Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27.03.2017 - 9 LC 180/15
Fundstelle
openJur 2017, 944
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 3 A 189/13

1. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgten nach § 6 NKAG ist verfassungsgemäß.

2. Wird eine Straße im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG erneuert, erweitert oder verbessert, indiziert bereits dieser objektive Umstand regelmäßig den besonderen wirtschaftlichen Vorteil für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, ohne dass es auf deren subjektive Einschätzung ankommt.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 3. Kammer - vom 8. September 2015 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 3. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der F. straße durch die Beklagte.

Er ist Erbbauberechtigter des Buchgrundstücks G. weg 2, das aus dem Flurstück 275/42, Flur 4, besteht. Das Grundstück grenzt westlich an die F. straße und nördlich an den G. weg.

Die ca. 1200 m lange F. straße erstreckt sich von ihrer Einmündung in die B 214 im Norden bis zu einem Kreisel im Süden. Sie wurde bis zum Jahr 1983 endgültig hergestellt. Für die dadurch entstandenen Kosten wurden die Anlieger im Jahr 1984 zu Erschließungsbeiträgen herangezogen. Im Jahr 2009 beschloss der Rat der Beklagten den Ausbau der Straße. Bis Mitte 2011 wurden die Fahrbahn, die Gehwege, der Radweg, die Parkflächen, die Bushaltestellen, die Straßenentwässerung und die Beleuchtung auf der gesamten Länge der Straße ausgebaut. Gleichzeitig mit den Straßenausbauarbeiten fanden punktuelle Sanierungsarbeiten an den Abwasserrohren statt.

Die letzte Unternehmerrechnung für die Straßenausbauarbeiten ging bei der Beklagten am 31. Januar 2013 ein. Über einen Teil der Forderungen der Firma H., die den Straßenausbau im Auftrag der Beklagten durchgeführt hatte, führte die Beklagte mit der Firma einen Rechtsstreit vor dem Landgericht I. (4 O 18/14), der am 9. Februar 2015 durch Vergleich abgeschlossen wurde. Gegenstand des Rechtsstreits waren mehrere Erschwerniszulagen, die die Firma der Beklagten in einer Höhe von insgesamt 124.078,52 EUR in Rechnung gestellt hatte. In dem genannten Vergleich einigten sich die Beteiligten darauf, dass die Beklagte zur Erledigung des Rechtsstreits einen Betrag von 50.000 EUR (= ca. 40 % der Gesamtforderung) an die Firma zahlt. Die Forderung betreffend die “Rechnungsposition 3.2.1.10 bis 40 Zulage Bitumenaufbruch/Packlage aufnehmen“ ist anteilig (entsprechend der Vergleichsquote von 40 %), nämlich in Höhe von 21.087,72 EUR, im Rahmen der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Alternativberechnung nachträglich in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen worden.

Bei der Bestimmung des Kreises der bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands berücksichtigungsfähigen Grundstücke bezog die Beklagte ein Reihenhausgebiet auf der westlichen Seite der F. straße zwischen J. - und K. -Straße, das über Privatwege mit der F. straße verbunden ist, in das Verteilungsgebiet ein. Das südlich davon gelegene Buchgrundstück, das aus dem Flurstück 220/307 besteht, berücksichtigte die Beklagte nicht. Dieses Grundstück war in dem Bebauungsplan Nr. 3 “Nördlich des L.-weges“ ursprünglich als “öffentliche Grünfläche“ festgesetzt worden. Am 2. Juni 2016 beschloss der Rat der Beklagten die Änderung dieses Bebauungsplans dahingehend, dass auf dem bezeichneten Flurstück nunmehr die Bebauung mit einem Ärzte- und Gesundheitszentrum zulässig ist. Die Änderung des Bebauungsplans wurde am 22. Juli 2016 im Amtsblatt bekannt gemacht.

Die Beklagte zog den Kläger für sein Grundstück wegen der Ausbaumaßnahmen bis Mitte 2011 mit Bescheid vom 12. November 2013 zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 6.033,92 EUR heran.

Der Kläger hat dagegen am 9. Dezember 2013 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verfassungswidrig sei. Sie verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Abs. 1 GG und das Eigentumsgrundrecht des Artikels 14 GG sowie gegen das Rechtsstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 3 GG. Der eigentliche Zweck des § 6 NKAG sei die Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen und Sanierungen. Die Erhebung von Beiträgen sei zur Erreichung dieses Zwecks jedoch nicht erforderlich. Denn Straßenausbaumaßnahmen könnten über Steuern finanziert werden. Ein besonderer wirtschaftlicher Vorteil, der die Belastung durch den Straßenausbaubeitrag rechtfertigen könnte, werde ihm durch die Straßenausbaumaßnahme nicht vermittelt. Auch die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags seien nicht erfüllt. Denn es liege hier weder eine beitragsfähige Erneuerung noch eine Verbesserung vor. Ferner seien die beitragsfähigen Kosten und die beitragspflichtige Fläche unzutreffend ermittelt worden. Die F. straße sei auch zu Unrecht als öffentliche Einrichtung mit nur starkem innerörtlichen Verkehr eingestuft worden, da die Straße eine der am höchsten belasteten Verkehrsachsen in der Gemeinde sei. Die Beklagte habe bei der von ihr vorgelegten Alternativberechnung zu Unrecht den Vergleich mit der Firma H. einbezogen. Es handele sich bei diesem Vergleich um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter. Durch den Vergleichsabschluss würden die Anlieger mit unberechtigten Forderungen belastet.

Der Kläger hat beantragt,

den Straßenausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 12. November 2013 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und im Wesentlichen erwidert: Die Erhebung eines Straßenausbaubeitrags sei sowohl allgemein als auch im konkreten Fall verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Im Rahmen des ihr zustehenden Ausbauermessens habe sie sich für eine beitragsfähige Erneuerung der Teileinrichtungen der Straße entscheiden dürfen. Außerdem sei der Ausbautatbestand der Verbesserung hinsichtlich eines Teils der ausgebauten Teileinrichtungen gegeben. Die beitragspflichtige Fläche sei zutreffend ermittelt worden. Nach dem tatsächlichen Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr handele es sich bei der F. straße um eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr. In den Alternativberechnungen sei zusätzlich der Aufwand berücksichtigt worden, der auf einem Vergleich mit der Firma H. beruhe. Bei dem Vergleich handele es sich nicht um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 8. September 2015, das hinsichtlich der Bezeichnung der Prozessbevollmächtigten des Klägers im Rubrum durch Beschluss vom 3. Dezember 2015 berichtigt worden ist, den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2013 aufgehoben, soweit darin ein Straßenausbaubeitrag von mehr als 5.921,37 EUR festgesetzt worden ist, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 14 GG und das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG. Soweit in § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG die Erhebung von Beiträgen von Grundstückseigentümern abhängig gemacht werde von einem besonderen wirtschaftlichen Vorteil bzw. nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NKAG die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen seien, sei dies keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Bei Vorliegen einer beitragsfähigen Maßnahme im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG ergebe sich der Kreis derjenigen, denen durch die Ausbaumaßnahme Vorteile erwachsen würden, die die Beitragserhebung rechtfertigten, aus ihrer Beziehung zur Einrichtung. Dies treffe regelmäßig auf alle Grundstücke zu, die - wie das Grundstück des Klägers - an die Einrichtung angrenzten. Dabei reiche die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Beitragspflichtigen aus. Diesen Grundsätzen entsprächen auch die Regelungen der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten.

Bei der abgerechneten Baumaßnahme handele es sich um eine beitragsfähige Maßnahme im Sinne § 6 Abs. 1 NKAG. Die F. straße sei mit allen vorhandenen Teileinrichtungen erneuert bzw. verbessert worden. Die sachlichen Beitragspflichten seien am 31. Januar 2013 mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung bei der Beklagten entstanden. Der gerichtliche Vergleich vor dem Landgericht I. im Februar 2015 betreffend eine streitige Teilforderung eines Bauunternehmers gegenüber der Beklagten ändere hieran nichts. Entschließe sich die Gemeinde, wie hier, eine streitige Forderung zunächst nicht bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwands einzuberechnen, und lasse sie sich stattdessen auf einen Rechtsstreit mit dem Unternehmer ein, sei sie später nicht gehindert, die festgestellte Forderung des Unternehmers gegenüber den Beitragspflichtigen nachzuveranlagen. Bei dem Vergleich handele es sich nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit liege nicht darin begründet, dass die Gemeinde sich auf einen gerichtlichen Vergleich eingelassen und einen Teil der zunächst abgelehnten Unternehmerforderung anerkannt habe. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Zivilrechtsstreit, dessen Ausgang vollkommen offen gewesen sei, bis zu einer streitigen Entscheidung durch das Gericht zu Ende zu führen.

Auch die Berechnung des umlagefähigen Aufwandes begegne keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte habe die F. straße aufgrund der nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts maßgeblichen tatsächlichen Verkehrsverhältnisse zu Recht als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr eingestuft. Schließlich sei auch das Abrechnungsgebiet fehlerfrei bestimmt worden. Die Beklagte habe das Reihenhausgebiet auf der westlichen Seite der F. straße zwischen J. - und K. -Straße zu Recht in das Abrechnungsgebiet einbezogen.

Die tenorierte Beitragshöhe errechne sich aus dem in der vorgelegten Alternativberechnung dargestellten Aufwand (ohne die Kosten für das Buswartehäuschen und unter Berücksichtigung der Ersparnis aus der Verbundmaßnahme sowie mit dem Aufwand aus dem Vergleich mit der Firma H.) in Höhe von 908.594,32 EUR geteilt durch die maßgebliche Beitragsfläche laut angefochtenem Bescheid (einschließlich der Reihenhausgrundstücke westlich der F. straße) von 139.479,85 m². Der so ermittelte Beitragssatz von 6,514161866 EUR/m² ergebe multipliziert mit der Grundstücksfläche des Klägers von 909 m² den tenorierten Straßenausbaubeitrag von 5.921,37 EUR. Soweit ein diesen Betrag übersteigender Beitrag festgesetzt worden sei, mithin in Höhe von 112,55 EUR, sei der angefochtene Bescheid aufzuheben gewesen.

Der Kläger hat am 15. Dezember 2015 Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts eingelegt, die von diesem wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Frage, ob Eigentümer von Grundstücken, die auch oder ausschließlich an privaten Fuß- bzw. Wohnwegen angrenzen, Straßenausbaubeiträge für den Ausbau der nächsten erreichbaren öffentlichen Erschließungsanlage, in die diese Fußwege einmünden, zu entrichten haben, gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1  i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen worden ist. Zur Begründung seiner Berufung trägt er im Wesentlichen vor:

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gemäß § 6 NKAG verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Straßenausbaubeiträge stellten eine einseitige Belastung von Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten dar, die durch keinen sachlichen Grund gerechtfertigt sei. Denn durch den Ausbau der an das Grundstück angrenzenden Straße entstehe für den Grundstückseigentümer bzw. Erbbauberechtigten kein wirtschaftlicher Vorteil. Das Grundstückseigentum sei als Differenzierungskriterium völlig untauglich. Die Beitragspflicht der Grundstückseigentümer sei deshalb willkürlich. Die einseitige Belastung der Grundstückseigentümer sei auch unverhältnismäßig und verstoße gegen den Eigentumsschutz des Art. 14 GG oder zumindest gegen die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit. Die auf einen abstrakten wirtschaftlichen Vorteil abstellende Auslegung des wirtschaftlichen Vorteils im Sinne des § 6 Abs. 1 NKAG verstoße ferner gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG. Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juni 2014 zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen könne keineswegs auf die generelle Zulässigkeit von einmaligen Straßenausbaubeiträgen geschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht habe vielmehr deutlich gemacht, dass die Erhebung derartiger Beiträge nur dann zulässig sei, wenn dem Beitragspflichtigen ein grundstücksbezogener Sondervorteil zu Teil werde. Es müsse daher mit dem Ausbau eine konkrete, für den einzelnen Beitragspflichtigen spürbare wirtschaftliche Privilegierung einhergehen, die äquivalent zu den Kosten sei. In seinem Falle begründe der Ausbau der F. straße keinen Sondervorteil im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der seine Belastung mit einem Straßenausbaubeitrag rechtfertigen könne. Die bloße Verbesserung der Befahrbarkeit der ausgebauten Straße reiche dafür nicht, da diese allen Nutzern der Straße zu Gute komme. Die Anlieger der F. straße würden deren Ausbau nicht als vorteilhaft empfinden, wie die von ihnen durchgeführte Umfrage zeige. Auch die Erschließungssituation ihrer Grundstücke sei durch den Ausbau nicht verbessert worden. Die einzelnen Ausbaumaßnahmen bezüglich der Teileinrichtungen Straßenbeleuchtung, Busbuchten, Straßenentwässerung, Gehwege und Fahrbahn hätten ihm keine konkreten Vorteile im Hinblick auf eine verbesserte Inanspruchnahmemöglichkeit der Straße verschafft. Der Straßenausbau habe für ihn auch keine irgendwie spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen. Durch den Straßenausbau habe er keine messbaren wirtschaftlichen Vorteile im Hinblick auf die Straßenreinigung und den Winterdienst, die Abfallentsorgung, eine etwaige Verbesserung der Straßenbeleuchtung, die Schaffung neuer Parkplätze, eine etwaige Erhöhung der Verkehrssicherheit, eine Verkehrsberuhigung, eine eventuelle Verbesserung der Wasser- und Abwasserleitungen einhergehend mit der Straßenausbaumaßnahme, den öffentlichen Personennahverkehr, die öffentliche Notfallrettung, den Post- und Lieferverkehr, Handwerks- und Dienstleistungen, die Telekommunikationsanlagen, eine Lärmverringerung, die Erreichbarkeit seines Grundstücks, seine Kfz-Nutzung, den Grundstückswert und auf seine mittelbare Teilhabe an Vorteilen, die der Gemeinde durch den Ausbau erwachsen könnten. Mangels wirtschaftlichen Vorteils verstoße die Beitragserhebung daher nicht nur gegen § 6 NKAG, sondern auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Außerdem sei der angefochtene Beitragsbescheid deshalb rechtswidrig, weil der Ausbau der Straße jedenfalls dann nicht erforderlich gewesen wäre, wenn die Beklagte ihrer Instandhaltungspflicht hinreichend nachgekommen wäre und sie sich nicht in den Straßenausbau geflüchtet hätte. Im Hinblick auf die Reparaturmaßnahmen an den Abwasserleitungen und die dadurch angeblich ersparten Kosten beim Straßenausbau sei eine hälftige Aufteilung auf Kanalbau- und Straßenausbaukosten nur dann sachgerecht, wenn die durchgeführten Arbeiten gleichermaßen für den Straßenausbau und für die Kanalarbeiten erforderlich gewesen seien. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Die komplette Beseitigung und Erneuerung des Unterbaus der Fahrbahn sei nur wegen der Reparatur an den Abwasserrohren erforderlich gewesen. Die Einbeziehung des Vergleichs zwischen der Beklagten und der ausführenden Firma sei nicht sachgerecht. Es handele sich bei dem Vergleich um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Da in der Sache auf eine Beweisaufnahme verzichtet worden sei, sei davon auszugehen, dass dieser Verzicht zu Lasten der Beitragspflichtigen gehe. Es sei ferner davon auszugehen, dass die Forderung der Firma H. insgesamt unberechtigt sei, weil angenommen werden könne, dass die Beklagte den Rechtsstreit nicht ohne sachlichen Grund geführt habe.

Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die F. straße fehlerhaft eingestuft worden sei. Bei der F. straße handele es sich um die wohl wichtigste Nord-Süd-Verbindung in M.. Der Nicht-Anliegerverkehr betrage über 50 %. Deshalb sei die F. straße als Durchgangsstraße einzustufen. Auch die N. straße sei als Durchgangsstraße eingestuft worden, obwohl sie eine verkehrsmäßig geringere Bedeutung habe. Im Übrigen sei das System der differenzierten Vorteilssätze ungeeignet und erweise sich die Beitragsfinanzierung auch insoweit als untaugliches Instrument. Generell ungeeignet sei auch die Grundstücksfläche als Verteilungsmaßstab. Durch das Abstellen auf die tatsächliche Bebauung der Grundstücke in Gebieten nach § 34 BauGB bei der Anwendung des Vollgeschossmaßstabs nach der Satzung der Beklagten würden diese Grundstücke ohne nachvollziehbare Gründe gegenüber Grundstücken in beplanten Gebieten bevorzugt, bei denen die nach dem Bebauungsplan zulässige Geschosszahl angesetzt werde. Die Satzung der Beklagten sehe zu Unrecht keine Eckgrundstücksvergünstigung vor.

Die Beklagte habe bei der Ermittlung des Verteilungsgebiets fehlerhaft das Grundstück Flurstück 220/307, das in dem Bebauungsplan Nr. 3 “Nördlich des L.-weges“ ursprünglich als öffentliche Grünfläche festgesetzt gewesen sei, nicht einbezogen. Auch wenn die Änderung des Bebauungsplans mit der Festlegung der Bebauung dieses Grundstücks mit einem Ärzte- und Gesundheitszentrum zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch nicht in Kraft gewesen sei, sei sie aber absehbar gewesen. Das Abrechnungsgebiet sei ferner dadurch fehlerhaft bestimmt worden, dass das Reihenhausgebiet auf der westlichen Seite der F. straße nicht in dieses einbezogen worden sei. Denn die zu den Reihenhäusern führenden Privatwege seien als selbstständige Erschließungsanlagen einzuordnen.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den angefochtenen Bescheid aufzuheben, soweit er im Berufungsverfahren noch streitbefangen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert im Wesentlichen: Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Entgegen der Behauptung des Klägers habe es sich bei der abgerechneten Straßenbaumaßnahme nicht um bloße Instandhaltungsarbeiten gehandelt. Schon aufgrund des Alters der Anlage sei eine grundlegende Erneuerung und Verbesserung der F. straße erforderlich gewesen. Zu Recht seien auch die Reihenhausgrundstücke westlich der F. straße in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden. Im Übrigen würde dieser Einwand des Klägers nicht zu seinem Vorteil gereichen. Denn würden diese Grundstücke nicht einbezogen, würde sich der Beitrag des Klägers erhöhen. Bei dem nachträglich bei den Ausbaukosten berücksichtigten Vergleich zwischen ihr und der ausführenden Firma handele es sich nicht um einen Vertrag zu Lasten Dritter. Es sei auch nichts dafür ersichtlich, dass sie mit der Annahme des Vergleichs zu unangemessen hohen Ausbaukosten Anlass gegeben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen, soweit sie gegen die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrags in Höhe von 5.921,37 EUR gerichtet ist. In dieser Höhe ist die Heranziehung des Klägers zu einem Straßenausbaubeitrag in dem Bescheid der Beklagten vom 12. November 2013 rechtmäßig und verletzt nicht die Rechte des Klägers (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG können die Gemeinden und Landkreise zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet.

Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen gemäß dieser Vorschrift verstößt - anders als der Kläger meint - nicht gegen Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere nicht gegen Rechte des Klägers aus den Artikeln 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG sowie dem Rechtsstaatsprinzip des Artikels 20 Abs. 3 GG.

Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 25.6.2014 - 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10 - juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16.6.2011 - 9 BN 4.10 - juris, und OVG Schleswig Holstein, Urteil vom 19.5.2010 - 2 KN 2/09 - juris) geklärt, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen verfassungsrechtlich zulässig ist und insbesondere nicht gegen den Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Dies hat das Bundesverfassungsgericht zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht entschieden. Die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (2. Leitsatz, Rn. 43, 49 - 54 in juris) betreffen jedoch auch allgemein die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass nichtsteuerliche Abgaben zur Wahrung der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen (Art. 3 Abs. 1 GG) einer über den Zweck der Einnahmeerzielung hinausgehenden besonderen sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Werden Beiträge erhoben, verlangt Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und Nicht-Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, der mit dem Beitrag abgegolten wird. Nach dem Grundsatz der abgabenrechtlichen Belastungsgleichheit können nur solche Grundstücke herangezogen werden, deren Eigentümer aus der Möglichkeit, die ausgebauten Straßen in Anspruch zu nehmen, einen Sondervorteil schöpfen können, der sich von dem Vorteil der Allgemeinheit der Straßennutzer unterscheidet. Der Sondervorteil muss grundstücksbezogen definiert werden. Er kann zum Beispiel in einer Erhöhung des Gebrauchswerts des Grundstücks durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Anlage bestehen. Eine Steigerung des Verkehrswerts ist nach dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich.

Mit diesen Maßgaben stimmen die Regelungen in § 6 NKAG über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen überein. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG setzt für die Erhebung von Beiträgen von den Grundstückseigentümern voraus, dass ihnen die Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten öffentlichen Einrichtung besondere wirtschaftliche Vorteile, also Sondervorteile im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, bietet. Auch die weiteren Regelungen in § 6 NKAG sind orientiert an diesem grundstücksbezogenen Sondervorteil, der sich von dem Vorteil unterscheidet, den die Allgemeinheit der Straßennutzer hat. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NKAG sind die Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen, wobei nach § 6 Abs. 5 Satz 2 NKAG Gruppen von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen zusammengefasst werden können. Nach § 6 Abs. 5 Satz 4 NKAG ist ein dem besonderen Vorteil der Allgemeinheit entsprechender Teil des Aufwands bei der Ermittlung des Beitrags außer Betracht zu lassen, wenn die Einrichtung erfahrungsgemäß auch von der Allgemeinheit in Anspruch genommen wird. Diesen gesetzlichen Regelungen entsprechen die Satzungsbestimmungen in § 1 Abs. 1 und §§ 4 bis 7 SABS, nach denen die Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag herangezogen hat.

Auch eine Verletzung der von dem Kläger ferner angeführten Grundrechte aus den Artikeln 2 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG durch eine einseitige unverhältnismäßige Belastung der Grundstückseigentümer bzw. Erbbauberechtigten bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen kann nicht festgestellt werden. Die Belastung der Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten ist durch den ihnen vermittelten Sondervorteil in Form der Steigerung des Gebrauchswerts ihrer Grundstücke nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt und stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Grundrechte dar. Anhaltspunkte für die von dem Kläger ebenfalls geltend gemachte Verletzung des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG sind nicht ersichtlich.

Die streitige Heranziehung des Klägers auf der Grundlage des somit verfassungsgemäßen § 6 NKAG in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Fassung der 3. Änderungssatzung vom 17. September 2009 - SABS - begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

Im Hinblick auf den Ausbau der Fahrbahn der F. straße liegt der Beitragstatbestand der Verbesserung vor. Eine solche ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 11.7.2007 - 9 LC 262/04 - Rn. 36 in juris, vom 7.9.1999 - 9 L 393/99 - OVGE MüLü 48, 426 = NdsVBl 2000, 66 = KStZ 2000, 74 = NVwZ-RR 2000, 381, vom 13.8.1996 - 9 L 774/94, 9 L 7684/94 - und vom 29.11.1995 - 9 L 1088/94 -) gegeben, wenn die Benutzbarkeit der Straße positiv beeinflusst worden, die Straße also im Blick auf ihre Funktionen besser benutzbar geworden ist. So kann eine beitragsfähige Verbesserung vor allem bei drei Fallgruppen angenommen werden, nämlich bei einer erweiterten funktionalen Aufteilung der Verkehrsanlage, bei einer größeren räumlichen Ausdehnung und bei einer den Verkehrsbedürfnissen mehr entsprechenden und daher besseren Befestigungsart (Senatsurteil vom 11.7.2007 - 9 LC 262/04 - Rn. 36 in juris). Hier liegt die letztgenannte Fallgruppe vor. Denn durch den Ausbau ist die Fahrbahn dem Anstieg des Verkehrs in den letzten Jahrzehnten angepasst worden und genügt nunmehr den daraus resultierenden gestiegenen Anforderungen, was vor dem Ausbau nicht der Fall gewesen ist. In dem geotechnischen Bericht vom 16. März 2007, der Entwurfsplanung des beauftragten Ingenieurbüros von Juli 2008 und der Ratsvorlage vom 1. Oktober 2008 ist festgestellt worden, dass die Fahrbahnoberfläche vor dem Ausbau Schäden wie Längs- und Querrisse aufgewiesen hat, der Straßenaufbau zumindest in Teilbereichen nicht dem Regelaufbau entsprochen hat und insgesamt den heutigen Anforderungen im Hinblick auf die zunehmende verkehrliche Belastung nicht mehr gerecht geworden ist. In der Berufungsverhandlung hat der Leiter der Bauamtsabteilung der Beklagten dies dahingehend erläutert, dass die Tragfähigkeit des Unterbaus der Fahrbahn durch die Ausbaumaßnahme erhöht und die Fahrbahn insgesamt verstärkt worden sei, um diese der größeren Verkehrsbelastung der F. straße anzupassen. Die mangelnde Tragfähigkeit des Unterbaus vor dem Ausbau habe zu in die Tiefe gehenden Rissen in der Fahrbahn geführt, die ihre Elastizität durch die dauernde Belastung verloren habe. Mit dem Ausbau sei eine höhere Bauklasse erreicht worden. Der Senat ist von der Richtigkeit dieser gut nachvollziehbaren fachlichen Einschätzung überzeugt.

Liegt demnach der Beitragstatbestand der Verbesserung hinsichtlich der Fahrbahn vor, kommt es auf die von dem Kläger behauptete Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht durch die Beklagte nicht an, weil das Ziel der Verbesserung nicht in einer Mängelbeseitigung, sondern in einem Ausbau mit einer höheren Qualitätsstufe besteht, die sowohl bei einer in einem schlechten Zustand befindlichen als auch bei einer regelmäßig instandgehaltenen Teileinrichtung erreicht werden kann (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 32 Rn. 50  m.w.N.) und hier nach den obigen Feststellungen auch tatsächlich erreicht worden ist.

Hinsichtlich der übrigen Teileinrichtungen der F. straße hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung des Ablaufs ihrer üblichen Nutzungsdauer und vor allem im Hinblick auf ihren tatsächlich erneuerungsbedürftigen, nämlich nicht mehr voll funktionsfähigen Zustand zu Recht den Beitragstatbestand der Erneuerung bejaht. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Darstellung im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Der Kläger hat durch die Verbesserung der Fahrbahn und die Erneuerung der übrigen Teileinrichtungen der Straße auch besondere wirtschaftliche Vorteile erlangt. Durch den in § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG bestimmten Vorteilsbegriff werden die beitragspflichtigen Grundstückseigentümer, denen durch die ausgebaute Anlage besondere Gebrauchsvorteile vermittelt werden, von den nicht beitragspflichtigen Mitgliedern der Allgemeinheit abgegrenzt. Dieses Tatbestandsmerkmal hat dagegen nicht den Zweck, die Kommune anzuhalten, für jedes Anliegergrundstück getrennt eine bestimmte Werterhöhung oder eine sonstige wirtschaftliche Besserstellung der Grundstückseigentümer konkret zu ermitteln und nachzuweisen (Senatsbeschlüsse vom 6.1.1981 - 9 B 33/80 - KStZ 1981, 71, und vom 20.9.2005 - 9 ME 365/04 - Rn. 6 in juris), wie dies der Kläger fordert. Wird eine Straße im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG erneuert, erweitert  oder verbessert, indiziert vielmehr bereits dieser objektive Umstand regelmäßig den besonderen wirtschaftlichen Vorteil für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, ohne dass es auf deren subjektive Einschätzung bzw. deren Empfinden ankommt. Diese Gleichstellung von Beitragstatbestand und Vorteilsbegriff rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass sich wegen der engen Beziehung zwischen Straße und Grundstück, insbesondere der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Straße vom Grundstück aus, der (Gebrauchs-) Wert eines Grundstücks automatisch mit der Qualität der erneuerten, erweiterten oder verbesserten Straße erhöht (Senatsbeschlüsse vom 20.9.2005 - 9 ME 365/04 - 4. Leitsatz und Rn. 6 in juris und vom 11.9.2003 - 9 ME 120/03 - NSt-N 2003, 260 = DNG 2003, 191 = NdsVBl 2004, 23 = NordÖR 2003, 466 = ZKF 2005, 19  m.w.N.).

Damit liegt im Falle des Klägers auch ein grundstücksbezogener Sondervorteil im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor. Dieser besteht in der Steigerung des Gebrauchswerts seines Grundstücks durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der hinsichtlich der Fahrbahn verbesserten und hinsichtlich der übrigen Teileinrichtungen grundlegend erneuerten Straße. Dieser Sondervorteil unterscheidet sich auch erheblich von dem Vorteil, der der Allgemeinheit der Straßennutzer geboten wird, weil der Kläger als Straßenanlieger direkt von seinem Grundstück aus die Straße für sämtlichen Ziel- und Quellverkehr von und zu seinem Grundstück nutzt, während alle anderen Nutzer der Straße, deren Grundstücke nicht von der F. straße erschlossen sind, diese nur im Wege der Durchfahrt (gelegentlich) nutzen können (vgl. Senatsurteil vom 2.2.2015 - 9 LB 132/12 - Rn. 24 in juris).

Der von der Beklagten zu Grunde gelegte beitragsfähige Aufwand ist von dieser zutreffend ermittelt worden:

Die Ersparnis aus der Verbindung der Straßenausbaumaßnahme mit der zeitgleich durchgeführten Kanalbaumaßnahme ist dabei in der richtigen Höhe (in der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Alternativberechnung) berücksichtigt worden. Die hälftige Aufteilung der Kosten für die Wiederherstellung der Straße nach Abschluss der Kanalbauarbeiten auf die Kanalbau- und die Straßenausbaumaßnahme ist sachgerecht. Entgegen der Behauptung des Klägers kann keine Rede davon sein, dass die Straßenausbauarbeiten nur wegen der (punktuellen) Sanierungsarbeiten an den Abwasserrohren erforderlich gewesen sind.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte nicht gehindert gewesen ist, die Ausbaukosten, die auf die Forderung der Firma H. betreffend die Erschwerniszulage “Rechnungsposition 3.2.1.10 bis 40 Zulage Bitumenaufbruch/Packlage aufnehmen“ entfallen, in Höhe von 21.087,72 EUR nachträglich in die Berechnung des beitragsfähigen Aufwands im Rahmen der von ihr vorgelegten Alternativberechnung einzubeziehen, nachdem die Höhe der Forderung durch den vor dem Landgericht I. am 9. Februar 2015 geschlossenen Vergleich bestimmt worden ist. Denn eine Gemeinde ist beim Vorhandensein einer Straßenausbaubeitragssatzung grundsätzlich verpflichtet, entstandene Beitragsansprüche nach Maßgabe der Straßenausbaubeitragssatzung in vollem Umfang geltend zu machen (vgl. Rosenzweig/ Freese/von Waldthausen, NKAG, Kommentar, Stand: Februar 2016, § 6 Rn. 9, § 11 Rn. 66  m.w.N.; Driehaus, a.a.O., § 28 Rn. 23  m.w.N.). Insofern kann hier dahinstehen, ob die sachliche Beitragspflicht auch bei einem (Zivil-) Rechtsstreit um die Richtigkeit der Rechnung eines am Straßenausbau beteiligten Unternehmens mit Eingang der letzten Unternehmerrechnung - hier am 31. Januar 2013 - entsteht (so Bayerischer VGH, Beschluss vom 28.8.2014 - 6 ZB 14.481 - Rn. 7 in juris; Driehaus in Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand: Januar 2017, § 133 Rn. 25; Driehaus, Die sachliche Richtigkeit der letzten Unternehmerrechnung im Erschließungsbeitragsrecht, KStZ 2002, 61 ff.) oder ob in diesem Fall die sachliche Beitragspflicht erst nach rechtskräftiger Beendigung des Rechtsstreits - hier am 9. Februar 2015 - eintritt (so Senatsurteil vom 10.12.1970 - I A 96/69 - Die Gemeinde 1971, 100, 101; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 2.3.2001 - 2 L 142/00 - NordÖR 2001, 419). Denn nach beiden Auffassungen ist die Forderung der Firma H. in der bezeichneten Höhe in den beitragsfähigen Aufwand einzubeziehen. Nach der letztgenannten Auffassung ist erst mit der rechtskräftigen Bestimmung der “berechtigten“ Höhe der Forderung in dem abgeschlossenen Rechtsstreit die sachliche Beitragspflicht entstanden mit der Folge, dass der gesamte bis zu diesem Zeitpunkt entstandene beitragsfähige Aufwand, also auch die genannte Forderung der Firma H., zu berücksichtigen ist. Doch auch nach der erstgenannten Auffassung ist diese Forderung in ihrer “richtigen“ Höhe als zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht bereits bestehender beitragsfähiger Aufwand zu berücksichtigen. Denn zum einen hat die Forderung in Gestalt einer der bei der Beklagten eingegangenen Unternehmerrechnungen bereits zu dem nach dieser Auffassung maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung vorgelegen und zum anderen ist ihre “richtige“ Höhe zu diesem Zeitpunkt jedenfalls ermittelbar gewesen, was nach dieser Auffassung für die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht ausreichend ist (vgl. hierzu Driehaus, Die sachliche Richtigkeit der letzten Unternehmerrechnung im Erschließungsbeitragsrecht, KStZ 2002, 61, 62).

Der Einbeziehung der bezeichneten Forderung der Firma H. in den beitragsfähigen Aufwand kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass es sich bei dem vor dem Landgericht I. geschlossenen Vergleich um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Beitragspflichtigen, handele, da dieser Einwand unzutreffend ist. Denn ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter liegt nur dann vor, wenn durch ihn unmittelbar eine Rechtspflicht eines am Vertrag nicht beteiligten Dritten - ohne seine Autorisierung - entstehen soll (BGH, Urteil vom 29.6.2004 - VI ZR 211/03 - Rn. 11 in juris, und Beschluss vom 23.1.2003 - V ZB 48/02 - 2. Leitsatz in juris; Palandt, BGB, Kommentar, 75. Aufl., Einf. v. § 328 BGB Rn. 10). Durch den von der Beklagten und der Firma H. im Februar 2015 geschlossenen gerichtlichen Vergleich ist jedoch nicht unmittelbar eine Rechtspflicht eines Dritten begründet worden. Denn die Beitragspflicht der Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten ist nicht Gegenstand dieses Vergleichs gewesen. Die im Ergebnis für die Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigten belastende Wirkung des Vergleichsschlusses stellt lediglich einen rechtlich unbeachtlichen Reflex dar (vgl. BGH, Urteil vom 29.6.2004 - VI ZR 211/03 - Rn. 11 in juris; Palandt, a.a.O., Einf. v. § 328 Rn. 10).

Die Einbeziehung der Ausbaukosten, die auf die genannte Forderung der Firma H. entfallen, in den beitragsfähigen Aufwand widerspricht auch nicht dem Grundsatz der Erforderlichkeit. Danach ist der Ausbauaufwand nur insoweit beitragsfähig, als er dem Grunde und der Höhe nach erforderlich gewesen ist. Dies ist hier vom Verwaltungsgericht zutreffend bejaht worden. Allein aus dem Umstand, dass die Beklagte den Zivilrechtsstreit, dessen Ausgang angesichts der Ausführungen der Richterin am Landgericht in dem Verhandlungsprotokoll vom 28. November 2014 (Beiakte 006) völlig offen gewesen ist, nicht bis zu einer streitigen Entscheidung zu Ende geführt hat, kann entgegen der Auffassung des Klägers nicht geschlossen werden, dass diese (nur anteilig geltend gemachten) Ausbaukosten nicht erforderlich gewesen sind.

Auch der umlagefähige Aufwand ist von der Beklagten zutreffend ermittelt worden:

Im Hinblick hierauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Einschätzung der Beklagten bestätigt, dass es sich bei der F. straße um eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr handelt mit der Folge, dass der Anteil der Beklagten am beitragsfähigen Aufwand gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 SABS zu bestimmen ist. Das Verwaltungsgericht hat auf der Grundlage der im angefochtenen Urteil wiedergegebenen Rechtsprechung des Senats maßgeblich auf die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse abgestellt. Dabei hat es zutreffend u. a. die zentrale Lage der F. straße im Gesamtverkehrsnetz der Beklagten, aber auch den Umstand berücksichtigt, dass von den zahlreichen Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben sowie Arztpraxen an der F. straße ein erheblicher Ziel-und Quellverkehr ausgeht, der als Anliegerverkehr anzusehen ist. Auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Berufung, dass der Nicht-Anliegerverkehr in der F. straße über 50 % betrage, ist diese als Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr einzustufen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats liegt eine Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr vor, wenn die Anteile von Anliegerverkehr und Fremdverkehr zwischen 40 % und 60 % betragen. Erst bei einem Anteil des Fremdverkehrs von mehr als 60 % ist straßenausbaubeitragsrechtlich eine Durchgangsstraße anzunehmen (Senatsurteil vom 9.8.2016 - 9 LC 29/15 - 4. Leitsatz und Rn. 50 juris).

Die Bestimmung des Kreises der bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands berücksichtigungsfähigen Grundstücke durch die Beklagte begegnet keinen rechtlichen Bedenken, die die Berufung des Klägers zum Erfolg führen könnten:

Die Beklagte hat zu Recht das ein Buchgrundstück bildende Flurstück 220/307 nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen. Auch insoweit kann dahinstehen, ob die sachliche Beitragspflicht mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung bei der Beklagten am 31. Januar 2013 oder erst mit dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits mit der Firma H. am 9. Februar 2015 entstanden ist. Denn in jedem Fall ist die Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 “Nördlich des L.-weges“, nach der auf diesem Grundstück nunmehr die Bebauung mit einem Ärzte- und Gesundheitszentrum vorgesehen ist, erst nach der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht vom Rat der Beklagten beschlossen (2. Juni 2016) und im Amtsblatt bekannt gemacht worden (22. Juli 2016). Vor dieser Änderung enthielt der genannte Bebauungsplan für dieses Grundstück die Festsetzung “öffentliche Grünfläche“, so dass eine Bevorteilung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG ausscheidet (siehe hierzu Senatsurteile vom 2.2.2015 - 9 LB 132/15 - Rn. 31 in juris, vom 27.4.2010 - 9 LC 271/08 - Rn. 33 in juris und vom 22.1.1986 - 9 A 132/83-, Die Gemeinde, 1986, 209, 210).

Auch der Einwand des Klägers, dass das Verteilungsgebiet ferner deshalb fehlerhaft bestimmt worden sei, weil das Reihenhausgebiet auf der westlichen Seite der F. straße in dieses einbezogen worden sei, führt seine Berufung nicht zum Erfolg. Insofern kann dahinstehen, ob die genannten Reihenhausgrundstücke zu Recht in das Verteilungsgebiet einbezogen worden sind, wie dies das Verwaltungsgericht angenommen hat. Denn deren Einbeziehung verletzt den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. Durch die Erstreckung des Verteilungsgebiets auch auf die zahlreichen Reihenhausgrundstücke werden die Ausbaukosten auf erheblich mehr Beitragspflichtige verteilt. Würden diese Grundstücke nicht in das Verteilungsgebiet einbezogen, hätte dies zur Folge, dass der Beitrag für den Kläger deutlich steigen würde.

Bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands hat die Beklagte auch zutreffende Verteilungsmaßstäbe angewandt:

Die Grundstücksfläche ist entgegen der Auffassung des Klägers ein geeigneter Anknüpfungspunkt für den Verteilungsmaßstab der Beklagten nach § 5 SABS. Denn von einem größeren Grundstück wird entsprechend dem Maß der baurechtlich zulässigen Nutzung in der Regel eine höhere Inanspruchnahme der ausgebauten Straße ausgelöst als von einem kleineren Grundstück, was entsprechend der damit einhergehenden Steigerung des beitragsrelevanten Vorteils die Erhebung eines höheren Straßenausbaubeitrags rechtfertigt (Senatsbeschluss vom 17.2.2009 - 9 PA 299/08 -, Driehaus, a.a.O., § 36 Rn. 5).

Es begegnet entgegen der Ansicht des Klägers ferner keinen rechtlichen Bedenken, dass nach der Satzung der Beklagten als Zahl der Vollgeschosse bei Grundstücken, die ganz oder teilweise im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, die im Bebauungsplan festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse gilt (§ 6 Abs. 3 Nr. 1 a) SABS), während bei bebauten Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht, die aber ganz oder teilweise innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegen, die höchste Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse maßgeblich ist (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 a) SABS). Grundsätzlich ist für die Aufwandsverteilung zwar auf die zulässige Grundstücksnutzung abzustellen. In unbeplanten Gebieten kann es aber außerordentlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich sein kann, die zulässige Bebauung einer Beitragserhebung zu Grunde zu legen (BVerwG, Urteil vom 3.6.1971 - IV C 28.70 - Rn. 15 in juris, BVerwGE 38, 147 ). Deshalb ist in diesem Fall aus Gründen der Praktikabilität ein Abweichen von diesem Grundsatz zulässig, ohne dass sich daraus ein Verstoß gegen die Grundsätze der gleichmäßigen und vorteilsgerechten Heranziehung sowie der Beitragsgerechtigkeit nach Art. 3 Abs. 1 GG ergibt (so zum Straßenausbaubeitragsrecht: OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 6.11.2008 - 2 LA 27/08 - 2. Leitsatz und Rn. 18 in juris, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4.1.1994 - 6 A 11948/92 -, 1. Leitsatz und Rn. 23 f.; Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, NKAG, Kommentar, Stand: Februar 2016, § 6 Rn. 132 f.; Driehaus, a.a.O., § 36 Rn. 4, und zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urteile vom 3.6.1971, a.a.O., 2. Leitsatz und Rn. 15 in juris, und vom 16.2.1973 - IV C 52.71 -, BVerwGE 42, 17, 18 f.; Driehaus, a.a.O., § 18 Rn. 7).

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten für Eckgrundstücke, wie im Fall des Klägers, keine Eckgrundstücksvergünstigung vorsieht. Es liegt im Ermessen des örtlichen Satzungsgebers, ob er eine Eckgrundstücksvergünstigung für mehrfach erschlossene Grundstücke vorsieht oder ob er - wie hier - davon absieht. In der Regel entspricht der Vorteil, den die Eigentümer von mehrfach erschlossenen Grundstücken durch den Ausbau einer Straße haben, dem Vorteil der übrigen Anlieger der Straße. Insofern verstößt eine Gleichbehandlung beider Personengruppen regelmäßig weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Nur ausnahmsweise bei Bestehen besonderer Umstände ist die Annahme gerechtfertigt, der Ortsgesetzgeber hätte sein Satzungsermessen nur dann fehlerfrei ausgeübt, wenn er eine Eckgrundstücksvergünstigung normiert hätte (Senatsbeschlüsse vom 8.2.2010 - 9 ME 211/09 - und vom 20.9.2005    - 9 ME 365/04 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.6.1994 - 15 A 1011/92 - NVwZ-RR 1995, 52; Rosenzweig/Freese/von Waldthausen, a.a.O., § 6 Rn. 141; Driehaus, a.a.O., § 36 Rdn. 15 ff.). Derartige besondere Umstände sind hier weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO  i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.