KG, Urteil vom 24.01.2008 - 19 U 8/07
Fundstelle
openJur 2012, 7854
  • Rkr:

Zum Abschluss des Vertrages über Wasserlieferung und Entwässerung mit einer Wohnungseigentümergemeinschaft.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 wird das am 4. Januar 2007 verkündete Teilurteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin teilweise abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 1 bis 7, 9 und 10 richtet.

Die Berufungen der Klägerin gegen das vorgenannte Teilurteil sowie das Schlussurteil der Einzelrichterin der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 15. März 2007 werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz einschließlich der des Streithelfers des Beklagten zu 10 hat die Klägerin zu tragen. Von den Kosten erster Instanz hat der Beklagte zu 11 seine eigenen außergerichtlichen Kosten, 1/11 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen; im Übrigen hat die Klägerin die Kosten erster Instanz einschließlich der des Streithelfers des Beklagten zu 10 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I

Die Beklagten zu 1 und 2 begehren mit ihrer Berufung Abweisung der Klage auch gegen sie. Das Landgericht hätte angesichts der vom Bundesgerichtshof postulierten Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft allenfalls diese als Schuldnerin ansehen dürfen. Eine Anspruchsgrundlage ihnen gegenüber sei nicht ersichtlich. Außerdem sei das Landgericht in unzulässiger Weise darüber hinweggegangen, dass zwischen ihr und dem Beklagten zu 11 ein Wasserlieferungsvertrag zu Stande gekommen sei, wie sich aus der Lieferung des Wassers über 10 Jahre, der Abrechnung und der Zahlung jeweils im Verhältnis zu dem Beklagten zu 11 ergebe.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu 1 und 2 und im Wege der eigenen selbständigen Berufung die Verurteilung auch der übrigen Beklagten zur Zahlung von 12.780,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit. Das Landgericht sei zutreffend von einer grundsätzlichen Haftung aller Miteigentümer ausgegangen, habe diese aber unzutreffend gem. § 242 BGB auf die Beklagten zu 1 und 2 beschränkt.

Die Beklagten zu 3, 4 und 7 - 10 begehren Zurückweisung der Berufung der Klägerin im wesentlichen unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung.

II

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten zu 1 und 2 führt zur Abweisung der Klage gegen sie. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Ein schriftlicher Vertrag über die auf privatrechtlicher Grundlage vorgenommenen Wasserlieferungen ist nicht geschlossen worden. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens liegt aber regelmäßig, d. h. mangels ausdrücklicher anderweitiger vertraglicher Vereinbarung, ein Vertragsangebot in Form einer Realofferte zum Abschluss eines Versorgungsvertrages durch sozialtypisches Verhalten, das von demjenigen konkludent angenommen wird, der aus dem Leitungsnetz des Versorgungsunternehmens Gas, Elektrizität, Wasser oder Fernwärme entnimmt (ständige Rechtsprechung, zum Beispiel BGH NJW 2003, 3131).

Hier ist der Versorgungsvertrag nicht mit den Beklagten als einzelnen Wohnungseigentümern sondern mit der Gemeinschaft der Eigentümer geschlossen. Diese ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs teilrechtsfähig. Dies betrifft die Teilbereiche des Rechtslebens, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen, insbesondere bei Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen im Außenverhältnis (BGH NJW 2007, 2987; 2005, 2061). Dazu gehört grundsätzlich der Abschluss von Versorgungsverträgen für die in dem Haus befindlichen Wohnungen usw. (BGH NJW 2007, 2987 für Gasversorgung). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2003 (BGHZ 156, 193). Nach dieser gehören zwar die Kosten der Wasserversorgung nicht zu den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG. Diese Vorschrift regelt aber allein, in welchem Verhältnis die Miteigentümer die genannten Kosten untereinander zu tragen haben. Eine Bestimmung der Haftung im Außenverhältnis enthält weder diese Vorschrift noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. September 2003. Vielmehr stellt er zutreffend fest, dass hinsichtlich der Versorgung mit Wasser und der Abwasserentsorgung regelmäßig eine gemeinschaftliche Schuld der Wohnungseigentümer entsteht (a.a.O. unter III 2 b bb 2). Dass für eine solche im Außenverhältnis die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haftet, hat er in seinem Urteil vom 7. März 2007 festgestellt.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Argumentation der Klägerin (und der bisherigen Rechtsprechung anderer Senate des Kammergerichts) nicht mehr gefolgt werden, dass ein Versorgungsvertrag durch Entnahme aus dem Leitungsnetz mit dem jeweiligen Grundstückseigentümer geschlossen werde, somit nicht mit der nicht grundbuchfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft. Zwar trifft es zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sich das Angebot des Versorgungsunternehmens auf Erbringung der Versorgungsleistungen typischerweise an den Grundstückseigentümer richtet, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zusteht und Wasserversorgungsunternehmen ihre Versorgungsaufgabe durch Abschluss des Wasserversorgungsvertrages mit diesem Personenkreis erfüllen (vgl. z. B. BGH NJW 2003, 3131). Dies dient aber vornehmlich dazu, einen konkludenten Vertragsschluss mit dem jeweiligen schuldrechtlichen Nutzer auszuschließen (vgl. BGH a.a.O.). Zur Klärung der Frage, ob Vertragspartner des Versorgungsunternehmens die Eigentümergemeinschaft oder die einzelnen Wohnungseigentümer sind, ist dieser Grundsatz weder bestimmt noch geeignet. Wie sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2007 (NJW 2007, 2987) ergibt, steht dem konkludenten Abschluss eines Versorgungsvertrages mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht entgegen, dass diese nicht Grundstückseigentümerin ist.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Vertragsbedingungen der Klägerin. In Nr. 1 Abs. 2 der bei Inbetriebnahme des zweiten Hausanschlusses maßgebenden Ergänzenden Bedingungen zu den Allgemeinen Bedingungen für die Wasserversorgung vom 5. Juni 1992 (Amtsblatt Nr. 51, Seite 2940) ist geregelt, dass bei Bestehen einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes der Versorgungsvertrag mit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer besteht. Daneben ist bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner haftet.

Daraus würde sich eine individuelle Haftung der Wohnungseigentümer nur ergeben, wenn sie sich neben dem Verband der Eigentümer klar und eindeutig auch persönlich verpflichtet hätten (BGH NJW 2007, 2987). Daran fehlt es. Die Klägerin selbst bezeichnet als ihren Vertragspartner in den allgemeinen Bedingungen die „Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“. Diese ist daher auch in Anspruch zu nehmen, nachdem ihr durch den Bundesgerichtshof die teilweise Rechtsfähigkeit zuerkannt worden ist. Ein mit der Gesamtheit der Wohnungseigentümer abgeschlossener Vertrag ist mit der Eigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband, nicht mit den einzelnen Eigentümer geschlossen (BGH a.a.O. unter Nr. 23). Zwar ist in den zitierten Bedingungen der Klägerin der Zusatz enthalten, dass die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner haften würden. Dies erklärt sich aber allein aus dem damals geltenden Haftungssystem, wonach die Eigentümergemeinschaft selbst nicht rechtsfähig war. Daher mussten ggf. die Eigentümer selbst in Anspruch genommen werden, wobei allenfalls zu regeln war, ob sie Teilschuldner (zum Beispiel entsprechend ihrem Miteigentumsanteil am Grundstück) oder Gesamtschuldner waren. Nur insoweit bestand ein Regelungsbedarf, sodass davon auszugehen ist, dass auch nur diese Frage geregelt werden sollte. Für die Begründung einer Verpflichtung des einzelnen Wohnungseigentümers neben der Gemeinschaft bestand zum damaligen Zeitpunkt keine Veranlassung.

Die Klägerin kann die beklagten Wohnungseigentümer auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in Anspruch nehmen. Es besteht keine Veranlassung, von der dies mit ausführlicher Begründung ablehnenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. März 2007 (NJW 2007, 2987) abzuweichen.

Auch die Beklagten zu 1 und 2 haften nicht persönlich - ggf. neben der Eigentümergemeinschaft - für die geltend gemachten Forderungen. Zwar trifft es zu, dass die streitigen Wasserlieferungen allein dem Sondereigentum der Beklagten zu 1 und 2 zugute gekommen sind. Erforderlich für einen (isolierten) Vertragsschluss der Klägerin mit ihnen wäre aber gewesen, dass für die Klägerin erkennbar gewesen wäre, dass mit dem zweiten Hausanschluss allein dieses Sondereigentum versorgt werden sollte und dass ihr auch die Sondereigentümer benannt worden wären, um das Vertragsverhältnis entsprechend individualisieren zu können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihr Vertragsangebot an ihr unbekannte und allenfalls mit erheblichem Ermittlungsaufwand individualisierbare Eigentümer gerichtet hätte ( zu diesem Gesichtspunkt vgl. BGH NJW 2003, 3131).

Für eine solche Kenntnis ist nichts erkennbar. Die Klägerin hat einen zweiten Hausanschluss gelegt. Wie dieser im Haus angebunden wurde, oblag weder ihrer Entscheidung noch musste es ihr zur Kenntnis gelangen, da die Arbeiten von einem von der Hausverwaltung beauftragten Unternehmen durchgeführt wurden. Sicherlich wäre der Abschluss eines gesonderten Wasserlieferungsvertrages sachgerecht gewesen, wie er in dem Schreiben der Hausverwaltung vom 27.7.1995 auch geplant war. Dazu gekommen ist es aber nicht.

Gegen den konkludenten Abschluss eines Vertrages mit zwei einzelnen Miteigentümern spricht auch, dass gegenüber der Klägerin nur die Hausverwaltung tätig geworden ist, die sich mit einer Vollmacht der Eigentümergemeinschaft, nicht etwa der Beklagten zu 1 und 2 legitimiert hat. Die Namen der Beklagten zu 1 und 2 sind nur in dem Auftragsschreiben (Anlage K 3) als Rechnungsempfänger für die Herstellungskosten des Anschlusses erwähnt. Dies reicht weder für einen gesonderten Vertragsschluss für die Wasserlieferung noch für eine persönliche Haftung der Beklagten zu 1 und 2 neben der Eigentümergemeinschaft, die eine klare und eindeutige persönliche Verpflichtung erfordern würde (BGH NJW 2007,2987). Auch eine Vertragsübernahme für zweiten Anschluss unter Entlassung der übrigen Miteigentümer bedürfte angesichts ihrer Tragweite einer eindeutigen Regelung.

Ob ein die Haftung der Wohnungseigentümer ausschließendes Vertragsverhältnis zu dem Beklagten zu 11 begründet worden ist, kann offen bleiben. Da dieser gegen seine erstinstanzliche Verurteilung durch Versäumnisurteil keinen Einspruch eingelegt hat, ist über seine Zahlungsverpflichtung durch den Senat nicht zu entscheiden. Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 1 bis 10 als Wohnungseigentümer käme auch bei einer unterstellten ausschließlichen persönlichen Haftung des Beklagten zu 11 nicht in Betracht.

Entsprechendes gilt für die Leistungen der Klägerin zur Schmutzwasserbeseitigung und Entsorgung, die nach den Allgemeinen Bedingungen für die Entwässerung (ABE) vom 5. Juni 1992 (Amtsblatt Nr. 51, Seite 2934) ebenfalls auf privatrechtlicher Grundlage erbracht worden sind. § 1 Abs. 3 ABE enthält hinsichtlich des Vertragspartners bei Bestehen einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern eine entsprechende Regelung wie in den Bedingungen für die Wasserversorgung. Die obigen Erwägungen gelten daher auch insoweit.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Entwässerungsleistungen auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwanges erbracht wurden, der in § 3 Abs. 2 Berliner Betriebegesetz und § 44 Bauordnung Berlin angeordnet ist. Dieser Anschlusszwang betrifft den Eigentümer des Grundstücks, sodass nach der bisherigen Rechtsprechung der Berliner Gerichte auch das Vertragsverhältnis mit dem Grundstückseigentümer, somit nicht mit der insoweit nicht rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft bestand. Diese Rechtsprechung kann nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aufrechterhalten werden. Wie bereits oben ausgeführt, ist die grundsätzliche Bestimmung des Vertragspartners nach dem Eigentum an dem Grundstück nicht geeignet zu klären, ob die Wohnungseigentümer persönlich oder die Eigentümergemeinschaft Vertragspartnerin ist. Wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich in seiner Entscheidung vom 7. März 2007 (NJW 2007, 2987) festgestellt hat, ist ein mit der Gesamtheit der Wohnungseigentümer geschlossener Vertrag (zur Gasversorgung) mit der Eigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband, nicht mit den einzelnen Eigentümern geschlossen. Es besteht keine Rechtfertigung, dies für die Wasserentsorgung anders zu beurteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Eine Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen. Die Entscheidung des Senats beruht auf der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall obliegt den Tatsacheninstanzen und rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Es ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch in der Vergangenheit kein Grund ersichtlich, den konkludenten Abschluss eines Versorgungsvertrages rechtlich deshalb anders zu beurteilen, weil statt Gas Wasser geliefert wird.