KG, Beschluss vom 29.11.2010 - 1 W 325/10
Fundstelle
openJur 2012, 14170
  • Rkr:

Die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum oder umgekehrt bedarf gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 WEG nicht der Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger.

Tenor

Die Zwischenverfügung wird im angefochtenen Umfang aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind die einzigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft B... Straße 2... . Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 15. März 2007 hatte die Beteiligte zu 1 als damalige Eigentümerin sämtlicher Wohnungs- und Teileigentumsrechte den Inhalt der Rechte und die Gemeinschaftsordnung neu gefasst. Danach dürfen die im Aufteilungsplan mit der Nr. 1 bezeichneten, hier verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten für Zwecke einer humanmedizinischen Arztpraxis oder vergleichbarer Praxistätigkeiten genutzt werden, ferner auch für Zwecke eines stillen Büros. Weiter ist geregelt:

„Der jeweilige Sondereigentümer ist ferner befugt, die Räumlichkeiten auch (ganz oder teilweise) für Wohnzwecke zu nutzen. Er ist für diesen Fall ermächtigt, ohne dass es der Zustimmung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft bedarf, sein Teileigentum im Grundbuch in Wohnungseigentum umzuwandeln.“

Auf diese Erklärung wird wegen des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums gemäß Eintragung vom 22. August 2007 im Grundbuch Bezug genommen.

Die Beteiligten zu 2 und 3 wurden am 31. August 2007 als Bruchteilseigentümer der im Obergeschoss des Hauses B... Straße 2... belegenen Eigentumswohnung (Wohnungsgrundbuch von Z... Bl. 1... ) eingetragen. Das Wohnungseigentum ist in Abteilung III, lfd. Nr. 6, mit einer am 24. August 2007 eingetragenen Grundschuld für die B... B... AG & Co. KG belastet.

Mit notariellem Vertrag vom 27. April 2010 verkaufte die Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 und 3 auch ihren verbliebenen Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an den Praxis- und Kellerräumen Nr. 1 gemäß Aufteilungsplan. In § 5 der notariellen Urkunde erklärten die Beteiligten, sie einigten sich „hiermit dahingehend, dass das Sondereigentum des Kaufgegenstandes (ausschließlich der Kellerräume) zu Wohnzwecken umgewidmet, das heißt zukünftig ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden darf und entsprechend im Grundbuch als Wohnungseigentum ausgewiesen wird“. Sie beantragten und bewilligten die Umwidmung zur Eintragung ins Grundbuch.

Das Teileigentum ist in Abteilung III, lfd. Nr. 4 mit einer am 5. August 2002 eingetragenen Grundschuld zugunsten der B... H... - und V... Aktiengesellschaft belastet.

Mit Schrift vom 28. April 2010 beantragte der Notar gemäß § 15 GBO den Vollzug des Antrages gemäß § 5 Ziffer 1 der Kaufvertragsurkunde (Umwidmung).

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 17. Mai 2010 beanstandet, es fehlten die Zustimmungserklärungen der Grundpfandrechtsgläubiger Abt. III Nr. 4 von Z... Bl. 1... und Abt. III Nr. 6 von Z... Bl. 1... in der Form des § 29 GBO. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG finde keine Anwendung, da nach der Entscheidung des Kammergerichts vom 24. Mai 2004 (NZM 2004, 624= ZMR 2005, 244) die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum nicht als Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG sondern als sachenrechtlicher Veränderungsakt im Bereich des § 4 WEG zu sehen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Die Beteiligten sind der Ansicht, die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger sei nach der Einführung des § 5 Abs. 4 S. 2 WEG durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 nicht mehr erforderlich. Da die zitierte Rechtsprechung sich auf einen anderen Gesetzestext beziehe, könne sie nicht als Argument herangezogen werden.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 71 GBO zulässig. Es ist dahin auszulegen, dass die Beschwerde durch sämtliche Beteiligten erhoben werden soll. Wenn der beurkundende Notar im Rahmen der vermuteten Vollmacht nach § 15 GBO Beschwerde einlegt, sind grundsätzlich alle Antragsberechtigten als Beschwerdeführer anzusehen, wenn sich nicht aus einer ausdrücklichen Angabe oder aus den Umständen etwas anderes ergibt (vgl. nur Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rdn. 20).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das beanstandete Hindernis steht der Eintragung der Umwidmung nicht entgegen, denn eine Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger ist nicht erforderlich.

1.

Hinsichtlich der Grundschuld Abteilung III Nr. 6 von Z... Bl. 1... ergibt sich dies schon daraus, dass diese Gläubigerin auch ohne Berücksichtigung von § 5 Abs. 4 S. 2 WEG nicht materiell in ihren Rechten betroffen ist. §§ 877, 876 BGB gelten für die zu ihren Gunsten eingetragene Belastung weder direkt noch in entsprechender Anwendung.

Zwar ist für die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum – unabhängig von dem Streit über deren dogmatische Grundlage – nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich die Mitwirkung sämtlicher Wohnungs- und Teileigentümer erforderlich (vgl. nur BayObLG Rpfleger 1998, 19; OLG Bremen, NZM 2002, 610; OLGR Celle, 2000, 307; HansOLG Hamburg ZMR 2003, 697; OLG Hamm, MittRhNotK 1999, 344). Das Erfordernis der Mitwirkung kann aber durch eine Regelung in der Teilungserklärung, die spätere Wohnungs- und Teileigentümer als Sondernachfolger von der Mitwirkung ausschließt, abbedungen werden (BayObLG, Rpfleger 1989, 325, NJW-RR 1997, 586, BayObLGZ 1997, 233). Sind die übrigen Wohnungseigentümer bereits durch die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung von der Mitwirkung bei der Umwandlung von Teileigentum in Wohnraum ausgeschlossen, so bewirkt die spätere Vornahme einer solchen Umwandlung keine Änderung des Inhalts ihres Sondereigentums. Damit sind die §§ 877, 876 BGB nicht anwendbar. Ebenso wie die übrigen Wohnungseigentümer im Inhalt ihres Sondereigentums nicht mehr berührt werden, können dann auch die dinglich Berechtigten ihre Rechtsposition der Vornahme einer solchen Umwandlung nicht entgegensetzen; sie sind damit durch die Eintragung einer solchen Umwandlung nicht im Sinne von § 19 GBO betroffen (BayObLG, Rpfleger 1989, 325).

Die Grundschuld zugunsten der B... B... AG & Co. KG ist am 27. August 2007 und damit erst nach der durch die geänderte Gemeinschaftsordnung eingeräumten dinglichen Ermächtigung zur Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum eingetragen worden. Einer Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin bedarf es deshalb nicht.

2.

Aber auch eine Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubigerin an dem betroffenen Teileigentum in Abteilung III lfd. Nr. 4 Grundbuch von Z... Bl. 1... ist nicht erforderlich.

Durch die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum wird zwar der Inhalt des Sondereigentums und damit des Haftungsobjekts geändert, so dass entsprechend §§ 877, 876 BGB ein Zustimmungserfordernis zugunsten des dinglich Berechtigten in Betracht kommt. Gemäß § 5 Abs. 4 S. 2 WEG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 ist jedoch für eine Vereinbarung über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander, die zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden soll, eine nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger nur noch erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Neuregelung einer Überdehnung des Schutzes der Inhaber dinglicher Rechte und einem unnötigen Arbeits- und Kostenaufwand für die Wohnungseigentümer bei Änderungen der Gemeinschaftsordnung Einhalt gebieten (BT-Drucks. 16/887 S. 14). Dies sollte erreicht werden, indem die betroffenen Rechte und Gegenstände einer zustimmungspflichtigen Vereinbarung positiv bestimmt werden. Den Gesetzesmaterialien (a.a.O.) ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber durch die Begründung und Aufhebung von Sondernutzungsrechten die Verwertungsmöglichkeit der Grundpfandrechtsgläubiger in der Zwangsvollstreckung als regelmäßig konkret beeinträchtigt angesehen hat. Bei anderen Vereinbarungen, wie z.B. Zweckänderungen gemäß § 13 WEG oder Gebrauchsbeschränkungen gemäß § 15 WEG, lasse sich dies noch nicht im Zeitpunkt ihres Abschlusses, sondern erst im Zeitpunkt einer etwaigen Vollstreckung beurteilen. Diese Vereinbarungen seien deshalb ebenso wie andere zustimmungsfreie Maßnahmen der Wohnungseigentümer, die den Wert der Wohnung beeinflussen (z.B. Instandhaltung), dem Risikobereich des Grundpfandrechtsgläubigers zuzuordnen (BT-Drucks. a.a.O. S. 15). Der Gesetzgeber hat in Kauf genommen, dass es Ausnahmefälle geben könne, bei denen ein Wegfall des Zustimmungserfordernisses zu denkbaren Nachteilen der Inhaber von Grundpfandrechten führen könne (BT-Drucks. a.a.O. s. 16).

Die Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum ist eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander (ebenso: HansOLG Hamburg, ZMR 2003, 697; OLG Köln, NJW-RR 1997, 1442; Armbrüster, ZMR 2005, 247; Hügel, ZWE 2008, 120; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 13 Rdn. 22; Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier; Wohnungseigentumsrecht, § 1 Rdn. 31; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 2872d; Zimmer in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 25), auf die § 5 Abs. 4 S. 2 WEG Anwendung findet. Das Grundbuchamt hat zwar mit Recht darauf hingewiesen, dass der bisher für Wohnungseigentumssachen zuständige 24. Zivilsenat des Kammergerichts in der Vergangenheit entschieden hat, die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum sei einer Vereinbarung nach § 10 WEG nicht zugänglich. Dies ist zumindest der Entscheidung vom 5. September 2001 (GE 2002, 469) zu entnehmen, während die Entscheidung vom 24. Mai 2004 (NZM 2003, 624) die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum (Dachboden) in Wohnungseigentum betrifft und deshalb für die hier vorliegende Problematik keinen sicheren Rückschluss zulässt. Diese Rechtsprechung hat der 24. Zivilsenat allerdings nicht aufrechterhalten, denn in dem Beschluss vom 3. Dezember 2007 (WuM 2008, 165) hat er ausgeführt, die Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt stelle eine Änderung des durch die Gemeinschaftsordnung festgelegten Gebrauchs und folglich eine Inhaltsänderung im Sinne des § 5 Abs. 4 WEG dar.

Auch der erkennende Senat folgt den Entscheidungen des BayObLG (WuM 1994, 222 und ZMR 1997, 537) und des OLG Celle (OLGR Celle 2000, 307), nach denen eine Änderung der Festlegung als Teileigentum nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Sinne von § 10 WEG erfolgen könne, nicht.

Diese Rechtsprechung beruht auf der Grundannahme, die Festlegung des Nutzungszwecks (Wohnung oder nicht zu Wohnzwecken dienende Räume) sei notwendiger Teil des dinglichen Aktes zur Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum. Ihr fehlte deshalb die Grundlage, wenn eine Bestimmung der Nutzungsart in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung auch gänzlich unterbleiben könnte, wie es der 24. Zivilsenat des Kammergerichts in der Entscheidung vom 3. Dezember 2007 (a.a.O.) ausgeführt hat. Für diese Ansicht spricht, dass der Gesetzgeber den Begriff des Teileigentums, der im Gesetzentwurf zunächst nicht enthalten war, nur eingeführt hat, weil es an einem Ausdruck fehlte, der sowohl Wohnungen als auch nicht zu Wohnzwecken dienende Räume umfasste, und klargestellt werden sollte, dass Sondereigentum nicht nur an Wohnungen, sondern auch an gewerblichen Räumen entstehen sollte (Nachweise bei Hügel, ZWE 2008, 120).

Doch selbst wenn mit der h.M. die Zweckbestimmung im weiteren Sinne (als Teileigentum oder Wohnungseigentum) für die Begründung von Sondereigentum für zwingend erforderlich erachtet wird, spricht nichts dagegen, diese Zweckbestimmung als Vereinbarung im Sinne der §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2, 3, 15 WEG anzusehen. Sie betrifft nicht die Zuordnung des Sondereigentums, die dessen sachenrechtliche Grundlage berühren würde, sondern allein die Art der zulässigen Nutzung und damit nur das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (Gemeinschaftsverhältnis). Sie ist damit materiell als Bestandteil der Gemeinschaftsordnung und nicht der Teilungserklärung im engeren Sinne zu behandeln (Armbrüster, ZMR 2005, 247) und deshalb auch einer Änderung durch Vereinbarung zugänglich.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst, weil die Beteiligten durch die Aufhebung der Zwischenverfügung nicht beschwert sind.