OLG Hamm, Urteil vom 24.03.2003 - 17 U 88/02
Fundstelle
openJur 2011, 23594
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 19 O 30/01
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - das am 21.05.2002 verkündete Urteil der V. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.216,91 &.8364; nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2001 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 38 % der Klägerin und zu 62 % der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Parteien übersteigt 20.000,-- &.8364; nicht.

Gründe

I.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine Bauträgergesellschaft.

Die Klägerin bot der Beklagten für deren Bauvorhaben in I (6 Reihenhäuser auf der Sstraße) u.a. den Einbau von Haustürschwellen aus geflammtem und poliertem Granit an. Die Beklagte nahm dieses Angebot an. Nach Erledigung der Arbeiten berechnete die Klägerin unter dem 17.07.2000 (Bl. 22) der Beklagten 13.232,23 DM. Eine Abschlagszahlung in Höhe von 2.500,00 DM auf die Arbeiten der Klägerin ist bereits erfolgt. Die Parteien streiten über die Restwerklohnforderung.

Durch Urteil der V. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 21.05.2002, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO), ist die Klage abgewiesen worden (Bl. 117 ff.).

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.

Sie vertritt die Auffassung, daß der Schluß des Landgerichts von einer angeblichen Üblichkeit einer bestimmten Verlegetechnik auf anerkannte Regeln der Technik sachlich nicht richtig sei. So habe bereits der erstinstanzlich beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. V in seinem Gutachten ausgeführt, daß die von ihr gewählte Ausführungsart den Regeln der Technik entspreche.

Auch sei nicht entscheidend, ob die Ausführungsart der Üblichkeit entspreche, sondern rechtlich erheblich sei allein die Frage, ob die von ihr gewählte Ausführungsart vertragsgerecht gewesen sei. Da nach dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten der Text im Leistungsverzeichnis nicht erschöpfend im Sinne der VOB definiert worden sei, ginge dies zu Lasten der Beklagten. Sie sei nur verpflichtet gewesen, die Ausführungsart zu erbringen, die ohne gegen die Regeln der Technik zu verstoßen mit dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses noch zu vereinbaren gewesen sei. Da der Sachverständige V zu Recht festgestellt habe, daß mit dem Leistungsverzeichnis nicht gemeint gewesen sei, daß eine einteilige Schwelle verlegt werden sollte, sei immer eine Schwelle aus mehreren Teilstücken zu verlegen gewesen. Da die Beklagte nicht angegeben habe, in wieviel Teilstücken zu verlegen sei, treffe sie (Beklagte) dieses Versäumnis allein. Demgemäß sei die von ihr gewählte Verlegeart vertragsgemäß gewesen.

Schließlich komme es auf den vom Landgericht bemühten "Normalzustand" nicht an, sondern auf den vertraglichen Zustand, zumal dem Urteil nicht zu entnehmen sei, woraus sich die entsprechenden Erkenntnisse des Landgerichts, wonach es sich um eine nicht unwesentliche Abweichung vom Normalzustand handele, ergäben. Aus dem Gutachten des Sachverständigen V ließen sich optische Abweichungen vom Normalzustand nicht feststellen.

Insgesamt sei daher die Verweigerung der Abnahme der Beklagten treuwidrig, zumal die Erwerber der sechs Reihenhäuser den Zustand der Türschwellen dies ist unstreitig nicht beanstandet hätten. Daher werde bestritten, daß die Beklagte überhaupt in der Lage sei, ihr noch die Durchführung des Werkes, also die Erneuerung der Schwellen zu ermöglichen.

Die Klägerin beantragt,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.149,03 &.8364; nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat teilweise Erfolg.

1.

Der Klageanspruch ergibt sich aus § 2 Ziff. 1 VOB/B, da über die Ziffer 1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten die Geltung der VOB/B vereinbart worden ist.

2.

Die Werklohnforderung der Klägerin ist fällig, da eine prüfbare Abrechnung i.S.d. § 14 VOB/B vorliegt und ihr Werk abnahmefähig i.S.d. § 12 VOB/B ist.

Zwar hat die Beklagte die Werkleistung der Klägerin mit Schreiben vom 05.09.2000 (Bl. 41 ff.) wegen angeblicher Mängel ausdrücklich zurückgewiesen. Mithin liegt eine Abnahme nicht vor.

Gem. § 12 Ziff. 3 VOB/B kann die Abnahme jedoch nur bis zur Beseitigung wesentlicher Mängel verweigert werden. Die von der Beklagten gerügte Verlegetechnik der Haustürschwellen müßte also einen wesentlichen Mangel der klägerischen Werkleistung darstellen. Davon ist nach beiden (erst- wie zweitinstanzlich eingeholten) Gutachten nicht auszugehen. Das Gutachten Dipl.-Ing. X faßt auf Seite 8 zusammen:

"Die abweichende Verlegeart, die dem Auftrag nicht entspricht, stellt allein einen optischen Mangel dar. Es sind sonst keine technischen Mängel, keine nennenswert erhöhten Instandhaltungsarbeiten (Nachverfugung) und keine verkürzte Lebensdauer zu erkennen."

Der Sachverständige Dipl.-Ing. V ist zu dem Ergebnis gekommen (vgl. S. 11 seines Gutachtens):

"Die vorhandene Ausführung ist als mögliche Alternative im Sinne der Regelwerke einzustufen."

Mithin liegt jedenfalls kein wesentlicher Mangel vor. Das Werk der Klägerin ist abnahmefähig und die geltend gemachte Werklohnforderung fällig.

3.

Die Werklohnforderung ist jedoch gem. § 13 Ziff. 6 VOB/B zu mindern.

a)

Ansprüche der Beklagten auf Nachbesserung bzw. Kostenersatz i.S.d. § 13 Ziff. 5

Abs. 1 und 2 VOB/B und/oder Schadensersatz nach § 13 Ziff. 7 Abs. 1 VOB/B kommen nicht in Betracht.

Der Anspruch auf Nachbesserung bzw. Kostenersatz setzt voraus, daß die Haustürschwellen an den betroffenen 6 Reihenhäusern ausgetauscht werden. Dies stellt einen Eingriff in das Eigentum an den jeweiligen Reihenhäusern dar und ist zwingend nur mit dem Einverständnis der nunmehrigen Eigentümer dieser Häuser durchzuführen. Zu diesem Einverständnis fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten. Vielmehr ergibt sich aus dem Akteninhalt nicht, daß die Erwerber der Reihenhäuser Mängel an den Haustürschwellen gegenüber den Parteien überhaupt reklamiert haben.

Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten nach § 13 Ziff. 7 Abs. 1 VOB/B setzt einen wesentlichen Mangel voraus, der zudem die Gebrauchsfähigkeit erheblich beeinträchtigen muß. Daran fehlt es hier (s.o.).

b)

Es liegt jedoch ein Mangel i.S.d. § 13 Ziff. 6 VOB/B vor, der zur Minderung berechtigt.

Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. X auf Seite 7 und 8 seines Gutachtens sind in den Bereichen vor der Hauseingangstür und der abgewandten Ecke unnötig viele, kleingeschnittene Restplatten eingesetzt worden, ohne sichtbares Bemühen, einen gleichmäßigen Bahnenverlauf herzustellen, der mit geringem Mehraufwand möglich gewesen wäre. Auch hätte die Beklagte - so der Sachverständige Dipl.-Ing. X - angesichts des Ausschreibungstextes und der technischen Rahmenbedingungen eine 2er- bzw. maximal 3er-Teilung erwarten dürfen. Demnach weisen die Arbeiten der Klägerin vertraglich vorausgesetzte - optische - Eigenschaften nicht auf und sind daher mangelbehaftet.

Die Beseitigung dieses Mangels erfordert jedoch i.S.d. § 13 Ziff. 6 VOB/B einen unverhältnismäßig hohen Aufwand.

Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand der Mängelbeseitigung ist dann anzunehmen, wenn der damit in Richtung auf die Beseitigung des Mangels erzielte Erfolg oder Teilerfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür geltend gemachten Geldaufwandes steht.

Im Rahmen der dabei vorzunehmenden Abwägung sind die Schwere des Vertragsverstoßes und des Verschuldens des Unternehmers zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen BGH, BauR 1991, 606, 608 und BGH BauR 1995, 540, 541).

Vorliegend ist von einem hohen Beseitigungsaufwand auszugehen, der von der Beklagten ausweislich ihrer Klageerwiderung (Bl. 36 unten/37 oben) weit höher eingeschätzt wird als die Werklohnforderung der Klägerin daselbst. Dem stünde ein Erfolg gegenüber, der lediglich optisch - wenn überhaupt - wahrzunehmen wäre (vgl. die Ausführungen des Sachverständigen X auf Seite 8 seines Gutachtens). Das Verschulden der Klägerin an dem vorliegenden - rein optischen - Mangel ist relativ gering. Denn die Vereinbarung der Parteien über die geschuldete Verlegeart ist ungenau. Hinzu kommt, daß die Erwerber der Reihenhäuser den von der Beklagten geltend gemachten Mangel nicht gerügt haben.

Nach allem kommt daher lediglich eine Minderung der Werklohnforderung in Betracht. Den Minderungsfaktor sieht der Sachverständige Dipl.-Ing. X bei 40 % betreffend jeweils jeden der 6 verlegten Haustürschwellen.

c)

Auf Basis der klägerischen Abrechnung vom 17.07.2000 (Bl. 22) und unter Berücksichtigung der vereinbarten 5 %igen Sicherheitsleistung ergibt dies folgende Berechnung:

6 Haustürschwellen á 1.520,00 DM x 0,6 = 5.472,00 DM

Fensterbänke 2.870,21 DM

Mattenrahmen 145,00 DM

8.487,21 DM

x 94 % (Nachlaß in Höhe von 6 %) 7.977,98 DM

zzgl. 16 % MWSt 9.254,45 DM

abzgl. 5 % Sicherheit (vgl. Bl. 11) 8.791,73 DM

abzgl. Akontozahlung 2.500,00 DM

6.291,73 DM

entsprechend 3.216,91 &.8364;.

4.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Das bedeutet, die Klägerin hat Anspruch auf Verzinsung der Restwerklohnforderung in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 18.04.2001 (vgl. Bl. 24 f.).

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO und § 26 Ziff. 8 EGZPO.

Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.