OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.01.2003 - 15 A 203/02
Fundstelle
openJur 2011, 23241
  • Rkr:
Verfahrensgang
Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im Rahmen des Innenstadtkonzepts beschloss der Beklagte am 18. März 1999, an den zukünftigen Schienenhaltepunkten T. -N. und T. -H. , die als Ersatz für den Hauptbahnhof gedacht sind, neue Bushaltestellen anzulegen und nach vorgelegten Planungen das Umfeld zu gestalten. Unter anderem sollten mit der Deutschen Bahn AG entsprechende Abstimmungsgespräche zur Finanzierung und Realisierung dieses Vorhabens eingeleitet werden. Zur Ratssitzung am 10. Februar 2000 beantragte die Ratsfraktion der Bürgergemeinschaft für T. e.V. (BfT), dass der Rat seine bisherigen Beschlüsse hinsichtlich der genannten Haltepunkte aufhebe, die Verwaltung beauftrage, eine Planung für den unter Denkmalschutz stehenden Hauptbahnhof zu einem attraktiven Verknüpfungspunkt von Bahn, Bus und Pkw zu erarbeiten, wobei der Busbahnhof vom bisherigen Standort H. -X. - Platz zum Hauptbahnhof zu verlegen sei, auf der Bahnstrecke zwischen T. -P. und X. im Bereich des Industriegebietes T. sowie im Bereich N. Haltepunkte einzurichten seien und der Bahnhof T. für den Ausflugsverkehr zu erhalten sei. Der Antrag wurde mit Mehrheit abgelehnt. Der Beschluss wurde im Amtsblatt der Stadt T. vom 31. Mai 2000 veröffentlicht.

Mit Schreiben vom 14. April 2000 reichte der Kläger zu 2. bei der Stadt T. den Entwurf eines Unterschriftenblattes für ein Bürgerbegehren ein und bat um Prüfung, ob es den Formvorschriften des § 26 der Gemeindeordnung entspreche, insbesondere ob die Formulierungen hinsichtlich der zur Entscheidung zu bringenden Frage, die Begründung und der Deckungsvorschlag korrekt seien. Mit Schreiben vom 25. April 2000 antwortete der Oberbürgermeister, dass die formellen Erfordernisse des § 26 der Gemeindeordnung eingehalten seien, jedoch die zur Entscheidung gestellte Frage als Aufforderung an die Deutsche Bahn AG formuliert werden solle, da die Einrichtung oder Nichteinrichtung neuer Haltepunkte deren Angelegenheit sei. Insoweit unterbreitete er einen eigenen Formulierungsvorschlag.

Mit Schreiben vom 6. Juli 2000 reichten die Kläger ein Bürgerbegehren ein, mit dem den Bürgern folgender Text zur Abstimmung vorgelegt wurde:

"Der Busbahnhof wird vom H. -X. -Platz zum Hauptbahnhof verlegt, der zu einem modernen, attraktiven Verknüpfungspunkt von Bus, Bahn und Pkw ausgebaut wird. Die Deutsche Bahn AG wird aufgefordert, das Hauptbahnhofsgebäude und die dazugehörigen Flächen für diese Zwecke entsprechend zu gestalten, zu unterhalten und die Planung der beiden Haltepunkte T-N. und T-H. aufzugeben, den Bahnhof T. zu erhalten sowie zwei neue Haltepunkte N. und T. einzurichten.

Begründung: Der Rat der Stadt T. hat in seiner Sitzung am 10.02.2000 abgelehnt, die bisherigen Beschlüsse hinsichtlich der neuen DB-Haltepunkte T-N. und T-H. aufzuheben. Er hat ferner einen Planungsauftrag für den unter Denkmalschutz stehenden Hbf zu einem attraktiven Verknüpfungspunkt von Bahn, Bus und Pkw abgelehnt. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt T. wollen den Erhalt des Hbf als attraktiven DB-Halt, Verlagerung des Busbahnhofes vom H. -X. -Platz zum Hbf und ein Park & Ride-Parkhaus.

Finanzierung: Die Finanzmittel, die für die Maßnahme '2 neue DB- Haltepunkte' vorgesehen sind, werden nunmehr zur Finanzierung des dem Bürgerbegehren zugrunde liegenden Antrages verwendet."

Nach Prüfung durch die Stadtverwaltung war das Bürgerbegehren bei 6.304 notwendigen Unterschriften von 6.745 Bürgern gültig unterzeichnet. Die Verwaltung empfahl mit Ratsvorlage vom 9. August 2000 dem Rat, die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen, da die Frist des § 26 Abs. 3 der Gemeindeordnung nicht eingehalten sei. Mit am 22. August 2000 eingegangenen Schreiben gleichen Tages beantragten die Kläger beim Beklagten, ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der angeblich versäumten Frist einzuräumen. Der Rat stellte in seiner Sitzung vom 31. August 2000 unter Ablehnung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens fest. Der Beschluss wurde den Klägern mit Bescheid vom 15. September 2000 bekannt gegeben. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Rat durch Beschluss vom 14. Dezember 2000, bekannt gegeben durch Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2000, zurück.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage haben die Kläger ihr Ziel, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt zu wissen, weiter verfolgt. Sie haben vorgetragen: Das Bürgerbegehren unterliege nicht der Drei-Monats-Frist des § 26 Abs. 3 Satz 2 der Gemeindeordnung. Derartige Fristen bestünden nur für Bürgerbegehren, die sich gegen einen Ratsbeschluss richteten, also nur für kassatorische Bürgerbegehren. Ein solches Bürgerbegehren liege vor, wenn es dieselbe kommunale Angelegenheit betreffe wie ein Ratsbeschluss. Hier liege daher ein nicht fristgebundenes initiierendes Bürgerbegehren vor, da es sich mit einem anderen Inhalt als der Ratsbeschluss vom 10. Februar 2000 befasse. Bei dem Bürgerbegehren gehe es nämlich im Kern um die Verlegung des Busbahnhofes, während die Bahnhaltepunkte T. -N. und T. -H. nur flankierende Themen seien. Selbst wenn es sich aber um ein kassatorisches Bürgerbegehren handeln sollte, sei die Frist eingehalten. Das Bürgerbegehren richte sich nämlich allenfalls gegen den Ratsbeschluss vom 10. Februar 2000, der am 31. Mai 2000 veröffentlicht worden sei. Das am 6. Juli beantragte Bürgerbegehren sei daher innerhalb der Frist eingereicht worden. Darüber hinaus laufe auch nicht die Drei-Monats-Frist, sondern allenfalls die Jahresfrist in entsprechender Anwendung des § 58 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung. Denn die Stadtverwaltung habe den Klägern die formelle Ordnungsgemäßheit des Bürgerbegehrens bescheinigt und damit eine - nach der jetzigen Rechtsauffassung des Beklagten zur Fristversäumung - falsche Belehrung erteilt. Selbst wenn all dies nicht zutreffen sollte, müsse jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, die sie, die Kläger, nach Übermittlung der Verwaltungsvorlage zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens am 15. August 2000 rechtzeitig am 22. August 2000 beantragt hätten. Schließlich lägen auch andere Gründe für eine Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht vor. Insbesondere sei das Bürgerbegehren nicht unzulässig, weil es, wie es § 26 Abs. 5 Nr. 3 der Gemeindeordnung verbiete, kein Bürgerbegehren über Haushaltssatzungen oder Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sei. Zentrale Fragen des Einnahme- und Ausgabegebarens der Gemeinde oder eines Eigenbetriebes seien nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens. Auch verhalte sich das Bürgerbegehren nicht zu einer Angelegenheit, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines anderen in § 26 Abs. 5 Nr. 5 der Gemeindeordnung genannten Verfahrens zu entscheiden sei. Soweit es um die Bahnhöfe gehe, werde lediglich eine entsprechende Aufforderung an die Deutsche Bahn ausgesprochen, was keinem Planfeststellungsverfahren oder vergleichbaren Verfahren unterliege. Schließlich verbiete auch § 26 Abs. 5 Nr. 8 der Gemeindeordnung, der Angelegenheiten, für die der Rat keine gesetzliche Zuständigkeit habe, von Bürgerbegehren ausschließe, das Bürgerbegehren nicht. Die Verlegung des Busbahnhofes liege nämlich in der Entscheidungskompetenz des Rates.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 29. Dezember 2000 zu verpflichten, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens "Zur Attraktivierung des Hauptbahnhofes in T. -N. - Verknüpfungspunkt von Bus und Bahn" festzustellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Das Bürgerbegehren sei unzulässig, da die Drei-Monats-Frist für ein kassatorisches Bürgerbegehren nicht eingehalten sei. Es richte sich gegen den Beschluss des Rates vom 10. Februar 2000, sodass die Einreichung des Bürgerbegehrens am 6. Juli 2000 diese Frist überschritten habe. Es handele sich um ein kassatorisches Bürgerbegehren, weil es eine wesentlich andere Lösung verfolge, als sie vom Rat in seinen bisherigen Beschlüssen, insbesondere in den Beschlüssen vom 18. März 1999 und 10. Februar 2000, aber auch in seinem Beschluss vom 17. Oktober 1991 zum Innenstadtkonzept, angestrebt worden sei. Die Sechs- Wochen-Frist des § 26 Abs. 3 Satz 2 der Gemeindeordnung werde durch die am 31. Mai 2000 vorgenommene Veröffentlichung nicht ausgelöst, da es sich nicht um einen bekanntmachungsbedürftigen Ratsbeschluss handele, für den alleine diese Frist gelte. Die Bekanntmachung sei daher unerheblich. Aus der der Einreichung des Bürgerbegehrens vorangegangenen Beratung der Kläger durch die Stadt könne für den Fristablauf nichts hergeleitet werden. Die Rechtsberatung sei richtig, da sie sich alleine auf Formfragen, nicht auf Fristfragen bezogen habe. Im Übrigen könne das Risiko der Unzulässigkeit eines Bürgerbegehrens nicht durch eine Rechtsberatung der Gemeinde verlagert werden. Eine Wiedereinsetzung komme nicht in Betracht, da die Fristen des § 26 Abs. 3 der Gemeindeordnung Ausschlussfristen seien, für die eine Wiedereinsetzung nicht gewährt werden könne. Auch könne hier nicht ausnahmsweise aus den Gesichtspunkten höherer Gewalt oder eines Fehlverhaltens der Behörde eine Wiedereinsetzung gewährt werden.

Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die zugelassene und rechtzeitig begründete Berufung der Kläger. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen insbesondere vor: Die Beibehaltung des Hauptbahnhofes sei schon deshalb nicht zentraler Gegenstand des Bürgerbegehrens, weil dies allenfalls Konsequenz der Verlegung des Busbahnhofes sei, jedoch alleine in der Entscheidungsgewalt der Deutschen Bahn AG liege. Im Übrigen könne es sich nicht um ein den Ratsbeschluss vom 10. Februar 2000 kassierendes Bürgerbegehren handeln, da der seinerzeitige Ratsbeschluss selbst lediglich die Ablehnung einer Initiative einer Ratsfraktion gewesen sei. Mit der Kassierung dieses Beschlusses würde im Sinne des Bürgerbegehrens nichts erreicht. Selbst die Annahme eines kassatorischen Charakters des Bürgerbegehrens führe noch nicht alleine zu einer Fristgebundenheit des Bürgerbegehrens. Vielmehr müsse bei einem gemischten Bürgerbegehren, das kassierende und initiierende Elemente enthalte, festgestellt werden, wo der Schwerpunkt des Bürgerbegehrens liege. Hier liege der Schwerpunkt in dem initiierenden Teil, den Busbahnhof wegen des Baus des Einkaufszentrums D. - Galerie zu verlegen. Daher sei die Fristvorschrift nicht anwendbar. Sie sei darüber hinaus nicht anwendbar, weil die Stadt in ihrer Rechtsauskunft selbst den initiierenden Charakter des Bürgerbegehrens bescheinigt habe. Wenn man jedoch dem Bürgerbegehren einen kassatorischen Charakter zumessen wolle, so komme allein der Beschluss vom 10. Februar 2000 in Betracht. Denn in der Ablehnung der Initiative der BfT-Ratsfraktion liege eine nach Sachdiskussion erfolgte Bestätigung bisheriger Grundsatzbeschlüsse. Derartige wiederkehrende Grundsatzbeschlüsse seien geeignet, eine neue Frist in Gang zu setzen. Das Argument, damit könne jederzeit eine Ratsminderheit eine neue Frist eröffnen, sei nicht stichhaltig, da die Ratsmehrheit eine sachliche Beschlussfassung verhindern könne. Der Umstand, dass sich das Bürgerbegehren mit einem Gegenstand befasse, der in einem langen Planungsprozess Gegenstand der Ratsbefassung gewesen sei, sei unschädlich. Gerade bei einem langen Planungsprozess könnten neue Gesichtspunkte auftreten, die eine neue Befassung mit der Angelegenheit rechtfertigten. So sei es auch hier, da das neue Einkaufszentrum D. -Galerie am 27. April 2000 eröffnet worden sei, das zu einer Verlagerung des Geschäftszentrums vom bisherigen Busbahnhof geführt habe. Wenn eine Fristgebundenheit des Bürgerbegehrens angenommen werde, sei die Frist eingehalten worden, da das Bürgerbegehren gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 der Gemeindeordnung innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntmachung des Beschlusses eingereicht worden sei. Maßgebend für die Anwendbarkeit dieser Frist sei der Umstand der Veröffentlichung, die der Rat gegen sich gelten lassen müsse. Auf die Veröffentlichungsbedürftigkeit des Beschlusses komme es nicht an. Letzten Endes müsse eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn doch eine Frist versäumt worden sei. Das gelte sogar dann, wenn diese Frist als Ausschlussfrist zu bezeichnen wäre. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben müssten nämlich Ausnahmen von der ansonsten nicht gegebenen Möglichkeit einer Wiedereinsetzung angenommen werden. Diese besonderen Umstände lägen hier in der fehlerhaften Auskunft durch die Stadtverwaltung. Sollte, wie das Verwaltungsgericht annehme, der zu kassierende Ratsbeschluss in dem Beschluss vom 18. März 1999 über neue DB- Haltepunkte liegen, wäre eine durch diesen Beschluss ausgelöste Frist durch die entsprechend anwendbare Regelung des § 26 Abs. 8 der Gemeindeordnung gegenstandslos, der für erfolgreiche Bürgerentscheide eine Änderung dieser Entscheidungen nach Ablauf von zwei Jahren ermögliche. Der Kostendeckungsvorschlag sei ausreichend. Da er nicht an der Bindungswirkung des Bürgerbegehrens teilhabe, genüge eine überschlägige Schätzung. Weil für eine Alternativlösung bereits Gelder zur Verfügung gestellt seien, reiche hier der Verweis auf die Kostenabdeckung der Alternativplanung. Im Übrigen erstrecke sich die Bindungswirkung der Rechtsauskunft der Stadtverwaltung auch auf die Ordnungsgemäßheit des Kostendeckungsvorschlages.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und hält das Bürgerbegehren wegen Verfristung, wegen eines unzureichenden Kostendeckungsvorschlags und wegen der Befassung mit einer Angelegenheit, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden ist, für unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der dazu beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Es ist nämlich unzulässig.

Es ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) verfristet. Nach dieser Vorschrift muss ein Bürgerbegehren drei Monate nach dem Sitzungstag eingereicht sein, wenn es sich gegen einen Beschluss des Rates richtet, der nicht der Bekanntmachung bedarf. Das Bürgerbegehren richtet sich gegen den Beschluss des Rates vom 18. März 1999, mit dem der Rat der Planung zur Gestaltung der Umfelder und der Anlage von Bushaltestellen an den zukünftigen Schienenhaltepunkten T. -N. und T. - H. zustimmte und die Verwaltung beauftragte, die notwendigen Abstimmungsgespräche u.a. mit der Deutschen Bahn AG zu führen. Dieser Beschluss ist Teil eines Prozesses der Durchsetzung eines vom Rat beschlossenen Innenstadtkonzepts, das unter anderem auf die Schließung des südlich der Innenstadt im Bereich eines Gewerbe- und Industriegebietes gelegenen Hauptbahnhofs und als Ersatz für diesen auf die Neuanlegung zweier weiterer Schienenhaltepunkte gerichtet ist.

Das von § 26 Abs. 3 GO NRW erfasste fristgebundene sogenannte kassatorische Bürgerbegehren unterscheidet sich von dem nicht fristgebundenen initiierenden Bürgerbegehren dadurch, dass es notwendigerweise die Beseitigung eines Ratsbeschlusses erfordert, der eine positive sachliche Regelung, also eine über die bloße Ablehnung eines Antrags hinausgehende Regelung enthält. Das ergibt sich aus dem Sinn der Fristgebundenheit: Der Gesetzgeber wollte mit der Fristgebundenheit im Interesse der Stabilität und Verlässlichkeit gemeindlicher Willensbildung verhindern, dass ein sachliches Regelungsprogramm des Rates beliebig lange durch ein Bürgerbegehren in Frage gestellt werden kann, und damit bewirken, dass es nach den im Gesetz genannten Fristen als sichere Planungsgrundlage dienen kann.

Vgl. die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drs. 11/4983, S. 8.

Während also initiierende Bürgerbegehren, die den Regelungen von Ratsbeschlüssen nicht widersprechen, gleichsam ein noch unbestelltes Feld bearbeiten und damit ausschließlich gemeindliche Aktivitäten anstoßen, greifen kassatorische Bürgerbegehren in die auf einem Feld vom Rat getroffenen Regelungen ein, sei es, dass sie sich in dem Aufheben der getroffenen Regelungen erschöpfen, sei es, dass sie die durch Ratsbeschluss getroffenen Regelungen durch andere ersetzen.

Für den die Fristgebundenheit auslösenden kassatorischen Charakter eines Bürgerbegehrens kommt es nicht darauf an, ob in ihm Elemente enthalten sind, die bislang nicht Gegenstand von Ratsbeschlüssen waren. Maßgebend ist nach dem oben beschriebenen Sinn und Zweck der Fristgebundenheit kassatorischer Bürgerbegehren allein, ob das Bürgerbegehren bei einer verständigen Würdigung ein vom Rat beschlossenes Regelungsprogramm aufheben oder ändern will, jedenfalls dann, wenn die Aufhebung oder Änderung nicht nur ein völlig nebensächliches Detail betrifft, von dem anzunehmen ist, dass es im Kontext der durch das Bürgerbegehren zur Entscheidung gestellten Frage von bisherigen Ratsbeschlüssen nicht erfasst sein sollte. Unerheblich ist daher insbesondere, ob nach dem Text des Bürgerbegehrens Ratsbeschlüsse ausdrücklich aufgehoben werden sollen.

Ebenso Schneider, in: Dieckmann/Heinrichs (Hrsg.), Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen, § 26 Erl. 2; Rehn/Cronauge/von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen, 2. Aufl., Loseblattsammlung (Stand: Januar 2002), § 26 Anm. IV.

Gemessen an diesen Maßstäben hat das Bürgerbegehren kassatorischen Charakter. Mit dem Bürgerbegehren wird gegenüber dem oben genannten Ratsbeschluss ein konträres Konzept verfolgt: Die Funktion des Hauptbahnhofes soll nicht, wie es der Ratsbeschluss vom 18. März 1999 vorsah, in den Bereich der neuen Haltepunkte verlegt werden, vielmehr soll der alte Standort des Hauptbahnhofs beibehalten und durch die Verlegung des Busbahnhofs von der südwestlichen Grenze der Fußgängerzone zum Bahnhof gestärkt werden. Keine Rolle spielt es, dass die Veränderungen hinsichtlich der Schienenhaltepunkte nicht von der Stadt entschieden werden können, sondern im Rahmen einer eisenbahnrechtlichen Planfeststellung zu erfolgen haben, und dass die Verlegung des Busbahnhofs bislang noch nicht Gegenstand eines Ratsbeschlusses war: Es geht sowohl beim Ratsbeschluss vom 18. März 1999 als auch beim Bürgerbegehren um die für das eisenbahnrechtliche Planfeststellungsverfahren bedeutsame gemeindliche Willensbildung, wie nach dem Wunsch der Stadt ihre Eisenbahnanbindung gestaltet werden soll und welche begleitenden gemeindlichen Verkehrsregelungen zu dieser Eisenbahnanbindung getroffen werden sollen. Kern des Bürgerbegehrens ist nicht die Festlegung eines geeigneten neuen Standortes für den Busbahnhof, in dessen Folge dann gleichsam ungewollt und zufällig auch Ausstrahlungswirkungen auf die Frage der Verlegung der Hauptbahnhoffunktion eintreten.

Das ergibt sich schon aus dem auch im Unterschriftenformular genannten Namen, den sich das Bürgerbegehren gegeben hat: "Bürgerbegehren zur Attraktivierung des Hauptbahnhofes in T. -N. - Verknüpfungspunkt von Bus und Bahn". Der Name macht als Kern des Bürgerbegehrens das im Widerspruch zu dem genannten Ratsbeschluss stehende Ziel der Erhaltung des Hauptbahnhofs deutlich. Im Übrigen ergibt sich der kassatorische Charakter des Bürgerbegehrens geradezu handgreiflich aus seiner beigefügten Begründung, die darauf abstellt, dass der Rat es abgelehnt habe, "die bisherigen Beschlüsse hinsichtlich der neuen DB- Haltepunkte T-N. und T-H. aufzuheben". Schließlich belegt auch der Kostendeckungsvorschlag den gegen den Ratsbeschluss vom 18. März 1999 gerichteten Charakter des Bürgerbegehrens, wenn danach die Kosten der Verlegung des Busbahnhofs und wohl auch des Ausbaus des Hauptbahnhofs aus den bereitgestellten Geldern für die Errichtung zweier neuer Haltepunkte, also für die Umsetzung des Ratsbeschlusses vom 18. März 1999, bestritten werden sollen.

Die Frist ist durch den Ratsbeschluss vom 10. Februar 2000, mit dem ein dem Bürgerbegehren entsprechender Sachantrag abgelehnt wurde, nicht erneut ausgelöst worden. Dies gilt schon deshalb, weil mit diesem Beschluss keine Regelung getroffen wurde, die Gegenstand eines kassatorischen Bürgerbegehrens sein könnte. Der Beschluss erschöpft sich darin, dem vorgelegten Sachantrag der BfT-Fraktion auf Änderung früherer Ratsbeschlüsse nicht zuzustimmen. Darin liegt keine Regelung. Im Übrigen würde auch eine ausdrückliche Bestätigung oder Wiederholung der bisherigen sachlichen Regelung keine neue Frist auslösen, denn es bliebe dabei, dass durch das Bürgerbegehren auch der vorhergehende Beschluss, für den die Frist abgelaufen war, kassiert würde.

Ebenso Rehn/Cronauge/von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen, 2. Aufl., Loseblattsammlung (Stand: Januar 2002), § 26 Erl. IV; anders das baden- württembergische Recht, VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. April 1993 - 1 S 1076/92 -, NVwZ-RR 1994, 110.

Im Gegenteil zeigt eine Bestätigung oder Wiederholung des bisherigen sachlichen Regelungsprogramms nur die fortbestehende Aktualität der bisherigen Ratsbeschlüsse und damit die fortbestehende Notwendigkeit des Schutzes vor zu später Beseitigung durch ein Bürgerbegehren. Etwas Anderes könnte nur gelten, wenn der Rat den alten Beschluss - etwa auf Grund zwischenzeitlicher wesentlich neuer Entwicklungen - durch ein neues, wenngleich möglicherweise inhaltlich gleiches Regelungsprogramm hätte ersetzen wollen. Dann hätte der alte Beschluss seine Wirksamkeit verloren, sodass auch ein Bürgerbegehren nicht mehr gegen ihn gerichtet sein könnte. Das ist aber mit dem Ratsbeschluss vom 10. Februar 2000 nicht geschehen, der noch nicht einmal eine als solche keine neue Frist auslösende Wiederholung oder Bestätigung der vorgefundenen Beschlusslage beinhaltet, sondern lediglich deren beantragte Änderung ablehnt.

Der Ratsbeschluss vom 18. März 1999 ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 26 Abs. 5 Nr. 10, Abs. 8 Satz 2 GO NRW nachträglich wieder anfechtbar geworden. Danach kann ein Bürgerentscheid, der nach Satz 1 dieser Vorschrift die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat, vor Ablauf von zwei Jahren nur auf Initiative des Rates durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden. Daraus ergibt sich mittelbar, dass nach zwei Jahren ein Bürgerentscheid durch Ratsbeschluss kassiert werden kann. Diese Vorschrift ist nicht umgekehrt anwendbar auf die Kassation eines Ratsbeschlusses durch einen Bürgerentscheid. Dem Wortlaut nach ist die Vorschrift beschränkt auf die Kassation eines Bürgerentscheids durch Ratsbeschluss. Für eine analoge Anwendung fehlt es an einer Regelungslücke, die es zu schließen gälte: Die Fristgebundenheit für kassatorische Bürgerbegehren ist abschließend in § 26 Abs. 3 GO NRW geregelt. Danach endet der Schutz von Ratsbeschlüssen nicht durch bloßen Zeitablauf, sondern ist nach Fristablauf grundsätzlich endgültig.

Ebenso Rehn/Cronauge/von Lennep, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein- Westfalen, 2. Aufl., Loseblattsammlung (Stand: Januar 2002), § 26 Erl. IV; Held u.a., Kommunalverfassungsrecht, Loseblattsammlung (Stand: März 2002), § 26 Erl. 3.2.

Gerade der vorliegende Fall, bei dem es um einen in einen jahrelangen Verwirklichungsprozess des Innenstadtkonzepts eingebetteten Ratsbeschluss geht, zeigt, dass es zur Vermeidung eines sachlichen Hin und Her im Entscheidungsprozess auch eines über zwei Jahre hinausgehenden Bestandsschutzes von Ratsbeschlüssen bedarf. Demgegenüber ist § 26 Abs. 5 Nr. 10, Abs. 8 Satz 2 GO NRW Ausdruck eines schwächeren Bestandsschutzes von Bürgerentscheiden.

Vgl. die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drs. 11/4983, S. 9.

Das heißt allerdings nicht, dass sich Bürgerbegehren nach Fristablauf nie gegen einen Ratsbeschluss wenden dürften. Maßgebend ist nämlich nicht, ob sich das Bürgerbegehren gegen einen noch formell bestehenden Ratsbeschluss wendet, sondern ob das aktuelle sachliche Regelungsprogramm des Rates verändert werden soll. Ratsbeschlüsse können eine zeitlich begrenzte Wirkung haben, die insbesondere mit der Erledigung des Ratsbeschlusses endet (vgl. zur Begrenzung der Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes durch Erledigung § 43 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW -). Wenn etwa ein Ratsbeschluss vollständig umgesetzt ist, kann seine Wirkung erlöschen. Auch kann eine nach dem Ratsbeschluss eingetretene tatsächliche oder rechtliche Änderung der Verhältnisse so wesentlich sein, dass sie einem getroffenen Ratsbeschluss die Grundlage entzieht.

Vgl. etwa den in den Wertungen ähnlichen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (clausula rebus sic stantibus) bei einem öffentlichen- rechtlichen Vertrag, Bonk, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 60 Rn. 1.

Das ist hier allerdings mit der - hier insoweit allenfalls in Betracht kommenden - Eröffnung der D. -Galerie nicht eingetreten. Sie berührt mit ihrer Lage im nördlichen Bereich des Zentrums nicht die Frage der Verlegung der Hauptbahnhofsfunktion, sondern allenfalls die Frage, ob der Busbahnhof - wohin auch immer - verlegt werden sollte. Das aber ist nicht der alleinige wesentliche Gegenstand des Bürgerbegehrens. Etwas Anderes könnte etwa dann gelten, wenn die D. -Galerie im Bereich des Hauptbahnhofs läge und dort zu einem Publikumsströme anziehenden Magnet geworden wäre, der die Frage der Eisenbahnanbindung T. grundsätzlich neu aufwürfe.

Verbleibt es somit bei der Drei-Monats-Frist hinsichtlich des Ratsbeschlusses vom 18. März 1999, so ist diese Frist bei Einreichung des Bürgerbegehrens am 6. Juli 2000 verstrichen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Allerdings ist § 32 VwVfG NRW über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anwendbar. Das ergibt sich aus der systematischen Stellung der Vorschrift in Teil II des Verwaltungsverfahrensgesetzes, der mit "Allgemeine Vorschriften über das Verwaltungsverfahren" überschrieben ist, und aus der Definition des Verwaltungsverfahrens in § 9 VwVfG NRW. Danach ist das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzes die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörde, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlichrechtlichen Vertrages gerichtet ist.

Die Einreichung eines Bürgerbegehrens nach § 26 Abs. 2 GO NRW setzt ein Verwaltungsverfahren im oben beschriebenen Sinne in Gang. Es ist dann nämlich unverzüglich nach Abs. 6 der Vorschrift durch den Rat die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu prüfen und ein entsprechender feststellender Verwaltungsakt zu erlassen (§ 26 Abs. 6 Satz 2 GO NRW). Wie sich schon aus dem Umstand des Erlasses eines Verwaltungsaktes ergibt, handelt es sich bei der Bekanntgabe des feststellenden Ratsbeschlusses an die Vertreter des Bürgerbegehrens um eine nach außen wirkende Tätigkeit (vgl. die Definition des Verwaltungsaktes in § 35 Satz 1 VwVfG NRW: Maßnahme, die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist), nicht um eine im Gemeindeinternum verbleibende Tätigkeit.

Dennoch kommt hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht, weil sich aus einer Rechtsvorschrift, hier § 26 Abs. 3 GO NRW, ergibt, dass sie ausgeschlossen ist (§ 32 Abs. 5 VwVfG NRW). Eine solche Ausschlussfrist, die zum Untergang des materiellrechtlichen Anspruchs ohne Rücksicht auf ein Verschulden hinsichtlich des Versäumens der Frist führt, muss nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt sein, sondern kann auch dessen Regelungszusammenhang entnommen werden. Wegen der mit der Fristversäumung verbundenen einschneidenden Rechtsfolge bedürfen derartige Ausschlussfristen aber jedenfalls eines hinreichenden Anhalts im einschlägigen Fachrecht dahingehend, der Gesetzgeber habe dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Frist den Vorrang vor dem Interesse des Antragstellers an deren nachträglicher Wiedereröffnung auch bei unverschuldeter Fristversäumung eingeräumt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 1996 - 7 C 28.95 -, BVerwGE 101, 39 (42 ff.); OVG NRW, Urteil vom 26. Februar 2002 - 15 A 527/00 -, ZKF 2002, 233 (234); Urteil vom 6. Februar 1991 - 16 A 240/90 - , NWVBl. 1991, 280 f.; Urteil vom 30. November 1990 - 5 A 2561/88 -, NVwZ 1992, 183 f.

Das trifft für die hier in Rede stehende Frist zu. Die Sachmaterie, in deren Rahmen die Frist gesetzt ist, betrifft weder die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten, noch geht es um durch Gesetz eingeräumte Leistungsansprüche des Bürgers. In derartigen Fällen kommt, wenn es sich überhaupt um eine rechtsfolgenbewehrte Frist jenseits einer bloßen Ordnungsvorschrift handelt, eine Wiedereinsetzung regelmäßig in Betracht, da es um individuelle Rechtspositionen im Einzelfall geht, bei denen am ehesten der mit der Fristsetzung verfolgte Zweck hinter der Rechtswahrung bei unverschuldeter Fristversäumung zurücktreten kann. Hier geht es jedoch um die Ausgestaltung des Verfahrens gemeindlicher Willensbildung, also um eine kommunalverfassungsrechtliche Regelung. In diesem Verfahren ist der am Bürgerbegehren teilnehmende Bürger zwar in seinem status activus betroffen, also in der Beteiligung an der Bildung des Staatswillens.

Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 1997 - 2 BvR 389/94 -, BVerfGE 96, 231 (239 ff.).

Jedoch steht nicht die Wahrnehmung des Abstimmungsrechts im Einzelfall, sondern die Fristgerechtigkeit des Bürgerbegehrens, also die Ordnungsgemäßheit der gewählten Verfahrensart insgesamt, in Frage. Dies ist kein Gegenstand des gewährten politischen Teilhaberrechts des status activus wie das Wahlrecht, sondern eine Frage der Ordnungsgemäßheit des Willensbildungsprozesses, wie es auf der staatsrechtlichen Ebene etwa die Fristbestimmungen des Art. 77 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) für das bundesrechtliche Gesetzgebungsverfahren darstellen, die auch ohne ausdrückliche Anordnung als Ausschlussfristen anzusehen sind.

Vgl. Lücke, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl., Art. 77 Rn. 19 und 37.

Weil es somit nicht um individuelle Rechte im Einzelfall,

vgl. zu diesem Gesichtspunkt OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, DVBl. 1978, 149 (150),

sondern um die Einhaltung der Verfahrensbestimmungen der gemeindlichen Willensbildung geht, deren strikte Maßgeblichkeit nicht vom subjektiven Vermögen der jeweiligen Vertreter eines Bürgerbegehrens abhängen darf, ergibt sich aus dem Sinn und Zweck dieser Fristbestimmung, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen ist.

Selbst wenn eine Wiedereinsetzung grundsätzlich möglich wäre, stünde ihr hier jedenfalls § 32 Abs. 4 VwVfG NRW entgegen. Im Zeitpunkt der Einreichung des Bürgerbegehrens am 6. Juli 2000 war bereits ein Jahr nach dem Verstreichen der Drei-Monats-Frist hinsichtlich des angegriffenen Ratsbeschlusses vom 18. März 1999 abgelaufen. Nach der genannten Vorschrift darf in einem solchen Fall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein bei höherer Gewalt gewährt werden, die nicht vorlag. Das gilt auch für die angeblich fehlerhafte Beratung durch die Stadt. Selbst wenn den Klägern auf ihre Beratungsbitte im Schreiben vom 14. April 2000 die - zutreffende - Auskunft erteilt worden wäre, das Bürgerbegehren sei unzulässig, hätte dies allenfalls dazu geführt, dass davon abgesehen worden wäre, das Bürgerbegehren weiter zu betreiben. Eine Beseitigung der Folgen der schon damals eingetretenen Fristversäumung wäre jedenfalls auch bei zutreffender Auskunft nicht möglich gewesen. Dass die Kläger dann möglicherweise keine Aufwendungen mehr zur Verfolgung des Bürgerbegehrens getätigt hätten, spielt für die hier allein in Rede stehende Frage der Fristgemäßheit des Bürgerbegehrens keine Rolle.

Schließlich ist es auch nicht so, dass - wie die Rechtsprechung für außergewöhnliche Umstände annimmt - den Klägern die Versäumung der Frist nicht entgegengehalten werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 1996 - 7 C 28.95 -, BVerwGE 101, 39 (45 ff.).

Eine solche Unbeachtlichkeit der Fristversäumung wegen angeblich falscher Beratung durch die Stadtverwaltung scheidet schon aus dem vorgenannten Grund fehlender Ursächlichkeit der Beratung für die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens aus. Die Fristversäumnis muss zudem auch deshalb beachtlich bleiben, weil ansonsten der Zweck der Fristbestimmung verfehlt würde.

Vgl. dazu P. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/ Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 31 Rn. 10.

Der Schutz der Ratsbeschlüsse vor zu spätem Angriff durch ein Bürgerbegehren im Interesse der Stabilität und Verlässlichkeit gemeindlicher Willensbildung gebietet eine feste Fristenregelung für die Einleitung eines Bürgerbegehrens, die nicht durch subjektive Hindernisse auf Seiten der Vertreter des Bürgerbegehrens in Frage gestellt werden kann, mögen sie noch so unverschuldet und unausweichlich sein und sogar im Bereich der Gemeindeverwaltung ihren Ursprung haben.

Das Bürgerbegehren ist ferner auch deshalb unzulässig, weil es entgegen § 26 Abs. 2 Satz 2 GO NRW keinen ausreichenden Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthält. Mit diesem Kostendeckungsvorschlag, der ausweislich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift,

vgl. die amtliche Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drs. 11/4983, S. 7,

nicht Bestandteil des Bürgerentscheids ist und für den Rat keine bindende Wirkung hat, soll sichergestellt werden, dass die Bürger über Tragweite und Konsequenzen der vorgeschlagenen Entscheidung in finanzieller Hinsicht unterrichtet werden.

Vgl. zum Kostendeckungsvorschlag nach den Rechtsvorschriften anderer Bundesländer Nieders. OVG, Urteil vom 24. März 2000 - 10 M 986/00 -, juris; Hess. VGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - 8 UE 3683/97 -, ESVGH 50, 115 (120 f.); VGH Bad.- Württ., Urteil vom 29. November 1982 - 1 S 1415/81 -, VBlBW 1983, 313; Urteil vom 6. Juli 1982 - 1 S 1526/81 -, ESVGH 33, 42 (44 f.).

Ein ausreichender Kostendeckungsvorschlag muss demnach zumindest eine überschlägige, nachvollziehbare Kostenschätzung enthalten. Dem wird der vorliegende Kostendeckungsvorschlag schon deshalb nicht gerecht, weil er lediglich auf bestimmte vorhandene Mittel verweist, sich aber nicht zu der durch die zur Entscheidung gestellte Maßnahme ausgelösten Kostenfolge verhält.

Entgegen der Auffassung des Beklagten ist das Bürgerbegehren dagegen nicht deshalb unzulässig, weil es im Widerspruch zu § 26 Abs. 5 Nr. 5 GO NRW über eine Angelegenheit geführt werden solle, die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden sei. Richtig ist zwar, dass die vom Bürgerbegehren bekämpfte Anlegung zweier neuer Schienenhaltepunkte und die Schließung des Hauptbahnhofs im Rahmen eines eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zu entscheiden sind (vgl. § 18 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes). Richtig ist auch, dass Wortlaut und Sinn der Vorschrift einen umfassenden Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestandes begründen, der nicht nur das planfeststellungsbedürftige Vorhaben als solches dem Bürgerbegehren entzieht, sondern auch mittelbar darauf gerichtete Maßnahmen, die sich nur in das formelle Gewand einer anderen Frage kleiden.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Februar 2002 - 15 A 1965/99 -, NWVBl. 2002, 346 (348 f.): Änderung eines Abfallwirtschaftskonzepts im Punkt einer planfeststellungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlage; Urteil vom 23. April 2002 - 15 A 5594/00 -, NVwZ-RR, 2002, 766 (767) zum Ausschlusstatbestand des § 26 Abs. 5 Nr. 6 GO NRW "Aufstellung, Änderung, Ergänzung und Aufhebung von Bauleitplänen: Aufgabe des Vorhabens einer Bebauungsplanänderung.

Wo die Grenze verläuft zwischen einer Maßnahme, die noch außerhalb einer in einem Planfeststellungsverfahren zu entscheidenden Angelegenheit liegt, und einer in das Gewand einer anderen Maßnahme gekleideten, in einem Planfeststellungsverfahren zu entscheidenden Angelegenheit, ist jedoch eine vom Einzelfall und dem jeweils betroffenen Fachrecht abhängige Frage. Hier geht es hinsichtlich der eisenbahnplanfeststellungsbedürftigen Angelegenheiten um die gemeindliche Willensbildung, wie die Stadt sich die Eisenbahnanbindung wünscht und welche sich daraus ergebenden Maßnahmen für den innerstädtischen Verkehr zu treffen sind. Dies ist einerseits so eng verbunden mit ureigenen kommunalen Aufgaben der Verkehrsplanung und andererseits noch so losgelöst von der konkreten eisenbahnplanfeststellungsrechtlichen Entscheidung, dass die durch das Bürgerbegehren gestellte Frage nicht als eine in ein anderes Gewand gekleidete, in einem Planfeststellungsverfahren zu entscheidende Angelegenheit angesehen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.