LG Mönchengladbach, Beschluss vom 19.08.2003 - 9 T 7/02
Fundstelle
openJur 2011, 26182
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Erkelenz vom 27.09.2002 wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts Erkelenz vom 27.09.2002 aufgehoben und der Antrag des Beteiligten zu 1., dem Beteiligten zu 2. die Vorlage steuerlicher Erklärungen für die o.a. Gesellschaft aufzugeben, zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 1. ist einer der beiden Geschäftsführer der im Handelsregister des Amtsgerichts Erkelenz unter HRB ......... eingetragenen ...................... GmbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der ........................ GmbH & Co. KG, über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 01.06.2000 zu Aktenzeichen 20 IN 22/00 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beteiligte zu 2. wurde zum Insolvenzverwalter ernannt. Der Beteiligte zu 1. beantragte unter dem 31.01.2002, den Beteiligten zu 2. unter Androhung von Ordnungsgeld zur Offenlegung des Jahresabschlusses und den damit verbundenen steuerlichen Erklärungen anzuhalten.

Durch Verfügung des Amtsgerichts Erkelenz vom 27.05.2002 wurde der Beteiligte zu 2. zur Einreichung des Jahresabschlusses bis zum 30.06.2002 aufgefordert. Mit Beschluss des Amtsgerichts Erkelenz vom 27.09.2002, den Beteiligten am 15.10.2002 zugestellt, wurde dem Beteiligten zu 2. aufgegeben, die Bilanz nebst Anhang für das vom 01.06.2000 bis 31.05.2001 laufende Wirtschaftsjahr zu den Registerakten zu reichen; ferner wurde ein Zwangsgeld von 500,00 &...128; bei Versäumung der bis zum 31.10.2002 angekündigt, sowie die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 &...128; angedroht, falls der Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen nicht fristgerecht behoben werde.

Gegen diesen Beschluss haben beide Beteiligten sofortige Beschwerde eingelegt, der Beteiligte zu 2. mit dem Begehren, den Beschluss des Amtsgerichts aufzuheben und den Antrag des Beteiligten zu 1. vollständig zurückzuweisen, der Beteiligte zu 1. mit dem Begehren, eine Rechnungslegungspflicht des Beteiligten zu 2. auch für den Zeitraum vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens festzustellen.

II.

Der Beschluss des Amtsgerichts ist aufzuheben und der Antrag des Beteiligten zu 1. vollständig zurückzuweisen; eine vom Registergericht erzwingbare Verpflichtung des Beteiligten zu 2., während der gesamten Dauer des Insolvenzverfahrens fortlaufend die Fertigung von Bilanzen und Steuererklärungen für die insolvent gewordene Personenhandelsgesellschaft zu verlangen, besteht bereits nicht; umso weniger besteht gegenüber dem Handelsregister die Verpflichtung, Rechnungsabschlüsse bzw. Bilanzen für die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Zeiträume aufzustellen und damit die Versäumnisse der Schuldnerin, diese vertreten durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin, diese wiederum vertreten durch den Beteiligten zu 1., aufzuarbeiten und nachzuholen.

1.

Zum einen ist davon auszugehen, dass das Registergericht weder verpflichtet noch berechtigt ist, unter Androhung von Zwangsmitteln den Insolvenzverwalter zur Abgabe dieser steuerlichen Erklärungen anzuhalten. Ebenso wenig, wie ein Gesellschafter einer in Konkurs gefallenen Personengesellschaft einen Rechtsanspruch darauf hat, dass das Finanzamt den Konkursverwalter mit Zwangsmitteln dazu anhält, eine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Gewinne der Gesellschaft abzugeben (vgl. Beschluss des BFH vom 12.11.1992, der Betrieb 1993, Seite 620, Braun-Gerbers, § 155 InsO, Rdnr. 13, BFH, Urteil vom 23.08.1994, ZIP 1994, Seite 1969 ff.), besteht diese Berechtigung gegenüber dem Handelsregister.

Zwar gehen der Beteiligte zu 1. und das Amtsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Pflicht zur Führung der Bücher, die nach § 238 HGB den Kaufmann trifft, im Falle der Insolvenz auf den Insolvenzverwalter übergeht.

Zum einen beginnt diese Verpflichtung für den Beteiligten zu 2. jedoch erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die nach § 155 Abs. 2 InsO ein neues Geschäftsjahr beginnen lässt, umfasst daher bereits keinesfalls eine Verpflichtung des Beteiligten zu 2., auch für den davor liegenden Zeitraum, währenddessen ausschließlich der Beteiligte zu 1. und die von ihm geführte Verwaltungs GmbH für die Führung der steuerlichen Pflichten der Gemeinschuldnerin verantwortlich waren, deren Versäumnisse nachzuholen.

Zum anderen ist, soweit die Abgabe der steuerlichen Erklärungen für die Zeit während des laufenden Insolvenzverfahrens begehrt wird, das Registergericht nicht berechtigt, auf den Insolvenzverwalter durch Androhung oder Verhängung von Zwangsmitteln einzuwirken.

Der Insolvenzverwalter unterliegt insoweit ausschließlich der Aufsicht durch das Insolvenzgericht; das Registergericht kann in die Befugnisse des Insolvenzgerichts durch die Erteilung massewirksamer Auflagen oder die Androhung und Verhängung eben solcher Zwangs- oder Ordnungsgelder nicht eingreifen.

Hinzu kommt, dass in der vorliegenden Fallkonstellation, worauf der Beteiligte zu 2. zutreffend hinweist, es ersichtlich dem Beteiligten zu 1. in erster Linie darauf ankommt, auf Kosten der Masse durch den Insolvenzverwalter steuerliche Erklärungen erstellen und abgeben zu lassen, die ausschließlich ihm, nicht aber der in Insolvenz gefallenen Gesellschaft zugute kommen.

Zutreffend und vom Beteiligten zu 1. in der Folge auch nicht in Frage gestellt weist der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 04.10.2002 darauf hin, dass die Erstellung von Bilanzen für das Insolvenzverfahren einer GmbH & Co. KG keine Bedeutung hat. Die Besteuerung eines Gewinns oder die Geltendmachung von Verlusten spielt sich bei dieser Personengesellschaft ausschließlich auf der Ebene der Gesellschafter ab. Diese haben &...150; wie der Beteiligte zu 1. &...150; naturgemäß ein Interesse an der Bilanzerstellung, um daraus im Falle einer insolventen Personengesellschaft zwangsläufig abzuleitende Verluste steuerlich geltend machen zu können.

Der Beteiligte zu 1. will - auch nach Überzeugung der Kammer - die gesetzliche Regelung des § 155 InsO dafür instrumentalisieren, die Kosten der Bilanzerstellung auf die Gläubiger abzuwälzen, um sich als Gesellschafter einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen.

Sinn und Zweck des § 155 InsO ist jedoch, die externen Rechnungslegungspflichten eines Insolvenzverwalters gegenüber der Finanzverwaltung zu gewährleisten, nicht indes, im Ergebnis den nicht am Verfahren beteiligten Gesellschafter zu entlasten.

So ist, wie eingangs bereits ausgeführt, allgemein anerkannt, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Personenhandelsgesellschaft nicht zur Abgabe der Erklärung zur einheitlichen gesonderten Feststellung der Einkünfte der Gesellschaft verpflichtet ist, da deren Gesellschafter als Mitunternehmer und nicht die Gesellschaft Subjekt der Einkommenssteuer sind.

Die gesonderten Gewinnfeststellungen betreffen die Gesellschafter und gehören damit zum insolvenzfreien Bereich der Gesellschaft, in dem die Gesellschaft in ihrem Verfügungs- und Verwaltungsrecht nicht beschränkt ist.

Das bedeutet, dass es Sache des Geschäftsführers der Komplementär GmbH

- des Beteiligten zu 1. &...150; ist, die Erstellung der Bilanzen vorzunehmen, darauf basierend die Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Gesellschafter in Auftrag zu geben und die insoweit anfallenden Kosten aufzubringen (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, InsO, § 6, Anmerkung 46 k, MünchKomm. zur InsO/Füchsl-Weishäupl, § 155, Rdnr. 32 ff.).

Insoweit mag der Beteiligte zu 1., falls er der Auffassung ist, dass ihm ein Schaden entstanden ist, ggf. zivilgerichtlich Ansprüche gegenüber dem Beteiligten zu 2. anmelden und durchsetzen, in deren Rahmen er allerdings darzulegen und zu beweisen hätte, dass ihm durch die Handhabung des Beteiligten zu 2. ein &...150; steuerlicher oder sonstiger &...150; Schaden entstanden sei (vgl. Pape, ZIP 2002, 2277, 2281).

Im Übrigen mag der Beteiligte zu 1. gegenüber dem Insolvenzgericht als der für die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zuständigen Instanz auf die Einhaltung der im konkreten Fall geschuldeten Verpflichtungen dringen.

Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte