Brandenburgisches OLG, Urteil vom 30.11.2016 - 4 U 86/16
Fundstelle
openJur 2017, 1173
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 29.04.2016 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ... aufgrund ihres Widerrufs vom 9.09.2014 nur verpflichtet ist, an die Beklagte einen Betrag von 22.781,33 € nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % p.a. ab dem 02.08.2016 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.474,89 € zu zahlen.

Auf die Hilfswiderklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 22.781,33 € nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % p.a. seit dem 02.08.2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Freigabe der im Grundbuch von M... des Amtsgerichts Köln, Blatt ..., in Abt. III lfd. Nr. 6 eingetragenen Grundschuld im Nennwert von 57.019,00 € in Höhe eines erstrangigen Teilbetrages von 43.000,00 €.

Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung der Klägerin insgesamt werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden zu 74 % der Klägerin und zu 26 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt festzustellen, dass sie nach am 9.09.2014 erklärtem Widerruf des am 22./24.08.2008 geschlossenen Darlehensvertrages nur noch zur Zahlung von 21.406,15 € verpflichtet ist, hilfsweise festzustellen, dass der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt ist. Ferner nimmt sie die beklagte Bank auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Die Beklagte verlangt mit ihrer Hilfswiderklage Zahlung von 25.152,40 € nebst Vertragszinsen von 5,48 % seit dem 2.03.2016.

Die Beklagte wandte gegen ihre Inanspruchnahme im Wesentlichen ein, die verwendete Belehrung habe dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen, allenfalls redaktionelle und marginale Abweichungen hiervon enthalten, die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für sich in Anspruch. Ein etwaig fortdauerndes Widerrufsrecht sei verwirkt, seine Ausübung jedenfalls rechtsmissbräuchlich.

Für den Fall des wirksamen Widerrufs stünde ihr ein Anspruch auf Erstattung des Darlehenskapitals zuzüglich Wertersatz in Höhe der vereinbarten Darlehenszinsen auch über den Zeitpunkt der Widerrufserklärung hinaus zu. Die Kläger könnten die geleisteten Zahlungen zurückverlangen, Nutzungswertersatz stünde ihnen indes nur in Höhe des für grundpfandrechtlich gesicherte Kredite üblichen Verzugszinses von 2,5 % über Basiszinssatz zu.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Das Landgericht gab dem Zahlungsbegehren der Klägerin vollständig statt und stellte fest, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag nur zur Zahlung eines Betrages von 21.406,15 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens 5,48 % seit dem 16.03.2016 verpflichtet sei; auf die Hilfswiderklage verurteilte es die Klägerin zur Zahlung in entsprechender Höhe. Im Übrigen wies es Klage und Widerklage ab. Zur Begründung führte es aus, die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht zu laufen begonnen. Die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV komme der Beklagten nicht zugute, denn sie habe kein Formular verwendet, das der Musterbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entsprochen habe. Das Widerrufsrecht sei weder verwirkt, noch sei seine Ausübung rechtsmissbräuchlich.

Die Berechnung der einander zurückzugewährenden Leistungen erfolge nach den §§ 357 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. Der Darlehensnehmer könne seine erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen zurückverlangen, die sich vorliegend bis zum Widerruf auf 16.463,22 € und danach auf 8.909,54 € beliefen. Der Gebrauchsvorteil der beklagten Bank sei bei einem Immobilienkredit wie dem vorliegenden mit dem für diese Kreditart üblichen Verzugszins von 2,5 Prozentpunkten anzusetzen, mithin mit 937,70 €, so dass sich eine Summe von 26.310,46 € errechne. Die Klägerin habe der Beklagten den an sie ausgezahlten Nettokreditbetrag zurückzugewähren und Wertersatz für den Gebrauchsvorteil, hier in Höhe des Vertragszinses, auf den jeweils tatsächlich überlassenen Teil der Darlehensvaluta zu leisten. Für die Zeit nach Eintritt des Annahmeverzuges bzw. Ablehnung der Rückabwicklung stehe der Beklagten gemäß § 301 BGB kein Zinsanspruch mehr zu. Für die Beklagte ermittele sich ein Anspruch von 47.716,61 €.

Infolge der mit Schriftsatz vom 09.03.2016 erklärten Aufrechnung der beklagten Bank ergebe sich zu deren Gunsten ein Saldo von 21.406,15 €, dieser Betrag sei gemäß §§ 291 Abs. 1, 286 Abs. 1, 503 Abs. 2 BGB mit 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz - höchstens jedoch mit 5,48 % (§ 308 ZPO) - zu verzinsen. Ob ein etwaiger Nutzungsersatzanspruch einen dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden steuerpflichtigen Kapitalertrag darstelle, könne offen bleiben, denn aufgrund der Aufrechnung verbleibe ohnehin nur noch ein Anspruch der beklagten Bank.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien gemäß § 280 Abs. 1 BGB von der Beklagten zu erstatten, denn sie habe den wirksamen Widerruf pflichtwidrig zurückgewiesen.

Die Hilfswiderklage sei zulässig und aus den vorgenannten Gründen im tenorierten Umfang begründet.

Gegen dieses Urteil richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin.

Die Klägerin hält daran fest, dass der Nutzungswertersatz der Klägerin um die Kapitalertragssteuer zu kürzen sei. Der Zurückweisung des Widerrufs komme keine rechtliche Bedeutung zu und ein Annahmeverzug liege ebenfalls nicht vor.

Die Beklagte beantragt unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 29.04.2016,

1. festzustellen, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ... aufgrund ihres Widerrufs vom 9.09.2014 verpflichtet ist, an die Beklagte einen Betrag i.H.v. 22.977,16 € nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % seit dem 2.08.2016 zu zahlen,

2. auf die Hilfswiderklage hin die Klägerin zu verurteilen, an sie - die Beklagte - 22.977,16 € nebst Zinsen i.H.v. 5,48 % seit dem 2.08.2016 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und im Wege der Anschlussberufung, unter Abänderung des vorgenannten Urteils

1. festzustellen, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag mit der Nummer ... aufgrund ihres Widerrufs vom 9.09.2014 per 24.10.2016 nur verpflichtet ist, an die Beklagte einen Betrag i.H.v. 19.152,97 € nebst Zinsen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens 5,48 % p.a., aus 21.406,15 € seit dem 16.03.2016 zu zahlen,

2. auf die Hilfswiderklage hin die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte einen Betrag von 19.152,97 € nebst Zinsen i.H.v. 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, höchstens 5,48 % p.a., aus 21.406,15 € seit dem 16.03.2016 Zug um Zug gegen Freigabe der im Grundbuch von M... des Amtsgerichts Köln, Blatt ... eingetragenen Grundschuld i.H.v. 57.019,00 € zu zahlen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil in Bezug auf die Ausführungen zum Annahmeverzug der Beklagten. Sie erklärt hilfsweise die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.264,40 €, der daraus resultiere, dass die Beklagte zu Unrecht ihren Widerruf zurückgewiesen habe. Hierdurch sei ihr insofern ein Schaden entstanden, als sie zum Zeitpunkt des Widerrufs kein marktübliches Darlehen habe annehmen können.

Zu ihrer Anschlussberufung macht sie geltend, das Landgericht habe zu Unrecht keinen Zug-um-Zug-Vorbehalt in Bezug auf die Sicherungsgrundschuld ausgesprochen überdies seien die - insoweit unstreitig - weiteren, bis einschließlich 1.08.2016 geleisteten Darlehensraten bei dem geschuldeten Betrag zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

In Bezug auf die Grundschuld sei die Klägerin vorleistungspflichtig. Der nunmehr geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei schon nicht schlüssig dargetan, jedenfalls bestreite mit Nichtwissen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Zurückweisung des Widerrufs ein Darlehen zum behaupteten Zinssatz von 2,44 % p.a. hätte aufnehmen können.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Berufung und Anschlussberufung sind zulässig. In der Sache haben beide Rechtsmittel nur teilweise, im tenorierten Umfang Erfolg.

1.

Es bestehen Bedenken in Bezug auf das Rechtschutzbedürfnis des mit der Klage verfolgten Feststellungsantrages, gerichtet darauf festzustellen, dass die Klägerin aufgrund des Widerrufs lediglich verpflichtet sei, einen bestimmten Betrag zu zahlen.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entfällt das rechtliche Interesse an alsbaldiger Feststellung des Nichtbestehens eines Anspruchs, wenn eine auf die Durchsetzung desselben Anspruchs gerichtete Leistungsklage erhoben wird und diese einseitig nicht mehr zurückgenommen werde kann (siehe nur BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 - I ZR 30/92 - Rdnr. 22). Hier steht außer Zweifel, dass das Feststellungsbegehren und die hilfsweise erhobene Leistungswiderklage der Beklagten denselben Streitstoff erfassen mit Erhebung der Hilfswiderklage mit Schriftsatz vom 9.03.2016 und Verhandlung hierüber im landgerichtlichen Termin am 16.03.2016 konnte die Beklagte ihre Hilfswiderklage nicht mehr einseitig zurücknehmen.

Insoweit dürfte nicht erheblich sein, dass die Bedingung, unter der die Hilfswiderklage erhoben ist - dass das Gericht die Wirksamkeit des Widerrufs annimmt - erst in dem Moment der gerichtlichen Entscheidung eintritt. Wie bei einer nicht unter aufschiebender oder auflösender Bedingung erhobenen Leistungswiderklage dürfte mit der Hilfswiderklage ihr Interesse an der begehrten Feststellung indes entfallen sein, denn das Feststellungsbegehren hängt - insoweit als Vorfrage - ebenso wie die nur für diesen Fall erhobene Hilfswiderklage davon ab, ob der Widerruf als wirksam erachtet wird oder nicht.

Letztlich bedarf die Frage der Zulässigkeit des Feststellungsantrages vorliegend keiner Entscheidung, weil die beklagte Bank das landgerichtliche Urteil insoweit lediglich hinsichtlich der Höhe des festgestellten Betrages angreift.

2.

Die Klägerin ist gegenüber der Beklagten zur Zahlung von 22.781,33 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5,48 % p.a. ab dem 02.08.2016 verpflichtet.

Das Landgericht hat zunächst die bis zum Wirksamwerden des Widerrufs mit dessen Zugang bei der Beklagten am 10.09.2014 entstandenen beiderseitigen Rückerstattungs- und Nutzungswertersatzansprüche zutreffend unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und derjenigen des Senats (Urteile vom 20.01.2016 - 4 U 79/15 und vom 1.06.2016 - 4 U 125/15) ermittelt.

a) Entgegen der Auffassung der beklagten Bank sind von dem Nutzungswertersatzanspruch der Klägerin i.H.v. 408,61 € (gemäß der nicht zu beanstandenden und nicht beanstandeten Berechnung der Beklagten Anlage B 36, Bl. 639) nicht 100,77 € Abgeltungssteuer (einschließlich Solidarzuschlag) in Abzug zu bringen.

Soweit der etwaige Zufluss von Nutzungswertersatz als Zinsertrag (kapitalertrags)steuerpflichtig wäre, wäre er von der Klägerin als Darlehensnehmer in der Steuererklärung anzugeben, die - unter Berücksichtigung von etwaigen Freistellungsbeträgen - etwaig anfallende Steuer ist dann vom Finanzamt zu errechnen.

Im Übrigen kommt es auch und gerade nach den von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vom 05.09.2016 (dort S. 5, Bl. 707) herangezogenen Entscheidungen des BFH darauf an, ob dem Darlehensnehmer "bei wirtschaftlicher Betrachtung" infolge der Verzinsung eine Vermögensmehrung zufließt. Dies ist aber in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen sowohl der Rückforderungsbetrag als auch der Nutzungswertersatz des Verbrauchers unter Zug-um-Zug-Vorbehalt ebensolcher Ansprüche der Bank stehen, insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn die vom Darlehensnehmer geschuldete (Nutzungswertersatz)Leistung den eigenen, unter Zug-um-Zug-Vorbehalt stehenden, (Nutzungswertersatz)Anspruch des widerrufenden Darlehensnehmers übersteigt. Denn dann kann bei der steuerrechtlich gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise von einer Vermögensmehrung auf Seiten des Darlehensnehmers infolge des Nutzungswertersatzes nicht die Rede sein. Zwischen den der Klägerin als Nutzungswertersatz zugesprochenen Zinsen und den höheren der beklagten Bank als Gebrauchsvorteil zustehenden Zinsen besteht, da der Anspruch des einen nur Zug um Zug gegen Zahlung der Gegenleistung zu erfüllen ist, ein objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Folge, dass die Klägerin bei objektiver Betrachtung einen (steuerpflichtigen) Überschuss aus den (Zins)Einnahmen über die Ausgaben nicht erzielen konnte.

b) Der Senat hält auch angesichts der dagegen seitens der Klägerin erhobenen Einwände an seiner bereits mit der Terminsverfügung vom 14.09.2016 mitgeteilten Sichtweise (Bl. 730 f. d.A.) fest, dass die Klägerin auf den infolge der auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerrufs am 10.09.2014 zurückwirkenden (§ 389 BGB) Aufrechnung - gleichgültig, ob insoweit die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit Schriftsatz vom 09.03.2016 (dort S. 2, Bl. 602 d.A.) zum Tragen kam oder die Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift (auf S. 7, Bl. 7 d.A.) als konkludente Aufrechnung verstanden werden können - noch bestehenden Rückerstattungsanspruch der beklagten Bank i.H.v. 30.844,78 € (Ansprüche der Beklagten: 43.000,00 € + 4.716,61 € Ansprüche der Klägerin: 16.463,22 € + 408,61 €) weiterhin Nutzungswertersatz in Höhe des - marktüblichen - Vertragszinses von 5,48 % p.a. schuldet.

aa) Die gesetzlichen Regelungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Nutzungswertersatzanspruch ende mit Widerruf oder mit Durchgreifen der von einer Partei erklärten Aufrechnung.

bb) Der Senat vermag sich auch nicht der Auffassung des Landgerichts anzuschließen, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB befunden und ihr deshalb gemäß § 301 BGB kein Zinsanspruch mehr zugestanden habe.

Es ist bereits zweifelhaft, ob § 301 BGB auf den Nutzungswertersatzanspruch gemäß § 346 BGB Anwendung findet, wenn dieser Wertersatz - wie im Falle eines nach Widerruf rückabzuwickelnden Darlehens - auf Grundlage des Vertragszinses oder anderweitig marktüblichen Zinssatzes ermittelt wird. Jedenfalls hat die Klägerin entgegen ihrer im Berufungsrechtszug vertretenen Auffassung die ihr obliegende Leistung nicht, auch nicht wörtlich i.S.d. § 295 BGB, so angeboten, wie sie zu bewirken war. Hierzu hätte sie - da seinerzeit keine Aufrechnung erklärt war - die Rückzahlung der vollen Darlehensvaluta (43.000,00 €) zuzüglich des Nutzungswertersatzes in voller Höhe (4.716,61 €) anbieten müssen. Dies hat sie weder mit ihrem Widerrufsschreiben vom 09.09.2014 (Anlage K 3, Bl. 20 d.A.) noch mit dem anwaltlichen Schreiben vom 07.10.2016 (Anlage K 5, Bl. 24 ff. d.A.) getan.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte der Aufforderung indem Widerrufsschreiben der Klägerin vom 09.09.2014, ihre Nutzungen abzurechnen, nicht nachgekommen ist. Eine derartige Pflicht der Bank, die gezogenen Nutzungen abzurechnen, bestand aus keinem Rechtsgrund. Dass insbesondere im Hinblick auf den Wertersatz für Gebrauchsvorteile der überlassenen Darlehensvaluta einerseits und der vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen anderseits bis zum Beschluss des BGH vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15 - wegen abweichender Auffassungen in der Literatur Unsicherheit bestand, welche Bezugsgrößen für die beiderseitigen Nutzungswertansprüche zugrunde zu legen sind, ändert nichts daran, dass es nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Zivilrechts Sache der Klägerin als Anspruchsstellerin war und ist, die von ihr geschuldete Leistung korrekt zu beziffern und anzubieten, will sie ihren Gläubiger in Annahmeverzug setzen.

Auch mit der Klageschrift vom 29.01.2015 hat die Klägerin die Beklagte nicht gemäß §§ 293, 295 BGB in Annahmeverzug gesetzt. Es ist bereits zweifelhaft, ob eine auf Feststellung, dass der Beklagten über einen bestimmten Betrag hinaus keine weiteren Ansprüche zustehen, gerichtete Klage ein wörtliches Angebot gemäß § 295 BGB beinhaltet, den im Feststellungsantrag genannten Betrag zu zahlen. Letztlich kann diese Frage offen bleiben, denn (auch das wörtliche) Angebot muss der geschuldeten Leistung entsprechen, was hier nicht der Fall war.

Die Klägerin war bei Eingang der Klageschrift nicht lediglich zur Zahlung von 26.562,49 € verpflichtet, sondern schuldete - wie oben dargelegt - die Rückzahlung der vollen Darlehensvaluta (43.000,00 €) zuzüglich des Nutzungswertersatzes bis zum Widerruf i.H.v. 4.716,61 € und 5,48 % p.a. auf die nach Abzug der nach Widerruf geleisteten Zahlungen noch offene Darlehensvaluta. Die Klägerin hat auch mit der Klageschrift keine wirksame Aufrechnung eigener Ansprüche mit solchen der Beklagten - jeweils infolge des Widerrufs des Vertrages - erklärt. Insoweit fehlt es an einer hinreichend bestimmten Aufrechnungserklärung der Klägerin. Eine bloße Saldierung, wie sie hier vorgenommen wurde (Klageschrift S. 7, Bl. 7 d.A.), lässt nämlich für die Beklagte als Empfängerin nicht erkennen, welche Ansprüche der Beklagten die Klägerin mit ihrer Verrechnung zum Erlöschen bringen wollte. Da die Kläger mit der Wirksamkeit des Widerrufes Ansprüche sowohl auf Rückgewähr der empfangenen Darlehensvaluta, als auch auf Nutzungsersatz zu erfüllen hatten, war eine konkrete Verrechnungserklärung insoweit aber erforderlich.

cc) Eine andere Sichtweise ist auch nicht wegen § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB (i.d.F. vom 02.12.2004) und § 286 Abs. 3 BGB angezeigt, denn diese Normen begründen den Schuldnerverzug und nicht den hier in Rede stehenden Annahmeverzug des Gläubigers.

dd) Die nach Widerruf bis einschließlich 1.08.2016 von der Klägerin gemäß der unstreitigen Aufstellung Anlage BB 5 (Bl. 727 d.A.) geleisteten Zahlungen (24 x 375,53 € und 2.150,00 € am 5.01.2015) reduzierten den zu Gunsten der beklagten Bank am 10.09.2014 bestehenden und mit 5,48 % p.a. zu verzinsenden Saldo i.H.v. 30.844,78 € auf 22.781,33 €.

d) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die vorstehende Zahlung unter Zug-um-Zug-Vorbehalt in Bezug auf die (Sicherungs)Grundschuld zu stellen. Dies erfolgt aufgrund des allerdings erstmals im Berufungsrechtszug geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts und nur in Höhe des erstrangigen Teilbetrages von 43.000,00 €, da die Grundschuld im Nennwert von 57.019,00 € ausweislich des Darlehensvertrages vom 22./24.08.2008 nur in dieser Höhe das streitgegenständliche Darlehen sicherte.

Daraus, dass den Klägern aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Sicherungsabrede ein durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingter Rückgewähranspruch gegen die Beklagte zusteht, folgt nicht, dass es an der Fälligkeit des Rückgewähranspruchs, die Voraussetzung für das Zurückbehaltungsrecht ist, fehlt.

Zur Fälligkeit des Rückgewähranspruchs muss die aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) eingetreten sein, unter der der Rückgewähranspruch regelmäßig steht und die in dem Wegfall des Sicherungszwecks zu sehen ist. Für die Begründung eines Zurückbehaltungsrechts reicht es aber aus, wenn die aufschiebende Bedingung mit der Zahlung der Beklagten einträte denn es genügt, dass der Gegenanspruch mit der Erbringung der geschuldeten Leistung fällig wird (st. Rspr. des BGH, siehe nur Urteile vom 18. Juli 2014 - V ZR 178/13 - Rdnr. 28; und vom 6. Dezember 1991 - V ZR 229/90 - Rdnr. 12, und des Senats, Urteil vom 20.01.2016 - 4 U 79/15 - Rdnr. 135 ff).

Dass der Beklagten über die hier in Rede stehenden Rückgewähransprüche nach Widerruf des am 22./24.08.2008 geschlossenen Darlehensvertrag hinaus weitere, durch die Grundschuld gesicherte Ansprüche gegen die Klägerin zustehen, ist weder dargetan noch ersichtlich.

3.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht den auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichteten Schadensersatzanspruch zuerkannt und zutreffend auf § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützt, denn in der Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung liegt die haftungsauslösende Pflichtverletzung. Infolge der geänderten Konzeption widerruflicher Verträge - (schwebende) Wirksamkeit anstelle schwebender Unwirksamkeit - stellt die ordnungsgemäße Belehrung nach h.M. nicht mehr eine bloße Obliegenheit des Unternehmers dar, sondern eine Rechtspflicht (siehe nur Palandt-Heinrichs, BGB, 6. Aufl. 2003 - § 355 Rdnr. 13).

Ein Schadensersatzanspruch ist auch nicht deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil nach § 357 Abs. 4 BGB (in der bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung) "weitergehende Ansprüche" nicht bestehen. Normzweck des § 357 BGB a.F. ist allein die Regelung der Rechtsfolgen von Widerrufs- und Rückgaberecht; die Vorschrift modifiziert die in den §§ 346, 347 BGB getroffenen Regelungen. Der Ausschluss weitergehender Ansprüche in § 357 Abs. 4 BGB erfasst nur die in den Abs. 1 bis 3 geregelten Rückgewährpflichten nach Widerruf, nicht hingegen (Schadensersatz)Ansprüche wegen Verletzung anderer Pflichten.

Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, die fehlerhafte Widerrufsbelehrung sei nicht kausal geworden für den geltend gemachten Schaden. Kausal im Sinne der sog. condicio-qua-non-Formel ist das schädigende Ereignis - hier: die fehlerhafte Widerrufsbelehrung - bereits dann, wenn es nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg - hier: die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung des Widerrufsrechts - entfiele. Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs dürfen nach st. Rspr. des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH, Urteile vom 24. Oktober 1985 - IX ZR 91/84 - Rdnr. 56 und vom 4. Juli 1994 - II ZR 126/93 - Rdnr. 11) nur die pflichtwidrige Handlung hinweggedacht, nicht aber weitere Umstände hinzugedacht werden.

Die Beklagte kann sich auch nicht gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB damit exkulpieren, die vermeintlichen Mängel der Widerrufsbelehrung beruhten auf der Übernahme des Musters der Widerrufsbelehrung. Dies scheidet schon deshalb aus, weil die beklagte Bank das Muster - wie im angefochtenen Urteil dargestellt - nicht unverändert übernommen, sondern einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat.

Überdies bestand bereits zum Zeitpunkt des Darlehensangebotes der Beklagten an die Klägerin (am 22.04.2008) weitgehend Einigkeit darüber, dass das ohnehin recht unübersichtliche, variantenreiche Muster nicht durchweg - und zwar gerade auch, aber nicht ausschließlich im Hinblick auf den Hinweis zum Beginn der Widerrufsfrist - den gesetzlichen Anforderungen entsprach (siehe nur Münchener Kommentar - Ulmer, BGB, 4. Aufl. 2003 § 355 Rdnr. 52; Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Aufl. 2008 (gleiches gilt f.d. Vorauflage) BGB-InfoV 14 Rdnr. 5; Masuch BB 2005, 344; OLG Schleswig, Urteil vom 25.10.2007 - 16 U 70/07 - OLGR 2007, S. 929 = MDR 2008, 254 = ZGS 2008, 158; OLG Hamm, Beschluss vom 15.03.2007 - 4 W 1/07, CR 2007, S. 387; LG Halle, Urteil vom 13.05.2005 - 1 S 28/05 - BB 2006, 1817 =WM 2007,119 = K&R 2006, 418 = MMR 2006, 772; LG Koblenz, Urteil vom 20.12.2006 - 12 S 128/06 - BB 2007, 237 = ZIP 2007, 638 u.a.).

4.

Die hilfsweise Aufrechnung der Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch i.H.v. 1.264,40 € wegen vermeintlich vertragswidriger "Zurückweisung des Widerrufsrechts" greift aus den nachfolgend ausgeführten Gründen nicht durch.

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Schadensersatzanspruch nicht deshalb von vornherein deshalb ausgeschlossen ist, weil nach § 357 Abs. 4 BGB (in der bis 10. Juni 2010 geltenden Fassung) "weitergehende Ansprüche" nicht bestehen und der hier in Rede stehende Schaden vom Normzweck des § 357 BGB a.F. erfasst wird.

Letztlich kann dies offen bleiben. Denn der Widerruf ist - wie die Beklagte zutreffend ausführt - als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgestaltet, es besteht mithin keine Verpflichtung des Vertragspartners, den Widerruf anzuerkennen oder Ähnliches.

Im Übrigen ist der Sachvortrag zu einem vermeintlichen Schadensersatzanspruch als neuer - bestrittener - Vortrag im Berufungsrechtszug mangels Zulassungsgründen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Änderung des Streitwertes für die erste Instanz hatte eine Abänderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zur Folge. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Senat legt seiner Entscheidung insbesondere keinen Rechtssatz zugrunde und stellt auch bei seinen weiteren Überlegungen keinen Rechtssatz auf, der den Rechtssätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Annahmeverzug und zu steuerrechtlichen Fragen entgegensteht; einen solchen Widerspruch zeigen auch die Parteien nicht auf.

Der Senat hat den Streitwert für die erste Instanz neu auf 30.952,40 € festgesetzt. Hierbei hat er den Klageantrag zu 1, gerichtet auf Feststellung, dass die Klägerin aus dem Darlehensvertrag (nur noch) 21.406,15 € schuldet - der nicht wirtschaftlich identisch ist mit dem auf Feststellung, dass infolge des Widerrufs ein Rückabwicklungsverhältnis entstanden ist, gerichteten (hilfsweisen) Klagebegehren zu 2 - nach dem Interesse der Klägerin bemessen, keine weiteren Raten zahlen zu müssen. (siehe Senatsbeschluss vom 11.11.2016 - 4 W 54/16). Da der Tilgungsanteil der Raten bereits im Streitgegenstand der Hilfswiderklage enthalten ist, ist das Interesse nach Vermeidung der Zahlung der Zinsanteile der Raten zu bemessen (Senatsbeschluss vom 31.05.2016 - 4 U 73/15). Unter Berücksichtigung von § 9 ZPO hat der Senat unter Zugrundelegung des 3,5fachen Jahresbetrages der Zinsanteile der auf den maßgeblichen Zeitraum entfallenden vereinbarten Raten, die von dem Feststellungsantrag umfasst sind, einen Betrag von ca. 5.800,00 € ermittelt. Hinzuzusetzen ist der Wert der Hilfswiderklage, der mit dem erstinstanzlich begehrten Zahlbetrag von 25.152,40 € anzusetzen ist.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.088,59 € festgesetzt. Hierbei hat der Senat den Wert der Berufung mit 1.571,01 € und den Wert der Anschlussberufung mit dem verlangten weiteren Zahlbetrag von 2.253,18 € und weiteren 1.264,40 € für die Hilfsaufrechnung; die mit der Berufung angegriffenen Rechtsanwaltskosten und der Nutzungswertersatzanspruch bleiben als Nebenforderungen außer Ansatz. Nicht streitwerterhöhend ist auch die begehrte Freigabe der Grundschuld, da sie lediglich im Wege des Zurückbehaltungsrechtes erfolgt ist.