwischengeschaltete Konten Dritter (Clearing-Stellen) miteinander verknüpft sind.

Tenor

1. Der Bescheid vom 07.11.2007 und der Widerspruchsbescheid vom07.11.2008 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. DieBeklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höheder festgesetzten kosten abwenden, wenn der Kläger nicht zuvorSicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger war in der Vergangenheit als Leiter der Filiale Berlin der mit Hauptsitz in Hamburg residierenden Fa. X GmbH tätig, die dort mit Genehmigung der Beklagten das Sorten- und Finanztransfergeschäft betrieb. Zum 31.03.2007 schied der Kläger aus dieser Firma aus. Die Fa. X zeigte der Beklagten an, zu diesem Zeitpunkt ihre Berliner Filiale zu schließen. Mitte März 2007 gründete der Kläger als alleiniger Gesellschafter die Y GmbH mit Sitz in Berlin und bestellte sich selbst und eine weitere Person zu Geschäftsführern. Die Y beantragte am 06.07.2007 bei der Beklagten die Erlaubnis zum Betreiben des Finanztransfergeschäftes und des Sortengeschäftes. Dabei gab sie an, das Finanztransfergeschäft solle aus dem und in den Iran, das Sortengeschäft mit der iranischen Währung, dem Rial, betrieben werden. Die Y werde das Geschäft in den ehemaligen Geschäftsräumen der Fa. X betreiben und damit deren frühere Kundschaft übernehmen, bei der es sich überwiegend um Laufkundschaft gehandelt habe.

Der Kläger hielt das Geschäftslokal auch nach dem 01.04.2007 jedenfalls bis zum Tag einer Geschäftsprüfung durch die Beklagte am 18.10.2007 geöffnet. An der Außenfassade und im Ladenlokal selbst befand sich in diesem Zeitraum ein Schild der Fa. X. In der rechten hinteren Ecke des Ladens befand sich ein Tresen mit einem voll eingerichteten Büro und Geschäftsunterlagen der Fa. X seit dem Jahr 2002. Kunden, die Geldtransfers in den Iran abwickeln wollten, nahmen die Dienste des Klägers wie folgt in Anspruch: Wenn ein Kunde den Geldtransfer wünschte, stellte der Kläger durch Nachfrage bei der Fa. X zunächst den aktuellen Wechselkurs fest. Dann hielt er den Transferauftrag handschriftlich fest, indem er Sender, Empfänger, Transferbetrag, Wechselkurs, den Einzahlungsbetrag zuzüglich der an die Fa. X abzuführenden Transfergebühren sowie den Auszahlungsbetrag in iranischen Rial und eine laufende Nummer notierte. Falls es sich um einen Neukunden handelte, nahm er die Identifizierung durch Anfertigung einer Kopie des Personalausweises vor. Dies unterblieb, wenn der Kunde bereits früher Finanztransfers über die Fa. X hatte durchführen lassen. Danach füllte der Kläger einen Überweisungsträger aus und schickte den Kunden zur Bank, um den Transferbetrag einschließlich der Transfergebühr auf das Konto der Fa. X einzuzahlen. Wenn der Kunde mit dem bestätigten Einzahlungsbeleg zurückkam, faxte der Kläger den Transferauftrag, eine Kopie des Einzahlungsbelegs und ggf. die Kopie des Personalausweises an die Fa. X. Der Kläger forderte für seine Tätigkeit kein Entgelt, weil es ihm darum ging, sich bis zur Erteilung der Erlaubnis für die Fa. Y den alten Kundenstamm zu erhalten. Der Kläger tätigte in dem besagten Zeitraum insgesamt 321 Geschäfte dieser Art. Ausweislich einer Mitteilung der Fa. X erhielt er von dieser keine Vermittlungsgebühren.

Mit Verfügung vom 07.11.2007 untersagte die Beklagte dem Kläger das weitere Betreiben (Ziffer I) und Bewerben (Ziffer II) des Finanztransfergeschäftes und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 EUR an (Ziffer III). Außerdem setzte sie für die Regelungen unter Ziffer I und II eine Gebühr in Höhe von 4.000 EUR fest (Ziffer IV).

Am 05.12.2007 erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2008 zurückwies, wobei sie eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 1.025,00 EUR festsetzte. In dem Widerspruchsbescheid ist ausgeführt, dass der Kläger in der Zeit vom 01.04. bis zum 18.10.2007 zumindest Teilakte des Finanztransfergeschäftes betrieben habe, ohne hierfür eine Erlaubnis zu besitzen. Ihm könne deshalb nach § 37 KWG das weitere Betreiben dieses Geschäfts untersagt werden. Die Untersagungsverfügung sei auch verhältnismäßig. Es könne insbesondere nicht anders hinreichend sicher gestellt werden, dass der Kläger diese Geschäfte in Zukunft unterlasse.

Hiergegen erhob der Kläger am 03.12.2008 Klage.

Er bestreitet den zugrunde gelegten Sachverhalt nicht, ist aber der Auffassung, dass es sich dabei weder um ein Finanztransfergeschäft noch um Teilakte eines solchen handele. Er habe nur den Kunden der Fa. X unentgeltlich Hilfestellung bei der Beauftragung dieser Firma zur Durchführung von Finanztransfers geleistet. Es habe sich um reine Gefälligkeiten gehandelt. Es sei zwar richtig, dass er sich dabei den alten Kundenstamm der Fa. X für sein künftiges Geschäft habe erhalten wollen. In dieser Zwecksetzung aber bereits eine Gewinnerzielungsabsicht zu sehen, gehe zu weit. Danach wäre schon jede Schul- oder Berufsausbildung eine Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Die angefochtenen Bescheide verletzten auch sein Recht auf rechtliches Gehör, weil ihm das Auskunftsschreiben der Fa. X niemals zur Kenntnis gebracht worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 07.11.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 07.11.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Tätigkeit des Klägers den Tatbestand des Finanztransfergeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG erfüllt. Der Begriff sei vom Gesetzgeber bewusst sehr weit gefasst worden, um jede Spielart von Zahlungen außerhalb der offiziellen Gironetze, also den gesamten Bereich des sogenannten Schattenbankensystems damit zu erfassen und damit der Nutzung solcher Transfersysteme zum Zwecke der Geldwäsche entgegenzutreten. Das Gesetz definiere das Finanztransfergeschäft deshalb als „Besorgung von Zahlungsaufträgen“. Der Tatbestand umfasse den Transfer von Geld als Dienstleistung für andere. Der Erlaubnispflicht unterlägen nach §§ 53, 32 KWG auch Teilakte dieser Dienstleistung. Dazu verweist die Beklagte auf eine Entscheidung des VG Berlin (in: Beckmann/Bauer, KWG, § 53a Nr. 1) und auf die Gesetzesmaterialien (BT Drs 13/7142, S. 66). Der Kläger habe die Aufträge in eigener Verantwortung und im eigenen Namen angenommen. Unerheblich sei, dass weitere konzessionierte Dienstleister wie die Fa. X und die die Gelder weiterleitenden Banken eingeschaltet gewesen seien. Es entspreche der langjährigen Verwaltungspraxis der Beklagten, schon die Avisierung von Zahlungen per Fax, Modem oder Telefon an eine weitere Stelle sowie die Vergabe von Transaktionsnummern oder Codes als Finanzdienstleistung anzusehen. Ebenfalls reiche das Vorhalten von Überweisungsträgern und die Hilfestellung beim Ausfüllen von Überweisungsträgern hierfür schon aus. Das rechtfertige sich aus dem besonderen Geldwäscherisiko des Finanztransfergeschäfts und aus den daran anknüpfenden geldwäscherechtlichen Pflichten für Anbieter dieses Geschäfts, denen der Kläger sich auch bewusst gewesen sei, da er die Identifikation der Neukunden vorgenommen habe. Zur Verhinderung der Geldwäsche sei es erforderlich, auch gegen Unternehmen vorzugehen, die in die Anbahnung, den Abschluss oder die Abwicklung von Finanztransfergeschäften einbezogen seien. Das sei schon der Fall, wenn ein Unternehmen Werbung für solche Geschäfte betreibe, wie dies der Kläger dadurch getan habe, dass er das Schild der Fa. X weiterhin habe hängen lassen. Einbezogen in das Finanztransfergeschäft sei er aber auch dadurch, dass seine Tätigkeit Berührungspunkte mit der Einhaltung geldwäscherechtlicher Pflichten aufweise, was sich insbesondere darin zeige, dass er die Kunden identifiziert habe. Der Kläger habe auch gewerbsmäßig gehandelt. Denn allein die Zahl der Aufträge zeige, dass das Geschäft auf Dauer angelegt gewesen sei. Es sei auch mit Gewinnerzielungsabsicht geführt worden, weil auch die Erhaltung eines Kundenstamms ein Vermögensvorteil sei. Der Kläger habe das Geschäft auch in einem Umfang betrieben, der einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erforderlich gemacht habe.

Es könne kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass der Kläger vor der Geschäftsprüfung über sein Auskunftsverweigerungsrecht aufgeklärt worden sei. Selbst wenn dies unterblieben sein sollte, stehe das der Verwertung der Ergebnisse jedoch nicht entgegen.

Wegen des übrigen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Gericht hat neben der Gerichtsakte vier Hefter Behördenakten zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist eine rechtliche Beschwer im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO gegeben. Dem steht nicht etwa entgegen, dass ein Verbot des Betreibens des Finanztransfergeschäfts den Kläger schon deshalb nicht beschweren könne, weil er nach eigener Darstellung ein solches Geschäft gar nicht betreibt und auch nicht zu treiben beabsichtigt. Aus den Gründen des Bescheides ergibt sich hinreichend klar, dass dem Kläger verboten werden soll, die Tätigkeit weiter auszuüben, die er im Zusammenhang mit dem Wunsch seiner Kunden nach einem Transfer ihrer Gelder zu Adressaten im Iran tatsächlich vorgenommen hat. Der Begriff des Finanztransfergeschäfts, den die Beklagte im Tenor ihres Bescheides benutzt, ist also an dieser Stelle nicht als Rechtsbegriff im Sinne der einschlägigen Vorschriften des KWG zu verstehen, sondern als rein beschreibender Begriff, der die in den Gründen des Bescheides, bzw. des Widerspruchsbescheides näher beschriebenen Realakte des Klägers zusammenfassend zum Ausdruck bringen soll. Der Kläger ist deshalb durch die Untersagungsverfügung auch dann beschwert, wenn sich herausstellen sollte, dass die ihm untersagte Tätigkeit den Rechtsbegriff des Finanztransfergeschäftes nicht erfüllt und daher weder unter Erlaubnisvorbehalt steht noch untersagt werden darf.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 37 Abs. 1 KWG sind nicht erfüllt. Danach kann die Beklagte die sofortige Einstellung des Geschäftsbetriebes nur dann verlangen, wenn der Betroffene nach § 3 KWG verbotene Geschäfte oder ohne die erforderliche Erlaubnis Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht hat oder in derartige Geschäfte einbezogen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Insbesondere hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten in der Zeit zwischen dem 01.04. und dem 18.10.2007 nicht das Finanztransfergeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG betrieben.

Das Gesetz definiert das Finanztransfergeschäft als die gewerbsmäßige Besorgung von Zahlungsaufträgen. Es geht also um eine Tätigkeit im Rahmen eines entgeltlichen Auftragsverhältnisses, d.h. eines Geschäftsbesorgungsvertrages im Sinne des § 675 BGB. Geschäftsbesorgung in diesem Sinne ist jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art in fremdem Interesse (BGH, Urt. v. 17.10.1991 - III ZR 352/89 -, NVW-RR 1992, 560). Wenn auch insoweit eine klare Abgrenzung zum Dienst- und Werkvertrag nicht möglich ist (jurisPK-BGB § 662 Rn 17), so ist doch klar, dass eine Geschäftsbesorgung darin besteht, einen durch den Auftraggeber erteilten Auftrag zu erfüllen. Hat der Auftrag Zahlungen zum Gegenstand, so soll der Beauftragte dafür sorgen, dass der ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte Geldbetrag einen Empfänger erreicht, an den der Geldbetrag ausgezahlt oder dem er zur Abholung bereit gestellt wird. Das Finanztransfergeschäft hat also zum Gegenstand, Zahlungsmittel, also Geld, von einer Person A zu einer Person B zu transferieren.

Die Art und Weise, wie dies geschieht, ist durch den Begriff des Finanztransfergeschäfts nicht bestimmt. Insbesondere erfasst er auch den Geldtransfer in der Form, dass der Auftragnehmer den zu transferierenden Betrag als Bargeld in Form gesetzlicher Zahlungsmittel in Empfang nimmt, damit zum Empfänger reist und diesem das Geld physisch auszahlt („Koffergeschäft“ - vgl. Findeisen WM 2000, 2125 [2131]). Der Regierungsentwurf zu dem Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften, mit dem das Finanztransfergeschäft dem Erlaubnisvorbehalt des KWG unterstellt worden ist, zeigt zwar, dass der Gesetzgeber diese Form des Geldtransfers nicht vor Augen hatte, sondern an die gewerbsmäßige nicht kontengebundene Besorgung von Zahlungsaufträgen für andere im bargeldlosen Zahlungsverkehr dachte (BT Drs. 13/7142, S. 66). Diese Beschränkung ist im Gesetz aber nicht zum Ausdruck gekommen. Indessen handelt es sich bei dem Finanztransfergeschäft typischerweise um eine Form des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.

Da der Transport von Bargeld vor allem über weitere Distanzen und über viele Ländergrenzen hinweg mit einem hohen Verlustrisiko verbunden ist und es dem Interesse der Auftraggeber entspricht, dem Empfänger das Geld in dessen Landeswährung zukommen zu lassen, entwickelten sich schon im alten China und Indien bargeldlose Zahlungssysteme, die als Institut des islamischen Rechts Hawala-Systeme genannt worden sind (von hawala arab. für Wechsel; hindi für Vertrauen - vgl. http://de.wikipedia.org./wiki/Hawala [31.03.2009]). Der Begriff ist noch heute für Geldtransfersysteme gebräuchlich, die auf der Methode der „zwei Töpfe“ beruhen (Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 3. Auf. 2008, § 1 Rn 139; Findeisen WM 2000, 2125 [2126]). Diese Methode besteht darin, dass der Auftraggeber den Geldbetrag dem Vermögen des Auftragnehmers (Topf 1) zuführt. Dieser weist darauf einen mit ihm kooperierenden Transferagenten am Zielort der Auszahlung an, den entsprechenden Betrag in Landeswährung zulasten seines eigenen Vermögens (Topf 2) an den Empfänger auszuzahlen. Die Belastung des Vermögens des Transferagenten am Zielort wird entweder dadurch ausgeglichen, dass dieser einen Geldtransfer in umgekehrter Richtung durchführt oder dadurch, dass der ursprüngliche Auftragnehmer den Ausgleich durch Warenlieferungen bewerkstelligt.

Während das Hawala-System typisch ist für den bargeldlosen Zahlungsverkehr, wie er von so genannten Money Transmitter Agencies durchgeführt wird, gibt es auch noch andere Formen des bargeldlosen Finanztransfergeschäftes. So kann der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Geldbetrag in bar aushändigen, dieser ihn auf sein Bankkonto einzahlen und seiner Bank einen Überweisungsauftrag an den Empfänger erteilen oder der Auftraggeber überweist das Geld selbst auf das Bankkonto des Auftragnehmers. Vor allem diese Fallgestaltung hatte der Gesetzgeber ausweislich der Materialien (BT-Drs. 13/7142, S. 66) im Auge, nämlich Repräsentanzen ausländischer Kreditinstitute, die als solche keiner Bankerlaubnis bedürfen, und die Geld auf Sammelkonten entgegennehmen, die sie bei einer deutschen Bank unterhalten, um den Betrag dann über Konten des Stammhauses im Ausland dem Empfänger zuzuleiten. Sowohl im klassischen Hawala-System als auch bei dieser Form des Geldtransfers sieht der Gesetzgeber besondere Risiken der Geldwäsche für gegeben, weshalb sie unter das Aufsichtsregime der Beklagten gestellt werden sollten.

Eine systematische Auslegung des Gesetzes ergibt, dass nur eine Form des Zahlungsverkehrs nicht unter den Begriff des Finanztransfergeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG fällt, nämlich das Girogeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 9 KWG. Das ergibt sich einfach daraus, dass dieser Geschäftstyp gesondert geregelt und den Bankgeschäften zugeordnet worden ist, während das Finanztransfergeschäft den Finanzdienstleistungen zugeordnet ist.

Das Gesetz lässt allerdings den Unterschied zwischen insbesondere dem Hawala-Geschäft und dem Girogeschäft nicht erkennen. Es definiert das Girogeschäft bloß mit „Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs“ und beschreibt damit Merkmale, die auch auf das Finanztransfergeschäft zutreffen. Der Unterschied ergibt sich aber aus dem Begriff des Girogeschäftes selbst. Das Girosystem wurde Ende des 16. Jahrhunderts zuerst in Italien entwickelt (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. 2004, Rn 4.3). Der bargeldlose Zahlungsverkehr im Rahmen dieses Geschäftstyps zeichnet sich dadurch aus, dass hier ausschließlich Buchgeld „bewegt“ wird. Es finden also nur Last- und Gutschriften auf Konten statt (vgl. § 676f BGB). Das zweite und entscheidende Unterscheidungsmerkmal besteht darin, dass die Konten des Zahlenden (Schuldners) und des Zahlungsempfängers (Gläubigers) entweder unmittelbar oder mittelbar durch Konten der Schuldner- und Gläubigerbank oder durch zwischengeschaltete Konten Dritter (Intermediäre, Clearing-Stellen) verkettet sind (vgl. § 676d BGB).

Die einfachste Form der Verkettung liegt vor, wenn das Konto des Schuldners und das des Gläubigers bei derselben Bank geführt werden. Dann findet der Zahlungsverkehr einfach dadurch statt, dass die Bank das Konto des Schuldners belastet und dem Konto des Gläubigers in gleichem Umfang eine Gutschrift erteilt. Der eigentliche Giroverkehr findet aber dann statt, wenn die Konten des Schuldners und des Gläubigers von verschiedenen Banken verwaltet werden. In diesem Fall setzt der bargeldlose Zahlungsverkehr nach dem einfachsten Modell voraus, dass beide Banken bei der jeweils anderen ein eigenes Konto unterhalten. Die Bank des Schuldners bucht dann aufgrund eines Überweisungsauftrages (§ 676a BGB) den zu transferierenden Betrag vom Konto des Schuldners ab und schreibt ihn dem bei ihr geführten Konto der Empfängerbank gut. Die Gläubigerbank belastet in gleichem Umfang das bei ihr geführte Konto der Schuldnerbank und schreibt den Betrag dem Konto des Gläubigers gut. Tatsächlich unterhalten aber nicht alle Banken bei allen Banken eigene Konten, sondern diese Konten werden zentral bei einer intermediären Bank (z.B. Girozentrale, Bundesbank) geführt.

Das Finanztransfergeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1a Nr. 6 KWG lässt sich also abschließend dahingehend bestimmen, dass es sich um die gewerbsmäßige Besorgung von Zahlungsaufträgen für einen Auftraggeber durch physischen Transport von Bargeld oder im bargeldlosen Zahlungsverkehr handelt, der nicht die Voraussetzungen des Girogeschäfts erfüllt.

Der Kläger hat Finanztransfergeschäfte in diesem Sinne weder in Auftrag genommen noch durchgeführt.

Die Kunden, die bei ihm mit dem Wunsch vorgesprochen haben, einen Geldtransfer durchzuführen, haben dem Kläger persönlich keinen dahingehenden Auftrag erteilt. Sie konnten auch nicht die Vorstellung haben, das zu tun. Dagegen spricht der Umstand, dass das Geschäftslokal des Klägers eindeutig als Filiale der Fa. X markiert war. Diese Markierung entsprach zwar nicht mehr der Realität, weil die Fa. X die Filiale Berlin bereits geschlossen hatte. Das ändert aber nichts daran, dass aus der Sicht der Kunden noch immer die Fa. X als Transmitter im Raum stand, und nicht der Kläger.

Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sich im Kundengespräch als der Dienstleister geriert hat, dem sie den Transferauftrag erteilen konnten und sollten. Einen solchen Sachverhalt haben die Prüfer der Beklagten nicht ermittelt. Er ist auch gänzlich lebensfremd angesichts der Tatsache, dass der Kläger das Geld der Kunden nicht entgegennahm, sondern sie vielmehr darauf verwies, es bei einer Bank auf das Konto der Fa. X einzuzahlen. Es gibt also keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auch nur bei einem der 321 in Rede stehenden Aktionen einen Finanztransferauftrag übernommen hat.

Der Kläger hat auch keinen Finanztransfer besorgt, also durchgeführt. Die Durchführung eines Finanztransfers dadurch, dass der Kläger fremde Gelder auf einem eigenen Konto entgegennimmt und dann auf ein Empfängerkonto im Zielland überweist, scheitert schon daran, dass er die Gelder der Kunden weder in bar noch durch Gutschrift auf seinem Konto entgegengenommen hat. Ein Finanztransfer ist jedoch nicht durchführbar, wenn das zu transferierende Geld nicht zur Verfügung steht. Er hat den Finanztransfer oder wesentliche Teile davon auch nicht etwa dadurch durchgeführt, dass er einen Kooperationspartner im Zielland angewiesen hätte, dem Empfänger den Betrag in Landeswährung auszuzahlen. Es gibt dafür keinerlei Anhaltspunkte.

Das Gericht vermag auch der Auffassung der Beklagten nicht beizupflichten, der Kläger habe Teilakte des Finanztransfergeschäfts im Sinne der §§ 53, 32 KWG durchgeführt, für die er einer Erlaubnis bedurft hätte. § 53 KWG befasst sich nur mit Zweigstellen eines Unternehmens mit Sitz im Ausland. Dafür, dass der Kläger als Zweigstelle eines solchen Unternehmens agiert hat, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Tätigkeit des Klägers stand in keinem Zusammenhang mit einem ausländischen Unternehmen, sondern nur im Zusammenhang mit der Fa. X, die ihren Sitz im Inland hat. Der Kläger handelte auch nicht als Zweigstelle der Fa. X, weil diese die vom Kläger bis dahin betriebene Zweigstelle zum 31.03.2007 geschlossen hatte.

Die Tätigkeit des Klägers stellt sich der Sache nach als Vermittlung von Finanztransfergeschäften dar. Diese Vermittlungstätigkeit steht aber im Unterschied zur Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (§ 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 KWG) nicht unter Erlaubnisvorbehalt, denn Finanztransfergeschäfte sind keine Geschäfte über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (vgl. § 1 Abs. 11 KWG).

Die klägerische Tätigkeit war dergestalt, dass er in die Anbahnung und den Abschluss von Finanztransfergeschäften der Fa. X einbezogen war. Die Beklagte kann die Tätigkeit derart einbezogener Unternehmen nach § 37 Abs. 1 Satz 4 KWG jedoch nur dann untersagen, wenn die Geschäfte selbst ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 32 KWG betrieben werden. Die Fa. X besitzt jedoch eine Erlaubnis zum Erbringen von Finanztransfers, so dass auch insoweit eine Untersagung der Tätigkeit des Klägers nicht in Betracht kommt.

Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Beklagten nicht erschüttert. Aus dem Hinweis in dem Regierungsentwurf, dass eine „bankgeschäftliche Tätigkeit [...], auch auf Teilakte beschränkt, nicht ausgeübt werden [darf]“ (BT Drs. 13/7142, S. 66) steht dem obigen Ergebnis nicht entgegen. Diese Aussage steht im Zusammenhang mit Repräsentanzen ausländischer Kreditinstitute im Sinne des § 53a KWG. Der Gesetzgeber hat den Fall im Auge, dass derartige Repräsentanzen, die keine bankgeschäftlichen Tätigkeiten ausüben dürfen, das Finanztransfergeschäft anbieten und Teilakte selbst vollziehen, indem sie das zu transferierende Geld auf einem ihrer Konten bei einer deutschen Bank vereinnahmen. Diese Tätigkeit hat mit der des Klägers nichts zu tun.

Auch das von der Beklagten zitierte Urteil des VG Berlin (in: Beckmann/Bauer, KWG, § 53a Nr. 1) steht dem Ergebnis nicht entgegen. In diesem Fall ging es um die Repräsentanz einer ausländischen Bank, die an Kunden Aktien verkauft hat. In diesem Zusammenhang führt das Gericht aus, dass eine erlaubnisfreie Repräsentanztätigkeit dort nicht mehr gegeben sei, „wo Bankgeschäfte, auch Teile davon, durchgeführt werden“. Der Fall ist mit dem des Klägers in keiner Weise vergleichbar. Das Urteil lässt sich vielmehr für das hier vertretene Ergebnis anführen. Das Gericht führt nämlich auch aus, dass die erlaubnisfreie Repräsentanztätigkeit „nur der Anbahnung von Geschäften dient, und die weitere Durchführung gerade nicht“ umfassen darf. Auf den vorliegenden Fall angewandt ergibt sich daraus, dass die bloße Anbahnung von Finanztransfergeschäften erlaubnisfrei ist. Mehr als dies hat der Kläger nicht getan.

Das gefundene Ergebnis wird auch nicht durch die langjährige Verwaltungspraxis der Beklagten erschüttert, wonach schon die Avisierung von Zahlungen per Fax, Modem oder Telefon an eine weitere Stelle sowie das Vorhalten von Überweisungsträgern und die Hilfestellung beim Ausfüllen von Überweisungsträgern als Finanzdienstleistung angesehen wird. Es gibt keinen gesetzlichen Tatbestand, der durch diese Sachverhalte erfüllt sein könnte. Sofern die Beklagte diese Betrachtungsweise unabhängig von gesetzlichen Tatbeständen aus dem besonderen Geldwäscherisiko des Finanztransfergeschäfts und den daran anknüpfenden geldwäscherechtlichen Pflichten für Anbieter dieses Geschäfts glaubt rechtfertigen zu können, hat sie nicht nur nicht dargelegt, wie sich aus dem Vorhalten von Überweisungsformularen oder der Hilfestellung bei deren Ausfüllung besondere Geldwäscherisiken ergeben sollten; sie hat auch dem Umstand zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, dass die Finanzdienstleistungsaufsicht im Allgemeinen und die Untersagung von Geschäftstätigkeiten im Besonderen Grundrechtsrelevanz hat und deshalb nur nach rechtsstaatlichen Kriterien, also insbesondere unter Beachtung des Gesetzesvorbehalts erfolgen kann.

Sofern das Vorbringen der Beklagten dahin zu verstehen sein sollte, dass die Identifizierungstätigkeit des Klägers den Tatbestand der erlaubnispflichtigen Finanzdienstleistung oder des Teilaktes einer solchen erfüllt, vermag die Kammer auch dem nicht zu folgen. Der Kläger hat, unabhängig davon, ob er von der Fa. X dazu ermächtigt oder beauftragt war, erforderliche Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach dem heutigen § 3 Abs. 1 Nr. 1 GwG als Dritter durchgeführt. Eine derartige Person wird weder dadurch, dass sie sich zur Erfüllung dieser Sorgfaltspflichten gegenüber dem eigentlich Verpflichteten verpflichtet hat, noch dadurch, dass sie sie faktisch erfüllt, zu einem der Erlaubnis nach KWG unterliegendem Finanzdienstleistungsunternehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 S. 1 VwGO).

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