OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13.02.2003 - 8 A 5373/99
Fundstelle
openJur 2011, 25913
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 K 2515/99
Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Beschluss ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8000.- DM = 4090,34 EUR festgesetzt.

Gründe

G r ü n d e : I. Der Kläger beabsichtigt, eine Colorado-Tanne zu fällen. Er ist Eigentümer des Grundstücks U. weg 9 in N. bach, das im räumlichen Geltungsbereich der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt N. bach vom 22. März 1991 (Baumschutzsatzung) liegt. Im westlichen Eckbereich des Grundstücks, das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist, steht eine Colorado-Tanne mit einem Stammumfang von etwa 1,42 m in einem Meter Höhe. Die Entfernung der Tanne zum rückwärtigen eingeschossigen Anbau des Wohnhauses beträgt gut 6 m, die Entfernung zur seitlichen Nachbargrenze etwa 1 m.

Mit Schreiben vom 22. Mai 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine Genehmigung zur Beseitigung der Colorado-Tanne zu erteilen. Zur Begründung führte er aus, die 14 bis 15 m hohe Tanne bedrohe bei Sturm sowohl sein eigenes Haus als auch die Häuser seiner Nachbarn. Nach jedem Sturm weise das Erdreich im Umfeld des Baumes stärkere Risse auf. Der Antrag wurde durch Bescheid vom 8. Juli 1998 mit der Begründung abgelehnt, der Baum sei gesund, wüchsig und standfest und weise im Stamm- und Kronenbereich keine gravierenden Schäden auf. Von dem Baum gingen keine Gefährdungen für Personen oder Sachen aus, die die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung rechtfertigen würden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger ergänzend damit, dass sich ein Stromkasten mit unterirdischer Zuleitung in 1 m Entfernung vom Baumstamm befinde. Im Übrigen leide seine Ehefrau an einer Allergie gegen früh blühende Pflanzen, wie sich aus dem vorgelegten ärztlichen Attest des Hautarztes und Allergologen Dr. A. vom 21. September 1998 ergebe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 16. März 1999 als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass eine Gefahr, der Baum könne umstürzen, nicht erkennbar sei. Ausweislich der eingeholten amtsärztlichen Stellungnahme sei die Colorado-Tanne als inhalativ wirksames Allergen grundsätzlich nicht bekannt; über die Atemluft könnten also keine Allergien ausgelöst werden.

Der Kläger hat am 12. April 1999 Klage erhoben und ergänzend vorgetragen, dass in der Nachbarschaft ohne weiteres Genehmigungen zum Fällen von gesunden Bäumen erteilt worden seien. Er wolle seinen Garten umgestalten und die Stelle, an der die Colorado-Tanne stehe, neu bepflanzen. Der Baum werfe im Frühjahr so viel Blütenstaub ab, dass jedes Jahr für einige Monate die Gesundheit seiner Ehefrau erheblich beeinträchtigt werde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. Juni 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1999 zu verpflichten, seinen Antrag vom 22. Mai 1998 positiv zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinnahme des Grundstücks des Klägers. Ausweislich des Protokolls vom 13. September 1999 war die rückwärtige Gartenfläche an diesem Tag gegen 13.00 Uhr intensiv besonnt, mit Ausnahme der Terrasse, die im Schatten des Hauses lag.

Durch Urteil vom 21. Oktober 1999, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers durch Beschluss vom 2. November 2000 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass seine Ehefrau unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch den Blütenstaub der Colorado-Tanne leide. Er sei nicht verpflichtet, den Nachweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen der Allergie seiner Ehefrau und der Colorado- Tanne zu erbringen. Er verweist auf zwei weitere Atteste von Dr. A. . Ausweislich des Attestes vom 12. November 1999 leidet die Ehefrau des Klägers sowohl an einer Allergie gegen früh blühende Bäume, welche inzwischen erfolgreich über drei Jahre behandelt worden sei, als auch an einer Schimmelpilzallergie. Da allergenrelevante Schimmelpilzsporen an Nadelhölzern situiert seien, müsse die medizinische Bedeutung der Colorado-Tanne neu bewertet werden. Ausweislich des weiteren Attestes vom 10. Oktober 2000 leidet die Ehefrau des Klägers weiterhin an einer Allergie gegen früh blühende Bäume, die zuletzt am 1. März 2000 ambulant behandelt worden sei. Der Kläger hat ferner ein Schreiben des Allergologen Dr. K. vom 20. August 2002 vorgelegt, wonach man davon ausgehen müsse, dass die Ehefrau des Klägers auch auf Pollen der Colorado-Tanne allergisch reagiere. Ein Nachweis erfordere, mit den Pollen des Baumes entsprechende Allergietests durchzuführen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. Oktober 1999 abzuändern und unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. Juni 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 16. März 1999 die Beklagte zu verpflichten, ihm die mit Schreiben vom 22. Mai 1998 beantragte Ausnahme oder Befreiung zur Beseitigung der Colorado-Tanne auf seinem Grundstück zu erteilen,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, über seinen Antrag vom 22. Mai 1998 neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass eine allergene Reaktion der Ehefrau des Klägers aufgrund der streitbefangenen Colorado-Tanne nicht hinreichend dargelegt sei. Soweit der Kläger auf Fällgenehmigungen für Bäume in der Nachbarschaft verweise, habe es sich um anders gelagerte Sachverhalte gehandelt. Zwei Bäume seien wegen starker Schädigung gefällt worden, zwei weitere Bäume deshalb, weil ihr Kronendurchmesser im krassen Missverhältnis zur Grundstücksfläche gestanden habe.

Auf Anfrage des Senats hat Dr. A. mit Schreiben vom 13. Januar 2002 mitgeteilt, dass bei der Ehefrau des Klägers Priktestungen mit positiven Reaktionen auf Frühblüher (Birke, Hasel, Erle), Gräserpollen, Mittelblüher (Buche, Eiche, Esche, Pappel) sowie Schimmelpilze (Fusarium, Penicillium) im März 1996 durchgeführt worden seien. Ebenso sei im Juli 1999 eine positive Reaktion auf Frühblüher festgestellt worden. Begleitende Blutuntersuchungen auf Allergene, sog. RAST- Tests, hätten im April 1996 positive Befunde bei Haselnusspollen und Roggenpollen ergeben. Im März 2000 hätten sich bei den RAST-Tests positive Reaktionen auf Gräser- und Roggenpollen, Birkenpollen, Haselnusspollen sowie Schimmelpilze (Alternaria) ergeben. Darüber hinaus bestünde eine Allergie gegen Katzenhaare, welche sich 1996 und 2000 im RAST-Test sowie in den beiden genannten Priktests gezeigt habe.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Allergologen Dr. K. vom 1. März 2002. Darin führt der Gutachter aus, dass die Schimmelpilze Fusarium, Penicillium und Alternaria zu den häufigsten, Allergie auslösenden Pilzen gehörten. Sie seien außerordentlich weit verbreitet. Zwar lasse sich nicht sagen, welche der genannten Pilzsporen sich tatsächlich auf der streitigen Colorado-Tanne befänden. Man könne aber davon ausgehen, dass zumindest eine Art vorhanden sei. Die Sporen der genannten Pilze lösten sich bei der geringsten Windbewegung von den Nadeln. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Der Senat hat ferner Beweis erhoben durch Vernehmung des Hautarztes und Allergologen Dr. A. und der Ehefrau des Klägers, Frau D. . Der Zeuge Dr. A. hat u.a. bekundet, dass die subjektiven Beschwerden der Ehefrau des Klägers nahezu ausschließlich von Februar bis Mai aufträten, so dass im Zusammenhang mit den Testungen die Frühblüher als signifikante Ursache für die Allergie eingegrenzt werden könnten. Die Schimmelpilze kämen hingegen als Ursache nicht oder kaum in Betracht, weil die subjektiven Beschwerden saisonal anders, als bei den Schimmelpilzen zu erwarten wäre, aufträten. Bei den Priktests im Juli 1999 seien lediglich positive Reaktionen auf Frühblüher (Hasel, Erle, Birke) und auf Katzenhaare festgestellt worden, nicht jedoch auf Schimmelpilze. Aus seiner Diagnose, dass die Ehefrau des Klägers gegen Frühblüher (Hasel, Erle, Birke) allergisch sei, könne nicht geschlossen werden, dass sie auch allergisch gegen Tannenblütenstaub sei. Wegen der sonstigen Angaben der Zeugen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10. Juli 2002 Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II. Der Senat weist gemäß § 130 a VwGO nach Anhörung der Beteiligten die Berufung durch Beschluss zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid vom 8. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 16. März 1999 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung von den Verboten der Satzung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt N. bach vom 22. März 1991 (Baumschutzsatzung) für das Fällen der streitbefangenen Colorado-Tanne noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung seines Antrags vom 22. Mai 1998.

1. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme nach § 5 Baumschutzsatzung zu. Die streitbefangene Colorado-Tanne ist ein nach § 1 Abs. 2 Baumschutzsatzung geschützter Baum, dessen Entfernung gemäß § 4 Abs. 1 der Satzung grundsätzlich verboten ist. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 Baumschutzsatzung ist von den Verboten des § 4 eine Ausnahme zu erteilen, wenn von dem Baum Gefahren für Personen oder Sachen ausgehen, die nicht auf andere Weise und mit zumutbarem Aufwand zu beheben sind. Eine Gefahr in diesem Sinne liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Juli 1991 - 11 A 1845/89 -; Urteile vom 13. September 1995 - 7 A 2646/92 - und 2653/92 -.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage einer Augenscheinnahme und einer Stellungnahme des zuständigen Fachamtes im Einzelnen dargelegt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die streitbefangene Colorado- Tanne umzustürzen droht. Auf diese Ausführungen, die der Kläger im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt hat, kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden (§§ 125 Abs. 1, 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Auch aus dem Hinweis des Klägers auf einen Stromkasten mit unterirdischer Zuleitung in 1 Meter Entfernung vom Baumstamm ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gefahr. Die bloße Behauptung einer Gefahr durch den Kläger ist durch keinen Umstand konkretisiert. Gartenbaudirektor D. hat hierzu im Ortstermin des Verwaltungsgerichts ausgeführt, dass die Colorado-Tanne ein Tiefwurzler, und zwar ein Herzwurzler sei. Auch insoweit hat der Kläger sein ursprüngliches Vorbringen im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten.

Es sind auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch die Colorado-Tanne bei der Ehefrau des Klägers eine Allergie ausgelöst oder spürbar verstärkt wird. Allerdings kann auch die Allergie auslösende Wirkung eines Baumes eine Gefahr im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Baumschutzsatzung darstellen, der durch Beseitigung des Baumes zu begegnen ist. Voraussetzung ist, dass der in Rede stehende Baum in nennenswertem Umfang zu den allergischen Reaktionen der betroffenen Person beiträgt. Eine Entfernung des Baums ist demnach gerechtfertigt, wenn sie voraussichtlich zu einer spürbaren Linderung der allergischen Beschwerden führen würde. Ob eine nennenswerte Verbesserung der Gesundheit des Allergiekranken erwartet werden kann, hängt von verschiedenen Umständen ab, die in die Beurteilung einzustellen sind. Von Bedeutung ist zum einen, ob die betroffene Person lediglich gegen eine bestimmte Baumart oder auch gegen andere Pflanzen, Schimmelpilze, Tierhaare, Nahrungsmittel oder sonstige Stoffe allergisch ist, welchen Stellenwert also die betreffende Baumart als allergieauslösender Faktor bei der betroffenen Person hat. Zum anderen kommt es auf die konkreten örtlichen Gegebenheiten an. Sind andere allergieauslösende Bäume oder Pflanzen in der näheren Umgebung des Grundstücks des Antragstellers vorhanden, kann eine spürbare Gesundheitsverbesserung durch die Beseitigung des in Rede stehenden Baumes in Frage gestellt sein. Andererseits kann eine relevante Linderung der Beschwerden vor allem dann erwartet werden, wenn der zu fällende Baum sich in unmittelbarer Nähe des Nutzungsschwerpunkts des Grundstücks, also des Hauses oder der Terrasse, befindet.

Für die Allergie auslösende oder verstärkende Wirkung eines Baumes auf Nutzer des Grundstücks ist der Antragsteller nachweispflichtig. Er hat zu diesem Zweck grundsätzlich ein hinreichend aussagekräftiges und substantiiertes, in der Regel auf entsprechenden Allergietests beruhendes ärztliches Attest oder Gutachten vorzulegen. Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Nachweiserleichterungen, die der 7. Senat des erkennenden Gerichts

vgl. OVG NRW, Urteil vom 8. Oktober 1993 - 7 A 2021/92 -; OVG NRW, Urteile vom 13. September 1995 - 7 A 2646/92 und 2653/92 -

in Fällen einer geltend gemachten Bruch- oder Umsturzgefahr von Bäumen angenommen hat, nicht auf die Darlegung einer Allergie durch Baumpollen übertragbar. Der vorgenannten Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, dass die Beseitigung eines umsturzgefährdeten Baumes schon bei entsprechenden äußeren Anzeichen auf die Gefahrenlage möglich sein muss und die Bediensteten des zuständigen Fachamtes in der Regel ohne Weiteres aufgrund ihrer Fachkunde in der Lage sind, die von einem Baum ausgehende mögliche Gefahr zu begutachten. Demgegenüber fällt die durch Baumpollen ausgelöste Allergie in die Sphäre des Antragstellers, den eine entsprechende Darlegungs- und Nachweislast trifft.

Hiervon ausgehend ist zunächst nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die allergischen Beschwerden der Ehefrau des Klägers durch Schimmelpilze auf den Nadeln der Colorado-Tanne ausgelöst oder in relevantem Umfang verstärkt werden. Zwar hat der behandelnde Hautarzt und Allergologe Dr. A. diese Möglichkeit zunächst in seinem Attest vom 12. November 1999 in Betracht gezogen, wenn er dort darauf hinweist, dass bei der Ehefrau des Klägers eine "asthmoide und rhinoconjunktivale Symptomatik bei Kontakt mit Schimmelpilzen" bestehe und "allergenrelevante Schimmelpilzsporen an Nadelhölzern situiert" seien. In einem weiteren Attest vom 10. Oktober 2000 hat Dr. A. hingegen lediglich eine Allergie gegen früh blühende Bäume festgestellt. Bei seiner Anhörung im Beweis- und Erörterungstermin vor dem Berichterstatter am 10. Juli 2002 hat Dr. A. überzeugend näher erläutert, dass Schimmelpilze - entgegen seinen ersten Überlegungen - für die Beschwerden der Ehefrau des Klägers nicht oder kaum in Betracht kämen, weil die subjektiven Beschwerden saisonal anders aufträten, als es bei einer Schimmelpilzallergie zu erwarten wäre. Da die Ehefrau des Klägers nahezu ausschließlich von Februar bis Mai Beschwerden habe, könnten im Zusammenhang mit den vorgenommenen Testungen die Frühblüher als signifikante Ursache für die Allergie eingegrenzt werden. Das vom Senat eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. K. vom 1. März 2002 steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Es kommt zwar zu der Einschätzung, dass Schimmelpilzsporen auf den Tannennadeln die Beschwerden der Ehefrau des Klägers verstärken können, ungeachtet des verbreiteten Vorkommens der in Rede stehenden Schimmelpilze. Diese Einschätzung beruht jedoch (allein) auf der Prämisse, dass sich bei den Allergietests positive Reaktionen auf bestimmte Schimmelpilze gezeigt haben; die ergänzenden und einschränkenden Angaben zum saisonalen Auftreten der Beschwerden waren dem Gutachter nicht bekannt. Dementsprechend hebt das Gutachten auch ausdrücklich hervor, dass bestimmte Angaben der Patientin unterstellt worden seien. Dem Gutachten kommt daher für das vorliegende Verfahren kein entscheidender Aussagegehalt (mehr) zu. Diese Beurteilung wird bestätigt durch das Schreiben von Dr. K. an den Kläger vom 20. August 2002, wonach aufgrund der Krankengeschichte der Ehefrau des Klägers davon auszugehen sei, dass nicht eine Schimmelpilz-, sondern eine Pollenallergie bestehe.

Im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Blütenstaub der Colorado-Tanne in nennenswertem Umfang zu den allergischen Beschwerden der Ehefrau des Klägers beiträgt. Das erste Attest von Dr. A. vom 21. September 1998 führt insoweit lediglich unspezifisch an, dass die Ehefrau des Klägers an einer "Allergie gegen früh blühende Pflanzen" leide. Im zweiten Attest vom 12. November 1999 bescheinigt Dr. A. eine "Allergie gegen früh blühende Bäume, welche inzwischen erfolgreich über 3 Jahre behandelt worden ist". Im dritten Attest vom 10. Oktober 2000 wird wiederum eine chronische "Allergie gegen früh blühende Bäume" diagnostiziert. Diese pauschalen Angaben hat Dr. A. sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 13. Januar 2002 gegenüber dem Senat als auch bei seiner Anhörung durch den Berichterstatter am 10. Juli 2002 dahin gehend präzisierend erläutert, dass sich der von ihm verwendete Begriff "Frühblüher" oder "früh blühende Bäume" lediglich auf Haselnuss-, Erlen- und Birkenpollen beziehe; die Ehefrau des Klägers sei lediglich auf Hasel, Erle und Birke positiv getestet worden. Aus einer positiven Testung auf bestimmte "Frühblüher" könne nicht abgeleitet werden, dass der Patient auch gegen andere "Frühblüher" allergisch sei. Deshalb könne aus seiner Diagnose, dass die Ehefrau des Klägers auf "Frühblüher" allergisch reagiere, nicht geschlossen werden, dass sie auch gegen Tannen allergisch sei. Aufgrund dieser detaillierten und nachvollziehbaren Bekundungen des behandelnden Arztes ergeben sich jedenfalls derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Allergie der Ehefrau des Klägers gegen die Colorado-Tanne. Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass Dr. K. in seinem Schreiben vom 20. August 2002 an den Kläger davon ausgeht, dass "mit hinreichender Wahrscheinlichkeit" auch eine Allergie gegen die Pollen der Colorado-Tanne bestehe. Diese Aussage beruht auf einer bloßen Mutmaßung. Denn Dr. K. selbst hält es in dem zitierten Schreiben für erforderlich, Allergietests mit den Pollen der Colorado-Tanne durchzuführen, um seine Vermutung bestätigen zu können.

Der Senat sieht keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Ehefrau des Klägers allergisch gegen den Blütenstaub der in ihrem Garten stehenden Colorado-Tanne ist. Es ist nicht Aufgabe der Behörde oder des Gerichts, im Rahmen eines auf Erteilung einer Fällgenehmigung gerichteten Verfahrens erstmals Allergietests bei potentiell betroffenen Personen durchführen zu lassen, um Anhaltspunkte für eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch Baumblütenstaub zu erlangen. Vielmehr ist der Antragsteller - wie ausgeführt - grundsätzlich gehalten, den in seine Sphäre fallenden Umstand, dass eine Allergie gegen eine bestimmte Baumart bestehen könnte, substantiiert und plausibel durch Vorlage eines entsprechenden ärztlichen Attestes oder Gutachtens darzulegen. Die bloße Behauptung oder Mutmaßung, es könne eine Allergie gegen einen Baum vorliegen, reicht hierzu nicht aus und gibt keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung.

Dem Kläger bleibt es im Übrigen unbenommen, der Beklagten zu einem späteren Zeitpunkt neue ärztliche Erkenntnisse oder Gutachten vorzulegen, die hinreichende Anhaltspunkte für die behauptete Allergie seiner Ehefrau gegen die Colorado-Tanne ergeben können. Bei einer neuen Sach- bzw. Beweislage wird die Beklagte erneut über einen entsprechenden Ausnahmeantrag zu befinden haben.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 5 Abs. 2 Baumschutzsatzung. Danach kann von dem Verbot des § 4 u.a. eine Befreiung erteilt werden, wenn das Verbot zu einer nicht beabsichtigten Härte führt und die Befreiung mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist (Nr. 1).

Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer nicht beabsichtigten Härte. Die in Baumschutzsatzungen geregelten Befreiungstatbestände erfassen ausschließlich atypische Fallgestaltungen. Deshalb kommt eine Befreiung regelmäßig nicht in Betracht bei typischerweise von Bäumen ausgehenden Belastungen wie etwa Schattenwurf, Laubfall, Samenflug oder Beeinträchtigungen durch Wurzeln, soweit nicht der Grad einer Gefahr erreicht wird. Eine unbeabsichtigte Härte liegt danach allenfalls dann vor, wenn die genannten Beeinträchtigungen ein Ausmaß erreichen, mit dem bei einem innerörtlichen Baumbestand nicht zu rechnen ist, und dadurch die jeweilige Grundstücksnutzung unzumutbar eingeschränkt wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. September 1995 - 7 A 2646/92 - m.w.N.

Derartige unzumutbare Beeinträchtigungen der Grundstücksnutzung sind weder vom Kläger substantiiert vorgetragen worden noch sonst erkennbar. Insoweit kann auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, die durch das Berufungsvorbringen nicht in Frage gestellt worden sind.

3. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung steht dem Kläger ebenfalls nicht zu, weil - wie ausgeführt - bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung nicht gegeben sind. Auf die Ermessenspraxis der Beklagten in angeblich gleich gelagerten Fällen kommt es daher nicht an.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 2, 73 Abs. 1 GKG.