OLG Köln, Urteil vom 25.10.2017 - 2 U 17/17
Fundstelle
openJur 2018, 7301
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Nach teilweiser Klagerücknahme wird die Berufung des Beklagten gegen das am 9.5.2017 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 32. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 32 O 448/15 - zurückgewiesen. Zur Klarstellung wird das Urteil des Landgerichts wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.150,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.11.2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 25 % und der Beklagte 75 %. Die durch die Verweisung an das Landgericht Köln etwa entstandenen Mehrkosten hat der Kläger zu tragen (§ 281 Abs. 3 S. 2 ZPO). Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 20% und der Beklagte 80 %. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter Rückgewähr der von der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten getätigten Zahlungen aus insolvenzrechtlicher Anfechtung.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Zeugin L (Schuldnerin). Diese betrieb einen Frisörsalon in Bergneustadt, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein und ohne die hierfür erforderliche berufliche Qualifikation (Meisterbrief) zu besitzen. Vor diesem Hintergrund erließ die zuständige Ordnungsbehörde des Beklagten am 8.9.2009 einen Bußgeldbescheid über insgesamt 6.250,00 EUR. Die Schuldnerin kam ihrer Zahlungsverpflichtung zunächst nicht nach. Daraufhin betrieb der Beklagte am 16.2.2010 die Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin. Im Zuge dessen traf die Schuldnerin mit dem zuständigen Vollstreckungsbeamten, dem Zeugen M, am 16.2.2010 eine "Ratenzahlungsvereinbarung" (Bl. 44 d. A.). Vereinbart waren monatliche Raten in Höhe von 500,00 EUR. Die erste Rate wurde am 16.2.2010 vor Ort im Friseursalon durch Zahlung an den Vollstreckungsbeamten beglichen. Die nächste Rate à 500,00 EUR zahlte die Schuldnerin am 23.3.2010 ebenfalls vor Ort an den Vollstreckungsbeamten. In den nachfolgenden Monaten zahlte die Schuldnerin lediglich 300,00 EUR (am 22.4. vor Ort an den Vollstreckungsbeamten; am 21.5. und 23.6. jeweils durch Bareinzahlungen; am 27.7. und 31.8.2010 wieder vor Ort an den Vollstreckungsbeamten, s. Anlage CBH 1), dann erst wieder am 14.10.2010 den Betrag von 200,00 EUR vor Ort an den Vollstreckungsbeamten und anschließend 300,00 EUR am 11.11.2010 durch Bareinzahlung. Da zunächst keine weiteren Zahlungen erfolgten, beantragte der Beklagte beim zuständigen Amtsgericht Gummersbach die Anordnung von Erzwingungshaft für den noch offenen Betrag von 3.250,00 EUR. Der entsprechende Beschluss wurde am 23.5.2011 erlassen (AG Gummersbach, Az. 86 OWi 247/11). Am 14.10.2011 erfolgte die abschließende Zahlung in Höhe von 3.250,00 EUR an die Gerichtskasse.

Mit Beschluss vom 30.10.2013 (Amtsgericht Köln, Az. 73 IN 432/13) wurde aufgrund eines Eigenantrags der Schuldnerin vom 18.10.2013 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter eingesetzt.

Der Kläger erklärte mit Schreiben an den Beklagten vom 18.11.2014 die insolvenzrechtliche Anfechtung der Zahlungen vom 20.5., 22.6. und 11.11.2010 sowie 26.9.2011 in Höhe von insgesamt 4.150,00 EUR und forderte die Beklagte zur Rückzahlung auf.

Der Kläger hat im Verfahren von dem Beklagten zunächst die Rückzahlung des vorgenannten Betrages verlangt. Mit Schriftsatz vom 19.11.2015 hat er die Klage dann auf den Betrag von 4.950,00 EUR im Hinblick auf die weiteren Zahlungen vom 27.7. und 31.8.2010 in Höhe von je 300,00 EUR sowie vom 14.10.2010 in Höhe von 200,00 EUR erweitert. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Gummersbach erweiterte er die Klage auf den Betrag von 5.550,00 EUR, woraufhin das Amtsgericht das Verfahren an das Landgericht Köln verwiesen hat. Der Kläger hat behauptet, die Schuldnerin sei spätestens zum 31.12.2009 objektiv zahlungsunfähig im Sinne von § 17 Abs. 1 InsO gewesen. Im Zeitpunkt der Zahlungen an den Beklagte habe die Schuldnerin - über die Forderung des Beklagten hinaus - weitere fällige Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt ca. 86.000,00 EUR gehabt und zwar u. a. gegenüber dem Insolvenzverwalter des früheren Inhabers des Friseurbetriebs in Höhe von 4.150,00 EUR, gegenüber der Vermieterin in Höhe von 8.515,00 EUR, gegenüber dem Finanzamt H in Höhe von 722,63 EUR, gegenüber der Deutschen Bank in Höhe von 59.329,22 EUR, gegenüber der B in Höhe von 3.475,00 EUR sowie gegenüber der Steuerberaterin in Höhe von 850,00 EUR. Die Schuldnerin habe weder über ein Kassen- noch über ein Kontoguthaben verfügt und lediglich kurzfristig realisierbare Forderungen in Höhe von 3.500,00 EUR gehabt. Sie habe die Zahlungen an den Beklagten in Kenntnis ihrer Zahlungsunfähigkeit geleistet, um dem Druck des Beklagten nachzugeben. Dass es hierdurch zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger kam, habe sie zumindest billigend in Kauf genommen.

Der Kläger hat weiter behauptet, die Schuldnerin habe dem Vollziehungsbeamten des Beklagten bei Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung mitgeteilt, dass sie das Ordnungsgeld nicht bezahlen könne und auf ihre Mietverbindlichkeiten und Forderungen der Krankenkasse hingewiesen. Unabhängig hiervon folge die Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auch aus den Umständen der Ratenzahlungsvereinbarung.

Der Kläger hat nach Klageerhöhung beantragt,

den Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.550,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.11.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, dass der Begriff der "Zahlungsunfähigkeit" in der Ratenzahlungsvereinbarung vom 16.2.2010 sich lediglich auf die Unfähigkeit des Schuldners zur vollständigen Begleichung der Forderung aus dem Bußgeldbescheid beziehe. Es habe sich um eine übliche Ratenzahlungsvereinbarung gehandelt. Weiter hat der Beklagte die Ansicht vertreten, bei den Zahlungen - unter dem Druck der Zwangsvollstreckung - habe es an selbstbestimmten Schuldnerhandlungen gefehlt.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 9.5.2017, auf daswegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO), in Höhe von 5.250,00 EUR nebst Zinsen stattgegeben.

Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich der Zahlungen ab dem 22.4.2010 die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt seien. Sämtliche Zahlungen seien als willensgeleitete Rechtshandlungen der Schuldnerin anzusehen. Im Übrigen sei der klägerische Vortrag zur Zahlungsunfähigkeit nicht ausreichend substantiiert bestritten worden. Ab der Rate vom 22.4.2010 sei bei Gesamtwürdigung der Umstände auch von einer Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auszugehen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Vor allem beruft er sich erneut darauf, dass es angesichts des Vollstreckungsdrucks an Rechtshandlungen der Insolvenzschuldnerin fehle. Zudem sei die Zahlung des Teilbetrags von 3.250 € am 14.10.2011 nicht als Gläubigerbenachteiligung anzusehen, da die Mutter der Schuldnerin dieses Geld geliehen habe. Schließlich fehle es an der Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 9.5.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 32 O 448/15, die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat die Klage - mit Zustimmung des Beklagten - in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27.9.2017 in Höhe von 1.100 € teilweise zurückgenommen und beantragt,

die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien des Rechtsstreits wird auf den Inhalt der erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.Der zulässigen Berufung ist - nachdem die Klage in Höhe von 1.100,00 EUR zurückgenommen worden ist - zurückzuweisen.

Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten gemäß §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1, S.1, S.2 i.V.m. § 143 Abs. 1 S.1 InsO ein Anspruch auf Rückzahlung der von der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten am 21.5.2010, 23.6.2010, 11.11.2010 geleisteten Bareinzahlungen in Höhe von insgesamt 900 € und der am 14.10.2011 weiter geleisteten Zahlung in Höhe von 3.250,00 € zu.

1.Bei diesen Zahlungen der Insolvenzschuldnerin hat es sich um Rechtshandlungen im Sinne des § 133 InsO gehandelt.

Die Vorschrift des § 133 Abs. 1 InsO setzt als Rechtshandlung ein willensgeleitetes, verantwortungsgesteuertes Handeln des Schuldners voraus. Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2012, WM 2013, 48). Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Schuldnerhandlung, wenn der Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass der Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung aber dann, wenn dazu zumindest auch eine Rechtshandlung des Schuldners beigetragen hat, mag diese auch unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt sein (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.2012, Az. IX ZR 4/13 mwN.). Fördert ein Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers, rechtfertigt dies die Bewertung der Vollstreckungsmaßnahme als Rechtshandlung des Schuldners (vgl. BGH aaO.). Der Umstand, dass ein Schuldner nur unter dem Druck der drohenden Zwangsvollstreckung zahlt, rechtfertigt keine Gleichsetzung dieser Leistungen des Schuldners mit Vermögenszugriffen, die durch Vornahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Beurteilung besteht schon darin, dass bei der Zahlung durch den Schuldner die Verminderung des allen Gläubigern zur Verfügung stehenden Schuldnervermögens auf einer Handlung des Schuldners beruht (BGH aaO.; BGH, Urt. v. 27.5.2003, IX ZR 169/02).

Eine anfechtbare Rechtshandlung ist daher gegeben, wenn der Schuldner noch in der Lage ist, über den angeforderten Betrag nach seinem Belieben zu verfügen. Diese Möglichkeit zu eigenem, willensgesteuerten Handeln wird dem Schuldner nicht allein dadurch genommen, dass die Einzelzwangsvollstreckung bereits begonnen hat (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.2017, IX ZR 178/16 mwN). Im Rahmen einer Zahlungsvereinbarung noch erbrachte Leistungen des Vollstreckungsschuldners sind regelmäßig nicht auf einen einheitlichen hoheitlichen Zugriff zurückzuführen, sondern beruhen auf der eigenen Entscheidung des Schuldners (vgl. BGH aaO.). Auch nach Beginn der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner frei entscheiden, ob er die vom Gerichtsvollzieher bislang nicht aufgefundenen oder herausverlangten Vermögenswerte ratenweise herausgibt oder aber die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung in Kauf nimmt (vgl. BGH aaO.; BGH Urt. v. 22.6.2017, IX ZR 111/14).

Sowohl die - noch streitgegenständlichen - Bareinzahlungen vom 21.5.2010, 23.6.2010 und 11.11.2010 als auch die Zahlung in Höhe von 3.250 € an die Gerichtskasse sind in diesem Sinne zumindest auch als eigene, willensgeleitete Entscheidungen der Schuldnerin anzusehen.

Sie konnte frei entscheiden, ob sie die entsprechenden Vermögenswerte herausgibt oder aber die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung in Kauf nimmt. Dies gilt auch für die Zahlung zur Abwendung der Erzwingungshaft. Insoweit ist insbesondere auch auf die Grundsätze abzustellen, die der BGH mit Urteil vom 14.6.2012 aufgestellt hat (IX ZR 145/09). In dieser Entscheidung hat der BGH unter anderem ausgeführt, dass, wenn der Schuldner zu Gunsten eines Vollstreckungsgläubigers einen Scheck ausstellt, der in der Folgezeit von der bezogenen Bank eingelöst wird, er dem Gläubiger einen Zahlungsweg ermöglicht, den der anwesende Vollziehungsbeamten nicht hätte zwangsweise durchsetzen können. Eine Scheckzahlung setze vielmehr wie eine Banküberweisung voraus, dass der Schuldner über sein Konto noch selbst verfügen könne und beruhe auf einer Rechtshandlung des Schuldners. Diese Grundsätze lassen sich insofern auf den vorliegenden Fall übertragen, als im Fall der fehlenden Zahlung nur die Erzwingungshaft vollzogen worden wäre, indes wäre zu diesem Zeitpunkt keine Vollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin erfolgt. Die "Aufnahme eines Kredits" bei der Mutter und die Einzahlung auf ein Konto bei der Gerichtskasse haben vielmehr vorausgesetzt, dass die Schuldnerin überhaupt in der Lage war, den Geldbetrag zu besorgen. Insofern hatte sie die Wahlmöglichkeit, die Erzwingungshaft zu dulden oder die Vollstreckung durch Zahlung abzuwenden. Damit beruht zwar die Zahlung auf dem ausgeübten Vollstreckungsdruck, hätte jedoch ohne Mitwirkung der Schuldnerin und damit einer Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nicht erfolgen können.

2.Eine Gläubigerbenachteiligung ist wegen der Zahlungen von insgesamt 4.150,00 € auch gegeben, da diese Beträge der Insolvenzmasse nicht mehr zur Verfügung stehen. Das gilt auch für den darlehensweise von der Mutter der Schuldnerin erhaltenen Betrag.

Entgegen der Auffassung der Berufung sind die Gläubiger auch durch diejenige Zahlung, für von der Mutter überlassene Geldmittel verwendet wurden, durch eine Verkürzung der Insolvenzmasse benachteiligt worden.

Die Berufung ist der Ansicht, es könne insoweit keine Gläubigerbenachteiligung eingetreten sein, weil Privatvermögen eingesetzt worden sei, das den Gläubigern niemals zur Verfügung gestanden hätte. Diese Auffassung geht schon deshalb fehl, weil die Zahlungen nicht unmittelbar aus dem Vermögen der Mutter an den Beklagten oder den Vollstreckungsbeamten erfolgt sind, sondern der Schuldnerin die Geldmittel von ihrer Mutter darlehensweise überlassen worden waren. D. h. die darlehensweise überlassenen Geldmittel sind zunächst in das Vermögen der Schuldnerin gelangt. Die Bareinzahlung erfolgte sodann aus dem haftenden Vermögen der Schuldnerin. Die darin liegende Gläubigerbenachteiligung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Geldmittel der Schuldnerin überlassen wurden, um weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden. Ob ein Darlehen einem bestimmten Zweck dienen soll, ist anfechtungsrechtlich grundsätzlich unerheblich, solange die Zweckvereinbarung nicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des Darlehensanspruchs und der ausgezahlten Darlehensvaluta führt (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002, Az. IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489, 490). Für die Annahme einer solchen treuhänderischen Bindung fehlt es jedoch an Anhaltspunkten, sie wird auch von dem Beklagten nicht vorgetragen.

Der Kläger hat im Übrigen das Bestehen weiterer Forderungen substantiiert anhand entsprechender Aufstellungen, Prozess- und Vollstreckungsunterlagen dargelegt. Dieses Vorbringen wird mit der Berufung auch nicht mehr angegriffen.

3.Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin angenommen.

Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der jeweiligen Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Zur Feststellung des Benachteiligungsvorsatzes hat der Bundesgerichtshof bestimmte Grundsätze entwickelt, die aus der Lebenserfahrung abgeleitet sind. So handelt ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dessen Vorliegen ist schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 S. 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Vorsatz des Schuldners selbst keine strengeren Anforderungen gelten (BGH, Urt. v. 30.06.2011 - IX ZR 134/10, NZI 2011, 589 m.w.N.).

Weiter ist im Insolvenzanfechtungsprozess die Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht erforderlich, wenn auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden. So kann die tatsächliche Nichtzahlung eines Teils der fälligen Verbindlichkeiten für eine Zahlungseinstellung ausreichen.

Vorliegend hat das Landgericht die maßgeblich auf eine Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin hindeutenden Beweisanzeichen zutreffend gewürdigt.

Zunächst ist zu Recht darauf abgestellt worden, dass die von dem Kläger im Einzelnen vorgetragenen Außenstände zumindest ein starkes Indiz darstellen und es jedenfalls an substantiiertem Vortrag des Beklagten zu der von ihm behaupteten Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin gefehlt hat. Allein die Annahme der Zahlungsfähigkeit durch das Amtsgericht Gummersbach bei Erlass des Haftbefehls - ohne nähere Begründung dieser Annahme - reicht jedenfalls nicht aus. Hierauf stützt sich auch der Beklagte nicht mehr im Berufungsverfahren.

Die gebotene Gesamtschau aller Umstände (erhebliche Forderungen, die seit Januar 2009 nicht bedient wurden; Vollstreckungsmaßnahmen seit Februar 2010 und das Finanzamt als "lästiger" Schuldner) spricht dafür, dass bei Zahlung der eingeklagten Beträge von der grundsätzlichen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auszugehen ist, sie also auch in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt hat.

4.Was die Kenntnis des Beklagten von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Insolvenzschuldnerin betrifft, so hat das Landgericht zunächst einmal zutreffend ausgeführt, dass sich eine solche Kenntnis nicht allein aus der am 16.02.2010 geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung ergibt.

Die Bitte um eine Ratenzahlung kann zwar auf einen Liquiditätsengpass hindeuten, bringt aber, weil eine vollständige ratenweise Tilgung der Forderung in Aussicht gestellt wird, im Unterschied zu dem Hinweis auf einen ohne sofortigen Forderungsverzicht unabwendbaren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2016 - IX ZR 65/14, WM 2016, 1182 Rn. 21) nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, dass bereits Insolvenzreife vorlag und die Zahlungsschwierigkeiten unüberwindbar wären (vgl. BGH, Urt. 14.07.2016, IX ZR 188/15). Vorliegend ist jedoch das Hinzutreten weiterer Indizien zu berücksichtigen.

Im April 2010 hat die Schuldnerin - wie das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat - dem Zeugen M offengelegt, noch nicht einmal die Rate von 500,00 € erbringen zu können und eine deutliche Reduzierung der Rate auf 300,00 € erbeten.

Nachdem damit bereits die 3. Rate im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nicht in voller Höhe erbracht werden konnte, ist von der Kenntnis des Beklagten auszugehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen M, dass die Schuldnerin die Zahlungen nicht freiwillig erbrachte, so dass er das Ladenlokal aufsuchen musste, um Druck auszuüben. Die Kenntnis des Beklagten kann mithin aus der Gesamtschau der Beweisanzeichen gefolgert werden. Zumal die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb, so dass für den Beklagten offensichtlich war, dass außer ihm weitere Gläubiger vorhanden waren, die ebenfalls die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen würden. Es entspricht einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner - um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern - unter dem Druck eines besonders auf Auszahlung drängenden Gläubigers Zahlungen bevorzugt an diesen leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall der Schluss des Gläubigers dahin, dass - nur weil er selbst ratenweise Zahlung erhalten hat - der Schuldner seine Zahlungen auch im allgemein wieder aufgenommen hätte (vgl. BGH, Beschluss v. 25.2.2016, IX ZR 109/15).

III.

1.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

2.

Die Voraussetzungen für die von dem Beklagten angeregte Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) sind nicht erfüllt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen, insbesondere zu dem Vorliegen einer Rechtshandlung im Rahmen von Vollstreckungsmaßnahmen, sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen beruht die Beurteilung des Streitfalles nur auf einer Würdigung des Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls.

3.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.250 €

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