OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.06.2016 - 1 B 321/16
Fundstelle
openJur 2017, 395
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 10 L 2354/15
Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird für das Verfahren zweiter Instanz auf 9.557,31 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat ist bei der durch die Beschwerde veranlassten Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit es um deren Abänderung geht, auf die Prüfung der vom Rechtsmittelführer fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO). Diese Gründe rechtfertigen es nicht, dem mit der Beschwerde weiter verfolgten Antrag des Antragstellers zu entsprechen,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu untersagen, im Rahmen der Beförderungsrunde nach Besoldungsgruppe A 9_vz auf der Beförderungsliste "DTTS" die mit "sehr gut Basis" beurteilten (namentlich benannten 46) Konkurrenten zu befördern, solange nicht über seine Beförderung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem angefochtenen Beschluss ausgeführt, es sei auch unter Berücksichtigung der Mängel der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers für diesen realistischerweise nicht möglich, in einem neuen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden.

Was der Antragsteller dagegen vorbringt, rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Das betrifft zunächst die gegen die Rechtmäßigkeit seiner eigenen dienstlichen Beurteilung vom 14./19. Januar 2015 erhobenen Einwände.

a) Der Antragsteller rügt zunächst, das Verwaltungsgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass seine durchgehende höherwertige Beschäftigung in seiner dienstlichen Beurteilung nicht angemessen berücksichtigt worden sei.

Dies trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, die Beurteilerinnen hätten verkannt, dass der Antragsteller durchgehend höherwertig eingesetzt gewesen sei (Seite 3 unten des Beschlussabdrucks). Es hat weiter festgestellt, dass die Beurteilerinnen die höherwertige Tätigkeit des Antragstellers gleichwohl grundsätzlich berücksichtigt hätten, nur nicht vollständig und hinreichend (Seite 4 Mitte des Beschlussabdrucks). Daraus hat das Verwaltungsgericht gefolgert (Seite 9 unten des Beschlussabdrucks), der Antragsteller habe bei einer Neubeurteilung keine realistische Chance, statt seiner bisherigen Gesamtnote "Rundum Zufriedenstellend" mit dem Ausprägungsgrad "++" die Gesamtnote "Sehr gut" mit dem Ausprägungsgrad "Basis" zu erhalten, die auf einer Skala von insgesamt sechs Gesamtnotenstufen und achtzehn Ausprägungsgraden zwei Gesamtnotenstufen und vier Ausprägungsgrade höher liegt.

Der Senat teilt diese Einschätzung auch unter Berücksichtigung der Einwände des Antragstellers. Zwar lässt der bloße Hinweis in der Begründung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung "Dies ["teilweise" höherwertige Beschäftigung] wird bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt" nicht erkennen, mit welchem Gewicht und in welcher Weise diese Berücksichtigung im konkreten Fall bei der Zuordnung bestimmter Einzelnoten und/oder des Gesamturteils stattgefunden hat. Auch ist die höherwertige Tätigkeit grundsätzlich bei allen Einzelkriterien in den Blick zu nehmen; Abweichendes ist zu erläutern.

Vgl. dazu z. B. OVG NRW, Beschluss vom 5. April 2016 - 1 B 1513/15 -, juris, Rn. 16 ff., m. w. N.

Da die ausgeübte Tätigkeit des Antragstellers lediglich eine Stufe (A 9) über seinem Statusamt (A 8) lag, hält der Senat es jedoch für ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei einer angemessenen Berücksichtigung seiner höherwertigen Tätigkeit in einer neuen Beurteilung um zwei Gesamturteilsstufen von sechs - dies wäre insoweit ein Drittel der Notenskala - bzw. vier von insgesamt achtzehn Ausprägungsgraden besser zu bewerten wäre.

b) Der Antragsteller hält seine Beurteilung weiter für rechtswidrig, weil die Stellungnahme zur dienstlichen Beurteilung von Herrn X. betreffend den Zeitraum vom 15. September 2011 bis zum 31. August 2012 nicht auf einer hinreichenden Tatsachengrundlage beruhe. Herr X. sei nicht die damals unmittelbare Führungskraft des Antragstellers gewesen, habe keine hinreichenden eigenen Erkenntnisse über die Leistungen des Antragstellers gehabt und sei von einer falschen Aufgabenbeschreibung ausgegangen. Ferner macht der Antragsteller auch unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Januar 2016 - 2 A 1.14 -, IÖD 2016, 110 = juris, Rn. 25 f., geltend, dass die Antragsgegnerin anstelle der Äußerung des Herrn X. einen Beurteilungsbeitrag des im Ruhestand befindlichen früheren unmittelbaren Vorgesetzten, Herrn X1. , hätte einholen müssen.

Dieser Vortrag führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Denn unabhängig davon, ob und inwiefern diese Einwände die auf den Beurteilungsbeitrag des Herrn X. bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Nr. 2 a) des Beschlussabdrucks in Frage stellen, zeigt die Beschwerde nicht auf, dass der Antragsteller entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts im Falle einer neuerlichen Auswahlentscheidung nicht chancenlos wäre. Der Beurteilungsbeitrag des Herrn X. deckt elfeinhalb Monate des fünfundzwanzigeinhalb Monate (15. September 2011 bis 31. Oktober 2013) umfassenden Beurteilungszeitraums ab. Die in den elfeinhalb Monaten gezeigten Leistungen des Antragstellers müssten demnach in ganz besonderer Weise hervorstechend gewesen sein, um über den gesamten Beurteilungszeitraum betrachtet eine Leistungsbewertung plausibel darzustellen, die um vier Ausprägungsgrade höher liegt als die derzeit erreichte bzw. die zumindest in die Nähe einer solchen Bewertung gelangt. Eine derartige Leistung behauptet bereits der Antragsteller nicht. Es kommt hinzu, dass dem Antragsteller nach der derzeitigen Reihenfolge der Beförderungsaspiranten insgesamt ca. 900 Beamte vorgehen. Unabhängig von den im Antrag namentlich erwähnten 46 Konkurrenten sind dies 110 Beamte, die ebenfalls mit der Gesamtnote "sehr gut Basis" benotet, aber mit Blick auf den Zeitpunkt ihrer letzten Beförderung noch nicht zum Zuge gekommen sind, sowie weitere fast 800 Beamte, die mindestens mit der Note "gut Basis" und damit immer noch besser als der Antragsteller beurteilt worden sind. Es erscheint nach der Lebenserfahrung aber ausgeschlossen bzw. allenfalls theoretisch denkbar, dass der Antragsteller bei erneuter Auswahlentscheidung an dem weitaus überwiegenden Teil all dieser Beamten "vorbeiziehen" könnte, angesichts dessen, dass er zwar hinsichtlich einzelner Beurteilungen der 46 namentlich benannten Konkurrenten Einwände erhebt, die auf die Rechtswidrigkeit dieser Beurteilungen führen könnten, das Beschwerdevorbringen aber keine dem Beurteilungssystem oder -verfahren insgesamt anhaftenden Fehler erkennen lässt.

c) Soweit der Antragsteller schließlich meint, seine dienstliche Beurteilung sei nicht hinreichend plausibilisiert, setzt er im Wesentlichen seine eigene Bewertung seiner Leistungen der Einschätzung der Beurteilerinnen entgegen. Dies hat das Verwaltungsgericht auf Seite 8 und 9 oben des Beschlussabdrucks zutreffend ausgeführt. Bei der Frage, welche Formulierungen in den Freitexten der Beurteilung auf welche Einzelnote hindeuten, steht den Beurteilern und den Verfassern der Stellungnahmen ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Spielraum zu. Dass dieser hier überschritten sein könnte oder die Texte uneinheitlich verwendet worden sein könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Der allgemeine Hinweis darauf, Konkurrenten hätten bei vergleichbaren Freitexten bessere Noten erhalten, genügt dafür nicht.

2. Weiter macht der Antragsteller Mängel in den dienstlichen Beurteilungen seiner Konkurrenten geltend. Dies führt jedoch wegen der Vielzahl der dem Antragsteller vorgehenden Beamten sowie des Umstandes, dass das Beschwerdevorbringen keine dem Beurteilungssystem oder -verfahren anhaftenden grundsätzlichen Mängel aufzeigt (vgl. unter 1.b)) nicht zum Erfolg der Beschwerde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG nach einem Viertel der fiktiv an den Antragsteller für die in Rede stehende Stelle (hier: A 9, Stufe 8) im Kalenderjahr 2016 an Beamte der Postnachfolgeunternehmen zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsbezügen abhängen. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([12 x 3.185,77 Euro] : 4).

Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.