OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.09.2017 - 6 A 916/16
Fundstelle
openJur 2017, 634
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 7. Mai 1985 geborene Kläger bewarb sich im Oktober 2013 beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LAFP NRW) um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2014.

Er absolvierte am 7. März 2014 den ersten Abschnitt des Auswahlverfahrens. Am 26. Mai 2014 wurde er polizeiärztlich untersucht. Dabei wurde eine Körpergröße von 166,5 cm gemessen.

Das LAFP NRW teilte ihm daraufhin unter dem 26. Mai 2014 mit, es sei beabsichtigt, ihn „für eine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes“ wegen Unterschreitung der Mindestkörpergröße „nicht zu berücksichtigen“. Bewerberinnen müssten mindestens 163 cm, Bewerber mindestens 168 cm groß sein.

Mit Schreiben vom 5. Juni 2014 machte der Kläger geltend, er selber habe an zwei verschiedenen Tagen und Tageszeiten eine Größe von 168,1 cm bzw. von 168,5 cm gemessen. Am 16. Juni 2014 werde ein Untersuchungstermin bei einem Orthopäden stattfinden und seine Körpergröße erneut von qualifiziertem Fachpersonal festgestellt werden. Da er davon ausgehe, dass der Orthopäde eine Körpergröße von über 168 cm bestätigen werde, bitte er um Wiederaufnahme in das Auswahlverfahren.

Daraufhin lud das LAFP NRW den Kläger zu einer weiteren polizeiärztlichen Untersuchung am 11.Juli 2014. Im Rahmen dieser Untersuchung stellte der Polizeiarzt, Regierungsmedizinaldirektor Dr. G., eine Körpergröße von 166,2cm fest. Er vermerkte abschließend Folgendes:

„Mindestgröße nicht erreicht. Bew. wird auf eigenen Wunsch durchuntersucht, da er Klageverfahren anstrebt. Medizinisch bestehen keine Bedenken bzgl. der Tauglichkeit.“

Das LAFP NRW stellte mit Bescheid vom 21. Juli 2014 fest, der Kläger erfülle aufgrund seiner Körpergröße von 166,2 cm eine wesentliche Voraussetzung für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht. Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales (im Folgenden: MIK NRW) vom 31.Mai 2013 - 403-26.00.07 - betrage die Mindestkörpergröße bei Bewerberinnen 163 cm und bei Bewerbern 168 cm. Der Kläger sei somit negativ zu bescheiden.

Hiergegen hat der Kläger am 22. August 2014 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Bescheid vom 21. Juli 2014 sei rechtswidrig.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG werde jedem Deutschen das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt. Die mit dem genannten Erlass für männliche Bewerber festgelegte Mindestkörpergröße von 168 cm sei hiermit nicht vereinbar. Sie habe mit den in Art.33 Abs. 2 GG genannten Kriterien nichts zu tun.

Die für männliche Bewerber geforderte Mindestkörpergröße verstoße auch gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Dessen Ziel sei es, Benachteiligungen u.a. wegen des Geschlechts zu verhindern und zu beseitigen. Er, der Kläger, werde im Sinne des §3 Abs.1 AGG unmittelbar wegen seines Geschlechts benachteiligt. Das beklagte Land könne auch nicht einwenden, dass die Festsetzung einer Mindestkörpergröße von 168 cm für männliche Bewerber zur Erreichung einer störungsfreien Aufgabenwahrnehmung durch die Polizei erforderlich sei. Männliche und weibliche Beamte hätten im gehobenen Polizeivollzugsdienst die gleichen Aufgaben zu bewältigen. Von daher sei nicht zu erkennen, dass ein Mann mit einer Körpergröße von weniger als 168 cm, jedoch nicht weniger als 163 cm seine polizeilichen Aufgaben nicht oder schlechter erledigen könne als eine Frau mit einer Körpergröße von 163 cm. Es sei somit nicht zu rechtfertigen, für männliche und weibliche Bewerber unterschiedliche Mindestkörpergrößen festzulegen.

Er könne trotz seiner Körpergröße die im gehobenen Polizeivollzugsdienst anfallenden Aufgaben erfüllen. Er sei sehr austrainiert und in der Lage, ein Gewicht von 20kg und mehr zu tragen. Er betreibe seit Jahren Kampfsport, insbesondere im Bereich der Selbstverteidigung, und beherrsche die notwendigen Festnahmetechniken. Auch das Fahren eines VW T4 sei für ihn kein Problem.

Zu berücksichtigen sei schließlich der gestiegene Personalbedarf im Bereich der Polizei. Die Bundespolizei verzichte mittlerweile darauf, eine Mindestkörpergröße zu fordern. Daher sei in seinem Fall die Zulassung einer Ausnahme in Betracht zu ziehen, zumal er alle anderen Eignungstests ordnungsgemäß und mit guten Ergebnissen bewältigt habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2016 hat der Kläger mitgeteilt, er habe sich für die Einstellungsjahre 2015 und 2016 nicht beworben, er beabsichtige aber weiterhin, sich um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes zu bewerben. Er hat beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid des LAFP NRW vom 21.Juli 2014 rechtswidrig gewesen ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat im Wesentlichen vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Teilnahme des Klägers am weiteren Auswahlverfahren und seine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst lägen nicht vor. Gemäß dem Erlass des Innenministeriums (im Folgenden: IM NRW) vom 9. März 2006 - 45.2-26.00.02 (300/H 9) - sei seit dem Jahr 2007 eine bestimmte Mindestkörpergröße Voraussetzung für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst. Dieser Erlass beruhe auf einer Stellungnahme des Instituts für Aus- und Fortbildung der Polizei Nordrhein-Westfalen, welches dazu im Jahr 2005 vom IM NRW beauftragt worden sei. Anlass sei gewesen, dass es in der Vergangenheit aufgrund zu geringer Körpergrößen wiederholt zu Problemen bei der polizeilichen Aufgabenbewältigung im operativen Dienst und in der Aus- und Fortbildung gekommen sei. Insbesondere seien Probleme im Bekleidungsbereich festzustellen gewesen. Auch die Schutzwesten hätten bei kleinen Beamten/innen zu Problemen geführt, da diese nach dem Liegendschießen wegen der großen Gewichtsbelastung nicht mehr selbstständig hätten aufstehen können. In Einzelfällen habe der Fahrersitz des VW T4 nicht so weit nach vorne geschoben werden können, dass es diesen Beamten/innen möglich gewesen wäre, die Pedale sicher zu bedienen.

Ferner seien bestimmte Eingriffstechniken bei verminderter Körpergröße nicht umsetzbar. Die „Festnahmetechnik 360°“ sei unwirksam, wenn man aufgrund einer zu geringen Körpergröße den Kopf seines Gegners nicht erreichen könne. Bei Festnahmetechniken eines Einsatztrupps komme es darauf an, dass sich die Beamten dicht hintereinander vorwärts und rückwärts bewegen könnten. Wiesen die Beinlängen der Beamten zu große Unterschiede auf, führe dies dazu, dass sie stolperten und stürzten, was einen Zugriff vereiteln und sogar zu einer Gefährdung des Einsatztrupps führen könne.

Würde die Mindestkörpergröße abgesenkt, müsste dies auch mit dem Mindestgewicht geschehen. Dies führte dazu, dass eine effektive Verhütung und Abwehr von Gefahren mittels geeigneter Körperschutzausrüstung nicht mehr möglich sei. Die Ausrüstung wiege 20 bis 25 kg.

Beim AMOK-Training im Zweierteam träte bei zu großen Unterschieden in der Körpergröße der Beteiligten das Problem auf, dass sich der/die kleine Beamte/in gut, der/die größere Beamte/in aber schlecht abgedeckt fühle.

Durch die Festlegung der Mindestkörpergröße werde nicht gegen das AGG verstoßen. Gemäß §8 Abs. 1 AGG sei eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstelle, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen sei. Die Festlegung der Mindestkörpergröße gehe nicht über das hinaus, was zur Erreichung einer störungsfreien Aufgabenwahrnehmung durch die Polizei angemessen sei. Bei der Bewältigung polizeilicher Aufgaben gehe es um die Abwehr von Gefahren für unter Umständen hochrangige Rechtsgüter wie Leib oder Leben. Die Berücksichtigung nur der Bewerber/innen, die aufgrund ihrer Körpergröße die Gewähr böten, den polizeilichen Notwendigkeiten gewachsen zu sein, sei somit nicht zu beanstanden, zumal den ausgeschlossenen Bewerbern/innen die Möglichkeit offen stehe, sich anderen beruflichen Tätigkeiten zuzuwenden.

Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG sei nicht gegeben. Der Kläger werde vorliegend wegen seiner Körpergröße und nicht wegen seiner Zugehörigkeit zum männlichen Geschlecht weniger günstig behandelt als eine Frau. Auch eine mittelbare Benachteiligung (vgl. § 3 Abs. 2 AGG) aufgrund seines Geschlechts liege nicht vor. Die für männliche Bewerber festgelegte Mindestkörpergröße sei durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich. Würde die für männliche Bewerber festgelegte Mindestkörpergröße auf die für Bewerberinnen festgelegte Mindestkörpergröße, mithin auf 163 cm herabgestuft und die Festlegung einer geschlechtsspezifischen Mindestkörpergröße somit wegfallen, würde dies zu einem überproportional hohen Anteil an zugelassenen männlichen Bewerbern führen.

Vor allem im Hinblick auf die berufliche Förderung von Frauen nach Maßgabe des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) sei die überproportionale Zulassung männlicher Bewerber zu vermeiden. Das Gesetz sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Förderung von Zielen dieses Gesetzes stelle keine mittelbare Benachteiligung von männlichen Bewerbern im Sinne des §3 Abs.2 AGG dar.

Hierauf hat der Kläger erwidert, diese Argumentation laufe letztlich auf eine gesetzlich nicht vorgesehene „Frauenquote“ hinaus. Dies sei nicht mit Art.3 Abs.2 Satz 2 GG vereinbar und insbesondere deshalb als kritisch anzusehen, weil diese Norm lediglich Chancengleichheit gebiete, eine Quote aber stets auf eine Ergebnisgleichheit abziele. Eine Bevorzugung von Frauen betreffe zudem die Berufsfreiheit nach Art.12 Abs.1 GG von männlichen Bewerbern. Auch der Europäische Gerichtshof habe bereits deutliche Bedenken gegen eine leistungsunabhängige Bevorzugung von Frauen geäußert.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 14. März 2016 stattgegeben und festgestellt, dass der Bescheid des LAFP NRW vom 21. Juli 2014 rechtswidrig gewesen ist. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Sie sei auch begründet. Die Ablehnung der Einstellung des Klägers in den gehobenen Polizeivollzugsdienst sei rechtswidrig gewesen und habe ihn in seinen Rechten verletzt. Das beklagte Land sei nicht berechtigt gewesen, die Einstellung wegen der Unterschreitung der Mindestkörpergröße abzulehnen.

Die Entscheidung darüber, ob jemand als Beamter in den öffentlichen Dienst eingestellt werde, liege im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung der Eignung des Bewerbers gemäß Art.33 Abs.2 GG, der als speziellere Regelung Art. 12 Abs. 1 GG vollständig verdränge, sei ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Akt wertender Erkenntnis.

Das beklagte Land habe durch ermessensbindenden Erlass des IM NRW vom 9.März 2006 die Eignung betreffende Einstellungsvoraussetzungen ab dem Einstellungsjahrgang 2007 festgelegt, zu denen eine Mindestkörpergröße gehöre, die bei männlichen Bewerbern 168 cm und bei Bewerberinnen 163 cm betrage. Mit Erlass vom 31.Mai 2013 habe das MIK NRW diese Einstellungsvoraussetzung nochmals bestätigt. Der 166,2 cm große Kläger erreiche zwar nicht die Mindestkörpergröße für männliche Bewerber. Gleichwohl könne das beklagte Land ihm dies nicht entgegengehalten.

Allerdings sei die Festsetzung von Mindestkörpergrößen bei Polizeivollzugsbeamten grundsätzlich sachlich gerechtfertigt, um eine störungsfreie Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben zu gewährleisten. Es sei darüber hinaus auch sachlich gerechtfertigt, unterschiedliche Mindestkörpergrößen für weibliche und männliche Bewerber festzusetzen. Dass die Körpergröße von Männern sowohl im Durchschnitt wie auch nach den jeweiligen Wachstumskurven größer sei als die von Frauen, entspreche bereits der allgemeinen Lebenserfahrung und werde überdies bestätigt durch die dem Gericht vorliegenden aktuellen statistischen Erhebungen.

Art.3 Abs.2 Satz 2 GG gebiete jeder staatlichen Gewalt, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu realisieren. Hiernach sei es nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, dem, wie hier, aufgrund natürlicher Gegebenheiten benachteiligten Geschlecht eine günstigere rechtliche Behandlung zuteilwerden zu lassen. Um einerseits die in Bezug auf die Körpergrößen von Frauen und Männern bestehenden Unterschiede zu berücksichtigen und andererseits zugleich dem in Art.3 Abs.2 Satz 2 GG normierten verfassungsrechtlichen Auftrag gerecht zu werden, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, bei der Festlegung von Mindestkörpergrößen als Einstellungsvoraussetzung für den Polizeiberuf unterschiedliche Größen anzusetzen. Die Mindestkörpergröße für Bewerberinnen müsse allerdings unzweifelhaft auch den praktischen Anforderungen der polizeilichen Dienstausübung genügen. Die verfassungsrechtliche Maßgabe des Art.3 Abs.2 Satz2 GG, die Grundlage für einen Ausgleich bestehender (natürlicher) Nachteile bilde, ermögliche es nicht, Frauen mit einer Körpergröße einzustellen, welche den polizeilichen Anforderungen nicht gerecht werde. Daher dürfe die Mindestkörpergröße für Bewerberinnen keinesfalls unterhalb des Maßes liegen, das polizeipraktisch zwingend erforderlich sei. Damit handele es sich bei der Festlegung einer geringeren Mindestkörpergröße für Frauen nicht um einen Nachteilsausgleich. Stattdessen stelle die Forderung einer höheren Mindestkörpergröße für männliche Bewerber gewissermaßen einen „Vorteilsausgleich“ dar. Vor diesem Hintergrund sei es auch zulässig, Mindestkörpergrößen in einer Weise festzusetzen, die prozentual mehr Frauen ausschließe als Männer. Eine Festlegung einer einheitlichen Mindestkörpergröße würde zu einem überproportional hohen Anteil an zugelassenen männlichen Bewerbern führen, was Art.3 Abs.2 Satz2 GG nicht gerecht würde.

Im Grundsatz sei es auch nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land die für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst relevante Mindestkörpergröße durch Erlass und nicht unmittelbar durch Gesetz oder Verordnung festgesetzt habe. Allerdings sei es angezeigt und erforderlich, dass das beklagte Land der Bedeutung des grundrechtsgleichen Rechts aus Art.33 Abs.2 GG durch ein hinreichend fundiertes und nachvollziehbares Verfahren zur Ermittlung einer Mindestkörpergröße Rechnung trage. Dabei habe es neben substantiierten praktischen Erfahrungen von Polizeivollzugsbediensteten auch natürliche Veränderungen wie etwa im Bereich der Körpergrößenverteilung in der deutschen Bevölkerung in den Blick zu nehmen und bei der Festlegung zu berücksichtigen.

Dieser Anforderung sei das beklagte Land vorliegend jedoch nicht gerecht geworden. Aufgrund der Einschätzung der mit der Aus- und Fortbildung der Polizeivollzugsbeamten betrauten Bediensteten habe sich das IM NRW ab dem Einstellungsjahrgang 2007 für die Festlegung der genannten - auch noch im Einstellungsjahr 2014 angewandten - Mindestkörpergrößen entschieden. Der Vertreter des beklagten Landes habe in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, dass es eine wissenschaftlich gesicherte Datenbasis, die genaue (Min- dest-)Größenangaben für die verschiedenen polizeilichen Verrichtungen enthalte, weiterhin nicht gebe. Stattdessen habe man im Vorfeld der mündlichen Verhandlung mit Aus- und Fortbildern der Polizei Rücksprache gehalten und sich bestätigen lassen, dass die festgelegten Mindestkörpergrößen nach wie vor den praktischen Anforderungen entsprächen. Außerdem habe der Vertreter des beklagten Landes erklärt, es sei beabsichtigt, künftig eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche sich mit den konkreten Mindestkörpergrößen auseinandersetzen solle.

Diesen Ausführungen sei zu entnehmen, dass sich das beklagte Land nicht mit aktuellen statistischen Daten über die Körpergrößen in der deutschen Bevölkerung und den damit einhergehenden Veränderungen oder anderen derartigen empirischen Erhebungen beschäftigt habe, obwohl es hinsichtlich der Körpergrößenverteilung nicht unerhebliche Veränderungen in der deutschen Bevölkerung gegeben habe. Auch sei nicht ersichtlich, dass das beklagte Land überprüft habe, ob die aktuellen praktischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes die Festlegung einer Mindestkörpergröße von 163 cm für Bewerberinnen erfordern. Der Verweis des beklagten Landes auf die praktischen Erfahrungen anderer Bundesländer mit Mindestkörpergrößen sowie eine Rücksprache mit Aus- und Fortbildern der Polizei genügten nicht, um die konkret festgesetzten Mindestkörpergrößen nachvollziehen zu können.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Das beklagte Land hat gegen das ihm am 21. März 2016 zugestellte Urteil am 14. April 2016 Berufung eingelegt. Es hat die Berufung fristgerecht begründet und im Wesentlichen vorgetragen: Es sei dem Gebot der bestmöglichen Sachaufklärung nachgekommen. Die mit dem Erlass des IM NRW vom 9. März 2006, bestätigt durch den Erlass des MIK NRW vom 31. Mai 2013, festgesetzte Mindestkörpergröße sei auf der Grundlage eines hinreichend fundierten und nachvollziehbaren Verfahrens ermittelt worden. Sie sei gerechtfertigt. Es existiere keine gesicherte Datenbasis zur Entwicklung der Körpergrößen. Aktuelle Zahlen zum jeweiligen Einstellungsjahrgang gebe es nicht. Auch bei Zugrundelegung neueren Zahlenmaterials könne an der festgelegten Mindestkörpergröße festgehalten werden. Ungeachtet dessen sei mittlerweile eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die sich mit der Frage befasse, welche Mindestkörpergröße künftig gelten solle. Es sei davon auszugehen, dass sich hieraus keine Veränderungen der bislang geltenden Regelungen ergäben.

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 14. März 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt im Wesentlichen vor: Das erstinstanzliche Urteil sei im Ergebnis zutreffend. Die Begründung sei allerdings fehlerhaft. Art. 33 Abs. 2 GG verdränge Art.12 Abs. 1 GG nicht. Die Berufswahl stehe - anders als Art. 33 Abs. 2 GG - unter dem spezifischen Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Ein wesentlicher Eingriff sei anzunehmen, wenn die Eingriffsregelung die Freiheit der Berufswahl betreffe oder statusbildenden Charakter habe. Soweit es um Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes gehe, treffe Art. 33 Abs. 2 GG eine Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ergänzende Regelung. Hiernach werde jedem Deutschen das Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährleistet. Die Geltung dieser Grundsätze werde von Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Vorbehaltlos gewährte Grundrechte würden grundsätzlich nur durch verfassungsrechtliche Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte Dritter und Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang eingeschränkt. Eine Regelung, die den Lebensbereich vorbehaltloser Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte ordnen wolle, bestimme und konkretisiere notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken. Es sei vorrangig Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers, die Abwägung zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Eine Ausnahme vom Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG bedürfe demnach grundsätzlich einer parlamentsgesetzlichen Grundlage.

Die Bestimmung einer Mindestkörpergröße von 168 cm für männliche Bewerber stelle einen schwerwiegenden Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG und auch in Art. 33 Abs. 2 GG dar. Mit ihr werde eine Bedingung für den Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst festgelegt, so dass sie statusbildenden Charakter habe. Sie schließe kleinere Bewerber regemäßig ohne Rücksicht auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung vom Beamtenverhältnis aus und führe in dieser Weise zu einer eignungswidrigen Ungleichbehandlung von einiger Intensität. Die Festlegung der Mindestkörpergröße hätte daher nur durch ein Gesetz erfolgen können.

Der Hinweis des beklagten Landes, erst ab einer Mindestkörpergröße von 163cm sei die störungsfreie polizeiliche Aufgabenwahrnehmung gewährleistet, könne zutreffend sein oder auch nicht. Jedenfalls erfülle er, der Kläger, dieses Kriterium.

Er habe sich für das Einstellungsjahr 2017 erneut beworben. Wegen seiner Körpergröße lehne das beklagte Land seine Einstellung nach wie vor ab.

Das beklagte Land hat im Berufungsverfahren einen Bericht einer vom LAFP NRW im April 2016 eingesetzten Arbeitsgruppe zur „Mindestgröße in der Polizei Nordrhein-Westfalen“ übersandt. Die Arbeitsgruppe ist zu folgendem Ergebnis gekommen (vgl. S. 71 des Berichts):

„Als Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den bereits im Polizeidienst befindlichen und zukünftigen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten einerseits und der gleichrangigen Notwendigkeit der effektiven Erfüllung polizeilicher Aufgaben zum Schutz der Gesellschaft andererseits, muss die festgelegte Mindestgröße sicherstellen, dass der ganz überwiegende Anteil der möglichen Anforderungen des Polizeiberufs dauerhaft ohne schwerwiegende gesundheitliche Nachteile des PVB wahrgenommen werden kann.

Danach ist die Festlegung einer Mindestgröße für Bewerberinnen und -bewerber für den Polizeidienst wie folgt zwingend erforderlich:

- Mindestgröße für Bewerberinnen: 163 cm

- Mindestgröße für Bewerber: 168 cm

Folgende Überlegungen sind dafür im Wesentlichen maßgeblich:

- Ab einer Körpergröße von 163 cm kann gesichert von einer dauerhaften Polizeidiensttauglichkeit und -fähigkeit für die ganz überwiegenden Aufgabenbereiche der Polizei NRW ausgegangen werden.

- Eine Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben unterhalb einer Körpergröße von 160 cm ist sachgerecht nicht möglich.

- Im Bereich einer Körpergröße von 162,9 cm bis 160 cm sind bereits Einschränkungen festzustellen, die nicht hinnehmbare Risiken für die dauerhafte Aufgabenwahrnehmung einerseits, als auch Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten andererseits bergen.

- Eine Einbeziehung von Bewerberinnen und Bewerbern mit einer Körpergröße zwischen 160 - 162,9 cm ist daher nicht sachgerecht (…).

- Die Feststellung der Mindestgröße für Bewerber mit einer Körpergröße von 168 cm ist ausschließlich unter Berücksichtigung des rechtlich intendierten Vorteilsausgleichs von 5 cm notwendig.“

Das beklagte Land hat ergänzend vorgetragen, mit dem Bericht liege nunmehr eine Begründung für die konkrete Festlegung von Körpergrößen vor, die nach dem angefochtenen Urteil erforderlich sei, um den Eingriff in Art. 33 Abs. 2 GG zu rechtfertigen. Der Bericht zeige, dass ab einer Körpergröße von 163 cm gesichert von einer dauerhaften Polizeidiensttauglichkeit und -fähigkeit für die ganz überwiegenden Aufgabenbereiche der Polizei ausgegangen werden könne. Die voneinander abweichenden Festlegungen der Mindestkörpergröße für Bewerberinnen und Bewerber sei, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe, durch Art. 3 Abs. 2 GG geboten, um die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu realisieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Sie ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Die in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthafte Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig.

1. Das im erstinstanzlichen Verfahren bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände zunächst verfolgte Klagebegehren, das beklagte Land zu verpflichten, den Kläger unter Aufhebung des Bescheides des LAFP NRW vom 21. Juli 2014 am weiteren Auswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes (Einstellungsjahrgang 2014) teilnehmen zu lassen, hat sich mit dem Verstreichen des Einstellungstermins (1. September 2014) erledigt.

Der bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingetretenen Erledigung seines Verpflichtungsbegehrens hat der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass er in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2016 einen Antrag auf die Feststellung gestellt hat, dass der Bescheid des LAFP NRW vom 21. Juli 2014 rechtswidrig gewesen ist. Die Umstellung auf ein solches Feststellungsbegehren ist gemäß §173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von der Zustimmung des beklagten Landes zulässig. Insbesondere liegt in ihr keine Klageänderung, die an den Maßstäben des § 91 Abs. 1 VwGO zu messen wäre. Denn der Streitgegenstand wird nicht geändert, wenn der Kläger von einem Verpflichtungsbegehren zu einem Fortsetzungsfeststellungsbegehren übergeht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 8 B 47.14 -, NVwZ 2015, 600 = juris, Rn.7, und Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 -, BVerwGE 146, 303 = juris, Rn. 19; OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2017 - 6 A 2335/14 -, juris, Rn. 38, vom 1. Dezember 2016 - 6 A 773/15 -, juris, Rn. 50, und vom 19. Juni 2015 - 6 A 589/12 -, NWVBl. 2015, 461.

2. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr auch ein berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung. Er strebt nach wie vor die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes an. Dieses lehnt weiterhin - hinsichtlich des Einstellungsjahrgangs 2017 auf der Grundlage der Nr. 3 des Erlasses des MIK NRW vom 24. Mai 2016 - 403-26.00.07 - A - zur „Auswahl- und Einstellungskampagne 2016/2017“ - die Einstellung von männlichen Bewerbern in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ab, die, wie der Kläger, die geforderte Mindestkörpergröße von 168 cm nicht erreichen. Der Kläger muss sich nicht darauf verweisen lassen, sich zu jedem Einstellungstermin erneut zu bewerben und nach Ablehnung seiner Teilnahme am Auswahlverfahren bzw. seiner Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst Verpflichtungsklage zu erheben.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 2 C 31.08 -, NVwZ 2010, 251 = juris, Rn.12.

II. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist auch begründet. Die mit Bescheid des beklagten Landes vom 21. Juli 2014 erfolgte Ablehnung der Teilnahme des Klägers am weiteren Auswahlverfahren für den gehobenen Polizeivollzugsdienst (Einstellungsjahr 2014) und damit zugleich seiner Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zum 1. September 2014 ist rechtswidrig gewesen. Sie hat den Kläger in seinem Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Das beklagte Land hat ihm zu Unrecht entgegengehalten, dass er die für männliche Bewerber geforderte Mindestkörpergröße von 168 cm nicht erreicht. Zwar ist die Festlegung einer Mindestkörpergröße von 163 cm als Eignungskriterium für den Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (1.). Die Bestimmung einer darüber hinausgehenden Mindestkörpergröße von 168 cm nur für männliche Bewerber, auf die der Bescheid des beklagten Landes vom 21. Juli 2014 gestützt ist, ist aber schon deshalb rechtswidrig, weil das beklagte Land sie, ohne vom Parlamentsgesetzgeber dazu ermächtigt worden zu sein, lediglich durch Erlass vorgenommen hat (2.). Es kann deshalb offen bleiben, ob eine der bisherigen Verwaltungspraxis entsprechende gesetzliche Regelung verfassungsgemäß wäre (3.).

1. Die Festlegung einer Mindestkörpergröße von 163 cm für den Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie liegt innerhalb der Einschätzungsprärogative des Dienstherrn (a.). Der Dienstherr darf eine solche Festlegung auch im Erlasswege treffen (b.).

a. Der Dienstherr ist berechtigt, für den Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen eine Mindestkörpergröße von 163 cm festzulegen, wie es hier das beklagte Land mit Erlassen vom 9. März 2006 und bezogen auf das Einstellungsjahr 2014 vom 31. Mai 2013 für Bewerberinnen getan hat.

aa. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (LVOPol) kann in den Vorbereitungsdienst für den Laufbahnabschnitt II eingestellt werden, wer bestimmten - hier unstreitig vorliegenden - Anforderungen genügt und darüber hinaus für den Polizeivollzugsdienst geeignet ist. Dies entspricht den verfassungsrechtlichen bzw. einfachgesetzlichen Bestimmungen des Art. 33 Abs. 2 GG und ebenso § 9 BeamtStG, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte hat (Leistungsgrundsatz). Der dabei in Ausfüllung der Begriffe „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum unterliegt einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle ist insoweit auf die Überprüfung beschränkt, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 -, BVerfGE 143, 22 = juris, Rn.18 f.; BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 -, NVwZ 2013, 1227 = juris, Rn. 34; OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2017 - 6 B 1109/16 -, ZBR 2017, 170 = juris, Rn.10.

Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, BVerfGE 141, 56 = juris, Rn. 31, und vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, BVerfGE 139, 19 = juris, Rn.76; OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2017 - 6 B 1109/16 -, a.a.O., Rn. 14.

Zur “Eignung“ gehören persönliche Merkmale mit Leistungsbezug, die darüber Aufschluss geben können, ob und in welchem Maße ein Bewerber den Anforderungen des angestrebten Amtes bzw. der angestrebten Laufbahn gewachsen ist. Hierzu zählt unter anderem die körperliche Eignung. Entscheidend für die Beurteilung der körperlichen Eignung eines Bewerbers sind die Anforderungen der jeweiligen Laufbahn, die der Dienstherr bestimmt. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Der Dienstherr kann danach festlegen, welche Anforderungen er an die körperliche Eignung eines Beamten stellt, solange diese sich sachlich rechtfertigen lassen und die verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen im Übrigen beachten.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2013

- 2 C 16.12 -, BVerwGE 148, 204 = juris, Rn. 18, und vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, BVerwGE 147, 244 = juris, Rn. 12.

Dabei darf er auch bestimmen, in welchem Maß er Einschränkungen hinsichtlich der Eignung im Sinne einer sachgerechten Aufgabenerfüllung als noch oder nicht mehr hinnehmbar erachtet.

Das beklagte Land hat den ihm zustehenden Einschätzungsspielraum mit der Festlegung einer Mindestkörpergröße von 163 cm als Eignungskriterium für sich genommen rechtsfehlerfrei ausgefüllt. Es hat im Wege einer umfassenden Untersuchung ermittelt, unterhalb welcher Körperhöhe Einschränkungen der störungsfreien Aufgabenwahrnehmung im Polizeivollzugsdienst bestehen. Eine eigens gebildete Arbeitsgruppe des LAFP NRW hat anhand von Befragungen, verschiedener Versuchsaufbauten und unter Einbeziehung einer eigenständigen Studie der Deutschen Sporthochschule Köln zur polizeidienstrelevanten sportmotorischen Leistungsfähigkeit von Frauen und Männern unterschiedlicher Körperhöhen die Erforderlichkeit einer Mindestkörpergröße für den Polizeivollzugsdienst untersucht. In ihrem Bericht hat die Arbeitsgruppe festgestellt, dass ab einer Körpergröße von 163 cm gesichert von einer dauerhaften Polizeidiensttauglichkeit und -fähigkeit für die ganz überwiegenden Aufgabenbereiche der Polizei in Nordrhein-Westfalen ausgegangen werden kann. Eine Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben unterhalb einer Körpergröße von 160 cm ist danach sachgerecht nicht möglich. Im Bereich einer Körpergröße von 162,9 cm bis 160 cm sind bereits Einschränkungen festzustellen, die - so die Untersuchung weiter - nicht hinnehmbare Risiken für die dauerhafte Aufgabenwahrnehmung einerseits als auch Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamten andererseits bergen, so dass eine Einbeziehung von Bewerbern mit einer Körpergröße zwischen 160 cm und 162,9cm nicht für sachgerecht erachtet wird. In dem Untersuchungsbericht ist im Einzelnen dargelegt, dass - unter anderem - in folgenden Bereichen Eignungseinschränkungen bei Polizeibeamten bestehen, die eine Körperhöhe von 163 cm nicht erreichen:

? Schwierigkeiten bei der Anwendung von Eingriffstechniken bei einem deutlich größeren polizeilichen Gegenüber, insbesondere solchen, die ein Ergreifen bzw. die Führung des Kopfes erfordern;

? Schwierigkeiten beim Bedienen von Einsatzmitteln, etwa einzelner Dienstfahrzeugtypen;

? gesundheitliche Gefährdungen des Beamten selbst aufgrund des Gesamtgewichts der Führungs- und Einsatzmittel, beim Mitführen des Einsatzmehrzweckstocks aufgrund dessen Länge und beim Tragen im Zweierteam bei deutlichen Größenunterschieden;

? eingeschränkte Wahrnehmungs- und in der Folge Reaktionsmöglichkeiten und eingeschränktes Wahrgenommenwerden;

? Schwierigkeiten bei der korrekten Ausführung der Rettungsgriffe bei der Rettung und Bergung besonders großer und schwerer Personen sowie damit verbundene gesundheitliche Gefährdungen des Beamten selbst;

? Stolper- und Sturzgefahr beim Einsatz der Löschdecke;

? Stolper- und Sturzgefahr der Zugriffskräfte beim gemeinsamen Einschreiten bei großen Beinlängendifferenzen;

? Einschränkungen der Handlungsmöglichkeiten und gesundheitliche Gefährdungen des Beamten selbst durch vollständige Belegung des Systemgürtels;

? Schutzlücken für größere Beamte beim Einsatz von Schutzschilden und bei der gegenseitigen Deckung;

? Schwierigkeiten bei der Überwindung von Gegenwehr und dem Eindringen in Gruppen aufgrund geringerer Masse;

? geringere körperliche Präsenz.

Durchgreifende Bedenken gegen die Darstellung sind nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob es dieser eingehenden Untersuchung überhaupt bedurft hat oder das Bestehen von Eignungseinschränkungen bei Polizeivollzugsbeamten, die eine bestimmte Körperhöhe nicht erreichen, nicht ohnehin offenkundig ist.

So OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.Januar 2017 - 4 S 48.16 -, juris, Rn. 11; Hess. VGH, Beschluss vom 25. August 2016

- 1 B 976/16 -, ESVGH 67, 40 = juris, Rn. 20, 27; VG Berlin, Urteil vom 1. Juni 2017 - 5 K 219.16 -, juris, Rn. 21; Masuch, ZBR 2017, 81 (87).

bb. Die Festlegung der Mindestkörpergröße auf 163 cm ist auch verhältnismäßig. Sie ist zur Vermeidung der aufgeführten Einschränkungen der sachgerechten Aufgabenwahrnehmung im gehobenen Polizeivollzugsdienst geeignet und erforderlich. Sie ist insoweit auch angemessen, obwohl sie ausweislich der vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Daten des S. -L. -Instituts rund ¼ der Frauen und ebenso einen geringen Prozentsatz der Männer vom Zugang zum gehobenen Polizeivollzugsdienst ausschließt,

ebenso Bericht der Arbeitsgruppe des LAFP NRW, S. 43, aufgrund durch IT.NRW aufbereiteter Daten aus dem Mikrozensus 2013,

und für diese mithin eine subjektive Berufswahlschranke im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der gehobene Polizeivollzugsdienst eine Vielzahl von Tätigkeiten beinhaltet, die in besonderem Maß körperliche Leistungsfähigkeit verlangen. Gleichzeitig kommt der störungsfreien Bewältigung polizeilicher Aufgaben eine besondere Bedeutung für ein funktionierendes Gemeinwesen zu, weil dabei der Schutz der Institutionen des Staates und gegebenenfalls hochrangiger Rechtsgüter Einzelner inmitten steht.

Die Verhältnismäßigkeit der Festlegung der Mindestkörpergröße steht ferner nicht deshalb in Frage, weil derzeit nicht in allen Bundesländern und ebenso wenig für die Bundespolizei ein solches Erfordernis vorgesehen ist und eine entsprechende Regelung auch in Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit nicht durchgängig bestanden hat. Dies folgt bereits aus der oben beschriebenen Gestaltungsfreiheit des jeweiligen Dienstherrn bei der Festlegung der körperlichen Anforderungen, sofern sich die Regelung - wie es hier nach dem Ausgeführten der Fall ist - sachlich rechtfertigen lässt.

S. auch Masuch, ZBR 2017, 81 (87).

cc. Der Dienstherr ist auch nicht verpflichtet, eine Ausnahmeregelung vorzusehen, etwa für Bewerber, deren Körperhöhe zwischen 160 cm und 162,9 cm liegt. Dies gilt, obwohl die Untersuchung der Arbeitsgruppe des LAFP NRW zu dem Ergebnis gelangt, im Bereich einer Körpergröße von 160 cm bis 162,9 cm seien (lediglich) Einschränkungen festzustellen, die aber - so die Untersuchung weiter - nicht hinnehmbare Risiken für die dauerhafte Aufgabenwahrnehmung einerseits als auch Gefahren für Leib und Leben der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten andererseits darstellten.

Der Verpflichtung zur Schaffung einer Ausnahmeregelung steht neben Weiterem jedenfalls entgegen, dass der Dienstherr - wie oben ausgeführt - entscheiden kann, in welchem Maß er Einschränkungen der sachgerechten Aufgabenerfüllung hinnimmt; er darf im Sinne einer effektiven Handhabung dabei auch eine generalisierende Betrachtung vornehmen, die es vermeidet, stets alle Einzelumstände des jeweiligen Falls überprüfen und bewerten zu müssen. Einschränkungen der störungsfreien Aufgabenwahrnehmung sind aber nach der vorbenannten Untersuchung schon bei einer Größe von 162,9 cm (und darunter) gegeben. Sie lassen sich überdies durch eine besonders kräftige körperliche Konstitution und einen besonders guten Fitnesszustand des einzelnen Bewerbers allenfalls teilweise ausgleichen; nicht kompensierbar sind etwa die Einschränkungen in den Wahrnehmungsmöglichkeiten („Übersicht“) und dem Wahrgenommenwerden sowie ein Teil der durch Größenunterschiede zu anderen Beamten hervorgerufenen Schwierigkeiten, etwa beim Tragen von Personen oder Gegenständen im Zweierteam, beim Bewegen im Verband oder der gegenseitigen Deckung unter Einsatz von Schutzschilden. Schließlich ist bei dem regelmäßig für die Begründung einer Ausnahme vorgetragenen Umstand eines besonders guten Fitnesszustands des einzelnen Bewerbers nicht gewährleistet, dass dieser Zustand - was zum Ausgleich des Größennachteils aber erforderlich wäre - auch zukünftig bestehen bleiben wird.

b. Der Dienstherr darf eine Mindestkörpergröße als Eignungsmerkmal im Erlasswege festlegen. Eine Regelung durch Parlamentsgesetz oder Rechtsverordnung ist nicht erforderlich.

Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten den Gesetzgeber allerdings, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen. Wann es aufgrund der Wesentlichkeit einer Entscheidung einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes ab. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Als wesentlich sind also Regelungen zu verstehen, die für die Verwirklichung von Grundrechten erhebliche Bedeutung haben und sie besonders intensiv betreffen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015

- 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, a.a.O., Rn.52, mit weiteren Nachweisen.

Nach diesen Maßgaben ist eine Regelung der Mindestkörpergröße als Eignungskriterium durch Parlamentsgesetz oder Rechtsverordnung nicht erforderlich, weil bereits Art. 33 Abs. 2 GG und ebenso § 9 BeamtStG den Zugang zu einem öffentlichen Amt davon abhängig machen, dass ein Bewerber die entsprechende Eignung aufweist, also ein Zugangshindernis für Bewerber normiert, die den Anforderungen in körperlicher, psychischer oder charakterlicher Hinsicht nicht entsprechen. Der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistete Leistungsgrundsatz wird demnach durch die Festlegung der Mindestkörpergröße nicht eingeschränkt, sondern konkretisiert. Die bereits verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich normierte Zugangsschranke der körperlichen Eignung kann der Dienstherr durch Verwaltungsvorschriften ausgestalten, die eine Verwaltungspraxis nach einheitlichen und gleichmäßigen Maßstäben sicherstellen.

VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2017 - 2 K 7427/17 -, juris, Rn. 20 f., mit weiteren Nachweisen; Masuch, ZBR 2017, 81 (85).

Anlässlich des Streitfalls muss nicht entschieden werden, ob die nur für Bewerberinnen bestimmte Mindestkörpergröße von 163 cm deshalb unwirksam ist, weil die Mindestkörpergröße von 168 cm für Männer rechtswidrig ist (dazu unten 2.),

so VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2017

-2 K 7427/17 -, a.a.O., Rn. 29 ff.,

oder ob davon auszugehen ist, dass dieser Umstand in der Verwaltungspraxis des beklagten Landes zu einer einheitlichen, auch für männliche Bewerber geltenden Mindestkörpergröße von 163 cm führt. Der Kläger ist unstreitig größer als 163 cm. Das beklagte Land hält ihm dementsprechend eine mangelnde körperliche Eignung nicht entgegen.

2. Die Festlegung der darüber hinausgehenden Mindestkörpergröße von 168 cm nur für männliche Bewerber, die der Kläger nicht erreicht, und damit auch der Bescheid des beklagten Landes vom 21. Juli 2014 sind jedoch rechtswidrig. Dies folgt schon daraus, dass das beklagte Land sie, ohne vom Parlamentsgesetzgeber dazu ermächtigt worden zu sein, lediglich durch Erlass vorgenommen hat. Denn das beklagte Land konkretisiert damit nicht die an die körperliche Eignung zu stellenden Anforderungen, sondern nimmt gestützt auf Art. 3 Abs. 2 GG einen „Vorteilsausgleich“ zur Vermeidung einer Benachteiligung von Frauen vor und beschränkt damit den Leistungsgrundsatz (a.). Die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen muss der Gesetzgeber aber selbst treffen und darf sie nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen (b).

a. Die Festlegung einer Mindestkörpergröße für männliche Bewerber von 168 cm dient allein einem eignungsfremden Zweck. Mit dem nicht leistungsbezogenen Einstellungskriterium soll gestützt auf den Verfassungsauftrag des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG ein „Vorteilsausgleich“ zu Lasten männlicher Bewerber vorgenommen werden.

Das beklagte Land hat mit Schriftsatz vom 22. Februar 2017 mitgeteilt, die „abweichenden Regelungen für Bewerber gegenüber Bewerberinnen“ seien „durch Art. 3 Abs. 2 GG geboten, um die tatsächliche Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu realisieren“. Nach dieser Vorschrift fördert der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Übereinstimmend damit wird in dem genannten Bericht der vom LAFP NRW eingesetzten Arbeitsgruppe diesbezüglich ausgeführt (S. 64), die „Differenzierung zwischen Bewerberinnen und Bewerbern“ sei „nur rechtlich geboten“. Die Arbeitsgruppe lege „Wert auf die Feststellung, dass eine geschlechterbezogene Differenzierung im Rahmen der Überlegungen einer ‚technischen‘ Mindestgröße keine Rolle gespielt“ habe. „Eine solche Differenzierung“ könne „geboten sein, jedoch ausschließlich auf der Grundlage rechtlicher Betrachtungen im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 GG“. In diesem Sinne schließt der Bericht mit dem Hinweis (S. 71): „Die Feststellung der Mindestgröße für Bewerber auf eine Körpergröße von 168 cm ist ausschließlich unter Berücksichtigung des rechtlich intendierten Vorteilsausgleichs von 5 cm notwendig.“

Hieraus wird deutlich, dass das beklagte Land in Bezug auf den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit den genannten Erlassen ausschließlich mit Blick auf Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG für männliche Bewerber eine Mindestkörpergröße festgelegt hat, die über der für Bewerberinnen bestimmten Mindestkörpergröße liegt. Es verfolgt damit das Ziel, die Anzahl der im Bevölkerungsdurchschnitt größeren männlichen Bewerber im Verhältnis zur Anzahl der durchschnittlich kleineren Bewerberinnen zu reduzieren. Es ist der Auffassung, die damit einhergehende Einschränkung des in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatzes könne durch Art. 3 Abs. 2 Satz2 GG gerechtfertigt werden.

b. Die damit vorgenommene Abwägung der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG einerseits und des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG andererseits hätte durch den Gesetzgeber erfolgen müssen.

Dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot. Eine Pflicht zum Tätigwerden des Gesetzgebers besteht danach insbesondere, wenn die betroffenen Grundrechte nach dem Wortlaut der Verfassung ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet sind. Hier ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie eine solche Festlegung für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich ist. Denn nach der Verfassung sind die Einschränkung von grundrechtlichen Freiheiten und der Ausgleich zwischen kollidierenden Grundrechten dem Parlament vorbehalten, um zu gewährleisten, dass Entscheidungen von solcher Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und die Volksvertretung dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären. Es geht darum sicherzustellen, dass die wesentlichen Regelungen aus einem Verfahren hervorgehen, das sich durch Transparenz auszeichnet und die Beteiligung der parlamentarischen Opposition gewährleistet. Zugleich sollen staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015

- 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, a.a.O., Rn.53, mit weiteren Nachweisen.

Diese Grundsätze gelten auch im Beamtenverhältnis. Dass die Grundrechte dort in gleicher Weise Geltung beanspruchen, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt; zugleich sind die grundrechtsgleichen Berechtigungen aus Art. 33 GG zu beachten. Die Regelungsform des Gesetzes ist für das Beamtenverhältnis typisch und sachangemessen; die wesentlichen Inhalte des Beamtenrechts sind daher durch Gesetz zu regeln.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015

- 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, a.a.O., Rn.57, mit weiteren Nachweisen.

Vorbehaltlos gewährte Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte werden grundsätzlich nur durch kollidierendes Verfassungsrecht - Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang - eingeschränkt. Eine Regelung, die den Lebensbereich vorbehaltloser Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte ordnen will, bestimmt und konkretisiert notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015

- 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, a.a.O., Rn.59f.

Es ist vorrangig Aufgabe des Parlamentsgesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz beim Zugang zum Beamtenverhältnis bedürfen demnach einer (parlaments-)gesetzlichen Grundlage, wenn es (nur) um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen verfassungsgeschützten Interessen geht.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 21. April 2015

- 2 BvR 1322/12, 2 BvR 1989/12 -, a.a.O., Rn.60, vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 -, BVerfGE 108, 282 = juris, Rn. 67, und vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 -, NVwZ 1997, S. 54 = juris, Rn. 15 ff., BVerwG, Urteile vom 13.Dezember 2012 - 2 C 11.11 -, BVerwGE 145, 237 = juris, Rn. 23, und vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237 = juris, Rn. 14, sowie Beschlüsse vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 -, juris, Rn. 31, und vom 17. Dezember 2013 - 1 WB 51.12 -, PersV 2014, 273 = juris, Rn. 29.

Dem hat das beklagte Land nicht Rechnung getragen, indem es mit den Erlassen vom 9. März 2006 und vom 31. Mai 2013 für den Zugang männlicher Bewerber zum gehobenen Polizeivollzugsdienst eine Mindestkörpergröße von 168 cm festgelegt hat, obgleich es nach dem Vorstehenden dem Gesetzgeber vorbehalten ist, die Abwägung zwischen dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und anderen in der Verfassung geschützten Belangen vorzunehmen. Eine solche Einschränkung des vorbehaltlos gewährleisteten grundrechtsgleichen Rechts auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG darf durch Verwaltungsvorschrift nicht erfolgen.

Vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 8. August 2017 - 2 K 7427/17 -, juris, Rn. 24 ff.; Osterloh/Nußberger, in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, 7. Auflage 2014, Art. 3 Rn. 290 mit weiteren Nachweisen.

3. Ob ein der bisherigen Verwaltungspraxis entsprechendes Gesetz, das unterschiedliche Mindestkörpergrößen für Frauen und Männer vorsieht und damit die Geltung des von Art. 33 Abs. 2 GG vorbehaltlos gewährleisteten Leistungsgrundsatzes einschränkt, mit dem vom beklagten Land angeführten Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs durch Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG gerechtfertigt werden könnte, muss anlässlich des Streitfalls nicht entschieden werden.

Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die verfassungsrechtlich verankerte Förderung der Gleichberechtigung nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht darauf gerichtet ist, die Geltung des Bestenauslesegrundsatzes nach Art. 33 Abs. 2 GG generell einzuschränken. Die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen und damit eine Benachteiligung der Männer ist vielmehr auf Fälle gleicher Qualifikation beschränkt, eine Einstellung oder Beförderung ohne Rücksicht auf die (bessere) Qualifikation anderer Bewerber ist damit grundsätzlich nicht statthaft.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83 = juris, Rn. 21, und Beschluss vom 27. September 2011 - 2 VR 3.11 -, NVwZ-RR 2012, 71 = juris, Rn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2017 - 6 B 1109/16 -, a.a.O., Rn. 85 f.

Nach dieser Rechtsprechung liegt es nahe, dass auch der Ausschluss vom Zugang zu einem öffentlichen Amt nicht unter Ausblendung der Vorgaben des Art.33 Abs. 2 GG zur Gewährleistung statistisch gleicher oder jedenfalls ähnlicher Chancen von Frauen und Männern erfolgen darf. Wird aber die Teilnahme männlicher Bewerber am Auswahlverfahren und damit die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst wegen der Unterschreitung der für sie geltenden, aus eignungsfremden Zwecken höheren Mindestkörpergröße versagt, geschieht dies unabhängig von der Frage, inwieweit diese Bewerber die Qualifikationsmerkmale des Art. 33 Abs. 2 GG erfüllen. Sie scheiden ungeachtet ihrer Qualifikation aus dem Auswahlverfahren aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht vorliegen.