Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 25.01.2018 - 4 LB 38/17
Fundstelle
openJur 2018, 8043
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 3. Mai 2017 geändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Einsicht in Vollstreckungsakten des beklagten Finanzamts.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der "X Gaststättenbetriebsgesellschaft mbH (im Folgenden: Schuldnerin). Er beantragte bei dem Beklagten, ihm vollständige Kopien der Veranlagungs- und Vollstreckungsakten der Schuldnerin zur Verfügung zu stellen. Zugunsten der Schuldnerin bestehe ein Anspruch nach dem Informationszugangs- und nach dem Landesdatenschutzgesetz. Dem Beklagten stehe nicht die Möglichkeit der Beurteilung zu, für welche Zwecke der Kläger die Auskünfte begehre.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheiden vom 5. November 2014 und 9. Dezember 2014 ab und wies die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2015 zurück.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid vom 5.11.2014, den Bescheid vom 9.12.2014 und den Widerspruchsbescheid vom 23.2.2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Akteneinsicht für die Vollstreckungsakte unter der Steuer-Nr. 18/290/0046SG03 sowie unter allen weiteren Steuernummern, die für die X Gaststättenbetriebsgesellschaft mbH möglicherweise der Vergangenheit geführt worden sind, zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 3. Mai 2017 unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide verpflichtet, dem Kläger Akteneinsicht für die Vollstreckungsakte unter der Steuer-Nr. 18/290/0046SG03 sowie unter allen weiteren Steuernummern, die für die X Gaststättenbetriebsgesellschaft mbH möglicherweise in der Vergangenheit geführt worden sind, zu gewähren. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch nach dem Informationszugangsgesetz.

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten.

Der Beklagte trägt vor, aufgrund der zwischenzeitlichen Änderung des Informationszugangsgesetzes gehörten die Finanzbehörden nicht mehr zu den informationspflichtigen Stellen. Anspruchsgrundlagen außerhalb dieses Gesetzes seien nicht gegeben.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 3. Mai 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe weiterhin einen Anspruch auf Informationszugang. Die Änderung des Informationszugangsgesetzes könne diesen Anspruch nicht vernichten. Im Übrigen sei die Neuregelung verfassungswidrig, weil sie gegen das Rechtsstaatsprinzip, die Berufsfreiheit, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf effektiven Rechtsschutz verstoße. Das neue Gesetz werde von den Finanzbehörden willkürlich gehandhabt. Der Kläger habe einen datenschutzrechtlichen Anspruch, dieser Anspruch gelte auch für juristische Personen. Der Kläger sei insofern Betroffener. Er sei zur Ausübung der Datenschutzrechte der Schuldnerin befugt und als bevollmächtigt anzusehen. Ein Anspruch ergebe sich auch aus Treu und Glauben. Zwischen den Beteiligten bestehe eine Sonderbeziehung unter den Aspekten der Berufsfreiheit, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, der Gleichbehandlung, des Rechtsstaatsprinzips, der notwendigen Kontrolle der Verwaltung, der Regelungsverpflichtung des Staates, des öffentlichen Interesses, der Pflicht zur Amtshilfe, der Betroffenenstellung und der Prozessstandschaft. Schließlich könne sich der Kläger auf ein allgemeines Auffangrecht berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist begründet und führt zur Klageabweisung.

A.

Die Klage ist nur zum Teil zulässig.

I.

Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger den Anspruch auf Akteneinsicht auf § 27 LDSG stützt.

1. Hinsichtlich eines solchen Anspruchs fehlt dem Kläger bereits die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO und damit auch die Prozessführungsbefugnis, da der Anspruch nicht dem Insolvenzbeschlag unterliegt.

Gemäß § 35 Abs. 1 InsO erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Der Pfändung unterworfen sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO Forderungen in Ermangelung besonderer Vorschriften nur insoweit, als sie übertragbar sind. Soweit danach eine Forderung nicht der Pfändung unterworfen ist, ist sie grundsätzlich auch kein Bestandteil der Insolvenzmasse (BGH, Urteil vom 16. November 2017 - IX ZR 21/17 -, juris Rn. 9).

Eine Forderung ist dann nicht übertragbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann (§ 399 BGB). Dies ist dann anzunehmen, wenn die Leistung auf höchstpersönlichen Ansprüchen des Berechtigten beruht, die nur er selbst erheben kann, wenn - anders als bei höchstpersönlichen Ansprüchen - ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist, oder wenn ohne Veränderung des Leistungsinhalts die dem Gläubiger gebührende Leistung mit seiner Person derart verknüpft ist, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger als eine andere Leistung erscheinen würde. In allen diesen drei Fallgruppen ist die Abtretbarkeit ausgeschlossen, weil andernfalls die Identität der abgetretenen Forderung nicht gewahrt bliebe (BGH, Urteil vom 24. März 2011 - IX ZR 180/10 -, juris Rn. 42).

Der Auskunftsanspruch aus § 27 LDSG fällt nicht in die Insolvenzmasse, weil er höchstpersönlicher Natur und infolgedessen nicht übertragbar ist.

Der allgemeine datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch ist nicht als Vermögensrecht, sondern als höchstpersönliches Recht ausgestaltet. Der Anspruch ist auf Verwirklichung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gerichtet. Dieses Grundrecht schützt auch das Interesse des Einzelnen, von staatlichen informationsbezogenen Maßnahmen zu erfahren, die ihn in seinen Grundrechten betreffen, und dient gerade in dieser Ausformung auch der Verwirklichung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Der Umstand, dass der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch auch vermögensrelevant sein kann, wenn er sich auf vermögensbezogene Daten wie Steuerdaten erstreckt, ist nur eine mittelbare Auswirkung des im Kern der Durchsetzung von Freiheitsgrundrechten dienenden Anspruchs (vgl. zum Hamburger Landesrecht: VG A-Stadt, Urteil vom 22. Februar 2017 - 17 K 1336/15 -, juris Rn. 41 m.w.N.; zum Bundesrecht: Schreiber, in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Auflage 2016, BDSG § 6 Rn. 8 m.w.N.). Die Unübertragbarkeit der datenschutzrechtlichen Ansprüche kommt auch in § 31 LDSG zum Ausdruck, wonach diese Rechte nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden können. Ginge die Verfügungsbefugnis mit Insolvenzeröffnung auf den Verwalter über, so verlöre der Schuldner die Verfügungsbefugnis über seinen Anspruch und wäre künftig an einer eigenen Antragstellung gehindert, was dem gesetzlichen Schutzkonzept zuwiderliefe.

Dem höchstpersönliche Charakter des Anspruchs steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht die unmittelbare Anwendung des § 27 LDSG auf natürliche Personen (vgl. § 2 Abs. 1 LDSG), sondern die analoge Anwendung auf juristische Personen geltend macht. Dem Wesen der Analogie entsprechend ändert sich der Zweck der Norm dadurch nicht.

Der Kläger kann die Prozessführungsbefugnis auch nicht auf den Vortrag stützen, er sei als bevollmächtigt anzusehen. § 80 InsO begründet keine gesetzliche Vertretungsmacht für die Verfolgung massefremder Ansprüche. Für die rechtsgeschäftliche Bestellung zum Vertreter (Bevollmächtigung) ist nichts ersichtlich, insbesondere gibt die Anlage K 5 zur Berufungserwiderung dafür nichts her. Abgesehen davon würde eine - unterstellte - Vertretungsmacht den Kläger nicht dazu berechtigen, einen Anspruch der Schuldnerin im eigenen Namen einzuklagen. Sollte sich der Kläger darauf berufen wollen, er sei von der Schuldnerin zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden, so stünde dem - abgesehen davon, dass eine solche Ermächtigung nicht vorliegt - entgegen, dass eine gewillkürte Prozessstandschaft im Anwendungsbereich von § 42 Abs. 2 VwGO nicht zulässig ist (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 1995 - 3 C 27/94 -, juris Rn. 19; OVG Saarlouis, Urteil vom 25. Mai 2016 - 5 K 2029/14 -, juris Rn. 25; OVG Bautzen, Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 4 A 573/14 -, juris Rn. 15; VGH Mannheim, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 2 S 2505/14 -, juris Rn. 28; VGH München, Urteil vom 12. Dezember 2017 - 14 B 16.769 -, juris Rn. 22).

2. Abgesehen von der fehlenden Prozessführungsbefugnis wäre der Kläger hinsichtlich eines Anspruchs aus § 27 LDSG auch nicht klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Der Kläger kann nicht geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Klagt - wie hier - ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes, so ist unter einem "eigenen Recht" nicht ein ihm persönlich zustehendes Recht, sondern ein Recht des Insolvenzschuldners zu verstehen(vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13. Dezember 2006 - OVG 10 B 13.05 -, juris Rn. 81;VGH München, Urteil vom 18. April 2012 - 10 B 10.2596 -, juris Rn. 45). Die Klagebefugnis beträfe daher einen Anspruch der Schuldnerin aus § 27 LDSG. Ein solcher Anspruch kann nach keiner denkbaren Betrachtungsweise bestehen, da die Norm Ansprüche nur zugunsten natürlicher Personen vorsieht ("Betroffene" im Sinne von § 2 Abs. 1 LDSG). Eine analoge Anwendung auf juristische Personen ist ausgeschlossen. Sie würde eine Regelungslücke, d.h. eine planwidrige Unvollständigkeit voraussetzen. Der Gesetzgeber hat sich jedoch bewusst dafür entschieden, mit dem Landesdatenschutzgesetz nur natürliche Personen in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu schützen.

II.

Im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken.

B.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet. Die Ablehnung der Akteneinsicht ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht.

Maßgeblich für die Beurteilung des Anspruchs ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Wird mit der Verpflichtungsklage der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt, darf die Behörde zu dessen Erlass nur verpflichtet werden, wenn sie dazu nach der geltenden Rechtslage verpflichtet bzw. befugt ist; ändern sich die maßgeblichen Rechtsvorschriften, ist die neue Rechtslage vorbehaltlich abweichender Übergangsregelungen auch dann zu berücksichtigen, wenn sie dem Kläger nachteilig ist (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2005 - 5 C 8/05 -, juris Rn. 10).

I.

Ein Anspruch aus § 3 Satz 1 IZG besteht nicht.

Die Anwendung dieser Norm scheitert nicht an Art. 31 GG. Zwar ist das von den Landesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren gemäß Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG bundesrechtlich durch die Abgabenordnung geregelt. Der Bundesgesetzgeber hat sich bei dem Erlass der Abgabenordnung aber nur mit der Frage befasst, ob der Beteiligte eines steuerrechtlichen Verfahrens nach dem Vorbild des § 29 VwVfG einen Anspruch auf Akteneinsicht haben soll. Gegenstand der Überlegungen und der nachfolgenden Nichtregelung war nur der Informationszugang im Rahmen des Besteuerungsverfahrens. Folglich kommt den verfahrensrechtlichen Bestimmungen der Abgabenordnung eine Sperrwirkung außerhalb des laufenden Besteuerungsverfahrens nicht zu (BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2012 - 7 B 53/11 -, juris Rn. 9; BFH, Beschluss vom 5. Dezember 2016 - VI B 37/16 -, juris Rn. 4;Senat, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 4 LB 11/12 -, juris Rn. 41 f.). Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten sind die hier in Rede stehenden Besteuerungsverfahren abgeschlossen.

Ein Anspruch aus § 3 Satz 1 IZG ist aber deshalb zu verneinen, weil die Landesfinanzbehörden nach § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nicht zu den informationspflichtigen Stellen gehören, sofern Vorgänge der Steuerfestsetzung, Steuererhebung und Steuervollstreckung betroffen sind.

§ 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG ist durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b ee des Gesetzes zur Änderung des Informationszugangsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein vom 5. Mai 2017 (GVOBl. Schl.-H. S. 279) - IZGÄG - in das Informationszugangsgesetz eingefügt worden. Die Neufassung ist nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung am 24. Mai 2017 in Kraft getreten. Mangels Übergangsregelung gilt sie auch für anhängige Anträge auf Informationszugang (vgl. § 14 IZG). Sie ist daher dem Berufungsurteil zu Grunde zu legen.

Die Beseitigung des Anspruchs auf Informationszugang gegenüber den Landesfinanzbehörden durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b ee IZGÄG ist gültiges Recht, denn sie ist mit der Landesverfassung und dem Grundgesetz vereinbar. Eine Vorlage an das Landesverfassungs- oder Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG kommt daher nicht in Betracht.

1. Art. 53 Satz 1 LV ist nicht verletzt. Nach dieser Bestimmung stellen die Behörden des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände amtliche Informationen zur Verfügung, soweit nicht entgegenstehende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen überwiegen. Wie der Wortlaut der Vorschrift, ihre systematische Stellung im Abschnitt VII "Die Verwaltung" und der Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber (Art. 53 Satz 2 LV) zeigen, dient die Norm dem öffentlichen Interesse an einer transparenten öffentlichen Verwaltung. Es handelt sich um eine Staatszielbestimmung. Individualansprüche folgen aus ihr nicht. Dies entspricht auch der Vorstellung des verfassungsändernden Gesetzgebers (LT-Drs. 18/2115, S. 29). Deshalb sieht Art. 53 Satz 1 LV der Einschränkung des nur einfachgesetzlich geregelten Rechts auf Zugang zu Informationen durch § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nicht entgegen.

2. Ein Eingriff in ein Freiheitsgrundrecht liegt nicht vor.

a) Insbesondere greift die Beseitigung des Informationszugangsanspruchs gegenüber Finanzbehörden nicht in die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG ein.Öffentlich-rechtliche Positionen genießen den Schutz der Eigentumsordnung, soweit sie nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet und das Äquivalent einer nicht unerheblichen Eigenleistung sind (BVerwG, Urteil vom 17. August 2011 - 6 C 9/10 -, juris Rn. 29). Das voraussetzungslos jedermann gewährte Recht auf Informationszugang ist weder ein Ausschließlichkeitsrecht noch beruht es auf einer Eigenleistung.

b) Auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit liegt nicht vor. Art. 12 Abs. 1 GG schützt nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt also nicht, dass eine Regelung oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt vielmehr erst vor, wenn die Regelung, gegen deren Erlass oder Anwendung sich der Einzelne wendet, berufsregelnde Tendenz hat (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 -, juris Rn. 149). Der alle Personen betreffende gesetzliche Ausschluss bestimmter Verwaltungsvorgänge von dem allgemeinen und voraussetzungslosen Informationszugangsrecht bezieht sich nicht unmittelbar auf die Berufstätigkeit und hat auch keine berufsregelnde Tendenz (vgl. zum Hamburgischen Landesrecht: OVG A-Stadt, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 3 Bf 236/10 -, juris Rn. 25).

c) Der Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht betroffen. Das Grundrecht dient in erster Linie der Abwehr staatlicher Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit. Art. 1 Nr. 3 Buchst. b ee IZGÄG enthält jedoch kein Gebot oder Verbot und greift damit nicht in die allgemeine Handlungsfreiheit ein. Die Norm beseitigt lediglich den Anspruch auf eine staatliche Leistung, nämlich auf den jedermann gewährten Zugang zu amtlichen Informationen der Finanzbehörden. Zwar können sich aus den Grundrechten unter besonderen Umständen auch Ansprüche auf staatliches Tätigwerden mit dem Ziel der Sicherung der grundrechtlich geschützten Rechtsgüter ergeben. Im vorliegenden Fall ist insofern an das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu denken. Das Jedermann-Recht aus § 3 Satz 1 IZG dient jedoch - anders als das Betroffenenrecht aus § 27 LDSG - nicht der Verwirklichung dieses Rechts.

3. Schließlich ist auch das Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt.

a) Darin, dass § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG die Finanzbehörden von den informationspflichtigen Stellen ausnimmt, liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Gesetzgeber regelmäßig einer strengen Bindung. Das gilt auch dann, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Entscheidend ist dabei auch, in welchem Maße sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 29. November 2017 - 1 BvR 1784/16 -, juris Rn. 10).

Im vorliegenden Fall handelt es sich lediglich um eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten. Diese liegt allein in der Differenzierung zwischen informationspflichtigen und nicht informationspflichtigen Stellen. Auch Nachteile für die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten stehen nicht in Rede (s.o.). Daher ist § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG nur am Maßstab des Willkürverbots zu prüfen. Unter dieser Vorgabe ist eine Grundrechtsverletzung zu verneinen.

Der Gesetzgeber hat sich bei der Novellierung des Informationszugangsgesetzes von der Überlegung leiten lassen, Informations- und Veröffentlichungspflichten im Verfahren der Steuerfestsetzung und der Steuererhebung seien durch die Vorschriften der Abgabenordnung begrenzt. Der Offenbarungspflicht der Steuerpflichtigen im steuerrechtlichen Verfahren sei die Verpflichtung der Verwaltung immanent, mit diesen Daten besonders vertrauensvoll umzugehen. Deshalb regelten die §§ 30 ff. AO die Weitergabe der Daten nur unter bestimmten - engen - Voraussetzungen als besondere Form der Amtsverschwiegenheit. Um Abgrenzungsschwierigkeiten und aufwändige Verwaltungsverfahren zu vermeiden, sei die Anordnung der Nichtanwendbarkeit des Informationszugangsgesetzes auf Vorgänge der Steuerfestsetzung, der Steuererhebung und der Vollstreckung von Steuern und steuerlichen Nebenleistungen durch die Landesfinanzbehörden angesichts der Bedeutung des Steuergeheimnisses notwendig (LT-Drs. 18/4409, S. 11 f.).

Diese Erwägungen sind sachlich nachvollziehbar und orientieren sich an den Vorgaben von Art. 53 Satz 1 LV. Die Verpflichtung, amtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, besteht danach nur, soweit nicht entgegenstehende öffentliche oder schutzwürdige private Interessen überwiegen. Zu den schutzwürdigen privaten Geheimhaltungsinteressen gehört u.a. das Steuergeheimnis (LT-Drs. 18/2115, S. 30). Die geschützten Geheimhaltungsinteressen stehen zwar dem Informationszugang nur entgegen, wenn sie in einer umfassenden Interessenabwägung schwerer wiegen als das Interesse an der Bekanntgabe der Information. Dem Gesetzgeber wird mit dem Ausgestaltungsauftrag des Art. 53 Satz 2 LV jedoch auch die Möglichkeit eröffnet, eine abstrakte Gewichtung von Interessen vorzunehmen (LT-Drs. 18/2115, S. 31).

b) Art. 3 Abs. 1 GG - in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) -ist auch nicht dadurch verletzt, dass Art. 1 Nr. 3 Buchst. b ee IZGÄG ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens auch auf anhängige Verfahren und damit auch auf den Antrag des Klägers Anwendung findet. Es handelt sich um eine zulässige unechte Rückwirkung.

Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll. Eine unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet, so wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden (BVerfG, Beschluss vom 12. November 2015 - 1 BvR 2961/14 -, juris Rn. 41 f.).

Daran gemessen begründet § 2 Abs. 4 Nr. 5 IZG keinen Fall echter Rückwirkung. Mangels Übergangsvorschrift ist die Norm erst ab der Verkündung des Gesetzes anzuwenden. Soweit dies auch bereits anhängige Anträge auf Zugang zu Informationen betrifft, wirkt die Norm lediglich auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein.

Eine unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip können sich jedoch Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese sind allerdings erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 1 BvR 713/13 -, juris Rn. 15).

Im vorliegenden Fall ist die unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich. Der vom Gesetzgeber angestrebte Schutz des Steuergeheimnisses rechtfertigt die Anwendung des Gesetzes auf anhängige Verfahren. Überwiegende Bestandsinteressen der Betroffenen sind nicht ersichtlich. Der Informationszugang dient insbesondere nicht der Verwirklichung grundrechtlich geschützter Freiheiten.

II.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Akteneinsicht wegen einer "Ermessensreduzierung auf Null".

Zur Begründung eines solchen Anspruchs bedarf es nicht der Konstruktion eines "allgemeinen Auffangrechts", da die Akteneinsicht gesetzlich geregelt ist. Rechtsgrundlage ist § 262 Abs. 2 i.V.m. § 88 LVwG. Gegenstand der streitbefangenen Vollstreckungsakten des Beklagten ist die Beitreibung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen im Sinne von § 262 Abs. 1 LVwG.

Die landesrechtlichen Normen zur Akteneinsicht werden nicht durch die Abgabenordnung verdrängt, da die Besteuerungsverfahren abgeschlossen sind (s.o.). Der Anwendungsbereich der bundes- und der landesrechtlichen Verfahrensbestimmungen ist insofern nicht deckungsgleich, als das Landesrecht, wie § 88 Abs. 3 Nr. 3 LVwG, zeigt, auch die Akteneinsicht bei abgeschlossenen Verfahren regelt.

Aus der letztgenannten Bestimmung geht allerdings zugleich hervor, dass eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des um Akteneinsicht nachsuchenden Beteiligten bei abgeschlossenen Verfahren nur in Ausnahmefällen denkbar ist.Unter Rechtsschutzgesichtspunkten besteht hier regelmäßig kein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht mehr, die Kenntnis des Akteninhalts zur Geltendmachung oder Verteidigung rechtlicher Interessen ist nicht mehr erforderlich (Albert, in: Foerster u.a., LVwG, Stand 2016, § 88 Erl. 3).

1. Der Kläger hat ein konkretes Interesse an der Akteneinsicht nicht dargelegt. Der nicht näher erläuterte Hinweis, er handele für Zwecke des Insolvenzverfahrens, reicht nicht aus. Die Insolvenzordnung sieht gerade keinen allgemeinen Anspruch des Insolvenzverwalters auf Akteneinsicht vor. Die Befugnisse des Insolvenzgerichts gemäß § 5 InsO stehen dem Insolvenzverwalter nicht zu.

2. Der Hinweis auf Art. 12 Abs. 1 GG führt nicht weiter. Das Grundrecht dient der Abwehr staatlicher Eingriffe, gewährt aber keinen Anspruch auf Herstellung bestmöglicher Bedingungen für die Berufsausübung.

3. Eine Ermessensreduzierung auf Null folgt nicht aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Schuldnerin als juristische Person ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG Trägerin dieses Rechts, soweit es auf Art. 2 Abs. 1 GG gestützt ist. Staatliche informationelle Maßnahmen können Gefährdungen oder Verletzungen der grundrechtlich geschützten Freiheit juristischer Personen herbeiführen und einschüchternd auf die Ausübung von Grundrechten wirken. In dieser Hinsicht besteht ein Schutzbedürfnis, das dem natürlicher Personen im Ansatz entspricht. Dagegen scheidet die Anwendung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auf juristische Personen aus, soweit der Grundrechtsschutz im Interesse der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) gewährt wird, die nur natürliche Personen für sich in Anspruch nehmen können.

Ein weiterer Unterschied zu natürlichen Personen ergibt sich daraus, dass der Tätigkeitskreis juristischer Personen in der Regel durch eine bestimmte Zwecksetzung begrenzt wird. Die informationelle Maßnahme muss daher, um den Grundrechtsschutz auszulösen, die betroffene juristische Person einer Gefährdung hinsichtlich ihrer spezifischen Freiheitsausübung aussetzen. Maßgeblich kommt es insoweit insbesondere auf die Bedeutung der betroffenen Informationen für den grundrechtlich geschützten Tätigkeitskreis der juristischen Person sowie auf den Zweck und die möglichen Folgen der Maßnahme an (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 -, juris Rn. 150 ff.).

Konkrete Umstände, die eine Gefährdung der grundrechtlich geschützten Freiheit der Schuldnerin belegen könnten, hat der Kläger nicht dargelegt.

4. Eine Ermessensreduzierung ergibt sich auch nicht aus Treu und Glauben (§ 242 BGB).Eine Verpflichtung, Leistungen so zu bewirken, wie Treu und Glauben es erfordern, gibt es nur im Rahmen bereits bestehender Rechtsbeziehungen. So ist etwa der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegen Gläubiger des Insolvenzschuldners wegen möglicher Anfechtungsansprüche davon abhängig, dass ein Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Anspruchs geht (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 58/06 -, juris Rn. 7; BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 229/09 -, juris Rn. 7; Beschluss vom 14. April 2011 - VII B 201/10 -, juris Rn. 12). Der Kläger hat eine bestehende Rechtsbeziehung nicht dargetan. Er legt im Gegenteil Wert darauf, den Zweck der Akteneinsicht nicht zu offenbaren. Die stattdessen allgemein vorgebrachten rechtlichen Erwägungen begründen keine Rechtsbeziehung, auch wenn der Kläger dieses Wort dafür verwendet.

5. Ferner bewirkt auch Art. 19 Abs. 4 GG keine Ermessensreduzierung auf Null.Zwar kann dieses Grundrecht unter dem Aspekt der Rechtsschutzgarantie einen Informationsanspruch begründen. Dies setzt aber voraus, dass eine Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt möglich erscheint (BVerfG, Beschluss vom 10. März 2008 - 1 BvR 2388/03 -, juris Rn. 65). Der Kläger hat eine mögliche Verletzung subjektiver Rechte durch die öffentliche Gewalt nicht dargelegt. Daran ändert auch der Hinweis auf das Rechtsstaatsprinzip nichts.

6. Schließlich kann der Kläger eine Ermessensausübung zu seinen Gunsten auch nicht wegen einer Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangen. Er hat eine Verwaltungspraxis dergestalt, dass die Finanzbehörden des Landes Schleswig-Holstein voraussetzungslos in jedem Fall Akteneinsicht in Vollstreckungsakten gewähren, nicht dargelegt. In den beiden von ihm angeführten Fällen (Anlagen K 6 - K 8) ist die Akteneinsicht jeweils abgelehnt worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.