VG Düsseldorf, Urteil vom 24.07.2003 - 23 K 8777/00
Fundstelle
openJur 2011, 24253
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger als Polizeibeamter des beklagten Landes zunächst bei der Autobahnpolizei der Bezirksregierung E eingesetzt. Mit Wirkung zum 1. Juni 2001 wurde er zur Autobahnpolizei der Bezirksregierung B versetzt.

Am 1. Dezember 1997 erlitt der Kläger im Rahmen einer Unfallaufnahme auf der Bundesautobahn 1 einen Verkehrsunfall, als er von einem nachfolgenden Fahrzeug erfasst wurde.

Mit Bescheid vom 7. August 1998 erkannte die Bezirksregierung E den Unfall als Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsgesetz an und stellte als Verletzungsfolgen ein Polytrauma, eine traumatische Densfraktur sowie eine traumatische Lungenkontusion fest.

Da der Kläger die Gewährung eines Unfallausgleichs beantragt hatte, veranlasste die Bezirksregierung E eine Begutachtung durch den Polizeiärztlichen Dienst. Regierungsmedizinaldirektor Dr. med. G erstattete unter dem 18. August 1999 ein fachchirurgisches Gutachten, in dem als Folgen des Unfalls auf chirurgischem Fachgebiet feststellt wurde:

ein Zustand nach Fraktur des 2. Halswirbelkörpers,

ein Zustand nach Deckplattenimpressionsfraktur des 6. und 7. Halswirbelkörpers,

eine mäßige Bewegungseinschränkung bei der Seitneigung des Kopfes nach links und rechts,

eine Kraftminderung des linken Armes,

eine Minderung des Muskelmantels im Bereich des linken Ober- und Unterschenkels, die röntgenologisch beschriebenen Veränderungen,

die glaubhaft dargestellten subjektiven Beschwerden.

Die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf chirurgischem Gebiet sei vor diesem Hintergrund unter Berücksichtigung der verbliebenen Funktionsstörung des linken Armes und des linken Beines (Muskelminderung, Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Fußgelenk) mit 30% anzunehmen. Des Weiteren übernahm Dr. G die im Gutachten der Neurologischen Klinik der Universität im St. K Hospital in C1 vom 12. Februar 1999 für die Polizeiversicherungsaktiengesellschaft -PVAG- als Unfallfolgen des erlittenen schweren Schädel-Hirn-Traumas bewerteten Beeinträchtigung und stellte unter Berücksichtigung der neurologischerseits festgestellten Unfallfolgen eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit in der Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 30. Juni 1998 von 100%, vom 1. Juli 1998 bis 31. Oktober 1998 von 80%, vom 1. November 1998 bis 20. Juli 1999 von 50% und in der Zeit vom 21. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 in Höhe von 40% fest. Nach Ablauf dieses Zeitraums sei eine Nachuntersuchung auf chirurgischem und neurologischem Fachgebiet zur Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer erforderlich. Auf die Feststellungen des Gutachtens im Übrigen wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 26. Juli 2000, der dem Kläger am 3. August 2000 ausgehändigt wurde, gewährte das beklagte Land entsprechend den polizeiärztlichen Feststellungen Unfallausgleich für die Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 30. Juni 1998 auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%, für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. Oktober 1998 auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80%, für die Zeit vom 1. November 1998 bis 20. Juli 1999 auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50% und für die Zeit vom 21. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40%.

Am 24. August 2000 erhob der Kläger unter Beifügung einer ärztlichen Bescheinigung seines Hausarztes, dem Internisten Dr. N aus E1, vom 21. August 2000 Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juli 2000 und machte geltend, nach Einschätzung seines Hausarztes, die von ihm geteilt werde, sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zum 31. August 1998 auf 100%, bis zum 31. März 1999 auf 80%, bis zum 20. Juli 1999 auf 50% und ab dem 21. Juli 1999 bis auf weiteres auf 40% festzusetzen.

In einer daraufhin durch die Bezirksregierung E eingeholten Stellungnahme führte Regierungsmedizinaldirektor Dr. G unter dem 27. September 2000 aus, es bestehe kein Anlass von der im Gutachten vom 18. August 1998 (richtig: 18. August 1999) festgelegten Minderung der Erwerbsfähigkeit abzuweichen. Sie entspreche der aus dem Krankheitsverlauf anzunehmenden Funktionsbeeinträchtigung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. November 2000 wies die Bezirksregierung E den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, eine Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit über den 31. Juli 2000 hinaus, sei nicht erfolgt, insoweit sei der Widerspruch unzulässig. Im Übrigen werde der Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes vom 27. September 2000 gefolgt.

Am 23. Dezember 2000 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung macht er geltend, da er nach seiner Entlassung aus stationärer Behandlung am 30. Juni 1998 weitere zwei Monate nicht in der Lage gewesen sei, den Dienst wieder aufzunehmen, habe eine 100%-ige Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens bis zum 31. August 1998 vorgelegen. In der Zeit vom 1. September 1998 bis 31. März 1999 sei die Wiedereingliederung in den Beruf in die Wege geleitet worden. Er, der Kläger, habe in seiner Stammdienststelle drei Mal monatlich einen Dienst von vier bis sechs Stunden verrichtet. Angesichts des Umstandes, dass ihm das Führen seines Kraftfahrzeuges nicht möglich gewesen sei und er auf Grund seines schlechten Allgemeinzustandes von seiner Ehefrau zum Dienst gebracht und dort auch wieder abgeholt worden sei, sei die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 80% angemessen beurteilt. Ab dem 1. April 1999 sei die Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 50% angemessen, da sich sein Allgemeinzustand verbessert habe und das Führen eines Kfz, nicht allerdings Einsatzfahrten mit dem Dienst-Kfz, erlaubt worden seien. Zur weiteren Begründung legt der Kläger noch eine ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. N vom 20. August 2002 vor, nach der eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30% als sicherlich zu niedrig veranschlagt angesehen wird und eine Gesamt-Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50% für gerechtfertigt gehalten wird, sowie ärztliche Bescheinigungen des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. I aus E1 vom 7. August und 3. September 2002. Dr. I bescheinigt unter dem 7. August 2002, dass im Gutachten der Neurologischen Klinik C1 die psychoorganischen Auffälligkeiten als Folge des Schädel-Hirn-Traumas nicht ausreichend gewürdigt worden seien und nicht ausreichend auf die reaktive depressive Symptomatik, den Partnerkonflikt und letztlich die Trennung des Klägers von seiner Ehefrau eingegangen worden sei. Diese Feststellungen werden in der Bescheinigung vom 3. September 2002 dahingehend ergänzt, dass bei nicht ausreichend gewürdigter depressiver Symptomatik, Partnerkonflikt und Trennung von der Ehefrau eine Minderung der Erwerbsfähigkeit auf neurologischpsychiatrischem Fachgebiet mit 30% sicher als zu gering eingestuft wurde. Darüber hinaus seien auch die Funktionsstörungen auf chirurgischem Fachgebiet mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10% zu gering bewertet, da die physische Beeinträchtigung durch die chirurgischen Unfallfolgen nicht berücksichtigt seien.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E vom 26. Juli 2000 und des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 28. November 2000 zu verpflichten, ihm für den Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. August 1998 einen Unfallausgleich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%, für den Zeit vom 1. November 1998 bis 31. März 1999 einen Unfallausgleich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80% und für den Zeit vom 21. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 einen Unfallausgleich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50% zu gewähren.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen,

da aus den vom Kläger angeführten Gründen keine Rückschlüsse auf die Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit möglich seien. Des Weiteren werde die Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch nicht durch die vorgelegten privatärztlichen Atteste in Frage gestellt, da für die Einschätzung der unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von der individuellen Erwerbsfähigkeit auszugehen sei, die sich nicht auf den ausgeübten Beruf, sondern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt beziehe.

Mit fachchirurgischem Gutachten vom 21. August 2001 nahm Regierungsmedizinaldirektor Dr. G zur Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer ab dem 1. August 2000 Stellung. Gestützt auf ein durch die Neurologische Klinik der Universität im St. K-Hospital C1 erstelltes neurologisch/neuropsychologisches Gutachten vom 7. Juli 2001 und eine ambulante klinische Untersuchung am 17. April 2001 schätzte er die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers entsprechend einem Hirnschaden mit geringer Leistungsbeeinträchtigung auf 30% ein, die Minderung der Erwerbsfähigkeit auf chirurgischem Gebiet unter Berücksichtigung der Verbesserung der Funktionsstörungen auf 10%. Eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer ab dem 1. August 2000 nahm er in Höhe von 30% an.

Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2003 teilte der Kläger mit, dass das Versorgungsamt E1 durch Bescheid vom 3. April 2003 einen Grad der Behinderung von 70% ab 1. April 2003 festgestellt habe und mitgeteilt habe, dass abweichend von den gültigen Eintragungen unter "Ausweisinhalt" mit dem Ausweis für die Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 20. Mai 2001 ein Grad der Behinderung von 100% und bis zum 31. März 2003 von 60 nachgewiesen werden könne. Weiter legte der Kläger mit gleichem Schriftsatz noch das ärztliche Gutachten zum Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz vom 5. März 2003 vor, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid der Bezirksregierung E vom 26. Juli 2000 und der Widerspruchsbescheid vom 28. November 2000 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung eines Unfallausgleiches für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. August 1998 unter Zugrundelegung eines Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%, in der Zeit vom 1. November 1998 bis 31. März 1999 unter Zugrundelegung eines Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80% und in der Zeit vom 21. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 unter Zugrundelegung eines Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50%, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-.

Gemäß § 35 Abs. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz -BeamtVG) erhält ein Beamter Unfallausgleich, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge eines Dienstunfalles länger als sechs Monate wesentlich beschränkt ist. Eine wesentliche Beschränkung der Erwerbsfähigkeit ist dabei anzunehmen, wenn die auf dem Dienstunfall beruhende Minderung der Erwerbsfähigkeit mindestens 25% beträgt. Der Unfallausgleich wird in der Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 bis 4 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gewährt.

Zwar hat der Kläger vorliegend am 1. Dezember 1997 einen Unfall erlitten, der mit Bescheid der Bezirksregierung E vom 7. August 1998 als Dienstunfall im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes anerkannt worden ist, wobei als Verletzungsfolgen ein Polytrauma, eine traumatische Densfraktur sowie eine traumatische Lungenkontusion festgestellt wurden. Diese festgestellten Dienstunfallfolgen führen zur Überzeugung des Gerichts in den streitgegenständlichen Zeiträumen aber nicht zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in dem vom Kläger erstrebten Ausmaß.

Die dahingehende Überzeugung des Gerichts beruht im Wesentlichen auf den gutachterlichen Feststellungen durch Regierungsmedizinaldirektor Dr. G vom Polizeiärztlichen Dienst vom 18. August 1999. Den Ausführungen des Gutachters zufolge bestanden im Begutachtungszeitpunkt als Folge des am 1. Dezember 1997 erlittenen Unfalls auf chirurgischem Fachgebiet ein Zustand nach Fraktur des 2. Halswirbelkörpers, ein Zustand nach Deckplattenimpressionsfraktur des 6. und 7. Halswirbelkörpers, eine mäßige Bewegungseinschränkung bei der Seitneigung des Kopfes nach links und rechts, eine Kraftminderung des linken Armes, eine Minderung des Muskelmantels im Bereich des linken Ober- und Unterschenkels und eine Funktionsstörung im Bereich des oberen und unteren Sprunggelenkes. Ferner sei röntgenologisch in Seitansicht eine deutliche Steilstellung der oberen Halswirbelsäule bei ansonsten unauffälligem lordotischem Verlauf, sowie ein Einbruch der Deckplatten des 6. und 7. Halswirbelkörpers mit deutlichen Sklerosierungszeichen im Sinne einer stattgehabten Impression nachweisbar. Die subjektiv empfundenen Beschwerden, ein Zittern in der linken Hand, eine Schwäche im linken Arm, ein falsches Aufsetzen des linken Beines mit einer Muskelschwäche und gelegentliche Konzentrationsschwächen seien glaubhaft. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen nahm der Gutachter auf chirurgischem Gebiet im Begutachtungszeitpunkt unter Berücksichtigung der verbliebenen Funktionsstörung des linken Armes und des linken Beines (Muskelverminderung, Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Fußgelenk) eine Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 30% an. Unter Berücksichtigung der neurologischerseits festgestellten Unfallfolgen ermittelte der Gutachter die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit für den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 30. Juni 1998 in Höhe von 100%, für den Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 31. Oktober 1998 in Höhe von 80%, für den Zeitraum vom 1. November 1998 bis 20. Juli 1999 in Höhe von 50% und für den Zeitraum vom 21. Juli 1999 bis 31. Juli 2000 in Höhe von 40%. Hinsichtlich der neurologischen Unfallfolgen stützt sich der Gutachter auf das neurologisch/neuropsychologische Gutachten der Neurologischen Klinik der Universität im St. K Hospital in C1 vom 12. Februar 1999, in dem als Unfallfolgen des erlittenen schweren Schädel-Hirn-Traumas eine hirnorganisch zu erklärende Persönlichkeitsveränderung in Kombination mit einer leichteren allgemeinen kognitiven Einschränkung, eine rein motorische Hemiparese links mit einer Steigerung der linksseitigen Muskeleigenreflexe, eine dystone Fusshaltung links mit fehlendem Abrollen des Fußes beim Laufen sowie eine Feinmotorikstörung der linken Hand festgestellt werden.

Gründe, diesem Gutachten nicht zu folgen sind nicht ersichtlich. Das vorliegende Gutachten ist klar, vollständig und nicht in sich widersprüchlich. Es bietet keinen Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Sachverständigen. Das erstellte Gutachten ist vielmehr von Sachkunde geprägt und überzeugt nach Inhalt, Methodik und Durchführung der Erhebungen. Die Folgerungen des Sachverständigen beruhen auf eigenen medizinischen Erkenntnissen sowie auf Befunden, die in nachprüfbarer Weise in dem Gutachten selbst angegeben sind. Insoweit reicht das Gutachten aus um das Gericht in die Lage zu versetzen, die Frage der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers sachkundig zu beurteilen.

Die Aussagekraft des fachorthopädischen Gutachtens wird nicht durch die vom Kläger beigebrachten ärztlichen Bescheinigungen in Frage gestellt.

Dies folgt für die von Herrn Dr. N unter dem 21. August 2000 ausgestellte Bescheinigung bereits daraus, dass die pauschale zum Teil von den behördlichen Festsetzungen abweichende Bestimmung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht geeignet ist , das differenzierte Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes zu widerlegen oder ernsthaft zu erschüttern.

Hinsichtlich der weiteren im Klageverfahren beigebrachten Bescheinigung des Herrn Dr. N vom 20. August 2002, ist aus Sicht des Gerichts bereits zweifelhaft, ob diese sich auf die im vorliegenden Verfahren streitige Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitraum 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000 bezieht. Denn Herr Dr. N führt nach detaillierter Wiedergabe der aus dem Unfall resultierenden organpathologischen Veränderungen und der neurologischen/psychiatrischen Defizite aus, auf Grund der Erkrankungen, die die Berufstätigkeit des Patienten doch ganz erheblich einschränkten (der Patient sei nur noch im Innendienst der Polizei einsetzbar), sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30% sicherlich zu niedrig veranschlagt, er halte eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit von 50% für gerechtfertigt. Da in dem Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes vom 21. August 2001 eine Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer ab dem 1. August 2000 in Höhe von 30% angenommen wird, in dem Gutachten vom 18. August 1999 bezogen auf den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000 aber nach Zeiträumen differenzierte Feststellungen getroffen werden, liegt es aus Sicht des Gerichts nahe, dass die vorgenannte ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. N auf das Gutachten zur Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer Bezug nimmt.

Aber auch unter Außerachtlassung dieser Bedenken vermag die Bescheinigung des Herrn Dr. N vom 20. August 2002 die Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes aus folgenden Erwägungen nicht zu erschüttern: Maßgebend für die Bestimmung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist, inwieweit die vor dem Dienstunfall bestehende Fähigkeit des Beamten, die mit 100 v.H. anzusetzen ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - und nicht im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit - einem wirtschaftlichen Erwerb nachzugehen, durch den Dienstunfall gemindert ist.

Vgl.: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, Erl. 7 zu § 35.

Mithin sind allein entscheidend die Auswirkungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit allgemeinen Erwerbsleben, wohingegen besondere Auswirkungen auf die Art der Dienstleistung des Beamten unberücksichtigt bleiben. Wie aus dem letzten Absatz der vorerwähnten Bescheinigung folgt, wird dieser Maßstab nicht angewandt, vielmehr stellt Herr Dr. N wesentlich auf den Umstand ab, dass der Kläger seinem Beruf als Polizeibeamter nicht mehr uneingeschränkt nach gehen kann. Des Weiteren vermag die Bescheinigung vom 20. August 2002 die Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes auch insofern nicht in Frage zu stellen, als Herr Dr. N in keiner Weise begründet, auf Grund welcher Feststellungen und Erwägungen er eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 50% für gerechtfertigt hält. Ferner bleibt auch völlig offen, für welchen Zeitraum eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 50% angenommen wird, dies umso mehr, als der Kläger selbst für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 31. August 1998 und vom 1. November 1998 bis 31. März 1999 einen Unfallausgleich unter Zugrundelegung einer 50% übersteigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit begehrt.

Des Weiteren vermögen auch die ärztlichen Bescheinigungen vom 7. August und 3. September 2002, ausgestellt durch den Neurologen und Psychiater Dr. I, die gutachterlichen Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes nicht in Frage zu stellen.

Zur Überzeugung des Gerichts bezieht sich die Bescheinigung vom 3. September 2002 nicht auf die Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000. Dies folgt offensichtlich aus den Ausführungen zur Berücksichtigung der Unfallfolgen auf chirurgischem Fachgebiet. Herr Dr. I erläutert insoweit, die Funktionsstörungen auf chirurgischem Fachgebiet seien mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10% zu gering eingestuft und berücksichtigten nicht die rein physischen Beeinträchtigungen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 10% auf chirurgischem Fachgebiet legt auch das polizeiärztliche Gutachten vom 21. August 2001 zur Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer zu Grunde. Demgegenüber geht das Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes vom 18. August 1999, das den hier streitgegenständlichen Zeitraum betrifft, von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auf chirurgischem Gebiet unter Berücksichtigung der verbliebenen Funktionsstörung des linken Armes und des linken Beines von 30% aus. Die von Herrn Dr. I in seiner Stellungnahme vom 3. September 2002 in Frage gestellte Bewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf neurologischpsychiatrischem Fachgebiet mit 30% findet sich ebenfalls nicht in dem der Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Zeit zu Grunde liegenden Gutachten vom 18. August 1999, sondern nur in dem polizeiärztlichen Gutachten vom 21. August 2001 zur Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer.

Ungeachtet dessen vermag die Bescheinigung vom 3. September 2002 die Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes auch deshalb nicht in Frage zu stellen, als nicht berücksichtigt wird, dass im Rahmen des § 35 Abs. 1 BeamtVG allein den Auswirkungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben Rechnung getragen wird, es also nicht darauf ankommt, ob der Kläger unfallbedingt nicht in der Lage ist, eine Partnerschaft fortzusetzen.

Aus Sicht des Gerichts erscheint es weiter auch zweifelhaft, ob sich die von Herrn Dr. I unter dem 7. August 2002 erstellte Bescheinigung auf die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000 bezieht. Diese Zweifel gründen darin, dass die Bescheinigung vom 3. September 2002, die sich nach vorstehenden Ausführungen nicht auf die Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000 bezieht, diejenige vom 7. August 2002 ergänzt (vgl. Satz 1 der Bescheinigung vom 3. September 2002), was nahe legt, dass Gegenstand auch der Ausführungen in der Bescheinigung vom 7. August 2002 die Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auf Dauer ist.

Aber auch unter Außerachtlassung dieser Bedenken kann die Bescheinigung vom 7. August 2002 die gutachterlichen Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes nicht erschüttern. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass sich die Einwendungen allein gegen das in das Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes einbezogene Gutachten der Neurologischen Klinik der Universität im St. K Hospital C1 richten. Es bleibt unklar inwieweit damit auch die Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes zur Minderung der Erwerbsfähigkeit angegriffen werden, da zwar die gutachterlichen Feststellungen der Neurologischen Klinik der Universität im St. K Hospital in das Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes einbezogen werden, die Minderung der Erwerbsfähigkeit aber auf Grund eigenständiger Bewertung der chirurgischen und neurologischen Unfallfolgen erfolgte. Im Übrigen verkennt Herr Dr. I, indem er bemängelt, auch hier, dass der Partnerkonflikt des Klägers und seine Trennung von der Ehefrau nicht ausreichend berücksichtigt wurden, dass im Rahmen des § 35 Abs. 1 BeamtVG allein den Auswirkungen der Minderung der Erwerbsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben Rechnung getragen wird.

Das ärztliche Gutachten zum Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz vom 5. März 2003 nimmt Stellung zum Gesundheitszustand des Klägers im Zeitpunkt der Begutachtung und vermag daher die sich auf den Zeitraum vom 1. Dezember 1997 bis 31. Juli 2000 beziehenden Feststellungen des polizeiärztlichen Dienstes nicht in Frage zu stellen. Die Festsetzung des Grades der Behinderung von 100 in der Zeit vom 1. Dezember 1997 bis 20. Mai 2001 und von 60 in der Zeit vom 21. Mai 2001 bis 31. März 2003 wird zudem in keiner Weise nachvollziehbar begründet.

Der Einwand des Klägers, er sei nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung weitere zwei Monate nicht in der Lage gewesen, den Dienst wiederaufzunehmen, ist im Hinblick auf die erstrebte höhere Festsetzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht hinreichend substantiiert, um die gutachterlichen Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes in Frage zu stellen. Gleiches gilt auch für die Einwendung, er - der Kläger - sei zu Beginn der Wiedereingliederung auf Grund seines schlechten Allgemeinzustandes nicht in der Lage gewesen, ein Fahrzeug zu führen, sodass ihn seine Ehefrau zum Dienst habe bringen bzw. dort wieder abholten müssen.

Angesichts der vorstehend aufgezeigten Umstände besteht für das Gericht auch keine Veranlassung, von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Dies wäre nur dann geboten, wenn die vorhandenen Gutachten nicht klar, unvollständig oder widersprüchlich sind, Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Sachverständigen bestehen oder wenn es sich um besonders schwierige medizinische Fragen handelt, die umstritten sind.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es besteht kein Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unvoreingenommenheit des Gutachters. Wie bereits ausgeführt, überzeugt das vorliegende Gutachten nach Inhalt, Methodik und Durchführung der Erhebungen. Die Folgerungen des Sachverständigen beruhen auf eigenen medizinischen Erkenntnissen sowie auf Befunden, die in nachprüfbarer Weise in dem Gutachten selbst angegeben sind.

Der Kläger kann schließlich auch kein für ihn günstiges Ergebnis aus dem Umstand ableiten, dass das Versorgungsamt E1 durch Bescheid vom 3. April 2003 ab 1. April 2003 einen Grad der Behinderung von 70 festgestellt hat und weiter mitgeteilt hat, abweichend von den gültigen Eintragungen unter "Ausweisinhalt" könne mit dem Ausweis ab 1. Dezember 1997 bis 20. Mai 2001 ein Grad der Behinderung von 100 und bis 31. März 2003 ein Grad der Behinderung von 60 nachgewiesen werden. Insoweit gilt zunächst, dass der Bescheid des Versorgungsamtes E1 nach dem mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 28. November 2000 erfolgten Abschluss des Verwaltungsverfahrens ergangen ist und deshalb keine Berücksichtigung mehr finden konnte. Denn bei Fragen des Unfallausgleichs setzt die verwaltungsgerichtliche Kontrolle bei dem Sachverhalt an, der sich der Behörde im Zeitpunkt ihrer letzten Entscheidung dargeboten hat,

vgl.: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 8. Februar 1994 - 6 A 2089/91 -, Schütz, BeamtR ES/C II 3.4 Nr. 6.

Hinzu kommt, dass es an der inhaltlichen Gleichheit der Tatbestandsmerkmale "Minderung der Erwerbsfähigkeit" in § 35 BeamtVG und "Grad der Behinderung" nach § 69 SGB X fehlt,

vgl.: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. September 2000 - 2 C 27.99 -, BVerwGE 112, 92-98, zu § 35 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BeamtVG 1987 und § 4 Abs. 1 und 3 SchwbG 1986.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.